Der Notarzt 321 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 321 E-Book

Karin Graf

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Beschreibung

Ein falscher Griff ins Regal ... Kostet die Unachtsamkeit der Apothekerin einen Kunden sein Leben?

Seit ihrem Pharmazie-Studium arbeitet die zweiundzwanzigjährige Juna Neumann in einer uralten und verstaubten Apotheke in einer Seitengasse Frankfurts. Hier fühlt sie sich alles andere als wohl, denn ihr griesgrämiger, verknöcherter Chef macht ihr jeden Tag das Leben schwer. Dazu kommt, dass sich in diesen heruntergekommenen Laden so gut wie keine neuen Kunden verirren. Tag für Tag kommen nur die immer gleichen Stammkunden, um nach Rheumasalbe, Hühneraugenpflastern oder Ähnlichem zu fragen. Trotzdem ist die junge Frau eisern entschlossen, durchzuhalten, denn sie hat keinen anderen Platz für das vorgeschriebene einjährige Praktische Jahr finden können.

Ihr trister Arbeitsalltag wird überraschend aus der gewohnten Bahn gerissen, als Thaddäus Faber, genannt Teddy, die Apotheke betritt. Der attraktive, aber sehr zurückhaltende Arzt übt beinahe eine magische Anziehungskraft auf Juna aus, und ihm geht es umgekehrt genauso. So kommt es, dass Teddy fortan jede Gelegenheit nutzt, um die hübsche Apothekerin aufzusuchen. Doch ausgerechnet an dem Tag, als er sie endlich um eine Verabredung bitten will, kommt alles ganz anders als geplant: Juna händigt ihm versehentlich ein Medikament aus, das Teddys Todesurteil besiegelt ...

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Seitenzahl: 116

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Inhalt

Cover

Impressum

Ein falscher Griff ins Regal …

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: PeopleImages/iStockphoto

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6572-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Ein falscher Griff ins Regal …

Kostet die Unachtsamkeit der Apothekerin einen Kunden sein Leben?

Karin Graf

Seit ihrem Pharmazie-Studium arbeitet die zweiundzwanzigjährige Juna Neumann in einer uralten und verstaubten Apotheke in einer Seitengasse Frankfurts. Hier fühlt sie sich alles andere als wohl, denn ihr griesgrämiger, verknöcherter Chef macht ihr jeden Tag das Leben schwer. Dazu kommt, dass sich in diesen heruntergekommenen Laden so gut wie keine neuen Kunden verirren. Tag für Tag kommen nur die immer gleichen Stammkunden, um nach Rheumasalbe, Hühneraugenpflastern oder Ähnlichem zu fragen. Trotzdem ist die junge Frau eisern entschlossen, durchzuhalten, denn sie hat keinen anderen Platz für das vorgeschriebene einjährige Praktische Jahr finden können.

Ihr trister Arbeitsalltag wird überraschend aus der gewohnten Bahn gerissen, als Thaddäus Faber, genannt Teddy, die Apotheke betritt. Der attraktive, aber sehr zurückhaltende Arzt übt beinahe eine magische Anziehungskraft auf Juna aus, und ihm geht es umgekehrt genauso. So kommt es, dass Teddy fortan jede Gelegenheit nutzt, um die hübsche Apothekerin aufzusuchen. Doch ausgerechnet an dem Tag, als er sie endlich um eine Verabredung bitten will, kommt alles ganz anders als geplant: Juna händigt ihm versehentlich ein Medikament aus, das Teddys Todesurteil besiegelt …

„Herr Dr. Kersten, könnten Sie mir bitte …?“

„Was denn, Teddy?“ Der Leiter der Notaufnahme an der Frankfurter Sauerbruch-Klinik blickte auf den weit ausgestreckten Arm, mit dem ihm Thaddäus Faber die offene Handfläche auffordernd hinhielt. Er kramte in seiner Kitteltasche. „Brauchst du ein paar Münzen für den Getränkeautomaten, Sch … ähm … Teddy?“

Beinahe hätte Peter ihn „Schatz“, genannt. Der Junge benahm sich aber auch wirklich manchmal wie ein kleines Kind.

Zumindest dann, wenn es sich um Gespräche handelte, die ihm peinlich waren. Traf jedoch ein Notfall ein, dann verwandelte sich das hilflose, stotternde, sich wie ein Wurm windende, ständig errötende Bürschchen von jetzt auf gleich in einen wahrhaft rasenden Retter.

„Nein! Pfft! Münzen! Ha-ha, Nee! Hab ich selbst. Danke!“

Der attraktive junge Mann, der einundzwanzig war und auch so aussah, sich jedoch meistens verklemmt und schüchtern wie ein Vierzehnjähriger verhielt, lief dunkelrot an.

„Da!“ Er schob den Ärmel seines blauen Praktikantenkittels weit nach oben und pikste sich ein paarmal hintereinander mit dem Zeigefinger in die Armbeuge. „Test!“

„Test? Hast du demnächst einen? Soll ich dich abfragen?“

„Pfff!“ Thaddäus, den alle in der Notaufnahme nur Teddy nannten, weil er so fluffig und knuffig und lieb war, stieß frustriert einen ganzen Schwall Luft aus. „Ähm …tss-Test!“, nuschelte er extra unverständlich, wurde noch eine Spur röter im Gesicht und kicherte verschämt.

Peter Kersten drehte sich um und warf dem Sanitäter Jens Jankovsky, der auf der Anrichte in der Küchenecke im hinteren Bereich des Bereitschaftsraums saß und seine endlos langen Beine baumeln ließ, einen ratlosen Blick zu.

„Sprich ordentlich, Teddy!“, rief der Sanitäter mahnend. „Oder muss ich dir die Wörter einzeln mit der Geburtszange rausziehen?“

Thaddäus prustete hinter vorgehaltener Hand. Dann nahm er zwei, drei verbale Anläufe und spuckte schließlich mit Todesverachtung aus, was ihm auf dem Herzen lag.

„Einen AIDS-Test! Bitte!“

„Holla, die Waldfee!“ Peter stieß einen Pfiff aus. „Hattest du denn ungeschützten Verkehr?“

Das war zu viel für Thaddäus. Er wand und krümmte sich vor Verlegenheit und wusste nicht, wohin er seinen Blick richten sollte. Offensichtlich hätte er sich am liebsten in einem Mauseloch verkrochen.

Jens Jankovsky, der fast zwei Meter große neunundzwanzigjährige Sanitäter, war ein herzensguter Mensch. Voller Mitgefühl und Verständnis für die Nöte und Sorgen seiner Mitmenschen. Er sprang von der Anrichte und eilte dem jungen Praktikanten zu Hilfe.

„Sei doch nicht so indiskret, Peter!“, tadelte er seinen Chef mit erhobenem Zeigefinger. „Und überhaupt, wer redet denn hier von so garstigen Sachen wie Sex? Das gehört sich doch nicht!“

Er legte Teddy einen Arm um die Schultern.

„Wahrscheinlich warst du auf einer öffentlichen Toilette, hast dich auf die bakterienverseuchte Klobrille gesetzt und befürchtest jetzt, du könntest dir was Schlimmes eingefangen haben. Richtig, Kleiner?“

„Ja-haa!“, stöhnte Thaddäus grenzenlos erleichtert auf.

Wie gesagt, war Jens ein herzensguter Mensch. Meistens zumindest. Manchmal konnte er aber auch ganz schön sadistisch sein. So wie jetzt.

„Okay, davon kann man kein Aids bekommen, Teddy! Nur vom Bumsen! Also, hast du?“, fragte er feixend. „Erzähl uns mal ein paar schlüpfrige Einzelheiten, du wilder Hengst! Hat sie dich überfallen und in eine finstere Ecke gezerrt? Von selbst würdest du doch nie auf so eine perverse Idee kommen. Nicht?“

Als Teddy – sein Kopf hatte sich in einen überhitzten, glühenden Druckkochtopf verwandelt – wortlos das Weite gesucht hatte, packte der Notarzt den süffisant grinsenden Sanitäter am Kragen seines Arbeitsoveralls und zog ihn näher zu sich heran.

„Du herzloser Sadist! Jetzt hast du ihn völlig verunsichert, den armen Kleinen!“

„Eben! Genau deshalb!“, rechtfertigte sich Jens. „Teddy ist kein Kleiner! Er ist über eins achtzig groß, hat ein Hirn wie ein Computer und ist mit nur einundzwanzig Jahren fast fertiger Arzt – was bedeutet, dass er sein Studium schon mit fünfzehn oder sechzehn begonnen haben muss. Er sieht gut aus, die Mädchen rennen ihm in Scharen hinterher …“

Jens ging die Puste aus, weil er sich in Rage geredet hatte. Er holte tief Luft und fuhr fort.

„Und er rennt ihnen in Panik davon und benimmt sich wie ein zwölfjähriger Almöhi, der zum ersten Mal von seinem Berg runtergekommen ist! Das stinkt mir!“

„Du hast ja mit allem recht“, stimmte der Notarzt ihm zu. „Aber was kann man denn da machen?“

„Wir müssen endlich damit aufhören, ihn zu verhätscheln!“, beschloss Jens. „Wir müssen einen Mann aus ihm machen, bevor es zu spät ist. Bevor er auch mit fünfzig noch täglich von Mutti zum Dienst gebracht wird und vor der Tür ein Küsschen bekommt!“

„Ach Gott, Frau Faber!“ Peter Kersten seufzte abgrundtief. Er konnte Teddys Mutter, die ihn mindestens alle vierzehn Tag aufsuchte, um sich zu erkundigen, ob ihr kleiner Schatz auch artig sei, nicht ausstehen. „Sie hockt auf Teddy wie ein brütendes Krokodil und will ihn nicht loslassen!“

„Was hattest du denn am Gymnasium in Biologie?“, fragte der Sanitäter mit hochgezogener Augenbraue. „Krokodile hocken nicht auf ihren Eiern und brüten. Die verbuddeln sie in der Erde!“

„Richtig. Alle.“ Peter nickte. „Bis auf eine Ausnahme.“

„Ach, und welche wäre das?“ Jens kniff skeptisch die Augenbrauen zusammen.

„Frau Faber!“

„Okay! Du hast recht, Boss. Teddys Mutter ist tatsächlich das einzige brütende Krokodil der Welt.“ Der Sanitäter musste lachen. Dann wurde er wieder ernst. „Wenn ich die alte Schreckschraube schon sehe, wie sie morgens vor der Klinik ihren Finger ableckt, um Teddy ein Stäubchen aus dem Gesicht zu wischen! Igitt!“, brauste er leidenschaftlich auf.

Er schüttelte sich vor Abscheu.

„Wenn sie ihm noch schnell die Haare kämmt, an seinem Hemdkragen herumzerrt und ihm dann die gespitzten Lippen für ein Küsschen hinhält, dann möchte ich sie am liebsten fragen, warum sie ihn nicht gleich mit der Fliegenklatsche plattmacht und ihn sich in ihr Poesiealbum klebt.“

„Ja, leider.“ Peter nickte ernst. „Wenn sie könnte, würde sie ihn vermutlich auch noch stillen. Sie zerstört dem Jungen das Leben. Sie erlaubt nicht, dass er erwachsen wird. Sie klebt an ihm wie Kaugummi auf einer Schuhsohle und schlägt jede junge Frau in die Flucht, die ihrem Bübchen zu nahe kommt.“

Der Notarzt runzelte die Stirn.

„Sag mal, Jens, dir vertraut sich Teddy doch manchmal an. Hat er denn keinen Vater, der ihm ein bisschen zur Seite stehen könnte?“

„Wo denkst du hin, Boss?“ Der Sanitäter lachte trocken auf. „Frau Faber ist sehr, sehr religiös und grundanständig. Sie hat ihren Sohn selbstverständlich jungfräulich empfangen.“

„Wie geht das denn? Ein biblisches Wunder oder künstliche Befruchtung?“

„Letzteres. Mit fast fünfzig. Als Altersvorsorge vermutlich. Inzwischen ist sie siebzig und erwartet von Teddy, dass er sie bis zu ihrem letzten Atemzug liebt, ihr unendlich dankbar dafür ist, dass sie ihm das Leben geschenkt hat, und sich um sie kümmert.“

„Schrecklich!“ Peter schauderte. „Aber wenn er einen AIDS-Test machen möchte, dann heißt das doch, dass es ihm mindestens einmal gelungen sein muss, seiner Mutter zu entwischen. Oder?“

Jens nickte bestätigend, und der Notarzt fuhr fort.

„Eine Freundin könnte seine Rettung sein. Wenn er sich so richtig verlieben würde, dann bestünde die Möglichkeit, dass er seine Mutter endlich in ihre Schranken verweist.“

„Soll ich versuchen, etwas aus ihm herauszubekommen?“

„Ja, bitte, Jens. Und erinnere ihn auch gleich daran, dass ein AIDS-Test erst etwa zwölf Wochen nach dem ungeschützten Verkehr Sinn macht. Er wird es in der Aufregung vergessen haben.“

„Geht klar, Boss!“ Jens goss Kaffee in zwei Becher und ging damit zur Tür. „Ich glaube, er ist in der Garderobe, um seinen Kopf mit kaltem Wasser herunterzukühlen. Ich werde mal ein Gespräch von Mann zu … ähm … Maus mit ihm führen.“

***

Auch Juna Neumann war mitten in ihrem Praktischen Jahr. Die Zweiundzwanzigjährige hatte Pharmazie studiert und sollte jetzt ein Jahr lang in einer öffentlichen Apotheke ihr theoretisches Wissen mit den notwendigen praktischen Fertigkeiten vervollständigen. Danach musste sie noch die dritte und letzte Staatsprüfung ablegen, um ihre Approbation als Apothekerin zu bekommen.

Besonders glücklich war Juna allerdings nicht, denn sie hatte für ihr Praktikum leider nur einen Platz in einem düsteren, verstaubten Laden in einer engen Seitengasse Frankfurts ergattert, in den immer nur dieselben Leute kamen. Nämlich jene, die in der unmittelbaren Umgebung wohnten und die sie schon nach nur einem Monat alle mit Namen gekannt hatte.

Da es sich fast ausschließlich um ältere Menschen handelte, war ihr Alltag nicht besonders abwechslungsreich. Sie verkaufte Blutdrucksenker, herzstärkende Medikamente, Insulin, Medikamente gegen Demenz und Alzheimer, Salben gegen Krampfadern, Inkontinenz-Einlagen, Hühneraugenpflaster und Rheumasalben.

Der kleine Ständer mit den Kondomen war wegen konsequenter Nichtbenutzung so verstaubt, dass man die Aufschriften auf den Verpackungen kaum noch lesen konnte.

Als sie neulich irrtümlicherweise die Schublade mit den Antibabypillen geöffnet hatte, hatte eine Spinne, die dort vermutlich seit Jahren völlig ungestört hauste, sie so grimmig angestarrt, dass sie die Lade sofort wieder zugeknallt hatte.

Junge Leute gab es in diesem Viertel praktisch keine. Und die paar wenigen, die sich dennoch hierher verirrten, machten auf der Schwelle wieder kehrt und gingen lieber in die großen, modernen Apotheken in der Innenstadt, wenn sie etwas brauchten.

Juna hätte das ebenso gemacht, denn Herr Dengler, der fast siebzigjährige Besitzer der Apotheke, der zugleich ihr Lehrmeister war, machte nicht den Eindruck, als könne man sich mit ihm unbefangen über Empfängnisverhütung, Schwangerschaftstests, die Pille für danach, Salben für entzündete Piercings oder anderen gottlosen Kram unterhalten.

Besonders freundlich war ihr Chef und Lehrer auch nicht. Vermutlich nahm er überhaupt nur deshalb Praktikanten auf, weil diese ihn billiger kamen als eine fix angestellte, fertig ausgebildete Fachkraft.

Er ließ Juna die ganze Arbeit praktisch alleine erledigen, saß oft den ganzen Tag lang hinten in seinem verstaubten kleinen Büro, löste Kreuzworträtsel und verdrehte jedes Mal seufzend die Augen, wenn Juna mit einer Frage zu ihm kam.

Aber gut, auf diese Weise lernte sie wenigstens gleich, eine Apotheke im Alleingang zu führen. Sie hatte ohnehin die Absicht, später einmal einen eigenen Laden zu betreiben.

„Guten Morgen, Herr Schmitz!“, grüßte Juna freundlich, als der achtzigjährige Rentner, der mindestens einmal die Woche vorbeikam, seinen Rollator durch die Eingangstür schob. Oft kaufte er nur Pfefferminzpastillen oder ein Päckchen Heftpflaster.

Juna wusste, dass er eigentlich nur ihretwegen kam, und das freundliche Lächeln fiel ihr, offen gestanden, nicht leicht, denn sie konnte den alten Mann nicht ausstehen.

Herr Schmitz konnte sich zwar trotz des Rollators, auf den er sich schwer stützte, kaum noch aufrecht halten, aber er hatte immer noch genug Energie, um Juna mit seinen gierigen Blicken auszuziehen und sie mit sehr anzüglichen Bemerkungen in Verlegenheit zu bringen.

Diesmal verlangte er nach einer Hämorrhoidensalbe, und als Juna ihm das gewünschte Medikament auf den Tresen legte, versenkte er seinen vom grauen Star getrübten Blick tief in ihr Dekolleté.

„Wenn ich Sie am Abend abholen darf, schönes Kind, dann nehme ich auch noch eine Packung Viagra“, raunte er, beugte sich über den Tresen und ließ seine Blicke ungeniert tiefer nach unten wandern. „Wenn Sie länger als eine Stunde Zeit haben, hübsches Püppchen, dann werden wir eine Großpackung brauchen.“

Juna schauderte. Aber was hätte sie tun sollen? Wenn sie ihm einmal gründlich die Meinung sagte – wozu sie schon seit ihrem ersten Arbeitstag vor acht Monaten große Lust gehabt hätte –, dann würde Herr Dengler aus seinem Büro geschossen kommen und sie scharf zurechtweisen.

Also lächelte sie den schlüpfrigen alten Lustgreis auch diesmal freundlich an und schüttelte den Kopf.

„Tut mir wahnsinnig leid, Herr Schmitz, aber das würde meinem Verlobten gar nicht gefallen. Er ist Boxtrainer und sehr eifersüchtig“, flunkerte sie. Sie hatte nämlich gar keinen Verlobten. Zurzeit hatte sie nicht einmal einen Freund.

„Sicher so ein junges Bürschchen, das noch keine Erfahrung hat“, erwiderte der Rentner. „Ich könnte Ihnen Sachen zeigen, Püppchen, da würden Sie vor Wonne jodeln.“

„Tja, darauf werde ich wohl leider verzichten müssen“, entgegnete Juna. „Darf es sonst noch etwas sein? Wenn nicht, dann macht das elf Euro zwanzig.“

Enttäuscht vor sich hin grummelnd bezahlte der alte Mann, wobei er die Handvoll Münzen, die er zehn Minuten lang aus seiner Brieftasche pickte, durch den ganzen Laden schleuderte, weil er Morbus Parkinson hatte und seine Bewegungen nicht mehr kontrollieren konnte.

Gerade als sie erleichtert aufseufzte, weil Herr Schmitz im Schneckentempo hinter seinem Rollator aus dem Laden zuckelte – nicht ohne Juna noch einmal darauf hingewiesen zu haben, dass er gerne jederzeit dazu bereit wäre, sie in die Kunst der körperlichen Liebe einzuführen –, sah sie ihre nächste Peinigerin um die Ecke schlurfen.

Hilde Hawlitscheck. Eine fünfundsiebzig Jahre alte Frau, die bei jedem Besuch ihre sämtlichen Krankheiten mitsamt der dazugehörigen Symptome vor Juna ausbreitete.