Der Bergdoktor 2107 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2107 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Weihnachten in St. Christoph. Die Vorfreude auf das Christkind ist überall groß. Nur Veronika Wagner kommt vor lauter Arbeit gar nicht dazu, sich auf das Fest zu freuen. Seit dem Tod ihres Mannes kümmert sie sich ganz allein um den kleinen Sohn Heini. Fleißig arbeitet sie als Kellnerin und als Zimmermädchen im Berghotel und ist dabei immer freundlich und hilfsbereit. So kommt es, dass der Hotelgast von Zimmer 14 die junge Frau mit den hellblonden Haaren gar für einen "Weihnachtsengel" hält.
Vroni gönnt sich keine Ruhepause und arbeitet bis zur Erschöpfung. Zum Glück hat der Bergdoktor, Dr. Martin Burger, ein wachsames Auge auf die kleine Familie. Ob das Schicksal aber auch noch das große Liebesglück für die junge Frau bereithält? Nun, vielleicht gibt es ja ein Weihnachtswunder ...


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Seitenzahl: 122

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Ein Weihnachtsengel am Werk

Vorschau

Impressum

Ein Weihnachtsengel am Werk

Tage voller Zauber – Nächte voller Liebe

Von Andreas Kufsteiner

Weihnachten in St. Christoph. Die Vorfreude auf das Christkind ist überall groß. Nur Veronika Wagner kommt vor lauter Arbeit gar nicht dazu, sich auf das Fest zu freuen. Seit dem Tod ihres Mannes kümmert sie sich ganz allein um den kleinen Sohn Heini. Fleißig arbeitet sie als Kellnerin und als Zimmermädchen im Berghotel und ist dabei immer freundlich und hilfsbereit. So kommt es, dass der Hotelgast von Zimmer 14 die junge Frau mit den hellblonden Haaren gar für einen »Weihnachtsengel« hält.

Vroni gönnt sich keine Ruhepause und arbeitet bis zur Erschöpfung. Zum Glück hat der Bergdoktor, Dr. Martin Burger, ein wachsames Auge auf die junge Witwe und ihren Buben. Aber dann erhält er einen Notruf aus dem Berghotel. Vroni ist in Zimmer 14 zusammengebrochen ...

»In einer Woche kommt das Christkindl!«

Veronika Wagner drückte ihren kleinen Sohn ganz schnell noch einmal an sich und hielt ihn fest. Der vierjährige Heini klammerte die Ärmchen um den Hals seiner Mama.

»Geh nicht weg!«

Veronika runzelte kurz die Stirn, dann prüfte sie mit dem Handrücken die Temperatur von Heinis Wange. War der Bub etwa immer noch heiß? Vor ein paar Tagen hatte er ein wenig gefiebert.

»Mach dir keine Sorgen, Vroni«, hatte Dr. Burger gesagt. »Kinder haben ab und zu ein wenig erhöhte Temperatur. Lass ihn halt morgen vom Kindergarten daheim und beobachte ihn ein bisserl. Sollte das Fieber weiter steigen, rufst du mich an. Er sollte viel trinken, und pass auf, dass er den Hals immer gut eingepackt hat, wenn er im Freien ist. – Aber wie geht's eigentlich dir?«

Prüfend hatte ihr der Bergdoktor in die Augen geschaut und an ihrem Handgelenk den Puls kontrolliert, woraufhin Veronika schuldbewusst ihren Blick gesenkt hatte. Dass sie sich schon die ganze Zeit nicht so recht wohlfühlte, behielt sie lieber für sich. Sie konnte es sich nicht leisten, daheim herumzusitzen. Fiele sie bei einem ihrer Jobs aus, würde eine wie sie rasch ersetzt und stünde dann bald ohne Arbeit da.

Eine kleine Erkältung war doch um diese Jahreszeit normal, sagte sich Veronika, da wollte sie nicht lang herumjammern.

»Ach, mir geht's gut, Herr Doktor«, log sie deshalb.

»So, so«, hatte der Bergdoktor nur gemeint und nachdenklich seinen Kopf hin und her gewiegt. »Du weißt aber schon, Vroni, dass du auf dich schauen musst. Wenn du dich immer selbst hintanstellst, kann das ein böses Ende nehmen. Dein Bub braucht eine gesunde Mama.«

»Ja, Herr Doktor«, hatte Veronika Wagner artig geantwortet.

»Und du weißt auch, dass wir im Doktorhaus für dich da sind, wenn du Hilfe brauchst, gell?«

»Ja. Danke.« Veronika hatte sich schnell zur Seite drehen müssen, damit der Doktor nicht sah, wie ihr die Tränen in die Augen schossen.

Aber er hatte freilich recht, der Dr. Burger. Veronika Wagner fühlte sich wirklich seit geraumer Zeit nicht besonders. Seit über einer Woche litt sie unter Kopf- und Gliederschmerzen, und auf das Fieberthermometer wollte sie gar nicht erst schauen. Es nützte ja doch nichts.

Seit ihr Heinrich vor fast fünf Jahren bei Waldarbeiten verunglückt war, war sie nun allein für den kleinen Heini verantwortlich. Ihr Sohn sollte auch als Halbwaise eine gute Kindheit haben und ein schönes Weihnachtsgeschenk bekommen. Dafür musste Veronika halt im Berghotel »Am Sonnenhang« aushelfen, vor allem jetzt, in der Woche vor Weihnachten, wo wieder neue Gäste gekommen waren.

Als junges Madel hatte sich Veronika Wagner vorgestellt, Lehrerin zu werden, aber diesen Traum hatte sie leider aufgeben müssen. Nachdem ihr Vater mit seiner Spielsucht die Familie in den Ruin getrieben hatte, waren keine Zeit und vor allem kein Geld mehr für die Ausbildung der Tochter da gewesen.

So hatte das Madel gleich nach Erfüllung der Schulpflicht zu arbeiten angefangen und alle Pläne von einem Jahr zum nächsten beiseitegeschoben. Veronika hatte sich bei den großen Bauernhöfen der Umgebung als Erntehelferin verdingt und abends im Wirtshaus ausgeholfen. Weil sie so freundlich war, hatte es fürs Servieren auch immer reichlich Trinkgeld gegeben.

Einen Teil ihrer Einnahmen hatte Vroni an ihre Mutter weitergegeben, damit diese die nötigen Lebensmittel für die Familie kaufen konnte, den Rest hatte sie Cent für Cent in eine Spardose gelegt. Irgendwann, hatte sie sich damals geschworen, wenn das Ersparte reichte, würde sie wieder zur Schule gehen und vielleicht einmal studieren.

Aber leider war es dann anders gekommen ... Der Vater hatte das Geld gefunden und es gleich darauf verspielt – wie auch das Haus und das schöne Grundstück, auf dem die Familie gelebt hatte.

Hätte der Heinrich, Veronikas bester Freund seit dem Kindergarten, nicht so eisern zu ihr gehalten, wäre sie damals wohl verzweifelt. Heinrich hatte im Sägewerk gearbeitet und bei seinen Besuchen immer wieder mal einen Laib Brot, eine Stange Wurst oder ein Buch für Veronika zurückgelassen.

Dann war ein Wunder geschehen: Aus Freundschaft war Liebe geworden ... Und als ihr der Heinrich in der kleinen Dorfkapelle schließlich den goldenen Ring an den Finger gesteckt hatte, war Veronikas Glück übergroß gewesen. Perfekt war es geworden, als ihr der Bergdoktor von St. Christoph drei Monate später zur Schwangerschaft gratuliert hatte.

Aber das Glück hatte nicht gehalten. Kurz darauf war Heinrich bei Waldarbeiten auf dem Feldkopf verunglückt.

Seitdem wusste Veronika oft nicht, was schlimmer wog: dass Heinrich seinen Sohn nie erleben hatte dürfen oder dass sie mit der harten Bürde, allein und mittellos das Kind großzuziehen, zurückgeblieben war.

Heute war der kleine Heini alles, was sie hatte und wofür sie lebte. Aus diesem Grund arbeitete Veronika härter als je zuvor und lehnte keinen Auftrag ab. Weil sie sich als tüchtiges Zimmermädchen erwiesen hatte, wurde ihre Arbeit vom Ehepaar Kastler, den Besitzern des Sporthotels in St. Christoph, sehr geschätzt.

Gestern hatte dann auch noch die Frau Baronin von Brauneck angefragt, ob Veronika kurz vor dem Weihnachtstag, am zweiundzwanzigsten Dezember, bei einer kleinen Adventsjause aushelfen könnte.

»Der Onkel meines Mannes, Professor Gotthold von Brauneck, hat ein paar seiner Kollegen von der Universität eingeladen«, hatte sie erklärt. »Da gehen die Herren dann spazieren und erörtern ihre Studien und wissenschaftlichen Erkenntnisse. Wenn sie danach ausgefroren ins Schloss zurückkommen, werden wir einen kleinen Umtrunk veranstalten: Punsch, Weihnachtsstollen und ein kleines Büffet mit Leckereien aus der Region. Es wäre sehr nett, wenn Sie uns dabei zur Hand gehen könnten, Frau Wagner. Sie sind immer so freundlich mit den Leuten. Haben Sie denn am Zweiundzwanzigsten Zeit?«

Natürlich hatte Veronika Zeit. Einen Aushilfsjob im Schloss ließ sie sich nicht entgehen. Die von Braunecks zahlten großzügig, die Atmosphäre im Schloss war immer sehr stimmungsvoll, und die Baronin war so nett. Natürlich würde es anstrengend werden, weil sie halt leider zurzeit ständig müde war.

Aber, dachte Veronika jetzt, die Adventsfeier im Schloss ist ohnehin erst in fünf Tagen. Bis dahin bin ich sicher wieder fit. Und nach Weihnachten wird es sowieso wieder ruhiger, da kann ich mich immer noch ausruhen.

Sie strich ihrem kleinen Sohn ein letztes Mal über die strubbeligen dunkelbraunen Haare, die er wohl von seinem Vater geerbt hatte, denn sie selbst hatte feine, hellblonde Locken.

»Ist ja gut, Heini, ich bin abends wieder bei dir, und dann erzähl' ich dir eine schöne Weihnachtsgeschichte. Von den kleinen Wichteln, die dem Christkind helfen. Und – stell dir vor! – du musst dann nur noch sieben Mal schlafen, bis das Christkind kommt!«

Eine hagere Hand schob sich zwischen Veronika und das Kind.

»Jetzt ist's aber genug mit dem Gejammer«, sagte die mürrische Stimme der Bierbaumer-Marie. »Wenn ich dir schon auf das Kind aufpassen soll, Vroni, dann mach wenigstens net so ein Theater. Du tust ja fei so, als tätest du auf Weltreise gehen, dabei ist das Berghotel eh gleich da drüben!« Sie lachte derb über den eigenen Witz und riss nebenbei so heftig an dem Kinderarm, dass Veronika den Buben schließlich losließ, um ihm nicht wehzutun.

»Mama! Kann ich nicht bei dir bleiben?« Heinis Stimme zitterte merklich.

»Du weißt doch, Heini, dass das net geht. Wenn du wieder ganz gesund bist, kannst du wieder in den Kindergarten, aber der Doktor hat gemeint, du sollst dich noch eine Weile schonen. Ich bin am Abend wieder da, ganz sicher!«

»Das ist aber viel zu lange!« Der Junge warf einen scheuen Seitenblick auf sein »Kindermädchen«. »Hier ist es so langweilig!«

»Na, da hast du es jetzt!«, brummte die Bierbaumer-Marie unleidlich. »Was verweichlichst du den Buben auch so! Unsereins hat dazumal auch keiner gefragt, ob es uns genehm ist, dass die Eltern arbeiten!«

Grob schob die Hauserin vom Köhlerhof die junge Frau beiseite. Veronika, ohnehin etwas geschwächt, hatte schon allein deshalb keine Chance, weil sie mit ihren knapp ein Meter fünfzig auch um mindestens zwanzig Zentimeter kleiner war als die resche Marie. So zart wie sie war, taumelte sie rückwärts.

Aber sie war ohnehin schon spät dran, also zwang sie sich ein munteres Lächeln ins Gesicht und winkte ihrem Sohn zum Abschied fröhlich zu.

»Schön brav sein, Heini, tust der Marie fein folgen, gell?« Sie wandte sich an Marie. »Dank dir, ich hoff, ich kann es irgendwann wiedergutmachen, dass du mir auf den Buben schaust ...«

»Na, sicher wirst du das! Ich richte derweil schon die Bügelwäsche zusammen, da hast dann gleich am Abend die Gelegenheit, dich zu bedanken«, knurrte Marie. »Von schönen Worten kann ich mir nix kaufen!«

Die Haushälterin hatte den Buben aus Veronikas Armen gerissen, und nun saß er wie ein Äffchen auf ihrer Hüfte. Sie ließ ihn jedoch augenblicklich zu Boden gleiten.

Im Weggehen hörte Veronika, wie die mürrische Alte den Kleinen anfuhr.

»Was soll ich dich herumschleppen? Du hast schließlich zwei Beine und kannst gut selber gehen. Aber steh mir nicht im Weg herum, ich hab zu tun. Und sei still, denn dass ich auf dich aufpasse, heißt nicht, dass ich mich mit dir auch unterhalten mag!«

Veronika beschleunigte ihre Schritte. Nur noch zwei Jahre, dachte sie. Wenn Heini in die Schule kommt, habe ich tagsüber mehr Zeit zum Arbeiten. Und wenn ich es schaffe, bis dahin genug Geld zu verdienen, ziehen wir von hier weg und fangen woanders ganz von vorne an.

Sie warf einen traurigen Blick in die Richtung von Hochbrunn, wo ihr altes Elternhaus stand. Die deutsche Familie, die den Bauernhof nach dem Bankrott des Vaters als Ferienhaus gekauft hatte, war schon seit Monaten nicht mehr hier gewesen. Stattdessen hing jetzt wieder ein Schild im Fenster: Altes Bauernhaus zu verkaufen. Darunter stand die Telefonnummer eines Wiener Maklers.

Wenn ich doch bloß genug Geld beisammenhätte, dachte Veronika. Aber dann schüttelte sie den Kopf und stapfte entschlossen weiter. Nein, so viel Geld, um das Haus zurückzukaufen, hatte sie nicht. Wenn sie Glück hatte, reichte es für eine kleine Wohnung in Innsbruck. So, wie sie derweil zur Untermiete lebten, in einem kleinen Zimmer auf dem Köhlerhof, unter den strengen Augen der stets unzufriedenen Haushälterin Marie – das war keine Dauerlösung.

Veronika wickelte sich fester in das warme, dunkelgrüne Schultertuch, das ihr der Heinrich zur Verlobung geschenkt hatte. Inzwischen war die Wolle an den Rändern fadenscheinig geworden, und Veronika überlegte immer wieder, ob sie nicht einen von Heinrichs alten Pullovern auftrennen und sich ein neues Tuch stricken sollte. Aber noch brachte sie das nicht übers Herz.

Neben Heini und dem schmalen goldenen Ehering, den sie an ihrer Halskette trug, war das Tuch alles, was ihr von ihrem früheren Leben geblieben war.

***

»In einer Woche kommt das Christkind! Nur noch ...« Der kleine Philipp zählte es angestrengt an seinen Fingern ab. »Nur noch sieben Mal schlafen! Juhuuu!«

Stolz malte der Fünfjährige seinen Namen auf das Papier.

»F – I – L – L – I«, murmelte er mit herausstehender Zungenspitze. »Geschafft! Wie gut, dass ich jetzt schon meinen Namen schreiben kann. Sonst würde das Christkind womöglich unsere Briefe verwechseln und mir eine Puppen-Klinik bringen!«, empörte er sich und zog eine angewiderte Grimasse.

»Oder mir eine Ritterburg. Das wäre allerdings noch viel schlimmer«, wies ihn seine große Schwester, die achtjährige Tessa, zurecht. »Babykram!« Ihre Grimasse stand der ihres kleinen Bruders in nichts nach.

»Momenterl, Kinder«, mischte sich jetzt der Opa ein. »Nur weil ihr eure Wünsche auf ein Brieferl schreibt, muss das Christkind net gleich alles, was draufsteht, unter den Baum legen. Das Christkind ist schließlich kein Lieferdienst! Was ihr da auf eure Briefe schreibt, sind nichts als Vorschläge. Bitten. Wünsche. Ob die in Erfüllung gehen, entscheidet immer noch das Christkind selbst. Und das hängt von so manchem ab ...«

»Wovon denn, Opa?«, mischte sich die zweieinhalbjährige Laura ins Gespräch.

»Na, zum Beispiel davon, ob ihr euch gut miteinander vertragt«, erwiderte Pankraz Burger und warf seinen beiden älteren Enkelkindern einen vielsagenden Blick zu. Die beiden, gerade im Begriff, einander zu schubsen, nahmen sich augenblicklich zusammen und schauten ihm artig wie die Lämmchen ins Gesicht.

»Aber wir haben uns doch eh so lieb, der Filli und ich«, sagte Tessa mit einem entwaffnenden Lächeln. Der kleine Bruder nickte mit ausladenden Kopfbewegungen.

Pankraz tat so, als müsse er sich ein Häferl aus dem Geschirrschank nehmen, damit die Kinder nicht sahen, wie sehr er sich das Lachen verkneifen musste. Das war schon eine verrückte Rasselbande. Eine entzückende. Einen Moment hielt der alte Herr inne und wischte sich über die Augen. Dass ihm noch dieses Glück widerfahren war ...

Dr. Pankraz Burger, der Altdoktor von St. Christoph, hatte seine Ehefrau früh verloren. Zeit zu trauern war keine gewesen, denn der elfjährige, nun mutterlose Martin hatte ihn gebraucht. Der Sohn war später Pankraz' großer Halt geworden. Natürlich hatte auch Pankraz' Profession dazu beigetragen, dass er den Schicksalsschlag mit der Zeit so recht und schlecht verkraftet hatte. Für einen Landarzt in den Tiroler Bergen gab es schließlich immer was zu tun.

Arzt zu sein, war kein Beruf, den man am Feierabend abstreifte, sondern einer, den Pankraz mit Leidenschaft ausgeübt hatte. Inzwischen war der jetzt Siebenundsiebzigjährige schon lange in Pension. Zu seiner großen Freude hatte sein Sohn Martin die Praxis wie auch die Berufung übernommen.

Aber auch Martin war nicht vom Leid verschont geblieben. Nachdem er als Bub die Mutter verloren hatte, hatte er als junger Mann – und beinahe schon Familienvater – seine Frau Christl zu Grabe tragen müssen. Und mit ihr das Kind, das die Geburt nicht überlebt hatte. Auch Martin hatte Trost und Ablenkung in seiner Arbeit gesucht und war dadurch ein hervorragender Chirurg geworden.

Außerdem war er ein Landarzt, der treffsichere Diagnosen stellte, mochten sie auch noch so ungewöhnlich sein.

»Bergdoktor«, sagten die Menschen in St. Christoph, dem kleinen Dorf im hinteren Zillertal, ehrfürchtig. Sie vertrauten darauf, dass ihnen der Bergdoktor bei ihren Nöten – die nicht immer nur gesundheitlicher Natur waren – beistand. Und sie vertrauten dem Martin zurecht.

Pankraz putzte sich die Nase.

»Bist verkühlt, Opa?«, fragte Tessa besorgt. »Das geht gar net! Wir wollen doch miteinander einen Schneemann bauen!«