Die Erben der Larojaner - K.B. Stock - E-Book

Die Erben der Larojaner E-Book

K. B. Stock

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Beschreibung

Alex Kranz, ehemaliger Polizeibeamter und inzwischen erfolgreicher Unternehmer, gerät am 31.08.2014 völlig überraschend in einen Kriminalfall, der sein Leben nachhaltig verändert. Einmal mehr als externer Berater des Polizeipräsidiums München angefordert, lernt er im Zuge der Ermittlungen mit Prof. Dr. Mora Klausner nicht nur seine zukünftige Frau kennen, sondern entdeckt zusammen mit der jungen Archäologin eher zufällig in einer Felsenhöhle am Hammerberg das in der Nähe des Chiemsees vor über 2.700 Jahren bei einem Meteoriteneinschlag gestrandete Raumschiff KUNTUR. Wie sich beim ersten Kontakt mit der immer noch an Bord befindlichen, unsterblichen Androidenbesatzung herausstellt, sind sowohl Alex, als auch seine spätere Ehefrau Mora, Nachfahren der ursprünglichen Besatzung. Diese hatte seinerzeit den Kontakt zum heimatlichen Laro-System aus zunächst unbekannten Gründen schon beim Erreichen der Erde verloren. Die KUNTUR, ein Explorerschiff der larojanischen Flotte, war nämlich mit dem Auftrag unterwegs, den Ursprungsplaneten des larojanischen Volkes wiederzufinden, von dem aus die Vorfahren der Larojaner vor über 60 Mio. Jahren, wegen des unmittelbar bevorstehenden Einschlags eines Doppelasteroiden, mittels ihrer hochentwickelten Raumfahrttechnologie geflohen waren. Nur war die Position dieses Planeten nach der beschwerlichen Reise durch das Weltall im Laufe der Zeit verloren gegangen und in den Aufzeichnungen der Urahnen nicht mehr präsent. Alex und Mora als neue Kommandanten der verunglückten KUNTUR gelingt es nach Einschaltung von Regierung und Behörden, unter Einsatz der phantastischen technischen Möglichkeiten der Androiden nicht nur den rätselhaften Mordanschlag auf die junge Professorin aufzuklären, sondern auch im unmittelbaren Anschluss daran noch weitere, anfangs äußerst undurchsichtige Kriminalfälle zu lösen. Gleichzeitig beschließt und beginnt man, die KUNTUR und ihre Beiboote mit Regierungshilfe wieder für interstellare Flüge instand zu setzen …

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1Aufbruch von LARO – 701 Jahre v. Chr.7

Kapitel 2Am Ziel – 700 Jahre v. Chr.12

Kapitel 3Die Landung – 700 Jahre v. Chr.15

Kapitel 4Die Katastrophe – 700 Jahre v. Chr.18

Kapitel 5Schüsse im Dunkeln – 31.08.201429

Kapitel 6Rätselraten – 01.09.201438

Kapitel 7Ein erster Verdacht – 01.09.201442

Kapitel 8Der Bodyguard – 01.09.201454

Kapitel 9Fahrt nach Bernhaupten – 01.09.201457

Kapitel 10Angriff aus der Luft – 01.09.201461

Kapitel 11Ein neuer Tag – 02.09.201478

Kapitel 12Geheimnisvolle Artefakte – 02.09.201484

Kapitel 13Laboranalysen – 02.09.201491

Kapitel 14Eine traumhafte Nacht – 02.09.201497

Kapitel 15Überraschende Erkenntnisse – 03.09.2014104

Kapitel 16Zurück in Bernhaupten – 03.09.2014114

Kapitel 17Ausgrabungsfeld nahe Bergen– 04.09.2014123

Kapitel 18Die Höhle am Hammerberg – 04.-05.09.2014128

Kapitel 19Die Entdeckung der KUNTUR – 05.09.2014136

Kapitel 20Die neue Kommandantin – 06.09.2014145

Kapitel 21Ein mutiger Plan – 07.09.2014158

Kapitel 22Ausgrabung Bergener Moos – 08.09.2014168

Kapitel 23Zwischenstopp auf dem Sonnleitnerhof174

Kapitel 24Zurück in der Firma – 08.09.2014178

Kapitel 25Frühstücksgespräche – 09.09.2014186

Kapitel 26Harte Verhandlungen – 09.09.2014189

Kapitel 27Termin im Staatsministerium – 10.09.2014196

Kapitel 28Eine Überraschung für Mora – 10.09.2014206

Kapitel 29Urlaub in Bernhaupten – 10.-14.09.2014209

Kapitel 30Transfer zum Hammerberg – 15./16.09.2014219

Kapitel 31Moras Hochzeit – 17.09.2014221

Kapitel 32Zweite Feier in Traunstein – 18.09.2014228

Kapitel 33Ein mysteriöser Mord – 19.09.2014236

Kapitel 34Besuch der Bundeskanzlerin – 19.09.2014241

Kapitel 35Bergtour mit der Kanzlerin – 20.09.2014258

Kapitel 36Abendliches Zwischenspiel – 20.09.2014279

Kapitel 37Das Geheimnisvolle Oktagon – 21.09.2014288

Kapitel 38Die Betriebsversammlung – 22.09.2014294

Kapitel 39Verlegungsvorbereitungen – 23.09.2014309

Kapitel 40Der zweite Kriminalfall – 23.09.2014315

Kapitel 41Der Dienstleistungsvertrag – 24.09.2014326

Kapitel 42Interessante Befragungen – 25.09.2014332

Kapitel 43Erste Festnahmen – 25.09.2014343

Kapitel 44Im Polizeipräsidium – 26.09.2014352

Kapitel 45Treffen im Lagezentrum – 26.09.2014358

Kapitel 46Das Ende der Oligarchin – 26.09.2014371

Kapitel 47Ausgespielt – 27.09.2014380

Kapitel 48Ein gefährliches Finale – 29.09.2014401

Kapitel 49Der Flug der Beiboote – 12.10.2014412

Kapitel 50Die Verlegung der KUNTUR – 03.11.2014425

Kapitel 51Die neue Firma – 24.11.2014432

Kapitel 52Die neue Crew der KUNTUR – 03.12.2014442

Kapitel 53Flugvorbereitungen – 12.12.2014458

Kapitel 54Der Flug zum Mars – 12. – 13.12.2014466

Kapitel 55Anschlag an Silvester – 31.12.2014478

Kapitel 56Die Jagd beginnt – 01.01.2015504

Kapitel 57Abwehr des Super-GAUs – 01.01.2015512

Kapitel 58Die Gotteskrieger – 02.01.2015554

Kapitel 59Entwicklungslinien – Januar - April 2015568

NachwortMünchen im März 2015581

Namensverzeichnis der handelnden Personen583

Impressum

Copyright © 2014 by K. B. Stock, München

Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN978-3-7375-3633-2

Anmerkung des Verfassers:

Handlung und Personen dieses Romans sind frei erfunden. Ähnlichkeiten oder Namensgleichheiten mit tatsächlichen Ereignissensowie lebenden Personen oder Organisationen sind zufällig und daherin keiner Weise beabsichtigt.

Titelabbildung Einband:

„Meteoriteneinschlag“

Quelle: www.pixabay.com

Die Erben der Larojaner

(Die Abenteuer der KUNTUR)

Band 1

Ein Science-Fiction- Kriminalroman

von K. B. Stock

Zum Inhalt des Buchs – Eine Kurzfassung

Alexander Kranz, ehemaliger Polizeibeamter und inzwischen erfolgreicher Unternehmer in der Sicherheitsbranche aus München, gerät am 31.08.2014 völlig überraschend in einen Kriminalfall, der sein Leben nachhaltig verändert. Einmal mehr als externer Berater des Polizeipräsidiums München angefordert, lernt er im Zuge der Ermittlungen mit Professor Dr. Mora Klausner nicht nur seine zukünftige Frau kennen, sondern entdeckt zusammen mit der jungen Archäologin eher zufällig in einer Felsenhöhle am Hammerberg ein dort in der Nähe des Chiemsees vor über 2.700 Jahren bei einem Meteoriteneinschlag gestrandetes Raumschiff. Wie sich bei der ersten Kontaktaufnahme mit der immer noch an Bord befindlichen, unsterblichen Androidenbesatzung herausstellt, sind sowohl Alex als auch seine spätere Frau Mora Nachfahren der larojanischen Urbesatzung.

Diese hatte seinerzeit den Kontakt zum heimatlichen Laro-System aus zunächst unbekannten Gründen schon beim Erreichen der Erde verloren. Das Raumschiff KUNTUR, ein Explorerschiff der larojanischen Flotte, hatte nämlich vor über 2.700 Jahren den Auftrag erhalten, den Ursprungsplaneten des larojanischen Volkes wiederzufinden, von dem aus die Vorfahren der Larojaner vor über 60 Millionen Jahren wegen des unmittelbar bevorstehenden Einschlags eines Doppelasteroiden mittels ihrer hochentwickelten Raumfahrttechnologie geflohen waren. Nur war bedauerlicherweise die Position dieses Planeten nach der beschwerlichen Reise durch das Weltall im Laufe der Zeit verloren gegangen und in den Aufzeichnungen der Urahnen nicht mehr präsent.

Alex und Mora als neue Kommandanten der verunglückten KUNTUR gelingt es nach Einschaltung von Regierung und Behörden, unter Einsatz der phantastischen technischen Möglichkeiten der Androiden nicht nur den rätselhaften Mordanschlag auf die junge Professorin aufzuklären, sondern auch im unmittelbaren Anschluss daran noch weitere, anfangs äußerst undurchsichtige Kriminalfälle zu lösen. Gleichzeitig beschließt und beginnt man, die KUNTUR und ihre Beiboote mit Regierungshilfe wieder für interstellare Flüge instand zu setzen ….

Von diesen Geschehnissen bis in den April des Jahres 2015 erzählt dieser erste Band meines Science-Fiction-Kriminalromans. Ich wünsche dem Leser spannende Unterhaltung.

Kapitel 1Aufbruch von LARO – 701 Jahre v. Chr.

Herzog Tarek-Khor war glücklich. Nach seiner glänzenden Karriere in der larojanischen Raumflotte, in der er als Kommandant großer Schlachtschiffe, Raumkreuzer und später als Flottenkommandeur gedient hatte, war ihm vom Systemkanzler der Zentralregierung des LARO-SYSTEMS zum Ende seines rund 50-jährigen erfolgreichen Berufslebens – nicht zuletzt wegen seiner Verdienste – ein Herzenswunsch erfüllt worden. Und so war er jetzt, am Ende seines aktiven Diensts in der Systemschutzflotte, im Alter von 70 Jahren als Kommandant des überlichtschnellen Forschungskreuzers KUNTUR in die Randzone der Milchstraße gestartet, um mit seiner rund 200-köpfigen Besatzung mehr über die ursprüngliche Herkunft des larojanischen Volks herauszubekommen. Sein erdähnlicher Heimatplanet LARO 5, zugleich die Hauptwelt des Fünf-Planeten-Systems Laro, war nämlich – wie man aus der überlieferten larojanischen Geschichtsschreibung wusste – nicht der Ursprungsplanet seines Volkes.

Die KUNTUR war ein nach dem letzten Stand der larojanischen Technik aus der brandneuen Metalllegierung ULTRANIT gefertigtes und als langgezogene zylindrische Röhre gestaltetes Forschungsschiff mit rund 200 Metern Länge. Im Durchmesser ca. 40 Meter breit und hoch, verfügte die KUNTUR über vier neuartige überlichtschnelle MPD1-Triebwerksgondeln, die – paarweise übereinander – an beiden Seiten des Schiffskörpers angebracht waren. Flüge durch den Hyperraum mit einer Reichweite von etwas mehr als 5.000 Lichtjahren waren nach Zuschaltung eines Stützfeldgenerators mit diesem neu entwickelten Plasma-Triebwerkstyp kein Problem. Jedoch war man dann mindestens 1,5 Jahre mit der maximal möglichen 5.000-fachen Lichtgeschwindigkeit unterwegs.

Angesichts unbekannter Gefahren war das Schiff beim Bau – neben leistungsfähigen Schutzschirmaggregaten – mit einer ganzen Reihe von schweren Laser-Impulsgeschützen und Photonentorpedowerfern bestückt worden, auch wenn diese gegenüber einem Schlachtkreuzer nur in deutlich geringerer Anzahl vorhanden waren. Schließlich brauchten die vielfältigen Ortungs-, Aufklärungs- und Laboreinheiten an Bord auch ihren Platz.

Zur Verstärkung der Besatzung hatte das Schiff zusätzlich 50 der erst seit wenigen Jahrzehnten auch im Raumdienst verwendeten Androiden an Bord, die sowohl im Bordbetrieb, als auch als Kämpfer und zur wissenschaftlichen Unterstützung der Forschungscrew eingesetzt werden konnten. Äußerlich waren diese künstlich geschaffenen Wesen, bis auf ihre blassere Hautfarbe und ihre grün-lila Uniformen, nicht von einem biologisch geborenen Larojaner zu unterscheiden.

LARO 5, eine kühle erdähnliche Welt mit drei Kontinenten und einem planetenumspannenden Ozean, kreiste um eine rote Zwergsonne und war – den Überlieferungen der Alten nach – vor vielen Millionen Jahren von Auswanderern besiedelt worden, die – der Sage nach – als Kolonisten von einem Planeten aus einem weit entfernten Sonnensystem gekommen waren.

Die ursprüngliche Clan-Struktur der Alten war, nach vielen kriegerischen Auseinandersetzungen auf LARO 5 selbst, zum Zeitpunkt des Starts der KUNTUR einer demokratisch legitimierten, konstitutionellen Monarchie mit einem regierenden parlamentarischen Rat gewichen.

Und erst seit man vor etlichen Jahrtausenden die beiden benachbarten heißeren Planeten des Laro-Systems, LARO 4 und 3 in der äußeren Randzone der Sonne Laro mit inzwischen weiterentwickelten hochtechnisierten Mitteln auf und unter deren Oberfläche bewohn- und damit nutzbar gemacht hatte, konnte man von einem Laro-System sprechen.

Darüber hinaus hatte man es vor einigen Jahrhunderten auch geschafft, weitere Planetensysteme in der näheren Umgebung zu erforschen, um einige davon zu besiedeln. Dazu hatte vor allem beigetragen, dass man es im Laro-System mittlerweile verstand, zuvor unbewohnbare Planeten mit einer planetenweiten Schutzschirmtechnologie so auszustatten, dass das technische Erzeugen einer künstlichen Atmosphäre kein größeres Problem mehr darstellte.

Allerdings wurde damit auch den Keim der Zwietracht und der Anlass zu verlustreichen Raumschlachten zwischen den Nachkommen der Urbevölkerung Laros und den Gouvernements der Nachbarsysteme gelegt, die noch keine 100 Jahre zurücklagen.

Doch das war inzwischen Vergangenheit – das Larojanische Reich des Jahres 701 v. Chr. hatte sich zu einem föderalen politischen Systemverbund entwickelt, der zwar nach wie vor feudal strukturiert, jetzt aber von einem gemeinsamen Systemrat demokratisch gesteuert gemeinsame Ziele verfolgte. Dies vor allem deshalb, weil man angesichts der verheerenden Opfer und Kriegsschäden allerseits eingesehen hatte, dass Krieg kein probates Mittel der Konfliktbewältigung darstellte.

Was von der ursprünglichen feudalen Struktur systemweit übrig geblieben war, waren die Titel der Oberschicht, die vor allem in der Systemadministration sowie in der Führungsebene der Raumflotte weiterhin – sozusagen als Amts- bzw. Dienstgradbezeichnungen – Bestand hatten.

Der 5. Planet der roten Zwergsonne LARO lag von der heutigen Erde aus gesehen im Sternbild Cygnus oder Schwan und war auf der Erde als Kepler-186f erst im Jahr 2014 der irdischen Geschichtsschreibung mit dem Kepler-Teleskop als bis dato erster und einziger erdähnlicher, in einer habitablen Zone liegender Planet in ca. 500 Lichtjahren Entfernung von der Erde entdeckt worden.

Aber davon wusste Herzog Tarek-Khor natürlich nichts, denn er übernahm das Kommando über das Explorerschiff zu einer Zeit, die auf der Erde der Jetztzeit mit der Angabe 701 Jahre vor Christus bezeichnet wurde.

Dort, auf der Erde, kannte man zu jener Zeit nur das im Sommer auf der Nordhalbkugel gut sichtbare Sternbild des Schwans, das auf der Erde auch als Kreuz des Nordens bezeichnet wurde und das schon den Schiffen der Phönizier als Navigationshilfe gedient hatte.

Auch auf der Erde der Jetztzeit war den Menschen nichts davon überliefert, dass in grauer Vorzeit, vor über 60 Millionen Jahren, eine Vielzahl ihrer Vorfahren, dank ihrer hochentwickelten Raumfahrt-Technologie, bei einer galaktischen Katastrophe von der Erde geflohen waren, die jetzt im Sternbild des Schwans auf Kepler-186f lebten.

Im Larojanischen Reich des Jahres 701 v. Chr. war den wenigen noch vorhandenen Aufzeichnungen zufolge nur bekannt, dass vor sehr langer Zeit Kolonisten auf dem unbesiedelten Planeten LARO 5 gelandet waren, die mutmaßlich aus dem gleichen lokalen Seitenarm der Milchstraße gekommen waren, in dem auch das Laro-System lag. Doch der genaue Ort, von dem die Vorfahren abstammten, ließ sich anhand der historischen Aufzeichnungen nach inzwischen mehr als 60 Millionen vergangenen Jahren nicht mehr ermitteln. Schließlich hatten die Alten im Zuge von Flucht und Auswanderung mit der Kolonisierung des damals einzig bewohnbaren Planeten LARO 5 genug zu tun gehabt und so war ihre ursprüngliche Herkunft irgendwann in Vergessenheit geraten.

Aber der Name des Ursprungsplaneten ihres Volkes war überliefert worden: TERRUM, so hatten die Alten ihren Ursprungsplaneten genannt, den sie anscheinend im Zuge einer kosmischen Katastrophe verlassen hatten.

Nachdem das Larojanische Reich erst in den letzten Jahrzehnten endlich befriedet worden war, hatte man im Jahr 701 vor Christus regierungsseitig jetzt wieder Kräfte und Mittel für Fernexpeditionen bereitgestellt.

Und der Auftrag von Kommandant Tarek-Khor lautete nun, das sagenhafte TERRUM wieder zu finden. TERRUM, soviel war aus den antiken Aufzeichnungen bekannt, sollte als dritter Planet eines 9-Planetensystems um eine gelbe Sonne mit Namen SOL kreisen und sich – wie schon beschrieben – angeblich in einem Fragment des gleichen lokalen Seitenarms der Galaxis befinden. Und Tarek-Khor und seine von ihm aus der Raumflotte ausgewählten Frauen und Männer waren nun auf der Suche danach.

Kapitel 2Am Ziel – 700 Jahre v. Chr.

Nahezu ein Jahr war seit dem Start des Forschungsraumschiffs KUNTUR vergangen. Zahlreiche Sonnensysteme und Planeten des leicht gebogenen, lokalen Seitenarmfragments der Milchstraße, hatte Tarek-Khor während dieser Zeit mit seiner Besatzung bislang angeflogen, erforscht und katalogisiert, ohne auf eine Spur der Vorfahren zu stoßen.

Aber Aufgeben war auch nach so langer Zeit der Abwesenheit von zuhause seine Sache nicht; schließlich hatte man noch nicht einmal ein Fünftel der für solche Explorer-Einsätze üblichen Zeitspanne erreicht.

Momentan waren Kommandant Tarek-Khor und seine Besatzung etwa 500 Lichtjahre vom heimatlichen Laro-System entfernt etwa in der Mitte des auf der heutigen Erde als Orionarm bekannten Seitenfragments der Galaxis unterwegs.

Mora-Lhan, seine überaus attraktive, jetzt 29-jährige Stellvertreterin und zugleich 1. Wissenschaftsoffizier der KUNTUR beobachtete gerade ihre gleichaltrige Cousine Karo-Ther, die als Pilotin vor den Steuerkontrollen des gegenwärtig mit Unterlichtgeschwindigkeit laufenden Schiffes saß, als der Chef der Ortungszentrale, Sero-Mir aufgeregt auf dem Hauptbildschirm der Operationszentrale erschien.

„Ich glaube, wir haben gerade ein 8-Planetensystem ausgemacht, das zwischen dem vierten und fünften Planeten von einem Trümmerring aus Asteroiden umgeben ist und das um eine gelbe Sonne kreist. Und der 3. Planet ist offenbar eine blaue Sauerstoffkugel, die nur geringfügig kleiner ist, als unsere Heimat LARO 5 – das könnte die gesuchte Ursprungswelt unserer Vorfahren sein.“

„Na dann sehen wir uns das doch mal etwas genauer an“, antwortete Tarek-Khor mit einem Blick auf Mora-Lhan und Karo-Ther, die zusammen das Schiff steuerten und navigierten.

„Neuer Kurs: 60° in die Raumdiagonale steuerbord, Raumkubus Sektor 5 bei 40° vertikalem Abstiegsvektor – und schaltet die Schutzschirme auf volle Leistung, damit wir unbeschadet durch diesen Asteroidengürtel kommen. Notfalls müssen wir uns den Weg mit unseren Impulskanonen freiräumen. Kommandant an Waffenleitzentrale: Klar bei Impulsgeschützen und klar bei Raumtorpedos“, befahl Tarek-Khor.

Karo-Ther bremste das Schiff weiter ab und begann mit dem Anflug auf die gelbe Sonne des entdeckten Systems. „Aber wir suchen doch ein 9-Planeten-System“, wandte der immer noch zugeschaltete Ortungschef Sero-Mir ein.

„Nun, die angemessene Trümmerwolke zwischen dem 4. und 5. Planeten könnten Überreste eines ehemals explodierten oder vernichteten Planeten sein“, bemerkte Mora-Lhan. „Schließlich war in den Annalen unseres Volks an verschiedenen Stellen von einer kosmischen Katastrophe die Rede, die unsere Vorfahren zum Auswandern zwang.“

Tarek-Khor beobachtete das nun in Anflugrichtung liegende Sonnensystem auf dem Hauptbildschirm der Schiffszentrale. Die ersten beiden Planeten sowie die Planeten 5 bis 8 um die gelbe Sonne vom G-Typ schienen leblos und öde. Sie hatten keine Atmosphäre und waren für organisches Leben entweder zu heiß oder Fels-, Eis- bzw. Gasriesen – und sie trugen alle sechs sichtlich kein organisches Leben.

„Ich orte eine Sauerstoffatmosphäre um den 3. und eine sehr schwache Kohlendioxidatmosphäre um den roten 4. Planeten“, gab Sero-Mir aus der Ortungszentrale durch. „Und wie es angesichts der Ergebnisse unserer Bio-Scanner und den aus dem Orbit optisch analysierten Bauwerken scheint, ist nur der 3. Planet mit intelligenten Lebewesen besiedelt, aber es gibt keine Anzeichen von Funkverkehr oder energetischen Anlagen.“

„Am besten untersuchen wir erst einmal das gesamte Sonnensystem und gehen später auf eine Kreisbahn um den 3. Planeten, um uns ein vollständiges Bild zu machen“, ordnete Kommandant Tarek-Khor daraufhin an.

Kapitel 3Die Landung – 700 Jahre v. Chr.

Knapp eine Woche hatte Tarek-Khor darauf verwendet, alle äußeren Planeten des georteten Sonnensystems zunächst einmal grob zu untersuchen. Auf allen Planeten und Monden, auf denen man in dieser Zeit entweder gelandet war, oder die man aus dem Orbit analysiert hatte, hatte seine Crew aber keinerlei Anzeichen einer früheren Besiedlung oder gar intelligenter Lebensformen entdeckt.

Nach mehreren Orbits um den 3. Planeten war hingegen klar, dass es nur dort unten Bauten und – wie die Bio-Sensoren anzeigten – auch intelligente Lebewesen gab, deren Entwicklungsstufe aber keinesfalls derjenigen der auf TERRUM damals vermutlich zurück gebliebenen larojanischen Vorfahren entsprach. Schließlich war nicht anzunehmen, dass alle Vorfahren zum Zeitpunkt der Katastrophe vor Millionen von Jahren hatten fliehen können.

„Ich denke, wir müssen auf dem offensichtlich bewohnten 3. Planeten landen, um mehr herauszufinden“, sagte Tarek-Khor, „auch wenn das unseren Prinzipien der Nichteinmischung in fremde Zivilisationen widerspricht.

Sehr wahrscheinlich haben wir es dort unten mit Nachkommen unserer Urväter zu tun, die zunächst in Folge der kosmischen Katastrophe degeneriert, jetzt wieder eine höhere Entwicklungsstufe erreicht haben. Bleiben wir also vorsichtig, wir wissen noch nicht, was uns dort unten erwartet. Deshalb werden wir auch auf der weniger besiedelten Nordhalbkugel in der Nähe dieses Hochgebirges dort herunter gehen. Kommandant an Alle: Roter Alarm für alle Decks.“

Langsam näherte sich die KUNTUR der Planetenoberfläche. In der Nähe des heutigen Chiemsees erschien eine östlich gelegene Grasebene auf den Beobachtungsbildschirmen, die von der Schiffsführung als akzeptabler Landeplatz ausgewählt wurde.

Nachdem die KUNTUR problemlos auf ihren 30 Teleskopbeinen aufgesetzt hatte, schleusten sich vier aus einem Dutzend Besatzungsmitgliedern bestehende und mit Narkose- und Impulsstrahlern bewaffnete Landetrupps aus. Zuvor hatte man vergeblich versucht, den Heimatplaneten LARO 5 via Hyperfunk über den Stand der Dinge zu unterrichten.

„Möglicherweise Streufelder oder Magnetstürme, die momentan unseren Hyperfunk stören, eine Fehlfunktion unserer Anlage schließe ich aus – schließlich klappt der Funkverkehr mit unseren Beibooten einwandfrei“, meinte der Leitende Kommunikationsoffizier Rando-Khar. „Versuchen Sie es weiterhin, schließlich erwartet unser Flottenkommando regelmäßige Standortmeldungen von uns“, entgegnete Kommandant Tarek-Khor.

Einige Tage später hatten die Landetrupps die unmittelbare Nachbarschaft des Landeplatzes in einem Radius von knapp 200 Kilometern gründlich erforscht. Die intelligenten Wesen des Planeten in der unmittelbar benachbarten Region des Vorgebirges glichen in Statur und Aussehen den Larojanern zu fast 100 Prozent, nur waren sie eher hellhäutig und hatten meist blondes oder braunes Haar, während bei den Larojanern vorwiegend ein bronzefarbener Hautton und eine schwarz glänzende Haarfarbe vorherrschte.

Die kriegerischen Planetenbewohner lebten allerdings auf einer sehr viel niedrigeren Entwicklungsstufe, sie nannten sich selbst ‚Keltoi‘, wohnten in stadtartigen Siedlungen in einer Art Sippenstruktur zusammen und sie hatten wohl schon vor einiger Zeit das Eisen als Werkstoff wiederentdeckt. Überraschenderweise empfingen sie die Larojaner unerwartet freundlich als vom Himmel herab gestiegene Götter, so dass es auch bei den anfänglich sprachlich noch schwierigen Annäherungsversuchen keine Probleme gegeben hatte.

Tarek-Khor und seine Besatzung waren sich nahezu sicher: dieser Planet musste der verschollene Ursprungsplanet seines Volkes mit Namen TERRUM sein.

Besorgniserregend war hingegen, dass man nun schon seit der Landung – trotz mehrfacher Überprüfung der Hyperfunkanlage – weder von außerhalb, noch innerhalb der Planetenatmosphäre eine Hyperfunkverbindung mit dem Heimatplaneten LARO 5 hatte aufbauen können.

Kapitel 4Die Katastrophe – 700 Jahre v. Chr.

„Wir sind jetzt bereits seit fast 3 Monaten hier und haben nahezu die gesamte Nordhalbkugel des Planeten gründlich erforscht. Deshalb sollte es uns jetzt primär darum gehen, unsere Heimat per Hyperfunk darüber zu unterrichten, dass wir sehr wahrscheinlich den gesuchten Planeten TERRUM und damit unser Herkunftssonnensystem gefunden haben“, meinte gerade der Leitende Kommunikationsoffizier Rando-Khar.

„Das machen wir schon, aber noch sind wir uns nicht ganz sicher, dass dies auch tatsächlich TERRUM und das Sonnensystem unserer Vorfahren ist“, antwortete der inzwischen auf 71 Jahre gealterte, körperlich aber immer noch äußerst fitte Kommandant Tarek-Khor, der wie alle Larojaner, seine Lebenserwartung von rund 150 Jahren erst zur Hälfte ausgeschöpft hatte.

„Schließlich haben wir noch keinen echten Beweis, wie zum Beispiel eindeutig unseren Vorfahren zuzuordnende Artefakte oder antike Bauwerke entdeckt, die diese Vermutung eindeutig belegen würden“, fügte er ergänzend an diese Erläuterung an.

„Aber Sie haben Recht“, fuhr Tarek-Khor an den Leitenden Kommunikationsoffizier gewandt fort: „Auch ich mache mir langsam Sorgen und habe keine Erklärung, warum wir LARO 5 nicht erreichen können – so lange andauernde Magnetstürme taugen als Grund hierfür sicher nicht. Falls wir bis zum Ende des kommenden Monats keine Verbindung herstellen können, brechen wir unsere Suche ab und fliegen zurück ins Laro-System. Freilich sollten wir dann angesichts des Aufwands und der Kosten unseres Fluges auch etwas Adäquates an Forschungsergebnissen vorzuweisen haben.“

„Nun, was wir bisher herausgefunden haben, ist ja immerhin schon sehr vielversprechend“, wandte jetzt Alek-Kher, der 2. Wissenschaftsoffizier der KUNTUR ein. „Die Hochkulturen entlang des südlichen Meeres, jenseits dieser Berge zeigen, dass die Evolution dort schon ein ganzes Stück weiter vorangekommen ist, als in unserem Landegebiet. Und die Religionen dieser Südkulturen, wie auch die Sagen der hiesigen Einwohner sprechen ja von Göttern, die mit Feuerwagen vor Äonen von Jahren in den Himmel gefahren sind. Auch die gentechnischen Untersuchungen der Keltoi deuten, wenn auch nicht zu 100 Prozent, auf eine Verwandtschaft zwischen uns und den hiesigen Einheimischen hin.

Und wie wir ja schon aus den Orbitaluntersuchungen wissen, gab es ja nicht nur in der Nähe unseres Landegebiets vor sehr langer Zeit ganz offensichtlich größere Meteoriteneinschläge, die mit Sicherheit fast alles Leben in einem globalen Maßstab vernichtet haben – der riesige und der kleinere Krater, den wir nordwestlich von hier erforscht haben, genauso, wie die großen Krater, die wir auf und um den zweiten großen Nord-Süd-Kontinent im westlichen Ozean geortet haben, sind dafür der Beweis. Die Grabungen, die unsere Teams mit unseren Beibooten bei den jeweiligen Geländeverwerfungen durchgeführt haben, lassen sich eindeutig auf große Meteoriten- oder gar Asteroideneinschläge vor rund 60 Millionen Jahren datieren.“

Dabei schaute Alek-Kher immer wieder auf den freien Platz der Pilotin Karo-Ther – an Bord war es inzwischen kein Geheimnis mehr, dass der 2. Offizier der KUNTUR in die Cousine von Mora-Lhan verliebt war, sich aber momentan noch scheute, ihr seine Gefühle offen zu zeigen.

Karo war derzeit nicht an Bord, weil sie den Oberbefehl über die nach wie vor an unterschiedlichen Orten operierenden Außenkommandos übernommen hatte.

„Und die ermittelte Datierung von rund 60 Millionen Jahren entspricht ebenfalls in etwa der aus unserer Geschichte bekannten Zeitspanne, zu der unsere Vorfahren damals als Aussiedler nach LARO 5 kamen“, sagte Rando-Khar.

„Aber das ist noch keine vollständige Erklärung – Kommandant, denken Sie nur an den Asteroidenring, von dem wir inzwischen annehmen, dass dies der ehemalige 5. Planet des ursprünglichen 9-Planeten-Systems gewesen sein muss“, fuhr er gerade fort, als sich die Ortungszentrale meldete. „Wahrscheinlich ist bei dessen Explosion ein größeres Stück hier auf diesem Planeten eingeschlagen“, fügte er noch hinzu, ehe Sero-Mirs Gesicht auf einer Interkom-Bildschirmkonsole der Zentrale erschien.

„Kommandant, ich habe da etwas in der Ortung, das mir äußerst merkwürdig vorkommt“, meldete Sero-Mir aufgeregt über die Interkom-Anlage. „Ich erfasse gerade ein größeres Flugobjekt, das aus dem Raum mit sehr hoher Geschwindigkeit auf unseren Standort zurast und das bereits sehr nahe ist.

Könnte wieder ein Meteor aus diesem verdammten Asteroidengürtel sein, aber ich bekomme das Objekt für eine einwandfreie Identifizierung nicht genau in die Ortung!“

„Wie viele Einsatzteams sind momentan draußen?“ fragte Kommandant Tarek-Khor sofort.

„Ungefähr die Hälfte der Besatzung ist unter Führung von Karo-Ther mit acht Beibooten im weiteren Umfeld unseres Landeplatzes unterwegs.

Und ein weiteres Boot, die KUNTUR-9, untersucht gerade unter der Leitung von Mora-Lhan nochmals aus einer niedrigen Umlaufbahn den 4. Planeten, auf dem es zwar kein Leben, aber anscheinend doch marginale Reste antiker Bauwerke zu geben scheint“, antwortete der 2. Offizier Alek-Kher.

„Verständigen Sie die Außenteams, sie sollen mit den Beibooten unverzüglich in Deckung gehen, die Schutzschirme aktivieren – und, sofern noch möglich, sofort in den freien Raum starten und sich dort mit der KUNTUR-9 treffen.

Wir starten auch – Maschinenraum klar zum Alarmstart, Schutzschirme hoch“, befahl Tarek-Khor – und in Richtung des Leitenden Funkoffiziers rief er: „Aktivieren Sie den automatischen Notruf per Hyperfunk – sofort!“

Doch die Zeit reichte nicht mehr – die Ortung hatte das anfliegende Objekt zu spät entdeckt. Zwar konnte die KUNTUR noch vom Boden abheben und an Höhe gewinnen, da zerplatzte der große Meteor schon in der Atmosphäre und stürzte in einem mächtigen feurigen Trümmerfeld im Bereich östlich des Sees zu Boden.

Die gerade startende KUNTUR wurde von der heranrasenden Druckwelle auf ein Hochplateau in der Nähe des ursprünglichen Landeplatzes geschleudert und dort unter herabstürzenden Fels- und Geröllmassen begraben. Fünf der acht gestarteten Shuttles hatten es geschafft, dem herabstürzenden Trümmerregen zu entkommen. Drei Boote waren hingegen mit größeren glühenden Fragmenten kollidiert und trotz der Schutzschirme mitsamt ihren Besatzungen explodiert.

Die somit übrig gebliebenen sechs Beiboote, darunter auch die vom heutzutage ‚MARS‘ genannten 4. Planeten zurückgeeilte KUNTUR-9, hatten den Notstart und den Absturz der KUNTUR mitverfolgt und hielten sich nun mit ihren Aggregaten zur Schwerkraftneutralisation lautlos ca. 10.000 m hoch über der Unglücksstelle. Allen überlebenden Shuttlekommandanten war sofort klar, dass man mit der Reichweite und Kapazität ihrer Kleinschiffe keine interstellaren Distanzen überwinden konnte, womit ein Rückflug nach LARO 5 sowieso nicht zur Debatte stand. Deshalb beschloss man, als der Trümmerregen abgeebbt war, erneut in der Nähe der havarierten KUNTUR zu landen.

„Stellvertretende Kommandantin an alle Beiboote: Wir gehen jetzt zunächst tiefer. Wenn sich die Staub- und Trümmerwolke gelegt hat, machen wir uns anschließend auf die Suche nach der verunglückten KUNTUR – vielleicht gibt es ja Überlebende“, gab Mora-Lhan von der KUNTUR-9 aus über Normalfunk Befehl an die übrigen verbliebenen fünf Boote. Einen Notruf in die Heimat schenkte sie sich, da sie wusste, dass die schwachen Hyperfunkgeräte der Beiboote den Heimatplaneten ohnehin nicht erreichen konnten.

Es dauerte eine geschlagene Woche, ehe die Beiboote wieder einen Anflug zur Absturzstelle der KUNTUR wagen konnten. Die Ebene des ehemaligen Landeplatzes und etliche Siedlungen der Keltoi waren komplett durch das Wasser des benachbarten Sees überflutet worden – schon aus dem Orbit war zu erkennen gewesen, dass ein Tsunami die östlichen Konturen des Sees deutlich verändert und einen Teil der Siedlungen mit allem Leben verschlungen hatte.

Nach Abgleich aller Ortungsaufzeichnungen der Boote wurde die Absturzstelle der KUNTUR auf einem höheren Plateau des Vorgebirges genau lokalisiert. Mit den starr in Flugrichtung in die Beiboote eingebauten Impulsstrahlern gelang es schließlich, an das havarierte Schiff heranzukommen und die große Bodenschleuse, die jetzt ein wenig schräg auf der Seite lag, vorsichtig zu öffnen. Dazu hatten die Beiboote mit ihren Thermostrahlern zunächst den Platz auf einer Seite der Absturzstelle eingeebnet und das Geröll sowie herabgestürztes Felsgestein weggeschmolzen.

Und trotz allem Unglück – es gab Überlebende der ungeheuerlichen Katastrophe. Rund 40 der an Bord verbliebenen Besatzungsmitglieder, darunter auch der unglückliche Kommandant Tarek-Khor, der 2. Offizier Alek-Kher und die übrigen zurück gebliebenen Führungsoffiziere, hatten es in der besonders stark gepanzerten Zentrale des Schiffs – wenn auch mehr oder weniger stark verletzt – schließlich geschafft, am Leben zu bleiben.

Auch die äußerst robusten Androiden hatten keinen Schaden davon getragen. Allerdings hatten die meisten Crewmitglieder, die in den äußeren Bereichen des Schiffs und in der Antriebssektion Dienst getan hatten und sich nicht mehr anschnallen konnten, wegen des Ausfalls der Andruckneutralisatoren keine Überlebenschance gehabt.

Mora-Lhan traf auf einen vollkommen am Boden zerstörten Kommandanten. So hatte sich dieser die Durchführung seines letzten dienstlichen Auftrags ganz sicher nicht vorgestellt. Tarek-Khor war schwer verwundet und nur noch ein Schatten seiner selbst, da er nicht wusste, ob sein letzter Befehl zum Notruf nach LARO 5 noch rechtzeitig ausgeführt worden war.

Mit Blick auf die ziemlich demolierte Funkzentrale blieb das auch weiterhin im Ungewissen, da die Hyperfunkanlage und damit alle Aufzeichnungen ein- und ausgehender Sendungen beim Aufprall am Boden beschädigt worden waren.

Tarek-Khor erlag schließlich noch im Jahr der Katastrophe seinen Verletzungen und Mora-Lhan übernahm endgültig das Kommando über das havarierte Schiff.

Zum Glück waren die unzerstörbare Schiffshülle aus Ultranit und vor allem die weiter im Inneren gelegenen Labors und die medizinische Abteilung des Schiffs weitestgehend von der Katastrophe verschont geblieben, so dass wenigstens den zahlreichen leichter Verletzten unter den Besatzungsmitgliedern rasch geholfen werden konnte.

Nach etlichen Monaten stand jedoch fest, dass die KUNTUR mit Bordmitteln und ohne Zuhilfenahme einheimischer Unterstützung und Rohstoffe nicht mehr würde starten können, weil auch der Maschinenraum und der Hauptantrieb im Heck große Schäden davon getragen hatten.

Vor allem die mit Deuteriumoxyd(D2O) gekühlten Hochleistungsreaktoren des Schiffs hatten diesen für die Energieerzeugung unverzichtbaren Moderatorstoff nahezu vollständig verloren, da alle an der Schiffshülle gelegenen Tanks mit schwerem Wasser, wie auch die für die Plasmatriebwerke nötigen Argontanks bei dem enormen Aufprall leck geschlagen waren. Und unterstützende irdische Technologie, vor allem zur alternativen Energieerzeugung oder zur chemischen Gewinnung von Deuteriumoxyd und Argon, gab es natürlich im Jahr 700 v. Chr. noch nicht.

Darüber hinaus wiesen die Wandler und Generatoren zur Erzeugung des für den Überlichtflug unabdingbar erforderlichen Stützfeldes ebenfalls starke Schäden auf, die mit Bordmitteln nicht zu beheben waren. Eine derartige Technik würde wahrscheinlich erst in sehr vielen Jahrhunderten nutzbar sein, vorausgesetzt, die Evolution und damit die Technologie der derzeitigen Erdbewohner würden sich in diese Richtung fortentwickeln.

Die atomgetriebenen Bordbatterien des Schiffs funktionierten zwar noch einwandfrei, allerdings reichten sie mit ihrer gespeicherten Energie keinesfalls für Start und Flugantrieb der KUNTUR aus. Auch die empfindlichen Hyperfunkaggregate der KUNTUR konnten mit den an Bord vorhandenen Ersatzteilen allein nicht mehr instand gesetzt werden. Damit war man sowohl sende- als auch empfangsseitig endgültig vom heimatlichen Laro-System abgeschnitten.

Nachdem auch etliche Jahre später kein Schiff der larojanischen Flotte auf den zum Beginn der Katastrophe möglicherweise noch abgesandten Notruf der KUNTUR reagiert hatte, stand am Ende fest: Die überlebenden 112 Larojaner würden auf dem Planeten TERRUM bleiben und sich mit der einheimischen Bevölkerung, der sie in den umliegenden Regionen nach der Katastrophe so gut wie möglich halfen, arrangieren müssen.

Auch wenn die Pilotin Karo-Ther das Werben des 2. Offiziers, Alek-Kher, schließlich und in Anbetracht ihrer hoffnungslosen Lage mit Wohlwollen angenommen hatte, fanden die beiden Verliebten in den Wirren nach dem Absturz der KUNTUR doch nicht, wie allerseits erwartet, auf Dauer zueinander.

Weil Karo bei ihrer Cousine Mora bleiben wollte, die nach dem Tod des Kommandanten Tarek-Khor als dessen Stellvertreterin die Verantwortung für die jetzt noch 92 Überlebenden trug, war Alek enttäuscht, dass seine Geliebte die Bitte, mit allen nur leichtverletzten Überlebenden zu den aus dem Orbit beobachten Hochkulturen am südöstlichen Rand des großen Meeres auf der anderen Seite des Hochgebirges zu ziehen, rundweg ablehnte.

„Wir können die KUNTUR und unsere Schwerverletzten hier nicht im Stich lassen. Außerdem habe ich hier erst mal genug zu tun, um den Menschen vor Ort das Leben nach der Katastrophe wieder halbwegs erträglich zu gestalten und machbare Reparaturen am Schiff in Angriff zu nehmen – und ich werde als einziger Bordingenieur meine Cousine Mora-Lhan nicht im Stich lassen.

Dennoch, du hast in der Sache Recht und ich fände es gut, wenn einige von uns den Planeten weiter erkunden würden. Nimm also einen Teil unserer Ausrüstung und nutze deine besondere Fähigkeit zur Teleportation, dann kannst du mit einem ausgewählten Team bereits in wenigen Monaten an der Ostküste des Südmeeres sein und im Notfall auch auf dem gleichen Weg zu mir und unserer Basis zurückspringen.

Wir können uns ja, wen du fort bist, über unsere Funkgeräte verständigen, zumindest, solange die Dinger noch funktionieren. Leider, mein geliebter Alek, hat dir unser oberster Rat bei unserer Konditionierung vor dem Abflug ja nicht – so, wie Mora und mir – die Gabe der Telepathie verliehen, dann wäre die Verständigung sehr viel einfacher.“

Alek-Kher, den sonst nichts so leicht aus der Ruhe bringen konnte, sagte: „Dann bleibe ich eben auch hier und helfe dir bei deinen Aufgaben.“ Doch Karo schüttelte den Kopf: „Alek, wir haben trotz allem nach wie vor einen Auftrag zu erfüllen und ich wäre ein schlechter Flottenoffizier, wenn ich jetzt all unsere Regeln brechen würde.

Genauso wie ich das tue, musst gerade du als inzwischen zum 1. Wissenschaftsoffizier aufgerücktes Führungsmitglied unserer Besatzung deine Pflicht erfüllen und mit deiner Teleporterfähigkeit die Hochkulturen der südlichen Hemisphäre rund um das kleine Mittelmeer dieses Planeten auf mögliche materielle Hilfsmittel für unsere ausstehenden Reparaturen untersuchen. Unsere sechs noch intakten Beiboote müssen wir nämlich auf Befehl der neuen Kommandantin zur Erforschung der übrigen vier Kontinente, der Pole und des Mondes einsetzen.“

Und so machte sich Alek-Kher schließlich mit einem 12 Mann starken Trupp nach Süden auf. Seine Fähigkeit als Teleporter, sich selbst und jeden beliebigen, von ihm berührten Gegenstand mit der Kraft seiner Gedanken an jeden gewünschten Ort in einem Radius von bis zu 1.000 km zu versetzen, half ihm dabei, das Hochgebirge zu überwinden. Er erreichte mit seinen Leuten nach dennoch langer und beschwerlicher Reise, bei der er seine kräfteraubenden Teleportationskünste nur sparsam einsetzten konnte, schließlich die Küste des heutigen Ägypten.

Und nachdem der Funkverkehr mit der Basis nördlich der Alpen nach etlichen Jahren wegen entladener Energiezellen der Geräte schließlich abriss und Alek-Kher in einem Kampf mit kriegerischen Einheimischen sein Leben verlor, blieb die Südexpedition der Gestrandeten auf Dauer verschollen.

Karo-Ther konnte diesen Verlust lange nicht verwinden. Auch wenn sie es nicht wahrhaben wollte, ihr geliebter Alek war offensichtlich daran gehindert, zu ihr zurückzukehren und schlimmer noch, er war wahrscheinlich nicht mehr am Leben.

Und er würde seinen Sohn, Alek-Lhun, den sie trotz Chaos und Verzweiflung nach der Katastrophe gezeugt hatten, niemals kennenlernen. Was Karo aber noch viel mehr bedrückte, war die Tatsache, dass sie ihrem geliebten Alek die Tatsache ihrer Schwangerschaft vor dessen Abreise vorenthalten hatte.

Auch Mora-Lhan schenkte etwa zur gleichen Zeit, wie ihre Cousine Karo-Ther, ihrem als Ehemann gewählten Partner Sero-Mir eine Tochter, die sie Mora-Lhun nannte. Karos Sohn, Alek-Lhun, wuchs zusammen mit ihr heran und nahm der Kommandantin im Lauf der Zeit immer mehr und mehr von ihrer Führungsverantwortung ab.

Zuvor aber ging er im Alter von 25 Jahren auf die Suche nach seinem verschollenen Vater Alek-Kher – eine Maßnahme, zu der sich seine Mutter Karo nie hatte aufraffen können. Alek-Lhun, der wie sein Vater ein natürlicher Teleporter war, entdeckte Spuren der ehemaligen Expedition in der heutigen Euphrat Ebene, konnte aber keine Überlebenden der Expedition finden. Somit kehrte er nach Monaten unverrichteter Dinge zur inzwischen weiter dezimierten Gruppe der Überlebenden in den heutigen Chiemgau zurück.

Mora-Lhan und Karo-Ther starben schließlich viele Jahrzehnte später nach einem erfüllten Leben im Alter von 100 bzw. 120 Jahren in einer Siedlung in der Nähe des Absturzorts der KUNTUR, deren zweiter Kommandant bzw. deren Pilotin die beiden gewesen waren.

Auch die KUNTUR selbst war noch Jahrzehnte nach der Katastrophe – soweit das mit den verbliebenen Werkzeugen, Ersatzteilen und mit tatkräftiger Hilfe der Androiden machbar war – zur Heimstätte eines Teils der Gestrandeten ausgebaut worden und nachdem auch die sechs noch funktionsfähigen Beiboote schon ziemlich bald keinen Argon-Plasmatreibstoff mehr hatten, wurden diese letztendlich noch zu Moras und Karos Lebzeiten in mehreren der inzwischen freigelegten Hangars der KUNTUR eingemottet.

Die überlebenden Larojaner und ihre direkten Nachkommen zogen in den darauffolgenden Jahrzehnten sukzessive aus der KUNTUR aus und vermischten sich mit der Zeit immer mehr mit der eingeborenen Bevölkerung. Ihre gemischtrassigen Kinder und Kindeskinder wanderten schließlich mit den einheimischen Stämmen als geachtete Druiden nach Westen und Norden und vergaßen nach vielen Generationen allmählich, woher ihre Eltern, Großeltern und Urgroßeltern einst gekommen waren.

Die letzten reinrassigen Nachkommen der Ur-Besatzung versiegelten schließlich die Schleusenzugänge zur KUNTUR und tarnten diese mit Felsgeröll und Bewuchs. Zugleich wiesen sie die an Bord gebliebenen Androiden an, den Verschlusszustand bis zum Eintreffen von Hilfe aus der Heimat aufrecht zu erhalten und sich selbst im Stand-By-Modus an die sicher noch für Jahrtausende laufenden atomgetriebenen Bordbatterien des Schiffs zu koppeln.

Um eine Erkennung der zum Zutritt Berechtigten zu gewährleisten, hatten die Letzten, die die KUNTUR verließen, die typischen Gehirnwellenmuster der Larojaner in der Programmierung der Androiden verankert. Damit war sichergestellt, dass kein Unbefugter jemals Einlass zur jetzt wieder komplett verschütteten KUNTUR erlangen würde.

So erstarb allmählich das Leben in und um das Wrack der KUNTUR, alle Schiffssysteme waren herunter gefahren und abgeschaltet worden und nur noch die Androiden wachten im Stand-By-Betrieb über das, was von dem stolzen Forschungsschiff KUNTUR übrig geblieben war.

2.714 Jahre nach der Katastrophe, im Jahr 2014 der Jetztzeit, war die steinige Anhöhe auf dem Hochplateau nahe des heutigen Chiemsees, welche die KUNTUR verbarg, von der Vegetation völlig überwuchert sowie immer mehr und mehr von Steinschlägen und Geröll verschüttet worden und somit schon seit vielen Jahrhunderten dem endgültigen Vergessen anheim gegeben. Und nur noch der als kleine Felsenhöhle getarnte Zugang zur Hauptschleuse des Schiffs hätte Eingeweihte auf das Versteck der KUNTUR hinweisen können.

Kapitel 5Schüsse im Dunkeln – 31.08.2014

Ein regnerischer Sonntagabend im Spätsommer des Jahres 2014. Der in der privaten Sicherheitsbranche tätige Unternehmer Alexander Kranz hatte den Nachmittag bei einem Freund aus Schultagen, Bernhard Baron von Selb, in Bernried verbracht. Bernhard hatte ihn nämlich schon vor Wochen gebeten, doch einmal an einem Wochenende das elektronische Sicherungssystem seiner besonders exquisiten Kunst- und Antiquitätensammlung in seinem Haus in Bernried am Starnberger See zu begutachten, um es dann nötigenfalls mit seiner Firma auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Das hatte länger als von Alex geplant gedauert und so hatte er sich noch von Bernhard zu einem Abendbrot überreden lassen.

Jetzt, gegen 18:30 Uhr, war er wieder auf dem Rückweg nach München, wo er sich werktags mit seiner Firma K&H Security nicht nur um den Verkauf und die Installation von technischen Absicherungssystemen und das Angebot von Security-Dienstleistungen, sondern in Zusammenarbeit mit seinen ehemaligen Kollegen von der Polizei München mittlerweile auch immer häufiger um die Aufklärung von Kunstdiebstählen und vor allem um die Wiederbeschaffung entsprechenden Diebesguts kümmerte.

Aufgewachsen war Alex Kranz auf einem bayerischen Bauernhof, den seine schon damals sehr betagten Eltern kurz vor ihrem Tod verkauft hatten. Da es sonst keine Verwandtschaft gab, hatte Alex damit schon in jungen Jahren ein beträchtliches Vermögen geerbt,

Schon während seines Kriminalistik- und Informatikstudiums hatte Kranz sein Interesse an historischen Artefakten und Kunstgegenständen entdeckt. Seither war er in seiner Freizeit oft auf großen und kleineren Antikmärkten unterwegs – immer mit dem Ziel, inmitten des zuhauf angebotenen Kitschs verborgene Schätze zu entdecken. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil seiner Meinung nach ‚Sehen und Anfassen‘ eindeutig bessere Kaufentscheidungen lieferten, als wenn er sich die Sachen im Internet betrachtet hätte.

Den Besuch des Andechser Antiquitätenmarkts an diesem Sonntag hatte er aber leider verpasst, weil es ihm wichtiger war, seinem ziemlich vermögenden Freund zu helfen. „Na dann halt das nächste Mal“, dachte Alex, als er schließlich am frühen Sonntagabend bei Seeshaupt auf die Autobahn A95 nach München einbog.

In seinem anfänglichen Berufsleben als IT-Spezialist und wissenschaftlicher Ermittler im Kriminaltechnischen Institut des Bayerischen Landeskriminalamts (BLKA), das hausintern meist nur als ‚KTI‘ bezeichnet wurde, hatte er sich auf die Untersuchung von Kunstdiebstählen aller Art sowie auf die Auswertung elektronischer Spuren spezialisiert.

Da er mit der Zeit feststellte, dass er nicht mehr Tag für Tag im Labor oder vor einem Bildschirm verbringen wollte, strebte er nach einiger Zeit einen Wechsel von der Abteilung II (KTI) zum Kriminalfachdezernat 6 an, um stattdessen bei der Suche nach verschwundenen oder gestohlenen, hoch versicherten Kunstgegenständen im operativen Bereich der kriminalistischen Polizeiarbeit mitzuwirken.

Wegen seiner profunden kriminaltechnischen Kenntnisse waren seine damaligen Vorgesetzten diesem Wunsch gefolgt und hatten ihn als Quereinsteiger im Alter von 25 Jahren im Rang eines Kriminalrats in das KFD 62 (Zentrale Ermittlungen / Diebstahl / Ausländerkriminalität) des Polizeipräsidiums München versetzt.

Gerade in Oberbayern und im benachbarten Österreich hatten zu jener Zeit Kirchen- und Museumsdiebstähle stark zugenommen, aber auch reiche Privatleute in Stadt und Landkreis mussten, trotz umfassender Sicherung ihrer Anwesen, immer öfter feststellen, dass sie bei längerer Abwesenheit Opfer einschlägiger Kunstdiebe geworden waren. Häufiger waren dabei aus dem Ausland agierende Banden als Auftraggeber und Täter ermittelt worden, die meist auch vor Gewaltanwendung nicht zurückschreckten.

Und bei Alexander, den seine Freunde kurz Alex nannten, hatte sich – nach erfolgreicher Aufklärungsarbeit und vielen gelungenen Wiederbeschaffungen in seinen letzten 5 Jahren als Polizeibeamter – mehr und mehr die Idee der Selbständigkeit in den Vordergrund gedrängt. Im Alter von 30 Jahren hatte er diesen Schritt unter Einsatz seines geerbten Vermögens gewagt und angesichts seines Erfolgs in den letzten fünf Jahren privatwirtschaftlicher Tätigkeit auch nie bereut.

Inzwischen war er Chef einer sehr gut laufenden Security-Firma, die sowohl für Versicherungen, immer öfter aber auch für Privatleute direkt arbeitete und die ihm bereits über das investierte Kapital hinaus ein hübsches Vermögen eingebracht hatte.

Dabei ging es inzwischen nicht mehr nur um die Diebstahlsaufklärung und Wiederbeschaffung, sondern in letzter Zeit vermehrt auch um die präventive Installation von ausgeklügelt entwickelten, technischen Sicherheitssystemen bei seiner wohlhabenden Privatkundschaft.

Wegen des in diesem Zusammenhang von ihm erkannten Schutzbedarfs seiner vermögenden Klientel, hatte Alex vor wenigen Jahren in seiner Firma zusätzlich eine ‚Gruppe Personenschutz’ als drittes Standbein von K&H Security aufgebaut – ein Angebot, das inzwischen immer häufiger von seiner meist prominenten Kundschaft angenommen wurde. Außerdem arbeitete er nach wie vor noch immer als zeitweiser und gefragter Berater für die Münchener Kripo.

Zugegebenermaßen war aber, wegen der inzwischen sehr guten Auftragslage, sein Privatleben ein Stück weit auf der Strecke geblieben. Sein schon lange glücklich verheirateter Partner und Geschäftsführer Hans Huber und seine ebenfalls seit Jahren verheiratete Sekretärin Susanne hatten schon des Öfteren versucht, ihn, den gut aussehenden Junggesellen, mit Damen aus der sogenannten besseren Gesellschaft zu verkuppeln.

Freilich waren beide dabei wenig erfolgreich gewesen, denn meist hatte Alex dafür aufgrund gerade laufender aufwändiger Ermittlungsarbeiten keine Zeit – und mit Kundinnen fing er sowieso schon aus Prinzip nichts an.

„Was du dringend mal brauchst, mein lieber Alexander, ist ein längerer Urlaub“, hatte Susanne ihm gerade erst am Freitag anlässlich eines erfolgreich abgeschlossenen Falls nahe gelegt. „Sonst endest du noch als vertrocknete Jungfrau – geh‘ halt endlich mal unter die Leute – wenn du niemanden kennen lernst, wird das sonst nie was mit einer Familie und jünger und schöner wirst du mit deinen bald 40 Jahren ja schließlich auch nicht.“

Mit seinem vollen Namen, den er traditionsgemäß seiner väterlichen Abstammungslinie verdankte, redete Susanne ihn nur an, wenn sie Alex ärgern oder von der Ernsthaftigkeit ihres Ansinnens überzeugen wollte – oder immer dann, falls aller Spaß ein Ende hatte.

„Du siehst mit deinen 35 Lenzen jetzt ja noch ganz passabel aus, bist im Job unter den Führenden unserer Branche, da wird es langsam Zeit, mal ein wenig auszuspannen. Und wenn du das nicht selbst in Angriff nimmst, buche ich dir einen Urlaub im Mekka aller Junggesellen auf Teneriffa, ohne dich vorher zu fragen.“

„Und wer kümmert sich dann um unsere Aufträge?“, hatte Alex – eher belustigt von Susannes Ansinnen – entgegnet. „Mein lieber Alex, unser Laden läuft doch prima und dein Kumpel Hansi und ich, können die Firma auch mal einige Wochen lang alleine schmeißen“, hatte Susanne entgegnet. „Und, falls du es vergessen haben solltest, hast du ja auch noch so um die 100 ziemlich fähige weitere Mitarbeiter – oder?“

Als er mit seinem BMW 640d Cabrio so in der heraufziehenden Dämmerung des trotz leichtem Regens noch immer sommerlich warmen Abends auf der ziemlich unbelebten, nassen A95 in Richtung München fuhr, dachte er grinsend über diese Worte seiner Vorzimmerlöwin nach.

Sie hatte ja Recht und ein Urlaub in den bayerischen Bergen wäre etwas, mit dem er sich durchaus anfreunden konnte. Besser vielleicht noch ein kunsthistorischer Trip zu einer Ausgrabungsstätte in den Voralpen, die ja inzwischen immer öfter von seriösen Reiseveranstaltern unter wissenschaftlicher Anleitung und in Zusammenarbeit mit einigen Universitäten des Freistaats angeboten wurden.

Aber Teneriffa, das kam für Alex überhaupt nicht in Frage; noch schlimmer wäre da nur der Ballermann auf Mallorca gewesen. Auch wenn Alex kein ausgewiesener ‚Bergfex‘ war und nie die ganz große Lust zum Erklimmen der heimatlichen Gipfel entwickelt hatte, konnte er sich dagegen erholsame Spaziergänge in der heimischen Bergwelt oder die körperliche Arbeit auf einem archäologischen Ausgrabungsfeld ganz gut als erholsame und entspannende Urlaubsmaßnahme vorstellen.

Wie er so diesem Gedanken nachhing, wurde er ein stückweit nach dem Starnberger Dreieck von einem mit hohem Tempo fahrenden roten BMW Z4 Sportwagen überholt. Gleich dahinter hing ein schwarzer Audi Q7 Geländewagen, der bei diesem Wetter nicht weniger kopflos mit über 200 Sachen fuhr. „Idioten“, dachte Alex, „die fünf Minuten, die ihr bis zur 80er Zone vor München schneller seid, sind das Risiko wirklich nicht wert. Und übrigens fahrt ihr hier bereits in einer bei Nässe auf Tempo 80 begrenzten Zone.“

Kurz vor München-Fürstenried wurde der Verkehr wieder ein wenig dichter und er hatte die beiden Raser inzwischen wieder auf 300 Metern Abstand vor sich, als es plötzlich seitlich aus dem Audi Geländewagen heraus zweimal hell aufblitzte. Der Fahrer des roten BMW-Sportwagens, der auf der rechten Spur fuhr, verlor daraufhin die Kontrolle über sein Fahrzeug und knallte mit immer noch überhöhter Geschwindigkeit in die rechte Leitplanke, wo er – daran entlang seitlich schliddernd – erst nach einigen 100 Metern zum Stehen kam.

Während der schwarze Audi nach kurzem Bremsen wieder beschleunigte und sich offenbar aus dem Staub machte, fuhr Alex mit eingeschalteter Warnblinkanlage auf den Standstreifen und hielt ein stückweit hinter dem verunglückten BMW Z4. Als er an der Tür des Wagens rüttelte, sah Alex unter der rauchenden Motorhaube bereits erste bläuliche Flämmchen herauszüngeln. „Jetzt aber Tempo“, sagte er sich und riss die Fahrertür auf.

Der Fahrer, oder – wie er erst jetzt sah – die Fahrerin, war dank der ausgelösten Airbags kaum verletzt, allerdings hatte ihr der harte Aufprall das Bewusstsein geraubt. Alex zog die junge Frau schnellstens im Bergegriff aus ihrem Fahrzeug und brachte sie auf einer Decke aus seinem Fahrzeug in die stabile Seitenlage. Danach sicherte er die Unfallstelle mit seinem Warndreieck. Und gerade als er per Handy den Notruf absetzte, um Polizei, Feuerwehr sowie Notarzt zu verständigen, schossen erste hohe Flammen aus der Motorhaube des Z4, der binnen der nächsten fünf Minuten vollständig in Flammen stand.

Alex griff rasch nach seinem Feuerlöscher und rannte, nachdem er die Vitalzeichen der geretteten Fahrerin überprüft hatte, erneut zu dem verunfallten Fahrzeug. Vor allem kam es ihm darauf an, die Fahrerseite zu bearbeiten, da er ja die beiden Feuerblitze aus dem auf der Mittelspur vorbeiziehenden Audi Geländewagen in guter Erinnerung hatte.

„Könnte gut sein, dass aus dem überholenden Audi Q7 auf die Fahrerin geschossen wurde“, gab er den zuerst eingetroffenen Beamten der Autobahnpolizei Starnberg zu Protokoll. „Ich bin überzeugt, dass ich Mündungsfeuer aus einer Waffe gesehen habe, die von dem Q7 aus zweimal in Richtung des BMWs abgefeuert wurde.“

Die Fahrerin des BMWs war inzwischen mit dem Notarztwagen in eine Münchener Klinik unterwegs und die Feuerwehr hatte das an der Leitplanke klebende Wrack des BMW Z4 rasch gelöscht. „Ich denke, wir werden das Fahrzeug erst mal zur kriminaltechnischen Untersuchung nach München bringen lassen“, sagte der aufnehmende Beamte, Polizeioberkommissar Hartmut Stein.

„Übrigens, Herr Kranz, Ihr Name und Ihr Gesicht kommen mir irgendwie bekannt vor, sind Sie etwa ein Kollege?“ „Nicht mehr, Herr Stein, aber Sie haben recht – ich glaube, wir sind uns im KTI München früher schon mal über den Weg gelaufen. Inzwischen bin ich freier Unternehmer im Security-Bereich, berate aber die Kripo München immer noch von Zeit zu Zeit.“ „Aha, also daher kommt’s“, bemerkte POK3 Stein mit einem anerkennenden Blick auf Alex 6er BMW, „hat mich gefreut Sie mal wieder zu treffen.“ Alex schüttelte Stein die Hand und ging in Richtung seines Fahrzeugs, drehte sich aber dann noch einmal um.

„Da wär noch was, Herr Stein“, sagte er, „ich weiß, dass Ihnen das ja eigentlich verboten ist, aber können Sie mir sagen, wie die Verunglückte heißt und in welches Krankenhaus sie eingeliefert wird?“ „Einem ehemaligen Kollegen kann ich das ja wohl kaum abschlagen, Herr Kranz. Übrigens erinnere ich mich jetzt, dass Sie damals der jüngste wissenschaftliche Ermittler des KTI waren – deshalb habe ich mir wohl auch Ihren Namen behalten.

Also, die schöne Frau Dr. Mora Klausner ist auf dem Weg ins Großhaderner Klinikum – alles Weitere müssen Sie aber bei den Kollegen der Münchener Kripo erfragen, da wir den Fall dorthin abgeben werden, weil die Tat ja schon in deren Zuständigkeitsbereich passiert ist.

Wir waren halt nur mal wieder schneller vor Ort als die Münchener Kollegen, da unsere Autobahnpolizeistation ja nur wenige Kilometer von hier entfernt liegt.“ „Ich danke Ihnen für die Auskunft, ich denke, ich werde Frau Klausner demnächst mal besuchen, aber keine Angst, ich werde vorher die Münchener Kollegen um Erlaubnis bitten“, verabschiedete sich Kranz von POK Stein.

Schon auf dem Weg nach Hause in seine Penthousewohnung in Schwabing rief Alex seinen alten Mitstreiter, den inzwischen Leitenden Polizeidirektor Hans Breitner vom Auto aus an. „Du Hans, ich muss morgen mal bei dir vorbeikommen, ich war heute Zeuge eines versuchten Mords an einer Frau Dr. Mora Klausner auf der Garmischer Autobahn kurz vor Fürstenried und da bist doch – soweit ich das noch weiß – du mit deinen Leuten von der Mordkommission zuständig.“

„Du alter Casanova“, sagte Hans Breitner, dem als Chef der Abteilung Einsatz im Polizeipräsidium München auch die mit Kommissariat 11 (K 11) bezeichnete Mordkommission im Kriminalfachdezernat 1 (KFD 1) unterstand. „Wahrscheinlich willst du alter Schwerenöter nur mal wieder ein Date klarmachen und hast die Adresse deiner Angebeteten nicht bekommen.“

„Nein Hans, das ist wirklich ernst – kein Scheiß, ihr habt den Fall spätestens morgen früh sowieso auf dem Tisch und ich bin Zeuge des Vorfalls, ihr müsst mich also ohnehin vernehmen.“ „Also gut, mein Lieber, wie wäre es dann mit 10:00 Uhr morgen früh hier bei mir im Präsidium, oder schlaft ihr Unternehmer zu der Zeit noch?“

„Okay, Hans, bis morgen früh dann – und nein, um 10:00 Uhr fährt der Unternehmer Kranz sonst schon seine zweite Vormittagsschicht“, sagte Alex lachend, ehe er die Freisprecheinrichtung abschaltete.

Kapitel 6Rätselraten – 01.09.2014

Am darauf folgenden Montag, dem 01. September 2014, war Alex Kranz um 10:00 Uhr pünktlich in der Ettstrasse in München zur Stelle. Sein alter Freund Hans Breitner schien im Polizeipräsidium schon auf ihn gewartet zu haben. „Da bist du ja endlich, altes Haus“, begrüßte er Alex freudig, aber doch sichtbar angespannt. „Scheint so, dass du noch immer in brisante und stets rätselhafte Fälle hineinstolperst“, sagte Breitner. Ich kann mich noch gut erinnern, wie du damals als kriminaltechnischer Ermittler im KTI den mysteriösen Fall der Nymphenburger Seriendiebstähle einschließlich der damit verbundenen Morde nur mit deinen wissenschaftlichen Labor-Ermittlungen aufgeklärt hast.

Und hier, mit dem Anschlag auf Frau Professor Dr. Klausner haben wir offenbar wieder solch einen undurchsichtigen Fall auf dem Tisch. Was anscheinend auf den ersten Blick als Unfall getarnt werden sollte, ist natürlich in Wirklichkeit keiner.

Die Untersuchungen meiner Leute vom K 11 sowie des KTIs von heute Nacht haben ganz klar gezeigt, dass definitiv zweimal auf das Auto von Frau Klausner geschossen wurde. Die Einschusslöcher in die Karosserie sind – trotz des Brands – an der linken Seitenfront des Motorraums und im Heckbereich des Fahrzeugs auf Höhe des hinteren linken Kotflügels klar nachweisbar.

Frau Klausner hatte großes Glück, dass sie nicht getroffen wurde. Und jetzt kommt’s: Die Löcher weisen auf eine ziemlich großkalibrige militärische Waffe hin, aber laut KTI waren auch nach eingehender Untersuchung nur winzigste, nicht mehr zuzuordnende Geschossfragmente im Fahrzeugwrack zu finden – sieht fast so aus, als ob hier ein Hohlspitzgeschoss militärischen Typs verwendet worden wäre, dass sich bei Eintritt in das Fahrzeug restlos zerlegt hat.“

„Na ja, alles was ich dazu beitragen kann ist Folgendes“, erwiderte Alex:

„Ich habe ein völlig blödsinniges Autorennen zwischen einem roten BMW Z4 und einem schwarzen Audi Q7 verfolgt und dachte erst, dass sich hier zwei vermögende Vollidioten wieder mal, trotz nasser Fahrbahn, ein Rennen auf der Autobahn liefern.

Ernst wurde die Sache erst kurz vor München, die Wagen fuhren trotz des regnerischen Wetters, bereits vor der ständigen Geschwindigkeitsbeschränkung mit Höchsttempo nebeneinander, als vermutlich von einem Insassen des Audis auf das daneben fahrende Fahrzeug mit was auch immer gefeuert wurde. Ich konnte die beiden Feuerlanzen an der Seite des Q7 ganz gut sehen, habe aber keine Idee, was für eine Waffe das gewesen sein könnte. Jedoch schließe ich nach meiner Erfahrung und nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe, eine normale Handwaffe oder ein handelsübliches Jagd- oder Schrotgewehr auf jeden Fall aus.“

„Tja, das hilft uns zwar nicht wirklich weiter“, sagte Hans Breitner, „aber wie ich dich kenne, gehst du der Sache sowieso weiter nach. Übrigens zieht die Angelegenheit inzwischen schon Kreise bis in die Politik und dein Parteifreund, der Innenminister, hat angewiesen, dass ich dich nach deiner Verfügbarkeit als Berater und Sonderermittler fragen soll.

Was haben wir denn noch: Frau Professor Dr. Klausner ist 27 Jahre alt, Single und sie ist in Fachkreisen als zwar noch junge, aber dennoch bereits renommierte Archäologin und Kunsthistorikerin bekannt. Derzeit leitet sie für die Ludwig-Maximilians-Universität München, bei der sie auch als eine der jüngsten Honorarprofessorinnen in Bayern einen Lehrauftrag hat, eine Ausgrabung in der Nähe des Chiemsees – und die Presse macht uns inzwischen schon die Hölle wegen dieses Anschlags heiß.“

„Und sie wohnt offenbar in der Nähe von Traunstein, ich kann mich an das TS auf ihrem Kennzeichen noch gut erinnern“, erwiderte Alex nach kurzem Nachdenken. „Du hast recht“, sagte Breitner, „sie wohnt in der Nähe von Bernhaupten bei ihrem Vater Max auf einem ehemaligen Bauernhof. Der Vater selbst betreibt in Traunstein einen angesehenen, sehr exquisiten Kunst- und Antiquitätenhandel.“

„Ja, ich glaube, dass mir der Nachname deshalb so bekannt vorkommt, ich muss im Büro mal nachsehen, ob meine Firma schon mal mit ihrem Vater zu tun hatte. Und ja, ihr könnt mich gerne als Berater engagieren, ich hatte sowieso vor, in den nächsten Wochen mal eine geschäftliche Pause einzulegen. Allerdings wird mich die liebe Susanne kreuzigen, wenn sie erfährt, dass ich doch keinen richtigen Urlaub mache – aber ich hatte eh‘ vor in die Berge zu fahren, warum also nicht nach Traunstein und Bernhaupten.“

Damit erhob sich Alex und verabschiedete sich von Breitner mit den Worten: „Ich packs dann mal und fahre jetzt ins Krankenhaus nach Großhadern, um mit Frau Dr. Klausner zu sprechen, ehe sie dort wieder entlassen wird. Schließlich ist es vor allem wichtig, dass wir das Tatmotiv herausbekommen. Und ich glaube es ist auch ganz gut, wenn jemand in den kommenden Wochen auf sie aufpasst. Wenn die Presse schon über die Sache berichtet, wissen inzwischen auch der oder die Täter, dass der Anschlag in die Hose gegangen ist.“

„Also gut“, sagte Breitner, „bitte unterzeichne noch diesen Wisch hier, bevor du gehst – wir wollen ja, dass alles seine Ordnung hat und deine Mitarbeit an dem Fall auf rechtlich einwandfreien Füßen steht. Und nimm auch diesen Ausweis mit, der dich als Ermittler der Polizei legitimiert.

Übrigens der Leiter der Mordkommission im KFD 1, EKHK4 Kurt Schröder, ist der direkte Ansprechpartner für dich und deine Leute, falls du mich mal nicht erreichst und er wird sich freuen, dass du uns in dieser Sache helfen willst – schließlich wart ihr beide ja schon während deiner Zeit im KFD 6 befreundet.“

„Sind wir immer noch, und ich wusste gar nicht, dass er’s inzwischen zum Ersten Kriminalhauptkommissar (EKHK) und Leiter deiner Mordkommission geschafft hat – na ja, er war ja schon immer ein Spitzenpolizist. Leider habe ich Kurt Schröder schon lange nicht mehr gesehen – in der Kunstszene haben wir es ja Gottseidank nicht gerade täglich mit Mord und Totschlag zu tun.“

Alex nahm die grüne Kennkarte mit dem Polizeistern und seinem Konterfei vom Tisch: „Kriminaloberrat z.b.V. – toll, wusste gar nicht, dass ihr mich mittlerweile von meinem alten Rang ‚Kriminalrat‘ zum ‚Oberrat der Reserve‘ befördert habt“, sagte Alex grinsend und schüttelte Hans Breitner die Hand.

„Tja, da du ja wie immer ohne Sold und nur gegen Ersatz deiner Spesen für uns arbeitest, kostet den Innenminister die hiermit offiziell ausgesprochene Beförderung ja auch nicht viel. Hier ist übrigens noch die Urkunde dazu – ein Bier darauf können wir ja später mal trinken.“

„Das machen wir Hans – wir bleiben in Verbindung – und wenn’s was Neues gibt, rufe ich dich an.“

Kapitel 7Ein erster Verdacht – 01.09.2014

Nachdem Alex gegen 11:30 Uhr an der Pforte im Klinikum Großhadern endlich die Zimmernummer von Mora Klausner herausgefunden hatte, machte er sich auf in den 2. Stock. Zimmer 208 war leicht zu finden, da ein Beamter in Uniform im Flur vor der Tür Wache hielt. Alex wies sich mit seiner neuen Kennkarte bei ihm aus und fragte, ob es schon andere Besucher gegeben hätte. „Bisher nicht“, antwortete der Beamte, „aber soviel ich weiß, ist der Vater von Frau Dr. Klausner auf dem Weg hierher.“ Alex bedankte sich und klopfte an die Tür.

„Grüß Gott, Frau Dr. Klausner, mein Name ist Alexander Kranz und ich arbeite für die Münchener Polizei. Ich bin übrigens auch derjenige, der Sie am Sonntagabend aus ihrem Auto gezogen hat – wie geht es ihnen denn inzwischen?“

Trotz ihrer Krankenhausbekleidung war Alex sofort von der äußerst attraktiven Mora fasziniert, auch wenn sich ihre gute Figur unter der Bettdecke nur erahnen ließ. Während seiner Rettungsaktion, hatte er darauf gar nicht näher geachtet.

„Wohl proportioniert, eindrucksvolles Gesicht, dunkler südländisch wirkender Teint, schwarzer, kurz geschnittener Lockenkopf, der sie etwas burschikos wirken lässt – und ein herzförmiger, verhalten lächelnder Kussmund, den man nicht so schnell vergisst“, dachte Alex. „Alles in allem eine äußerst attraktive Person, in die man sich glatt verlieben könnte“, dachte sich Alex und bemerkte gar nicht, das dieses Feuer schon von der ersten Minute seines Besuchs an in ihm brannte.

Mora betrachtete den fremden Besucher eingehend mit ihren grünen Augen. Dessen sportliche Figur, die kurz geschnittenen braunen Haare und sein scharf geschnittenes, gebräuntes Profil mit den stahlblauen freundlichen Augen sowie sein höfliches und zuvorkommendes Auftreten waren ihr ganz offensichtlich nicht unsympathisch.

Das umso mehr, weil sie mit dem sogenannten starken Geschlecht bisher überhaupt keine guten Erfahrungen gemacht hatte. Zweimal war sie schon auf Blender hereingefallen, die zwar gutaussehend, am Ende doch nichts im Hirn hatten und nur mit ihr ins Bett gewollt hatten.

Deshalb hatte sie bislang bei nachfolgenden Annäherungsversuchen immer sofort die Flucht ergriffen und die letzte ihrer abschreckenden Kurzbeziehungen lag auch schon ein gutes Jahr zurück, in dem sie sich stattdessen – sehr zum Leidwesen ihrs Vaters – ganz in ihrer wissenschaftlichen Arbeit vergraben hatte. Immerhin war es noch gar nicht so lange her, dass ihr Vater sie gefragt hatte, ob sie jetzt endgültig zu einer kratzbürstigen ‚Eisernen Jungfrau‘ mutieren wolle.

„Dieser hübsche Kerl könnte mir schon gefallen und wäre es wahrscheinlich wert, mal meine Regeln zu brechen“, dachte Mora, aber wahrscheinlich ist er, wie alle braven Beamten, seit Jahren verheiratet und hat zuhause Frau und einen Sack voller Kinder.“

„Wie ein Polizist sehen Sie ja nicht gerade aus“, sagte sie nach der ersten Musterung mit leicht spöttischen Unterton, „oder läuft die Münchner Polizei neuerdings in Designerklamotten herum? Ach ja, und herzlichen Dank, dass Sie mich gestern aus meinem Auto gezogen haben – alleine hätte ich das wohl nicht geschafft.“

„Gern geschehen – und zu Ihrer Frage, Frau Dr. Klausner – nein ich bin eigentlich kein Polizist mehr, sondern hauptberuflich inzwischen als Unternehmer im privaten Security-Bereich tätig – ich arbeite aber hin und wieder im Auftrag des Herrn Innenministers für die Münchner Kripo und tue das auch in diesem Fall – ich werde Ihnen deshalb als Personenschützer vorerst nicht von der Pelle weichen“, antwortete Alex.

„Scheint, dass mein lieber Herr Vater hier mal wieder die Hände im Spiel hat; er und der Innenminister sind alte Freunde“, erwiderte Mora. „Aber was sagt denn Ihre Familie dazu, wenn Sie jetzt rund um die Uhr meinen Leibwächter spielen?

Und zu Ihrer Frage von vorhin: Ja, es geht mir mittlerweile wieder ganz gut, außer ein paar blauer Flecke vom Airbag und einem Schleudertrauma, das mir diese hübsche Halskrause und Kopfschmerzen eingebracht hat, hätte es schlimmer kommen können.

Übrigens heiße ich Mora, das ist ein uralter Name, der in meiner Familie traditionell immer in der weiblichen Linie weiter gereicht wird. Leider ist meine Mutter schon vor etlichen Jahren bei einem Unfall gestorben, deshalb bin ich froh, dass Sie rechtzeitig zur Stelle waren, um die letzte Trägerin dieses Namens zu retten.“

„Okay Mora – nebenbei, meine Freunde nennen mich Alex und so können Sie mich ab sofort auch nennen. Was die Frage nach meiner Familie angeht, machen Sie sich mal keine Sorgen – ich habe nämlich keine und meine Firma kann mal ein paar Wochen ohne mich auskommen. Und ich hatte ohnehin vor, demnächst mal einen Kurzurlaub in den Bergen einzuschieben.

Aber haben Sie eine Ahnung, warum aus dem Audi auf Sie geschossen wurde?“ fuhr Alex fort. „Und gibt es vielleicht in Ihrem beruflichen oder privaten Umfeld Feinde, die Ihnen nach dem Leben trachten?“

„Nun, ich bin eine gewöhnliche Archäologin mit Lehrauftrag an der LMU und arbeite viel bei Ausgrabungen für mehrere deutsche Universitäten. Außerdem fertige ich hin und wieder Gutachten zu kunsthistorisch bedeutsamen Objekten an, da kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ich jemand so verärgert haben könnte, dass er mich dermaßen hasst und meinen Tod wünscht“.

Mora machte eine Pause und legte sinnierend die Stirn in Falten. „Ach ja, ich glaube, dass mir in meinem Beruf auch schon mal Ihr Name untergekommen ist. Ich habe erst Letztens einige Gutachten für einen Baron von Selb in Bernried erstellt. Wenn Sie mich fragen, ein sehr windiger Typ, denn zwei meiner Gutachten hat er nämlich bis heute noch nicht bezahlt.

Bei meinem letzten Besuch habe ich ihm übrigens geraten, die veralteten Überwachungs- und Sicherungssysteme seiner großen Kunstsammlung an den Stand der Technik anzupassen. Baron von Selb sagte mir daraufhin, dass er in seinem Freundeskreis jemanden habe, der darauf spezialisiert sei – und dabei fiel, wenn ich mich recht erinnere, Ihr Name.“