Der Bergdoktor 2227 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2227 E-Book

Andreas Kufsteiner

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Zu dick, zu träge, zu langweilig ... Wenn jemand in St. Christoph so beschrieben wird, dann weiß jeder sofort: Die Rede ist von Firmin Pachauer, von einigen besonders bösartigen Burschen auch der "fette Firmin" genannt.
Natürlich weiß der junge Obstbauer selbst, dass er dringend abspecken müsste. Vor allem seiner Gesundheit zuliebe, aber auch, weil er sonst nie ein Madel erobern kann. Sie lachen ihn höchstens aus!
Längst meidet Firmin Dorffeste oder sonstige Festlichkeiten, weil er stets nur einsam am Tisch hockt und von den anderen verspottet wird. Er ist nun mal ein geborenes Opfer.
Um an langen einsamen Abenden nicht zu verzweifeln, beginnt Firmin schließlich zu schreiben. Als Dr. Burger bei einem Hausbesuch zufällig ein paar Seiten des Manuskripts liest, ist er sicher: Firmin steht eine große Karriere bevor ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 135

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Firmin fordert das Glück heraus

Vorschau

Impressum

Firmin fordert das Glück heraus

Sein ganzes Leben war er ein Opfer, jetzt wehrt er sich

Von Andreas Kufsteiner

Zu dick, zu träge, zu langweilig ... Wenn jemand in St. Christoph so beschrieben wird, dann weiß jeder sofort: Die Rede ist von Firmin Pachauer, von einigen besonders bösartigen Burschen auch der »fette Firmin« genannt.

Natürlich weiß der junge Obstbauer selbst, dass er dringend abspecken müsste. In erster Linie seiner Gesundheit zuliebe, aber auch, weil er sonst nie ein Madel erobern kann. Sie lachen ihn höchstens aus!

Längst meidet Firmin Dorffeste oder sonstige Festlichkeiten, weil er stets nur einsam am Tisch hockt und von den anderen verspottet wird. Er ist nun mal ein geborenes Opfer.

Um an langen einsamen Abenden nicht zu verzweifeln, beginnt Firmin schließlich zu schreiben. Als Dr. Burger bei einem Hausbesuch zufällig ein paar Seiten des Manuskripts liest, ist er sicher: Firmin steht eine große Karriere bevor ...

Schwer atmend blieb Firmin Pachauer stehen. Schon der Aufstieg zu einer kleinen Anhöhe, von wo aus er das Hochtal überblicken konnte, hatte ihn angestrengt. Dabei war er doch mit seinen fünfundzwanzig Jahren noch ein junger Mann, dem das eigentlich leichtfallen müsste.

Niedergeschlagen blickte er an sich herunter und hatte den Eindruck, dass er schon wieder zugenommen hatte. Obwohl er immer weniger aß, gelang es ihm nicht, an Gewicht zu verlieren.

»Der fette Firmin«, so war er schon in der Grundschule genannt worden, und bei jeder Rauferei hatte er den Kürzeren gezogen, weil er einfach zu ungelenkig war, um sich wieder zu erheben, wenn man ihn erst einmal niedergerungen hatte. Und als er älter geworden war, hatte sich das nicht verändert, bei einer Wirtshausrauferei war er sogar ziemlich verletzt worden und hatte vom Bergdoktor versorgt werden müssen.

Seitdem blieb er allen Festen, die in St. Christoph und Umgebung stattfanden, fern, denn er lag nicht falsch damit, dass man es auf ihn abgesehen hatte. Es schien alle zu erheitern, mit anzusehen, wie er sich hilflos am Boden wälzte. Selbst die meisten Madeln lachten ihn aus, das traf ihn ganz besonders.

Und was das anging, so würde er wohl nie eine Liebste finden, er war eben viel zu abstoßend. Das warf ihm sogar seine Mutter inzwischen vor. Wenn er an seine Kindheit dachte, und diese Erinnerungen drängten sich ihm immer wieder auf, überfiel Firmin ein Gefühl tiefster Trostlosigkeit.

Obwohl sein Vater schon seit einigen Jahren nicht mehr am Leben war, glaubte er immer noch, dessen barsche Stimme zu hören.

»Du taugst zu überhaupt nichts, fett und faul, wie du bist! Den Mähdrescher kannst du net fahren, die Leiter in der Scheune kommst du net hoch, sogar zu dumm bist, um einen Nagel einzuschlagen. Womit hab ich so einen Sohn verdient!«

Dazu kam noch, dass er, wie seine Eltern fanden, hoffnungslos sentimental war. Wenn eine Kuh zum Schlachthof gebracht werden musste, war er untröstlich. Und als er mit ansah, wie seine Mutter ein Huhn schlachtete, brach er in Tränen aus. Einen Hasen, den das gleiche Schicksal erwartete, hatte er heimlich freigelassen, wofür ihn seine Mutter heftig ohrfeigte.

Firmin weigerte sich außerdem, Fleisch zu essen, was ebenfalls ein Ärgernis für seine Eltern war.

»Aus dir wird nie ein richtiger Mann«, pflegte sein Vater zu sagen, und aus seiner Stimme klang offene Verachtung.

Es gab keinen Zweifel daran, dass Otfried Pachauer mit dem Schicksal haderte. Denn leider blieb Firmin sein einziger Sohn, weiterer Kindersegen war dem Paar nicht beschieden gewesen. Er sah voraus, dass mit Firmin als Erbe der Niedergang seines Hofes eingeläutet würde, denn sein Sohn hatte nicht die geringste Eignung zum Landwirt und würde, aller Voraussicht nach, auch unverheiratet bleiben.

Das führte dazu, dass es immer häufiger Streitigkeiten zwischen den Eheleuten gab, sodass Otfried Pachauer sich abends lieber an den Stammtisch im »Ochsen« setzte, als daheim zu bleiben. Er fing an, immer mehr zu trinken, was wohl auch eine der Hauptursachen dafür war, dass er so früh starb.

Tatsächlich wurde nach dem Tod des Vaters die Milchwirtschaft aufgegeben, und Firmin verpachtete die meisten Felder an die benachbarten Bauern. Seine Mutter hegte und pflegte den Bauerngarten, während Firmins Aufgabenbereich eine große Streuobstwiese war, die sich dahinter anschloss.

Er begründete auch einen Hofladen, wo Obst und Gemüse verkauft wurden, und so kamen sie, wider Erwarten, gut zurecht. Doch die Großbauern hatten dafür nur Verachtung übrig, für sie war Firmin ein Gescheiterter.

Schließlich gelang es Firmin, diese Gedanken beiseitezuschieben. Er ließ seine Blicke über die herrliche Gebirgslandschaft schweifen. Das Hochtal war von einer Gebirgskette begrenzt, wie Wächter ragten die Berge empor. Der höchste war der Feldkopf, dessen Gletscherzungen sich weit hinunterzogen und nun in der Abendsonne flimmerten. Rechts davon erhob sich der Hexenstein und links davon das Frauenhorn.

»Der Achenkegel und der Rautenstein, dann folgt die Beerenhalde«, murmelte Firmin vor sich hin, schon als Kind hatte er die Namen der Berge auswendig gelernt.

Die Wiesen standen nun in voller Blüte. Die Apfelbäume, die im Zillertal gediehen, beugten sich unter ihrer weißen Pracht, die bald in alle Winde zerstoben sein würde. Es lag etwas Hoffnungsvolles, Erwartungsfrohes in der Luft wie in jedem Frühling, der in den Menschen eine tiefe Sehnsucht erweckte.

Auch Firmin sehnte sich nach einer Gefährtin, doch er wusste, dass dieser Wunsch wohl für immer unerfüllbar bleiben würde. Und so seufzte er nur leise auf und entschloss sich, nach Hause zurückzukehren.

Doch wie immer hatte der Aufenthalt in der freien Natur wieder Frieden in sein Herz einkehren lassen. Er war dankbar dafür, dass er hier leben durfte, das wog mehr als alles andere. Nun war er bereit, seiner Mutter entgegenzutreten, die immer unzufriedener und zänkischer geworden war, seitdem der Vater nicht mehr lebte.

Als er das Wohnhaus betrat, hörte er schon, dass seine Mutter laut in der Küche herumhantierte und dabei vor sich hin schimpfte. Offensichtlich hatte etwas bei ihr Verärgerung ausgelöst, manchmal war es nur eine Kleinigkeit, die sie erboste.

»Ich bin zurück«, rief er, doch sie gab keine Antwort.

Er ging in die Stube, wo ein lieblos gedeckter Tisch auf ihn wartete. Gleich darauf kam Josefa Pachauer mit einer Schüssel herein, danach holte sie noch eine Platte aus der Küche. Es gab Aufgewärmtes vom Mittag, was Firmin eigentlich geschmeckt hätte, wenn es nicht angebrannt gewesen wäre. Doch er hütete sich, ein Wort darüber verlauten zu lassen, und zwang sich, ein paar Bissen davon zu essen. Denn seine Mutter nahm es sehr übel, wenn man Kritik an ihren Kochkünsten äußerte.

Josefa Pachauer war noch keine fünfzig, aber Unzufriedenheit und Verbitterung hatten tiefe Furchen in ihr Gesicht gegraben und ließen sie viel älter erscheinen. Sie hielt wenig auf sich; ihre Haare waren zu einem Knoten zusammengesteckt, und sie trug eine ausgefranste Weste über einem verwaschenen Arbeitskittel.

Und nun ließ sie ihren Sohn wissen, was sie so aufgebracht hatte.

»Die Altbäuerin vom Mühlenhof war heut' im Hofladen und hat Pflanzen gekauft«, berichtete Josefa und schob ihren Teller von sich.

»Ach so?«

»Sie hat mir erzählt, dass sie schon den dritten Enkel bekommen hätt'.«

»Eine fruchtbare Familie«, spöttelte Firmin.

»Mach dich nur drüber lustig! Wenn du als kinderloser alter Krauterer endest, werden sich auch alle über dich lustig machen. Aber wenn man dich so anschaut, ist es ja kein Wunder, dass dich keine haben will ...«

»Schon gut, das hab ich oft genug gehört. Aber weißt du, noch bin ich jung, und es kann sich vieles ändern.«

»Ja, dass du noch fetter wirst. Das ist das Einzige, was sich noch ändern wird«, schimpfte sie bissig.

Firmin stand abrupt auf.

»Für heut' hab ich genug.«

Er half seiner Mutter auch nicht wie sonst, den Tisch abzudecken, plötzlich konnte er ihren Anblick nicht mehr ertragen. Hatte sie denn kein Gefühl dafür, wie sehr ihre Worte ihn verletzen mussten?

Er stieg ins Dachgeschoss zu seinem Kammerl hoch, wo er zuerst lüftete und sich dann auf sein Lager sinken ließ. Eigentlich war es doch seltsam, dass er immer noch eine Art Jugendzimmer bewohnte, doch andererseits war es eine Art Rückzugsort, wo er vor der Nörgelei seiner Mutter sicher war.

Eigentlich hatte er vorgehabt, wieder nach unten zu gehen und ein Butterbrot zu essen, doch plötzlich empfand er eine große Müdigkeit. Er ging früher als sonst zu Bett und schlief fast sofort ein. Doch als er am Morgen erwachte, fühlte er sich erschöpft und zerschlagen, als hätte er kein Auge zugemacht.

***

»Ende der Woche ist Kirmes in St. Christoph«, verkündete seine Mutter, als sie am nächsten Tag zu Mittag aßen.

»Ist es schon wieder so weit«, erwiderte Firmin gleichgültig.

»Wie wär's, wenn du dich dort mal umschaust?«

»Nach was soll ich mich denn umschauen?«, fragte er begriffsstutzig zurück.

»Nach einem Madel natürlich.«

»Ich glaub' net, dass ich eine Offenbarung für die Madeln von St. Christoph bin«, gab Firmin zurück.

»Red net so geschwollen daher. Es gibt immer die eine oder andere, die keine Schönheit ist und auch keine reichen Eltern hat. So eine ist immer froh, wenn sie überhaupt einen abbekommt. Hauptsache, sie hat zwei Hände zum Arbeiten und schenkt dir Kinder.«

»Ich will kein Notnagel sein«, entgegnete er knapp.

Nun geriet Josefa wieder einmal außer sich.

»Keinen Funken Verstand hast du! Wie bin ich nur zu so einem Sohn gekommen ...«

Doch noch ehe sie sich weiter über seine Mängel auslassen konnte, hatte er sich schon erhoben und die Stube verlassen. Er floh geradezu vor seiner Mutter auf die Obstwiese, wo einige Arbeit auf ihn wartete. Die Zwischenwege waren so verwildert, dass sie teilweise nicht mehr begehbar waren, darum wollte er sich in den nächsten Tagen kümmern.

Doch das Gezeter und die Vorhaltungen seiner Mutter an den folgenden Tagen waren so unerträglich, dass er schließlich nachgab.

»Gut, dann geh' ich halt auf die Kirmes«, erklärte er missgelaunt.

»Lass dir aber vorher erst die Haare schneiden, und sicher brauchst du auch ein neues Gewand«, erwiderte seine Mutter.

So fuhr Firmin also nach Mayrhofen zu einem angesagten Coiffeur, der fand, dass er schöne Haare hätte, die sich leicht in Form schneiden ließen. Doch als er sich schließlich im Spiegel betrachtete, war er entsetzt. Zu seiner übrigen Erscheinung passte diese moderne Frisur, bei der die Schläfen kahl rasiert waren, überhaupt nicht.

»Sie haben schöne blaue Augen«, flötete der Maestro noch, als sich Firmin erhob.

Er bezahlte in aller Hast und flüchtete dann aus dem duftgeschwängerten Geschäft. Als Nächstes betrat er ein Geschäft für Trachtenmode, wo man ihn mit schlecht verhohlenem Erstaunen musterte, was kein Wunder war.

Die Lederhose, die man ihm als Erstes anbot, wollte er beim besten Willen nicht tragen, ganz davon abgesehen, dass es keine in Übergröße gab. Aber es gab Lodenanzüge, die für ältere Männer gedacht waren, die Janker überspielten dann etwas die Leibesfülle. Nach mehreren Anproben entschied sich Firmin für einen dunkelgrünen Anzug mit einem Spenzer in einem etwas helleren Farbton, dazu passende Hemden. Haferlschuhe lehnte er ab, stattdessen erstand er ein schlichtes Paar aus braunem Leder.

Firmin erschrak über den hohen Preis, doch andererseits war das eine einmalige Ausgabe, und er hatte bisher immer sparsam gewirtschaftet. Alles wurde sorgsam eingepackt, sodass er, mit Paketen beladen, nach Hause kam.

Seine Mutter warf zwar erschrocken die Hände hoch, als sie Firmins gewagten Haarschnitt erblickte, aber von den neuen Kleidern war sie sehr angetan.

»Das ist etwas Solides, das lange hält. Darin wirst du schon was hermachen«, erklärte sie zufrieden und befühlte mehrmals das Material des Jankers.

»Schön, dass dir wenigstens das gefällt«, sagte er mit leisem Spott, was Josefa geflissentlich überhörte.

Und allmählich begann sich Firmin mit dem Gedanken anzufreunden, dieses Jahr auf die Kirmes zu gehen. Vielleicht konnte er sich auch irgendeiner Gruppe anschließen, er musste ja nicht unbedingt auf Brautschau gehen. Allerdings hatte Firmin keine Freunde, alle fanden ihn irgendwie als »absonderlich«. Darunter hatte er schon immer schwer gelitten, auch wenn er nie ein Wort darüber verlor.

Als er sich schließlich am Tag der Eröffnung des Festes ankleidete und vor seiner Mutter stand, meinte sie:

»Stattlich schaust aus, Bub, in dem Gewand. Da vergisst man sogar die Frisur. Ich könnt' mir schon vorstellen, dass du einer gefällst.«

»Das beruhigt mich«, gab Firmin zurück und machte sich zu Fuß auf den Weg, denn sicher gab es im Umfeld der Festwiese keinen Parkplatz mehr.

Schon von Weitem hörte er laute Musik. Die »Hexensteiner«, eine bekannte Zillertaler Trachtenkapelle, hatten bereits zu spielen begonnen. Wie immer gab es ein großes Zelt mit Tischen und Bänken und einer geräumigen Tanzfläche, doch Firmin wollte zuerst einmal einen Rundgang machen.

Um das Zelt herum waren Buden aufgestellt, in denen Süßigkeiten, heimische Keramik und Haushaltswaren anboten wurden. Eine Gruppe von Burschen drängte sich vor der Schießbude, bestrebt, ein Lebkuchenherz oder ein Kuscheltier für die Liebste zu ergattern. Firmin ging schnell weiter, denn ihm grauste davor, eine Waffe in die Hand zu nehmen.

Auch ein paar Madeln standen in einiger Entfernung, die unentwegt tuschelten und giggelten. Firmin wollte sich schnell an ihnen vorbeidrücken, doch eine von ihnen hatte ihn schon entdeckt und rief:

»Ist das net der fette Firmin?«

Es war die Haidinger-Ursina, die lachend auf ihn deutete. Als Firmin sie ansah, verspürte er einen Stich in seinem Herzen, so schön war sie. Schwarze Locken umgaben ein reizvolles Gesicht mit dunklen Augen und einem üppigen Mund. Es hielt sich übrigens hartnäckig das Gerücht, dass sie die Tochter eines italienischen Wanderarbeiters wäre, der damals vor ungefähr einundzwanzig Jahren auf dem Haidingerhof als Erntehelfer gelebt hatte.

Das nämlich würde Ursinas Äußeres erklären und auch ihre lebhafte Wesensart, fand man. Ihre Schwester nämlich, die Rebecca, war blond wie alle Haidingers und – im Gegensatz zu ihr – sehr still und zurückhaltend.

Neben ihrer schönen Schwester verblasste Rebecca, denn sie legte keinen Wert auf ihr Äußeres. Ihre weißblonden Haare waren straff nach hinten gebunden, und sie war so hellhäutig, dass sie irgendwie farblos wirkte. Ihr hochgeschlossenes dunkelblaues Dirndl ließ sie fast nonnenhaft erscheinen, außerdem trug sie immer grobes Schuhwerk.

Noch bevor alle auf Firmin aufmerksam geworden waren, flüsterte sie ihrer Schwester etwas zu, aber Ursina machte eine wegwerfende Handbewegung. Neben ihr stand der Landegger-Simmerl, und dem gefiel überhaupt nicht, wie Firmin Ursina ansah.

»Mei, Firmin, du kannst dich verkleiden, wie du willst, wir erkennen dich sofort«, rief ein anderes Madel lachend.

»Sogar mit diesem grausigen Haarschnitt«, warf ihre Freundin ein.

Firmin spürte, wie glühende Hitze in ihm hochstieg. Sicher war er schon hochrot im Gesicht, was alles noch schlimmer machte. Mit ein paar hastigen Schritten entkam er ihnen, doch er hörte, wie noch weitere Spottrufe erklangen. Er betrat durch eine schmale Öffnung das Festzelt, wo er sich hinter anderen Besuchern, die nach einem Platz oder nach Bekannten Ausschau hielten, versteckte.

Schon jetzt war ihm das Fest vergällt. Es schien wohl sein Schicksal zu sein, überall unliebsames Aufsehen zu erregen, und jeder glaubte, ihn verspotten zu dürfen. Auch die schöne Ursina, deren Augen gefunkelt hatten, als sie ihn erblickte, und die doch nichts anderes tat, als ihn vor allen zu verhöhnen.

Die schöne Ursina ...

Sein Herz begann heftig zu klopfen, und wieder wallte eine seltsame Hitze in ihm empor. Am liebsten wäre er zurückgekehrt, um sie wieder anschauen zu können, auch wenn sie ihn erneut verhöhnen würde.

Firmin hatte nicht die geringste Erfahrung mit Frauen, hatte sich noch nicht einmal mit einem der hübschen Madeln, die es in der Gegend gab, angefreundet. Er war so schüchtern, dass er sich geradezu vor Frauen fürchtete und es nicht wagte, sich ihnen zu nähern. Und so war er sich auch nicht bewusst, dass er sich in Ursina Haidinger verliebt hatte.

Schließlich nahm er an einem der langen Tische Platz, in einer Ecke, wo ihn niemand so leicht entdecken konnte. Die »Hexensteiner« spielten noch immer auf, aber das endete abrupt, als der Bürgermeister von St. Christoph auf das Podium trat und sich über ländliche Traditionen, zu denen auch die Kirmes zählte, ausließ. Danach hielt ein Landespolitiker eine Rede, in der er sich der Wohltaten brüstete, die die Bürger ihm zu verdanken hatten. Allerdings konnte sich niemand daran erinnern, sie empfangen zu haben.

Doch an Firmin rauschte das ohnehin alles vorbei, denn er musste ständig an Ursina denken. Wie sie beim Lachen den Kopf zurückwarf, wie ihre dunklen Augen funkelten und wie sie sich bewegte ...