Der Bergdoktor 2259 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2259 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Lena und Linus sind seit drei Jahren ein glückliches Paar. Ihr besonderer Ort, das Marterl am Lindenbaum, wo sie sich zum ersten Mal geküsst haben, ist für beide ein Symbol ihrer Liebe. Gemeinsam träumen sie von einer Zukunft in Südtirol, wo sie eine kleine Gärtnerei eröffnen wollen. Doch während Linus insgeheim noch zweifelt, ob er seine Heimat St. Christoph wirklich verlassen kann, trägt Lena eine schwere Bürde mit sich: Seit Tagen plagen sie Kopfschmerzen und eine unerklärliche Übelkeit, und sie fürchtet, schwanger zu sein.
Ein Arztbesuch bei Dr. Burger bringt zunächst Erleichterung - keine Schwangerschaft. Doch die Diagnose, die Lena stattdessen erhält, erschüttert sie bis ins Mark: Ein schnell wachsender Hirntumor bedroht ihr Leben. Der Bergdoktor drängt auf eine sofortige Operation, doch Lena ist wie gelähmt vor Angst. Sie zieht sich zurück, während Linus nichts von ihrem inneren Kampf ahnt ...

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Seitenzahl: 123

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Abschied am Lindenbaum-Marterl

Vorschau

Impressum

Abschied am Lindenbaum-Marterl

Warum Lena keine andere Wahl blieb

Von Andreas Kufsteiner

Lena und Linus sind seit drei Jahren ein glückliches Paar. Ihr besonderer Ort, das Marterl am Lindenbaum, wo sie sich zum ersten Mal geküsst haben, ist für beide ein Symbol ihrer Liebe. Gemeinsam träumen sie von einer Zukunft in Südtirol, wo sie eine kleine Gärtnerei eröffnen wollen. Doch während Linus insgeheim noch zweifelt, ob er seine Heimat St. Christoph wirklich verlassen kann, trägt Lena eine schwere Bürde mit sich: Seit Tagen plagen sie Kopfschmerzen und eine unerklärliche Übelkeit, und sie fürchtet, schwanger zu sein.

Ein Arztbesuch bei Dr. Burger bringt zunächst Erleichterung – keine Schwangerschaft. Doch die Diagnose, die Lena stattdessen erhält, erschüttert sie bis ins Mark: Ein schnell wachsender Hirntumor bedroht ihr Leben. Der Bergdoktor drängt auf eine sofortige Operation, doch Lena ist wie gelähmt vor Angst. Sie zieht sich zurück, während Linus nichts von ihrem inneren Kampf ahnt ...

»Sieh nur!«, rief die junge Frau mit dem brünetten Lockenkopf ihrem Begleiter zu, der hinter dem Steuer des roten Kleinwagens saß. »Kaum fahren wir über die Grenze von Italien nach Österreich zurück, fängt es zu regnen an! Ist das nicht ein Zeichen?« Sie grinste ihn spitzbübisch an.

Linus schaltete die Scheibenwischeranlage ein und warf zuerst einen Blick durch den Rückspiegel, bevor er Lena antwortete: »Was willst du mir sagen? An was für ein Zeichen denkst du?«

Lena legte ihre Stupsnase in kleine Falten, wie immer, wenn sie nicht recht mit der Sprache herausrücken wollte.

»Ich dachte nur ...«, begann sie verlegen kichernd, dann fuhr sie ernsthafter fort: »In Südtirol scheint eben immer die Sonne! Das wäre doch ein hübscher Platz zum Leben, findest du nicht?«

Linus zögerte mit seiner Antwort. »Ja, schon, aber ...«

Lena fiel ihm ins Wort: »War das nicht ein großartiger Zufall, dass wir in Brixen diese leerstehende Gärtnerei entdeckt haben?«

Linus schaute seine Freundin prüfend an.

»Einen Zufall nennst du das? Dass du unbedingt den Ausflug nach Südtirol machen wolltest? Dass du dann ausgerechnet die kleine Dorfkirche von Sarns besichtigen wolltest, wo dich doch so gar net für Architektur interessierst? War es wirklich ein Zufall, dass wir plötzlich vor dem Tor der Gärtnerei standen und das Schild ›Zu verkaufen‹ entdeckt haben?«

Lena machte einen Schmollmund.

»Na ja, vielleicht hab ich wirklich ein bisschen nachgeholfen«, gab sie widerwillig zu. »Es ist nur eine Fantasie, Linus. Keine Angst, ich will dich nicht verpflichten, und ich werde dir jetzt auch keinen Heiratsantrag machen! Aber unsere Berufe passen halt so gut zusammen: Du als Gärtner willst doch einmal deinen eigenen Betrieb führen, und ich will mich als Kosmetikerin auf Naturprodukte spezialisieren. Da darf man ab und zu ein wenig träumen!«

Linus legte seine rechte Hand auf Lenas Bein und drückte es sacht.

»Es ist durchaus ein schöner Traum«, gab er zu. »Ich denke ja auch darüber nach.«

»Über den Antrag?«, scherzte sie. »Darauf kannst du lange warten. Ich werde sicher nie um deine Hand bitten, Herr Bachmayer!«

Linus antwortete nicht. Er sah konzentriert auf die Straße, aber ein feines Lächeln umspielte seine Lippen. Er mochte es, mit Lena zu scherzen, und er liebte ihre stete Fröhlichkeit. Seine Freundin war der unbekümmertste Mensch, den er kannte.

Die beiden waren nun seit drei Jahren ein Paar. Obwohl sie im selben Ort aufgewachsen waren – in St. Christoph im Zillertal – hatten sie einander erst auf einem Zeltfest in Jenbach so richtig kennen und lieben gelernt. Das lag daran, dass Lena schon früh von daheim fortgegangen war – die Beziehung zwischen ihr und ihrer Familie war leider nicht die beste. Damals hatte sie geglaubt, alle Wurzeln nach St. Christoph abgebrochen zu haben – und dann hatte sie sich ausgerechnet in einen Einheimischen verliebt.

Die Vierundzwanzigjährige lebte nun schon seit fünf Jahren in dem beschaulichen Städtchen Mayrhofen. Lena hatte eine kleine Wohnung nahe ihrem Arbeitsplatz gemietet. Sie war in einem Kosmetikinstitut angestellt und absolvierte nebenbei Kurse über Naturkosmetik. Sie genoss ihre eigene Wohnung und liebte ihre Freiheit über alles.

»Ich verstehe nicht, wie ein erwachsener Mann immer noch bei den Eltern wohnen kann«, sagte sie manchmal, wenn sie ihren Liebsten neckte.

Linus zuckte dann stets die Schultern. Schließlich kannte Lena seine Eltern und wusste gut, dass diese ihren Söhnen jeden Freiraum ließen.

Linus wohnte auf dem Bauernhof, den inzwischen sein Bruder Matti mit seiner Verlobten Karin führte, in einer kleinen Wohnung – sein eigenes kleines Reich. Die Gärtnerei, in der er seinen Beruf gelernt hatte und bei der er immer noch beschäftigt war, lag keine fünf Minuten entfernt. Und das war gut so, denn Linus liebte sein Zuhause: den Hof und das Dorf.

Genau diese unterschiedlichen Vorstellungen waren auch der Grund, warum die beiden Verliebten übers Heiraten bisher nur scherzten. Dabei hatten sie sich unendlich lieb und waren seit ihrem ersten Kuss unzertrennlich.

»Du wolltest also nur zufällig einen Ausflug nach Südtirol machen, wo wir zufällig über eine leerstehende Gärtnerei gestolpert sind?«, hakte er jetzt noch einmal grinsend nach.

Lena strich ihm sanft über das blonde Haar.

»Nicht ganz«, gestand sie. Dann lachte sie auf: »Stell dir nur mal vor, wie toll es wäre, unseren gemeinsamen Betrieb zu führen! Wir könnten Seminare anbieten und den Leuten beibringen, ihre eigenen Cremes und Haarshampoos herzustellen. Du würdest als Gärtner die Kräuter anbauen, ich würde die Produkte verarbeiten. Wäre das nicht ein Riesenspaß?«

»Oh ja!« Linus ließ sich nun von ihrer Freude mitreißen. »Was hältst du von einer Schnitzeljagd?«

»Eine Schnitzeljagd?«

»Klar. Wir gestalten Spaziergänge durch die Gärtnerei, die wie ein großes Rätsel aufgebaut sind. Jede Lösung führt die Besucher zu einer neuen Frage. Und am Schluss haben die Leute nicht nur viele Informationen gesammelt, sondern auch alle Zutaten für ein duftendes Gesamtpaket!«

»Eine Schnitzeljagd, ja, das gefällt mir!«, sagte Lena begeistert, beugte sich hinüber und drückte Linus schnell ein Busserl auf die Wange. Im nächsten Moment zuckte sie zusammen und verzog gequält ihr hübsches Gesicht.

»Was ist los?«, fragte Linus alarmiert.

»Nichts, nichts«, wehrte sie ab. »Ich hab nur eine ungeschickte Bewegung gemacht. Ich bin halt auch nimmer die Jüngste!«, versuchte sie zu scherzen.

Gleichzeitig drehte sie das Gesicht von ihm weg und blickte angestrengt aus dem Fenster. Hätte Linus näher hingesehen, wäre ihm feine Schweißfilm aufgefallen, der sich soeben auf ihrer Stirn gebildet hatte. Sie hatte offensichtlich Schmerzen. Aber Linus konzentrierte sich ja aufs Autofahren und sah das nicht.

»Soll ich dich gleich an deiner Wohnung absetzen, oder kommst du noch mit zu mir?«, fragte er. »Die Mutter würde sich freuen, dich zu sehen!«

Lena zögerte. »Heute nicht mehr, ich bin müde. Es ist doch eine halbe Stunde von Mayrhofen hoch nach St. Christoph. Aber lass uns noch kurz zu unserem Marterl fahren, schließlich müssen wir ausführlich Abschied nehmen!«

Linus verzog das Gesicht. »Als ich Matti versprochen hab, ihn zur Viehmesse nach Salzburg zu begleiten, kam mir die Reise verlockender vor als jetzt, wo sie bevorsteht«, gab er zu. »Es freut mich gar net, dass wir uns eine ganze Woche nicht sehen werden!«

Lena lächelte immer noch etwas verkrampft.

»Ich finde es schön, dass ihr Brüder euch so nahesteht«, meinte sie. »Ich wünschte, ich hätte eine so gute Beziehung zu meiner ...« Sie stockte, schaute verwirrt und stammelte: »... meiner ... meiner ...«

Linus warf ihr grinsend einen kurzen Seitenblick zu.

»So fremd seid ihr beide euch, dass du nicht einmal das Wort ›Schwester‹ über die Lippen bringst?«

Lena seufzte. »Na ja«, sagte sie dann. »Meine ... Schwester«, und diesmal betonte sie das Wort extra deutlich, »meine Schwester bemüht sich ja auch nicht um mich.«

***

Meine Schwester. Meine Schwester. Warum war ihr dieses Wort nicht eingefallen?

Lena zitterte vor Panik, aber sie wollte sich ihre Angst nicht anmerken lassen.

Seit vorgestern hatte sie mit einer stetig wiederkehrenden Übelkeit zu kämpfen, die sie immer wieder überfallartig überkam. Aber dass sie jetzt auch noch um die einfachsten Worte ringen musste, war wirklich besorgniserregend. Wie gut, dass Linus morgen für eine Woche wegfahren würde. Das gab ihr die Zeit, mit dem Hausarzt alles abzuklären.

Nur keine Schwangerschaft, dachte sie flehend. So sehr sie sich wünschte, mit Linus eine Familie zu gründen – der Zeitpunkt wäre äußerst ungünstig. Noch stand nämlich etwas Grundlegendes zwischen ihnen: Linus liebte seinen Heimatort St. Christoph über alles – Lena wollte möglichst weit weg von dort. Deshalb hatte sie ihren Freund ja auch nach Südtirol »verschleppt«, um ihm die Idee einer gemeinsamen Kräutergärtnerei schmackhaft zu machen.

Doch erst mussten sie herausfinden, ob sie überhaupt zusammen wohnen wollten, danach mussten sie ihre beruflichen Pläne sortieren. Und erst dann war es Zeit, über ein Baby nachzudenken.

Aber Lena tröstete sich: Die Übelkeit konnte durchaus andere Gründe haben – vielleicht hatte sie einen Virus erwischt oder etwas Schlechtes gegessen. Und das verschwundene Wort – nun das war wohl bloß Unkonzentriertheit gewesen und keinesfalls ein Zeichen für eine Schwangerschaft. Sie hatte sich da wohl in etwas hineingesteigert.

Linus hatte den Wagen durch Waldwege geschleust, nun stellte er den Motor ab. Die letzten Schritte zu »ihrem« Marterl mussten die beiden zu Fuß gehen, denn es führte keine Straße dorthin.

Das Marterl stand am Rand von Mayrhofen etwas abseits einer dörflichen Siedlung, dort, wo die Wiese in den Wald überging. Ein Bächlein führte vorbei, eine Holzbank lud Wanderer zur Rast. Ein großer, sehr alter Lindenbaum, der nun, im April, gerade seine Knospen trieb, breitete seine Äste schützend über die kleine Mariengedenkstätte, die immer mit frischen Blumen geschmückt war.

Hier hatten sich Lena und Linus vor drei Jahren nach jenem Zeltfest gefunden, hier hatten sie einander zum ersten Mal geküsst, hier hatten sie sich wenig später ihre Liebe gestanden. Es war »ihr« Platz, und deshalb wollten sie einander hier auch noch einmal fest in die Arme nehmen, bevor Linus anderntags im Morgengrauen mit seinem Bruder losfahren würde.

»Es ist nur eine Woche«, sagte Lena. »Dann werden wir wieder hier sein und uns umarmen.«

Linus seufzte. »Ich weiß. Und ich freu' mich auch auf die kommenden Tage mit Matti. Noch schöner wäre es aber, wenn du dabei wärst.« Er griff Lena zärtlich in das lange brünette Haar, das in weichen Locken weit über ihren Rücken fiel.

Lena küsste ihn zart. »Ich kann es nicht erwarten, Linus, dass wir uns wiedersehen. Ich hab dich so lieb!«

Dann drehte sie sich um und lief zu Fuß durch den Ort zu ihrer kleinen Wohnung. Sie spürte Linus' liebevollen Blick in ihrem Rücken.

***

Als Linus den Wagen durch die Ortseinfahrt von St. Christoph lenkte, dachte er wieder einmal, wie viel Glück er hatte. Seine Freundin Lena war nicht nur die schönste Frau, die er kannte – sie war auch die klügste und vor allem die fröhlichste.

Natürlich träumte er wie sie von einer gemeinsamen Zukunft und überlegte schon intensiv, wie er seinen Heiratsantrag vorbringen wollte. Noch wusste er nicht, wie er es anpacken sollte – spektakulär oder in aller Stille?

Nun, Matti würde ihn in den kommenden Tagen sicher gut beraten. Der Bruder hatte seiner Liebsten zu Weihnachten unterm Christbaum den Ring an den Finger gesteckt, das war sehr romantisch gewesen.

Linus ließ das Seitenfenster des Wagens hinuntergleiten und nahm einen kräftigen Atemzug der guten Tiroler Bergluft, die hier oben besonders köstlich schmeckte. Er querte die Kirchengasse und warf im Vorüberfahren einen Blick in den gepflegten Garten der Familie Burger. Zum Glück war Linus von robuster Gesundheit, deshalb begegnete er dem freundlichen Landarzt öfter auf privater Ebene als auf beruflicher.

Wenn die Burgers neue Pflanzen für ihren Garten brauchten, war es meist die Arztgattin Sabine Burger, welche die Gärtnerei besuchte. Dr. Martin Burger hatte mit der Ordination genug um die Ohren.

St. Christoph war zwar ein kleiner Ort, aber wenn man auch die umliegenden Weiler dazu nahm, war es kaum verwunderlich, dass das Wartezimmer des Arztes stets voll war. Viele Patienten, so wusste Linus von seiner Mutter, kamen auch von außerhalb, denn Dr. Burger galt als hervorragender Diagnostiker, und man sagte ihm nach, dass er wie ein Terrier zu kämpfen verstand, wenn es um das Wohl seiner Schützlinge ging.

»Unser Bergdoktor heilt nicht nur die Symptome, sondern den ganzen Menschen!«, hatte Linus' Mutter erklärt. Gerlinde Bachmayer litt schon seit Jahren an einer rheumatischen Erkrankung, die sie, dank der Unterstützung durch den Arzt, gut im Griff hatte.

Der Bergdoktor, der nun mit seiner Frau und seinem Vater auf der Terrasse beim Abendessen saß, blickte hoch und hob grüßend die Hand. Linus winkte zurück, dann suchte er mit den Augen den Hausberg von St. Christoph, den Feldkopf.

Um diese Frühlingszeit leuchteten noch viele Schneefelder zwischen den Felsen hervor, während unten im Tal schon die ersten Obstbäume ihre weißen und zartrosa Blütenkleider übergeworfen hatten.

Linus seufzte beglückt und bog in den weißen Teppich der Kirschenallee ein, die zu seinem Zuhause führte, dem Bachmayer-Hof.

***

»Ein netter Junge, dieser Linus Bachmayer«, stellte Altdoktor Pankraz Burger fest und schaute dem roten Auto hinterher.

Martin Burger lachte. »Na ja, ein Junge ist der auch nimmer, Vater. Linus muss inzwischen ... lass mich nachdenken ... ich denke, er hat auch schon die siebenundzwanzig erreicht. Ja, genau, denn er hatte sich im Jahr seiner Firmung das Bein gebrochen und musste mit einer Krücke in der Kirche aufmarschieren. Das ist jetzt zwölf Jahre her, das weiß ich, weil ich kurz zuvor das neue Röntgengerät gekauft hatte. Linus war mein erster Patient, bei dem ich es benutzte.«

Sabine Burger, die gerade die Kinder ins Haus geschickt hatte, lächelte versonnen.

»Das ist auch eine Methode, sich zu erinnern«, stellte sie fest. »Und jetzt ist der Röntgenapparat längst durch ein neueres Modell ersetzt, und du hast zusätzlich weitere diagnostische Geräte angeschafft.« Sabine erschauerte plötzlich, weil ihr ein kühler Windstoß ins Gesicht gefahren war und ihr blondes Haar aufwirbelte. »Wollen wir nicht auch ins Haus gehen?«, fragte sie besorgt. »Die Abende sind noch sehr kalt!«

»Ich weiß«, gab ihr Schwiegervater zurück. »Aber ich genieße es so sehr, auf der Terrasse zu sitzen ... den ganzen Winter lang hab ich mich darauf gefreut!«

Sabine tauschte einen Blick mit ihrem Mann, und dieser verstand sofort.

»Komm, Vater, ich gehe jetzt auch ins Haus«, schlug Martin Burger vor. »Du hast nichts von der guten Abendluft, wenn du morgen mit einer schweren Erkältung das Bett hüten musst. Ab jetzt werden die Tage sowieso länger und wärmer, da haben wir noch viele schöne Stunden auf der Terrasse vor uns.«

Grummelnd trank der Altdoktor sein Glas Wein aus und wandte sich an das zu seinen Füßen eingerollte Fellbündel.

»Na, dann komm, Poldi. Martin und Sabine haben recht. Morgen ist auch noch ein Tag.«

Das Fellbündel streckte und reckte sich gähnend, wurde dabei immer länger und entpuppte sich als Rauhaardackel.

Poldi oder »Leopold von der Bergwiese«, wie sein Name eigentlich lautete, trottete hinter dem Herrchen ins Haus und ließ sich in der Wohnstube sogleich in sein weiches Körbchen fallen. Zuvor aber warf er einen blitzschnellen Kontrollblick durch die offene Küchentür hin zu seinem Futternapf. Aber der war leider leergefressen.