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"Ich erwarte dich am Ende der Welt", lautet die Botschaft, die Tarl Cabot veranlasst, sich aufzumachen, um Zarendargar, einen Kriegsgeneral der Kurii, zu treffen. Auf seinem Weg zu den nördlichen Polarregionen, jenseits von Torvaldsland, in Begleitung des Roten Jägers Imnak wird ihm klar, dass die Kurii wieder finstere Pläne schmieden ...
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Veröffentlichungsjahr: 2025
1 Der Sleen
2 Die Botschaft auf der Scytale; meine Unterhaltung mit Samos
3 Der Markt von En’Kara
4 Ich belohne zwei Boten, die mir gute Dienste erwiesen haben
5 Ich breche von Samos’ Haus aus auf
6 Zwei Mädchen werden versklavt; ich begebe mich zu Lydius im Norden
7 In Lydius werde ich leichtsinnig und gerate in Gefangenschaft
8 Ich komme als Gefangener im Norden zu mir
9 Ich bekomme den Wall zu sehen; man soll mich auspeitschen
10 Was sich in der Nähe des Walls zutrug
11 Was weiterhin am Wall geschah; ich richte meinen Blick erneut nordwärts; ich halte nur vorübergehend an, um eine Frau zu versklaven
12 Ich zelte während der Versammlung des Volkes mit Imnak; ich treibe Arlenes Ausbildung ein wenig voran
13 Imnak schneidet ein recht wichtiges Thema an; wir treffen Poalu
14 Poalus Umwerbung und was sich danach zutrug
15 Audrey
16 Imnak schnitzt
17 Ich höre zum ersten Mal von Karjuk; ich muss mich mit ihm treffen
18 Wir jagen in der Nähe des Dauerlagers
19 Ich züchtige Arlene
20 Das Schlemmerhaus; wir kehren dorthin zurück
21 Arlene
22 Imnak und ich jagen Sleens; wir unterhalten uns über das Wesen der Welt
23 Besuch im Schlemmerhaus
24 Wir unterhalten uns in Imnaks Hütte; es kommt zu einer Entscheidung; ich erlaube Arlene, die Felle mit mir zu teilen
25 Wir ziehen aufs Eis; wir folgen Karjuk
26 Imnak schlägt ein Lager auf; Poalu kocht Fleisch
27 Das Gesicht am Himmel; die Kodizes; Imnak übernimmt die erste Wache
28 Ich muss mit meinen Kräften haushalten
29 Der Käfigwagen
30 Die kleine Arena
31 Halbohr
32 Ich unterhalte mich weiter mit Zarendargar
33 Ich verlasse die Anlage
34 Was sich auf dem Eis zutrug
35 Ich kehre in die Anlage zurück; was in der Anlage geschah
36 Den Siegern gebührt die Beute; ich erhebe ein Glas Paga
37 Der Komplex liegt hinter uns; wir machen uns auf den Weg zum Dauerlager
38 Ich werde in den Süden zurückkehren
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»Es gibt keinen Hinweis«, hatte Samos gesagt.
Ich lag wach auf dem breiten Bett und starrte an die Decke des Raumes. Eine perforierte Lampe spendete ein flackerndes Licht. Die Felle waren dick und weich. Meine Waffen lagen an meiner Seite. Eine Sklavin, die zu meinen Füßen angekettet war, schlief.
Nein, es gab wirklich keinen Hinweis!
»Er könnte überall sein«, fuhr Samos fort und zuckte mit den Schultern. »Wir wissen lediglich, dass er irgendwo unter uns ist.«
Wir wissen nur wenig über die tierische Spezies Kur. Sicher ist, dass sie nach Blut dürstet, Menschenfleisch frisst und nach Ruhm trachtet.
»Er ist Menschen nicht unähnlich«, hatte Misk, ein Priesterkönig, einst zu mir gesagt.
Diese Geschichte hat in gewisser Weise keinen eindeutigen Anfang. Sie begann, schätze ich, vor einigen tausend Jahren, als die Heimatwelt der Kurii im Zuge vernichtender Kriege unbewohnbar geworden war. Ihre Kultur war seinerzeit technologisch so weit fortgeschritten gewesen, dass sie kleine Planeten aus Stahl in ihrer Umlaufbahn bauen konnten, jeder mit einem Durchmesser von mehreren Pasangs. Während ihre Welt unter ihnen brannte, schickten sich die Überreste der zerschlagenen Zivilisation an, Jagd auf den Feldern der Sterne zu machen. Wie lange diese dauerte, wissen wir nicht; fest steht aber, dass ihre Stahlplaneten vor langer Zeit ins System eines langsam rotierenden gelben Sterns mittlerer Größe eintraten, der eine Randposition in einem der zahlreich verstreuten, funkelnden Spiraluniversen einnimmt.
Damit hatten sie ihre Beute gefunden – einen bestimmten Planeten.
Eigentlich zwei, einen mit dem Namen Erde, den anderen mit dem Namen Gor.
Eine dieser Welten war im Begriff, sich selbst zu vergiften: ein krankhafter Ort, wahnsinnig und kurzsichtig, getrieben von Habsucht und dabei noch selbstzerstörerisch.
Die andere Welt war ohne Tadel, jungfräulich in ihrer Schönheit und Fruchtbarkeit, denn ihre Herrscher, genannt die Sardar oder die Priesterkönige, ließen nicht zu, dass die Menschen ihre Welt, Gor, zerstörten. Sie sind keine nachsichtigen Wesen; dass der Planet zugrunde gerichtet wird, dulden sie nicht. Warum sie den Menschen nicht erlauben, Gor auszubeuten, mag schwierig zu begreifen sein. Ist es nicht grausam und gemein, ihnen diese Freude zu verleiden? Vielleicht. Andererseits sind sie aber auch vernünftig, und das darf man auch sein, ohne Schwäche zu zeigen. Ist Schwäche nicht sogar streng genommen Unvernunft in Vollendung? Außerdem ist Gor – das darf man nicht vergessen – die Heimat der Sardar beziehungsweise der Priesterkönige, und diese haben beschlossen, keine Schwäche zu zeigen. Dies mag den Erdenbewohnern, die so besessen sind von ihrem Individualismus und ihren verlautbarten Rechten und Freiheiten, fürchterlich vorkommen, ist aber eine Entscheidung, die sie selbst nicht getroffen haben.
Ich nehme das Ganze nicht in Schutz, sondern berichte nur; streite mit ihnen darüber, wer möchte.
»Halbohr ist jetzt unter uns«, hatte Samos gesagt.
Ich starrte an die Decke und schaute dem Spiel der Schatten und der Lichtreflexionen aus der kleinen, perforierten Lampe zu.
Die Priesterkönige hatten das System des gelben Sterns jahrtausendelang gegen Verheerungen durch die herumziehenden Kurii verteidigt. Das Blatt hatte sich vielleicht ein Dutzend Mal gewendet, doch nie war es den Kurii gelungen, am Gestade dieser wunderbaren Welt Fuß zu fassen. Vor einigen Jahren allerdings, zur Zeit des Nestkriegs, hatte die Macht der Priesterkönige erheblich gelitten. Ich glaube nicht, dass den Kurii das Ausmaß dieses Machtverlustes wirklich klar ist.
Ich schätze, wüssten sie die Wahrheit in diesen Belangen, würden schnell Codeworte zwischen ihren Stahlwelten gewechselt werden, und die Schiffe würden sich mit Kurs auf Gor in Bewegung setzen.
Der Kur ist jedoch genau wie ein Hai oder Sleen ein vorsichtiges Tier.
Er streift umher, nimmt eine Fährte auf und schlägt schließlich zu, wenn er sich sicher ist.
Samos graute es zutiefst davor, dass der hochrangige Kur – derjenige, auf den er sich mit dem Namen Halbohr bezog – nun auf der Oberfläche dieses Planeten weilte. Diese Information hatten wir einer chiffrierten Nachricht entnommen, die in unsere Hände gefallen war, versteckt in der Anordnung der Perlen einer Halskette.
Dass Halbohr auf den Planeten gekommen war, schien für Samos und die Priesterkönige der Beweis für eine unmittelbar bevorstehende Invasion zu sein.
Womöglich steuerten die Schiffe der Kurii bereits auf den Planeten zu, so zielstrebig und leise wie Raubfische im nächtlichen Meer des Weltalls.
Dies hielt ich aber eher für unwahrscheinlich.
Nein, für mich stand die Invasion nicht unmittelbar bevor!
Vielmehr vermutete ich, dass dieser Kur namens Halbohr gekommen war, um den Weg für ihren Einfall vorzubereiten.
Er war hier, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren; um den Sandboden von Gor für die Kiele der Stahlschiffe zu ebnen.
Man musste ihn aufhalten, denn sollte er erkennen, dass die Priesterkönige angeschlagen waren oder einen Vorposten errichteten, der zum Betanken, Beschirmen und Neubestücken der gelandeten Schiffe da war, würde es kaum Gründe für die Annahme geben, die Invasion würde nicht erfolgreich verlaufen.
Halbohr befand sich nun auf Gors Oberfläche.
»Er ist jetzt unter uns«, hatte Samos gesagt.
Die Kurii schritten mittlerweile zügig voran und wurden immer bedrohlicher. Halbohr hatte sich auf Gor eingefunden.
Wo aber steckte er genau?
Fast hätte ich vor Empörung aufgeschrien, und ich ballte wütend meine Fäuste. Wir wussten einfach nicht, wo er war.
Es gab keinerlei Hinweise!
Die Sklavin zu meinen Füßen wurde langsam unruhig, wachte aber nicht auf.
Ich stützte mich auf einen Ellenbogen und schaute zu ihr hinunter. Wie unheimlich schön und zart sie wirkte. Sie lag halb zusammengerollt auf den Fellen und halb darunter. Ich deckte sie auf, um sie zu betrachten, da regte sie sich. Ihre Hände bewegten sich ein wenig auf ihrer Bettstatt, sie zog ihre Knie hoch und streckte dann die Arme aus, um die Felle enger an sich zu ziehen, konnte sie aber nicht ertasten. Nachdem sie ihre Beine noch etwas weiter angewinkelt hatte, kuschelte sie sich wieder auf die Unterlage.
Es gibt wahrscheinlich nichts Schöneres auf der Welt als eine nackte Sklavin. Ihren Hals umschloss ein schwerer Eisenreif mit einer Kette, die am Fußende des üppigen Bettes an einem im Boden verankerten Ring befestigt war und in einem Kreis von ungefähr zwanzig Fuß Breite rechts um das Möbelstück herumführte, dann daran hinauf und zusammengewickelt auf der linken Seite liegen blieb. Die Haut der Sklavin – sie war ausgesprochen hell, ihr Haar umso dunkler – kam mir ungewöhnlich zart und gerötet vor: ganz leicht, aber dennoch wie ein Hauch von Verwundbarkeit im Schein der zierlichen, perforierten Lampe. Ich fand sie unglaublich attraktiv. Ihr dunkles Haar war reizend anzusehen und fiel teilweise auf den schweren Reif an ihrem Hals. Ich betrachtete sie. Wie schön sie doch war … und sie gehörte ganz mir. Welcher Mann möchte keine so schöne Frau besitzen?
Sie räkelte sich und suchte wieder nach den Fellen, weil sie fror. Ich nahm sie an einem Arm, zog sie grob zu mir herauf und legte sie auf den Rücken. Erschrocken schlug sie ihre Augen auf und ließ sich zu einem kurzen Schrei hinreißen.
»Herr!«, rief sie. Dann ließ ich mir von ihr Vergnügen schenken.
»Herr! Herr!«, stöhnte sie, während sie sich an mir festklammerte. Im Nu war ich fertig mit ihr. »Herr«, fuhr sie fort, »ich liebe dich. Ich liebe dich.« Man benutzt Sklavinnen stets, wann und wie man möchte.
Sie presste sich an mich und schmiegte ihre Wange gegen meine Brust.
Geschlechtsverkehr lässt sich gut als Mittel zur Kontrolle einer Sklavin einsetzen; er ist genauso nützlich wie Ketten oder die Peitsche.
»Ich liebe dich«, flüsterte sie wieder.
Aus der Sicht der Frau betrachtet ist Geschlechtsverkehr, glaube ich, ein komplizierterer Sachverhalt als für den Mann. Sie ist im Vergleich zu uns sogar noch stärker davon in Beschlag genommen, wenn wir sie angemessen behandeln, womit ich nicht höflich und sanft meine, sondern eher im Sinne dessen, was ihre Wesensart verlangt.
Geschlechtsverkehr ist für eine Frau eine sehr subtile, tiefsinnige Angelegenheit; sie kann intensive, lang anhaltende Lust empfinden, um welche sie prinzipiell jeder lebendige Organismus beneidet. Diese Lust lässt sich selbstverständlich von einem Mann dazu gebrauchen, um sie zu einer ohnmächtigen Gefangenen und Sklavin zu machen. Vielleicht wehren sich freie Frauen deshalb so vehement dagegen. Das kann eine Sklavin aber natürlich nicht tun, denn sie unterliegt ausschließlich der Gnade ihres Herrn, der sie nicht so behandelt, wie sie es selbst möchte, sondern nur nach seinen eigenen Vorstellungen. Und deshalb gibt sie nach, so wie es ihre Pflicht ist, indem sie ihren Willen voller Ekstase dem seinen beugt, so wie es den freien Frauen untersagt ist.
Die Bedürfnisse einer Frau sind in biologischer Hinsicht nicht zu verachten; dass manche Männer annehmen, sie zu befriedigen sei falsch, halte ich für traurig. Die korrekte Behandlung einer Frau, die man nur jenen angedeihen lassen kann, die ein Besitztum sind, erfolgt an ihre Bedürfnisse angepasst und ist sowohl komplex als auch ausgeklügelt. Das unauffälligste Mädchen kann dem Herrn, der es versteht, wahre Wunder offenbaren.
Vielleicht sollte ich an dieser Stelle zweierlei klarstellen: Die richtige Behandlung einer Sklavin schließt Höflichkeit und Sanftheit nicht kategorisch aus, denn es gibt für alles eine Zeit, für Höflichkeit und Milde und auch für Grobheit. Ein Herr darf niemals vergessen, dass er die Frau besitzt; behält er dies stets im Gedächtnis, wird er im Großen und Ganzen anständig mit ihr umgehen. Er muss stark sein und imstande, sie zu bestrafen, wenn sie sich nicht richtig verhält. Geschlechtsverkehr hat bei Frauen genauso wie bei Männern nicht nur eine hohe biologische Bewandtnis, sondern findet auch auf psychologischer Ebene statt, wobei die Begriffe eine Unterscheidung suggerieren, welche ein wenig in die Irre führt. Denn wir sind Geist- und Körperwesen zugleich oder besser gesagt: denkende und fühlende Organismen.
Ein Teil der richtigen Behandlung einer Frau besteht darin, nach Belieben mit ihr zu verfahren; sie neigt aufgrund ihrer genetischen Anlage – programmiert in jeder Zelle ihres Körpers – zur Unterwerfung, die eine Funktion sowohl natürlicher als auch sexueller Auslese darstellt. Deshalb mag eine Frau das, was der Mann möglicherweise als brutal oder übereilt empfindet, im Rahmen ihres Empfindungsvermögens als unleugbaren Beleg dafür erachten, dass er sie beherrscht und besitzt, was sie bis ins Mark erregt, da es die vorzeitliche biologische Bedeutung ihrer Weiblichkeit erwachen lässt. Er gebraucht sie einfach zu seiner Freude, weil ihm gerade der Sinn danach steht. Denn er ist ihr Herr.
Ich stieß sie nicht von mir.
»Darf ich dich beim Namen nennen, Herr?«, flehte sie.
»Ja«, antwortete ich.
»Tarl«, flüsterte sie. »Ich liebe dich.«
»Sei still, Sklavin!«, befahl ich.
»Ja, Herr«, wisperte sie.
Während ich die Schatten an der Decke im Auge behielt, spürte ich, wie sie mich mit ihren weichen Lippen küsste.
Verurteilt und verachtet die Goreaner meinetwegen. Dabei solltet ihr euch allerdings bewusst machen, dass sie das Gleiche mit euch tun.
Sie schöpfen ihr Potenzial eben anders als ihr voll aus.
Hasst sie für ihren Stolz und ihre Kraft; sie werden euch bedauern, weil ihr so verschämt und schwach seid.
Halbohr weilte irgendwo auf Gor.
Aber ich wusste nicht, wo!
Wenn ich genau überlege, gibt es vielleicht doch keinen passenden Zeitpunkt, um leibeigenen Frauen Höflichkeit und Milde angedeihen zu lassen.
Das Mädchen neben mir – Vella – ist eine Leibeigene.
Ich lachte. Hatte ich mich etwa dazu verleiten lassen, Schwäche zu zeigen? Plötzlich erschauderte sie. Sie küsste mich zwar immer noch, nun jedoch ängstlich und darauf bedacht, mich zu besänftigen.
Wie klein und schwach sie war … und wie wunderschön. Oh, ich genoss es sehr, sie mit allem zu besitzen, was sie ausmachte!
Ich fragte mich abermals, ob ich mich zur Schwäche hatte verleiten lassen. Höflichkeit und Milde gegenüber einer Sklavin? Niemals!
»Schenk mir Vergnügen!«, befahl ich ihr im strengen Tonfall.
»Ja, Herr«, erwiderte sie leise.
Daraufhin begann sie, meinen Körper zu streicheln und zu küssen.
Irgendwann befahl ich ihr, damit aufzuhören, und zwang sie wieder auf den Rücken. Dann hob ich die Kette beiseite, die zu ihrem Halsreif führte.
»Oh«, hauchte sie, als ich in sie eindrang, und vergrub ihre Fingernägel in meinen Armen.
Als sie zu mir aufschaute, standen Tränen in ihren Augen. Wie widerstandslos sie in meiner Umklammerung war …
Schließlich fing sie leise an zu betteln. »Bitte, bitte, lass mich deinen Namen aussprechen.«
»Nein«, sagte ich.
»Bitte«, beharrte sie.
»Was bin ich für dich?«
»Du bist mein Herr«, antwortete sie beklommen.
»Und nur das!«, betonte ich.
»Ja, Herr«, stimmte sie zu.
Danach ließ ich sie nicht mehr weitersprechen, sondern nötigte die Sklavin, wie es meiner Laune entsprach, die langwierige Prozedur auszuhalten, die mit der Erniedrigung einer Geknechteten einhergeht, während sie angekettet in den Armen eines Herrn liegt, der davon absieht, ihr gegenüber Gnade walten zu lassen.
Denn ich nahm sie als das, was sie war: eine Sklavin.
Während der nächsten Viertelahn wand sie sich wehrlos unter mir. Sie hatte mir die Arme blutig gekratzt; ihr Blick schien um Mitleid zu betteln.
»Du darfst nun sprechen«, ließ ich sie wissen.
In diesem Moment warf sie ihren Kopf nach hinten und schrie, während sie krampfhaft zuckte: »Ich gebe mich dir als Sklavin hin. Ich gebe mich dir als Sklavin hin!« In solchen Augenblicken ist eine Frau ungeheuer schön.
Ich wartete, bis sie sich beruhigte und mich ansah, aber ihr Zittern schien gar nicht mehr aufzuhören. Ich jubelte innerlich vor Freude darüber, sie zu besitzen, und fiel wieder über sie her. Erneut klammerte sie sich an mich und küsste mich.
»Ich liebe dich, Herr«, schluchzte sie. »Ich liebe dich.«
Ich umarmte sie fest, obwohl sie eine Sklavin war. Sie blickte zu mir auf und ich sah, dass ihre Augen feucht waren.
»Ich liebe dich, Herr«, wiederholte sie. Ich strich ihr die Haare aus der Stirn. Plötzlich kam mir der Gedanke, dass man eine Sklavin vielleicht doch lieb gewinnen könnte.
Aber dann fiel mir wieder ein, dass sie einst die Priesterkönige verraten und mich meinen Feinden ausgeliefert hatte. In der Tahari war sie eine Dienerin der Kurii gewesen. Bei ihrer Falschaussage vor dem Gericht in der Oase der Neun Brunnen hatte sie gelächelt. Und von einem Fenster der Kasbah des Salzubars aus hatte sie mir einmal einen Kuss zugeworfen, außerdem noch ein Andenken, damit ich sie nicht vergaß: einen Schal aus Sklavenseide, um meiner zu spotten, kurz bevor ich in Ketten zu den Gruben von Klima geführt werden sollte. Von dort war ich zurückgekehrt und hatte sie schließlich zu meiner Sklavin gemacht. Ich hatte sie aus der Tahari zum Haus von Bosk mitgenommen, einem Kapitän und Kaufmann aus Port Kar.
Ich hielt sie nun als Leibeigene in meinem Haus. Sie hatte stets viel Arbeit zu verrichten, und manchmal ließ ich sie so wie heute Nacht angekettet zu meinen Füßen schlafen.
»Ich liebe dich, Herr«, sagte sie abermals.
Verärgert schaute ich auf die Sklavenpeitsche an der Wand.
Nun zitterte sie wieder. Würde ich sie jetzt benutzen? Sie hatte sie schon oft zu spüren bekommen.
Ich hob meinen Kopf ein wenig, denn auf einmal stieg der Gestank eines Sleens in meine Nase.
Die Tür zu meinem Gemach, die ich niemals absperrte, weil das Haus mir gehörte, ging kaum merklich auf.
Sofort erhob ich mich, womit ich die angekettete Sklavin erschreckte. Ich richtete mich auf und ging angespannt neben meinem Bett in die Hocke. Dann bewegte ich mich nicht mehr.
Das Tier schob nun seine Schnauze behutsam durch die Öffnung, sodass die Tür noch weiter aufschwang. Ich hörte, dass dem Mädchen der Atem stockte.
»Keinen Ton!«, ermahnte ich sie und bewegte weiterhin keinen Muskel.
Ich kauerte immer noch am Boden. Jemand hatte das Tier freigelassen. Es hatte seinen Kopf jetzt zur Gänze durch die Tür gesteckt. Der Schädel war breit und dreieckig. Als unvermittelt Helligkeit von der Lampe in seine Augen fiel, funkelten sie, doch schon, als es den Kopf wieder drehte, erstarb der Glanz. Der Sleen schaute nun nicht mehr ins Licht, sondern beobachtete stattdessen mich.
Das Geschöpf war etwa zwanzig Fuß lang und wog knapp eintausendeinhundert Pfund; es handelte sich um einen gezähmten Waldsleen. Dieser besaß zwei Zahnreihen und sechs Beine. Er duckte sich und kam vorsichtig näher; bestimmt streifte sein Bauchfell den Fliesenboden. Er trug zwar ein Sleenhalsband aus Leder, doch an dessen Schlaufe war keine Leine befestigt.
Ich hatte geglaubt, er sei zur gemeinsamen Jagd mit Bogenschützen auf Tabuks abgerichtet worden, doch was er jetzt jagte, war eindeutig kein Wild.
Ich kannte den Blick eines Jagdsleens. Und dieser hier hatte es auf Menschen abgesehen.
Er näherte sich rasch, blieb dann aber plötzlich stehen.
Als ich ihn am Nachmittag mit seinem Trainer Bertram von Lydius in seinem Käfig gesehen hatte, hatte er auf mich nicht anders reagiert, wie auf die restlichen Personen vor Ort. In jenem Moment, das wusste ich, hatte er meinen Geruch noch nicht aufgenommen.
Der Sleen pirschte sich noch einen Fuß weiter an.
Er musste seinen Käfig erst kürzlich verlassen haben, denn ein solches Tier – der Sleen ist Gors bester Fährtensucher – brauchte nur wenige Augenblicke, um geräuschlos über die Flure zu diesem Raum zu gelangen.
Sein Blick ruhte weiterhin auf mir.
Ich beobachtete, wie er seine vier Hinterläufe nach und nach beugte. Er atmete immer schneller. Dass ich mich nicht bewegte, verwirrte ihn anscheinend.
Der Sleen wagte sich nun noch einen Fuß weit vorwärts. Jetzt war er zum Angreifen bedenklich nahe.
Ich tat nichts, damit ich ihn nicht aufregte.
Er wedelte mit seinem Schwanz. Wäre er schon länger auf mich abgerichtet gewesen, hätte ich wohl nicht so viel Zeit gehabt, denn sein Jagdtrieb, ein teils durch Ausscheidungen bestimmter Drüsen bedingtes Verhalten, wäre dann ausgeprägter gewesen.
Sehr langsam, fast nicht wahrnehmbar, streckte ich meine rechte Hand nach dem Bett aus und griff nach einem der breiten Felle.
Das Tier behielt mich währenddessen genau im Auge. Zum ersten Mal knurrte es absichtlich. Dann hielt es seinen Schwanz still und versteifte ihn geradezu. Nun legte der Sleen auch noch die Ohren an.
Schließlich stürzte er los, preschte mit seinen Krallen scharrend vorwärts, rutschte dann aber unverhofft auf den Fliesen aus. Das Mädchen schrie auf. Ich hatte das Fell wie einen Mantel geworfen, um mich zu schützen, und den Sleen mitten im Rennen damit getroffen. Nun sprang ich aufs Bett, rollte hinüber und kam sofort wieder auf die Füße. Das Tier schnaubte und jaulte, bis es sich des Fells entledigt hatte, indem es unwirsch den Kopf und sogar seinen ganzen Körper schüttelte. Zuletzt erhob es sich wutentbrannt – die Decke hatte es in seinen Pfoten zerrissen – und grollte und fauchte nun abwechselnd. Dabei starrte es mich an. Ich stand nun mit der Axt von Torvaldsland in der Hand auf dem Bett.
Ich lachte, so, wie es nur ein Krieger konnte.
»Komm, mein Freund«, rief ich ihm zu. »Lass uns kämpfen.«
Es war ein wahrlich tapferes, edles Tier. Wer den Sleen geringschätzt, kennt ihn meines Erachtens nach nicht wirklich. Kurii respektieren ihn, was viel über den Sleen aussagt – über seinen Mut, seine Wildheit und auch seine unermüdliche Ausdauer.
Das Mädchen schrie wieder vor Entsetzen auf.
Meine Waffe ging aus einem schrägen Winkel auf das Tier nieder, und sein Kopf traf mich von der Seite, als die breite Klinge abrutschte. Erneut schlug ich zu, als der Sleen auf dem Boden lag, und durchtrennte mit dem Hieb zur Hälfte seinen Hals.
»Ein wirklich schönes Tier«, sagte ich, während ich über und über mit seinem Blut besudelt war. Draußen auf dem Flur hörte ich plötzlich Männerstimmen. Thurnock und Clitus, Publius und Tab sowie andere erschienen nun mit Waffen in den Händen in der Tür.
»Was ist passiert?«, rief Thurnock.
»Nehmt Bertram von Lydius fest«, verlangte ich.
Ein Teil der Männer eilte sofort davon.
Ich ging zu meinen anderen Waffen, um mir ein Messer zu nehmen; sie lagen noch immer hinter dem Bett.
Ich teilte mir das Herz des Tiers mit meinen Männern, und gemeinsam tranken wir sein Blut aus hohlen Händen, so wie es dem Ritual von Sleenjägern entsprach.
»Bertram von Lydius ist geflohen«, berichtete mir Publius, der Küchenmeister.
Das war mir bereits klar gewesen.
Ich hatte in das Blut in meinen Händen geschaut.
Es heißt, wenn man sich selbst schwarz und ausgezehrt in der Flüssigkeit sieht, wird man an einer Krankheit sterben; erkennt man sich blutig verwundet, wird man in einer Schlacht fallen; erblickt man einen alten ergrauten Menschen im Blut, so wird man friedlich dahinscheiden und Kinder hinterlassen.
Der Sleen hatte jedoch nicht zu mir gesprochen.
Beim Blick auf das Blut in meinen hohlen Händen hatte ich nämlich nichts gesehen, nur den Lebenssaft eines Tieres. Er war nicht bemüßigt gewesen, zu mir zu sprechen, oder vielleicht außerstande.
Ich erhob mich. Dass ich je wieder in das Blut eines Sleens schauen würde, glaubte ich nicht; lieber wollte ich Menschen in die Augen sehen.
Ich wischte mir die blutigen Hände achtlos an den Oberschenkeln ab.
Dann drehte ich mich zu dem nackten Mädchen auf den Fellen um, das halb in seiner Kette eingewickelt dalag, denn diese war vom Knöchel aus um sein Bein geschlungen, bevor sie zu dem Ring an seinem metallenen Halsreif führte. Sie rutschte rückwärts und hielt sich eine Hand vor den Mund.
»Bertram von Lydius hat sich an einen Wächter herangeschlichen«, erzählte Publius, »der nichts davon ahnte, da der Mann nur zu Gast war. Er wurde bewusstlos geschlagen, woraufhin Bertram von Lydius mit Seil und Haken an der Deltamauer hinunterkletterte.«
»Die Tharlarions werden ihn fressen«, warf jemand ein.
»Nein«, widersprach ich. »Bestimmt wartete dort ein Boot auf ihn.«
»Er kann noch nicht weit gekommen sein«, vermutete Thurnock.
»Er wird mit einem Tarn aus der Stadt verschwinden«, fuhr ich fort. »Verfolgt ihn nicht.«
Ich schaute mich im Kreis meiner Männer um. »Legt euch wieder hin«, sagte ich zu ihnen, und sie verließen mein Gemach.
»Und das Tier?«, fragte Clitus noch.
»Lasst es liegen«, entgegnete ich, »und geht jetzt.«
Jetzt war ich wieder mit der Sklavin allein. Ich schloss die Tür, schob den Riegel vor und wandte mich ihr zu.
Ganz klein und furchtsam sah sie aus, wie sie so auf meinem Bett lag.
»Also stehst du noch immer im Dienst der Kurii?«
Doch sie stritt es ab: »Nein, Herr, nein!«
»Wer hat meine Kammer heute Morgen geputzt?«, fragte ich.
»Ich war es, Herr.«
Der Herr lässt das eigene Gemach normalerweise bei Tag von dem Mädchen reinigen, das die Nacht zu seinen Füßen verbringen wird. Sie schrubbt, wischt und macht das Zimmer sauber. Diese Arbeit dauert allerdings nicht den ganzen Tag, und eine Sklavin hat deshalb oft stundenlang nichts anderes zu tun, als auf ihren Herrn zu warten. Sie bereitet sich vor und plant. Wenn der Herr dann eintrifft und sie vor ihm niederkniet, ist sie diensteifrig und nervös, angreifbar und erregt und sowohl geistig als auch körperlich bestens gefasst auf die Verfügungsgewalt, der sie sich mit Wonne zu unterwerfen hat, auch weil ihr gar keine andere Wahl bleibt. Selbst die Ausübung leichter knechtischer Pflichten – beispielsweise das Polieren seiner Tarnstiefel –, zu welchen sie gezwungen ist, spielt in ihren Vorbereitungen für die Nacht eine Rolle. Solche Tätigkeiten impfen ihr in den Tiefen ihrer Anmut unwiderruflich ein, dass sie wirklich ihm gehört und er tatsächlich ihr Herr ist. Sie kann nun sofort reagieren, wenn er sie auffordert, sich auf die Felle zu legen und in vortrefflicher Weise die köstlichsten, intimsten Aufgaben zu verrichten, die ihr zufallen – ihre wichtigsten Aufgaben, die einer machtlosen Liebessklavin.
»Knie dich auf den Boden!«, befahl ich ihr.
Sie rutschte vom Bett herunter und ging auf den Fliesen vor mir nieder. Nun kniete sie im Blut des Sleens.
»Haltung«, sagte ich.
Eilig nahm sie die Haltung einer Vergnügungssklavin an. Dazu setzte sie sich auf ihre Fersen und spreizte die Beine weit, während sie die Hände auf ihre Oberschenkel legte, den Rücken durchdrückte und ihren Kopf hochhielt. Sie hatte große Angst, als ich auf sie hinabschaute.
Dann hockte ich mich vor sie und nahm ihre Arme hoch. Ich war immer noch mit dem Blut des Tiers beschmiert.
»Herr?«, sagte sie nervös.
Ich legte sie mitten in der Blutlache auf den Rücken. Während ich sie so hielt, dass sie sich nicht bewegen konnte, drang ich wieder in sie ein.
»Herr?«, rief sie erneut mit furchtsamer Stimme.
Ich begann, sie zu streicheln, tief in ihr mit meiner Männlichkeit. Die warme Nähe ihres Körpers – so hübsch und hilflos, die einer besessenen Sklavin – umhüllte mich. Allmählich und zaghaft reagierte sie auf mich.
»Du arbeitest immer noch für die Kurii«, warf ich ihr vor.
»Nein, Herr«, jammerte sie. »Nein!«
Ich spürte ihre Zuckungen unter mir. Sie weinte aber nicht. Ihre Hüften bebten.
»Doch«, insistierte ich.
»Nein«, wiederholte sie. »Nein, Herr!«
»Das Tier muss auf mich angesetzt worden sein.«
»Ich bin unschuldig!«, behauptete sie. Gleich darauf wand sie sich wieder unter meinem Körper. »Bitte erzwinge nicht, dass ich mich hingebe, Herr«, bettelte sie. »Oh«, kam es daraufhin. »Oh!«
»Gestehe!«, befahl ich ihr.
Sie schloss die Augen. »Hab Gnade!«, flehte sie.
»Gestehe«, wiederholte ich.
»Ich habe deine Tuniken zum Waschen getragen«, schilderte sie. »Eigentlich hätte ich sie zu den anderen gelegt!«
Sie bäumte sich halb unter meinem Gewicht auf, wobei sie ihre Augen weit aufriss. Für eine Frau machte sie einen starken Eindruck, aber ihr Geschlecht ist schwach. Ich stieß sie zurück auf den Boden, sodass ihre Schultern und Haare wieder im Blut lagen. Ihren Kopf hatte sie in den Nacken gelegt. Sie zuckte wie gepfählt, während ich sie festhielt. Wie schwach sie doch war, wie zwecklos ihr Widerstand.
»Es gibt kein Entrinnen«, gab ich ihr zu verstehen. »Du gehörst mir!«
»Ich weiß«, stöhnte sie. »Ich weiß.«
»Fahre fort«, hielt ich sie an.
»Oh«, wisperte sie wieder. »Oh!« Dann schlug sie einen bettelnden Ton an: »Bitte erzwinge es nicht, dass ich dir Vergnügen schenke, Herr!«
»Fahre fort«, sagte ich noch einmal.
»Ich wurde betrogen«, gestand sie. »Bertram von Lydius hat mir auf den Korridoren nachgestellt. Ich dachte mir nichts dabei, denn ich glaubte, er wollte meinen Körper bewundern, während ich mich in der Kleidung des Hauses bewegte. Dass er mir nur folgte wie ein Mann, der die Gelegenheit ergreift, hinter einer Sklavin herzugehen und sich an ihrem Anblick zu weiden.«
»Und das schmeichelte dir, nicht wahr?«, hakte ich nach.
»Ja, Herr«, gab sie zu. »Denn ich bin eine Sklavin.«
»Weiter«, verlangte ich.
»Bitte, Herr«, sagte sie zögernd und hielt sich an mir fest. »Oh, oh!«, rang ich ihr wieder ab.
»Weiter«, wiederholte ich.
»Jawohl«, rief sie trotzig, »es hat mich gefreut. Er sieht gut aus und ist stark, ein richtiger Goreaner. Ich hingegen bin nur eine Sklavin und ging davon aus, er werde mich darum bitten, ihm Vergnügen zu schenken, und du als zuvorkommender Goreaner würdest es ihm erlauben!«
Sie hatte recht: Hätte ein Gast Interesse an Vella bekundet – Elizabeth, einst Sekretärin auf der Erde und nun eine meiner Leibeigenen –, wäre ich bestimmt bereit gewesen, sie ihm eine Nacht lang zur Stillung seiner Gelüste zu überlassen. Hätte sie ihn nicht zufriedengestellt, wäre sie am Morgen auf mein Geheiß hin ausgepeitscht worden.
»Er sprach mich an«, erzählte sie weiter, »also drehte ich mich um und kniete mit den Tuniken in meinen Armen vor ihm nieder. ›Du bist hübsch‹, sagte er zu mir. Das hörte ich natürlich gerne.«
Sklavinnen freuen sich über Komplimente. Es gibt sogar ein goreanisches Sprichwort, das sinngemäß besagt, jede Frau, die sich etwas aus einem Kompliment macht, sei im Herzen eine Sklavin. Sie möchte gefallen.
Die meisten Männer auf diesem Planeten würden nicht lange zögern, einem Mädchen einen Halsreif anzulegen, das lächelnd auf eine wohlwollende Bemerkung reagiert. Eine Frau, die von Natur aus eine Sklavin ist, zu einer solchen zu machen, gilt als rechtmäßig. Die meisten Herren spornen ein Mädchen übrigens dazu an, sich ihre Komplimente zu verdienen. Sie muss sich ins Zeug legen, um des Lobes würdig zu sein. Deshalb strengt sie sich an. Komplimente sind auf Gor generell von Bedeutung, da sie tendenziell nur verdientermaßen erteilt werden, aber selbst dann nicht zwangsläufig. Eine Sklavin legt stets Wert darauf, ihrem Herrn zu gefallen; erhält sie ein Kompliment, weiß sie, dass es ihr gelungen ist. Dies macht sie glücklich, allerdings nicht einfach nur deshalb, weil sie weiß, dass sie so weniger Gefahr läuft, bestraft zu werden, sondern weil sie sich tief in ihrem Inneren als Frau wünscht, jemandem zu gefallen, der sie im vollen Umfang beherrscht.
»›Kennst du mich?‹, fragte er«, fuhr Vella fort.
»›Ja, Herr‹, antwortete ich, ›du bist Bertram von Lydius und im Haus meines Herrn zu Gast.‹
›Dein Herr hat mich gut bewirtet‹, meinte er. ›Ich würde mich ihm gerne mit einem Geschenk erkenntlich zeigen. Seine Gastlichkeit, ohne zumindest eine kleine Geste meiner Wertschätzung und Dankbarkeit anzunehmen, wäre unschicklich für mich.‹
›Wie kann ich dir helfen, Herr?‹, fragte ich da.
›In Lydius‹, hob er an, ›werden oft Felle von Schneesleens angeboten, frisch, ansehnlich und warm. Außerdem haben wir bewanderte Schneider, die in Gold gewirkte Gewänder mit versteckten Taschen anfertigen können. Ein solches schwebt mir als Geschenk für deinen Herrn vor, ein kurzer Mantel oder eine Jacke, die er beim Tarnreiten tragen kann.‹«
»Nur wenige in Port Kar«, sprach ich, »sehen mich als Tarnreiter an. In unseren Gesprächen erwähnte ich es auch Bertram von Lydius gegenüber nicht.«
»Ich habe nicht nachgedacht, Herr«, erwiderte sie.
»Fandest du ein solches Geschenk für einen Kaufmann und Seefahrer nicht seltsam?«
»Vergib mir, Herr«, bat sie. »Es gibt doch sicherlich Menschen in Port Kar, die dich als Tarnreiter kennen, und ein solches Geschenk von jemandem aus Lydius im Norden kommt mir passend vor.«
»Der echte Bertram von Lydius würde mich wahrscheinlich nicht als Tarnreiter betrachten«, erklärte ich ihr.
»Folglich war er also nicht, was er zu sein vorgab«, wisperte sie.
»Ich glaube nicht«, sagte ich. »Ich halte ihn für einen Handlanger der Kurii.«
Daraufhin stieß ich mit Gewalt zu. Sie schrie auf und schaute mich an. Ihr war heiß und sie schwitzte. Der Metallreif schmiegte sich um ihren Hals.
»Wenn mich nicht alles täuscht«, fuhr ich fort, während ich sie festhielt, »haben wir hier noch jemanden, der den Kurii zuspielt.«
»Nein«, begann sie wieder. »Nein!« Ich schickte mich nun an, sie zu zwingen, auf meine Bewegungen einzugehen.
»Oh«, stöhnte sie. »Oh. Oh!«
»Er wollte bestimmt meine Tunika«, schlussfolgerte ich, »um Maß nehmen zu können, damit man mir das Oberteil aus dem Fell eines Schneesleens passend schneidern könne.«
»Ja«, antwortete sie. »Ja! Aber nur ganz kurz, lediglich einen Augenblick lang!«
»Du Dummkopf«, schalt ich sie.
»Ich wurde betrogen.«
»Entweder das – oder du arbeitest ebenfalls für die Kurii«, relativierte ich.
»Ich arbeite nicht für die Kurii.«
Als sie versuchte, sich zu erheben, hielt ich sie weiterhin unten und drückte ihre schmalen Schultern in das Blut auf den Fliesen. Sie war meiner Körperkraft nicht annähernd gewachsen.
»Ob oder ob nicht«, sagte ich leise zu ihr, »solltest du wissen, kleine Schönheit, dass du in erster Linie meine Sklavin bist.«
Ich schaute von oben herab in ihre Augen.
»Ja, Herr«, bestätigte sie. Während sie ihr Gesicht zur Seite drehte, wand sie sich gequält. »Er behielt die Tunika nur wenige Minuten«, erklärte sie.
»Hattest du ihn dabei ununterbrochen im Auge?«, fragte ich.
»Nein«, antwortete sie. »Er trug mir auf, im Flur zu bleiben und auf ihn zu warten.«
Daraufhin musste ich lachen.
»Mir kam es so vor, als sei er nur kurz weg gewesen«, entschuldigte sie sich.
»Lange genug«, hielt ich dagegen, »um den Stoff zwischen den Gittern des Sleenkäfigs hindurchzuschieben und dem Tier den Befehl zum Jagen zuzuflüstern.«
»Ja«, räumte sie ein.
Nun stieß ich wieder zu, ein ums andere Mal im kräftigen, zusehends eindringlicheren Rhythmus eines flammenden Herrn, bis ihr Selbst – das einer ehemals zivilisierten Frau – aufbrüllte und erzitterte. Dann lag sie bar jeder Würde und Stolzes in meinen Armen; gebrochen und nichts weiter mehr, als eine bezwungene barbarische Sklavin.
Ich stand auf, während sie mit ihrem Halsreif im Blut des Sleens vor mir liegen blieb.
Nachdem ich die Großaxt von Torvaldsland aufgehoben hatte, stellte ich mich, mit der Waffe in beiden Händen, vor Vella hin und schaute auf sie hinab.
Vella erwiderte meinen Blick. Sie hatte ein Knie angehoben und schüttelte sanft ihren Kopf. Dann packte sie ihren Reif links und rechts, zog ihn ein wenig von ihrem Hals weg und auf mich zu.
»Schlag mich nicht, Herr«, bat sie, »ich gehöre ganz dir.«
Ich betrachtete den Halsreif und die Kette. Ängstlich schaute sie zu mir auf. Auf diese Art gebunden, konnte sie nicht fliehen.
Ich packte die Axt noch fester.
Sie stemmte die Hände in die Seiten; sie konnte nicht anders und hob mir ihr Becken entgegen, ängstlich und unterwürfig zugleich.
»Bitte schlag mich nicht, Herr«, wiederholte sie. »Ich bin doch deine Sklavin.«
Nun nahm ich die Axt herunter und hielt sie mit beiden Händen leicht horizontal vor meinen Körper. Dabei blickte ich Vella streng an.
Sie senkte ihr Becken wieder und blieb ruhig und voller Furcht im Blut liegen. Die Hände legte sie erneut so neben sich auf die Fliesen, dass die Innenflächen nach oben zu mir zeigten. Bei Frauen sind sie besonders weich und verletzlich; das hieß, sie gab sich mir ungeschützt preis.
Ich holte nicht mit der Axt aus.
»Von Sleens verstehe ich nicht viel«, führte sie aus. »Ich dachte, dieser sei zur Begleitung von Bogenschützen auf der Jagd nach Tabuks ausgebildet worden, wenig mehr als ein Tier, das man darauf dressiert hat, Wild aufzuspüren, es zu jagen und zu fangen.«
»Als solches wurde er dir auch gezeigt«, sagte ich, was auch stimmte. Nichtsdestotrotz hätte sie angesichts einer solchen Bitte um ein Gewand und der Tatsache eines Sleens im Haus Verdacht schöpfen müssen.
»Er wollte eine Tunika«, sagte ich.
»Ich habe nicht nachgedacht«, rechtfertigte sie sich noch einmal.
»Und du hast es mir verschwiegen«, warf ich ihr vor.
»Er drohte mir und sagte, ich dürfe dir nichts davon erzählen«, entgegnete sie, »denn das Geschenk solle eine Überraschung sein.«
Wieder lachte ich, wobei mein Blick auf den Kadaver des Sleens fiel.
Vella drehte den Kopf weg. Als sie ihn mir wieder zuwandte, schaute sie mich an. »Er hatte die Tunika nur für eine sehr kurze Zeit.«
»Der Käfig konnte später geöffnet werden, und so kam es auch«, rekapitulierte ich. »Dann begann die Pirsch durch die Korridore des Hauses, in aller Stille und Dunkelheit.«
Ängstlich schloss sie ihre Augen, schlug sie aber gleich darauf wieder auf und suchte erneut meinen Blick.
Plötzlich hörte ich die Schiffsglocke im großen Saal läuten. Draußen auf dem Gang näherten sich Schritte.
»Es ist Morgen«, sprach ich.
Thurnock klopfte an. »Wir haben Neuigkeiten«, vermeldete er, »aus dem Hause Samos. Er möchte mit dir reden.«
»Macht das Langboot reisefertig«, ordnete ich an. »Wir werden durch die Kanäle zu ihm fahren.«
»Jawohl, Kapitän«, bestätigte Thurnock, wandte sich von der Tür ab und ging.
Ich legte meine Axt beiseite. Mit Wasser, das ich in eine Schale goss, und einem Stück Fell wusch ich mich, bevor ich eine frische Tunika und Sandalen anzog, die ich mir selbst schnürte.
Vella sagte währenddessen kein Wort.
Zuletzt hängte ich mir einen Gurt samt Waffe über die linke Schulter, das Schwert eines Admirals.
»Du hast mich deine Schuhe nicht binden lassen«, bemerkte Vella leise.
Ich ging den Schlüssel für ihren Halsreif holen, dann trat ich vor sie und sperrte das Metall auf.
»Du hast Pflichten, denen du dich widmen musst«, entgegnete ich.
»Ja, Herr«, antwortete sie. Während sie auf den Knien vor mir kauerte, hatte sie meine Beine umschlungen und war in Tränen ausgebrochen. Wieder blickte sie zu mir auf. »Vergib mir, Herr«, sagte sie weinend. »Ich wurde betrogen! Ich wurde betrogen!«
»Es ist Morgen in Port Kar«, sagte ich.
Vella drückte ihre Stirn vor mir auf den Boden, dann küsste sie meine Füße und sah mich abermals an. »Sollte ich dich heute nicht zufriedenstellen, Herr, so pfähle mich«, rief sie.
»Das werde ich«, garantierte ich ihr.
Schließlich wandte ich mich ab und ließ sie allein.
»Ihre Arroganz wird den Kurii noch einmal zum Verhängnis werden«, sagte Samos.
Er hockte im Schneidersitz hinter einem niedrigen Tisch. Darauf befanden sich neben heißem schwarzen Wein und den dazugehörigen Süßstoffen, warmes Brot, gelb und frisch, gebratenes Boskfleisch in Scheiben, gerührte Vulo-Eier sowie Sahne- und Puddinggebäck.
»Es ist zu einfach«, nuschelte ich mit vollem Mund
»Für sie ist dieser Krieg nur ein Spiel«, fuhr er fort. Samos machte ein grimmiges Gesicht. »Genauso wie anscheinend auch für einige Menschen.«
»Mag sein«, wägte ich ab. »Vielleicht für ihre Soldaten, aber sicherlich nicht für alle Kurii. In meinen Augen gehen sie die Sache mit Ernst und großer Umsicht an.«
»Ich wünschte, die Menschen würden es genauso halten«, klagte Samos.
Ich grinste und spülte den Mundvoll Eier mit einem Schluck des heißen Schwarzweins hinunter, gekelterte Bohnen, die man an den Hängen des Thentisgebirges anbaut. Es ist ein recht kostspieliges Getränk. Mancher fand schon den Tod beim Versuch, die Bohnen aus dem Gebiet von Thentis zu schmuggeln.
»Die Kurii waren einstmals bereit«, entgegnete ich, »zumindest in gewissen Kreisen, Gor zu zerstören und sich einen Weg zur Erde zu bahnen – einer Welt, die ihnen mit Sicherheit weniger gefallen würde. Die Bereitschaft zu einer solchen Aktion sieht unserem Bild von eitlen, stolzen Tieren nicht ähnlich, finde ich.«
»Merkwürdig, dass du sie eitel und stolz nennst«, entgegnete Samos.
»Was meinst du damit?«, fragte ich.
»Ich sehe das anders«, erwiderte er, ehe er ebenfalls schwarzen Wein aus seinem Becher trank. Ich drängte ihn nicht, sich genauer auszudrücken. Das Ganze schien ihn zu erheitern.
»Ich halte die Kurii für zu gerissen, verschroben und entschlossen«, zählte ich auf, »als dass wir ihnen in dieser Angelegenheit vorbehaltlos glauben könnten. Dieser Zug – die Übermittlung einer solchen Nachricht – wäre wenig mehr als eine Provokation, ein erster Schritt zur Ablenkung unserer Aufmerksamkeit.«
»Aber können wir das Risiko eingehen?«, wollte Samos wissen.
»Vermutlich nicht«, antwortete ich.
Mit einem turianischen Essspieß, wie sie in Samos’ Haus gebräuchlich waren, stach ich in ein Stück Fleisch und schob es an dem einzelnen Zinken nach oben.
Mein Gastgeber nahm ein langes Seidenband aus seinem Gewand, wie es Sklavinnen zum Zusammenbinden ihrer Haare verwenden. Es war mit scheinbar bedeutungslosen Zeichen bedruckt. Samos zeigte auf einen Wachmann. »Bring das Mädchen!«, befahl er.
Man führte nun ein blondes Mädchen in einem kurzen Sklavenkleid herein, das sichtlich aufgebracht war.
Wir saßen in Samos’ großem Saal, wo ich schon sehr oft an Festmahlen teilgenommen hatte. In ihm befand sich ein großes Kartenmosaik, das als Fußboden ausgelegt war.
Die Frau kam mir nicht vor wie eine Sklavin, was mich amüsierte.
»Sie spricht eine Barbarensprache«, begann Samos.
»Warum muss ich diese Kleider tragen?«, fragte sie gereizt auf Englisch.
»Ich verstehe sie«, sagte ich zu Samos.
»Wahrscheinlich ist das kein Zufall«, erwiderte er.
»Nein, wahrscheinlich nicht«, stimmte ich ihm zu.
»Spricht denn niemand von euch Narren Englisch?«, fuhr sie aufgebracht fort.
»Wenn du willst, übernehme ich den Austausch mit ihr«, schlug ich Samos vor. Er nickte.
»Ich spreche Englisch«, ließ ich sie wissen, eben in jener verworrenen, aber durchaus schönen Sprache.
Anscheinend erschreckte sie das zunächst, aber dann brauste sie zornig auf und zog den Saum ihres Kleides hinunter, mit dem man sie bedacht hatte, als wolle sie mehr von ihren Beinen bedecken, die doch eigentlich ganz wunderbar aussahen.
»Ich will nicht so angezogen sein«, klagte sie, »und was hat es hiermit auf sich?« Sie zog an einem einfachen Eisenreif, der ihr um den schlanken, blassen und hübsch anzusehenden Hals geschlagen worden war.
Samos reichte das Haarband einem Wächter und zeigte auf das Mädchen. »Zieh es an!«, befahl er, natürlich auf Goreanisch.
Ich wiederholte die Aufforderung auf Englisch.
»Wann kann ich endlich von hier verschwinden?«, erkundigte sie sich.
Als sie Samos’ Blick sah, nahm sie das Band missmutig entgegen, wickelte es um ihren Kopf und fixierte ihre Haare so am Hinterkopf. Dann wurde sie rot vor Zorn im Wissen darum, dass sie, indem sie sich anmutig an den Kopf fasste, die reizende Wölbung ihrer Brüste anhob, die der dünne Stoff ihres Kleides kaum verhehlte. Zuletzt stand sie mit dem Band im Haar verärgert vor uns.
»So ist sie uns in die Hände gefallen«, erzählte Samos, »bloß dass sie sonderbare, unzivilisierte Kleidung trug.«
Erneut gab er einem Wachmann ein Zeichen, der daraufhin ein Stoffbündel brachte und am Rand der Tischplatte ausbreitete. Ich machte eine Hose aus blauem baumwollartigem Material und ein langärmeliges Flanellhemd aus, aber auch ein weißes leichteres mit kurzen Ärmeln. Wäre mir nicht bewusst gewesen, dass sie ihr gehörten, hätte ich sie für die Kleidung eines Mannes von der Erde gehalten. Sie waren bestimmt dazu gedacht, einen solchen nachzuahmen.
Das Mädchen wollte einen Schritt vortreten, doch zwei Wächter, die sie flankierten, versperrten ihm den Weg, indem sie die Stangen ihrer Lanzen kreuzten.
Außerdem stand auf dem Tisch noch ein Paar Schuhe, unauffällig braun und flach mit dunkleren Schnürsenkeln. Sie waren zwar geschnitten wie solche von Männern, aber zu klein dafür. Ich sah mir die Füße der Frau an; sie waren klein und feminin. Auch Brust und Hüften wiesen sie als Frau aus, und zwar als eine recht niedliche. Sklavengewänder erschweren einem Mädchen den Versuch, sein Geschlecht zu verbergen.
Zu dem Schuhwerk gehörten zwei dunkelblaue kurze Socken.
Wieder wollte sie vortreten, doch dieses Mal hielten die Wächter sie mit den Spitzen ihrer Waffen zurück. Sie drückten sie unterhalb des Nabels in ihren Bauch. Reptuch, das häufig für Sklavenkleidung verwendet wird, ist leicht aufzutrennen. Die Lanzen hatten den Stoff sofort durchbohrt, sodass sie das Metall an ihrem Fleisch spürte. Verängstigt und beunruhigt trat sie zurück. Nachdem sie sich wieder gefasst hatte, richtete sie sich vor uns auf.
»Dieses Kleid ist zu kurz«, rief sie. »Das ist eine Frechheit!«
»Es geziemt einer Frau«, gab ich ihr zu verstehen. »Mehr oder weniger so wie das.« Ich zeigte auf den Büstenhalter und einen knappen Slip aus Seide, die den Rest der Sachen auf dem Tisch ausmachten.
Nun wurde ihr Gesicht noch röter.
»Wenngleich du äußerlich einen Mann nachahmen wolltest«, sagte ich zu ihr, »stelle ich fest, dass du solcherlei direkt auf der Haut trägst.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen«, behauptete sie.
»Hier«, sprach ich weiter, »trägst du ein Kleidungsstück, das für Frauen vorgesehen ist, damit man auch sieht, dass du eine solche bist, und du darfst nichts anderes anziehen.«
»Geben Sie mir sofort meine Sachen zurück!«, verlangte sie.
Samos winkte einem Wächter, der das Bündel Kleider zusammenraffte und auf dem Tisch liegen ließ.
Dann griff er den Faden wieder auf: »Du siehst also, wie sie ausgesehen hat.«
Er bezog sich auf das Haarband. Sie stand betont gerade. Aus irgendeinem Grund ist es Frauen nahezu unmöglich, sich nicht schön zu zeigen, wenn sie Sklavenkleidung tragen und unter Männern stehen.
»Gib mir das Band wieder!«, befahl Samos.
Obwohl er Goreanisch sprach, brauchte ich nicht zu übersetzen, denn er streckte eine Hand dabei aus. Sie hob wieder ihre Arme – nicht, ohne sich weiterhin aufzuregen und erneut Farbe ins Gesicht zu bekommen – und berührte das Band. Nachdem sie es aus ihrem Haar gezogen hatte, gab sie es dem Wächter, der es wieder an Samos weiterreichte. Mir fiel auf, dass die Wachleute die Frau beobachteten. Das brachte mich zum Schmunzeln; sie konnten es anscheinend kaum erwarten, sie in den Pferch zu schaffen. Als unbedarftes Ding von der Erde bemerkte sie das wahrscheinlich nicht einmal.
»Bring mir deine Lanze«, sagte Samos zu einem der Männer. Dieser, der sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte, kam dem Befehl augenblicklich nach.
»Es handelt sich natürlich um eine Scytale«, wusste ich.
»Richtig«, bestätigte Samos, »und die Botschaft wurde in klar verständlichem Goreanisch verfasst.«
Er hatte mir den Inhalt bereits zuvor mitgeteilt und mit mir darüber diskutiert. Ich war jedoch neugierig, die Botschaft um die Stange der Lanze gewickelt zu sehen. Um eine Nachricht zu verfassen, wickelt der Absender ein Pergamentband oder einen Lederstreifen wendelförmig um einen zylindrischen Gegenstand, beispielsweise den Amtsstab eines Gerichtsvollziehers, die Stange einer Lanze, wie in diesem Fall, oder etwas anderes, das zuvor entsprechend präpariert wurde, und schreibt die Botschaft längs des Stabes auf das Band. So verläuft der Text darauf parallel zur Wölbung des Zylinders. Die Botschaft – deutlich aufgeschrieben und leicht zu lesen – steht somit verteilt auf mehreren Abschnitten des Bandes. Wickelt man es ab, verschwindet der Text in einem Durcheinander aus Zeilen, Schnipseln einzelner Wörter und Lettern. Der Inhalt ist nicht mehr erkennbar und bestehen bleibt einzig der Eindruck, das Band sei mit nichts weiter bedruckt als scheinbar mit unzusammenhängenden Buchstaben. Um die Botschaft zu lesen, braucht man den Stoff natürlich nur wieder um einen Rundkörper mit den Maßen des ursprünglichen zu wickeln; dann erscheint sie in einem klaren, lesbaren Schriftbild. Die Notwendigkeit, das Band wieder an einem Zylinder mit dem gleichen Umfang zu befestigen, macht das Verfahren zwar bis zu einem gewissen Grad sicher, aber nicht vollkommen. Immerhin ist es, sobald man ein Tuch, einen Gürtel oder Stofffetzen als Scytale erkennt, nur eine Frage der Zeit, bis man ein passendes Objekt zur Erschließung der Nachricht findet. Genauer gesagt kann man eine Rolle aus Papier oder Pergament verwenden, das Band je nach Bedarf fester oder lockerer herumwickeln und anschließend die Worte entziffern. Die eigentliche Sicherheit des Inhalts hängt, wie so oft, nicht davon ab, wie gut oder schlecht er als solcher versteckt ist, sondern vielmehr von seiner Verschlüsselung in dem Maße, dass er nicht als Botschaft erkennbar ist. Beiläufig betrachtet käme man nie darauf, dass die scheinbar zusammenhanglose Musterung des Bandes eines Mädchens etwas Bedeutsames, ja sogar Schicksalhaftes ausdrückt.
Anhand der Reaktion der Frau ging ich davon aus, sie wisse nun, anders als zuvor, dass ihr Haarschmuck eine Art Nachricht enthielt.
»Steht etwas darauf?«, fragte sie auch tatsächlich.
Ich bejahte.
»Was denn?«, bohrte sie nach.
»Das geht dich nichts an«, stellte ich klar.
»Ich will es aber wissen«, beharrte sie.
»Legst du es auf eine Bestrafung an?«
Da verneinte sie.
»Dann halt den Mund«, sagte ich.
Das tat sie, wenn auch mit geballten Fäusten.
Ich las die Botschaft: »Sei gegrüßt, Tarl Cabot. Ich erwarte dich am Ende der Welt. Zarendargar, Kriegsgeneral des Volkes.«
»Das ist Halbohr«, meinte Samos, »ein Kur hohen Ranges, Heerführer der Kurii.«
»Das Wort ›Zarendargar‹«, entgegnete ich, »ist eine versuchte Annäherung eines kurischen Begriffes ans Goreanische.«
»Richtig«, wusste auch Samos. »Kurii sind schließlich keine Menschen, sondern Tiere. Fast keine ihrer Laute finden Entsprechungen in unseren Alphabeten. Genauso gut könnte man versuchen, die Geräuschäußerungen heimischer Tiere niederzuschreiben. Dazu würden unsere Buchstaben ebenfalls nichts taugen.«
»Bringen Sie mich zurück auf die Erde!«, drängte das Mädchen.
»Ist sie noch Jungfrau?«, fragte ich Samos.
»Ja«, antwortete er. »Sie wurde noch nicht einmal gebrandmarkt.«
»Welches Zeichen wirst du ihr einbrennen?«, wollte ich wissen.
»Das herkömmliche für eine Kajira«, gab er an.
»Wovon sprechen Sie?«, fuhr sie dazwischen. »Geben Sie mir sofort meine Kleider«, erzürnte sie sich.
Abermals bekam sie die Spitzen zweier Lanzen am Unterbauch zu spüren, erneut durchbohrten sie den weitmaschigen Stoff, und wieder trat sie verstört zurück.
Daraus schloss ich, dass sie es gewohnt war, ihren Willen gegenüber Männern durchzusetzen.
Schlägt eine Frau einem Mann von der Erde gegenüber solche Töne an, bemüht er sich im Allgemeinen, ihrem Verlangen nachzukommen, denn dazu wurde er konditioniert. Hier jedoch schienen ihre auf Erden bewährten Methoden nicht zu fruchten, was sie sowohl verwirrte als auch wütend machte und außerdem, wie ich glaube, ein Stück weit ängstigte. Was, wenn Männer ihren Wünschen nicht nachkamen? Sie war kleiner und schwächer, nicht zu vergessen hübsch und begehrenswert. Was würde geschehen, wenn sie erkannte, dass sie selbst statt der Männer tun musste, was verlangt wurde, und zwar auf tadellose Weise? Eine Frau, die auf solche Art und Weise mit einem goreanischen Mann spricht, findet sich umgehend, so sie keine Freie ist, gegeißelt zu seinen Füßen wieder.
Nun war sie abermals die Frau von der Erde, allerdings im Gewand einer Sklavin von Gor.
»Bringt mich zurück auf die Erde«, drängte sie.
»Schafft sie nach unten in den Pferch«, entschied Samos, »und verkauft sie dann.«
»Was hat er gesagt?«, fragte sie aufbrausend.
»Soll sie gebrandmarkt werden?«, erkundigte sich ein Wächter.
»Ja«, antwortete Samos. »Mit dem gängigen Zeichen.«
»Was hat er gesagt?«, wiederholte sie.
Die beiden Wächter zu ihren Seiten hielten jetzt jeweils einen ihrer Arme fest. Zwischen ihnen wirkte sie sehr klein. Ich ahnte, dass sich das gewöhnliche Kajira-Brandmal gut an ihrem Oberschenkel machen würde.
»Linkes Bein«, schlug ich vor.
»Ja, linkes Bein«, trug Samos dem Wächter auf. Ich zog linksseitig gebrandmarkte Mädchen vor. Rechtshändige Herren können sie dort streicheln, während sie sie mit dem linken Arm festhalten.
»Geben Sie mir sofort meine Kleider zurück!«, schrie sie.
Samos warf einen Blick auf das Stoffbündel. »Verbrennt es«, sprach er.
Entsetzt schaute die Frau dabei zu, wie einer der Wachleute ihre Kleidung nahm und Stück für Stück in eine breite Kupferschale warf, in der Kohlen brannten. »Nein!«, schluchzte sie. »Nein!«
Daraufhin packten die beiden anderen ihre Arme fest und schickten sich an, sie in den Pferch zu führen.
Mit Grauen starrte sie auf die verbrannten Stoffreste, die Asche ihrer Kleider.
Jetzt trug sie nur noch, was ihr von goreanischen Männern gegeben worden war: ein dürftiges Sklavengewand und einen Reif, den man mit einem Hammer an ihrem Hals verschlossen hatte.
Sie warf ihren Kopf herum, wobei sich das Eisen bewegte; zum ersten Mal schien sie sich seiner wirklich bewusst zu sein.
Entsetzt schaute sie mich an. Die Wachen hielten sie an den Oberarmen fest und packten kräftig zu.
»Was haben sie vor?«, rief die Frau.
»Sie bringen dich in den Pferch«, entgegnete ich.
»Den Pferch?« Sie wusste nicht, was das bedeutete.
»Dort wirst du ausgezogen und gebrandmarkt«, erklärte ich ihr.
»Gebrandmarkt?« Sie verstand mich wohl nicht richtig; das fiel ihr mit dem geistigen Horizont einer Erdenbewohnerin anscheinend schwer. Die Gegebenheiten auf Gor waren ihr noch unbekannt, doch sie sollte schnell lernen. Man würde ihr keine andere Wahl lassen.
»Wird sie in roter Seide verkauft?«, fragte ich Samos.
Er betrachtete das Mädchen. »Ja«, antwortete er und die Wächter grinsten. Folglich würde sie sich als Frau verstehen, wenn sie den Auktionsblock bestieg.
»Ich dachte, Sie hätten gesagt, dass man mich auszieht und dann brandmarkt«, meinte sie lachend.
»Richtig«, bestätigte ich. »Genau das habe ich gesagt.«
»Nein!«, schrie sie wieder. »Nein!«
»Dann«, fuhr ich fort, »wird man dich zwingen, Vergnügen zu schenken und dich auf deine Weiblichkeit stoßen. Wenn du sie vollkommen begriffen hast, kommst du in einen Käfig. Später werden sie dich dann verkaufen.«
»Nein!«, jammerte sie. »Nein!«
»Bringt sie fort!«, befahl Samos.
Die beiden Männer packten die Arme der Schönheit nun sogar noch fester; ebenso gut hätte sie mit Stahl umwickelt sein können. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich führen zu lassen.
»Wartet, wartet!«, rief sie. Sie wehrte sich und wand sich in den Händen der Wachleute, wobei ihre Füße auf den Bodenplatten rutschten. Samos gab seinen Männern zu verstehen, sie sollten kurz stehen bleiben. Sie sah erst mich an und dann ihn, jeweils mit einem wilden Blick. »Wo bin ich hier?«, presste sie hervor.
»Auf Gor«, ließ ich sie wissen.
»Nein!«, bestritt sie meine Worte. »Diesen Ort gibt es nur in Erzählungen!«
Ich lächelte.
»Nein!« Sie drehte sich um und schaute auf die starken Männer, die sie festhielten. Dann warf sie ihren Kopf zurück und stöhnte, weil sie den Reif um ihren Hals spürte. »Nein, nein!«, rief sie, »ich will keine Frau auf Gor sein! Alles, nur keine Frau auf Gor!«
Ich zuckte mit meinen Achseln.
»Sie machen doch Witze«, unterstellte sie mir mit erbitterter Stimme.
»Nein«, beteuerte ich.
»Welche Sprache spricht man hier?«, fragte sie.
Wieder lächelte ich.
Da antwortete sie sich selbst: »Goreanisch.«
»Genau«, sagte ich.
»Und ich muss es schnell lernen?«
»Ja«, erwiderte ich. »Du musst es schnell lernen oder du wirst getötet. Goreanische Männer haben nur einen kurzen Geduldsfaden.«
»Goreanisch«, wiederholte sie.
»Es ist die Sprache deiner Herren«, erklärte ich.
»Meiner Herren?«, fragte sie.
»Ja«, bestätigte ich. »Dir ist doch wohl klar, dass du eine Sklavin bist, oder?«
Sie verlor wieder die Fassung, »Nein! Nein, nein, nein, nein!«
»Bringt sie fort«, sagte Samos erneut.
Man schleifte das Mädchen, während es zeterte und schluchzte, aus unseren Augen und zum Pferch.
In diesem Moment wirkte sie sehr feminin. Sie gab nicht mehr vor, ein Mann zu sein, sondern war schlicht das, was sie war – eine Sklavin, die in einen Pferch gebracht wurde.
Samos begann, in Gedanken vertieft, das lange Band aufzuwickeln, das von der Frau getragen worden war und an der Stange der Lanze als Scytale fungiert hatte.
Wir hörten sie vom Gang her vor Schmerz schreien, und dann war es plötzlich still. Die Wachen, die ihre Art leid waren, hatten sie ganz einfach mit Ohrfeigen zum Schweigen gebracht. Bisweilen lässt man Sklavinnen Geschrei durchgehen, meistens aber nicht; das hängt ganz von der Laune des jeweiligen Mannes ab. Werden sie gebrandmarkt, dürfen sie normalerweise laut werden, zumindest eine gewisse Zeit lang. Dabei würden wir sie jedoch nicht schreien hören, denn wenn es so weit war, würde sie sich tief unten und weit weg im Pferch befinden.
Ich schlug sie mir aus dem Kopf, weil sie eine Sklavin war. Ihr Werdegang als freie Frau hatte ein Ende gefunden, ihr Leben als geknechtete Schönheit dagegen begonnen.
Nachdem Samos die Nachricht von der Stange der Lanze gewickelt hatte, überließ er diese dem Wächter, dem sie gehörte, und schaute auf den Tisch beziehungsweise den Stoff, der jetzt aussah wie ein bloßes Band mit Zeichen darauf, die nichts bedeuteten.
»Sei gegrüßt, Tarl Cabot«, sagte ich in Erinnerung an die Nachricht. »Ich erwarte dich am Ende der Welt. Zarendargar, Kriegsgeneral des Volkes.«
»Arrogante Tiere«, schimpfte Samos.
Ich zog meine Schultern hoch.
»Wir hatten keinen Hinweis«, fuhr er fort, »und jetzt das.« Verärgert hob er das Band hoch. »Die Botschaft ist eindeutig.«
»Das stimmt wohl, ja«, erwiderte ich.
Wir wussten zwar nicht, wo das Ende der Welt sein sollte, doch feststand, dass wir es suchen mussten. Angeblich lag es hinter Cos und Tyros, am Ende der Thassa, dem Rand von Gor. Niemand war je bis zum Ende der Welt gesegelt und wieder von dort zurückgekehrt. Was dort geschehen würde, blieb ungewiss. Mancher munkelte, die Thassa erstrecke sich immer weiter und es gebe kein Ende der Welt – nur das grüne Wasser, das sich bis in die Ewigkeit ausbreitete, funkelnd und verlockend, auf dass der Seefahrer und Abenteurer seine Fahrt fortsetze, bevor einer nach dem anderen den Tod fand und ihre Schiffe verwaist mit angeleinten Steuerrudern weiterfuhren, bis der größte Teil verrottet war und das Holz – das verlässliche Holz, warm in der Sonne – eines Tages, vielleicht Jahrhunderte später, im Meer versank.
»Das Schiff ist bereit«, sagte Samos und schaute mich an.
Andere erzählten Geschichten, die jenen auf der Erde ähnelten und zweifelsohne auch von dort stammten: Das Weltende werde von aufeinandertreffenden Felsen und Ungeheuern umgrenzt – von Bergen, die Nägel aus Rümpfen ziehen können.
Weitere Stimmen wiederum beschrieben das Ende der Welt als durchlässig, weshalb ein Schiff dort einfach über den Rand stürzen könne und dann tagelang ins Leere falle, bis Sturmwinde es schließlich auseinanderrissen, und das Wrack hinauf an den Meeresboden geschwemmt würde. In den Wasserwirbeln südlich und westlich von Tyros fand man mitunter zerbrochene Planken. Es hieß, sie stammten zum Teil von Schiffen, deren Besatzung das Ende der Welt gesucht hätte.
»Das Schiff ist bereit«, wiederholte Samos und schaute mich weiter an.
Man hatte es reisefertig gemacht, um zum Ende der Welt zu segeln. Tersites war sein Erbauer, ein halb blinder und wahnsinniger Schiffszimmermann, der auf Gor schon seit Langem verachtet wurde. Samos hielt ihn für ein Genie, wohingegen ich ihn als Geistesgestörten erachtete; ob er dennoch tatsächlich auch ein Genie war, konnte ich nicht sagen. Es handelte sich auf jeden Fall um ein ungewöhnliches Schiff, einen Rahsegler mit tiefem Kiel, was nicht der Mehrheit der goreanischen Wasserfahrzeuge entsprach. Obwohl es ein Rammschiff war, verfügte es über einen Fockmast. Außerdem besaß es mächtige Ruder, die von mehreren Personen bedient werden mussten, statt dass nur jeweils ein Mann sie besetzt hätte. Anstelle zweier Seitenruder oder Blätter hatte es ein einzelnes, das am Achtersteven angebunden war. Seine Ramme hing hoch über dem Wasser, traf den Gegner also nicht unter der Oberfläche, sondern darüber. Im Arsenal von Port Kar war es zum Gespött geworden, doch Tersites schenkte seinen Kritikern keine Beachtung. Er hatte gewissenhaft gearbeitet, dabei wenig gegessen und neben dem Schiff geschlafen, um jede Kleinigkeit an der aufwendigen Konstruktion überprüfen zu können. Ein tiefer Kiel galt gemeinhin als Garant für ein langsames Schiff und angeblich dauere es im Falle eines Seegefechtes zu lange, die zwei Masten zu legen, ganz zu schweigen von den gewaltigen Rudern, die zu umständlich zu handhaben seien, weil kein Einzelner sie bemannen und nicht jeder beim Schlagen sitzen könne, zumal sich einige, wenn mehr Ruderer für eine Stange erforderlich waren, vor ihrer Arbeit drücken könnten. Warum dann ein Ruder und nicht zwei? Mit Lateinersegeln konnte man dichter am Wind fahren, und was brachte eine Ramme, wenn man sie so hoch ansetzte?
Ich war kein Konstrukteur, sondern Kapitän. Mir kam das Gewicht zu hoch vor, um das Schiff leicht manövrieren zu können, weshalb es schwerfällig und langsam sein musste, also eher zum Frachter taugte, der in einem Konvoi verteidigt wurde, als dass man sich darauf hätte verlassen können, dass er schmalen Booten mit Lateinern gewachsen sei und ihnen ausweichen oder trotzen könnte – den Wölfen der schimmernden Thassa, die nach Ladungen von Taugenichtsen und Schwachen lechzten.
Für eine Reise bis ans Ende der Welt hätte ich die Dorna oder die Tesephone als Galeere vorgezogen, da ich deren Eigenheiten und Vorzüge hinlänglich kannte.
Dennoch war Tersites’ Schiff stark. Es ragte hoch und imposant auf, wirkte mächtig mit seinen Plankengängen und stolz aufgrund seines hervorstechenden Bugs, der in den Meereskanal zeigte. Stand ich neben dem Schiff und schaute zu dem hohen Bug auf, der so weit über mir war, konnte ich mir mitunter vorstellen, ein solches Schiff sei zu jener gefährlichen oder vielleicht sogar unmöglichen Fahrt ans vermeintliche Ende der Welt imstande. Tersites hatte entschieden, es so zu bauen, dass sein Bug nach Westen ausgerichtet war; so zeigte er nicht nur in den Kanal, sondern auch auf eine Stelle zwischen Cos und Tyros – zum Ende der Welt eben.
»Die Augen wurden bisher noch nicht aufgemalt«, sagte ich. »Es lebt noch nicht.«
»Dann male sie selbst auf«, legte mir Samos nahe.