Der Bergdoktor 2267 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2267 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Im idyllischen Zillertal überschattet ein dunkles Geheimnis die verschneiten Berghöfe: Bauer Alois Birkner ist auf mysteriöse Weise verschwunden, und sein Verwalter Johannes steht bald unter Verdacht. Zu viel spricht gegen ihn, und die Hinweise auf ein Verbrechen verdichten sich. Die Polizistin Carolin, frisch aus München zurück und selbst verletzlich nach einem schlimmen Einsatz, will sich eigentlich nur erholen - doch bald merkt sie, dass die Spuren des Vermisstenfalls sie immer wieder zu Johannes führen. Als er sie um Hilfe bittet, steht sie vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens: ihre Arbeit in der Stadt oder das Versprechen, an seiner Seite die Wahrheit ans Licht zu bringen. Unter dem klaren Sternenhimmel der Berge muss Carolin sich nicht nur dem Geheimnis jener Winternacht stellen - sondern auch ihrem eigenen Herzen ...


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Seitenzahl: 128

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Das Geheimnis jener Winternacht

Vorschau

Impressum

Das Geheimnis jener Winternacht

Dr. Burger, eine junge Polizistin und ein ungelöstes Rätsel

Von Andreas Kufsteiner

Im idyllischen Zillertal überschattet ein dunkles Geheimnis die verschneiten Berghöfe: Bauer Alois Birkner ist auf mysteriöse Weise verschwunden, und sein Verwalter Johannes steht bald unter Verdacht. Zu viel spricht gegen ihn, und die Hinweise auf ein Verbrechen verdichten sich.

Die Polizistin Carolin, frisch aus München zurück und selbst verletzlich nach einem schlimmen Einsatz, will sich eigentlich nur erholen – doch bald merkt sie, dass die Spuren des Vermisstenfalls sie immer wieder zu Johannes führen.

Als er sie um Hilfe bittet, steht sie vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens: ihre Arbeit in der Stadt oder das Versprechen, an seiner Seite die Wahrheit ans Licht zu bringen. Unter dem klaren Sternenhimmel der Berge muss Carolin sich nicht nur dem Geheimnis jener Winternacht stellen – sondern auch ihrem eigenen Herzen ...

»Immer langsam mit den jungen Pferden!« Ein Schatten fiel auf den Sandsack, den Carolin Steck gerade mit Boxhieben überschüttete. Links-rechts-links! Ihre Treffer kamen schnell und präzise. Schweiß rann ihren Rücken hinunter und glänzte auf ihren nackten Armen und Beinen. Ihre Muskeln brannten, und ihr Herz pumpte wild in ihrer Brust. Sie liebte das Gefühl, so frei und lebendig.

Da trat ihr Bruder näher und musterte sie prüfend.

»Wieso bist du noch net umgezogen?«

Carolin hielt bei ihrem Training inne.

»Ich muss fit sei, sonst brummt mir der Ausbilder zusätzliche Aufgaben auf.«

»Du bist fit genug, um auf den Hexenstein zu steigen und dabei ›Schön ist es, auf der Welt zu sein‹ zu singen, ohne auch nur aus der Puste zu kommen.«

»Aber nur, weil ich jeden Tag trainiere.« Sie löste den Verschluss ihrer Boxhandschuhe und streifte sie ab.

Nun trug sie nur noch ein Top und Shorts. Ihre braunen Haare waren zu einem straffen Pferdeschwanz zurückgebunden. Und ihre Haut glänzte vom Schweiß. Sie hatte sich im Keller ihres Elternhauses einen Sportraum eingerichtet – mit Boxsack, Rudermaschine und Laufband. Ihr Bruder nannte den Raum »Caros Folterkammer«, aber sie liebte es, sich hier auszupowern.

»Der Mensch lebt nicht allein vom Schwitzen, er braucht auch Vergnügen«, meinte ihr Bruder weise. »Hast du vergessen, dass wir zum Dorffest wollten?«

»Das hätte ich gern«, murrte sie. »Ich würde lieber trainieren.«

»Das Wochenende ist noch lang. Du wirst reichlich Gelegenheit haben, dir einen Muskelkater anzulachen.« Er zwinkerte ihr zu.

»Na schön«, gab sie nach. »Wollen wir?«

Er sah sie entgeistert an. »Willst du etwa so los? Mal davon abgesehen, dass du draußen im Handumdrehen erfrieren würdest, siehst du aus, als würdest du dich als weibliche Hauptbesetzung für eine Neuverfilmung von ›Rocky‹ bewerben.«

Carolin warf ihm ein schiefes Lächeln zu, wirbelte herum und eilte nach oben, um zu duschen und sich umzuziehen.

Ihr Bruder war nur wenige Minuten vor ihr zur Welt gekommen, ließ sie aber gern spüren, dass er der ältere von ihnen war. Chris Er arbeitete auf dem Hof ihrer Familie, spielte in einer Musikgruppe mit und hielt ein Auge auf Carolin – auch wenn sie noch so oft betonte, sie könne auf sich selbst aufpassen.

Sie brauchte nur eine Viertelstunde. Dann fielen ihre braunen Haare in weichen Locken auf die Schultern, und sie trug einen warmen weißen Pulli, Jeans und Stiefel. Gerade, als sie nach ihrer Winterjacke griff, gesellte Chris sich zu ihr und streifte seinen Parka über. Seine Augen glitzerten unternehmungslustig.

Zusammen machten sie sich auf den Weg.

Es schneite sacht, und so verschwanden die tief verschneiten Hänge und Bergspitzen hinter dem Flockenwirbel. Carolin schob die Hände in ihre Jackentaschen und genoss die kalte, klare Luft, die den Kopf so wunderbar freiblies.

An diesem Abend gab es in St. Christoph das alljährliche Winterfest. Rings um die Kirche waren Tische aufgebaut worden, an denen Speisen und Getränke angeboten wurden. Joschi Althöfer, der Wirt von der Gastwirtschaft »Zum Ochsen«, hatte einen riesigen Grill aufgebaut und bot Würstchen und Grillspieße an. Sein Grill war dicht umlagert. Ein Wunder war das freilich nicht. Der Duft der gegrillten Leckereien war umwerfend.

In der Dorfmitte ragte die weiße Kirche auf. Das Portal stand einladend offen. Auf den Stufen hatten sich die »Hexensteiner« mit ihren Instrumenten aufgestellt und spielten gerade eine schwungvolle Polka. Die Band aus Bauernburschen war im ganzen Zillertal beliebt.

An diesem Abend fegte ein eisiger Wind über die Berge heran, aber das tat der guten Stimmung keinen Abbruch. Viele Dorfbewohner und Urlauber hatten sich zusammengefunden, schmausten, tanzten und unterhielten sich. Der Marktplatz wurde stimmungsvoll von Fackeln erhellt. Hier und da standen Heizpilze und boten die Möglichkeit, sich aufzuwärmen.

Carolin entdeckte ihren Hausarzt. Dr. Burger stand gerade nach Punsch an.

»Hallo, Herr Doktor!«, begrüßte sie ihn.

»Ein Doktor?« Er tat, als würde er sich umsehen, und zwinkerte ihr zu. »Wo?«

»Ah, ich verstehe. Sie sind heute inkognito hier. Dann genießen Sie das Fest. Ich werde auch niemandem verraten, dass ich Sie gesehen habe.« Carolin erwiderte sein Zwinkern. Daraufhin lachte er leise, nahm zwei Gläser Punsch entgegen, wünschte ihr einen schönen Abend und verschwand in der Menge.

Ihr Bruder stapfte ebenfalls davon. So zielstrebig, dass Carolin ihm neugierig nachsah. Er sprach Nannei an, die Tochter ihrer Nachbarn, und zog sie mit sich zur Tanzfläche. Sie strahlte zu ihm auf, als er sie in seine Arme zog.

Na, sieh mal einer an. Bahnt sich da etwa etwas an? Carolin lächelte in sich hinein. Sie würde sich mit ihrem Bruder freuen, wenn er sein Glück finden würde.

»Hey, du.« Ein freundschaftlicher Knuff in die Seite traf sie. Dann trat eine zierliche Frau vor sie hin. Gitti Lech war ihre beste Freundin seit der ersten Klasse. Sie hatten zusammen schon so manches tiefe Tal durchschritten. Das hatte das Band zwischen ihnen nur noch fester gemacht.

Gitti war lebhaft und schien immer in Bewegung zu sein. Ihre kupferroten Haare ließen sich kaum bändigen und ringelten sich auch an diesem Abend wild um ihren Kopf. Sie war ein Energiebündel, auch wenn sie an diesem Abend auffallend blass um die Nase war.

»Ist alles in Ordnung?«, erkundigte sich Carolin.

»Na, nix ist in Ordnung«, gab ihre Freundin kläglich zurück. »Warum hab ich mich nur darauf eingelassen?«

»Worauf denn eingelassen?«

»Heut' Abend vor allen Gästen zu singen!«

»Weil du deinem Cousin helfen willst. Er will seiner Freundin heute einen Heiratsantrag machen, und du hast ihm versprochen, ihr Lied zu singen.« Aus dem Augenwinkel erhaschte Carolin einen Blick auf den zukünftigen Bräutigam, der ihrer Freundin verzweifelt Zeichen gab, endlich zur Tat zu schreiten.

»Ich kann das net«, stöhnte Gitti. »Mir bricht schon bei dem Gedanken der kalte Schweiß aus. Da oben und vor allen Leuten ...« Sie würgte plötzlich und schlug sich eine Hand vor den Mund, während sie noch blasser wurde.

»Du musst es net machen, wenn du net willst.«

»Aber ich kann ihn doch net so enttäuschen. Ich ... Mach du es für mich, ja?«

»Was?! Nein, auf keinen Fall.«

»Aber du kannst wunderschön singen. Und du hast diese Mir-doch-egal-Mentalität, um die ich dich immer beneidet hab. Du wirst net vor Angst ohnmächtig werden. Du ziehst einfach dein Ding durch.«

»Gitti ...« Carolin verzog das Gesicht.

»Bitte. Tu's für mich.«

»Aber ...« Sie schaute hinüber zum Cousin ihrer Freundin, der halb hoffnungsvoll und halb verzweifelt von einem Fuß auf den anderen trat. »Ach, verflixt, also schön. Ich mach's.«

»Danke, danke, danke! Ich schulde dir was.«

»Das kannst du wohl sagen.« Seufzend schob sich Carolin durch die Besucher zur Kirchentreppe vor.

Rupp, der Gitarrist der »Hexensteiner«, grinste sie an.

»Du vertrittst wohl die Gitti?«

»Ja, das muss ich wohl.«

»Dachte mir schon so etwas. Sie ist ziemlich grün im Gesicht geworden bei der Aussicht, hier oben zu stehen.«

Carolin griff nach dem Mikrofon. »Was soll ich eigentlich singen?«

»'s verlorene Annerl.«

»Dann haben wir ein Problem. Das Lied kenn' ich leider net.« Carolin grub die Zähne in die Unterlippe.

Vor den Kirchenstufen hatten sich inzwischen zahlreiche Menschen versammelt. Sie schauten erwartungsvoll zu ihr herauf. Es hatte sich wohl herumgesprochen, dass sich hier etwas anbahnte. Aber wie sollte sie ein Lied singen, das sie nicht kannte?

»Braucht ihr Hilfe?« Ein junger Mann stapfte zu ihnen herauf. Er hatte schwarze Haare und nachdenkliche braune Augen. Ein wenig blass war er, als hätte er lange keine Sonne gesehen, aber sein Blick war offen und warm. Carolin kannte ihn nicht. Er schien nicht aus ihrem Heimatdorf zu sein.

»Ich soll ein Liebeslied singen, das ich net kenne«, flüsterte Carolin. »Der Cousin meiner Freundin will seiner Liebsten danach einen Antrag machen.«

»Dann sollten wir ihnen etwas Romantisches bieten.« Er überlegte kurz. »Kennst du das Lied ›Und dann kamst du‹?«

Sie kramte in ihrem Gedächtnis und summte die ersten Noten. »Dieses hier?«

»Genau.« Er sah die Musiker an. »Könnt ihr das spielen?«

»Fragst du den Papst, ob er katholisch ist?« Rupp grinste und wandte sich den Gästen zu. Die Arme ausbreitend, rief er: »Seid ihr bereit für ein bisserl was fürs Herz, Leute? Und ich rede hier net davon, unserem Bergdoktor ins Handwerk zu pfuschen, sondern von Musik.«

Die Menge jubelte und lachte.

Da zählte Rupp leise von drei an herunter, und sie begannen.

Carolin teilte sich das Mikrofon mit dem Unbekannten.

Er sah sie innig an und setzte an: »Es war mal wieder einer dieser Tage. Pleiten, Pech und Pannen. Und ich mittendrin ...« Seine Stimme war angenehm warm und tief und hatte einen vollen Klang, der ihm einige schwärmerische Blicke seiner Zuhörerinnen einbrachte.

Carolin setzte bei der nächsten Strophe ein.

Dann übernahm er wieder.

In seinen braunen Augen stand ein Lächeln, als er sich mit ihr durch die Zeilen hangelte. Als sie endeten, brandete Applaus auf. Er lächelte Carolin strahlend an.

Unten zog Gittis Cousin seine Liebste mit sich zum Fuß der Kirchentreppe und kniete sich vor ihr nieder.

Eine andächtige Stille breitet sich aus, als er ihr seiner Liebe versicherte und sie bat, für immer bei ihm daheim zu sein und seine Frau zu werden.

Als sie »Ja!« sagte, brachen Jubel und Glückwünsche los.

Carolin wechselte einen Blick mit dem Unbekannten, der zufrieden grinste.

»Das hat Spaß gemacht«, raunte sie.

»Fand ich auch. Ich war mir gar net sicher, ob ich noch den ganzen Text zusammenbekomme.« Er folgte ihr die Treppe hinunter. »Ich bin übrigens der Grießenböck-Johannes.«

»Carolin Steck.«

»Kommst du aus St. Christoph, Carolin?«

»Ja, ich bin hier aufgewachsen. Meine Familie bewirtschaftet hier einen Bauernhof. Und du?«

»Ich studiere Landwirtschaft in Innsbruck und mache gerade ein Freisemester, um über den Winter Erfahrungen zu sammeln und ein bisserl Geld für die letzten Semester zu verdienen. Ich helfe auf dem Birkenhof mit.«

»Ah. Dann arbeitest du beim Birkner-Alois. Er ist ziemlich streng, oder?«

»Schon. Er weiß aber auch unheimlich viel über Milchviehhaltung. Ich kann von ihm eine Menge lernen, darum hoffe ich auch, ich enttäusche ihn net. Ich bin wirklich froh über die Chance, bei ihm zu arbeiten. Das will ich net versauen.«

»Wirst du bestimmt net.« Sie blinzelte gegen die Schneeflocken an, die ihr der Wind in die Augen trieb. »Und woher kennst du Liebeslieder? Bist du ein Fan?«

»Net direkt. Ich höre am liebsten Mittelalterrock, aber mein alter Musiklehrer hatte eine Schwäche für Balladen. Anscheinend ist doch ein bisserl was hängen geblieben.« Sein Lächeln grub sympathische Lachfältchen um seine Augen ein. Johannes schien nur ein paar Jahre älter als sie zu sein und obendrein ausgesprochen hilfsbereit. »Also bist du Jungbäuerin, Carolin?«

»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Mein Bruder wird den Hof übernehmen.«

»Dich zieht es also net in die Landwirtschaft?«

»Früher schon ...« Sie zögerte.

Ehrliches Interesse leuchtete in seinen Augen. »Was hat sich geändert?«

»Mein Vater wurde überfahren. Der Fahrer hat ihn einfach liegen gelassen und ist geflohen. Er wurde nie gefunden.«

»Mei, wir schrecklich. Das tut mir wirklich leid, Carolin.«

»Mein Vater hat es net überlebt. Seit damals ...« Sie strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. »Seit damals treibt mich der Gedanke um, dass der Kerl immer noch herumfährt und womöglich weitere Unfälle baut. Ich will etwas tun, um Menschen wie ihn aufzuhalten und dafür zu sorgen, dass sich solches Leid net wiederholt.«

»Also bist du zur Polizei gegangen«, schlussfolgerte Johannes.

»Meine Mutter war anfangs net begeistert von meinem Plan. Sie sorgt sich, dass ich im Dienst verletzt werden könnte, aber ich kann net einfach die Hände in den Schoß legen. Ich will etwas tun, damit unser Tal sicherer wird.«

»Ich versteh' dich.« Johannes sah sie nachdenklich an. In seinen Augen stand Wärme, aber auch noch etwas anderes, das sie nicht genau benennen konnte, das ihr Herz jedoch dazu brachte, einen unvernünftigen Satz zu machen. »Wollen wir uns vielleicht ...«

Er konnte den Satz nicht zu Ende bringen, weil in diesem Augenblick ein hochgewachsener Mann neben Carolin trat.

»Hey, Liebes.« Zwei vertraute Arme schlangen sich von hinten um sie. »Du siehst umwerfend aus.«

Marc und sie waren seit anderthalb Jahren ein Paar, obwohl er ihr einmal gestanden hatte, schon wesentlich länger in sie verliebt zu sein.

Carolin drehte den Kopf zu ihm, und sogleich regnete es mehrere Küsse auf ihre Wange, ihre Nasenspitze und auf ihren Mund. Ihr Freund war groß und so kräftig gebaut, dass sie sich leicht hinter seinen Schultern verstecken könnte, wenn sie das wollte. Er arbeitete im Forst und wollte eines Tages sein eigenes Revier betreuen. Der Wald war seine Welt.

Ohne sie aus seinen Armen zu lassen, begrüßte er Johannes. Die beiden Männer tauschten einen Blick und stellten sich einander vor.

»Lass uns tanzen, Liebes«, schlug Marc ihr vor.

»Also ...« Carolin schaute zu Johannes, der sie schweigend beobachtete. Er hatte ihr geholfen, und ihr missfiel der Gedanke, ihn hier allein stehen zu lassen. »Wir könnten uns erst mal etwas zu essen holen. Alle zusammen.«

»Das klingt gut, aber ich kann leider net bleiben«, erwiderte Johannes. »Der Bauer hat mich für den Abenddienst im Stall eingeteilt. Ich sollte eigentlich schon weg sein.«

»Willst du net wenigstens einen von Joschis Grillspießen probieren? Die sind unglaublich gut. Sie werden dein Leben verändern, ehrlich.«

»Ein anderes Mal.« Er nickte ihr zu. »Ich wünsche euch noch viel Spaß. Esst einen Grillspieß für mich mit, ja?«

»Na gut. Vielen Dank für deine Hilfe beim Singen.«

»Hab ich gern gemacht. Ich fand es schön mit dir.«

»Ich auch. Wir sehen uns.« Carolin ließ sich von ihrem Freund zur Tanzfläche führen. Marc zog sie ungeduldig in seine Arme und führte sie zum Rhythmus einer schwungvollen Melodie.

Als sie sich umwandte, war Johannes nicht mehr zu sehen.

***

Drei Jahre später

»Das kommt überhaupt net infrage.« Alois Birkner stemmte die Hände auf die Hüften und die Füße breitbeinig in den Schnee. »Von diesem neumodischen Kram halte ich rein gar nix.«

»Aber diese Anlage ist etwas Gutes. Die Dächer vom Haus und dem Stall sind groß genug, um reichlich Solarpaneele darauf festzumachen«, gab Johannes zurück. »Wir werden genügend Strom durch die Sonneneinstrahlung zusammenbekommen, um den Hof damit zu betreiben und vielleicht sogar noch etwas abzugeben.«

»Vor allem an Tagen wie diesem.« Der Bauer warf einen bezeichnenden Blick zum Himmel. Der wölbte sich grau und schwer über den Bergen. Die Wolken ließen keinen Strahl Sonne durch.

Johannes dämmerte, dass der Tag nicht ideal gewählt war, um seinem Chef den Einbau einer Photovoltaikanlage vorzuschlagen.

Er hatte seinen Abschluss an der Universität geschafft und arbeitete nun fest angestellt auf dem Birkenhof. Der Hof stand im Herzen des Dorfes, nur einen Steinwurf vom Mühlbach entfernt. Morgens wurde Johannes vom Plätschern des Baches geweckt und abends davon in den Schlaf gewiegt. Er hatte sich so daran gewöhnt, dass er nur schwer in den Schlaf fand, wenn er in der Fremde übernachten musste.