Die Chroniken von Gor 3: Die Priesterkönige - John Norman - E-Book
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Die Chroniken von Gor 3: Die Priesterkönige E-Book

John Norman

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Beschreibung

Tarl Cabot, der furchtlose Krieger der Gegenerde, ist zurück! Seine Reise führt ihn diesmal in das Sardargebirge, um das Geheimnis der mysteriösen Priesterkönige zu lösen. In ihm brennt der Schrei nach Rache, die Verpflichtung, sein verschwundenes Volk zu rächen, vor allem aber seine geliebte Gefährtin Talena wiederzufinden. Wird ihm sein Vorhaben gelingen oder wird sich das Schicksal erneut gegen ihn wenden?

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John Norman

Der Geächtete

Eine Veröffentlichung des Atlantis-Verlages, Stolberg Januar 2024 Titel der amerikanischen Originalausgabe PRIEST-KINGS OF GOR © by John Norman Published in agreement with the author, c/o BAROR INTERNATIONAL INC., ARMONK, NEW YORK, USA Deutsche Übersetzung: © 2024 Atlantis Verlag Alle Rechte vorbehalten. Titelbild: Timo Kümmel E-Book: André Piotrowski ISBN der E-Book-Ausgabe (EPUB): 978-3-86402-922-6 Besuchen Sie uns im Internet:www.atlantis-verlag.de

Vorwort

Liebe Freunde,

das erste Gor-Buch Tarnsman of Gor wurde im Dezember 1966 veröffentlicht. Seit dieser Zeit waren immer ein oder mehrere Bücher der Serie im Handel erhältlich, und das trotz Zensuren, politischem Widerstand, Ausschluss von Kongressen, falschen Anschuldigungen und Beschimpfungen. Dies scheint wohl eine bemerkenswerte Leistung zu sein, wenn man bedenkt, dass diese arrivierten Kräfte alles daransetzten, um meine Karriere als Schriftsteller zu beenden und ein abschreckendes Zeichen in Richtung der anderen Autoren geben zu wollen. Wenn John Norman, der Millionen von Büchern verkauft hat, wirklich gestoppt werden kann von einer kleinen, unbeugsamen, politischen Lobby aus verunsicherten Redakteuren, die primär aus den Vereinigten Staaten kommt und die verzweifelt versucht, den Markt zu kontrollieren, und nur darauf bedacht ist, ihren eigenen beschränkten Standpunkt zu fördern und dieses wundervolle Literaturgenre in nichts weiter als ein manipuliertes Propagandainstrument zu verwandeln, dann sind alle anderen Autoren gut beraten – wenn sie veröffentlichen möchten –, aufzupassen und nur das zu schreiben, was den aktuellen politischen Anforderungen entspricht. Veröffentliche, um die politischen Experten zufriedenzustellen, oder geh unter! Die Autoren müssen sich den Regeln der sogenannten »politischen Korrektheit« fügen und mit der alltäglichen Propaganda hausieren gehen. Andernfalls werden sie keinen Verlag finden.

Mit dem Science-Fiction-Genre ist es heute wie mit einer Stadt, in der es nur ein einziges Restaurant gibt und nur ein einziges Gericht auf der Speisekarte steht. Das ist natürlich erfreulich für jene unkritischen, naiven, hoch konditionierten Einfaltspinsel, die nur geführt und gelenkt werden möchten, aber es ist Gift für die Freiheit. Es untergräbt den Dialog und die Abwechslung, es bedroht, reduziert, schwächt, bagatellisiert und zerstört letztendlich eine Form der Literatur, welche eigentlich, von einem idealistischen Standpunkt aus gesehen, den Geist und die Imagination bereichern, stimulieren und herausfordern sollte. Ich würde lieber ruhig sein, als zu lügen. Ich würde mich lieber zurückziehen, als beherrscht zu werden. Ich selbst bin zu klein, zu isoliert und zu machtlos, um gegen dieses Machtgefüge vorzugehen, zu viel allein, um zu kämpfen, aber wenigstens muss ich mich nicht unterwerfen und das werde ich auch nicht tun.

Vielleicht ist es hilfreich, ein paar Bemerkungen über die Gor-Bücher zu schreiben, da einige Neuleser mit dem oben stehenden Text nichts anfangen können. Die Gor-Bücher sind andersartig, sie sind wie frische Furchen auf dem Feld, sie sind wie leuchtende Pfade, die in neue Länder führen. Das allein ist zweifellos alarmierend, besonders für diejenigen Menschen, die ein Literaturgenre ausdrücklich in Routine, trägen Jugendlichen oder seit Neuestem in erprobten politischen Abhandlungen sehen. Die Gor-Bücher sind nicht nur wie Besucher aus einem fremden Land, sie sind auch philosophische, intellektuelle und psychologische Bücher. Sie beinhalten nicht nur Action und Handlung, sondern auch Gedanken und Ideen. Dies scheint einige Menschen zu beunruhigen, und zwar jene, denen es Schwierigkeiten und Schmerzen bereitet, den Verstand einzuschalten. Hinzu kommt, dass die Gor-Bücher für Erwachsene beiderlei Geschlechts mit einem ausgeprägten Sexualtrieb geschrieben wurden. Die Romane erzählen nicht nur heroische und exotische Geschichten, sondern auch sinnliche romantische Begebenheiten. Sie beziehen ihren Anreiz teilweise aus der Tatsache, dass die Geschichten die biologische Wahrheit der menschlichen Natur widerspiegeln, nämlich, dass Frauen nicht wirklich wie Männer sind, sondern etwas vollkommen anderes und sehr Wunderbares. Weiterhin wird die menschliche Natur in ihrer ganzen Komplexität und Vielschichtigkeit ernsthaft dargestellt. Es wird die Realität von Dominanz und Unterwerfung gezeigt, wie Männer und Frauen wirklich sind und wie sie sich in einem natürlichen Umfeld verhalten würden. In der Welt von Gor gibt es Entfaltung und Bedrohung, Aristokratie und Barbarei, Gefahr und Ehre. Dort zelebrieren wir das Leben, wie es gelebt werden könnte und gelebt werden sollte: mutig und ausgiebig, wild und offen, ehrlich und rechtschaffen. Die goreanische Kultur ist eine Kultur, die mit der Natur vereinbar und nicht unethisch ist. In ihr wird die Natur nicht ignoriert oder abgelehnt, sondern akzeptiert und gefeiert. In den goreanischen Büchern wird eine außerirdische Kultur von innen gesehen, so wie ihre Teilnehmer es sehen. Das macht die goreanische Kultur einzigartig. Sie wird nicht von einem außenstehenden zuschauenden Autor, der damit beschäftigt ist, zu beruhigen, zu trösten und einen Leser einzulullen, kritisiert, einem Autor, dessen Hauptanliegen es ist, die wohlgefälligen Erwartungen eines Lesers zu bekräftigen, oder der sich selbst verkauft an die strengen Auflagen eines Herausgebers und Verlegers oder beides. Die goreanische Kultur ist vielmehr geschaffen, um verstanden zu werden als etwas Mögliches, als etwas, über das ein intelligenter Mensch sich wundern könnte.

Es ist deshalb meine Hoffnung, dass ihr, meine lieben Freunde, an eurer Reise nach Gor Gefallen finden werdet!

Willkommen auf Gor!

John Norman

1 Der En’Kara-Markt

Ich, Tarl Cabot, einst von der Erde stammend, bin jemand, der den Priesterkönigen von Gor bekannt ist.

Es geschah recht spät im Monat des En’Kara im Jahr 10117 seit der Gründung der Stadt Ar, dass ich die Halle der Priesterkönige im Sardargebirge auf dem Planeten Gor, unserer Gegenerde, betrat.

Ich war vier Tage zuvor auf dem Rücken eines Tarns an der schwarzen Palisade eingetroffen, die das gefürchtete Sardargebirge umschließt, diese von Eis gekrönten dunklen Berge, den Priesterkönigen geweiht und verboten für Menschen, Sterbliche, überhaupt alle Wesen aus Fleisch und Blut.

Der Tarn, mein gigantisches, falkenähnliches Reittier, war abgesattelt und freigelassen worden, denn er konnte mich nicht in das Sardargebirge begleiten. Einst hatte er versucht, mich über die Palisade ins Gebirge zu tragen, aber niemals wieder würde ich einen solchen Flugversuch unternehmen. Ich hatte mich in den Schilden der Priesterkönige verfangen, unsichtbar, nicht zu durchdringen, zweifellos eine Art Feld, das so auf den Vogel eingewirkt und vielleicht die Funktion des Innenohres beeinträchtigt hatte, dass das Tier die Kontrolle über sich verloren und desorientiert und verwirrt auf den Boden darunter abgestürzt war. Soweit mir bekannt war, durfte keines der Tiere von Gor ins Sardargebirge eindringen. Nur Menschen konnten hinein, doch sie kehrten nicht mehr zurück.

Ich bedauerte es, den Tarn freigelassen zu haben, denn er war ein hervorragender Vogel gewesen: kraftvoll, intelligent, wild, mutig, treu. Seltsamerweise hatte ich den Eindruck, dass er sich um mich sorgte, zumindest sorgte ich mich um ihn. Nur mit harten Worten konnte ich ihn forttreiben, und als er verwirrt, vielleicht sogar verletzt in der Ferne verschwand, weinte ich.

Es war nicht weit zum En’Kara-Markt, einem der vier großen Märkte, die während eines goreanischen Jahres im Schatten des Sardargebirges abgehalten werden, und schon bald ging ich langsam die lange Hauptstraße zwischen den Zelten, den Buden und Ständen, den Pavillons und den Bretterzäunen hinunter, hin zu den hohen, messingbeschlagenen Balkentoren, aus schwarzen Stämmen gebaut, hinter denen das Sardar liegt, das Heiligtum der Götter dieser Welt, die den Menschen unterhalb der Berge – den Sterblichen – nur als Priesterkönige bekannt sind.

Ich würde kurz auf dem Markt verweilen, denn ich musste Verpflegung für die Reise ins Sardar kaufen und wollte außerdem einem Mitglied der Schreiberkaste ein ledergebundenes Päckchen anvertrauen. Dieses Päckchen enthielt einen Bericht darüber, was in den vergangenen Monaten in der Stadt Tharna geschehen war, eine kleine Historie der Ereignisse, die ich für aufzeichnungswert hielt.*

Ich wünschte mir, dass ich mehr Zeit haben würde, den Markt zu besuchen. Bei einer anderen Gelegenheit und zu einer anderen Zeit hätte ich eifrig versucht, die Waren zu prüfen, in den Tavernen zu trinken, mit den Händlern zu reden und an den Wettkämpfen teilzunehmen, denn diese Märkte bieten den vielen konkurrierenden, feindlichen goreanischen Städten einen Freiraum und den Bürgern der verschiedenen Städte damit die einzige Gelegenheit, einander friedlich zu begegnen.

Es ist deshalb kaum verwunderlich, dass die goreanischen Städte die Märkte unterstützen und sie willkommen heißen. Manchmal stellen sie eine gemeinsame Basis zur Verfügung, auf der territoriale oder kommerzielle Streitigkeiten freundlich, ohne Ehrverlust, unter Abgesandten sich bekriegender Städte, die sich wohl nur zufällig zwischen den seidenen Pavillons getroffen haben, gelöst werden können.

Außerdem nutzen die Ärzte und Baumeister diese Plätze zur Verbreitung von Informationen und Techniken unter Kastenbrüdern, so wie es ihre Kodizes festlegen, obwohl ihre jeweiligen Städte verfeindet sein könnten. Und wie man erwarten mag, versammeln sich hier die Angehörigen der Kaste der Schreiber, um sich auseinanderzusetzen und Schriften zu prüfen oder zu handeln.

Mein kleiner Freund, Torm von Ko-ro-ba, aus der Kaste der Schreiber, war in seinem Leben schon viermal auf dem Markt gewesen. Er teilte mir mit, dass er in dieser Zeit siebenhundertacht Schreiber aus siebenundfünfzig Städten widerlegt hatte, aber ich verbürge mich nicht für die Präzision dieses Berichtes, da ich manchmal den Verdacht habe, dass Torm wie die meisten Angehörigen seiner Kaste dazu neigt, bei der Aufzählung seiner zahlreichen Siege etwas zu optimistisch zu sein, wie die Angehörigen meiner Kaste auch. Außerdem waren mir die Grundlagen, nach denen die Streitigkeiten der Schreiber beurteilt werden sollen, nie wirklich klar und es ist nicht allzu selten, dass beide Vertreter die Arena verlassen, jeder völlig davon überzeugt, dass er den Wettbewerb für sich entschieden habe. Bei Streitigkeiten unter Vertretern meiner eigenen Kaste, die der Krieger, ist es leichter festzustellen, wer diesen Tag für sich entschieden hat, denn der Unterlegene liegt oft verwundet oder erschlagen zu Füßen des Siegers.

Andererseits ist das Blut, das in den Wettkämpfen der Schreiber vergossen wird, unsichtbar, und die tapferen Gegner trennen sich in gutem Zustand, während sie über ihre Feinde schimpfen und ihre Kräfte für die Wettkämpfe des nächsten Tages neu sammeln. Ich werfe das den Wettkämpfen der Schreiber nicht vor, sondern ich empfehle solches eher den Mitgliedern meiner Kaste.

Ich vermisste Torm und fragte mich, ob ich ihn je wiedersehen würde, beschäftigt damit, die Autoren verstaubter Schriftrollen vernichtend zu kritisieren, das Tintenfass mit einem majestätischen Schwenk des Ärmels seiner blauen Robe vom Tisch stoßend, mit vogelartiger Wut auf den Tisch springend, um den einen oder anderen Schreiber darob zu schmähen, dass er eine Idee wiederentdeckt hatte, die bereits in einem jahrhundertealten Manuskript stand, das zwar Torm bekannt war, nicht aber dem glücklosen Schreiber, um den es hier ging. Und er würde seine Nase an seiner Robe putzen, zitternd, dann wieder herunterspringen, damit er seine Füße über das stets gegenwärtige, überladene Holzkohlenbecken halten konnte, das unverändert unter seinem Tisch brannte, zwischen dem Müll von Essensresten und Pergamenten, egal welche Außentemperatur auch herrschen mochte.

Ich nahm an, dass Torm überall sein könnte, denn die Menschen aus Ko-ro-ba waren durch die Priesterkönige auf der ganzen Welt verstreut. Ich würde auf dem Markt weder nach ihm suchen noch würde ich mich ihm zeigen, wenn er dort wäre, denn nach dem Willen der Priesterkönige sollten keine zwei Menschen aus Ko-ro-ba wieder zusammenkommen und ich hatte nicht die Absicht, den kleinen Schreiber zu gefährden. Gor wäre ärmer, wenn es da nicht seine wilden Exzentrizitäten gäbe. Die Gegenerde wäre nicht dieselbe ohne den streitlustigen, ärgerlichen, kleinen Torm. Ich lächelte in mich hinein; ich wusste, wenn ich ihn treffen sollte, würde er sich auf mich stürzen und hartnäckig darauf bestehen, in das Sardargebirge mitgenommen zu werden, im vollen Wissen, dass es seinen Tod bedeuten würde. Und ich müsste ihn in seine blauen Roben einwickeln, ihn in eine Regentonne stecken und die Flucht ergreifen. Vielleicht wäre es auch sicherer, ihn in einen Brunnen zu werfen. Torm war in seinem Leben in mehr als einen Brunnen gestolpert und niemand, der ihn kannte, würde es merkwürdig finden, ihn spuckend am Boden eines solchen anzutreffen.

Übrigens werden die Märkte durch die Handelsgesetze geregelt und über Standmieten und Steuern finanziert, die auf die ausgetauschten Artikel erhoben werden. Die gewerblichen Einrichtungen dieser Märkte – vom Geldwechsel bis hin zum allgemeinen Bankwesen – sind die besten, von denen ich auf Gor weiß, abgesehen von denen in Ars Straße der Münzen. Kreditbriefe werden akzeptiert und Darlehen ausgehandelt, allerdings oft zu Wucherpreisen, was den Eindruck rücksichtsloser Gleichgültigkeit erwecken mag. Aber vielleicht ist das gar nicht so verwirrend, denn die goreanischen Städte werden, wenn es angebracht ist, die Handelsgesetze auch innerhalb der Stadtmauern selbst gegen ihre eigenen Bürger durchsetzen. Wenn sie das nicht tun würden, würden die Märkte für die Bürger dieser Stadt geschlossen werden.

Die von mir erwähnten Wettbewerbe, die auf den Märkten stattfinden, sind, wie man erwarten kann, friedlich. Oder sollte ich besser sagen, sie werden zumindest nicht mit Waffen ausgetragen. Es wird sogar als Verbrechen gegen die Priesterkönige angesehen, seine Waffen während des Marktes mit Blut zu beflecken. Ich möchte hier anmerken, dass die Priesterkönige ein Blutvergießen an anderen Orten toleranter sehen.

Wettkämpfe mit Waffen, die bis zum Tod ausgekämpft werden, sind nicht unbekannt auf Gor, auch wenn sie nicht auf den Märkten stattfinden dürfen. Wettkämpfe dieser Art, bei denen oft Verbrecher oder verarmte Glücksritter beteiligt sind, bieten als Preise Amnestie oder Gold. Sie werden meist von reichen Männern finanziert, die bei der Bevölkerung ihrer Stadt beliebt werden wollen. Manchmal handelt es sich bei diesen Männern um Händler, die auf diesem Weg Wohlwollen für ihre Waren fördern möchten; manchmal sind es Rechtsanwälte, die auf diese Weise hoffen, das Abstimmverhalten der Jury zu beeinflussen; manchmal sind es auch Ubars oder Hohe Eingeweihte, die es für ihren Vorteil halten, das Volk vergnügt zu wissen. Solche Wettkämpfe, bei denen Menschen starben, waren zum Beispiel früher in Ar sehr populär, wo sie von der Kaste der Eingeweihten finanziert wurden, die sich selbst für Mittelsmänner zwischen Priesterkönigen und Menschen hielten, obwohl ich allerdings vermute, dass die meisten genauso wenig über die Priesterkönige wussten wie andere Menschen. Es sollte erwähnt werden, dass diese Wettkämpfe in Ar verboten wurden, als Kazrak von Port Kar Administrator dieser Stadt wurde. Es war keine Tat, die bei der mächtigen Kaste der Eingeweihten Zustimmung fand.

Es freut mich jedoch, sagen zu können, dass die Wettkämpfe auf den Märkten nichts Gefährlicheres mehr anbieten als Ringen, wobei tödliche Griffe nicht erlaubt sind. Bei fast allen Wettkämpfen geht es um Wettrennen, Kräftemessen und die Geschicklichkeit mit Bogen und Speer. In anderen Wettbewerben treten Chöre, Dichter und Spieler unterschiedlicher Städte auf den verschiedenen Bühnen gegeneinander an. Ich hatte früher einen Freund, Andreas von der Wüstenstadt Tor, aus der Kaste der Dichter, der auf dem Markt gesungen und dort eine mit Gold gefüllte Mütze gewonnen hatte. Vermutlich ist es kaum nötig hinzuzufügen, dass die Straßen des Marktes von Jongleuren, Puppenspielern, Musikern und Akrobaten wimmelten, die außerhalb der Bühnen auf ihre uralte Art um kupferne Tarnscheiben aus der brodelnden, turbulenten Menge konkurrierten.

Die Waren, die auf dem Markt verkauft werden, sind vielfältig. Ich ging an Weinen, Stoffen, ungesponnener Wolle, Seide und Brokat vorbei, sah Kupferzeug und glasierte Keramik, Teppiche und Wandbehänge, Bauholz, Felle, Häute, Salz, Waffen und Pfeile, Sättel und Geschirre, Ringe, Armbänder und Halsketten, Gürtel und Sandalen, Lampen und Öle, Arzneien, Fleisch und Getreide, aber auch Tiere wie die wilden Tarne, Gors geflügelte Reittiere, und Tharlarions, ihre domestizierten Echsen, und lange Ketten elender Sklaven – männliche wie weibliche.

Auch wenn niemand während der Marktzeit versklavt werden darf, können Sklaven in ihrem Bereich gekauft und verkauft werden; das Geschäft der Sklavenhändler blüht dort und wird vielleicht nur von der Straße der Brände in Ar übertroffen. Der Grund dafür liegt nicht nur darin, dass hier ein hervorragender Handelsplatz für derartige Waren ist, weil Männer aus verschiedenen Städten freizügig auf dem Gelände hin- und herlaufen, sondern dass von jedem Goreaner – egal ob männlich oder weiblich – erwartet wird, zumindest einmal im Leben zu Ehren der Priesterkönige das Sardargebirge aufzusuchen. Folglich erbeuten die Piraten und Gesetzlosen, welche die Handelsrouten heimsuchen, um den Karawanen auf dem Weg zum Markt aufzulauern und sie zu überfallen, oft mehr als nur leblose Metalle und Kleidung als Lohn ihrer grausamen Arbeit, wenn sie erfolgreich sind.

Diese Pilgerfahrt zum Sardargebirge, die nach der Aussage der Eingeweihten die Priesterkönige erfreut, spielt zweifellos eine Rolle bei der Verteilung von Schönheiten unter den feindlichen Städten von Gor. Während die Männer, die eine Karawane begleiten, bei deren Verteidigung oft getötet oder vertrieben werden, wartet auf die Frauen der Karawanen meist ein anderes Schicksal, glücklicherweise – oder auch nicht. Ihr trauriges Los besteht darin, dass sie ihrer Kleidung beraubt werden, dass man ihnen Halsreife und Sklavenketten anlegt und sie zwingt, den Wagen zu Fuß zum Markt zu folgen. Wenn aber die Tharlarions der Karawane getötet oder vertrieben werden, müssen sie die entsprechenden Güter auf ihrem Rücken tragen. So besteht ein nützlicher Effekt des Ediktes der Priesterkönige darin, dass jedes goreanische Mädchen wenigstens einmal im Leben die Stadtmauern verlassen und das erhebliche Risiko eingehen muss, eine Sklavin zu werden, möglicherweise die Beute eines Piraten oder Gesetzlosen.

Die Reisegruppen, die von den Städten ausgesandt werden, sind natürlich sehr gut bewacht, doch Piraten und Gesetzlose können sich in großer Zahl zusammenrotten und manchmal, was noch gefährlicher ist, plündern Krieger der einen Stadt die Karawanen einer anderen. Dies ist übrigens einer der häufigeren Gründe für Kriege zwischen diesen Städten. Die Tatsache, dass die Krieger einer Stadt bei solchen Angriffen manchmal die Abzeichen von Städten tragen, die ihnen feindlich gesinnt sind, trägt zusätzlich zu den Verdächtigungen und den für alle Seiten vernichtenden Hader zwischen den goreanischen Städten bei.

Diese Gedankenkette in meinem Geist wurde angeregt beim Anblick einiger Männer aus Port Kar, einer wilden Küstenstadt am Tambergolf, die eine Kette von zwanzig widerspenstigen, frisch gebrannten Mädchen vorstellten, von denen viele sehr schön waren. Sie stammten von der Inselstadt Cos und waren zweifellos auf See in Gefangenschaft geraten, während ihr Schiff verbrannt und versenkt worden war. Ihre auffallende Attraktivität wurde den Augen abschätzender Kunden, die an ihnen entlangschlenderten, vollständig enthüllt. Die Mädchen waren Hals an Hals zusammengekettet, ihre Handgelenke waren hinter dem Rücken mit Sklavenarmbändern zusammengeschlossen und sie knieten in der üblichen Position von Vergnügungssklavinnen. Wenn ein potenzieller Käufer vor einer von ihnen anhalten würde, stieße sie einer der bärtigen Schurken mit einer Sklavenpeitsche an und sie würde den Kopf heben und starr den rituellen Satz der besichtigten Sklavin wiederholen: »Kauf mich, Herr.« Sie hatten geglaubt, als freie Frauen zum Sardargebirge zu kommen, um ihre Verpflichtung gegenüber den Priesterkönigen zu erfüllen, doch als Sklavinnen würden sie wieder abreisen. Ich wandte mich ab.

Meine Angelegenheit betraf die Priesterkönige von Gor.

Ich war zum Sardargebirge gekommen, um die fantastischen Priesterkönige zu treffen, deren unvergleichliche Macht auf so komplexe Weise die Schicksale der Städte und der Menschen auf der Gegenerde beeinflusst.

Man sagt, dass die Priesterkönige wissen, was auch immer auf ihrer Welt geschieht, und dass sie allein mit einer Handbewegung alle Macht des Universums zusammenfassen können. Ich selbst hatte die Macht der Priesterkönige mitansehen können und wusste, dass so etwas existierte; ich selbst war in einem Schiff der Priesterkönige gereist, das mich zweimal auf diese Welt gebracht hatte. Ich hatte gesehen, wie ihre Macht so subtil angewandt wurde, dass sie die Bewegungen einer Kompassnadel beeinflusste, und so brutal ausgeübt wurde, dass sie eine Stadt zerstörte, ohne auch nur die Steine zurückzulassen, die einst die Wohnungen von Menschen gebildet hatten.

Man sagt, dass weder die physikalischen Gesetze des Kosmos noch die Gefühle menschlicher Wesen jenseits ihrer Möglichkeiten liegen, dass die Gefühle von Menschen, ebenso die Bewegungen von Atomen und Sternen eins für sie sind, und dass sie die Kräfte der Gravitation kontrollieren, wie sie unsichtbar die Herzen menschlicher Wesen steuern. Aber bei diesem letzten Anspruch habe ich Zweifel, denn einst auf einer Straße zu meiner Stadt Ko-ro-ba hatte ich einen Mann getroffen, der ein Bote der Priesterkönige gewesen war, einen, dem es gelungen war, ihnen den Gehorsam zu verweigern, einen, bei dem ich aus den Scherben seines verbrannten und zerplatzten Schädels eine Handvoll Golddraht entfernt hatte.

Er war von den Priesterkönigen so beiläufig zerstört worden, wie man den Riemen einer Sandale löst. Er hatte nicht gehorcht und war vernichtet worden, unmittelbar und in einem grotesken Schauspiel. Das Wichtige dabei war, so sagte ich mir, dass er den Gehorsam verweigert hatte, dass er ihn verweigern konnte und dass er in der Lage gewesen war, ungehorsam zu sein und den schändlichen Tod zu wählen, von dem er wusste, dass er folgen musste. Er hatte seine Freiheit gewonnen, obwohl diese ihn – wie die Goreaner sagen – zu den Stätten des Staubes geführt hatte und wohin ihm, wie ich glaube nicht einmal die Priesterkönige folgen würden. Er hatte als ein Mann seine Faust gegen die Priesterkönige erhoben und so war er gestorben: herausfordernd, wenn auch auf schreckliche Weise, mit großem Anstand.

Ich gehöre der Kaste der Krieger an und in unseren Kodizes steht, dass der einzige angemessene Tod für einen Mann der Tod im Kampf ist, aber ich kann nicht mehr länger glauben, dass das wahr ist, denn der Mann, den ich einst auf der Straße nach Ko-ro-ba traf, starb anständig und lehrte mich, dass nicht alle Weisheiten und Wahrheiten in meinen eigenen Kodizes enthalten sind.

Meine Angelegenheit mit den Priesterkönigen ist einfach, wie die meisten Angelegenheiten, die Ehre und Blut betreffen. Aus einem für mich unbekannten Grund haben sie meine Stadt Ko-ro-ba zerstört und deren Menschen verstreut. Es war mir nicht möglich gewesen, etwas über die Schicksale meines Vaters, meiner Freunde, meiner Kriegerkameraden und vor allem aber meiner geliebten Talena, der Tochter von Marlenus, einst Ubar in Ar, zu erfahren – sie, meine süße, feurige, wilde, sanfte, grausame, wunderschöne Liebe; sie ist meine freie Gefährtin, meine Talena, die Ubara meines Herzens, die für immer in den süßen, einsamen Träumen meines Herzens leuchtet. Ja, ich habe eine Angelegenheit mit den Priesterkönigen von Gor zu klären.

* * *

* Dies ist zweifellos das Manuskript, das später unter dem Titel Der Geächtete veröffentlicht wurde. Man kann den oben stehenden Bemerkungen Cabots entnehmen, dass er zum Zeitpunkt des Schreibens nichts über das Schicksal des Manuskriptes wusste. Der Titel Der Geächtete ist von mir, nicht von Cabot. Dies ist übrigens auch bei dem ersten Buch Der Krieger und bei dem vorliegenden Buch Die Priesterkönige der Fall, wie man vielleicht erwähnen sollte.

Aus irgendeinem Grund gibt Cabot seinen Manuskripten nie einen Titel.

Er hält sie wohl nicht so sehr für Bücher, sondern mehr für persönliche Aufzeichnungen oder Geschichten, vielleicht genauso für sich selbst geschrieben wie für andere. Dies ist eine Gelegenheit zu erzählen, wie ich in den Besitz der Manuskripte kam. Der Geächtete geht diesem Buch voraus, bei dem ich – wie bei den anderen Büchern – das Privileg hatte, es herausgeben zu dürfen. Es mag hier genügen, dass mir auch das aktuelle Manuskript wie auch die anderen von meinem Freund, dem jungen Harrison Smith aus der Stadt, der mittlerweile mein Anwalt ist, angeboten wurde. Smith hatte das Vergnügen, Cabot persönlich kennenzulernen, da er ihn ursprünglich vor vielen Jahren in Neu-England getroffen hatte und vor etwas mehr als einem Jahr diese Bekanntschaft kurz in New York City erneuern konnte. Unser erster Bericht von der Gegenerde, Der Krieger, wurde ihm persönlich von Cabot anvertraut, der kurz darauf verschwand. Dieses dritte Manuskript erhielt Harrison Smith seinen Angaben zufolge im Wesentlichen unter den gleichen ungewöhnlichen Umständen wie das zweite. Diese Umstände skizzierte er freundlicherweise in einem Vorwort, das jenem Band beigefügt ist. Bei all diesen Gegebenheiten bedauere ich nur, dass ich nie die Gelegenheit hatte, Tarl Cabot persönlich zu treffen. Es gibt natürlich einen realen Cabot. Ich weiß, dass er existiert oder existiert hat. So weit, wie es mir möglich war, habe ich diese Dinge mit großer Sorgfalt geprüft. Es gab tatsächlich einen Tarl Cabot, der zu der Beschreibung in diesen Erzählungen passt, der in Bristol aufwuchs, Oxford besuchte und in dem kleinen College in Neu-England unterrichtete, das im ersten Buch erwähnt wurde, und der später ein Appartement in der Innenstadt von Manhattan mietete, zu Zeiten, die zu den Erzählungen der ersten beiden Bücher passen. Kurz gesagt, was ich bestätigen konnte, habe ich bestätigt. Darüber hinaus haben wir nur die Berichte von Cabot selbst, auf die ich durch Smith aufmerksam gemacht wurde und die wir glauben können – oder auch nicht. J. N.

2 Im Sardar

Ich schaute die lange, breite Straße bis zum riesigen Balkentor am Ende hinunter und sah hinter dem Tor die schwarzen Klippen des ungastlichen Sardargebirges.

Viel Zeit brauchte ich nicht, um mir ein kleines Bündel Vorräte zu kaufen, das ich mit ins Sardar nehmen wollte, und es war auch nicht schwierig, einen Schreiber zu finden, dem ich die Geschichte der Ereignisse in Tharna anvertrauen konnte. Ich fragte ihn nicht nach seinem Namen und er nicht nach meinem. Ich kannte seine Kaste und er meine – und das genügte. Er konnte das Manuskript nicht lesen, da es in Englisch geschrieben war, einer Sprache, die ihm so fremd war, wie Goreanisch für die meisten von uns wäre. Dennoch würde er das Manuskript wertschätzen und es behüten, als wäre es ein ungewöhnlich wertvoller Besitz, denn er war ein Schreiber, und es ist die Art der Schreiber, das geschriebene Wort zu lieben und es vor Schaden zu bewahren. Was machte es schon aus, dass er den Bericht nicht lesen konnte? Vielleicht würde es eines Tages jemand können und dann würden die Worte, die für so lange Zeit ihr Geheimnis bewahrt hatten, schließlich das Geheimnis der Kommunikation entfalten und das, was geschrieben worden war, würde wahrgenommen und verstanden werden.

Schließlich stand ich vor den aufragenden Toren aus schwarzen Balken, zusammengeschmiedet mit breiten Messingbändern. Der Markt lag hinter mir und das Sardargebirge vor mir. Meine Kleidung und mein Schild trugen keine Abzeichen, denn meine Stadt war zerstört worden. Ich trug meinen Helm. Keiner würde wissen, wer das Sardargebirge betreten hatte.

Am Tor traf ich einen Mann aus der Kaste der Eingeweihten, ein düsterer, dünnlippiger, ausgezehrter Mensch mit tief eingesunkenen Augen, gekleidet in die reinweißen Roben seiner Kaste.

»Möchtest du mit den Priesterkönigen sprechen?«, fragte er.

»Ja«, sagte ich.

»Weißt du, was du tust?«

»Ja«, sagte ich.

Der Eingeweihte und ich, wir sahen uns gleichmütig an, dann trat er zur Seite, wie er es schon viele Male getan haben musste. Ich würde natürlich nicht der Erste sein, der das Sardargebirge betritt. Viele Männer und manchmal auch Frauen hatten diese Berge betreten, doch es ist nicht bekannt, was sie dort fanden. Manchmal sind diese Einzelgänger junge Idealisten, Rebellen und Meister verlorener Angelegenheiten, die bei den Priesterkönigen protestieren wollen; manchmal sind es auch Alte, Kranke oder Lebensmüde, die sterben wollen; manchmal sind es erbärmliche, gerissene, arme, verängstigte Seelen, die hoffen, das Geheimnis der Unsterblichkeit in diesen unfruchtbaren Klippen zu finden. Und manchmal sind es auch Geächtete, die vor Gors grausamer Justiz fliehen und hoffen, zumindest für kurze Zeit Asyl im grausamen, geheimnisvollen Bereich der Priesterkönige zu finden, einem Land, von dem sie sicher sein können, dass kein sterblicher Magistrat und keine Bande rachedurstiger menschlicher Krieger eindringen werden. Ich vermutete, die Eingeweihten könnten mich der letzten Gruppe zuordnen, denn meine Kleidung trug keine Abzeichen.

Er wandte sich von mir ab und trat an ein kleines Podest auf der einen Seite. Auf dem Podest waren eine silberne Schüssel, gefüllt mit Wasser, ein Flakon mit Öl und ein Handtuch. Er tauchte seine Finger in die Schale, goss etwas Öl auf seine Hände, tauchte seine Finger erneut ein und wischte sie dann ab.

Auf beiden Seiten des riesigen Tores befand sich eine große Winde mit einer Kette und an jeder Winde war eine Gruppe geblendeter Sklaven gefesselt.

Sorgfältig faltete der Eingeweihte das Handtuch zusammen und legte es zurück auf das Podest.

»Das Tor möge sich öffnen!«, sagte er.

Die Sklaven drückten gehorsam ihr Gewicht gegen die hölzernen Speichen der zwei quietschenden Winden, während die Ketten sich spannten. Ihre nackten Füße glitten im Dreck aus und sie stemmten sich immer heftiger gegen die schweren, widerspenstigen Balken.

Ihre Körper bogen sich unter Qualen, pressten sich gegen die Speichen. Ihre blinden Augen starrten ins Leere. Die Blutgefäße in Nacken, Armen und Beinen begannen anzuschwellen, bis ich befürchtete, sie könnten das gequälte Fleisch sprengen. Die gemarterten Muskeln ihrer überdehnten, verknoteten Körper schienen sich wie aufquellendes Leder mit Schmerz zu füllen, als sei Schmerz eine Flüssigkeit. Es war, als verschmelze ihr Fleisch mit dem Holz der Balken; die Rückseite ihrer Kleidung verfärbte sich mit scharlachrotem Schweiß. Die Männer hatten sich an den hölzernen Speichen der Sardarwinden die Knochen gebrochen.

Schließlich gab es ein lautes Knarren und das riesige Portal öffnete sich träge eine Handbreit, dann eine Schulterbreit und dann so weit, dass man bequem durchgehen konnte.

»Es ist genug«, sagte ich und augenblicklich durchschritt ich es.

Als ich hindurchtrat, hörte ich den klagenden Ton der riesigen Metallröhre, die sich dicht neben dem Tor befindet. Ich hatte diesen Laut schon zuvor gehört und weiß, dass er anzeigt, dass wieder ein Sterblicher es gewagt hat, das Sardar zu betreten. Es war ein bedrückender Ton, der durch die Erkenntnis, dass ich in diesem Fall das Gebirge betreten hatte, nicht gemildert wurde. Als ich ihn hörte, kam mir der Gedanke, dass der Sinn der Metallröhre nicht einfach nur darin bestand, die Menschen auf dem Markt darüber zu informieren, dass jemand das Sardar betreten hatte, sondern auch, um die Priesterkönige davon in Kenntnis zu setzen.

Ich schaute gerade noch rechtzeitig hinter mich, um zu sehen, dass sich das große Tor ohne einen Laut schloss.

Die Reise zur Halle der Priesterkönige war nicht so schwierig, wie ich angenommen hatte. An einigen Stellen gab es gut ausgetretene Pfade, an anderen waren sogar Stufen in die Flanke des Berges gehauen worden, die über die Jahrtausende von unzähligen Füßen abgeschliffen worden waren.

Hier und da beschmutzten Knochen den Pfad, menschliche Knochen. Ob das die Überreste von denen waren, die im öden Sardargebirge verhungert oder erfroren waren, oder ob sie von den Priesterkönigen vernichtet worden waren, wusste ich nicht. Gelegentlich fanden sich einige Nachrichten, die in die Felsen entlang des Pfades eingeritzt waren. Einige dieser Mitteilungen waren obszön, verfluchten die Priesterkönige. Andere waren Loblieder, die sie priesen; einige waren fröhlich, wenn auch auf eine ziemlich pessimistische Art und Weise. An eine erinnere ich mich: »Iss, trink und sei glücklich. Alles andere ist bedeutungslos.« Wieder andere waren sehr einfach und manchmal traurig, wie zum Beispiel: »Kein Essen«, »Mir ist kalt«, »Ich habe Angst.« Eine Botschaft lautete: »Die Berge sind leer. Rena, ich liebe Dich.« Ich fragte mich, wer das geschrieben haben mochte und wann, denn die Inschrift war verwittert und in alter goreanischer Schrift eingekratzt. Sie war vielleicht mehr als tausend Jahre den Naturgewalten ausgesetzt gewesen. Doch ich wusste, dass die Berge nicht unbewohnt waren, denn ich besaß Beweise für die Existenz der Priesterkönige. Ich setzte meine Reise fort.

Ich fand keine Tiere oder etwas Wachsendes, nichts außer den endlosen schwarzen Klippen und diesem Pfad, der vor mir in den dunklen Stein gehauen war. Schrittweise wurde die Luft kälter und kleine Schneewolken wirbelten um mich herum; Raureif bedeckte die Stufen. Ich stapfte über Schründe, gefüllt mit Eis und Ablagerungen, die, so wie sie jetzt waren, ohne zu schmelzen, vielleicht schon Jahrhunderte hier lagen. Ich wickelte meinen Umhang enger um mich, benutzte meinen Speer als Stab und kämpfte mich meinen Weg weiter nach oben.

Nach etwa vier Tagen in den Bergen hörte ich zum ersten Mal auf meiner Reise ein Geräusch, das nicht vom Wind, dem singenden Schnee und dem Ächzen des Eises stammte. Es war der Laut von etwas Lebendigem; es war der Ruf eines Berglarls.

Der Larl ist ein Raubtier, mit Klauen und Reißzähnen, ziemlich groß, stehend oft mit einer Schulterhöhe von sieben Fuß. Ich glaube, dass ich fairerweise sagen muss, dass er im Wesentlichen katzenartig ist. Auf jeden Fall erinnern mich seine Grazie und seine geballte Kraft an die kleineren, doch gleichermaßen furchteinflößenden Dschungelkatzen meiner alten Welt.

Die Ähnlichkeit ist auf eine konvergierende Evolution zurückzuführen; beide Tiere wurden durch die Notwendigkeiten der Jagd geformt, durch die Tarnung beim Anschleichen, den plötzlichen Sprung und durch das Erfordernis einer schnellen und vernichtenden Tötung. Wenn es eine optimale Konfiguration für ein Landraubtier gibt, dann müsste der Pokal auf meiner alten Welt, meiner Meinung nach, an den Bengaltiger gehen. Aber auf Gor gehört der Preis unbestreitbar dem Berglarl. Und ich kann nicht anders, als anzunehmen, dass die strukturellen Ähnlichkeiten beider Tiere, auch wenn sie aus unterschiedlichen Welten stammen, mehr als zufällig sind.

Der Kopf des Larls ist breit, manchmal mehr als zwei Fuß im Durchmesser, und grob geformt wie ein Dreieck, was dem Schädel ein Aussehen verleiht, das an eine Schlange erinnert; allerdings ist er fellbedeckt und seine Augen haben katzenartige Pupillen. Anders als bei einer Schlange können sich diese Pupillen von messerschneideartig schmalen Schlitzen im hellen Tageslicht zu dunklen wissbegierigen Monden in der Nacht verändern.

Der Pelz des Larls ist gewöhnlich ein lohfarbenes Rot oder ein dunkelbraunes Schwarz. Der vorwiegend nachtaktive schwarze Larl besitzt – ob männlich oder weiblich – eine Mähne. Der mähnenlose rote Larl, der ungeachtet der Tageszeit, immer dann jagt, wenn er hungrig ist, ist die am meisten verbreitete Art. Die Weibchen beider Gattungen sind gewöhnlich etwas kleiner als die Männchen, doch genauso aggressiv und manchmal noch gefährlicher, besonders im Spätherbst und Winter, weil sie dann wahrscheinlich für ihre Jungen jagen. Ich hatte einmal einen männlichen roten Larl im Voltai-Massiv getötet, einige Pasang von Ar entfernt.

Als ich jetzt das Grollen einer solchen Bestie hörte, warf ich meinen Umhang zurück, hob den Schild und hielt meinen Speer bereit. Ich war überrascht, dass ich hier im Sardargebirge auf einen Larl treffen konnte. Wie sollte er in das Gebirge gekommen sein? Vielleicht war er hier geboren, aber wovon konnte er zwischen diesen kahlen Klippen leben? Ich hatte nichts gesehen, was ihm als Beute hätte dienen können, es sei denn, man würde die Menschen, die in die Berge gekommen waren, dazuzählen. Aber ihre Knochen, verstreut, weiß und gefroren, waren nicht zersplittert oder zerfurcht, wiesen keine Spuren auf, als ob sie von den Kiefern eines kauenden Larls bearbeitet worden wären. Mir wurde klar, dass der Larl, den ich gehört hatte, ein Larl der Priesterkönige sein musste, denn weder Tier noch Mensch betreten das Sardargebirge oder leben dort ohne die Zustimmung der Priesterkönige. Und wenn er gefüttert wurde, dann musste es aus den Händen der Priesterkönige oder ihrer Diener geschehen.

Trotz meines Hasses auf die Priesterkönige konnte ich nicht anders, als sie zu bewundern. Keinem der Männer unterhalb der Berge war es je gelungen, einen Larl zu zähmen. Selbst die Welpen eines Larls würden, wenn sie von Menschen gefunden und aufgezogen worden waren, eines Nachts in einem plötzlichen Ausbruch atavistischer Wut ihre Besitzer töten, sobald sie ihre Geschlechtsreife erreichten. Angetrieben von mir unbekannten Instinkten würden sie unter den drei wandernden Monden Gors von den Behausungen der Menschen weglaufen, um die Berge aufzusuchen, wo sie geboren wurden. Es ist ein Fall von einem Larl bekannt, der mehr als zweihundertfünfzig Pasang zurücklegte, um eine bestimmte flache Felsspalte zu finden, in der er geboren worden war. Er wurde an ihrem Eingang von Jägern getötet, von Jägern, die ihm gefolgt waren. Einer der Jäger, ein alter Mann, der der Gruppe angehörte, die anfänglich das Tier eingefangen hatte, identifizierte den Ort.

Ich näherte mich, meinen Speer wurfbereit, meinen Schild bereithaltend, um damit meinen Körper abzudecken und ihn, falls der Wurf erfolgreich sein sollte, vor den Todeszuckungen des um sich schlagenden Ungeheuers zu schützen. Mein Leben lag in meinen eigenen Händen und ich war zufrieden, dass es so war. Ich wollte es nicht anders haben.

Ich lächelte vor mich hin. Ich war Erster Speer, denn es gab keine anderen.

Im Voltaigebirge stellen Gruppen von Jägern, meist aus Ar, dem Larl mit dem mächtigen goreanischen Speer nach. Normalerweise geschieht dies in einer einzigen Reihe hintereinander und der Anführer der Reihe wird Erster Speer genannt, denn es wird sein Speer sein, der zuerst geworfen werden wird. Sobald er seine Waffe geschleudert hat, lässt er sich zu Boden fallen und deckt seinen Körper mit seinem Schild ab; so macht es dann auch jeweils jeder Mann hinter ihm. Dies erlaubt jedem einen sauberen Wurf auf das Tier und auch ein Minimum an Schutz, wenn der Speer geschleudert ist. Der wichtigste Grund jedoch wird deutlich, wenn man die Aufgabe des letzten Mannes in der Reihe versteht, der als Letzter Speer angesprochen wird. Wenn der Letzte Speer seine Waffe geschleudert hat, darf er sich nicht zu Boden werfen. Wenn er es täte und einige seiner Kameraden überleben könnten, würden sie ihn erschlagen. Aber so etwas passiert äußerst selten, denn goreanische Jäger fürchten Feigheit mehr als die Klauen und Zähne des Larls. Der Letzte Speer muss stehen bleiben, und wenn das Ungeheuer noch lebt, muss er mit seinem gezogenen Schwert dem Angriff des Tieres entgegentreten. Er wirft sich nicht zu Boden, damit er deutlich sichtbar im Blickfeld des Larls bleibt und so zum Ziel seines verletzten, wütenden Angriffs wird. Sollten die Speere jedoch ihr Ziel verfehlen, dann opfert er sein Leben für seine Kameraden, die, während der Larl ihn angreift, ihre Flucht gut bewerkstelligen können. So etwas scheint grausam zu sein, doch auf lange Sicht dient es dazu, menschliches Leben zu schonen. Es ist besser, wie die Goreaner sagen, dass einer stirbt statt viele.

Der Erste Speer ist meist der beste Werfer, denn wenn der Larl mit dem ersten Speerwurf nicht getötet oder zumindest ernsthaft verletzt wird, ist das Leben aller, und nicht nur das des Letzten Speerträgers, in großer Gefahr. Vielleicht ist es paradox, doch der Letzte Speer ist gewöhnlich der schlechteste Werfer mit der geringsten Erfahrung. Ob die goreanische Jagdtradition die Schwachen übervorteilt, da sie durch die stärkeren Speerwerfer beschützt werden, oder ob die Tradition die Schwachen verachtet, sie als die entbehrlichsten Mitglieder der Gruppe betrachtet, weiß ich nicht. Der Ursprung dieser Jagdtaktik ging in der Antike verloren und ist vielleicht so alt wie die Menschheit, die Waffen und die Larls.

Ich habe einmal einen goreanischen Jäger, den ich in Ar traf, gefragt, warum der Larl überhaupt gejagt wird. Seine Antwort habe ich nie vergessen. »Weil er wunderschön ist«, sagte er, »und gefährlich und weil wir Goreaner sind.«

Ich hatte die Bestie noch nicht entdeckt, deren Grollen ich gehört hatte. Der Weg, auf dem ich ging, beschrieb etwas weiter voraus eine Kurve. Er war etwa einen Meter breit und an die Seite einer Felswand geschmiegt, während auf meiner linken Seite ein bodenloser Abgrund war. Bis zum Boden musste es mindestens einen Pasang tief sein. Ich erinnerte mich, dass die Felsen dort unten riesig waren, aber von meiner jetzigen Höhe sahen sie aus wie schwarze Sandkörner. Ich wünschte nur, die Felswand wäre links statt rechts, damit ich meinen Speer ungehinderter würde werfen können.

Der Weg war steil, doch der Aufstieg wurde hier und da durch hohe Stufen erleichtert. Ich habe mich nie daran gestört, dass ein Feind über mir stand, und es störte mich auch jetzt nicht, aber ich dachte mir, dass mein Speer leichter eine verwundbare Stelle finden würde, wenn der Larl auf mich heruntersprang, als wenn ich über ihm stehen würde und nur sein Genick als geeignetes Ziel zur Verfügung hätte. Von oben könnte ich versuchen, die Wirbelsäule des Tieres zu durchtrennen. Der Schädel des Larls ist ein noch schwierigeres Ziel, da sich sein Kopf fast ständig in Bewegung befindet. Außerdem besitzt er einen unauffälligen knochigen Grat, der von den vier Nasenschlitzen bis zum Anfang des Rückgrates reicht. Dieser kann vom Speer durchschlagen werden, aber alles, was weniger als ein perfekter Wurf ist, würde nur dazu führen, dass die Waffe von der Seite des Tieres abrutschen und eine große, aber ungefährliche Wunde hinterlassen würde. Andererseits hätte ich von unterhalb des Tieres aus einen kurzen, aber sauberen Stoß auf das große, schlagende Herz mit seinen acht Kammern, das im Zentrum der Brust des Tieres liegt.

Mein Herz setzte einen Moment aus, als ich ein anderes Grollen hörte, das einer zweiten Bestie.

Ich hatte aber nur einen Speer.

Einen Larl könnte ich vielleicht töten, aber dann würde ich bestimmt unter den Klauen seines Kameraden sterben.

Aus irgendeinem Grund fürchtete ich nicht den Tod, aber ich war sehr verärgert darüber, dass diese Bestien mich davon abhalten konnten, mein Rendezvous mit den Priesterkönigen von Gor einzuhalten.

Ich fragte mich, wie viele Männer wohl an diesem Punkt umgekehrt waren, und mir fielen die unzähligen weißen gefrorenen Knochen auf den Felsen ein. Und ich dachte darüber nach, umzukehren und wiederzukommen, wenn die Bestien verschwunden wären. Es schien möglich zu sein, dass sie mich noch nicht entdeckt haben mochten. Als mir die Dummheit dieser Gedanken klar wurde, lächelte ich, denn diese Bestien vor mir mussten die Larls der Priesterkönige sein, die Wächter der Festung der Götter Gors.

Ich löste mein Schwert in seiner Scheide und ging weiter aufwärts.

Schließlich kam ich zur Krümmung des Pfades und spannte mich an für einen plötzlichen Sprung um diese Biegung, bei dem ich laut brüllen musste, um die Larls zu erschrecken. Im gleichen Moment würde ich meinen Speer auf das nächste Tier schleudern müssen, um dann das andere mit gezogenem Schwert anzugreifen.

Ich zögerte einen Moment, dann schallte der wilde Kriegsruf Ko-ro-bas von meinen Lippen durch die klare, frostige Luft des Sardargebirges und ich stürzte mich ins Ungewisse, meinen Speerarm nach hinten gestreckt, meinen Schild erhoben.

3 Parp

Ein plötzliches, aufgeschrecktes Rasseln von Ketten war zu hören, und ich sah zwei riesige weiße Larls, erstarrt in einem Moment der Lähmung, als sie meine Anwesenheit bemerkten, und die sich dann, innerhalb eines flüchtigen Augenblicks, gegen mich wendeten und sich wütend auf mich stürzten, soweit die Länge ihrer Ketten es zuließ.

Mein Speer hatte meine Hand nicht verlassen.

Beide Tiere wurden zurückgerissen, denn mächtige Ketten, befestigt an stählernen und juwelenbesetzten Halsbändern, stoppten ihren wilden Angriff. Eines der Tiere wurde auf den Rücken geworfen, so gewaltig war sein Ansturm, während das andere für einen Moment wütend über mir thronte wie ein gigantischer, sich aufbäumender Hengst. Die riesigen Klauen zerfurchten die Luft, als es gegen das Halsband ankämpfte, das es vor mir zurückhielt.

Dann kauerten sie knurrend, beobachteten mich unheilvoll am Ende ihrer Ketten, schlugen gelegentlich mit einer Pranke, als wollten sie mich in die Reichweite ihrer furchtbaren Kiefer fegen. Ich war völlig verblüfft und achtete sorgfältig darauf, eine ausreichende Schutzzone zwischen ihnen und mir zu bilden, denn ich hatte noch nie zuvor einen weißen Larl gesehen.

Es waren riesige Ungeheuer, herrliche Exemplare, mit einer Schulterhöhe von etwa acht Fuß. Die oberen Reißzähne, die wie Dolche in ihren Kiefern eingebettet waren, müssen wenigstens einen Fuß lang gewesen sein und erstreckten sich deutlich bis unter die Unterkiefer – wie bei einem urzeitlichen Säbelzahntiger. Die vier Schlitze der Nasenlöcher jeden Tieres waren erweitert und die enormen Brustkörbe der Bestien hoben und senkten sich im Rhythmus ihrer Erregung. Ihre Schwänze, lang und am Ende mit einem Haarbüschel versehen, schlugen heftig vor und zurück.

Der Größere der beiden schien unerklärlicherweise das Interesse an mir zu verlieren. Er erhob sich auf die Füße, prüfte witternd die Luft, wandte mir seine Flanke zu und war offensichtlich bereit, seine Absicht aufzugeben, mir Schaden zufügen zu wollen. Nur einen Augenblick später verstand ich, was geschah, denn mit einer abrupten Drehung warf er sich auf die Seite und schleuderte seine Hinterfüße auf mich zu, während der Kopf zur anderen Seite gerichtet war. Ich hob meinen Schild, denn zu meinem Entsetzen hatte er durch die Veränderung seiner Position die Reichweite der Kette, die ihm die verhasste Fessel aufzwang, um etwa zwanzig Fuß verlängert. Zwei riesige Pranken rammten sich in meinen Schild, schleuderten mich zwanzig Fuß weit gegen die Felsen. Ich rollte mich ab und kroch noch weiter zurück, denn der Hieb des Larls hatte mich in den Radius seines Gefährten geschleudert. Mein Umhang und meine Kleidung wurden mir durch den Prankenhieb des zweiten Larls vom Rücken gerissen.

Ich kämpfte mich auf die Füße.

»Gut gemacht«, rief ich dem Larl zu.

Nur knapp war ich mit dem Leben davongekommen.

Jetzt waren die Ungeheuer von einer Raserei erfüllt, die ihr vorangegangenes Wüten kümmerlich erscheinen ließ, denn sie spürten, dass ich mich nicht noch einmal so weit nähern würde, um ihnen eine Wiederholung ihrer primitiven Angriffslist zu erlauben. Ich bewunderte die Larls, denn ich hielt sie für intelligente Tiere. Ja, sagte ich zu mir, es war gut gemacht. Ich untersuchte meinen Schild und sah zehn breite Furchen, die sich durch die messingbeschlagene Lederoberfläche zogen. Mein Rücken fühlte sich nass an, eine Wirkung der Klauen des zweiten Larls. Es hätte sich warm anfühlen müssen, doch es war kalt. Ich wusste, dass es auf meinem Rücken gefror. Es gab keine andere Wahl, als irgendwie weiterzugehen, wenn ich konnte. Ohne die kleinen häuslichen Güter des täglichen Bedarfs wie Nadel und Faden würde ich vermutlich erfrieren. Es gab kein Holz im Sardar, mit dem ich ein Feuer hätte entzünden können.

Ja, wiederholte ich grimmig in Gedanken, während ich zwar lächelnd, aber doch zornig die Larls anstarrte: Es war gut gemacht, zu gut.

Dann hörte ich Ketten rasseln und sah, dass die schweren Metallringe, die die Larls hielten, nicht im Stein befestigt waren, sondern in runden Öffnungen verschwanden. Langsam wurden die Ketten jetzt eingezogen, sehr zur offensichtlichen Frustration der beiden Ungeheuer.

Der Platz, auf dem ich mich befand, war beträchtlich breiter als der Pfad, auf dem ich heraufgegangen war, denn dieser Pfad hatte sich auf einmal zu einem kreisförmigen Bereich geöffnet, in dem ich die angeketteten Larls entdeckt hatte. Die eine Seite des Platzes bestand aus blankem Fels, der zunächst auf meiner rechten Seite lag, doch jetzt eine Art Kurve bildete, eine Mulde aus Stein. Die andere Seite zu meiner Linken war teilweise zu dem beängstigenden Abgrund hin offen, wurde aber auch durch eine weitere Felswand begrenzt. Es war die Wand eines zweiten Berges, der sich an den anlehnte, den ich erklommen hatte. Die runden Öffnungen, in die die Ketten der protestierenden Larls hineingezogen wurden, befanden sich in diesen Felswänden und so wurden sie von den sich verkürzenden Ketten zu verschiedenen Seiten fortgezogen. Dadurch wurde eine Art Durchgang zwischen ihnen geöffnet, der, soweit ich sehen konnte, zu einer glatten Felswand führte. Dennoch nahm ich an, dass die scheinbar undurchdringliche Wand den Eingang zur Halle der Priesterkönige verbergen musste.

Als die Ungeheuer den Zug der Ketten gespürt hatten, hatten sie sich knurrend an die Felswände zurückgezogen und kauerten sich jetzt dort nieder. Ihre Ketten waren nun nicht viel mehr als massive Leinen. Ich fand ihren schneeweißen Pelz wunderschön. Kehliges Grollen drohte mir und gelegentlich wurde eine Pranke mit ausgefahrenen Krallen gehoben, doch die Bestien versuchten nicht mehr, gegen die stabilen, juwelenbesetzten Halsbänder, die sie hielten, anzukämpfen.

Lange musste ich nicht warten, denn nur wenig später, vielleicht nicht mehr als zehn goreanische Ihn, rollte ein Teil der Felswand geräuschlos auf und nieder und öffnete einen steinernen Durchgang, etwa in der Größe von acht Quadratfuß.

Ich zögerte, denn woher sollte ich wissen, dass die Ketten der Larls nicht gelöst werden würden, wenn ich erst zwischen ihnen wäre? Woher sollte ich wissen, was mich in diesem stillen dunklen Durchgang erwarten würde? Während ich noch zögerte, bemerkte ich eine Bewegung innerhalb des Durchgangs, die sich nach und nach als eine weiß gekleidete, ziemlich kleine, rundliche Gestalt entpuppte.

Zu meiner Verblüffung trat ein Mann aus dem Durchgang und blinzelte in das Sonnenlicht. Er trug Sandalen und war in eine weiße Robe gekleidet, die dem Gewand der Eingeweihten ähnelte. Seine Wangen waren rot und sein Kopf kahl. Er hatte lange, backenbartartige Koteletten, die sein pfannkuchenförmiges Gesicht fröhlich einrahmten. Kleine leuchtende Augen funkelten unter den schweren weißen Augenbrauen. Völlig überrascht war ich jedoch, dass er eine zierliche, runde Pfeife hielt, von der sich eine helle Rauchfahne nach oben kringelte. Tabak ist auf Gor unbekannt, jedoch gibt es verschiedene Gewohnheiten und Laster, die an dessen Stelle treten, besonders die Stimulierung, die beim Kauen der Blätter der Kanda-Pflanze empfunden wird, deren getrocknete und gemahlene Wurzeln seltsamerweise ein extrem tödliches Gift bilden.

Sorgfältig musterte ich den kleinen, rundlichen Gentleman, der so gar nicht zu dem massiven Steinportal passte. Ich fand es unmöglich zu glauben, dass er gefährlich sein könnte, dass er auf irgendeine Art mit den gefürchteten Priesterkönigen von Gor in Verbindung stehen könnte. Er war zu fröhlich, zu offen und unschuldig, zu ehrlich und sichtbar erfreut, mich zu sehen und willkommen zu heißen. Es war unmöglich, sich nicht zu ihm hingezogen zu fühlen. Ich spürte, dass ich ihn mochte, obwohl ich ihn gerade erst getroffen hatte, und wollte, dass auch er mich mochte. Und ich spürte, dass er es tat und dass mir das gefiel.

Wenn ich diesen Mann in meiner eigenen Welt getroffen hätte, diesen kleinen, rundlichen, freundlichen Gentleman mit dem rosigen Gesicht und den guten Manieren, hätte ich ihn zwangsläufig für einen Engländer gehalten, und zwar für einen, dem man heutzutage nur noch sehr selten begegnet. Hätte man ihn im achtzehnten Jahrhundert getroffen, so wäre er für einen lustigen, Schnupftabak konsumierenden, prahlenden Gutsherrn gehalten worden, der von sich glaubte, das Salz der Erde zu sein, ohne sich jedoch zu gut dafür zu sein, den Pfaffen zu ärgern oder die Dienstmädchen zu kneifen. Im neunzehnten Jahrhundert hätte er einen alten Buchladen besessen, an einem Stehpult gearbeitet, sehr altmodisch sein Geld in einer Socke aufbewahrt und es unkritisch an alle verteilt, die ihn darum baten. Er wäre jemand gewesen, der öffentlich Chaucer und Darwin las, um bei der weiblichen Kundschaft und dem lokalen Klerus Anstoß zu erregen. In meiner eigenen Zeit konnte ein solcher Mann nur ein Collegeprofessor sein, denn es gibt in meiner Welt nur wenig andere Rückzugsmöglichkeiten außer dem Wohlstand für Männer wie ihn. Man kann ihn sich behaglich in seinen Lehrstuhl vergraben vorstellen, vielleicht wohlhabend genug für guten Geschmack, entspannt in seinem Bereich, seine Pfeife schmauchend. Bestimmt ein Kenner von Bieren und Schlössern, ein ungestümer Liebhaber zweideutiger elisabethanischer Trinklieder, denen er sich verpflichtet fühlen würde, sie zu vererben, in treuer Pflichterfüllung als Teil ihrer reichen literarischen Tradition, an Generationen ehemaliger korrekter Absolventen von Eton und Harrow. Die kleinen roten Augen musterten mich blinzelnd.

Zunächst einmal bemerkte ich, dass die Pupillen seiner Augen rot waren.

Als ich ihn zu mustern begann, überflog ein Fünkchen von Verdruss sein Gesicht, doch innerhalb eines kurzen Augenblicks verwandelte er sich wieder in sein kicherndes, menschenfreundliches, überbordendes Selbst.

»Komm schon«, sagte er. »Komm weiter, Cabot. Wir haben auf dich gewartet.«

Er kannte meinen Namen.

Wer wartete da?

Aber natürlich kannte er meinen Namen und die, die warteten, würden wohl die Priesterkönige von Gor sein.

Ich achtete nicht mehr auf seine Augen, denn es schien aus irgendeinem Grund in diesem Augenblick nicht mehr wichtig zu sein. Vermutlich, so glaubte ich, hatte ich mich geirrt. Ich hatte mich nicht geirrt. Er war mittlerweile in den Schatten des Durchgangs zurückgetreten.

»Du kommst mit, nicht wahr?«, fragte er.

»Ja«, sagte ich.

»Mein Name ist Parp«, teilte er mir, im Durchgang stehend, mit. Er paffte einmal an seiner Pfeife. »Parp«, wiederholte er und paffte erneut.

Er hatte mir seine Hand nicht entgegengestreckt.

Ich sah ihn an, ohne etwas zu sagen.

Es schien ein seltsamer Name für einen Priesterkönig zu sein. Ich weiß nicht, was ich erwartete. Er schien meine Verwunderung zu spüren.

»Ja«, sagte der Mann, »Parp«, und zuckte mit den Achseln. »Es ist kein guter Name für einen Priesterkönig, aber dann bin ich auch kein guter Priesterkönig.« Er kicherte.

»Bist du ein Priesterkönig?«, wollte ich wissen.

Wieder überflog ein Ausdruck von Verdruss sein Gesicht. »Natürlich«, sagte er.

Es schien, als hörte mein Herz auf zu schlagen.

In diesem Augenblick brüllte einer der Larls unverhofft los. Ich erschauerte, doch zu meiner Überraschung klammerte sich der Mann, der sich selbst Parp nannte, mit bleicher Hand an seine Pfeife und schien vom Schrecken überrollt zu werden. Schnell hatte er seine Fassung wiedererlangt. Ich fand es befremdlich, dass ein Priesterkönig einen Larl fürchten sollte.

Ohne abzuwarten und zu beobachten, ob ich ihm folgen würde, drehte er sich um und ging den Korridor hinunter.

Ich ergriff meine Waffen und folgte ihm. Nur das mürrische, grollende Knurren der Berglarls überzeugte mich, als ich zwischen ihnen hindurchging, dass ich nicht träumte, sondern dass ich schließlich in der Halle der Priesterkönige angekommen war.

4 Die Halle der Priesterkönige

Während ich dem Mann, der sich Parp nannte, hinunter in den steinernen Durchgang folgte, schloss sich das Portal hinter mir. Ich erinnerte mich an meinen letzten Blick auf das Sardargebirge, den Pfad, den ich hinaufgeklettert war, den kalten blauen Himmel und zwei schneeweiße Larls, jeder von ihnen auf einer Seite des Eingangs angekettet.

Mein Gastgeber sprach nicht zu mir, sondern ging mit forschem Schritt voraus, während eine beinahe stetige Rauchfahne aus seiner kleinen runden Pfeife seinen kahlen Schädel und den Backenbart in Form einer Hammelkeule umwehte und dann in den Durchgang abzog.

Der Gang war mit Energiekugeln beleuchtet, die denen im Tunnel von Marlenus, der unter den Mauern von Ar hindurchführte, entsprachen. Es gab nichts bei der Beleuchtung des Durchgangs oder an seiner Konstruktion, das die Vorstellung erwecken könnte, dass die Kaste der Baumeister der Priesterkönige, falls sie eine hatten, fortschrittlicher gewesen wäre als die der Menschen unterhalb der Berge. Außerdem war der Durchgang schmucklos, es fehlten die Steinmosaike und Wandteppiche, mit denen die schönheitsliebenden Goreaner unterhalb der Berge gewöhnlich ihre eigenen Behausungen schmücken. Soweit ich es beurteilen konnte, besaßen die Priesterkönige selbst keine Kunst. Vielleicht würden sie diese als nutzlosen Auswuchs, der nur von den sachlicheren Werten des Lebens ablenkte, betrachten, ich nehme an, solchen wie dem Studieren, der Meditation und der Manipulation von Menschen.

Mir fiel auf, dass der Durchgang, durch den ich trat, abgenutzt war; abgeschliffen von den Sandalen zahlloser Männer und Frauen, die dort, wo ich jetzt ging, entlanggelaufen waren, vor vielleicht Tausenden von Jahren, vielleicht gestern oder vielleicht an diesem Morgen.

Wir kamen zu einer großen Halle.

Sie war schlicht, aber in ihrer ganzen Größe besaß sie eine strenge, erhabene Würde.

Am Eingang zu diesem Raum oder diesem Zimmer hielt ich an, überwältigt von einem deutlichen Gefühl der Ehrfurcht.

Ich befand mich plötzlich unmittelbar vor dem Eingang von etwas, was mir wie ein großer und perfekter Dom erschien und einen Durchmesser von mindestens tausend Metern hatte. Staunend sah ich, dass sein Dach, einem funkelnden Gewölbe gleich, aus einem durchsichtigen Material bestand, vielleicht aus einem speziellen Glas oder Plastik. Kein mir vertrautes Glas oder Plastik hätte wahrscheinlich die einer solchen Konstruktion innewohnenden Belastungen ertragen. Über diesem Dom konnte ich den freien blauen Himmel sehen.

»Komm weiter, Cabot«, tadelte Parp.

Ich folgte ihm.

In diesem großen Dom befand sich fast nichts – nur im Zentrum war ein hohes Podium errichtet und auf diesem ein riesiger Thron, der aus einem einzigen Steinblock geschnitten war.

Wir brauchten eine Weile, um das Podium zu erreichen. Hohl hallten unsere Schritte auf dem gewaltigen Steinfußboden. Schließlich kamen wir an.

»Warte hier«, sagte Parp, der auf einen Bereich wies, der außerhalb eines gefliesten Ringes lag, der das Podium einfasste.

Ich stand nicht genau an der Stelle, auf die er gezeigt hatte, sondern mehrere Fuß daneben, aber ich blieb außerhalb des gefliesten Ringes.

Pfeife rauchend, stapfte Parp die neun Stufen des Podiums hinauf und kletterte auf das steinerne Gebilde. Es entstand ein seltsamer Kontrast zur strengen, königlichen Würde des majestätischen Platzes, auf dem er saß. Die in Sandalen steckenden Füße reichten nicht bis zum Boden und er schnitt eine leichte Grimasse, als er sich niederließ.

»Offen gesagt«, meinte Parp, »glaube ich, dass wir einen Fehler machen, wenn wir hier im Sardar auf jegliches leibliche Wohl verzichten.« Er versuchte, eine Stellung zu finden, die ihn zufriedenstellte. »Zum Beispiel wäre ein Kissen auf solch einem Thron nicht unpassend, was meinst du, Cabot?«

»Auf solch einem Thron wäre es unpassend«, antwortete ich.

»Ah ja«, seufzte Parp, »das glaube ich auch.«

Dann klopfte er seine Pfeife einige Male gegen die Seite des Throns und verteilte so Asche und unverbrannten Tabak auf der Oberfläche des Podiums.

Ich sah ihm bewegungslos zu.

Dann nestelte er an seinem Beutel, der an seinen Gürtel geknüpft war, und entnahm ihm einen Plastikumschlag. Ich beobachtete ihn genau, verfolgte jede Bewegung. Ich runzelte die Stirn, als ich sah, wie er ein klein wenig Tabak aus dem Beutel nahm und seine Pfeife erneut füllte. Dann wühlte er noch etwas mehr und ein schmaler, zylindrischer, silberner Gegenstand tauchte auf. Für einen Augenblick schien er auf mich gerichtet zu sein.

Ich hob meinen Schild.

»Aber, Cabot!«, sagte Parp mit ein wenig Ungeduld und zündete mit dem silbernen Gegenstand seine Pfeife an.

Ich kam mir dumm vor.

Parp paffte zufrieden am neuen Tabakvorrat. Er musste sich auf dem Thron ein wenig drehen, um mich ansehen zu können, da ich nicht genau dort stand, wo er es wollte.

»Ich würde mir wünschen, dass du kooperativer wärest«, sagte er.

Den Knauf meines Speeres auf den Boden stoßend, stellte ich mich schließlich auf die Stelle, die er vorgeschlagen hatte.

Parp kicherte und paffte weiter vor sich hin.

Ich sprach nicht, während er seine Pfeife aufrauchte. Dann säuberte er sie wie zuvor, indem er sie an der Seite des Throns ausklopfte und sie erneut füllte. Wieder zündete er sie mit dem kleinen silbernen Gegenstand an und lehnte sich auf dem Thron zurück. Er schaute zu der extrem hohen Kuppel hinauf und sah dem Rauch nach, der sich langsam nach oben kräuselte.

»Hattest du eine gute Reise zum Sardar?«, fragte er.

»Wo ist mein Vater? Was ist mit der Stadt Ko-ro-ba geschehen?«

Meine Stimme klang erstickt. »Was ist mit dem Mädchen Talena, das meine freie Gefährtin war?«

»Ich hoffe, du hattest eine gute Reise«, wiederholte Parp.

Da begann ich zu spüren, wie die Wut – roten heißen Reben gleich – durch meine Adern kroch.

Parp schien davon nicht beeindruckt zu sein und sagte: »Nicht jeder hat eine gute Reise.«

Meine Hand krampfte sich um den Speer.

Ich fühlte, wie der Hass auf die Priesterkönige, den ich all die Jahre in mir genährt hatte, jetzt unkontrollierbar, langsam, aber gewaltig in meinem Körper anschwoll; wie diese roten wuchernden Ranken meiner Wut, wild und heiß, mich einhüllten, mich umfassten, verschlangen, größer werdend in mir kochten. Diese Wut umklammerte meinen Körper und die turbulente, verbrannte Luft allein trennte mich von der Kreatur Parp und ich schrie: »Sag mir, was ich wissen will!«

»Die größte Schwierigkeit, die Reisende im Sardar plagt«, fuhr Parp fort, »ist wahrscheinlich die allgemeine Rauheit der Umgebung – wie die Unfreundlichkeit des Wetters, besonders im Winter.«

Ich hob den Speer, und meine Augen, die aus den Öffnungen meines Helmes heraus furchtbar ausgesehen haben müssen, waren auf das Herz des Mannes gerichtet, der auf dem Thron saß.

»Sag es mir!«, brüllte ich.

»Auch die Larls«, sprach Parp weiter, »sind nicht gerade ungefährliche Hindernisse.«

Rasend vor Zorn trat ich vor, um meinen Speer zu schleudern, doch ich brach in Tränen aus und hielt mit meiner Waffe inne. Ich konnte nicht morden.

Lächelnd paffte Parp weiter. »Das war klug von dir«, sagte er.

Ich sah ihn voller Verdruss an, meine Wut legte sich, ich fühlte mich hilflos.

»Du hättest mich nicht verletzen können, weißt du?«, stellte Parp fest.

Verwundert sah ich ihn an.

»Nein«, sagte er. »Mach nur, wenn du willst. Wirf deinen Speer.«

Also nahm ich die Waffe und schleuderte sie auf das Fußende des Podiums. Schlagartig gab es einen explodierenden Hitzeausbruch, entsetzt fiel ich nach hinten. Ich schüttelte den Kopf, um die roten Sterne zu vertreiben, die vor meinen Augen herumrasten.

Am Fußende des Podiums lagen etwas Ruß und ein paar Tropfen geschmolzener Bronze.

»Du siehst«, bemerkte Parp, »er hätte mich nicht erreicht.«

Jetzt verstand ich den Zweck des gefliesten Kreises, der den Thron umgab. Ich nahm meinen Helm ab und warf meinen Schild zu Boden.

»Ich bin dein Gefangener«, stellte ich fest.

»Unsinn«, antwortete Parp, »du bist mein Gast.«

»Ich werde mein Schwert behalten«, sagte ich. »Wenn du es haben willst, musst du es mir wegnehmen.«

Parp lachte herzlich und sein kleiner, runder Körper zuckte auf dem schweren Thron. »Ich versichere dir«, sagte er, »ich brauche es nicht.« Kichernd sah er mich an. »Und du brauchst es auch nicht«, fügte er hinzu.

»Wo sind die anderen?«, wollte ich wissen.

»Welche anderen?«

»Die anderen Priesterkönige«, sagte ich.

»Ich fürchte«, sagte Parp, »dass ich allein die Priesterkönige bin. Alle in einem.«

»Aber du sagtest vorhin: ›Wir warten‹«, protestierte ich.

»Habe ich das wirklich?«

»Ja«, antwortete ich.

»Dann war es wohl nur eine Redewendung.«

»Ich verstehe«, sagte ich.

Parp wirkte besorgt; er schien abgelenkt zu sein.

Er blickte hinauf zur Kuppel. Es wurde spät. Er wirkte ein wenig nervös. Seine Hände nestelten zunehmend an der Pfeife herum, etwas Tabak wurde verstreut.

»Wirst du mir von meinem Vater, von meiner Stadt und von meiner Liebe erzählen?«, fragte ich.

»Vielleicht«, erwiderte Parp, »aber jetzt bist du zweifellos müde von deiner Reise.«

Es stimmte, dass ich müde war und auch hungrig.

»Nein!«, sagte ich. »Ich möchte jetzt reden!«

Aus irgendeinem Grund schien Parp jetzt sichtlich besorgt zu sein. Der Himmel über der Kuppel war inzwischen grau und verdunkelte sich. Die goreanische Nacht darüber, oft schwarz und mit wunderschönen Sternen, näherte sich mit flinker Heimlichkeit.