Der Bergdoktor 2281 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2281 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Als Journalistin Mia nach sieben Jahren ins Zillertal zurückkehrt, rechnet sie nicht damit, dass ihre Recherche für eine Reportage über die Bergretter alte Gefühle und dunkle Geheimnisse ans Licht bringen wird. Lukas Reuter, einer der Bergretter, will sie eigentlich nicht dabeihaben - zu sehr erinnert sie ihn an einen Sommer, den er am liebsten vergessen würde. Doch gezwungen, Mia mitzunehmen, spürt er bald, dass die Anziehung zwischen ihnen noch immer brennt. Während dramatische Einsätze in den Bergen die beiden einander näherbringen, ziehen dunkle Wolken auf: Ein Angriff auf Mias Patenonkel lässt das Dorf misstrauisch werden, und plötzlich steht Lukas im Mittelpunkt eines erschütternden Verdachts. Seine Vergangenheit, die er jahrelang verborgen hielt, droht, alles zu zerstören - auch die zarte Hoffnung auf eine zweite Chance mit Mia ...


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Seitenzahl: 132

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Zu nah am Abgrund

Vorschau

Impressum

Zu nah am Abgrund

Bei ihrer Reportage über die Bergwacht gerät Mia selbst in Gefahr

Von Andreas Kufsteiner

Als Journalistin Mia nach sieben Jahren ins Zillertal zurückkehrt, rechnet sie nicht damit, dass ihre Recherche für eine Reportage über die Bergretter alte Gefühle und dunkle Geheimnisse ans Licht bringen wird. Lukas Reuter, einer der Bergretter, will sie eigentlich nicht dabeihaben – zu sehr erinnert sie ihn an einen Sommer, den er am liebsten vergessen würde. Doch gezwungen, Mia mitzunehmen, spürt er bald, dass die Anziehung zwischen ihnen noch immer brennt.

Während dramatische Einsätze in den Bergen die beiden einander näherbringen, ziehen dunkle Wolken auf: Ein Angriff auf Mias Patenonkel lässt das Dorf misstrauisch werden, und plötzlich steht Lukas im Mittelpunkt eines erschütternden Verdachts. Seine Vergangenheit, die er jahrelang verborgen hielt, droht, alles zu zerstören – auch die zarte Hoffnung auf eine zweite Chance mit Mia ...

O nein! Sie hatte verschlafen! Mit einem Ruck fuhr Mia im Bett hoch und sah erschrocken, dass die Sonne durch den Spalt in den Vorhängen hereinfiel.

Es war bereits heller Tag! Warum hatte sie bloß den Wecker nicht gehört?

Ein Blick auf besagten Gegenstand verriet ihr, dass sie ihn gar nicht aktiviert hatte. Friedlich tickte er vor sich hin. Als sie gestern Abend ins Bett gegangen war, hatte sie vergessen, ihn zu stellen. Das ging ja gut los. Ihr erster Tag auf dem Hof und schon war sie zu spät dran. Was sollte Onkel Quirin bloß von ihr denken? Sie hatte versprochen, ihm bei der Arbeit zur Hand zu gehen. Dafür würde er sie finanziell unterstützen, wenn sie ab Herbst auf die Uni ging.

Jetzt aber hoch!

Schwungvoll schob Mia ihre Zudecke zur Seite, sprang aus dem Bett und trat ans Fenster, um die Vorhänge zurückzuziehen und das Fenster weit aufzustoßen. Sogleich breitete sich vor ihr der Blick auf die Zillertaler Berge aus. Da waren die Spitze des Frauenhorns und der Feldkopf ... der Achenkegel und die Beerenhalde ... und gleich über dem Dorf ragte der Hexenstein mit seinen beiden schrundigen Gipfeln auf. Ihr Herz wurde weit, als sie die gewaltigen Felsmassive betrachtete.

Schon als kleines Madel hatte Mia ihre Sommerferien in St. Christoph verbracht. Ihr Patenonkel führte den »Christbaumhof« am Rand des hoch gelegenen Bergdorfes. Hier zog er seit dreißig Jahren Weihnachtsbäume heran. Schon früher hatte es für Mia nichts Schöneres gegeben, als auf dem Hof herumzustromern und den ganzen Tag an der frischen Luft zu verbringen.

Nun gestattete sie sich einen Blick auf die Bauernhöfe, welche sich an die grünen Hänge schmiegten, als hätte der Herrgott sie willkürlich dort verteilt. Das fröhliche Läuten von Kuhglocken drang herüber und mischte sich mit dem Summen und Brummen der Insekten im Garten. Auf der Bank unter dem Apfelbaum saß Karli, der flauschige Hofkater, und putzte sich.

Ein Lächeln flog über Mias Gesicht.

Sie liebte die Berge und hatte es kaum erwarten können, endlich ihr Abitur in der Tasche zu haben und herkommen zu können. Wie sie die Berge vermisst hatte! Daheim in München in der Boulderhalle zu klettern, war zwar schön, aber nicht dasselbe wie einen Gipfel zu erklimmen und dabei den weiten Himmel über sich zu haben.

Obwohl es noch nicht ganz neun Uhr war, war die Luft bereits spürbar warm, und der strahlend blaue Himmel, der sich über dem Tal aufspannte, versprach wieder einen schönen Sommertag. Vor ihr lagen zwei Monate, die sie in den Bergen verbringen konnte, bevor sie im Herbst ihr Studium aufnahm.

Mia schüttelte ihre Bettdecke auf, bevor sie ihre Kammer verließ, um zu frühstücken. In ihrer Eile ging sie gleich im Nachthemd. Sie würde rasch ein paar Cornflakes essen, danach wollte sie duschen und das Vogelnest auf ihrem Kopf in einen Zopf verwandeln, bevor sie sich an die Arbeit machte.

Obwohl der Verkauf der Christbäume nicht vor November begann, gab es auf dem Hof auch im Sommer alle Hände voll zu tun. Unkraut drohte den Bäumen, Nährstoffe und Sonnenlicht zu rauben und musste beseitigt werden. Junge Bäume galt es, zu beschneiden und mit Stäben zu stabilisieren, damit sie schön gleichmäßig und gerade wuchsen.

Ihr Onkel kaufte zweijährige Sämlinge ein und zog sie auf seinem Grund zu wunderschönen Weihnachtsbäumen heran. Er war sicherlich bereits bei der Arbeit, darum beeilte sie sich, die Treppe hinunterzueilen, und ... stieß unvermittelt gegen einen breitschultrigen Mann.

Im Gegensatz zu ihrem Onkel, der klein und drahtig war und ungefähr so groß wie Mia selbst, überragte dieser Mann sie um eine Haupteslänge, und hinter seinen kräftigen Schultern hätte sie sich leicht verstecken können.

»Hey!« Ein unwilliges Brummen folgte. »Pass doch auf!«

»Tut mir leid.« Mia rieb sich den rechten Arm. Er fühlte sich an, als wäre sie damit gegen eine Ziegelmauer gelaufen.

Sie hob den Blick und sah geradewegs in zwei waldseegrüne Augen. Lukas! Hitze flutete in ihre Wangen. Ausgerechnet ihm musste sie begegnen, verschlafen und in ihrem kurzen Schlafshirt? Sie hielt sich nur mit Mühe davon ab, einen vorwurfsvollen Blick zum Himmel zu schicken und sich beim Schicksal zu beschweren.

»Mia.« Er sah sie so finster an, dass sie das Atmen vergaß. »Du hast da was.« Er deutete auf ihre Wange. Dann runzelte er die Stirn. »Ach nein, ist nur der Abdruck vom Kopfkissen. Bist du etwa eben erst aufgestanden?«

Die Hitze in ihren Wangen vertiefte sich. Für ihre Abschlussprüfungen hatte sie nächtelang gelernt und einiges an Schlaf versäumt. Den holte sich ihr Körper nun zurück, aber ihr Gehirn schien vergessen zu haben, wie man ganze Sätze bildete, darum schlang sie nur die Arme um sich und kratzte sich mit dem linken Fuß an der rechten Wade.

Ja, barfuß war sie leider auch.

Sein Blick verweilte auf den weißen Hasen, mit denen ihr Nachthemd bedruckt war. Einer seiner Mundwinkel zog sich nach oben. Mia hätte eine Menge dafür gegeben, jetzt und auf der Stelle im Boden versinken zu können.

Verlegen zupfte sie an ihrem Shirt, aber länger wurde es davon leider auch nicht. Warum hatte sie sich bloß nicht angezogen, bevor sie heruntergekommen war? Wie hätte sie aber auch ahnen können, dass ausgerechnet heute ihr Schwarm hier auftauchen würde?

Lukas war schon zweiundzwanzig und damit drei Jahre älter als sie. Er hatte seine Ausbildung abgeschlossen und arbeitete nun im Sägewerk seines Vaters. Mias Patenonkel besaß neben der Christbaum-Plantage noch weiteren Wald und machte seit vielen Jahren Geschäfte mit dem Sägewerk, das Lukas eines Tages übernehmen sollte.

Im Dorf gab es kaum ein Madel, das nicht ein bisschen in Lukas verschossen wäre. Das lag nicht nur an seinem Lächeln, das einem direkt ins Herz zu leuchten schien, oder an seiner kräftigen Statur, sondern auch daran, dass er fleißig und anständig war und man sich auf sein Wort jederzeit verlassen konnte. Wenn er etwas versprach, dann hielt er es auch.

Mia war bis über beide Ohren in ihn verliebt. Sie träumte davon, mit ihm auszugehen und von ihm zu hören, dass sie ihm wichtig war. Nur leider schien das ein Traum zu bleiben, denn Lukas behandelte sie nicht anders als den Postboten. Freundlich, aber distanziert. Mehr als ein paar flüchtige Worte hatte sie ihm noch nicht entlocken können.

Ein leises Seufzen klemmte in ihrer Kehle.

Die Stille zerrte an ihren Nerven. Warum sagte er denn nichts? Wartete er, dass sie den Anfang machte? Aber was sollte sie sagen? Sie überlegte nicht lange, sondern sprach aus, was ihr gerade in den Sinn kam: »Hast du von dem Urlauber gehört, der auf dem Achenhof in die Güllegrube gestürzt ist?«, platzte sie heraus und verdrehte im Geist die Augen über sich selbst. Ernsthaft? Ihr Schwarm stand keine Armlänge von ihr entfernt und das war ihre erste Frage an ihn? Gülle?

Lukas nickte ruhig. »Wir haben geholfen, ihn zu bergen.«

»Wir?« Die Frage war kaum heraus, als es ihr dämmerte. »Du bist ja bei der Bergwacht. Ihr habt ihn also gerettet?«

Lukas nickte knapp. Damit schien die Unterhaltung für ihn schon wieder beendet zu sein. Verflixt. Dieser Mann war schwerer zu knacken als ein Eisberg.

»Wartest du auf meinen Onkel?«, brachte sie hervor.

»Ja. Wir brauchen die nächste Holzlieferung drei Tage früher. Nun müssen wir schauen, ob dein Onkel das zeitlich hinbekommt. Er musste vor der Besprechung nur noch ans Telefon.«

»Möchtest du einen Tee, während du auf ihn wartest?«

Lukas schüttelte den Kopf.

»Oder Kaffee? Wir haben auch Kakao.« Mia sank das Herz, als sich eine Falte zwischen seinen Augenbrauen eingrub. Offenbar war er weder an dem einen noch an dem anderen interessiert.

Und an ihr schon mal gar nicht.

Es war jedoch nicht ihre Art, zu kneifen, und so fasste sie sich ein Herz und fragte geradeheraus: »Gehst du morgen auch zum Konzert der Hexensteiner?«

»Weiß ich noch net.« Er zuckte die Schultern.

»Ich auch net.« Sie brachte ein zittriges Lächeln zustande. »Sie spielen auch ein anderes Mal wieder. Ich überlege auch noch, ob ich hingehen soll. Aber wenn du vielleicht ... also ... net unbedingt wir beide zusammen ... Ich mein' nur, wenn du zufällig dort bist und ich auch ...«

Hör auf, befahl sie sich selbst. Du redest dich um Kopf und Kragen.

Doch Lukas schien es nicht aufzufallen. Er wirkte tief in Gedanken versunken, wie er am Fenster stand und hinausblickte, sodass sie nicht einmal sicher war, dass er ihr überhaupt zugehört hatte. Mia grub die Zähne in die Unterlippe.

Immerhin: Er hatte nicht Nein gesagt. Vielleicht würde er ja doch zu dem Konzert gehen. Das war eine Chance. Sie könnten miteinander tanzen und wer weiß, was sich daraus entwickeln würde. Vielleicht würde Nancy dann endlich aufhören zu sticheln, dass sie nie einen Burschen abbekam, wenn sie weiterhin so wählerisch war. Dabei war sie überhaupt nicht wählerisch. Sie hatte ihr Herz einfach bereits verschenkt.

Das Problem war nur, dass der Mann, dem es gehörte, nicht einmal Notiz von ihr nahm.

***

Sieben Jahre später

»Vergiss es, Nik, und zwar ganz schnell.« Lukas stemmte die Hände auf den Schreibtisch seines Kameraden und sah ihn eindringlich an. »Ich mach' das net.«

»Das war keine Frage, Lukas.« Dominikus Salt erwiderte seinen Blick, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Er war seit über dreißig Jahren bei der Bergwacht. Seine sehnige Gestalt und seine wettergegerbte Haut verrieten, dass er sich gern und viel im Freien bewegte. Seit einigen Jahren leitete er die Ortsstelle St. Christoph und trug die Verantwortung, wann immer ein Team ausrückte.

An diesem Nachmittag hatte er sich mit einer speziellen Bitte an Lukas gewandt. Eine Bitte, die diesen gehörig ins Schwitzen brachte – und das lag nicht an den gut und gern dreißig Grad, die draußen herrschten. Nein, es war das Anliegen selber, das ihm missfiel.

»Ich soll das Kindermädchen für eine Journalistin spielen?« Lukas schnaubte. »Dafür ist mir meine Zeit zu schad'.«

»Aber es ist wichtig.«

»Was, bitte, soll wichtig daran sein, einer Reporterin zu helfen, ihre Nase in unsere Angelegenheiten zu stecken?«

»Sie will eine Reportage über unsere Arbeit schreiben.« Der Salt lehnte sich auf seinem Schreibtischstuhl zurück und tippte seine Finger vor der Brust aneinander. »Anfangs war ich auch net begeistert, aber ihr Anliegen ist net verkehrt.«

»Und war für ein Anliegen soll das sein?«, brummte Lukas.

»Hast du mal nachgerechnet, wie oft wir in diesem Jahr bereits ausrücken mussten, weil jemand seine eigene Kraft überschätzt oder die Gefahren am Berg unterschätzt hat?« Der Salt zog eine Augenbraue hoch.

Lukas gingen Schlaglichter vergangener Einsätze durch den Kopf. Da waren die Tourengeher, die an der Hohen Warte von einem Wechtenbruch mit in die Tiefe gerissen worden waren; der Ausflügler, der trotz aufziehendem Nebel eine anspruchsvolle Route am Rautenstein gewählt hatte und dreißig Meter in eine Steilrinne gestürzt war – sie hatten Stunden gebraucht, um ihn zu bergen –, die Urlauberin, die ohne Helm geklettert war und bei einem Sturz schwer mit dem Kopf gegen die Felswand geprallt war ... So hätte er noch endlos weitermachen können.

»Wir sind öfter ausgerückt, als ich zählen will«, grollte er.

»Ganz genau. Und oftmals waren es keine Unfälle oder Erkrankungen, und es lag auch net allein am Wetter. Nein, es kam zu all diesen Unglücken, weil Menschen leichtsinnig waren oder sich selbst überschätzt haben. Vorsicht und ein gesundes Maß an Vernunft hätten vieles verhindern können.«

»Worauf willst du hinaus, Nik?«

»Ich will darauf hinaus, dass ich es zu schätzen wüsste, abends draußen zu grillen und net gerade dann zu einem Einsatz gerufen zu werden, wenn die Würstln fertig sind.«

»Ich dachte, es wär' ein Naturgesetz, dass wir nie einen Grillabend zu Ende bringen können«, erwiderte Lukas schmunzelnd. »Wie die Erdanziehungskraft oder Hartls Wetterknie, das zuverlässig jeden Sturm voraussagt.«

»Information ist der Schlüssel dazu. Wenn wir den Menschen vor Augen führen, dass der Berg keinen Fehler verzeiht, nehmen sie sich vielleicht stärker in Acht und kehren wohlbehalten von ihren Touren zurück. Dann müssen wir seltener ausrücken. Eine Win-Win-Situation für uns alle.«

»Und was hat die Journalistin damit zu tun?«

»Sie will über unsere Einsätze berichten und dabei deutlich machen, wie wichtig eine sorgfältige Tourenplanung, die passende Ausrüstung und eine realistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten sind. Jemand muss sie bei ihren Recherchen im Auge behalten. Das wird Arbeit kosten. Aber wenn ihre Reportage nur ein paar Verletzte oder – bewahre – Tote am Berg verhindern kann, dann ist es das wert.«

»Warum führst du sie dann net selbst herum?«

»Weil ich alle Hände voll zu tun hab mit dem Papierkram.« Nun war es an seinem Leiter, finster dreinzublicken. »Die Formulare, die nach jedem Einsatz auszufüllen und abzuliefern sind, werden immer mehr. Wenn du dich also net damit abplagen willst ...«

»Ganz sicher net.«

»... dann würd' ich vorschlagen, du bringst der Journalistin unsere Arbeit näher. Ihr Artikel soll das Verständnis für die vielfältigen Gefahren am Berg schärfen. Es liegt an dir, dass sie genau das in ihren Zeilen rüberbringt.«

Es war keine Frage, die da in der Stimme des Leiters mitschwang. Es war ein Machtwort.

Dagegen würde sich Lukas nicht auflehnen. Dominikus Salt hatte ja recht: Wenn sie auch nur einen einzigen unglücklichen Zwischenfall mit der Reportage verhindern konnten, dann war es das wert.

»Also schön«, gab er nach. »Wer ist sie? Und hat sie überhaupt Ahnung vom Berg?«

»Davon geh' ich mal aus. Sie war früher oft genug hier.«

»Früher?« Lukas kniff die Augen zusammen. »Von wem reden wir?«

»Von Mia Ambacher. Sicherlich erinnerst du dich an sie.«

Mia also. Eine Erinnerung flackerte durch sein Gedächtnis: große haselnussbraune Augen hinter einer runden Brille, ein langer blonder Zopf und T-Shirts, die viel zu weit waren ...

Mia also. Vor sieben Jahren war sie ihm gefolgt wie ein Schatten. Sie war überall da aufgetaucht, wo er auch gewesen war. Doch er hatte sie auf Abstand gehalten.

So, wie er es immer tat.

Er ließ niemanden an sich heran. Mit seinen Kameraden von der Bergwacht verband ihn eine innige Freundschaft, aber nicht einmal sie kannten sein dunkelstes Geheimnis.

Und so sollte es auch bleiben.

»Also schön«, willigte er ein. »Ich mach's. Ich nehm' sie mit zu ein paar Einsätzen und hab ein Auge auf sie.«

»Guter Mann.« Der Salt nickte so ruhig, als hätte er nicht den geringsten Zweifel gehabt, dass Lukas einlenken würde.

»Wann kommt sie denn?«

»Oh, sie ist schon da.« Der Salt deutete zur Tür, die in den Funkraum nebenan führte. »Henri zeigt ihr gerade unsere Kommunikationseinrichtungen.«

»Sie ist schon da?« Lukas stemmte die Hände in die Hosentaschen. Er fühlte sich überrumpelt, obwohl es keinen Unterschied machte, ob er Mia heute oder erst in einem Monat herumführte.

Ihre Ortsstelle war in einem Holzhaus oberhalb von St. Christoph untergebracht. Hier gab es einen Bereitschafts- und Besprechungsraum und ein Lager mit allem, was für die Einsätze nötig war.