Die UFO-AKTEN 71 - Oliver Miller - E-Book

Die UFO-AKTEN 71 E-Book

Oliver Miller

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Auf einem Flohmarkt in Washington kauft Jason Coffey eine seltsame Zeichnung. Sie zeigt das Wrack eines mysteriösen Flugobjekts auf einer Insel im Pazifik. Als der Student ein Bild davon in den sozialen Medien teilt, ahnt er nicht, dass er damit nicht nur die Aufmerksamkeit von Senator Campbell erregt, sondern auch das Interesse eines anderen mächtigen Mannes. Da der Senator mehr über den Ursprung der Zeichnung erfahren möchte, bittet er Cliff und Judy um Nachforschungen. Dabei stellt sich heraus, dass es sich um das Werk eines japanischen Soldaten handelt. Doch dann nehmen die Ereignisse eine dramatische Wendung: Jason wird schwer verletzt und der Verkäufer der Zeichnung sogar getötet ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 130

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Der Holdout

UFO-Archiv

Vorschau

Impressum

Oliver Miller

Der Holdout

Über den mikronesischen Inseln

Pazifik, 12. September 1944, 10:25 Uhr

Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er das Flugzeug in eine weite Kurve lenkte. Trotz der widrigen Umstände, des kargen Lohns und der ständigen Gefahr war ihm klar: Tief in seinem Innersten liebte er diese Situation!

Unter ihm erstreckte sich das endlos scheinende Meer, über ihm strahlte die gleißende Sonne, und das monotone Dröhnen der P-51 Mustang erfüllte ihn mit einem Gefühl von Wohlbehagen, ja beinahe des Zuhause-Seins.

Jake Liut war ein leidenschaftlicher Pilot. In seinem noch nicht allzu langen Leben hatte er beruflich bisher nichts anderes getan und wollte auch keine andere Tätigkeit ausüben als das Fliegen. Doch das würde er am heutigen Tage bestimmt noch einmal überdenken ...

Er stammte aus den ländlichen Regionen Iowas, wo sich unendlich scheinende Maisfelder erstreckten und in der warmen Sonne wogten. Dies war der Ort, an dem er groß geworden war – seine eigentliche Heimat.

Sein Vater war wie viele andere dort Farmer von Beruf und hatte den Familienbetrieb in den letzten dreißig Jahren von einem kleinen Bauernhof zu einer größeren Farm mit zehn Angestellten ausgebaut.

Der alte William Liut war ein fleißiger Mann, der es trotz nahezu fehlender Schulbildung durch harte Arbeit und ein gewisses Geschick zu Wohlstand gebracht hatte.

Sie lebten inzwischen in einem gut ausgestatteten Farmhaus und waren sogar eine der ersten Familien in der Region gewesen, die ein Telefon besaßen.

Dabei hätte sein Vater nie zugegeben, dass seine Frau ihn bei diesem wirtschaftlichen Aufstieg tatkräftig unterstützt hatte.

Mary war zweifellos die klügere von beiden und hatte dank ihres liberalen Elternhauses eine wesentlich bessere schulische Ausbildung erhalten als Jakes Dad. Gerade was die Buchhaltung der Farm anging, lief alles über seine Mum.

Sie war es auch gewesen, die dafür gesorgt hatte, dass Jake und seine Schwester berufliche Perspektiven jenseits der elterlichen Farm in Aussicht gestellt bekommen hatten: Jake wurde nach der Schule Pilot und trat den Agrarfliegern bei. Seine Schwester Miranda arbeitete als Krankenschwester, hatte aber dann doch einen Farmer geheiratet.

Als die Japaner Pearl Harbor überfielen, war für Jake klar gewesen, dass er zur Armee musste: Noch in den ersten Tagen meldete er sich bei der United States Air Force und ließ sich zum Kampfpiloten ausbilden. Doch es zog ihn bald weiter zu den Aufklärern, bei denen er jetzt seit fast drei Jahren seinen Dienst verrichtete.

Was hatte ihn dort hingezogen? Jake liebte das Spionagespiel. Das Anschleichen, Ausspähen, Fotografieren und unbemerkt Verschwinden. Manchmal verglich er es mit dem Versteckspiel in den Maisfeldern mit Miranda.

Was für eine naive Vorstellung!, kam es ihm mit einem Schmunzeln in den Sinn.

Der pazifische Kriegsschauplatz bot nicht viele Möglichkeiten, sich zu verstecken. Gleich bei seinem ersten Erkundungsflug über ein von den Japanern besetztes Atoll geriet Jake fast unter Beschuss. Als er eine gute Höhe für die Aufnahme von Aufklärungsbildern erreicht hatte, bemerkte er plötzlich mit Schrecken, dass nicht nur ein paar versprengte Infanterieeinheiten dort stationiert waren, sondern auch eine komplett ausgebaute Flugabwehreinheit auf ihn feuerte.

Aus derartigen Erfahrungen lernt man oder man stirbt!, schoss es ihm durch den Kopf.

Die Rückeroberung der vielen Inseln, Atolle und Felsbrocken, die die Japaner im Pazifik seit 1941 besetzt hielten, war eine gefährliche und vor allem lästige Angelegenheit. Die sogenannte »Island-Hopping«-Taktik der amerikanischen Streitkräfte gestaltete sich zunehmend als verlustreich und zeitraubend.

Die Japaner unterhielten kleine, manchmal winzige Posten mit nur wenigen Soldaten auf sämtlichen Felsen, die größer als ein Fußballfeld waren, und verteidigten sie hartnäckig. Das bedeutete langwierige und heftige amphibische Landungen, um die besetzten Außenposten zurückzuerobern.

Jake zog seine Maschine in eine lange Rechtskurve, als das Ngoof-Atoll am Horizont auftauchte. Obwohl es mit seiner charakteristischen sichelförmigen Anordnung nicht das Hauptziel seines Fluges war, sollte er dennoch einige Aufnahmen davon machen.

Ngoof hatte keine strategische Bedeutung, lag abseits der wichtigen Seewege und war bislang von den US-Streitkräften weitgehend ignoriert worden.

Dadurch ist das Eiland prädestiniert dafür, dass dort noch Japaner sitzen, dachte Jake und beschloss zunächst, in sicherer Höhe das Atoll zu überfliegen, bevor er bei einem zweiten Anflug die Fotos machen würde. Genau deshalb schicken sie mich ja hierher.

Jakes Auftrag war es, einzelne, von der Front bereits überrollte Posten aufzuspüren, die nun im alliierten Gebiet lagen. Das bedeutete, dass er zu den entlegensten Felsen fliegen musste, um festzustellen, ob dort noch japanische Truppen verblieben waren, obwohl sie sich längst außerhalb ihres Landes befanden.

Bei Ngoof war dies durchaus möglich, da bisher kein Kriegsschiff der U.S. Navy auch nur in die Nähe gekommen war. Als er zu einem Überflug ansetzte, bemerkte er ein metallisches Glitzern in der Sonne.

Sein Puls stieg sofort, und Adrenalin schoss durch seinen Körper.

Gab es hier vielleicht eine ausgebaute Flugabwehrstellung, die auf ihn wartete? Unwahrscheinlich. Das Glitzern war dafür nämlich zu hell, denn selbst die Japaner bedeckten ihre Stellungen mit Tarnnetzen. Es musste also etwas anderes sein.

Während seine Maschine über das Atoll jagte, konnte er aus der Kanzel erkennen, dass es sich um ein größeres metallisches Objekt handelte, das mitten im Urwald steckte. Um sich ein genaueres Bild davon zu machen, steuerte er die P-51 Mustang in eine weitere Kurve.

Zumindest bin ich noch nicht beschossen worden, schätzte er sich glücklich.

Beim zweiten Überflug erkannte er die Absturzmerkmale: abgeknickte Bäume, verbranntes Buschwerk. Definitiv war hier eine Maschine abgestürzt.

Die große Frage lautet ja wohl: Eine von uns oder von den Japanern?, kam es ihm in den Sinn.

Jake zögerte einen Moment. Vor Ort hatte er nicht viele Möglichkeiten, um mehr herauszufinden. Er überlegte daher, ob er vielleicht kurz die Funkstille brechen sollte, um nach vermissten Flugzeugen zu fragen. Normalerweise wurde auf Aufklärungsflügen jedoch ein striktes Kommunikationsverbot eingehalten. Andererseits befand er sich nicht wirklich im Feindgebiet.

Es ist auch eigentlich zu groß für eine abgestürzte Jagdmaschine, dachte er. Dieser Umstand erhöhte die Chancen, dass das Flugzeug auch wirklich vermisst wurde und nicht einfach als abgeschossen galt.

Bei einer weiteren Schleife um das Atoll versuchte er, noch mehr Details auszumachen, aber weder der Flugzeugtyp noch das Hoheitsabzeichen waren erkennbar. Schließlich öffnete er den Funkkanal.

»Hawk 2 an Station Alpha ... Hawk 2 an Station Alpha ...«

»Hier Station Alpha«, knisterte es aus seinem Kopfhörer. Die Verbindung war erstaunlich schlecht für das schöne Wetter. »Warum brechen Sie die Funkstille, Hawk 2?«

Hatte er eine Spur von Verärgerung in der Stimme gehört?

»Hier Hawk 2 – ich bin beim Überflug von Ngoof auf ein abgestürztes Flugzeug gestoßen ...«

Durch das Rauschen des Funkverkehrs hörte er die Aufforderung, seine Meldung zu wiederholen.

Was zum Teufel stört hier so die Verbindung?, ärgerte er sich, als er seine Nachricht erneut übermittelte.

»Hawk 2, sehen Sie Überlebende? Können Sie identifizieren, um welche Truppenzugehörigkeit es sich handelt?«

Jake konnte nur mit Mühe der Nachricht folgen. Sie klang, als käme sie von einem anderen Planeten, und nicht vom nahe gelegenen Stützpunkt auf den Karolinen.

»Negativ. Können Sie mir sagen, ob eine unserer Maschinen hier vermisst wird? Es müsste ein größerer Flugzeugtyp sein. Eine Douglas A-26 oder eventuell sogar eine B-24 – ist allerdings schlecht zu erkennen wegen des Grünzeugs, in dem sie steckt.«

Wieder rauschte es in seinen Ohren, und fast war er versucht, seine Anfrage noch einmal zu wiederholen, als er hörte: »Hawk 2, uns ist kein Absturz oder vermisstes Flugzeug in Ihrem Umfeld bekannt. Kampfhandlungen haben um das von Ihnen beschriebene Atoll nicht stattgefunden. Ich frage erneut: Sehen Sie Überlebende?«

Jake seufzte schwer und brüllte fast in das kleine Mikrofon, als ob er damit die seltsamen Störungen überwinden könnte: »Hier Hawk 2, negativ. Ich sehe keine Anzeichen von Menschen auf dem Atoll ...«

Dieser Felsbrocken ist so zugewuchert. Unter dem Blätterdach hätten die Japaner Las Vegas aufbauen können, und ich würde es nicht erkennen, dachte er sarkastisch. Manchmal stellt sich das Bodenpersonal meinen Job definitiv zu einfach vor.

»Hawk 2, es handelt sich dann scheinbar um eine fremde Maschine. Agieren Sie nach Auftrag: Fotografieren Sie das Atoll und gehen Sie dann sofort zum nächsten Objekt über. In Zukunft bitte ich darum, die Funkstille zu wahren. Station Alpha Ende ...«

Fast ein wenig wütend drückte Jake die Nase des Flugzeugs nach unten und verlor rasch an Höhe.

Was bilden sich diese Lotsen eigentlich ein? Ich mache den Job hier draußen ja schließlich nicht zum Vergnügen. Und wenn dort unten ein amerikanischer Pilot festsitzt, dann ist es meine verdammte Pflicht, ihm zu helfen. Funkstille hin oder her!, klagte Jake in Gedanken.

Im Tiefflug jagte er nun über die Insel hinweg und betätigte den Auslöser der nach unten ausgerichteten Kamera.

Irritiert bemerkte er dabei, dass der Kompass auf seinem Armaturenbrett wild zu tanzen begann und die kalibrierte Ausrichtung verloren hatte.

»Was für ein Mist ist das denn jetzt ...«, murmelte er vor sich hin und klopfte genervt gegen das Navigationsinstrument.

Nachdem er seinen Auftrag erledigt hatte, zog Jake die P-51 wieder auf normale Flughöhe nach oben und stellte erleichtert fest, dass sich der Kompass wieder normal verhielt.

Irgendetwas stimmte hier dennoch nicht, dessen war sich Jake sicher. Erst diese seltsamen Funkstörungen und dann der defekte Kompass beim direkten Anflug.

Konnte es an diesem Wrack da unten liegen? Wenn er ehrlich war, zweifelte er daran, ob es sich wirklich um ein abgestürztes japanisches Flugzeug handelte. Was sollten sie mit derart großen Maschinen hier machen?

Mit dem Verschwinden des Atolls und des seltsamen Objekts hinter ihm hatte Jake seinen Auftrag erfüllt und ein paar Fotos gemacht. Nun würden sich die Fachleute der Luftauswertung damit auseinandersetzen müssen. Aber er wusste natürlich, dass, sobald klar war, dass es sich nicht um einen aktiven feindlichen Posten handelte, das Objekt für die Aufklärer relativ uninteressant werden würde.

Dann bin ich hier wohl fertig, dachte er und konzentrierte sich wieder auf das unendliche Meer und die gleißende Sonne. Doch ein Rest des unbehaglichen Gefühls wollte nicht verschwinden ...

Flohmarkt in der Nähe des Oxon Cove Parks

Washington D.C., 25. Mai 2024, 09:44 Uhr

Rund um die Hauptstadt gab es eine Vielzahl von Flohmärkten, die sich stark voneinander unterschieden. Ganz unten auf der Liste standen diejenigen, die sonntagnachmittags auf Supermarktparkplätzen eröffneten.

Dort wurden billige Waren aus China direkt aus den Kofferräumen alter Autos verkauft – von Händlern, von denen man am liebsten nicht einmal eine Tageszeitung erworben hätte. Hinzu kam, dass solche Märkte ihr Sortiment bei Einbruch der Dunkelheit oft um halb- oder sogar ausschließlich illegale Waren wie z. B. gestohlene Gegenstände und Drogen ergänzten.

Auf der anderen Seite der Skala gab es Charity-Märkte, die häufig von Kirchen oder irgendwelchen Organisationen ins Leben gerufen wurden. Teilweise war damit sogar verbunden, dass sie ein saftiges Eintrittsgeld verlangten.

Zwischen diesen beiden Extrema tummelte sich so ziemlich jede Kategorie, die man sich nur vorstellen konnte.

Washington war dank seiner doch sehr europäischen Art ein gutes Pflaster für richtige Antiquitätenmärkte, auf denen man ab und zu noch echte Schnäppchen machen konnte, im Gegensatz zu den formellen Auktionen.

Nicht unterschätzt werden sollten auch Händlermärkte, wo praktisch nur Neuware angeboten wurde. Ein besonderer Charme ging aber vor allem von den netten, kleinen Flohmärkten aus, auf denen praktisch nur Privatleute ihre Garagen- oder Kellerschätze feilboten und dabei mal zu hoch oder zu niedrig pokerten.

Diese Märkte wurden oft auf den Grundstücken von Sportanlagen, in Parks oder manchmal sogar vor Kirchen aufgebaut. Der hier im Oxon Cove Park, etwas außerhalb des geschäftigen Zentrums der amerikanischen Hauptstadt, fand jeden ersten Samstag im Monat statt und war genau das, was Jason Coffey liebte.

Der junge Mann schlenderte mit einem Becher Kaffee bewaffnet zwischen den verschiedenen Händlern her.

Sein Hemd war etwas zu groß und flatterte um seinen schlanken Oberkörper, was im Zuge der langsam steigenden Temperaturen des Tages eigentlich die perfekte Bekleidung war.

Die Kordhose hingegen machte ihn älter, als er wirklich war, und war besonders anfällig für Hitze.

Obwohl sein Gesicht noch jugendlich aussah, und seine blauen Augen vor Neugier leuchteten, deutete das beginnende Zurückweichen der lockigen blonden Haare auf der Oberseite seines Kopfes schon eine frühe Glatzenbildung an – eine weniger erfreuliche Eigenschaft, die er von seinem Vater geerbt hatte.

Jason war im neunten Semester an der Washington University eingeschrieben und studierte Geschichte.

Er wusste bereits, dass er sich sein ganzes Leben lang nur mit der Vergangenheit beschäftigen wollte, denn tief in seinem Inneren war ihm klar, dass er kein Mensch für die Gegenwart war.

Obwohl er sich selbst nicht als Misanthrop bezeichnete, suchte er den direkten Kontakt mit Menschen trotzdem nicht häufig. Stattdessen nutzte er soziale Medien als eine Art Brücke, um mit anderen Menschen zu kommunizieren.

Inzwischen betreute er verschiedene Kanäle und überraschte seine Follower immer wieder gerne mit historischen Kuriositäten.

Doch auch mit aktuellen Themen, sei es gesellschaftlich, politisch oder kulturell, beschäftigte er sich kaum. Zudem konnte er rein gar nichts mit den Alltagsproblemen seiner Mitstudierenden anfangen oder mit deren normalen Beschäftigungen.

Er hielt sich daher auch lieber in einem der unzähligen Archive Washingtons auf, als ein Kino zu besuchen oder auf Partys mit Kommilitonen zu gehen.

Sinnbildlich hierfür stand das Verhalten, als ihn sein Dad, ein fast zwei Meter großer Polizist aus San Francisco mit zu einem Spiel der 49ers ins Stadion genommen hatte: Jason konnte dort zwar problemlos die Statistiken des NFL-Teams der letzten zehn Jahre aufzählen, doch Freude am Spiel oder dem Event an sich empfand er keine.

Das war nur eine von vielen Geschichten, die seine Mutter Mable gerne erzählte und über die dann die ganze Familie schmunzelte.

Trotzdem nahm Jason keine Außenseiterrolle innerhalb seiner ziemlich großen Verwandtschaft ein: Seine Eltern und seine vier Geschwister akzeptierten und liebten ihn – insbesondere seine eigenwillige Art. Immerhin war er der Einzige von ihnen, der es auf die Universität geschafft und ein gut dotiertes Stipendium erhalten hatte.

Seine Familie war zwar nicht arm, aber sie bildete den unteren Rand der amerikanischen Mittelschicht recht gut ab: Alle Geschwister arbeiteten oder im Falle von Rebecca, kümmerten sich liebevoll um ihren eigenen Nachwuchs.

Für Jason war der monatliche Besuch des Oxon-Marktes eine Art festliches Ritual, das er mit einem seltenen morgendlichen Frühstück in einem nahe gelegenen Diner begann. Danach schlenderte er mit einem letzten Becher Kaffee über den Markt.

Dieser zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass viele Privatleute aus der Umgebung hier ihre Waren anboten. Da das Viertel viele ältere Gebäude beherbergte, in denen oft auch alte Gegenstände lagerten, fand Jason hier fast immer etwas, das sein Interesse weckte. Allerdings konnte er sich aus finanziellen Gründen bei Weitem nicht alles kaufen, was er spontan in sein Herz geschlossen hatte.

Im Moment verweilte er an einem alten Tapeziertisch, auf dem Dutzende von Büchern gestapelt lagen. Dabei interessierte er sich weniger für die gängigen Taschenbücher von Autoren wie z. B. Stephen King und John Grisham, die es hier zuhauf gab, sondern ein altes, in Leder gebundenes Buch hatte es ihm angetan.

»Wollen Sie es haben?«, fragte der knapp sechzehnjährige Standbetreiber und versuchte dabei so professionell wie ein Autoverkäufer zu klingen.

Jason blätterte kurz darin, lächelte den Jungen an und erwiderte vorsichtig: »Weißt du überhaupt, was das ist?«

Letzterer wirkte ein wenig verunsichert und antwortete: »Nein, nicht ganz, ich kenne nicht einmal die Sprache ...«

Jason musste kurz lachen, nicht über die vermeintliche Unwissenheit des Jungen, sondern über dessen ehrliche Antwort. Dann erklärte er: »Das ist Altgriechisch. Ein Buch über den Peloponnesischen Krieg ...«, und als er sah, dass der junge Verkäufer immer noch ratlos war, fügte er rasch hinzu: »Ein Krieg, der vor sehr, sehr langer Zeit in Europa stattfand.«

»Das Buch ist von meinem Großvater, Sie können es für drei Dollar haben!«, kehrte der Standbetreiber schnell wieder auf vermeintlich sicheres Terrain zurück, nämlich den eigentlichen Zweck des Ganzen – den Gelderwerb.