Die Chroniken von Gor 13: Die Entdecker - John Norman - E-Book

Die Chroniken von Gor 13: Die Entdecker E-Book

John Norman

0,0
3,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

Abenteuerlich und gefährlich ist der Auftrag den Tarl Cabot von Samos, dem Ersten Kapitän und Sklavenhändler von Port Kar, erhält: Er soll den mächtigen Unsichtbarkeitsring der Kurii von Shaba, dem Geografen aus Anango, wiederbeschaffen. Sein Weg führt ihn in unbekannte Gebiete, tief ins Innere von Gor, wo ihn fremdartige Reiche, mordgierige Männer und blutrünstige Bestien erwarten. Ein Kampf auf Leben und Tod beginnt …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

1 Ich rede mit Samos

2 Ich besuche den Markt von Vart

3 Was auf dem Weg zum Pier des Roten Urt passierte; ich höre das Läuten der Alarmglocke

4 Ich fange eine entlaufene Sklavin wieder ein; ich buche meine Schiffspassage nach Schendi

5 Wir segeln nach Schendi

6 Schendi

7 Der Markt von Uchafu

8 Was sich im »Goldenen Kailiauk« zutrug

9 Ich beschließe meine Unterkunft zu wechseln

10 Ich stelle Nachforschungen bei Kipofu an, dem Ubar der Bettler in Schendi

11 Shaba

12 Geschäfte werden in Schendi besprochen; ich kaufe ein neues Mädchen

13 Ich kehre zum »Goldenen Kailiauk« zurück

14 Ein Mädchen wird noch hübscher; ich muss mich von Sasi verabschieden

15 Msaliti und ich werden von Shaba hereingelegt; was sich außerhalb des Hauptquartiers von Msaliti und Shaba zutrug

16 Kisu

17 Msaliti hat einen Plan

18 Was sich im Palast des Grases ereignete, während Bila Huruma dort zu Gericht saß; ich treffe Bila Huruma; ein neuer Plan muss erarbeitet werden

19 Ein Korb gefüllt mit Osts; eine Kette aus Gold; die Augen des Ubars

20 Ich töte Kisu nicht

21 Was ich nachts im Sumpf sah, während ich an die Verbrecherkette gefesselt war

22 Ich arbeite weiter am Kanal

23 Flucht; Kisu stattet Tende einen Besuch ab

24 Wir kommen an ein Kanu; Kisu macht Tende zur Sklavin

25 Wir erreichen den Übergang; ich bin unzufrieden mit einer Sklavin

26 Wir betreten den Ua; wir hören Trommeln

27 Das Fischerdorf; eine Sklavin möchte berührt werden; Ayari erhält Informationen

28 Die Kiste im Fluss

29 Borkentuch und Perlen

30 Wir kommen weiter auf dem Fluss voran

31 Wir unterbrechen unsere Fahrt, um Handel zu betreiben; die Einsichten einer Sklavin

32 Weibliches Zurschaustellen; der Traum einer Sklavin; Borkentuch und Perlen

33 Was wir auf den Höhen der Wasserfälle sahen; Tende tanzt; wir fahren wieder auf dem Fluss; ich erwarte die Hingabe der blonden Barbarin

34 Die blonde Barbarin tanzt; was sich im Regenwald zwischen einer Sklavin und ihrem Herrn zutrug

35 Das Gezanke zwischen Sklavinnen

36 Schiffstrümmer; wir fahren wieder flussaufwärts

37 Wir tauschen Tende nicht

38 Was Ayari angeblich im Wald gesehen hat

39 Wir werden nicht verfolgt

40 Tende spricht mit Kisu

41 Das Netz im Fluss

42 Wir verlassen ein Dorf während der Nacht

43 Talunas

44 Die kleinen Männer; unser Lager wird angegriffen

45 Ich fange die Anführerin der Talunas

46 Der Rest der Talunas ist gefangen; ich lerne etwas über die Wanderer

47 Der Angriff der Wanderer; wir beenden unsere Angelegenheiten im Dorf der Mambamenschen

48 Wir bekommen drei neue Gefährten, zwei davon sind Sklavinnen

49 Es wird Krieg auf dem Fluss geben; Tende wird heute Nacht nicht angebunden

50 Der See; die uralte Stadt; wir werden die uralte Stadt betreten

51 Bila Huruma

52 Der Schreiber

53 Der Kampf; Blut und Stahl; wir überleben

54 Wir werden die uralte Stadt verlassen

55 Die Explosion; wir verlassen die uralte Stadt

56 Was sich in Nyundo zugetragen hat, dem Hauptdorf der Ukunguregion

57 Ich gehe wieder an Bord der Palms of Schendi; ich werde ein Schiff nach Port Kar nehmen

Weitere Atlantis-Titel

John Norman

Die Entdecker

Eine Veröffentlichung des Atlantis-Verlages, Stolberg Juni 2025 Titel der amerikanischen Originalausgabe EXPLORERS OF GOR © by John Norman Published in agreement with the author, c/o BAROR INTERNATIONAL INC., ARMONK, NEW YORK, USA Deutsche Übersetzung: Deborah Barnett © 2025 Atlantis Verlag Alle Rechte vorbehalten. Titelbild: Timo Kümmel E-Book: André Piotrowski ISBN der E-Book-Ausgabe (EPUB): 978-3-86402-985-1 Besuchen Sie uns im Internet:www.atlantis-verlag.de

1 Ich rede mit Samos

Sie war wirklich eine Schönheit.

Sie kniete in der Nähe des kleinen, niedrigen Tisches, hinter dem ich im Schneidersitz in der Halle von Samos saß. Am selben Tisch, ebenfalls mit überkreuzten Beinen, leistete mir Samos Gesellschaft. Er saß mir direkt gegenüber. Es war früh am Abend in Port Kar, und ich hatte mit Samos zu Abend gegessen, dem Ersten Kapitän des Kapitänsrates, dem Kongress der Kapitäne, jener Vereinigung, die über Port Kar herrscht. Die Halle mit dem großen Kartenmosaik im Boden wurde durch brennende Fackeln hell erleuchtet.

Wir hatten unser Abendessen von der Sklavin mit dem Halsreif, die nun in der Nähe von uns kniete, serviert bekommen.

Ich betrachtete sie. Sie trug eine einteilige Tunika aus Reptuch, hochausgeschnitten an den Oberschenkeln, um diese besser zur Geltung zu bringen, einen Halsreif aus Stahl mit einem Schloss und ein Brandzeichen. Ihr Brandzeichen war das typische Kajira-Zeichen von Gor.

Der erste Buchstabe des Wortes »Kajira« ist der am häufigsten benutzte Brand für weibliche Sklaven, in kursiver Schrift etwa eineinhalb Inch hoch und einen halben Inch breit. Es ist ein einfaches Zeichen und doch blumig, ein Stab verbunden mit zwei nach oben gerichteten wedelähnlichen Kringeln, die sich rechts in der Mitte des Stabes treffen. Das Zeichen hat eine entfernte Ähnlichkeit mit dem gedruckten Buchstaben »K« in vielen der westlichen Alphabete der Erde und, wie ich mutmaße, ungeachtet der vielen Unterschiede verdankt es seinen Ursprung wohl auch diesem Buchstaben.

Das goreanische Alphabet umfasst insgesamt achtundzwanzig Buchstaben, und sie alle, nehme ich an, entstammen dem einen oder anderen Alphabet der Erde. Einige zeigen eine sehr große Ähnlichkeit zu griechischen Buchstaben, wie beispielsweise das »Sidge«; andererseits könnte es aber auch Keilschrift sein, und »Tun« und »Val« stammen wahrscheinlich von volkstümlichen Handschriften ab. Mindestens sechs Buchstaben zeigen eine starke Beeinflussung durch das römische Alphabet, und sieben tun es, wenn man das »Kef«, den ersten Buchstaben in Kajira, mit dazuzählen möchte. »Shu« wird durch ein Zeichen dargestellt, welches ganz eindeutig orientalischen Ursprungs ist und »Homan« lässt sich wohl vom Kretanischen ableiten. Viele goreanische Buchstaben haben eine Vielzahl unterschiedlicher Aussprachen, abhängig von ihrem jeweiligen linguistischen Zusammenhang. Bestimmte Schreiber haben vorgeschlagen, neue Buchstaben dem goreanischen Alphabet hinzuzufügen, um diese Betonungen, die jetzt noch alternativ bei der Aussprache benötigt werden, unabhängig zu repräsentieren. Ihre Vorschläge, so scheint es, werden wohl eher nicht ins formale Goreanisch übernommen werden.

In Angelegenheiten wie dem Alphabet scheint der Konservatismus unerschütterlich zu sein. Beispielsweise ist es auch eher unwahrscheinlich, dass es Ergänzungen oder Wegnahmen in den Alphabeten der Erde geben wird, unabhängig davon, wie vernünftig diese auch wären. Ein Beispiel für diesen Konservativismus ist, dass Goreaner, und, eigentlich auch viele Menschen auf der Erde, ihre Alphabete in einer Reihenfolge lernen, die in keinem Zusammenhang mit der tatsächlichen Wahrscheinlichkeit der Verwendung der einzelnen Buchstaben steht. Dass Kinder das Alphabet so gelehrt bekommen sollten, dass es die Häufigkeiten der Buchstaben in ihrer Sprache reflektiert und dadurch ihr Lernen auch beschleunigt werden würde, scheint eine zu radikale und anstößige Idee zu sein, als dass sie jemals akzeptiert werden würde. Denkt man beispielsweise auch an den Widerstand gegen ein arithmetisch angemesseneres System der Maßeinheiten in bestimmten Teilen der Erde, das anscheinend nur aus einem Unwillen heraus entsteht, Traditionen, welche man sich vor langer Zeit schwer erarbeitet hatte, für die neue Technik zu opfern.

»Wünschen die Herren noch etwas von Linda?«, fragte das Mädchen.

»Nein«, antwortete Samos.

Sie legte ihre kleine Hand auf den Tisch, als ob sie ihn berühren wollte, um seine Berührung bettelte.

»Nein«, wiederholte Samos.

Linda zog ihre Hand zurück, senkte den Kopf und nahm das kleine Tablett von dem Gestell in der Nähe des Tisches. Ein kleines Gefäß, gefüllt mit dickem, süßem Likör aus dem fernen Turia, dem Ar des Südens, und zwei winzige Gläser, von denen wir genippt hatten, standen darauf. Ebenso ein Metallgefäß, gefüllt mit schwarzem Wein, dampfend und bitter, aus dem fernen Thentis, berühmt für seine Tarnschwärme, die kleinen gelb emaillierten Tassen, aus denen wir den schwarzen Wein getrunken hatten, die Löffel und der Zucker, eine winzige Schüssel mit Minzestäbchen und das weiche, feuchte Tuch, mit dem wir unsere Hände abgewischt hatten.

Ich hatte sehr gut gespeist.

Linda stand auf, das Tablett in ihren Händen. Der leuchtende Halsreif, eng und verschlossen, war sehr schön an ihrem Hals.

Ich erinnerte mich, wie man ihn ihr vor ein paar Monaten, als ich sie das erste Mal gesehen und sie noch einen einfachen Halsreif aus Eisen um den Hals getragen hatte, mit den brutalen Hammerschlägen eines Metallarbeiters um die Kehle gelegt hatte.

Linda schaute Samos an, ihre Lippen bebten.

Sie war das Mädchen, welches die Nachricht der Scytale zum Hause Samos gebracht hatte, ein speziell markiertes Haarband, das man um einen Speerschaft wickeln musste, um ein klares, lesbares Schriftbild zu erhalten.

Die Nachricht war für mich bestimmt und kam von Zarendargar, auch Halbohr genannt, einem Kriegsgeneral der Kurii, der mich zu sich ans Ende der Welt einlud. Meine Vermutung, dass er sich dabei auf den Pol der nördlichen Gorhalbkugel bezog, hatte sich bestätigt. Ich hatte mich mit Halbohr dort getroffen, in einem weitläufigen nördlichen Komplex, einem enormen Versorgungsdepot, das dem Ausrüsten und Auftanken und anderweitigen logistischen Aufgaben diente, mit denen die geplante Invasion von Gor, der Gegenerde, unterstützt werden sollte. Ich denke, es ist mehr als wahrscheinlich, dass Halbohr während der Zerstörung des Komplexes umkam. Sein Leichnam wurde jedoch nie gefunden.

Das Erdenmädchen, welches uns heute Abend bedient hatte, schlank, blond und blauäugig, hatte uns die Scytale überbracht. Sie hatte damals nicht einmal verstanden, dass sie eine Nachricht beförderte.

Wie anders sie jetzt zu sein schien im Vergleich zu unserer ersten Begegnung. Sie wurde ins Haus von Samos gebracht, immer noch in ihren unbeschreiblichen barbarischen Kleidern der Erde, jener männerimitierenden Bekleidung, die Jeans und das Flanellhemd des zeitgenössischen Erdenmädchens pathologisch aufbereitet, aus wirtschaftlichen und historischen Gründen, um die Fülle ihrer einzigartigen Sexualität zu verleugnen und zu untergraben. Kultur entscheidet, was die Wahrheit ist, aber die Wahrheit, Pech für die Kultur, ist sich dessen nicht bewusst. Kulturen, verrückt und blind, können auf den Felsen der Wahrheit sterben. Warum kann die Wahrheit nicht der Grundstein von Kultur sein, als ihre Nemesis? Kann man nicht eher auf den Steinfelsen der Wahrheit bauen, als seinen Kopf dagegen schlagen? Aber wie wenig Menschen können denken, wie wenige trauen sich nachzufragen, wie wenige hinterfragen wirklich? Wie kann man die Antwort auf eine Frage erhalten, die man sich nicht zu stellen traut?

Natürlich hatte Samos das Band sofort als eine Scytale erkannt. Und im Bezug auf das Mädchen hatte er ihr, ohne zu zögern und zu ihrem Entsetzen, die Kleider entfernen lassen, sie in eine kurze Sklaventunika aus Reptuch und in einen derben Halsreif aus geschwungenem Eisen gesteckt, sodass sie nicht fliehen konnte. Egal wo sie hingehen würde, würde sie als Sklavin erkannt werden. Kurz danach wurde ich in sein Haus geladen und erhielt die Nachricht. Ich hatte auch das Mädchen, das zu dieser Zeit nur Englisch sprach, befragt. Ich erinnerte mich, wie arrogant sie damals gewesen war, bis sie lernte, dass sie nicht länger unter Männern war, wie jenen, die sie von der Erde gewöhnt war. Samos hatte sie nach unten bringen und brandmarken lassen, anschließend zur Unterhaltung der Wachen benutzt und dann eingeschlossen. Ich hatte gedacht, dass er sie verkauft hätte, aber das hatte er nicht getan. Sie war in seinem Haus geblieben und bekam die Bedeutung des Halsreifs gelehrt, in vollem Ausmaß.

Ich sah das Brandzeichen auf ihrem Oberschenkel. Obwohl das Zeichen, in goreanischer Schreibschrift, der erste Buchstabe von Kajira ist, der am häufigsten verwendete goreanische Ausdruck für Sklavenmädchen, ist dessen symbolische Bedeutung, so denke ich, viel reicher. Beispielsweise das Brandzeichen der Sklaven, das »Kef«, obwohl eindeutig ein Kef, aber in Schreibschrift ist es blumiger mit den nach oben gewandten wedelähnlichen Kringeln als das normale Kef wäre. Das führt dazu, dass das Brandzeichen sehr feminin wirkt. Und es ist dieser Punkt, an dem der Symbolgehalt des Zeichens klarer wird. Die zwei wedelähnlichen Kringeln deuten auf Weiblichkeit und Schönheit hin; der Stab, in seiner kompromisslosen Härte, zeigt an, dass die Weiblichkeit der Disziplin unterworfen ist; die nach oben gewandten wedelähnlichen Kringeln stehen für komplette Offenheit und Verletzlichkeit. Es ist ein sehr einfaches, schönes Zeichen, einfach, wie es den Sklavinnen zugutekommt, schön, wie es der Frau zugutekommt.

Im Übrigen gibt es viele Brandzeichen auf Gor. Zwei, die so gut wie nie auf Gor zu finden sind, sind die Monde und Halsreif sowie Kette und Klaue. Die ersten beiden findet man häufig in bestimmten goreanischen Enklaven auf der Erde, welche als Hauptquartiere der Abgesandten der Priesterkönige dienen; auf die anderen beiden trifft man eher in den Lagern der Kuriivertreter auf der Erde; das erste Zeichen besteht aus einem Halsreif mit Verschluss und diagonal darüber aufsteigend, sich zur rechten Seite ausbreitend, drei Viertelmonde; dieses Zeichen steht dafür, dass Mädchen sich goreanischer Disziplin zu unterwerfen haben; das Kette- und Klauezeichen steht natürlich für Sklaverei und die Unterwerfung unter das Joch der Kurii. Es ist anscheinend schwierig, Goreaner für den Dienst auf der Erde zu rekrutieren, sei es für die Priesterkönige oder die Kurii. Dementsprechend werden oft einheimische Erdbewohner angeworben. Goreanische Männer, stark, lüstern, aktiv und ohne ihre Sklavinnen würden die Erde als eine sehr erbärmliche und unglückliche sexuelle Wüste erleben. Starke Männer brauchen Frauen, was ein schwacher Mann niemals verstehen wird. Ein starker Mann braucht eine Frau zu seinen Füßen, eine, die ihm ganz gehört. Alles andere erfüllt ihn nicht. Wenn ein Mann vom Fleisch der Götter gegessen hat, wird er niemals wieder das Stroh der Narren kauen.

»Du kannst dich jetzt zurückziehen«, sagte Samos zu dem Mädchen.

»Herr«, bettelte sie ihn mit Tränen in den Augen an. »Bitte, Herr.«

Vor ein paar Monaten konnte sie noch kein Goreanisch. Jetzt sprach sie es fließend und in all seinen Nuancen. Mädchen gewöhnen sich schnell an die Sprache, die ihr Herr spricht.

Samos blickte zu ihr auf. Sie stand da, lieblich, das Tablett vor sich haltend, mit den Gefäßen, den winzigen Tassen und Gläsern, den Schüsseln, den Löffeln, dem feuchten Tuch, mit dem wir unsere Hände abgewischt hatten. Sie hatte uns gut bedient, schön wie eine dienende Sklavin, sich selbst auslöschend.

»Herr«, flüsterte sie.

»Bring die Sachen in die Küche!«, befahl er ihr.

Ich sah in ihren Augen, dass sie mehr war als eine Sklavin, die bediente. Die Macht, die ein Mann über eine Frau haben kann, ist interessant.

»Ja, Herr.« Als sie sich vor Samos kniete, hatte sie die Stellung einer Vergnügungssklavin eingenommen, als sie vor mir kniete, die einer Dienerin. Samos, so hieß es, war der erste Mann, der ihr einen Sklavenorgasmus bereitet hatte. Dies geschah sechs Tage, nachdem sie in sein Haus gebracht worden war. Es wird behauptet, dass eine Frau, die einen Sklavenorgasmus erlebt hat, danach nichts anderes mehr sein kann, als die Sklavin eines Mannes. Dann ist ihr bewusst, was Männer mit ihr tun können und was sie selbst ist, eine Frau. Danach kann sie niemals mehr etwas anderes sein.

»Linda bittet um die Berührung ihres Herrn«, sagte sie. Der Name Linda war ihr Name von der Erde. Samos hatte, nachdem er ihn ihr erst im Zuge ihrer Versklavung weggenommen hatte, diesen wiedergegeben, aber dieses Mal als ihren Sklavennamen. Manchmal bekommt ein Mädchen seinen eigenen Namen als Sklavennamen; manchmal wird ihr ein anderer Name gegeben; das ist alleine von ihrem Herrn abhängig.

Linda sprach offen vor mir über ihr Bedürfnis, berührt zu werden. Sie war nicht mehr das verklemmte, negativ konditionierte Mädchen von der Erde. Sie war jetzt offen und ehrlich und wunderbar in ihrer Sklaverei, in ihrem Geständnis ihrer weiblichen Wahrheiten.

Als sie in die Augen von Samos sah, wandte sie sich schnell in Richtung Tür, aber als sie an der Tür angekommen war, drehte sie sich noch einmal herum. Tränen standen in ihren Augen.

»Nachdem du die Sachen in die Küche gebracht hast …«, sagte Samos.

»Ja, Herr«, flüsterte Linda erregt. Die kleinen gelben Tassen auf dem Tablett bewegten sich leicht. Linda zitterte. Der Schein der Fackeln spiegelte sich in ihrem Halsreif wider.

»… geh zu deinem Käfig«, befahl Samos, »und lass dich darin einschließen!«

»Ja, Herr«, antwortete sie und senkte den Kopf. Ich vermutete, dass sie weinte.

»Ich habe vom Kettenmeister gehört«, fuhr Samos fort, »dass du den Kacheltanz sehr gut gelernt hast.«

Die kleinen Tassen und Gläser wackelten auf dem Tablett. »Es freut mich, wenn Krobus das denkt.«

Der Kacheltanz wird normalerweise auf roten Kacheln vorgeführt, unterhalb der Couch des Herrn. Der Tanz selbst besteht aus Bodentanzbewegungen und zwar auf dem Rücken, dem Bauch und auf der Seite liegend. Normalerweise ist die Sklavin dabei mit dem Hals an einen Sklavenring gekettet. Der Tanz symbolisiert die Ruhelosigkeit und das Unglück einer liebeshungrigen Sklavin. Eine Vorgabe des Tanzes besagt, dass das Mädchen glaubt, es sei allein. Sie wird sich vor Verlangen winden und stöhnen. Möglicherweise wird sie ihr Herr dabei überraschen, und sie wird versuchen, ihre Hilflosigkeit und die Qual ihrer Begierde zu unterdrücken. Doch sie wird keinen Erfolg damit haben, obwohl sie sich erbärmlich vor ihm windet und ihn anbettelt, sich herabzulassen und sie zu berühren, und sie wird ihren Stolz aufgeben. Es muss nicht erwähnt werden, dass der komplette Tanz von dem Herrn beobachtet wird und dass sich beide, sowohl die Tänzerin als auch der Herr, dessen bewusst sind. Aus psychologischen Verhaltensgründen hat der Kacheltanz etwas mit Unterwerfung und Bewegung zu tun, er kann sogar eine gefangene kalte freie Frau erbarmungslos erregen; im Fall einer Sklavin kann er diese zum Schreien und Weinen bringen.

»Ich habe gehört, dass du hart daran gearbeitet hast, den Kacheltanz zu perfektionieren«, sagte Samos.

»Ich bin nur eine arme Sklavin.«

»Die letzten fünf Male, als du den Tanz aufgeführt hast, konnte Krobus nicht an sich halten, so hat er es mir erzählt, und musste dich in Besitz nehmen«, fuhr Samos fort.

»Ja, Herr«, antwortete sie lächelnd und neigte den Kopf.

»Frag nach einem Gefäß mit warmem Wasser, nach Ölen und einem Tuch sowie nach Parfüm, nachdem du in deinen Käfig gesperrt worden bist. Bade und parfümiere dich. Vielleicht lasse ich dich später in mein Gemach rufen.«

»Ja, Herr«, erwiderte sie erfreut. »Ja, Herr!«

»Sklavin!«, rief er.

»Ja, Herr«, antwortete sie und drehte sich schnell um.

»Ich bin schwerer zufriedenzustellen als Krobus.«

»Ja, Herr«, antwortete sie, dann drehte sie sich um und floh eilig aus der Halle.

»Sie ist ein hübsches Ding«, bemerkte ich.

Samos fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.

»Ja, das ist sie.«

»Ich glaube, du magst sie.«

»Unsinn! Sie ist nur eine Sklavin.«

»Vielleicht hat Samos seine Liebessklavin gefunden«, neckte ich ihn.

»Ein Mädchen von der Erde?«, lachte Samos.

»Vielleicht.«

»Absurd! Sie ist nur eine Sklavin, nur ein Ding zum Dienen und zum Vergnügenbereiten, wenn es mir gefällt.«

»Aber ist das nicht jede Sklavin, auch Liebessklavinnen?«

»Da hast du wohl recht«, antwortete Samos mit einem Lächeln. Goreanische Männer gehen streng mit ihren Sklavinnen um, auch mit denen, für die sie etwas empfinden.

»Ich denke, dass Samos, Erster Sklavenhändler in Port Kar, Erster Kapitän des Kapitänsrates, sich in ein blondes Mädchen von der Erde verliebt hat.«

Samos sah mich ärgerlich an. Dann zuckte er mit den Schultern.

»Sie ist das erste Mädchen, wo ich so etwas empfinde«, gab er zu. »Es ist etwas Interessantes. Ein komisches Gefühl.«

»Ich bemerke, dass du sie nicht verkauft hast.«

»Vielleicht tue ich das noch.«

»Ich verstehe.«

»Schon beim ersten Mal, als ich sie in meine Arme nahm, war sie in einer gewissen Weise so kläglich hilflos, anders als die anderen«, erzählte Samos.

»Ist nicht jede Sklavin in den Armen ihres Herrn kläglich hilflos?«

»Schon«, erwiderte Samos, »aber sie schien irgendwie anders zu sein, so unglaublich verletzlich.«

»Vielleicht wusste sie durch deine Berührung, dass du ihr Liebesherr bist.«

»Sie fühlte sich gut in meinen Armen an.«

»Sei stark, Samos«, sagte ich lachend.

»Das werde ich sein!«

Ich zweifelte nicht an seinen Worten. Samos war einer der härtesten Männer auf Gor. Das blonde Erdenmädchen hatte einen starken, kompromisslosen Herrn gefunden.

»Aber lass uns nicht mehr von Sklavinnen sprechen, von Mädchen, die unserem Vergnügen und der Erholung dienen, sondern von ernsteren Dingen, den Belangen von Männern.«

»Einverstanden«, sagte er.

Es gibt eine Zeit für Sklavinnen und eine Zeit für wichtige Dinge.

»Es gibt allerdings wenig Neues zu berichten bezüglich der Ereignisse in den Welten«, erklärte er mir.

»Die Kurii verhalten sich ruhig.«

»Ja.«

»Hüte dich vor einem ruhigen Feind!«, erwiderte ich mit einem Lächeln.

»Natürlich.«

»Es ist ungewöhnlich, dass du mich in dein Haus einlädst, nur um mir mitzuteilen, dass es nichts zu berichten gibt.«

»Denkst du, dass du der Einzige bist auf Gor, der ab und an im Interesse der Priesterkönige handelt?«

»Ich denke nicht. Warum?« Ich verstand die Frage nicht.

»Wie wenig wir doch über unsere Welt wissen.« Samos seufzte.

»Ich verstehe nicht.«

»Sag, was weißt du über den Cartius?«, fragte er mich.

»Es ist ein wichtiger subäquatorialer Fluss, der in westlicher oder nordwestlicher Richtung fließt, in die Regenwälder eintritt und sich in den Ushindisee ergießt, von dem dann die Flüsse Kamba und Nyoka abzweigen. Der Kamba fließt direkt in die Thassa; der Nyoka mündet in den Hafen von Schendi und fließt von dort in die Thassa.«

Die Stadt Schendi ist ein äquatorialer Freihafen, der nur wenig unterhalb des Äquators liegt, und sehr bekannt auf Gor. Zugleich ist er auch der Heimathafen der Liga der schwarzen Sklavenhändler.

»Es wurden einmal Mutmaßungen angestellt, dass der Cartius ein Zufluss des Vosk sei«, fügte Samos hinzu.

»So hat man es mich gelehrt«, antwortete ich.

»Mittlerweile wissen wir aber, dass der Thassacartius und der Cartius nicht ein und derselbe Fluss sind.«

»Man glaubte und hielt auf vielen Karten fest, dass der subäquatoriale Cartius nicht nur in den Ushindisee mündet, sondern nördlich davon wieder hervortritt und das geneigte westliche Flachland durchquert, um sich dann bei Turmus mit dem Vosk zu vereinen.«

Turmus ist der letzte große Flusshafen am Vosk, bevor die beinahe unüberwindlichen Sümpfe des Flussdeltas beginnen.

»Berechnungen des schwarzen Geografen Ramani von der Insel Anango ergaben, dass es sich bei diesen zwei Flüssen nicht um ein und denselben handeln kann, in Anbetracht der Höhenunterschiede. Sein Schüler Shaba war der erste zivilisierte Mann, der den Ushindisee umfuhr. Er fand heraus, dass der Cartius – wie heute bekannt ist – in den Ushindisee mündet, aber nur zwei Flüsse, der Kamba und Nyoka, diesen See auch wieder verlassen. Die Quelle des Nebenflusses des Vosk, jetzt auch Thassacartius genannt, wurde fünf Jahre später von einem Forscher namens Ramus von Tabor entdeckt, der sich neun Monate lang mit seiner kleinen Expedition durch die Flussstämme kämpfte und feilschte und über die sechs Katarakte hinaus in das Venhochland vordrang. Der Thassacartius mit seinen eigenen Nebenflüssen entwässert dieses Hochland und die davon abfallenden Ebenen.«

»Das ist seit mehr als einem Jahr bekannt. Warum sprichst du jetzt davon?«, fragte ich.

»Wir wissen so viele Dinge nicht.« Samos war nachdenklich geworden.

Ich zuckte mit den Schultern.

Es gibt noch viele Gebiete auf Gor, welche unerforschtes Terra incognita sind. Es gibt nur wenige Menschen, die sich beispielsweise in den Gebieten östlich des Voltai und des Thentisgebirges auskennen oder wissen, was westlich der entlegenen Inseln, in der Nähe von Cos und Tyros, zu finden ist. Noch unbefriedigender ist aber der Umstand, dass nördlich von Schendi, im Süden des Vosk und westlich von Ar, noch zahlreiche Gebiete unerschlossen sind.

»Es gab gute Gründe anzunehmen, dass der Cartius über den Ushindi zum Vosk fließt«, sagte ich.

»Ich weiß«, erwiderte Samos, »Tradition und die Richtung, welche die Flüsse nahmen. Wer hätte in den Städten schon verstehen können, dass es sich nicht um ein und denselben Fluss handelte?«

»Sogar die Bootsführer auf dem richtigen Cartius, dem subäquatorialen Cartius und jene des Thassacartius, weiter nördlich, dachten, dass es sich bei den Strömen nur um eine Wasserstraße handelt.«

»Ja«, bestätigte Samos. »So lange bis Ramani seine Berechnungen anstellte und Shaba und Ramus ihre Expeditionen durchführten –, wer hätte einen Grund gehabt, etwas anderes zu glauben?«

»Die Regenwälder haben den echten Cartius von Süden her von den meisten zivilisierten Menschen abgeschlossen«, erklärte ich, »und was an Handel betrieben wurde, beschränkte sich auf die Ubarate am südlichen Ufer des Ushindi. Damals bot es sich an, den Kamba oder den Nyoka für den Handel zu benutzen, um die Thassa zu erreichen.«

»Niemand fand es notwendig, eine Nordwestpassage vom Ushindi aus zu finden«, sagte Samos.

»Zumal jeder von der Feindseligkeit der Flussstämme wusste, an jenem Fluss, der jetzt Thassacartius heißt.«

»Genau«, stimmte Samos mir zu.

»Aber es mussten doch sicherlich bereits andere vor der Expedition von Shaba nach dem Austritt des Cartius aus dem Ushindi gesucht haben.«

»Es ist wahrscheinlich, dass solche Kundschafter von den Stämmen am Nordufer des Ushindi erschlagen wurden«, mutmaßte Samos.

»Wie kam es, dass gerade die Expedition von Shaba so erfolgreich war?«

»Hast du schon einmal etwas von Bila Huruma gehört?«

»Nur wenig.«

»Er ist ein schwarzer Ubar«, erklärte Samos, »blutrünstig und brillant, ein Mann mit Visionen und Macht, der die sechs Ubarate am südlichen Ushindi vereinigt hat, mit der Hilfe von Messer und Speer. Er hat seine Vorherrschaft bis zu den nördlichen Ufern ausgebreitet, wo er der Konföderation der hundert Dörfer Tribut, Kailiaukzähne und Frauen, abverlangt. Shabas neun Boote tragen haarige Schilde, wie Bila Hurumas Abgesandte sie verwenden an ihren Masten.«

»Das garantierte ihnen Sicherheit«, erwiderte ich.

»Sie wurden dennoch angegriffen, mehrmals sogar, aber sie überlebten. Ich denke aber auch, dass sie ohne die Autorität von Bila Huruma, dem Ubar von Ushindi, ihre Mission nicht hätten vollenden können.«

»Die Vorherrschaft von Bila Huruma an den nördlichen Ufern ist somit groß, aber noch unvollständig«, schlussfolgerte ich.

»Natürlich gibt es auch Widerstand gegen diese Vorherrschaft«, erklärte Samos, »was sich daraus schließen lässt, dass während der Expedition von Shaba Angriffe verübt wurden.«

»Er muss ein mutiger Mann sein.«

»Er rettete sechs seiner Boote und die meisten seiner Männer«, fuhr Samos fort.

»Ich finde es beeindruckend, dass ein Mann wie Bila Huruma daran interessiert war, eine geografische Mission zu unterstützen.«

»Er war mehr daran interessiert, die Nordwestpassage des Ushindi zu finden. Das könnte die Öffnung von zahlreichen neuen Märkten, die Verbesserung des Handels und die Entdeckung eines wertvollen neuen Handelsweges für die Händler des Nordens und die Produkte des Südens bedeuten.«

»Dadurch ließe sich natürlich auch die Gefahr der Beförderung auf der Thassa vermeiden«, ergänzte ich, »und, nun ja, es könnte die Tür für die Eroberung neuer Gebiete aufgestoßen werden!«

»Genau! Du denkst wie ein Krieger.«

»Aber Shabas Arbeit, so wie ich es verstanden habe, hat doch bewiesen, dass solch eine Passage nicht existiert.«

»Ja, das war das Ergebnis seiner Forschungsreise«, stimmte Samos mir zu. »Aber wenn du schon nichts über die Rolle weißt, die Bila Huruma in all dem spielte, so hast du doch sicher von den anderen Entdeckungen Shabas gehört.«

»Im Westen des Ushindi gibt es Flutgebiete und Sümpfe, von denen eine beachtliche Menge an Wasser in den See fließt«, erklärte ich. »Unter erheblichen Mühen und beschränkt auf nur vierzig Männer und zeitweise zwei Boote, welche halb gezogen und geschoben werden mussten, erreichte Shaba das westliche Ufer, was wir jetzt als den Ngaosee kennen.«

»Richtig«, sagte Samos.

»Er ist mindestens so groß wie der Ushindi, wenn nicht größer«, fuhr ich fort, »der zweite der großen Äquatorseen.«

Ich stellte mir vor, dass es ein großartiger Moment für Shaba und seine Mannschaft gewesen sein musste, als sie nach langem Plagen mit Seilen und Stangen, durchs Wasser watend und tretend, ihre beiden Schiffe zur klaren Aussicht des weiten, tiefen Ngao gebracht hatten. Anschließend waren sie erschöpft zu den anderen Booten und Männern zurückgekehrt, welche am östlichen Ufer des Ushindi auf sie gewartet hatten.

»Danach setzte Shaba die Umrundung des Ushindi fort«, erzählte Samos. »Zum ersten Mal erfasste er die Mündung des richtigen Cartius, des subäquatorialen Cartius, in den Ushindi korrekt auf einer Karte. Anschließend fuhr er weiter Richtung Westen, bis er die sechs Ubarate und das Herzstück des Reiches von Bila Huruma erreichte.«

»Ohne Zweifel wurde er dort als Held empfangen«, meinte ich.

»Ja, das wurde er. Und das war auch kein Wunder.«

»Im darauffolgenden Jahr«, fuhr ich fort, »begab er sich auf eine neue Forschungsreise, mit elf Booten und tausend Männern, die, so denke ich nun, von Bila Huruma finanziert wurde, mit dem Ziel, den Ngao so zu umrunden, wie er es mit dem Ushindi getan hatte.«

»Genau so war es.«

»Und es war dort, wo Shaba entdeckte, dass der Ngao an seinem Ostende überraschenderweise nur von einem großen Fluss gespeist wurde, einem Fluss, so groß, dass er sogar dem Vosk Konkurrenz machen konnte in seiner Breite und Größe, einem Fluss, den er dann Ua nannte.«

»Ja«, bestätige Samos.

»Allerdings ist er unpassierbar, aufgrund seiner zahlreichen Stromschnellen und Wasserfälle.«

»Das Ausmaß dieser Hindernisse ist unbekannt, genauso wie Transportmöglichkeiten und ob Straßen oder Nebenkanäle angebaut werden können.«

»Shaba und seine Männer verfolgten mit Booten den Lauf des Flusses nur ungefähr hundert Pasangs, dann mussten sie wegen der Wasserfälle umkehren.«

»Die Bila-Huruma-Wasserfälle, wie Shaba sie taufte«, ergänzte Samos.

»Die Größe der Boote machte eine Passage schwierig oder unmöglich«, sagte ich.

»Sie waren nicht zum Auseinanderbauen angefertigt. Und die Steilheit des Geländes, der Dschungel sowie die Feindseligkeit der dort ansässigen Stämme machten eine Umkehr ratsam.«

»Die Expedition von Shaba kehrte daraufhin zum Ngao zurück, vollendete seine Umkreisung und kehrte durch die Sümpfe zum Ushindi und den sechs Ubaraten zurück.«

»So war es«, stimmte Samos mir zu.

»Ein bemerkenswerter Mann!«

»Sicherlich einer der führenden Geografen und Forscher von Gor«, meinte Samos. »Ein Mann, dem höchstes Vertrauen geschenkt wird.«

»Vertrauen?«

»Shaba ist ein Agent der Priesterkönige«, fügte er hinzu.

»Das wusste ich nicht.«

»Sicher hast du aber vermutet, dass, zumindest manchmal, auch andere im Namen der Priesterkönige handeln.«

»Ja, ich vermutete es«, gab ich zu.

Allerdings hatte ich Samos in dieser Angelegenheit nie bedrängt. Es schien mir besser, nicht zu viele der Agenten der Priesterkönige zu kennen. Unsere Arbeit war – grundsätzlich – unabhängig voneinander. Das war eine notwendige Sicherheitsmaßnahme. Sollte einer von uns gefangen und gefoltert werden, so konnte er, falls er gebrochen wurde, nichts preisgeben, was er nicht wusste. Die meisten Agenten, die ich kannte, waren hauptsächlich in der Beobachtung tätig und für die Sammlung von Informationen verantwortlich. Das Haus von Samos war ein Hauptquartier, an das die meisten dieser Agenten direkt oder indirekt Bericht erstatteten. Von hier wurden zudem Tätigkeiten vieler Agenten geleitet und koordiniert. Auch war es eine Freigabestelle für Informationen, welche, in aufbereiteter Form, an das Sardar weitergeleitet wurden.

»Warum erzählst du mir das alles?«

»Folge mir«, sagte Samos und stand auf.

Ich folgte ihm dicht auf den Fersen. Wir passierten die Wachen, die an der Tür zur großen Halle standen. Samos sagte nichts. So folgte ich ihm für einige Minuten. Er durchquerte verschiedene Hallen und stieg dann über Rampen und Treppen nach unten. An verschiedenen Punkten und vor allerlei Portalen wurden Zeichen und Gegenzeichen ausgetauscht. An den dicken Wänden zeigte sich Feuchtigkeit. Wir setzten unseren Abstieg fort, durch zahlreiche Stockwerke, teilweise über Korridore, die über Käfige hinwegführten. Die hübschen Bewohnerinnen dieser Käfige sahen verängstigt zu uns auf. In einem langen Korridor kamen wir an zwei Mädchen vorbei, die nackt auf Händen und Knien, mit Bürsten und Wasser den Steinboden schrubbten. Ein Wächter mit einer Peitsche stand neben ihnen. Sie ließen sich auf den Bauch fallen, als wir an ihnen vorbeigingen, und setzen ihre Arbeit auf Händen und Knien fort, nachdem wir sie passiert hatten. Es war ruhig in den Gefängnissen, da es Zeit zum Schlafen war. Wir liefen an verschlossenen Nischen, aufgestapelten Käfigen und Zimmern zur Abfertigung, zum Training und zur Bestrafung von Sklaven vorbei. Der Raum des Brandes war leer, aber die Kohle glühte in dem Kohlenbecken, aus dem zwei Griffe herausragten. Ein Eisen ist immer heiß im Hause eines Sklavenhändlers. Man weiß nie, wann ein neues Mädchen ins Haus gebracht wird. In einem anderen Raum sah ich an den Wänden, der Größe nach sortiert, Halsreifen, Ketten sowie Hand- und Fußringe. Solche Gerätschaften werden im Haus eines Sklavenhändlers immer aufbewahrt. Jeder Halsreif, jedes Kettenglied ist gezählt. Wir gingen auch an Räumen vorbei, die Tuniken, Sklavenseide, Kosmetika und Schmuck enthielten. Die Mädchen in den Zellen werden normalerweise nackt gehalten, aber solche Dinge werden zum Training verwendet. Es gibt auch Einrichtungen zum Kochen und zum Lagern von Essen; ebenso medizinische Einrichtungen. Als wir an einer Zelle vorbeigingen, streckte ein Mädchen die Hand nach uns aus. »Ihr Herren«, wimmerte sie. Dann waren wir auch schon an ihr vorbei. Wir passierten auch Zellen mit männlichen Sklaven. Diese, normalerweise Kriminelle, Schuldner oder Kriegsgefangene, werden erst versklavt und dann üblicherweise billig verkauft und für schwere Arbeiten benutzt.

Wir setzten unseren Abstieg durch verschiedene Stockwerke fort. Der Geruch und die Feuchtigkeit, welche niemals angenehm sind in den unteren Ebenen der Zellen, wurden nun penetrant. Hier und da brannten Lampen und Fackeln. Zu einem gewissen Grad minderte dies die Feuchtigkeit. Wir kamen an einem Wachraum vorbei, in dem sich einige Männer zum Feierabend befanden. Ich schielte hinein, denn ich hörte von innen das Klimpern von Sklavenglöckchen und das helle Geräusch von Fingerzimbeln. In einem Hauch von gelber Sklavenseide, zurückgetrieben in eine Ecke, barfuß und mit Glöckchen tanzte ein Mädchen mit Halsreif; sie wiegte sich langsam vor den fünf Männern hin und her, die nicht einmal ein Yard entfernt über ihm ragten. Dann berührte ihr Rücken die Steinwand, was sie erschreckte, und die Männer nutzten die Gelegenheit, griffen nach ihr und warfen sie auf eine Decke für ihr Vergnügen. Ich sah, wie sie nach Luft schnappte und sich halb kämpfend, halb küssend in ihren Armen wand. Dann wurden ihre Arme und Beine gehalten und auseinandergespreizt, ihre Gliedmaßen, ihre schmalen Hand- und Fußgelenke mit den Glöckchen wurden festgehalten von den Händen ihres Fängers. Der Anführer war der Erste, der sich mit ihr vergnügte. Sie legte ihren Kopf zurück, hilflos, schreiend vor Lust, unterworfen.

Es dauerte nicht lange, bis wir den untersten Zellenbereich erreicht hatten, eine Zone der höchsten Sicherheit. An den Mauern rieselte das Wasser herab und an verschiedenen Stellen bildeten sich Pfützen zwischen den Bodenplatten. Ein Urt verschwand zwischen den Steinen in der Wand.

Samos blieb vor einer schweren Eisentür stehen; ein schmaler Stahlschlitz wurde geöffnet. Er murmelte die Losung für den Abend und bekam die passende Antwort. Die Tür öffnete sich; zwei Wächter standen dahinter.

Wir blieben vor der achten Zelle auf der linken Seite stehen. Samos gab den beiden Männern ein Zeichen und sie traten vor. Auf einer Seite lagen einige Seile und Haken sowie schwere Fleischstücke.

»Du darfst keinen Laut von dir geben«, wies mich Samos an und reichte mir eine Haube mit Augenschlitzen.

»Ist dieses Haus oder dessen Bewohner des Gefangenen bekannt?«

»Nein«, gab Samos mir zur Antwort.

Ich setzte die Haube auf, genauso wie Samos. Auch die Wächter taten es uns nach. Dann öffneten sie den Beobachtungsschlitz der schweren Eisentür und, nachdem sie durchgeschaut hatten, öffneten sie die Tür und ließen sie aufschwingen. Die Tür öffnete sich nach innen. Ich wartete zusammen mit Samos. Die beiden Wächter griffen nach oben, wo einige Ketten an der Tür befestigt waren und senkten einen schweren Holzsteg auf die Wasseroberfläche. Die Zelle enthielt Wasser, das trübe und dunkel war. Ich bemerkte ein Rascheln im Wasser. Der Steg schwamm, festgehalten durch die Ketten, auf dem Wasser. An einer Seite hatte der Steg über dem Wasser eine Kante aus Metall, ungefähr sechs Inch hoch. Ich hörte leises Kratzen gegen das Metall, kleine Bewegungen, als ob zahlreiche winzige Körper dagegenstießen, von denen jeder höchstens ein paar Unzen wog.

Samos stand in der Nähe der Tür und hob eine Fackel. Die beiden Wächter traten auf den Steg hinaus, der ungefähr zwanzig Fuß lang war. Die überflutete Zelle war rund und vielleicht circa fünfundvierzig Fuß im Durchmesser. In der Mitte der Zelle befand sich ein hölzerner in Metall gefasster Mast, ungefähr vier Inch im Durchmesser. Der Mast ragte etwa vier Fuß aus dem Wasser. Um diesen Mast, und gleichzeitig gestützt von ihm, befand sich eine kleine runde Plattform, die ebenfalls mit Metall bedeckt war. Die Plattform hatte einen Umfang von ungefähr zehn Inch und ragte etwa sieben oder acht Inch über dem Wasser.

Einer der Wächter trug eine lange Stange aus Holz und stieß sie ins Wasser. Das Wasser, gemessen an der Stange, war ungefähr acht Fuß tief. Der andere Wächter befestigte daraufhin ein dickes Stück Fleisch an einem der Haken, an dem ein Seil befestigt war, hielt das Stück Fleisch ein Stück von der Plattform weg und versenkte es halb ins Wasser. Beinahe augenblicklich war Tumult im Wasser in der Nähe des Fleisches, ein Schlagen und eine Unruhe in der trüben Flüssigkeit. Ich fühlte, wie Wasser gegen meine Beine spritzte, obwohl ich ein gutes Stück entfernt stand. Dann zog der Wächter den Haken aus dem Wasser. Das Fleisch war weg. Kleine Tharlarions, ähnlich denen aus den Sumpfwäldern südlich von Ar, fielen noch immer zuschnappend vom Haken. Solche kleinen, schnellen Tharlarions, zu Tausenden, können das Fleisch von einem Kailiauk in einer Ehn vom Knochen reißen.

Das Mädchen auf der Plattform, nackt, kniend, mit einem Halsreif, die Metallstange zwischen den Beinen, an die es sich mit beiden Armen klammerte, warf seinen Kopf zurück und schrie mitleiderregend auf.

Die beiden Wächter zogen sich zurück. Samos mit der Haube über dem Kopf trat nun auf den Holzsteg, der von den Ketten gestützt wurde, hinaus. Ich, ebenfalls mit einer Haube über dem Kopf, folgte ihm. Samos hob die Fackel.

Das vorderste Ende des Stegs war ungefähr ein Yard von der kleinen runden Plattform entfernt, eben jener, auf der das Mädchen kniete. Diese schmale kleine Plattform, die sie nur wenige Inch über dem mit Tharlarions gefülltem Wasser hielt.

Sie sah uns an, mitleiderregend, blinzelte im Licht der Fackel und hielt sich hilflos an dem Mast fest. Sie könnte nicht näher an den Mast gebunden sein, selbst wenn man sie mit Ketten daran befestigt hätte.

Die kleinen Augen zahlreicher Tharlarions, vielleicht um die zwei- oder dreihundert, zwischen vier bis zehn Inch lang, beobachteten sie, Nasenlöcher und Augen auf der Wasseroberfläche, reflektiert durch das Licht der Fackel.

Das Mädchen umklammerte noch fester den Mast. Mit Tränen in den Augen flehte sie uns auf Englisch an: »Bitte, bitte, bitte.«

Wie das andere Erdenmädchen von Samos, Linda, war auch sie blond und hatte blaue Augen. Sie war etwas schlanker als Linda und hatte schöne Fesseln. Ein Beinring würde sich gut an ihnen machen. Ich bemerkte, dass sie noch kein Brandzeichen trug.

»Bitte«, wimmerte sie.

Samos gab mir ein Zeichen zum Gehen. Also drehte ich mich um und ging vor ihm über den Holzsteg. Die Wächter zogen hinter uns den Holzsteg wieder hoch, sicherten ihn und schlugen die Zellentür zu. Ebenso schlossen sie den Beobachtungsschlitz und die schwere Eisentür.

Draußen steckte Samos die Fackel zurück in die Halterung und wir nahmen die Hauben ab. Ich folgte Samos durch die unteren Stockwerke an den Zellen vorbei in seine Halle.

»Ich verstehe nicht, was das alles soll, Samos.«

»Es geht um tiefgreifende Angelegenheiten. Um Angelegenheiten, die mir, wie auch dir, Sorgen bereiten.«

»Warum hast du mir das Mädchen in der Zelle gezeigt?«

»Was hältst du von ihr?«

»Ich würde sagen, sie bringt ungefähr fünf Kupfertarsks auf einem viertklassigen Markt, vielleicht sogar in einem Gruppenverkauf. Sie ist hübsch, aber nicht so exzellent, was weibliche Sklavinnen angeht. Anscheinend ist sie ahnungslos und nicht ausgebildet. Sie hat schöne Fesseln.«

»Sie spricht die Erdensprache Englisch, oder nicht?«

»Offensichtlich«, antwortete ich. »Soll ich sie befragen?«

»Nein.«

»Spricht sie Goreanisch?«

»Nur ein paar Worte.«

Es gibt natürlich verschiedene Arten herauszufinden, ob jemand eine bestimmte Sprache spricht. Man spricht beispielsweise Sätze mit einer bestimmten Bedeutung in der Sprache. Es gibt kognitive Responsen physiologischer Art, welche schwer oder gar nicht zu verstecken sind, Dinge, wie beispielsweise ein Anstieg des Pulses oder die Erweiterung der Pupille.

»Dann scheint mir die Sache recht klar zu sein«, sagte ich.

»Sag mir, was du denkst«, antwortete Samos.

»Sie ist ein einfaches Mädchen, von den Sklavenhändlern der Kurii nach Gor gebracht, Fleisch für den Halsreif.«

»Denkst du das wirklich?«

»Es sieht danach aus. Frauen, trainiert als Spione für die Kurii, sind normalerweise gut unterrichtet in Goreanisch.«

»Aber sie ist nicht so schön wie die durchschnittlich importierten Sklavinnen von der Erde, oder doch?«

»Das ist eher eine subjektive Betrachtungsweise, würde ich sagen.« Ich lächelte. »Ich denke, sie ist recht hübsch. Ob sie den üblichen Standard ihrer Ware erfüllt, ist eine andere Frage.«

»Vielleicht war sie mit einem Mädchen zusammen, das für die Sklaverei entführt wurde«, mutmaßte Samos. »Und es war einfach bequem, sie mitzubringen.«

»Vielleicht.« Ich zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich würde aber meinen, dass sie durchaus Potenzial für die Sklaverei hat.«

»Hat das nicht jede Frau?«, fragte Samos.

»Schon, aber einige Sklaven sind mehr Sklaven unter Sklaven.« Ich sah Samos an. »Ich habe großen Respekt vor dem Geschmack und Urteilsvermögen der Sklavenhändler der Kurii. Ich glaube, dass sie die Sklavin in jeder Frau erkennen können. Ich habe noch nie gehört, dass sie sich irrten.«

»Sogar die weiblichen Agenten der Kurii scheinen ausgewählt worden zu sein nach ihrem Potenzial als Sklavinnen«, sagte Samos. »Denke nur an Pepita, Elicia und Arlene.«

»Sie waren zweifellos gedacht als Geschenke und Preise für die männlichen Agenten der Kurii.«

»Sie gehören jetzt uns oder denen, an die wir sie verschenken oder verkaufen.«

»Genau«, bekräftigte ich.

»Was ist mit der Sklavin Vella?«, wollte Samos wissen.

»Sie war, meiner Meinung nach, nie nur eine Agentin der Kurii«, erwiderte ich.

»Sie verriet die Priesterkönige«, sagte er. »Und sie diente den Agenten der Kurii in der Tahari.«

»Das ist wohl wahr«, gab ich zu.

»Gib sie mir!«, forderte Samos. »Ich möchte sie an Händen und Füßen fesseln und nackt zu den Urts in den Kanal werfen.«

»Sie gehört mir! Und falls sie, an Händen und Füßen gefesselt, den Urts im Kanal zum Fraße vorgeworfen werden soll, dann werde ich das tun.«

»Wie du wünschst.«

»Ich vermute, dass das Mädchen unten in der Zelle mit den Tharlarions, ungeachtet der Tatsache, dass sie hübsch, aber weniger umwerfend als viele andere Sklavinnen ist, doch nur einfaches Fleisch für den Halsreif ist, nach Gor gebracht, um gleich an einen Sklavenhändler weitergegeben zu werden, vielleicht unter Vertragsverhandlungen.«

»Deine Vermutung in Bezug auf ihr mangelhaftes Goreanisch ist intelligent, aber, wie es scheint, falsch«, entgegnete Samos.

»Erkläre es mir!«

»Du würdest vermuten, oder nicht«, fuhr Samos fort, »dass ein solches Mädchen in Ketten gelegt und entdeckt worden wäre, nachdem sie durch die Hände eines oder mehrerer Herren gewandert ist, und einfach von der Kette weg oder auf einer Auktion gekauft wurde.«

»Natürlich! Dennoch hat sie noch kein Brandzeichen. Normalerweise brandmarken die Sklavenhändler der Kurii ihre Mädchen nicht. Es ist üblicherweise ihr erster goreanischer Herr, der ihr das Zeichen gibt.«

»Das ist gut beobachtet.«

»Wie ist sie dann in deinen Besitz geraten?«

»Eher zufällig«, antwortete Samos. »Hast du schon einmal etwas von Kapitän Bejar gehört?«

»Natürlich. Er ist ein Mitglied des Rates. Er war mit uns am 25. Se’Kara.«

Das war das Datum einer großen Seeschlacht, welche im 1. Jahr der Herrschaft des Kapitänrates in Port Kar stattgefunden hatte. Das war auch das Jahr 10120 C.A., Contasta Ar, seit der Gründung Ars. Im Moment befanden wir uns im Jahr 7 der Herrschaft des Kapitänrates in Port Kar, nach der Zeitrechnung von Ar, also im Jahr 10126 C.A. An diesem 25. Se’Kara, als die große Seeschlacht stattgefunden hatte, wurden die vereinten Flotten von Cos und Tyros vor Port Kar zurückgeschlagen. Bejar, Samos, ich und viele andere auch waren dort gewesen. Auch hatte sich Port Kar im selben Jahr erstmals einen Heim-Stein zugelegt.

»Bejar überholte während einer Schlacht auf dem Meer ein Schiff von Cos«, erklärte Samos.

Ich hörte zu. Cos und Tyros, in einer unsicheren Allianz, ein Inselubarat unter dem großäugigen Chenbar, dem Seesleen, und das andere unter dem widerlichen Lurius von Jad, waren normalerweise im Kriegszustand mit Port Kar. Allerdings hatte es schon seit mehreren Jahren keine nennenswerte Schlacht mehr gegeben. Seit längerer Zeit war Cos in Auseinandersetzungen am Vosk verwickelt. Dabei ging es um wirtschaftliche Interessenkonflikte im Bereich des Vosk selbst und seinen angrenzenden Tälern. Die Produkte und Märkte dieser Gegenden sind wirtschaftlich gesehen sehr wichtig. Obwohl die meisten Städte entlang des Flusses freie Städte sind, sind nur wenige stark genug, um Großmächte wie Cos und seinen Rivalen in diesen Gebieten, die Stadt Ar, zu ignorieren. Cos und Ar stehen im Wettbewerb miteinander, Verträge mit diesen Hafenstädten zu machen, den Verkehr und den Handel zu ihrem eigenen Nutzen zu kontrollieren. Ar hat keine Flotte, es ist eine Binnenmacht, aber die Stadt hat eine Reihe von Flussschiffen entwickelt, welche sich mit den Schiffen von Cos, welche in Cos gebaut und über Landwege an den Fluss transportiert werden, anlegten. Das Delta des Vosk, ein weitläufiges Moor, ein Gebiet mit über tausend Quadratpasangs, wo der Vosk ins Meer mündet, ist für den Schiffsverkehr geschlossen. Das Gebiet ist spurlos und heimtückisch und von den Moortharlarions und dem Raubtier Ul, einer Echse mit Flügeln mit einer Spannweite von mehreren Fuß, bewohnt. Es ist auch von den Rencebauern, die auf den Renceinseln wohnen, bevölkert, Weber des Renceschilfs, Meister des Langbogens, den sie normalerweise im Tausch mit den Bewohnern östlich des Deltas erwerben. Sie sind unter der Regierung des Moorubars, Ho-Hak, vereinigt. Sie sind Fremden gegenüber misstrauisch, wie es Goreaner im Allgemeinen sind. Auf Goreanisch wird derselbe Ausdruck für Fremder und Feind verwendet. Die Situation am Vosk wird zusätzlich durch die Anwesenheit von Voskpiraten sowie den Rivalitäten zwischen den einzelnen Städten verkompliziert.

»Das Zusammentreffen war hart, aber das Schiff, die Mannschaft, die Passagiere und die Fracht fielen an Bejar als Preis.«

»Jetzt verstehe ich, das Mädchen war Sklavenfracht auf dem Schiff, welches an Bejar ging.«

Samos lächelte.

»Ich schließe daraus, dass es kein Sklavenschiff gewesen ist«, sagte ich, »ansonsten hätte man Haare und Körperbehaarung abrasiert, um den Befall mit Schiffsläusen zu minimieren.« Ich sah ihn an. »Andererseits hätte sie natürlich auch in einem Käfig an Deck gewesen sein können.«

Es gibt kleine Käfige, welche an Deck befestigt sind. In der Nacht und bei schlechtem Wetter sind sie normalerweise mit Planen abgedeckt. Das soll den Rost verhindern.

»Es war kein Sklavenschiff«, bestätige Samos.

Ich zuckte mit den Schultern. »Ihr Oberschenkel trägt noch kein Brandzeichen, was interessant ist.« Ich sah Samos an. »Welchen Halsreif trug sie?«

»Sie trug keinen.«

»Ich verstehe nicht«, erwiderte ich. Ich war wirklich verwundert.

»Sie war wie eine freie Frau gekleidet und war unter den Passagieren«, erklärte mir Samos. »Sie wurde erst entkleidet, als sie auf dem Schiff von Bejar stand und in Ketten gelegt wurde, mitsamt den anderen gefangenen Frauen.«

»Sie war ein Passagier?«

»Ja, ein Passagier.«

»Ihre Reisepapiere waren in Ordnung?«, wollte ich wissen.

»Ja.«

»Interessant.«

»Das dachte ich auch.«

»Wieso sollte ein Mädchen von der Erde, ohne Kenntnisse in Goreanisch, ohne Brandzeichen und frei auf einem Schiff aus Cos reisen?«

»Ich denke, dass es eindeutig etwas mit den Anderen, den Kurii, zu tun hat.«

»Das scheint so zu sein«, stimmte ich ihm zu.

»Bejar«, fuhr Samos fort, »der mich gut kennt und wusste, dass ich durchaus Interesse an einem Barbarenmädchen ohne Brandzeichen, was zudem nicht Goreanisch spricht, haben würde, machte mich auf sie aufmerksam. Ich hatte sie vermummt von seinem Gefängnis hierherbringen lassen.«

»Ein interessantes Rätsel. Bist du sicher, dass du nicht wünschst, dass ich sie in ihrer Sprache verhöre?«

»Nein! Zumindest nicht im Moment.«

»Wie du wünschst.«

»Setz dich«, forderte Samos mich auf. Er zeigte auf einen Platz hinter dem Tisch, an welchem wir zu Abend gegessen hatten. Ich setzte mich im Schneidersitz hinter den Tisch; Samos tat es mir nach und setzte sich mir gegenüber.

»Erkennst du das?«, fragte Samos, griff unter seine Tunika und holte ein kleines Päckchen aus Leder hervor, welches er auffaltete. Daraus entnahm er einen großen Ring, der viel zu groß für die Finger eines Menschen war, und legte ihn auf den Tisch.

»Natürlich«, erwiderte ich, »das ist der Ring, den ich in der Tahari in meinen Besitz brachte, der das Lichtablenkungsfeld so steuert, dass er seinen Träger im sichtbaren Bereich des Spektrums unsichtbar macht.«

»Bist du dir sicher?«

Ich sah mir den Ring genauer an und hob ihn hoch. Er war schwer, aus Gold, mit einem Silberplättchen verziert. An der Außenseite, gegenüber der Fassung, befand sich ein eingelassener runder Schalter. Trug ein Kur den Ring an einem Glied seiner linken Pfote und drehte die Fassung nach innen, würde der Schalter sichtbar sein. Er könnte ihn dann mit einem Glied seiner rechten Pfote betätigen. Die linke Gehirnhälfte eines Kurs ist wie die des Menschen die dominante. Die meisten Kurii – wie die meisten Menschen – sind als Folge dieser Dominanz entsprechend »rechtspfotig« oder »rechtshändig«, sozusagen. Einmaliges Betätigen des Rings aktiviert das Feld, ein erneutes Betätigen deaktiviert wieder. Innerhalb des Unsichtbarkeitsfeldes ist das Spektrum verzerrt, erlaubt nach außen zu schauen, allerdings durch ein rötliches Licht.

»Ich denke es zumindest«, antwortete ich.

Ich sah den Ring an, den ich vor langer Zeit Samos gegeben hatte, kurz, nachdem ich aus der Tahari zurückgekommen war, damit er ihn ins Sardar für weitere Analysen schicken konnte. Ich dachte, dass so etwas für die Arbeit der Agenten der Priesterkönige von Nutzen sein könnte. Es wunderte mich, dass er nicht viel öfter von den Kurii benutzt wurde. Seitdem hatte ich nichts mehr von dem Ring gehört.

»Bist du dir absolut sicher«, fragte Samos nach, »dass dies der Ring ist, den du mir gegeben hast, damit ich ihn ins Sardar schicke?«

»Er sieht zumindest danach aus.«

»Aber ist es auch derselbe Ring?«

»Nein«, betonte ich plötzlich, als ich ihn länger betrachtete. »Nein, es ist nicht derselbe Ring. Der Ring aus der Tahari hatte einen kleinen Kratzer an der Ecke des Silberplättchens.«

»Ich hatte es auch nicht angenommen.«

»Wenn das auch ein Unsichtbarkeitsring ist, können wir uns glücklich schätzen, dass er in unsere Hände gefallen ist«, sagte ich.

»Würdest du vermuten, dass so ein Ring in die Obhut eines menschlichen Agenten gegeben wird?«

»Ich denke, das ist unwahrscheinlich.«

»Ich glaube, dass dieser Ring kein Unsichtbarkeitsfeld verbreitet«, sagte Samos.

»Ich verstehe.«

»Sei vorsichtig und betätige nicht den Schalter«, wies Samos mich an.

»Das bin ich«, antwortete ich und legte den Ring wieder hin.

»Ich möchte dir von den fünf Ringen berichten«, fuhr Samos fort. »Es handelt sich hierbei um Informationen, die ich erst kürzlich aus dem Sardar erhalten habe, aber sie basieren auf uralten Erkenntnissen, einem Kurkommandeur im Delirium entnommen, und durch verschiedene Dokumente bestätigt, die in mehreren Wracks gefunden wurden, das neueste ist ungefähr vierhundert Jahre alt. Vor langer Zeit, vielleicht vor viertausend Jahren, besaßen die Kurii eine Technologie, die ihre jetzige bei Weitem überstieg. Die Technologie, welche sie so gefährlich und fortschrittlich macht, ist nur ein Überrest der Technologie, welche weitgehend in den Stammesfehden, welche zur Zerstörung ihrer Welt beitrugen, vernichtet wurde. Die Unsichtbarkeitsringe sind das Produkt eines großen Kurwissenschaftlers, den wir mal Prasdak von den Karrashklippen nennen wollen. Er war ein heimlichtuerischer Tüftler, und bevor er starb, vernichtete er alle Pläne und Papiere. Er hinterließ jedoch fünf Ringe. Bei der Eroberung seiner Stadt, ungefähr zwei Jahre nach seinem Tod, wurden die Ringe gefunden.«

»Was wurde aus den Ringen?«

»Zwei wurden im Laufe der Geschichte der Kurii vernichtet. Einer war für eine kurze Zeit auf der Erde verschollen, ungefähr vor drei- oder viertausend Jahren, er wurde einem getöteten Kurkommandeur von einem Hirten namens Gyges entwendet, der dessen Macht nutzte, um an den Thron des Landes Lydia zu kommen, welches damals auf der Erde existierte.«

Ich nickte. Lydia, so erinnerte ich mich, war im 6. Jahrhundert vor Christus an die Perser gefallen, um eine auf der Erde gebräuchliche Zeitrechnung zu verwenden. Natürlich ereignete sich dies lange nach der Herrschaft von Gyges.

»Man wird an den Namen des Flusshafens an der Mündung des Laurius erinnert«, meinte Samos.

»Genau«, erwiderte ich. Der Name des Hafens war Lydius.

»Vielleicht gibt es da eine Verbindung«, mutmaßte Samos.

»Vielleicht, vielleicht aber auch nicht.«

Es ist schwer zu bestimmen, ob vereinzelte phonetische Ähnlichkeiten einen historischen Zusammenhang zeigen oder nicht. In diesem Fall erachtete ich es als unwahrscheinlich, betrachtete man die geografische Lage und den Lebensstil von Lydius. Auf der anderen Seite waren Männer von Lydia vielleicht in seiner Entstehung involviert gewesen. Die Reisen der Akquisition der Priesterkönige fanden zur Zeit der Antike statt, soweit ich wusste. Diese Reisen, so, wie ich es verstehe, wurden nach dem Nestkrieg eingestellt.

»Die Kurii kamen später wegen des Ringes«, fuhr Samos fort. »Gyges wurde getötet. Der Ring selbst wurde später bei einer Explosion zerstört.«

»Interessant«, sagte ich.

»So blieben zwei Ringe.«

»Einer davon war ohne Zweifel der Ring aus der Tahari«, schlussfolgerte ich.

»Ohne Zweifel«, stimmte Samos mir zu.

Ich betrachtete wieder den Ring auf dem Tisch. »Denkst du, dass dies der fünfte Ring ist?«

»Nein! Ich denke, der fünfte Ring ist zu wertvoll, um von der Stahlwelt fortgebracht zu werden, auf der er aufbewahrt wird. Ich denke nicht, dass man ihn auf Gor riskieren würde.«

»Vielleicht haben sie mittlerweile gelernt, die Ringe nachzumachen«, mutmaßte ich.

»Das ist aus zwei Gründen eher unwahrscheinlich. Erstens: Wäre es möglich, den Ring nachzubauen, wäre dies im Laufe der Geschichte der Kurii bereits geschehen, vor allem vor dem erheblichen Verlust ihrer Technologie und deren Rückzug in die Stahlwelten. Zweitens: In Anbetracht der geheimniskrämerischen Natur des Ringerfinders, dieses Prasdak von den Karrashklippen, vermute ich hier einen zusätzlichen Grund, der eine Zerlegung und darauffolgende Reproduktion der Ringe unmöglich macht.«

»Das Geheimnis könnte doch zweifelsohne von den Bewohnern des Sardars gelüftet werden«, meinte ich. »Wie weit sind sie mit dem Ring aus der Tahari gekommen?«

»Dieser Ring ist niemals im Sardar angekommen. Ich habe das erst vor einem Monat erfahren.«

Ich war so bestürzt, dass es mir die Sprache verschlug.

»Wem hattest du den Ring anvertraut, um ihn ins Sardar zu bringen?«

»Einem unserer zuverlässigsten Agenten.«

»Wem?«

»Shaba, dem Geografen aus Anango, dem Erforscher des Ushindi, dem Entdecker des Ngao und des Flusses Ua.«

»Ihm muss zweifelsohne etwas zugestoßen sein«, meinte ich.

»Das glaube ich nicht.«

»Ich verstehe nicht.«

»Dieser Ring«, erklärte Samos und zeigte dabei auf den Ring auf dem Tisch, »wurde unter den Besitztümern des Mädchens, das sich jetzt in der Tharlarionzelle befindet, gefunden. Sie hatte ihn dabei, als das Schiff von Bejar geentert wurde.«

»Dann ist es sicher nicht der fünfte Ring!«

»Aber was ist sein Zweck?«, überlegte Samos.

Ich zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung.«

»Schau her.« Samos griff nach einem flachen schwarzen Kasten von der Sorte, wie er oft zur Aufbewahrung von Papieren verwendet wird. In dem Kasten befand sich auch ein Tintenfass, oben auf dem Deckel waren Schreibfedern angebracht. Er öffnete ihn unterhalb des Bereichs, der das Tintenfass enthielt und die Aushöhlung für die Schreibfedern. Samos entnahm ihm mehrere gefaltete Papiere, Briefe mit gebrochenem Siegel, das er schon vor längerer Zeit gebrochen hatte.

»Diese Papiere wurden ebenfalls bei unserer blonden Gefangenen gefunden«, erklärte Samos.

»Was sind das für Papiere?«

»Das hier sind Reisepapiere und hier eine Bescheinigung über eine cosianische Staatsbürgerschaft, ohne Zweifel gefälscht. Auch, und das ist das Interessanteste, gibt es Empfehlungsschreiben und hier Kredite über ein Vermögen, welches an unterschiedlichen Banken in Schendis Straße der Münzen abgehoben werden soll.«

»An wen richten sich die Empfehlungsschreiben und auf wen sind die Kredite ausgeschrieben?«

»Eines ist für einen Mann namens Msaliti«, erwiderte Samos, »und das andere für Shaba.«

»Und die Kreditbriefe?«, fragte ich.

»Sie lauten auf Shaba.«

»Es hat also den Anschein, dass Shaba vorhat, den Ring an einen der Agenten der Kurii zu übergeben, dafür ein Honorar zu bekommen und anschließend den Ring, der jetzt vor uns liegt, ins Sardar zu bringen«, schlussfolgerte ich.

»Richtig«, stimmte Samos mir zu.

»Aber die Priesterkönige würden sofort beim Betätigen des Schalters merken, dass es sich bei dem Ring um eine Fälschung handelt.«

»Das fürchte ich auch. Ich vermute, wenn der Schalter gedrückt wird, löst er im Sadar eine Explosion aus.«

»Der Ring ist also höchstwahrscheinlich eine Bombe«, vermutete ich.

Samos nickte.

Als Folge von unseren Gesprächen und seiner Arbeit mit dem Sardar war er natürlich mit bestimmten technischen Möglichkeiten vertraut. Wie die meisten Goreaner hatte er aber selbst noch nie eine Explosion miterlebt.

»Ich nehme an, das wäre wohl dann wie ein Blitz«, sagte er, seine Wörter sorgfältig wählend.

»Möglicherweise werden die Priesterkönige getötet.«

»Misstrauen und Zwietracht könnten zwischen den Menschen und den Priesterkönigen dadurch gesät werden«, sagte Samos.

»Und in der Zwischenzeit haben die Kurii ihren Ring wieder und Shaba wäre ein reicher Mann.«

»So scheint es«, erwiderte Samos.

»Das Schiff war also auf dem Weg nach Schendi?«

»Natürlich.«

»Denkst du, das Mädchen in der Zelle weiß etwas davon?«

»Nein! Ich denke, sie wurde sorgfältig ausgewählt, um wenig mehr als die Papiere und den Ring zu überbringen. Wahrscheinlich sind erfahrene Kuragenten in Schendi, um den Ring in Empfang zu nehmen.«

»Vielleicht sogar Kurii.«

»Das Klima wäre schlecht für die Kurii. Aber es ist nicht unmöglich.«

»Ohne Zweifel ist Shaba untergetaucht«, mutmaßte ich. »Ich denke nicht, dass ich ihn ausfindig machen könnte, indem ich einfach nach Schendi reise.«

»Wahrscheinlich kann er über Msaliti kontaktiert werden«, glaubte Samos.

»Das wird wohl eine heikle Sache.«

Samos nickte. »Shaba ist ein sehr intelligenter Mann. Msaliti weiß wahrscheinlich nicht einmal, wo er sich aufhält. Wenn Shaba, der mit Sicherheit Msaliti kontaktiert und nicht umgekehrt, vermutet, dass etwas nicht stimmt, wird er sich nicht blicken lassen.«

»Das Mädchen ist also der Schlüssel, um Shaba zu lokalisieren. Und das ist der Grund, warum du nicht wolltest, dass ich sie verhöre, und warum sie nicht wissen darf, dass sie in deiner Gewalt ist.«

»Genau«, bestätigte Samos meine Vermutung. »Sie muss über den wahren Grund ihrer Gefangenschaft im Ungewissen gelassen werden.«

»Es ist bekannt – oder sollte bald bekannt sein –, dass ihr Schiff von Bejar übernommen wurde. Es ist wahrscheinlich bereits an seinem Pier festgemacht. Man kann sie nicht einfach freilassen und auf den Weg schicken. Das würde keiner glauben. Jeder würde vermuten, dass es sich um eine List handelt, um Shaba aus seinem Versteck zu locken.«

»Wir müssen versuchen, den Ring zurückzubekommen oder zumindest eine Übergabe an die Kurii verhindern.«

»Shaba wird die Kreditbriefe wollen«, sagte ich, »und die Kurii den falschen Ring. Ich denke, er oder die oder beide sind sehr interessiert daran, Kontakt zu unserer Gefangenen aufzunehmen.«

»So sehe ich das auch«, erwiderte Samos.

»Es ist bekannt oder wird bald bekannt werden, dass sie von Bejar gefangen wurde. Wenn seine anderen weiblichen Gefangenen zur Auktion kommen, sollte sie dabei sein, eine weitere Frau, die verkauft werden soll.«

»Sie werden als Sklavinnen verkauft.«

»Natürlich, lass sie auch als Sklavin verkaufen.«

»Ich lasse den Eisenring entfernen und sie in einem Sklavensack zurück zu Bejar schicken.«

»Ich werde der Auktion verkleidet beiwohnen und sehen, wer sie kauft.«

»Das könnte jeder sein«, warf Samos ein. »Vielleicht wird sie von einem Urtjäger oder Rudermacher gekauft. Was machen wir dann?«

»Dann gehört sie eben einem Rudermacher oder Urtjäger und wir müssen uns einen neuen Plan ausdenken.«

Urtjäger lassen Sklavinnen mit Seilen um ihren Hals neben ihren Booten im dunklen kalten Wasser schwimmen als Köder für die Urts, die, wenn sie das Mädchen angreifen wollen, aufgespießt werden. Urtjäger helfen, die Urtvorkommen in den Kanälen zu regeln.

»Einverstanden«, sagte Samos.

Er reichte mir den Ring, die Briefe und die Kredite.

»Du brauchst diese vielleicht«, sagte er, »für den Fall, dass du auf Shaba triffst. Vielleicht kannst du dich als Kuragent ausgeben, da er dich nicht kennt, und so den echten Ring im Austausch für die Papiere der Kurii erhalten. Wir können das Sardar dann warnen, damit sie Shaba mit dem falschen Ring abfangen und entsprechend mit ihm verfahren.«

»Ausgezeichnet! Diese Dokumente vergrößern natürlich die Zahl an möglichen Strategien.« Ich brachte den Ring und die Papiere in meiner Tunika unter.

»Ich bin optimistisch.«

»Ich auch.«

»Aber sei auf der Hut vor Shaba«, warnte er mich. »Er ist ein brillanter Mann. Er wird sich nicht so leicht täuschen lassen.«

Wir hatten nun alles besprochen und erhoben uns.

»Es ist schon seltsam, dass die Ringe nie nachgemacht wurden«, bemerkte ich.

»Da gibt es zweifelsohne Gründe dafür.«

Ich nickte. Das entsprach bestimmt der Wahrheit.

Wir liefen gemeinsam zur Tür der Halle, stoppten aber, bevor wir die schwere Tür erreichten.

Samos wollte noch etwas sagen.

»Kapitän«, sagte er.

»Ja, Kapitän«, antwortete ich.

»Geh nicht in das Landesinnere über Schendi hinaus. Das ist das Gebiet von Bila Huruma«, wies Samos mich an.

»Ich dachte, er sei ein großer Ubar.«

»Er ist aber auch ein sehr gefährlicher Mann und wir befinden uns in schwierigen Zeiten.«

»Er ist ein Mann mit Visionen.«

»Und bodenloser Gier«, betonte Samos.

»Aber ein Mann mit Visionen«, erinnerte ich ihn. »Plant er nicht den Ushindi und Ngao mit einem Kanal durch die Sümpfe zu verbinden, die dadurch möglicherweise trockengelegt werden?«

»Ja, die Arbeit an diesem Projekt ist bereits im Gange.«