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Sabine und Martin Burger freuen sich auf den Besuch einer Freundin, die sie lange nicht gesehen haben. Dr. Renate Schumann hat seinerzeit mit dem Bergdoktor studiert und war eng mit ihm befreundet. Als sie schwanger wurde, heiratete sie unüberlegt einen Kommilitonen, doch die Ehe dauerte nur wenige Jahre, dann folgte die Scheidung. Renates Freundschaft mit Martin Burger hielt, er war stets für sie da, half ihr, wenn sie Sorgen und Probleme hatte.
In der Zwischenzeit ist Renate in zweiter Ehe glücklich verheiratet, ihre Tochter Angie studiert Medizin und möchte in der Praxis des Bergdoktors ein Praktikum machen. Doch statt sich auf die Arbeit und die Patienten zu konzentrieren, wartet das bildhübsche Mädchen nur auf eine günstige Gelegenheit, um mit Martin allein zu sein ...
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Seitenzahl: 122
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Wenn dein Blick verführt
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Impressum
Wenn dein Blick verführt
Ein Madel verliebt sich in Dr. Martin Burger
Von Andreas Kufsteiner
Sabine und Martin Burger freuen sich auf den Besuch einer Freundin, die sie lange nicht gesehen haben. Dr. Renate Schumann hat seinerzeit mit dem Bergdoktor studiert und war eng mit ihm befreundet. Als sie schwanger wurde, heiratete sie unüberlegt einen Kommilitonen, doch die Ehe dauerte nur wenige Jahre, dann folgte die Scheidung. Renates Freundschaft mit Martin Burger hielt, er war stets für sie da, half ihr, wenn sie Sorgen und Probleme hatte.
In der Zwischenzeit ist Renate in zweiter Ehe glücklich verheiratet, ihre Tochter Angie studiert Medizin und möchte in der Praxis des Bergdoktors ein Praktikum machen. Doch statt sich auf die Arbeit und die Patienten zu konzentrieren, wartet das bildhübsche Mädchen nur auf eine günstige Gelegenheit, um mit Martin allein zu sein ...
»Das gefällt mir net. Ganz und gar net.« Dr. Martin Burgers unmutiger Blick, in dem sich auch eine gewisse Resignation spiegelte, wanderte zum wiederholten Male zwischen den Untersuchungsergebnissen auf dem Monitor und Toni Angerers betont gleichmütiger Miene hin und her.
Wie oft hatte der Bergdoktor von St. Christoph im schönen Tiroler Zillertal dem Großbauern und ehrenamtlichen Bürgermeister schon eine Diät und regelmäßige Bewegung ans Herz gelegt. Er hatte ihm einen Speiseplan mitgegeben und ihm Vorschläge für Nordic Walking oder ausgedehnte Bergwanderungen gemacht.
Gemeinsam mit Paula Angerer hatte er besprochen, dass Kuchen und Schweinsbraten vom Esstisch verbannt werden mussten. Doch weder Strenge noch die Drohung mit einer Operation oder die Zusammenarbeit mit Tonis besserer Hälfte hatten Erfolg gehabt.
Der Großbauer litt nach wie vor an Rückenschmerzen, denn er hielt sich einfach nicht an die ärztlichen Anordnungen. Nun lächelte er beschwichtigend.
»So schlimm kann's doch net sein, Herr Doktor«, meinte er leichthin. »Ich fühle mich ganz wohl.«
»Abgesehen von deinen Schmerzen.«
»Na ja, aber wer wird denn gleich eine große Sache daraus machen? Ich hab mir gedacht, eine schnelle Spritze und ...«
»Toni, ich hab dir schon mehr als einmal gesagt, dass ich dich nimmer arbeitstauglich spritzen werde. Das ist sinnlos, solange du deinen Lebensstil net ändern magst.« Der hochgewachsene, sportliche Mediziner mit einer Leidenschaft fürs Bergsteigen deutete auf den Monitor. »Da, schau dir das Röntgenbild selbst an. Dann siehst du, wie die Fetteinlagerungen die Wirbelsäule verformen und die Bandscheiben zusammenpressen. Da ist ein Vorfall nur die natürliche Folge. Mit einem Schmerzmittel ist es net getan.«
»Was soll ich denn machen?«, brauste der Angerer unwillig auf. »Ich hab keine Zeit, ins Fitnessstudio zu gehen. Und ich kann net von grünem Salat leben, dann kipp ich um. Ich brauch eine ordentliche Ernährung, Herr Doktor. Die bin ich von klein auf gewöhnt, und darauf besteh ich!« Er lächelte schmal. »Die Mama selig hat backen können, mei, oh mei, einfach wunderbar waren ihre Kuchen und Torten. Und zu Weihnachten, das war überhaupt das Größte für mich als Bub, da hat sie selbst Pralinen gemacht. Eine wahre Zuckerbäckerin war sie.«
»Schön und gut, Toni. Ein jeder denkt gern an die Kinderzeit zurück, als man noch alles hat essen können, weil man halt im Wachstum begriffen war«, erwiderte Dr. Burger.
»Und was haben Sie gern genascht, Herr Doktor? Wollen Sie es mir net verraten?«, forschte der Angerer neugierig.
»Die Zenzi hat zu besonderen Gelegenheiten manchmal so einen ganz luftigen Grießschaum mit Erdbeerpüree gezaubert. Wunderbar hat das geschmeckt«, erinnerte sich Dr. Burger lächelnd.
Er dachte an die Zeit zurück, als die bewährte Hauserin nach dem frühen Tod seiner Mutter ins Doktorhaus in die Kirchgasse gekommen war, um ihn und seinen Vater Pankraz zu bekochen und ihnen den Haushalt zu führen.
»Sehen Sie, das mein ich, genau das mein ich!«, rief der Angerer zufrieden. »Den Ausdruck in Ihren Augen, Herr Doktor, den kenn ich. Genuss! Was wäre das Leben ohne ein bisserl was Feines und Gutes, das die Seele ebenso streichelt wie den Magen!«
»In Maßen, gewiss. Aber wenn aus dem Genuss ein Übergewicht resultiert und die Wirbelsäule mit Schmerzen reagiert ...«
Der Bürgermeister seufzte tief auf.
»Toni, jetzt sei halt vernünftig. Schließen wir einen Kompromiss. Ich verschreibe dir eine schmerzlindernde Salbe. Die Paula soll dich damit jeden Abend einreiben. Und du hältst dich ein bisserl beim Essen zurück und gehst auch mal zu Fuß, statt allerweil mit dem Auto zu fahren, einverstanden?«
»Das ist alles? Klingt gar nimmer so schlimm«, wunderte der Angerer sich.
»Es ist ein Anfang. Und wenn die ersten fünf Kilos runter sind, wirst du dich selbst für deine Vernunft belohnen, warte es nur ab.«
»Was soll jetzt das wieder heißen?«
»Dann lassen die Schmerzen von selbst nach, weil der Druck weniger wird. Das motiviert. Und irgendwann wirst du dann freiwillig etwas tun, um die Rückenschmerzen auf Dauer loszuwerden. Und wenn es doch mal zwackt ...« Dr. Burger reichte ihm ein Rezept. »... dann kommt die Salbe zum Einsatz.«
»Herr Doktor, Sie sind ein harter Mann.« Der Angerer sah Kuchen und knusprigen Schweinsbraten bereits in unerreichbare Ferne entschwinden.
»Nur zum Wohl meiner Patienten«, versicherte der Bergdoktor und verabschiedete sich per Handschlag von dem Großbauern.
Nachdem Toni Angerer das Sprechzimmer verlassen hatte, erschien Bärbel Tannauer, Dr. Burgers bewährte Mitarbeiterin, und ließ ihn wissen, dass das Wartezimmer leer sei. Sie sah, dass er noch einen bekümmerten Blick auf das Röntgenbild des Bürgermeisters warf.
»War's wieder schlimm mit dem Angerer?«, fragte sie.
»Ich versuche immer und immer wieder, ihn zur Vernunft zu bringen, aber ich scheitere jedes Mal. Er wird am Ende doch noch auf dem Operationstisch landen wegen seiner Unvernunft.«
»Sie haben sich nix vorzuwerfen, Chef. Der Angerer ist und bleibt nun mal verfressen. Manche Leute ändern sich nie.«
»Drastisch ausgedrückt, aber wahr«, meinte Dr. Burger lachend.
»Wann kommt denn Ihr Besuch?«, fragte Bärbel nun.
Die Burgers erwarteten eine alte Studienfreundin von Martin, die als niedergelassene Ärztin in Graz lebte und nun für ein paar Wochen eine Urlaubsvertretung bei einem befreundeten Kollegen in Schwaz übernahm. Diese Gelegenheit wollte Dr. Renate Schuhmann nutzen, um die Burgers wiederzusehen.
»Morgen. Wir freuen uns schon auf Renate, zumal sie ihre Tochter mitbringt. Ich habe Angie nicht mehr gesehen, seit sie in den Kindergarten ging. Und nun studiert sie Medizin und will in die Fußstapfen ihrer Eltern treten. Die Zeit vergeht.«
»Waren Sie seinerzeit eng mit ihr befreundet? Oder geht mich das nix an?«, forschte Bärbel.
»Wenn du wissen willst, ob die Angie von mir ist, muss ich dich enttäuschen, Bärbel. Renate und ich waren nur Freunde. Wir haben zusammen gelernt und zeitweise in der gleichen WG gewohnt. Sie hatte einen Freund, einen Kommilitonen, mit dem sie eine Weile zusammen war. Als sie schwanger wurde, haben die beiden geheiratet. Aber die Ehe hat net gehalten.«
»Oh, das tut mir leid«, murmelte Bärbel.
»Ja, das ist nie schön. Renate und ich, wir haben beide als Assistenzärzte im Spital in Schwaz gearbeitet. Da habe ich so einiges mitbekommen. Ihr Mann hatte ständig Affären, Angie litt darunter, dass ihre Eltern so oft stritten. Schließlich hat Renate sich scheiden lassen.«
»Die beste Entscheidung bei so einem Hallodri«, warf Bärbel ein.
»Schon, aber es war eine schwere Zeit für sie. Ich habe sie damals unterstürzt, so gut ich konnte. Und dann lernte sie Harald Schuhmann kennen. Er ist ein paar Jahre älter als sie und hatte damals schon eine eigene Praxis in Graz. Er war endlich der Richtige. Ein guter Ehemann und Vater für Angie. So hat Renate schließlich doch noch ihr Glück gefunden.«
»Dann praktizieren die beiden wohl zusammen.«
»Ja, sie arbeiten Hand in Hand.«
»Hatten Sie denn noch Kontakt in den vergangenen Jahren?«
»Nicht mehr so oft wie früher, aber doch regelmäßig. Renate und Sabine haben sich übrigens auch angefreundet. Deshalb freut sich meine Frau ebenfalls auf den Besuch.«
***
»Was schaust du denn so skeptisch, Zenzi? Ich mag die Renate, ehrlich. Und ich bin schon recht gespannt darauf, wie ihre Tochter sich herausgemacht hat.« Sabine Burger bedachte die Hauserin mit einem nachsichtigen Blick. »Zwischen Renate und Martin war nie etwas, nur Freundschaft. Und selbst wenn es anders gewesen wäre, so war das lange vor meiner Zeit.« Die hübsche Blondine lächelte. »Ich bin net eifersüchtig auf Martins Vergangenheit. Das wäre doch sinnlos.«
»Diese Frau Doktor aus Graz ist aber keine Vergangenheit«, mahnte die Hauserin mit dem ordentlichen Haarknoten die Arztfrau. »Sie ist sehr lebendig. Und wenn sich alte Freunde wiedersehen, dann kann viel passieren.«
»Ich glaub, du hast zu viel Fantasie entwickelt, Zenzi«, neckte Sabine sie schmunzelnd. »Das liegt wohl an den Liebesromanen, die du so gerne liest.«
»Schmarrn. Ich weiß selbst, dass das Leben kein Roman ist. Aber der Martin ist nun mal ein fesches Mannsbild. Da muss man allerweil auf der Hut sein.«
»Ich vertraue ihm hundertprozentig«, versicherte die Arztfrau, die selbst Ärztin war.
Als sie ihren Mann kennengelernt hatte, war es für sie beide Liebe auf den ersten Blick gewesen. Martin hatte lange um seine erste Frau getrauert. Christl war seine Jugendliebe gewesen, er hatte sie nach nur einem Jahr Ehe im Kindbett verloren. Danach hatte er sich nicht mehr vorstellen können, sein Herz noch einmal zu verschenken.
Doch das Schicksal hatte es anders vorgesehen. Kein einsamer Wolf sollte aus Dr. Martin Burger werden, sondern ein glücklicher Ehemann und Vater von drei munteren Kindern. Sabine, Tessa, Filli und die kleine Laura waren sein ganzes Glück, sein sicherer Hafen, der feste Grund, auf dem sein Leben fußte.
Seine geliebte Familie gab dem Bergdoktor, wie er hier im Tal respektvoll genannt wurde, die Kraft, sich stets mit voller Energie seinen Patienten zu widmen.
Als Tessa und Filli aus der Schule und dem Kindergarten heimkamen, brachte die Hauserin das Mittagsmahl auf den Tisch.
Auch der Familienvater erschien pünktlich. Er wusste, dass Zenzi es nicht leiden konnte, wenn nicht Schlag Mittag alle Mitglieder der Familie Burger am Esstisch saßen. An diesem sonnigen und zugleich windigen Apriltag war dies der Fall.
Während Tessa und Filli munter miteinander ratschten, brabbelte die kleine Laura in ihrem Hochstuhl vor sich hin.
Pankraz, der Senior im Doktorhaus, war noch in eine medizinische Fachzeitschrift vertieft, denn er hatte dort einen interessanten Artikel über neue Behandlungsmethoden von altersbedingter Demenz gefunden.
Als das Essen dann in den Schüsseln dampfte, verschwand die Zeitschrift allerdings blitzschnell. Pankraz war ein großer Liebhaber von Zenzis bodenständiger Tiroler Kochkunst, und er genoss an diesem Tag mit Hingabe das feine panierte Schnitzel und den dazu mit frischen Kräutern angerichteten Erdäpfelsalat.
»Was kochst du denn morgen Schönes?«, fragte er die Hauserin, als sie zum Nachtisch noch eine Mandelcreme mit eingelegten Kirschen auf den Tisch brachte. »Du wirst unsere Gäste gewiss ein bisserl verwöhnen wollen, gell?«
»Morgen ist Mittwoch, ein ganz normaler Wochentag. Da gibt's nix Besonderes«, gab die Hauserin kühl zurück
»Da hast du auch wieder recht. Alles, was du kochst, schmeckt einfach wunderbar«, schmeichelte Pankraz ihr lächelnd. Zenzi verzog nur ein wenig den Mund und stampfte dann aus dem Esszimmer, ohne ihm eine Antwort zu geben.
»Was hat die Zenzi denn?«, wunderte Martin sich. »Unsere beiden Gäste bleiben ja nur ein paar Tage. Ob es ihr trotzdem zu viel Arbeit ist?«
Sabine schob Laura einen Löffel Brei in den Mund.
»Sie fürchtet um unser Glück«, erklärte sie ihrem Mann dann.
»Wie bitte?« Dr. Burgers markante Miene war ein einziges Fragezeichen. »Was soll jetzt das bedeuten?«
»Na ja, sie denkt sich halt, dass so eine alte Liebe zu neuem Feuer entfacht werden könnte.«
»Sie liest entschieden zu viele Liebesromane«, meinte Pankraz lachend.
»Schon, aber sie sagt, das eine hätte nix mit dem anderen zu tun. Und weil ich einen attraktiven Mann hab, sollte ich ein bisserl besser auf ihn aufpassen«, erwiderte Sabine.
»Ich darf doch sehr bitten«, brummte Martin verstimmt.
»Unser Papa ist ja auch ein schöner Mann«, schwärmte Tessa. »Er stellt sozusagen eine ständige Versuchung für alle Frauen dar. Dafür kann er nix, es ist halt so.«
Filli musterte seine Schwester befremdet.
»Das ist wirklich ein schönes Kompliment, Tessa«, sagte Martin. »Aber ein verheirateter Mann und Familienvater, der stellt in der Regel für niemanden eine Versuchung dar. Er kann froh sein, wenn seine Frau ihn noch manchmal so sieht.«
Alle lachten, und Tessa verzog den Mund.
»Wenn das so ist ...«
»Kommt, Kinder, wir gehen ein bisserl an die frische Luft«, schlug Pankraz vor, denn er merkte, dass dieses Gespräch für seinen Sohn ein wenig peinlich wurde. »Es ist schön draußen. Wer mag schaukeln? Ich schubse an.«
»Super, Opa!«, freute sich Filli, und auch seine Schwester schloss sich ihnen an. Die Kinder liebten ihren Großvater über alles.
»Ich glaub, ich muss der Zenzi mal ins Gewissen reden«, sagte Martin. »Sie weiß doch ganz genau, dass die Renate nur eine gute Freundin ist, net mehr. Wie kommt sie dazu, mir romantische Regungen zu unterstellen?«
»Sie sorgt sich halt allerweil um dich, Schatz.« Sabine hob Laura mit einem Seufzer aus ihrem Stuhl. Das kleine, süße Gesicht mit den großen Babyaugen war eben dabei, von sonnigem Lächeln zu einer Gewitterfront zu wechseln. Es war klar, was dahintersteckte. »Unser Laura-Mauserl braucht eine neue Windel. Wenn du kurz wartest, trinken wir danach noch in Ruhe einen Kaffee zusammen, einverstanden?«
Martin nickte abwesend. Zenzi sah in ihm noch immer den Ziehsohn, der er mit seinen elf Jahren für sie gewesen war, als sie ins Doktorhaus gekommen war. Der mutterlose Bub hatte ihr goldenes Herz gedauert, und sie hatte sich stets bemüht, ihm die Mutter zu ersetzen, die er viel zu früh verloren hatte. Daran hatte sich bis auf diesen Tag nichts geändert.
Wenig später kehrte Sabine mit zwei Haferln frischem Kaffee ins Esszimmer zurück und lächelte ihrer besseren Hälfte lieb zu.
»Sei der Zenzi net gram«, bat sie. »Sie meint es nur gut.«
»Ja, ich weiß. Ich könnte ihr gar net gram sein.« Martin schenkte Sabine ein Busserl und fügte noch hinzu: »Sie wacht halt net nur über unseren Haushalt, sondern auch über unser Glück.«
»Ich find's schön«, gab Sabine schmunzelnd zu.
»Ich red nachher noch mal mit ihr. Wenn Renate und Angie kommen, sollen sie net das Gefühl haben, hier net willkommen zu sein.«
***
Am späten Nachmittag, eine Weile vor dem Nachtmahl, machte Pankraz noch eine Gassirunde mit Familiendackel Poldi. Die Aprilsonne hatte sich mittlerweile hinter feinen Schleierwolken versteckt, der Wind war abgeflaut und wehte nur noch als laues Lüftchen.
Burger senior klinkte die Leine in Poldis Halsband und verließ das Doktorhaus. Im Vorgarten blühten Tulpen und Perlhyazinthen, und der schmale Zierpflaumenbaum bezauberte mit einer rosa Wolke aus zarten Blüten. Es duftete frisch und süß und einfach unwiderstehlich nach Frühling.
Drüben in der Praxis, die sich im Anbau des Doktorhauses befand, brannte schon Licht. Die Nachmittagssprechstunde neigte sich allmählich ihrem Ende zu. Pankraz bog in die Kirchgasse ein und steuerte dann auf den nahen Krähenwald zu, der quasi vor der Haustür lag.
Vom Kirchturm her erklang das Abendläuten, ein idyllischer Friede lag über dem kleinen Ort im Tiroler Zillertal, der von sechs markanten Berggipfeln umrahmt wurde.