Der Bergdoktor 2222 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2222 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Wozu ist ein Hofgesetz von anno dazumal heutzutage noch gut? Das fragt sich Kathi Hegauer vom Palmhof in St. Christoph immer wieder. Sie will sich jedenfalls nicht mehr danach richten, sondern ihr Leben so gestalten, wie es für richtig hält. Rückenwind erhält sie dabei von Leo Geisler, dem Jungbauern vom Auerbach-Hof, in den sie verliebt ist. Vielleicht zu sehr, denn dass er in punkto Liebe und Treue ganz andere Ansichten hat als sie, will sie nicht wahrhaben - bis sie aus ihrem Traum vom Glück zu zweit jäh erwacht ...

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Seitenzahl: 87

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Ich pfeife auf das Hofgesetz

Sonderseiten

Vorschau

Impressum

Ich pfeife auf das Hofgesetz

Nach langer Krankheit erfüllt sich Kathi einen besonderen Wunsch

Von Andreas Kufsteiner

Wozu ist ein Hofgesetz von anno dazumal heutzutage noch gut? Das fragt sich Kathi Hegauer vom Palmhof in St. Christoph immer wieder. Sie will sich jedenfalls nicht mehr danach richten, sondern ihr Leben so gestalten, wie sie es für richtig hält. Rückenwind erhält sie dabei von Leo Geisler, dem Jungbauern vom Auerbach-Hof, in den sie verliebt ist. Vielleicht zu sehr, denn dass er in punkto Liebe und Treue ganz andere Ansichten hat als sie, will sie nicht wahrhaben – bis sie aus ihrem Traum vom Glück zu zweit jäh erwacht ...

Wer in der Tiroler Alpenwelt unterwegs war, konnte jeden Tag die Schönheiten der Bergwelt aufs Neue entdecken, das beeindruckende Panorama, die majestätischen Gipfel und den Bergwald, den man hier mit Sorgfalt und Liebe zur Natur schützte und bewahrte, anstatt ganze Flächen zu roden (wie es in manchen Gegenden leider immer wieder vorkommt). Ein Wanderer, der zum Beispiel das Zillertal kennenlernen wollte, traf auf viele kleinere Hütten, in denen man eine Rast einlegen konnte.

Aber es gab natürlich auch die großen Schutzhäuser der Tiroler Alpensektion. Jemand, der im Hochgebirge in ein Unwetter geriet und das Glück hatte, in einer dieser »Schutzburgen« – manche glichen wirklich einer Festung – unterzukommen, sandte ein Dankgebet gen Himmel. Denn in so einem aus Granitgestein gebauten Berghaus konnte man aufatmen und sich behütet fühlen vor Sturm, Blitz und Donner. Oder auch vor einem plötzlichen Schneesturm, der manchmal schon im Herbst über die Gipfel fegte.

Man war nicht allein dort droben in der Urgewalt der Berge. Es tat gut, nach einem gefährlichen Aufstieg wieder auf Menschen zu stoßen, die einem die Hand reichten und die schweren Türen der Schutzhütte sorgsam verriegelten, wenn draußen die »wilde Jagd« über die Felsen brauste.

Der Hüttenwirt, immer ein erfahrener Älpler, kannte sich aus und konnte Erste Hilfe leisten, wenn es nötig war. Besonders sicher durfte man sich fühlen, wenn auch seine Frau mit ihm das (manchmal harte und nicht ungefährliche) Leben unter den Gipfeln teilte.

Ganz ehrlich – was konnte mitten in einem tosenden Gewittersturm, wenn Steinschläge krachend zu Tal polterten, einem erschöpften Wanderer wirklich helfen?

Es waren die einfachen, aber von Herzen kommenden Dinge, zum Beispiel eine heiße Suppe und ein großer Becher Tee, ein trockenes Handtuch und eine Decke. Dazu ein Lächeln und eine aufmunternde Frauenstimme, die freundlich tröstete: »Morgen schaut's schon wieder gut aus! Mein Mann hat den Wetterbericht über Funk abgehört, das klappt immer. Außer dem Funkgerät geht da heroben nix, wenn uns ein Unwetter heimsucht. Dann hilft nur beten und warten, bis es vorbei ist. Oder wir müssen ins Alphorn blasen, witzelt mein Mann immer, weil uns sonst niemand hört. Aber der Sturm tobt sich aus. Derweil haben wir für die Nacht auch noch ein gemütliches Kammerl frei. Im Matratzenlager sind heut' schon einige Leut' untergekommen, eine ganze Wandergruppe. Die sind allesamt froh, dass sie jetzt hier sind und net draußen am Berg!«

Dieses und Ähnliches sagte übrigens die Helmi, derzeit Hüttenwirtin auf dem Feldkopf im Zillertal und Ehefrau vom Weller-Paul, dem Hüttenwirt, gern zu den erschöpften »Gestrandeten«, die nie geglaubt hätten, in einer Schützhütte hoch droben (fast in den Wolken!) übernachten zu müssen.

Meistens verlief die Herbergssuche in den Bergen so: Das Wetter war anfangs doch noch ganz passabel gewesen, aber dann – ganz plötzlich – hatte sich der Himmel in dunkelgraue Tücher gehüllt und ein wild fauchender Sturm war aufgekommen. Die einzige Rettung: das Feldkopf-Schutzhaus!

Man konnte viel erleben in den Alpen. Und es ging natürlich nicht oft so stürmisch zu, dass man in Bergnot geriet. Meistens war es sogar richtig schön! Vor allen Dingen im Zillertal, genauer gesagt, in St. Christoph.

Der Feldkopf, auf dem das Ehepaar Weller diesjährig das Schutzhaus bewirtschaftete, war ein imposanter Fast-Dreitausender mit einem Gletscher, der im Licht schöner funkelte als sämtliche Märchen-Eisberge. Jedenfalls war man in St. Christoph davon überzeugt. Ohne den Feldkopf wäre alles gar nicht denkbar gewesen – weder die einmalige Aussicht noch die Sonnen- und Schattenspiele am Gipfel.

Den übrigen Bergen, die das Tal umstanden, hätte ihr »großes Vorbild« wirklich gefehlt. Achenkegel, Hexenstein, Frauenhorn, Beerenhalde, Rautenstein – nun, sie machten durchaus etwas her, die kleineren Geschwister des Feldkopfs. Sie hatten allesamt ihre Eigenheiten, und das machte ohne Zweifel das Hochtal von St. Christoph zu einem besonderen Juwel.

Aber der Feldkopf war nun mal Mittelpunkt im Reigen der Berge, die St. Christoph »bewachten«. Es sah wirklich so aus, als seien die schroffen, im unteren Drittel dicht bewaldeten Berge vor undenklich langer Zeit damit beauftragt worden, das Tal zu beschützen, damit eines Tages ein so idyllisches, malerisches Dorf wie St. Christoph dort entstehen konnte.

***

Wer nach St. Christoph kam, fand einen Ort vor, in dem man weder auf die Tradition noch auf Neues verzichten wollte. Das betonte Bürgermeister Toni Angerer sehr oft, auch bei seiner heutigen Ansprache am Rupertus-Tag am 15. Mai, der heuer auf einen Mittwoch fiel.

An diesem Datum erinnerte man sich im Dorf jedes Jahr daran, dass vor siebzig Jahren in einer dramatischen Brandnacht das Schlimmste verhütet worden war, und zwar nur durch das mutige und beherzte Handeln der Feuerwehr.

Zwei Häuser und einige große Scheunen hatten lichterloh gebrannt. Ein heftiger Sturm hatte die Flammen immer weiter vorangetrieben, sodass im Dorf Panik ausgebrochen war. Ohne die Feuerwehr und ihren großartigen Kommandanten Luitpold Achleitner wäre es zu einer Katastrophe gekommen.

Die meisten der tapferen Helden waren inzwischen in der Ewigkeit angekommen und schauten sich ihre Heimat vom Himmel aus an, aber sie hatten es verdient, im Tal drunten für immer in Erinnerung zu bleiben. Darauf wies der Bürgermeister auch heuer nachdrücklich hin und setzte hinzu: »Wir sind es den mutigen Rettern von damals schuldig, unser Dorf zu schützen und Gefahren abzuwenden.«

Auf dem Kirchplatz hatten sich zahlreiche Dorfbewohner versammelt. Man wusste, dass der Angerer-Toni seine Ansprachen gern ausdehnte. Manchmal geriet er vom Hundertsten ins Tausendste, sodass der eigentliche Grund seiner Rede mehr oder weniger ins Abseits geriet.

»Ich möchte noch etwas anfügen, was die Situation in unserem Dorf betrifft«, holte er aus, während einige Zuhörer verstohlen auf die Uhr blickten. »Wir sind weltoffen und aufgeschlossen, auch wenn wir in einem Bergdorf daheim sind. Wir leben hier keineswegs hinter dem Mond, das betone ich ja immer wieder. Man muss aber nicht alles mitmachen, was durch die Medien geistert. Wie ich weiß, ist niemand bei uns daran interessiert, unser Dorf in eine Art Rummelplatz zu verwandeln. Andere Leute können das tun, wenn es ihnen gefällt. Bei uns gelten die wahren Werte. Wir werden das Ursprüngliche bewahren und nicht vergessen, was unsere Vorfahren für uns getan haben.«

Nach einem kurzen Zwischenapplaus setzte er seine Rede fort: »Ich höre sehr oft, dass St. Christoph ein besonders schöner Ort ist, in dem man sich auch nach anstrengenden Zeiten wunderbar erholen kann. Fast alle Gäste, die zu uns kommen und mir einen Besuch im Gemeindeamt abstatten, reden von einem einzigartigen Idyll. Sie versichern mir, dass es bei uns ruhig ist, aber alles andere als langweilig. Das ist eine besondere Art von Ruhe, höre ich immer wieder. Es ist überall so viel Leben zu spüren. Die Türen werden geöffnet, wenn man anklopft, und man wird herzlich willkommen geheißen.«

Toni Angerer legte eine kurze Pause ein und räusperte sich. Wer gehofft hatte, dass er an diesem Punkt seine Rede beendete, sah sich jedoch getäuscht. So schnell ließ der Bürgermeister seine Zuhörer nicht von dannen ziehen.

Jemand reichte ihm ein Glas Wasser, damit er sich ein wenig erfrischen konnte. Natürlich wäre ihm ein kühles Weißbier lieber gewesen, aber es schickte sich nun mal nicht für einen gestandenen Bürgermeister, während einer Ansprache Bier zu trinken.

»Ja, so ist das bei uns im Dorf«, fuhr er fort. »Ich bin stolz auf unser harmonisches Miteinander. Wir haben gute Ideen und wagen uns auch gern an etwas Neues, aber immer mit dem Blick auf unsere Tradition. Unsere Vorfahren haben uns den Weg geebnet, auf dem wir heute in die Zukunft gehen. Mit großer Achtung für das, was sie geleistet haben, schauen wir nicht nur vorwärts, sondern auch zurück. Denn wo wären wir heute ohne unsere Ahnen und Urahnen?«

Den zustimmenden Beifall nahm der Angerer-Toni zum Anlass, um in den letzten Teil seiner Rede einzusteigen:

»Mit Recht sind wir stolz auf die ehrwürdigen Gebäude und Höfe, die unser Dorf vorzuweisen hat. Wo findet man sonst noch so großartige Alpenhöfe wie bei uns? Die Besitzer dieser Anwesen, die zum Teil mehr als dreihundert Jahre alt sind, investieren viel Zeit und Arbeit in die Erhaltung ihrer ererbten Häuser. Aber es lohnt sich, denn es sind diese mit viel Liebe gepflegten Tiroler Berghöfe, die für unser Dorf eine besondere Zierde sind.«

Wieder musste er eine Pause machen, damit im Klatschen nichts unterging.

»Ich will zum Schluss auch noch allen danken, die ihre Gärten jedes Jahr in ein Sommerparadies verwandeln und die ihr Haus im Winter zu einem Ort der Geborgenheit und Wärme machen. Kurz und gut, ich ziehe den Hut vor euch, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger. Denn ihr leistet Tag für Tag einen großartigen Beitrag dazu, dass wir in einem der schönsten Orte im Zillertal daheim sind. Euch allen wünsche ich jetzt noch einen schönen und geruhsamen Abend.«

***

Hier und da konnte man ein leises Aufatmen hören, aber nur ganz verhalten.

Obwohl Toni Angerer gelegentlich die Geduld der Dörfler ein wenig überstrapazierte, hätte man sich derzeit kein besseres Gemeindeoberhaupt wünschen können.

Der Zusammenhalt im Dorf war ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens. Und der Toni sorgte dafür, dass man sich immer wieder traf, sei es bei Veranstaltungen, an Feiertagen oder während der regelmäßigen »Bürgersprechstunden«.

Nach und nach leerte sich der Kirchplatz. Pfarrer Roseder hatte im Pfarrgarten auf der Veranda den großen Zirbentisch frühlingshaft herrichten lassen: Blumen, Blütenzweige und schöne Gläser. Für Haus und Garten war die Fanny zuständig, seine langjährige Haushälterin. Es gab Wein und Mineralwasser, falls jemand Weinschorle bevorzugte, dazu passte Fannys Knabbergebäck.

Die Gäste waren am heutigen Spätnachmittag Dr. Martin Burger und seine Frau Sabine, ebenfalls Dr. med., außerdem der Senior Dr. Pankraz Burger. Die Kinder – Tessa, acht Jahre alt, Filli, fünf, und Klein-Laura, zweieinhalb – waren daheim bei der Zenzi im Doktorhaus geblieben, natürlich mit Dackel Poldi.

Was dieser kleine Spaß-Trupp jetzt wohl anstellte? Man wusste es nicht. Die Kinder waren heute eh schon den ganzen Tag sehr ausgelassen gewesen. Manchmal war es eben ganz lustig, wenn Mama und Papa (und Opa!) abends außer Haus waren. Man konnte irgendetwas planen, ohne dass jemand sagte: »Schluss, das kommt überhaupt nicht infrage!«