Die Mundhure / Wintersonne / Sojasauce rezeptfrei - Sophie Andresky - E-Book

Die Mundhure / Wintersonne / Sojasauce rezeptfrei E-Book

Sophie Andresky

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Beschreibung

Die Kurzgeschichten in diesem E-Book erschienen erstmals in dem Sammelband «Tiefer». Lustvoll und erotisch – Sex pur. Sie hat magische Augen, sie sieht Dinge, die andere nicht sehen. Besonders im Schwarzlicht vom Ulysses. Dorthin kommt man nicht zum Tanzen, dort geht es nur um Sex. Und dort verdient sie in abgeschiedenen Nischen und bei hämmernden Beats gutes Geld ... /// Die 40-jährige ist dagegen lieber tagsüber unterwegs. Vielleicht liegt es am merkwürdigen Licht des strahlenden Wintermorgens, dass sie einen jungen Tramper einfach in ihren Wagen steigen lässt und mit ihm zum nächsten Motel fährt? /// Sabines Mann Rüdiger schließlich benimmt sich manchmal wie ein tollwütiger Gorilla. Nur gut, dass die schöne Apothekerin mit den sanften Händen gleich unten im Haus Sabine das Leben versüßt … Sophie Andreskys Geschichten erzählen unverkrampft und freizügig vom Sex, von nicht alltäglichen Phantasien und der Freude daran, sich das zu nehmen, was man möchte.

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Seitenzahl: 32

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Sophie Andresky

Die Mundhure. Wintersonne. Sojasauce rezeptfrei

Inhaltsverzeichnis

Die Mundhure

Wintersonne

Sojasauce rezeptfrei

Die Mundhure

In guten Nächten mache ich sechs- bis siebenhundert Mark im Ulysses. Ich bleibe, bis es draußen hell wird und auch der letzte Kunde auf allen vieren zum Taxistand gekrochen ist. Die Zeit zwischen Sonntagmorgen und Freitagmittag kommt mir viel unwirklicher vor als das bunt zuckende Licht, die dröhnende Musik, die noch tagelang als schrilles Fiepen in meinem Kopf sitzt wie ein großes Insekt. Ich bin als Studentin eingeschrieben, Betriebswirtschaft, aber mal ehrlich: Der wahre Betrieb ist woanders, und die Wirtschaft ankurbeln kann ich im Ulysses auch besser als im Hörsaal. Wenn mich jemand fragt, was ich so mache, antworte ich: «Ich bin sozusagen selbständig» oder: «Ich habe viel mit Menschen zu tun.» Das reicht dann schon.

Den Rest der Woche sitze ich mit einer Jumbotasse Milchkaffee am Fenster, schütte esslöffelweise Zucker hinein und trinke die heiße Brühe, während meine Füße in dicken grauen Bergsteigersocken auf der Heizung liegen und ich Kreuzworträtsel löse. Dieser heiße Zuckerkaffee ist oft alles, was ich koche, ist meine Nährlösung. Und wenn es dann Zeit wird, stehe ich auf, reibe mir den Hintern und gehe ins Bad. Ich verwandle mich. Das Girlie in den Armeeklamotten mit dem blauen Wischmopp auf dem Kopf verwandelt sich zu der Sphinx, für die meine Kunden viel Geld bezahlen: langes glattes blaues Haar, in der Mitte gescheitelt, weiß bemalte Lippen, farbige Kontaktlinsen, eine zerlöcherte Jeans und auf die Brüste zwei große Aufkleber mit Pfauenfederaugen. Fertig.

Ich packe meine Sachen in eine Handtasche und zwänge mich in ein Paar Stilettopumps. Als ich das erste Mal versuchte, darauf zu gehen, hatte ich die Anmut von Goofy auf Glatteis. Wenn ich etwas zu sagen hätte, würde ich ein Gesetz erlassen, dass alle Männer ein Pflichtjahr auf Pumps machen müssen, damit sie wissen, was sie uns antun.

In guten Nächten sind die Tanzflächen und vor allem die Barhocker voll, aber die Nischen, in denen rote Plüschsofas stehen, relativ frei. Man sitzt tief darin, und manchmal rutscht ein Mädchen bis zur äußersten Kante und spreizt die Knie weit, damit jemand, der vor ihr auf der Tanzfläche steht, sie bemerkt und mitnimmt. Das sind die Schlüpfermädchen, obwohl sie oft nicht mal einen tragen. Die wissen genau, was die Männer im bunten Licht der Nischen zu sehen bekommen. Wenn dann einer mit den Augen genau zwischen den Schenkeln von so einer hängen bleibt, saugt sie ihn zu sich heran. Von ihrem rasierten, buntpuscheligen oder Intimschmuck-behängten Pfläumchen geht ein Sog aus, der Typ hört auf zu tanzen, starrt hypnotisiert in die feuchte Spalte und würde am liebsten hineinschlüpfen, mit der Zunge voran.

Ich habe so etwas nicht nötig. Die Männer kommen zu mir. Ältere oft, die jungen sind zu ungeduldig, die wollen ran ans Fleisch. Die wippen und hüpfen die ganze Zeit wie Pfaue auf der Balz und springen die Mädchen an, statt mit ihnen zu sprechen.