Die UFO-AKTEN 66 - Oliver Miller - E-Book

Die UFO-AKTEN 66 E-Book

Oliver Miller

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Beschreibung

Als der Youtuberin Johanna Chabot mysteriöse Aufnahmen von angeblichen UFO-Sichtungen in einer Grenzregion Spaniens zugespielt werden, zögert sie nicht lange damit, Cliff und Judy zu informieren. Trotz einiger Zweifel reisen die drei wenig später nach Europa und spüren dem Rätsel um die Flugobjekte in dem kleinen Dorf La Coma nach. Schnell stellt sich heraus, dass hinter den vermeintlich extraterrestrischen Erscheinungen ganz irdische Gründe stecken könnten. Vor Ort ist auch eine Gruppe der Grauen zugegen und offensichtlich ebenfalls an den Himmelserscheinungen interessiert. Bald darauf entbrennt ein gnadenloser Wettlauf zwischen den gegnerischen Parteien. Dabei führen die Spuren zu einem vertrauten Mann, dessen Motivation und Beweggründe in den Tiefen seiner Vergangenheit liegen ...

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Inhalt

Cover

Zu den Sternen

UFO-Archiv

Vorschau

Impressum

Oliver Miller

Zu den Sternen

Haus der Familie Munoz in der Can Trias

Viladecans, 08. März 1981, 21:25 Uhr

Maria Munoz erhob sich mühsam aus dem Sessel. Mit einem belustigten Lächeln registrierte sie das Schnarchen ihres Mannes, der auf der Couch eingeschlafen war.

Pedros friedliches Gesicht zeugte von Erschöpfung. Er hatte am Tag zuvor wieder bis spät in die Nacht gearbeitet. An Samstagen erledigte er immer die Bürotätigkeiten, zu denen er unter der Woche aufgrund von Baustellen-Besuchen nicht kam.

Kurz war Maria versucht, ihm durchs grau gewordene Haar zu streicheln, hielt dennoch inne.

Alt ist er geworden, kam es ihr betrübt in den Sinn, denn er hatte vor Kurzem seinen 50. Geburtstag gefeiert. Wenn man es mit dem verglich, was sie noch erwartete, handelte es sich aber um ein fröhliches Ereignis ...

Pedro war in seinem bisherigen Leben schon diversen beruflichen Beschäftigungen nachgegangen: Zuerst half er seinen Eltern auf dem Feld, dann arbeitete er nach dem Weltkrieg als einfacher Bauarbeiter in Barcelona. Vor fast zwanzig Jahren hatte er dann ein eigenes kleines Unternehmen gegründet und war seitdem ziemlich erfolgreich.

Natürlich war er nicht reich geworden, aber es reichte für ein kleines Haus in einem der Vororte von Barcelona, ein Auto und ein winziges Ferienhäuschen in den Bergen vor der Stadt. Der Preis dafür war jedoch ein Leben voller harter Arbeit gewesen, das langsam auch körperliche Spuren hinterließ.

Maria hatte sich fest vorgenommen, bald mit ihm darüber zu sprechen, noch jemanden in die Leitung der kleinen Firma zu holen, um ihn etwas zu entlasten – oder vielleicht sogar den Betrieb in ein paar Jahren zu verkaufen. Denn die Zeiten wurden nicht besser, das wussten sie beide.

Während man in der Franco-Ära durch Beziehungen zu öffentlichen Aufträgen gekommen war, ging es heute nur noch um Schmiergelder. Die private Bauindustrie war in den letzten Jahren, insbesondere um Francos Tod herum, immer schwieriger geworden, da die Wirtschaftskrise Spanien fest im Griff hatte.

Pedro hoffte nach wie vor auf einen Aufschwung, wenn Spanien nach der Demokratisierung endlich für Investoren interessant wurde. Doch bislang hatte dieser Effekt noch nicht eingesetzt.

Maria ging leise zu dem kleinen hölzernen Wohnzimmertisch herüber, auf dem neben einem Glas Wasser, in das Pedro einen Schuss Weißwein gemischt hatte, ein Aschenbecher und die Fernbedienung ihren Platz fanden.

Pedro trank praktisch keinen Alkohol. Ab und an, etwa an Sonntagen, gönnte er sich dennoch etwas gemischten Weißwein. Das hatte, soweit Maria wusste, keine ideologischen Gründe. Er mochte nämlich schlichtweg das benommene Gefühl des Rausches nicht, sagte er zumindest.

Wahrscheinlich liegt es an seinem versoffenen Vater, vermutete sie stattdessen.

Viel problematischer war hingegen sein Zigarettenkonsum. Es gab nahezu keinen Raum im Haus ohne Aschenbecher, und Maria kannte ihren Mann praktisch nur mit einer glimmenden Ducado oder Gitanes im Mundwinkel.

Sie überlegte kurz, ob er auch beim Kennenlernen geraucht hatte: Es war beim traditionellen Stadtfest La Merè im Herbst 1965 gewesen, als sie sich die Parade der riesigen Puppen angesehen hatten. Pedro war mit ein paar Freunden unterwegs gewesen und hatte sie am Plaça d'Espanya in der Menschenmenge angesprochen. Und ja, er hatte damals auch eine Zigarette in der Hand, erinnerte sie sich.

Maria schmunzelte erneut bei dem Gedanken an ihr erstes Treffen, griff zur Fernbedienung und verringerte die Lautstärke des Fernsehers, während sie einen beiläufigen Blick auf den flackernden Bildschirm warf. Der FC Barcelona verlor gerade auswärts gegen Atlético Madrid, und sie war sich sicher, dass Pedro dies nach seinem Erwachen nicht gefallen würde. Er war nämlich ein leidenschaftlicher Anhänger des Vereins und besuchte sogar gelegentlich das Stadion zusammen mit seinem Sohn Ivan.

Leise schlich Maria aus dem Wohnzimmer und ließ ihren Mann schlafen. Erfahrungsgemäß würde er in etwa zwei Stunden aufwachen, nur um dann nach einer letzten Zigarette ins Bett zu gehen. Sie selbst wollte noch kurz nach den Kindern sehen und dann im Schlafzimmer einen ihrer Liebesromane weiterlesen.

Der Flur des kleinen Hauses war eng, und Maria achtete darauf, dass die alten hölzernen Dielen nicht zu laut knarrten. Das Gebäude stammte aus den 1920er-Jahren, Pedro hatte es günstig gekauft und renoviert. Eine kleine Küche und ein Hauswirtschaftsraum, der wahlweise auch als Gästezimmer genutzt werden konnte, lagen noch im Untergeschoss. Eine schmale Treppe führte in das Obergeschoss, wo sich die beiden Kinderzimmer auf der einen Seite und das elterliche Schlafzimmer sowie ein kleines Badezimmer auf der anderen Seite befanden.

Vorsichtig ging sie nach oben, immer darauf bedacht, durch Geräusche weder ihren Mann noch die Kinder Sophie und Ivan zu wecken. Auch betätigte sie nicht den Lichtschalter, sodass der kleine Flur vor den Kinderzimmern im Dunkeln lag.

Schemenhaft nahm sie die metallenen Spielzeugautos ihres Sohnes wahr, die auf dem Boden verstreut standen, sodass sie diese, ohne einen Unfall zu provozieren, umgehen konnte.

Die Zimmertür ihres Sohnes Ivan stand halb offen, und sie vernahm bereits vom Flur aus sein schnarchendes Atmen, denn er erholte sich gerade von einer Erkältung. Es war nichts Dramatisches, nur einer der üblichen Infekte, die man sich in der Schule einfing.

Ivan lag mit offenem Mund in seinem Bett, über ihm prangte ein Poster der aktuellen Mannschaft des FC Barcelona.

Morgen muss er aufräumen, dachte sie, als sie die am Boden liegenden Spielzeuge und Bücher sah.

Leise ging sie nun zum Zimmer ihrer Tochter weiter. Sophie war erst drei Jahre alt und schlief in ihrem kleinen Bettchen. Ein Lächeln huschte über Marias Gesicht, als sie sah, dass ihre Tochter mit dem kleinen Stoffhasen kuschelte, den ihr Bruder ihr zum letzten Geburtstag geschenkt hatte.

Ganz stolz war er damals mit ihr ins Kaufhaus El Corte Inglés am Plaça de Catalunya gegangen und hatte dort das Stofftier gekauft. Sophie war nun ganz vernarrt in das Ding.

Nachdem sie sich vom Wohlbefinden ihrer Tochter überzeugt hatte, zog Maria die Tür wieder zu und ging geradewegs auf das Schlafzimmer zu. Dort angekommen ließ sie sich aufs schwere Federbett fallen, das sie von ihren Eltern geerbt hatten, und schaltete die kleine Nachttischlampe mit einem Zugschalter ein, der ein klackendes Geräusch von sich gab.

Auf dem abgewetzten Beistelltisch, der neben dem Bett stand, lag neben der schwach leuchtenden Lampe ein kleiner Stapel von Liebesromanen-Heften und die neueste Ausgabe der Klatschzeitschrift Hola.

Dann schlüpfte sie in ihr Nachthemd und entschied sich doch noch in ihrer Abendlektüre um, als sie zu der Zeitschrift griff. Die aktuellen Skandale im spanischen Königshaus erschienen ihr nämlich nun doch anziehender als die fiktiven Liebesabenteuer des spanischen Hochadels.

Im nächsten Moment kroch sie unter die dicke Daunendecke und begann in dem Magazin zu blättern, spürte jedoch schon bald die Müdigkeit in sich aufsteigen.

Ivan erwachte plötzlich, denn ein Geräusch hatte ihn geweckt. Wahrscheinlich waren es wieder die Äste des Baumes in ihrem Garten gewesen, die oft gegen die Fenster von seinem und Sophies Zimmer schlugen, besonders bei starkem Wind. Sein Vater ärgerte sich darüber, vor allem im Herbst, wenn gelegentlich Stürme auftraten und Sophie ständig nachts aufgeweckt wurde.

Seltsamerweise hörte Ivan aber keinen Wind.

Dann räusperte er sich kurz und hustete leise. Zum Glück war der Schnupfen, unter dem er die letzten Wochen gelitten hatte, endlich auf dem Rückzug, aber ganz fit war er noch nicht.

Was war das nur für ein Geräusch gewesen?, schoss es ihm durch den Kopf.

Nun schwang Ivan die Beine aus dem Bett und stand langsam auf. Es war stockfinster, und er wusste, dass eine Menge Spielzeug auf dem Boden verstreut lag. Mit der schlafwandlerischen Sicherheit eines Kindes stieg er über die potenziellen Stolperfallen, ging zur Tür seines Zimmers und spähte in den kleinen Flur. Das Schnarchen seines Vaters dröhnte aus dem Untergeschoss hinauf.

Er ist wieder von dem Fernseher eingeschlafen, dachte er grinsend.

Seine Mutter war sicherlich schon längst im Bett, denn die kleine Lampe brannte auch nicht mehr, also schlief sie bereits. Und Sophie atmete leise in ihrem Bettchen.

Das Geräusch konnte also nicht aus dem Haus kommen. Langsam ging er daher zurück und wandte sich seinem Zimmerfenster zu.

Ich glaube, ich schaue mal im Garten nach, plante Ivan das weitere Vorgehen. Wie spät ist es eigentlich?

Daraufhin warf er einen Blick auf die fluoreszierenden Ziffern seines Weckers, der neben dem Bett auf der Kommode stand. Es war nicht so, dass er ihn wirklich gebraucht hätte, denn er war sieben Jahre alt, und seine Mutter weckte ihn jeden Morgen mit einem liebevollen Kuss. Doch nachdem er im Kindergarten die Uhr zu lesen gelernt hatte, war sein Vater am nächsten Tag mit diesem kleinen Reisewecker erschienen und hatte ihn Ivan geschenkt. Seitdem tickte er auf der Kommode, und Ivan mochte das laute Ticken des billigen Weckers, fast so, als würde es ihm einen ruhigen Schlafrhythmus vorgeben.

Es ist bereits halb drei Uhr morgens, stellte er fest.

Ivan schürzte kurz die Lippen, und war weiterhin überzeugt davon, dass sein Dad tief und fest auf der Couch am Schlafen war.

Mittlerweile hatte er das Fenster erreicht und schaute in den dunklen Garten. Auf den ersten Blick sah er nichts Ungewöhnliches: Den spärlichen Rasen, den sein Vater trotz allem handwerklichen Geschicks nicht zum Wachsen bringen konnte. Die Hochbeete neben dem Gartenzaun machten da einen vollkommen anderen Eindruck – seine Mutter schien sogar in der Sahara Gemüse anpflanzen zu können. Daneben befand sich der kleine Sandkasten, den sein Vater zwar für ihn gebaut hatte, jetzt aber regelmäßig von Sophie für das Backen von Sandkuchen genutzt wurde. Und natürlich war da der riesige Baum, eine Kastanie, die so alt wie das Haus selbst war, und deren Äste bis zum Dach reichten.

Ivan stutzte, denn irgendetwas an dem Baum stimmte nicht. Dann kniff er die Augen zusammen und legte seine rechte Hand auf das kalte Glas des Fensters.

Jetzt war er sich sicher: Dort stand eine Person am Baumstamm.

Ivan keuchte vor Aufregung. Aufgrund der Dunkelheit konnte er allerdings nicht erkennen, ob es ein Mann oder eine Frau war. Er sah nur Schemen. Aber er war überzeugt davon, dass die Person etwas in der Hand hielt und in seine Richtung zeigte. Als hinter dem Stamm plötzlich eine weitere Person hervortrat, wollte Ivan nach seinem Vater rufen, doch in diesem Moment wurde sein Zimmer von einem gleißenden Licht erhellt, das alles andere verschluckte.

Ivan presste seine Augen fest zusammen, doch es schien nichts zu nützen. Das Licht war überall.

Er klammerte sich daraufhin an den Fensterrahmen, weil er plötzlich jegliche Orientierung verlor und drohte, das Gleichgewicht zu verlieren.

Panik stieg in ihm hoch. Er wollte schreien, doch kein Laut verließ seinen Mund, stattdessen japste er nach Luft, und Tränen liefen über sein Gesicht.

Wann kamen endlich seine Eltern? Sie mussten das Licht doch auch sehen!

Im nächsten Moment drang ein Geräusch aus dem Zimmer seiner Schwester, als würde irgendetwas umfallen.

Oh Gott, Sophie, was machen sie mit ihr?, durchzuckte ihn ein Gedanke.

Dabei bemerkte Ivan, wie seine Blase sich in seine Schlafanzughose entleerte, und begann zu wimmern.

Dann, so plötzlich wie es begonnen hatte, erlosch das Licht wieder.

Schlagartig verfiel Ivan nun in ein lautes Weinen und blinzelte verzweifelt, um das Nachleuchten auf der Netzhaut loszuwerden.

Kurz darauf stolperte er aus seinem Zimmer. Um sich zu orientieren, nutzte er die Flurwand und hangelte sich halbblind zum Zimmer seiner Schwester. Dort angekommen suchte er mit tastender Hand den Lichtschalter, den er erst beim dritten Versuch betätigen konnte.

Das schwache Licht der Glühbirne flammte nun auf, und Ivan erkannte durch den Schleier von Tränen und Lichtblitzen, die noch von der starken Blendung herrührten, dass das Bett seiner Schwester leer war.

Bei dieser Erkenntnis löste sich ein lauter, fast unmenschlicher Schrei aus seiner Kehle, und noch während seine Beine nachgaben, hörte er die schweren, hektischen Schritte seines Vaters, der die Treppe hinaufeilte.

Wohnung in der Merril Street

Boston, Massachusetts, 15. März 2024, 23:33 Uhr

»Was ist das für ein krasser Scheiß!«, brummte Johanna Chabot und rückte näher an den Bildschirm ihres Laptops heran. Dabei spürte sie, wie sich ihr Puls trotz der Müdigkeit beschleunigte – es war nämlich bereits spät, und ihr Tag war alles andere als optimal verlaufen.

Ihre Schicht im Diner war eine glatte Katastrophe gewesen: Sie hatte sich mit zwei Gästen angelegt, die versucht hatten, sie bei der Rechnung über den Tisch zu ziehen. Zu allem Überfluss hatte ihre Chefin den beiden auch noch Recht gegeben, nur um einen größeren Eklat im Restaurant zu verhindern. Die beiden Kerle waren daraufhin grinsend abgezogen, während Johanna vor Zorn fast geplatzt wäre.

Anschließend wurde ihr von ihrer Chefin deutlich nahegelegt, sich zukünftig die Bestellungen nicht nur zu merken, sondern auch noch zu notieren. Ihr Gegenargument, dass andere Gastronomiebetriebe längst elektronische Geräte mit einem WLAN-gestützten Verbuchungssystem hätten, wurde mit einem Augenverdrehen und einer Geste für Geld abgetan.

Was für eine dumme, ignorante Kuh!, kam es ihr wieder in den Sinn, als sie darüber nachdachte.

Nach der Mittagsschicht hatte sie sich mit Floyd treffen wollen. Er war einerseits ein ziemlich guter Kameramann, hatte starkes Equipment, also im Grunde genau das, was sie für die ›Mystery Searchers‹ brauchte. Andererseits sah er verdammt gut aus. Leider wusste er um diese beiden Vorteile nur zu gut und ließ sie das regelmäßig spüren. Und das, obwohl auch er als unabhängiger Filmemacher quasi von der Hand in den Mund lebte. So gab er sich ihr gegenüber stets als der große Macker und ließ durchaus, wie heute auch, mal Treffen platzen.

Nur um mir zu zeigen, wer der Herr im Haus ist, dachte sie grimmig.

Johanna war anschließend im strömenden Regen nach Hause gelaufen und hatte sich voller Frust und Hunger von einem Junk-Food-Restaurant mexikanisches Essen mitgenommen.

10.000 Kalorien in einer großen Papiertüte, durchzuckte sie ein Gedanke.

Das hatte sie sich dann vorm Fernseher einverleibt, während sie sich auf einem der kostenlosen Kanäle – Pay-TV war bei ihrem Einkommen definitiv nicht drin – eine dämliche Telenovela reingezogen hatte.

Zum Glück hatte sie keinen Alkohol und keine Eiscreme im Haus gehabt, sonst wäre das als Seelentröster heute noch obendrauf gekommen.

Danach war sie ins Bett gegangen und hatte knapp zwei Stunden vergeblich versucht einzuschlafen. Doch das fettige Essen rumorte derartig unangenehm in ihrem Inneren, dass sie praktisch Angst hatte, ein Alien könnte aus ihren Eingeweiden platzen.

Mit den Worten ›Genug geschlafen, Ripley‹, ein Witz, über den sie selbst schmunzeln musste, war Johanna schließlich aufgestanden und hatte sich an ihren Rechner gesetzt. Sie war nämlich überzeugt davon, wenn sie schon nicht schlafen konnte, sollte sie wenigstens ein wenig arbeiten und die nächsten Folgen der ›Mystery Searchers‹ inhaltlich vorbereiten.

Eigentlich hatte sie mit Floyd über den Dreh in drei Tagen reden wollen. Die Folge würde in einem Antiquariat in der Innenstadt ihre Kulisse finden. Es war im Grunde nichts Spektakuläres, eher einer jener Füller, wenn einem nichts Vernünftiges einfiel: Ein asiatischer Händler behauptete dort, dass es eine Art Bumerang gäbe, mit dem man Geister und Dämonen jagen könnte. Beweise hatte er natürlich nicht und auch keine Fotos. Es würde also ein kleines aufgebauschtes Interview geben, und sie würde dem Kerl seine zehn Minuten Internet-Ruhm gönnen. Wenigstens war die Location gut: Der Laden sah selbst aus, als würde er aus einem Horrorfilm stammen.

Also eine echt miese Folge ..., dachte sie bei sich.

Dafür musste die nächste umso besser sein. Das wusste sie, denn sonst lief sie Gefahr, Zuschauer zu verlieren. Also bewegte sie sich wieder auf sicheres Terrain zu: UFO-Sichtungen.

Zu keinem Thema gab es mehr Material, und das musste sie zugeben, zu keinem anderen Themenfeld hatte sie bessere Kontakte.

Denn natürlich war sie praktisch global vernetzt: Etwa ein Dutzend UFO-Nerds weltweit hielten mit ihr unregelmäßigen Kontakt und schickten mal mehr mal weniger gutes Material. Die meisten von ihnen waren einfach nur Kids, die irgendwie berühmt werden wollten. Dann gab es die Verschwörungstheoretiker, die an die Aufdeckung der ganz, ganz großen Wahrheit glaubten – mit denen arbeitete Johanna wirklich ungern zusammen. Und dann kannte sie noch Computerfreaks, die einfach Spaß daran hatten, etwas zu beobachten.

Genau so einer war Jame. Er war Mitte zwanzig, arbeitete in einem IT-Unternehmen in Madrid, ging dreimal die Woche zum Fitness, sah gut aus, wohnte in einem schicken Apartment und las gerne spanische Lyrik. Das sagte er zumindest selbst, nachprüfen konnte es Johanna natürlich nicht.

Wahrscheinlich so ein Drei-Zentner-Kerl, der noch bei Mutti wohnt ..., durchzuckte sie ein Gedanke.

Doch wenn sie ehrlich war, kannte sie nicht einmal seinen Nachnamen und lediglich ein Gesicht, das er sonst woher kopiert haben mochte. Aber Jame hatte ein gemeinsames Hobby mit ihr: Er war Ufologe. Das bedeutete, das er Sichtungen von unbekannten oder rätselhaften Flugobjekten über der gesamten iberischen Halbinsel sammelte. Nicht etwa, weil er an Verschwörungen glaubte oder hoffte, dass E.T. ihn eines Tages mitnehmen würde, sondern einfach aus reiner Neugier. Er war noch nicht einmal ein großer Science Fiction-Fan.

Ab und zu schickte Jame ihr einen interessanten Clip, und sie schrieben sich dazu via Chat. Es gab keine Telefonate, auch keine Video-Calls – einfach nur ein paar getippte Zeilen auf Spanisch.