Der Bergdoktor 1772 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 1772 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Schon oft hat Dr. Martin Burger Patienten gehabt, die fahrlässig mit ihrer Gesundheit spielen und sich benehmen, als würden sie allenfalls einen harmlosen Schnupfen oder einen Mückenstich haben. Silvia, die vor wenigen Minuten seine Praxis verlassen hat, gehört zu diesen Menschen, die so tun, als wären sie gesund.

Aber das ist sie nicht!

Der Bergdoktor ahnt, dass Silvia ihm etwas verheimlicht - und er nimmt sich vor, es in ihrem eigenen Interesse so schnell wie möglich herauszufinden ...

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Seitenzahl: 111

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Inhalt

Cover

Impressum

Versiegelte Lippen

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf / Bastei Verlag

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-1662-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Versiegelte Lippen

Sie hütet ein Geheimnis – auch vor dem Mann, der ihr alles bedeutet

Von Andreas Kufsteiner

Schon oft hat Dr. Martin Burger Patienten gehabt, die fahrlässig mit ihrer Gesundheit spielen und sich benehmen, als würden sie allenfalls einen harmlosen Schnupfen oder einen Mückenstich haben. Silvia, die vor wenigen Minuten seine Praxis verlassen hat, gehört zu diesen Menschen, die so tun, als wären sie gesund.

Aber das ist sie nicht!

Der Bergdoktor ahnt, dass Silvia ihm etwas verheimlicht – und er nimmt sich vor, es in ihrem eigenen Interesse so schnell wie möglich herauszufinden …

»Da geht er wieder«, sagte Berni. Auf seinem Gesicht erschien ein bedeutungsvolles Grinsen. »Schau hin, Jonas! Es wird immer narrischer mit ihm. Ich glaub, er träumt schon nachts von der Achenwaldhütte. Und das alles wegen einer Frau. Muss Liebe schön sein!«

»Misch dich net ein!«, fuhr Jonas auf. »Privat bleibt privat. Der Bauer ist niemandem eine Rechenschaft schuldig. Ihm gehört der Hof, er teilt die Arbeit ein, und er weiß genau, wann er zwischendurch mal weggehen kann, ohne dass es hier drunter und drüber geht. Dass er dieses Madel sehen will, geht dich nix an, das ist seine Sache. Du hast freilich gar keine Ahnung, wie man sich fühlt, wenn man verliebt ist. Dir geht’s ja alleweil bloß um dein oberflächliches Vergnügen.«

»Lieber hab ich Spaß, als dass ich mich inwendig aufreibe«, konterte Berni vergnügt. »Solche Liebesgeschichten sind eh nix für mich. Ich bin net für das große Drama geboren, bei mir muss es unkompliziert sein. Liebeskummer und Liebesleid? Nein, danke!«

Die beiden Knechte vom Kirchleitner-Hof waren keineswegs immer einer Meinung. Streit gab es jedoch nie, nur hin und wieder ein paar Seitenhiebe der harmlosen Art.

Zum Beispiel hänselte Berni, der mit seinen neunundzwanzig Jahren ohne Reue sein »vogelfreies« Junggesellenleben auskostete, den wackeren Jonas Grieber hin und wieder recht gern. Denn ihm ging nach Feierabend nichts über seine Ruhe und über seine Familie.

Jonas wohnte drunten im Dorf in einem tadellos renovierten, ehemaligen Gesindehaus, das früher der Adelsfamilie von Brauneck gehört hatte und durch eine Schenkung an die Gemeinde St. Christoph, vertreten durch den Bürgermeister, gefallen war.

Die Miete war moderat. Bürgermeister Angerer war zwar nicht der selbstlose Wohltäter, den er manchmal gern spielte, aber auch kein »Miethai«. Es musste alles in einem vernünftigen Maß bleiben. Die Mieteinnahmen flossen eh in die Gemeindekasse.

Jonas arbeitete regelmäßig, außer an den Wochenenden, von sieben Uhr in der Früh bis zum späten Nachmittag, falls nötig länger oder gelegentlich auch am Sonnabend, wenn die Heuernte in vollem Gange war.

Mit der Mittagspause hielt er es, wie er wollte. Vorschriften seitens des jungen Bauern Hajo Kirchleitner gab es nicht. Jonas war Mitte vierzig, seit zehn Jahren verheiratet und Vater eines siebenjährigen Buben.

Der pfiffige Lederer-Berni, ein gebürtiger Werdenfelser aus Oberbayern, bezeichnete den Jonas augenzwinkernd als »brav und bieder«.

»Ein richtiger Hausvater bist du, immer um Weib und Kind besorgt«, witzelte er manchmal.

Es krachte zuweilen ein bisserl deswegen, aber meistens musste Jonas dann sogar lachen, denn sein junger Kollege meinte es ja beileibe nicht böse.

Sollte er doch seine Freiheit und sein Vergnügen haben, der Berni!

Er schlug sich schon mal die eine oder andere Nacht um die Ohren, aber die Arbeit litt nie darunter. Er war im Gegenteil sehr genau und äußerst geschickt, wenn es um die täglichen Pflichten ging.

Seit mehr als sechs Jahren wohnte er auf dem Kirchleitner-Hof in einem Blockhaus neben der großen Vorratsscheune, auch »Schnitzerhäusl« genannt. Hier hatte Hajos Ahnl Veit Kirchleitner seinem Hobby gefrönt, dem Schnitzen.

Auch Hajos Vater war ein begeisterter Hobby-Künstler gewesen, aus jedem Stückerl Holz hatte er ein kleines oder größeres Wunderwerk machen können. Lebensecht wirkende Kripperl-Figuren und das Kreuz im Herrgottswinkel der guten Stube waren sein Werk, aber auch der Brunnentrog aus Bergahorn. Viel zu früh hatte er vor fünf Jahren diese Welt verlassen müssen.

Eine unheilbare Krankheit, die er schon längere Zeit gespürt, aber mit eiserner Energie vor sich selbst verleugnet hatte, war ihm zum Verhängnis geworden.

Als er endlich viel zu spät den Doktor aufgesucht hatte, waren nur noch palliative Maßnahmen – Schmerzlinderung, wohltuende Zuwendung und eine behutsame Pflege im liebevoll geführten Hospiz St. Marien – möglich gewesen.

Dr. Martin Burger, der Bergdoktor von St. Christoph, hatte dafür gesorgt, dass der Großbauer Donat Kirchleitner die letzte Zeit seines Lebens friedlich und ohne jede Bitterkeit verbracht hatte. Sein Rückblick auf die wechselnden Ereignisse in seinem schaffensreichen Dasein war voller Zufriedenheit gewesen.

Seitdem sein Vater krank geworden war, lenkte Hajo die Geschicke des großen Anwesens. Das stellte kein Problem für ihn dar, denn er hatte eine abgeschlossene Ausbildung zum Diplom-Agrarwirt hinter sich und wusste, worauf es in der Landwirtschaft ankam. Außerdem war er von klein auf mit den Arbeiten, die auf einem Bergbauernhof anfielen, dank der geduldigen Anleitung seines Vaters vertraut.

Seine Mutter Hanna, inzwischen zweiundsechzig, hielt sich wacker. Sie hatte ihrem Mann in dessen letzten Stunden, als er plötzlich wie durch ein Wunder für kurze Zeit noch einmal ganz klar und verständig gewesen war, ein Versprechen geben müssen.

»Jammere net unnötig herum, wenn ich gegangen bin, Weibi«, hatte der Sterbenskranke mit schwacher, aber dennoch bestimmter Stimme gesagt. »Mach genau so weiter, wie wir es gewohnt waren in all den Jahren. Ich schau auf dich herab, das wirst du gewiss merken. Am Sonntag sollst du dein fesches Gewand anziehen, einmal in der Woche hast du dein Kaffeekranzl wie bisher, und die Feste im Dorf darfst du auch net auslassen. So will ich es, und so wünsch ich es mir für dich und unseren Sohn. Lasst es euch gut gehen. Halt dich daran, Hannerl, und vergiss net, dass du all die Jahre mein Sonnenschein warst. Ohne dich hätt’ ich net sein wollen.«

Am Abend dieses letzten Tages war es dann still mit ihm zu Ende gegangen, und zwar zu Hause auf dem Hof, wohin man ihn wenige Tage zuvor aus dem Hospiz gebracht hatte. Genau das hatte er vom Himmel erbeten: daheim von dieser Welt zu gehen. Nun schlief der Donat – für immer, wie es ja heißt. Doch so manche Leute, allen voran Pfarrer Roseder, bezweifelten die Sache mit dem »ewigen Schlaf« ja sowieso.

Donat Kirchleitner war ein sehr umtriebiger Mensch gewesen.

»Allzu viel Ruhe schadet mir«, hatte er allen verraten, die sich über seine Geschäftigkeit gewundert hatten.

Die Bewohner des Kirchleitner-Anwesens spürten immer noch das Nachwirken seines teils energischen, teils gütigen und großzügigen Wesens. Und sogar die Tiere, für die er immer ein gutes Wort und einen Leckerbissen gehabt hatte, schauten sich manchmal ganz verwundert um, als sei der Donat plötzlich auf die Weide oder in den Stall gekommen. Selbst die Katzen miauten hin und wieder einfach so drauflos, und der Hofhund wedelte zuweilen ohne ersichtlichen Grund freudig mit dem Schwanz.

Man hätte wirklich glauben können, dass der Altbauer seinen geliebten, altehrwürdigen Hof mitsamt Mensch und Tier nicht aus den Augen verlor, obwohl der diese Welt verlassen hatte.

Gelegentlich sagten sogar die Leute im Dorf zu Hanna Kirchleitner: »Es scheint beinah so, als ob dein Mann gar net weit weg ist. Er könnte, zum Beispiel, jetzt ums Eck biegen und seinen grünen Hut zur Begrüßung schwenken, so, wie er es immer getan hat. Man würde sich gar net wundern und bloß denken: Ach, da ist ja der Donat. Schön, dass er sich mal wieder im Dorf blicken lässt. Wer weiß? Vielleicht schaut er uns sogar zu.«

Die Kirchleitnerin lächelte bei solchen Worten und meinte: »Das könnte gut möglich sein. Ein bisserl neugierig war er ja immer, der Meinige. Er musste genau wissen, was um ihn herum passierte, sonst hat’s ihm net getaugt.«

Es ging alles seinen geordneten Gang auf dem Kirchleitner-Hof. Und doch hatte sich einiges verändert. Genau genommen seit Ende März, also vor genau drei Monaten.

Sowohl Jonas als auch Berni erinnerten sich daran, dass der Bauer an einem bestimmten Tag völlig verändert von einer Feier auf der Achenwaldhütte heimgekommen war. Es hatte vormittags sogar noch geschneit, aber bei der Nacht war urplötzlich ein ofenwarmer, ungestümer Föhnwind über die Nordwände des Gebirges ins Tal gebraust.

Es war jener denkwürdige Tag am Ende des kalten Winters gewesen, an dem Hajo zum ersten Mal die bezaubernde, junge Frau namens Silvia gesehen hatte.

In der gemütlichen Hütte, die ein beliebtes, nahe am Dorf gelegenes Ausflugsziel war, wollte sie die Saison über bis zum Herbst aushelfen.

Der Wirt Konrad Stadler und seine Frau Traudl brauchten dringend eine tüchtige Hilfe. Mittlerweile wurden viele private Feste wie Geburtstage und sogar Hochzeiten bei den Stadlers gefeiert, außerdem gab es ein paar einfache, aber blitzsaubere »Kammern«, in denen nicht nur Wanderer gern übernachteten. Wer es urig und bodenständig mochte, war auf der Hütte am Rande des Achenwaldes genau richtig.

Während Berni noch ein bisschen herumlästerte und zum x-ten Mal betonte, dass er nie und nimmer einem Madel an die Angel gehen würde (»Da wär ich ja echt blöd! Heiraten, Familienklüngel und kreischende Kinder, nein danke! Für so was eigne ich mich net!«), griff Jonas nach seinem Werkzeug. Er wollte dringend sämtliche Türen und Tore überprüfen und – falls nötig – fachgerecht reparieren. Darauf verstand er sich genauso gut wie ein Schlossermeister.

»Hör auf, dummes Zeug daherzureden, Berni«, grollte er noch, bevor er sich an das große Scheunentor machte. »Irgendwann landest du auch im Ehehafen, ob mit oder ohne Angel. Vorläufig kannst du von mir aus noch ein bisserl als Karpfen im Teich dümpeln. Wenn dich hernach eine fesche Nixe in ihr Netz zieht, und zwar so richtig mit Nachdruck, dann bist du dran. Wirst es schon merken, Bürscherl. Du entgehst deinem Schicksal auch net. Wir Mannsbilder sind machtlos, wenn uns die Liebe erwischt!«

***

Jonas lag mit seinen Worten nicht falsch. Er hatte vielleicht ein wenig übertrieben, aber im Großen und Ganzen traf er den Nagel auf den Kopf. Ein verliebter Mann hatte nichts anderes im Sinn als die Frau seines Herzens.

So war es auch bei Hajo. Durch die sonnigen Wiesen führte der Weg vorbei am Marterl neben der mächtigen Bergeiche. Die Aussicht war atemberaubend schön: Ein Platz zum Träumen, aber auch ein Ort, an dem man die sechs »Hausberge« von St. Christoph in ihrer majestätischen Größe direkt vor Augen hatte.

Am Marterl blieb normalerweise jeder stehen, der vorbeikam. Und zwar immer, zu jeder Jahreszeit, ob in aller Früh oder bei Sonnenuntergang, sogar bei Nacht, wenn der Mond die Berge in ein geheimnisvolles Licht tauchte.

Verliebte kamen gern zu später Stunde herauf, denn es hieß, dass Mondscheinküsse am alten Marterl unweigerlich zur Ehe führten, und zwar zu einer glücklichen.

Egal, ob ein Feriengast oder jemand, der in St. Christoph daheim war, niemand konnte sich an dem herrlichen Panorama sattsehen. Es lag ein ganz besonderer Zauber über diesem Bergparadies.

Der Feldkopf grüßte mit seinem Gletscher unter dem blauen Sommerhimmel ins Tal hinunter. Rechts und links von dem mächtigen Massiv reihten sich der Hexenstein, der Achenkegel, das Frauenhorn und der Rautenstein aneinander. Die Beerenhalde, ein lang gestreckter Tafelberg mit unterirdischen Höhlen, bildete den Abschluss.

»Bleib stehen, Falk«, sagte Hajo zu seinem Hund, der ihn stets treu begleitete. »Komm her, wir machen eine kleine Pause. Drüben ist dein Lieblingsbach. Du hast Durst, und ich muss mich umschauen, obwohl ich schon unzählige Male hier war. Aber dass du mir net wieder den Forellen nachjagst! Sonst gibt’s Ärger.«

Falk spielte das Unschuldslamm. Er blickte seinen Herrn treuherzig an, als wollte er sagen: »Sieh nur! Können diese Augen lügen? Ich kümmere mich nicht um die Forellen. Nie und nimmer!«

Das stimmte zwar nicht so ganz, aber solange der goldbraune Setter nur mit der Pfote nach ihnen haschte, konnte nicht viel passieren.

Die Forellen waren eh schneller als er und flitzten wie silberne Pfeile den sprudelnden Bach abwärts. Dass Falk zunächst versuchte, ihnen auf den Flossen zu bleiben, stand auf einem anderen Blatt. Er hatte sowieso keinen Erfolg mit seinen Bemühungen und verließ den Bach daher stets als Verlierer.

Das kühle Nass war jetzt genau das Richtige für seine trockene Hundekehle. Interessant waren freilich auch zwei behäbige Kröten, die zufrieden am Bachrand saßen und ein Sonnenbad nahmen.

»Die Kröten lässt du auch in Ruhe!«, rief Hajo. »Sonst kriegen wir es mit dem Förster und dem Naturschutzbund zu tun. Sie sind geschützt!«

Falk begriff nicht, warum er derartig langweilige, schwammige Viecher wie die Kröten nicht wenigstens beschnüffeln und ein bisschen anstupsen durfte. Keine Chance – Herrchen drohte ihm mit dem Finger. Schade!

Also weg von den Kröten, um Ärger zu vermeiden. Falk kniff den Schwanz ein und legte sich nach dem erfrischenden, kühlen Trunk unter die Eiche. Hier war es schön schattig. Er döste vor sich hin und beobachtete ganz nebenbei eine Bergdohle, die ohne böse Ahnungen auf der Wiese herumhüpfte.

Es war wirklich spannend, dass immer wieder Tiere auftauchten, die Falk gern ein wenig näher in Augenschein genommen hätte. Aber Herrchen hatte schon wieder bemerkt, dass etwas im Busch war.

»Aus, Ende!«, sagte er nur streng. »Sofort ist Schluss! Lass die Viecherl in Ruhe – alle! Ist das endlich klar?«

Gekränkt kniff Falk ein Auge zu, ließ das andere aber offen. Er beherrschte dieses Kunststück perfekt. Mit dem offenen Auge entdeckte er weiter unten am Weg eine Katze, die ihrerseits vor einem Mauseloch hockte und darauf wartete, dass die winzigen Bewohner herauskamen.