Die Zeitreisende, Teil 5 - Hardy Manthey - E-Book

Die Zeitreisende, Teil 5 E-Book

Hardy Manthey

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Beschreibung

In den ersten vier Teilen erlebten wir, wie unsere Heldin an einem Flug zum Pluto teilnahm und dann in ein Raum- und Zeitloch stürzte. Nur sie überlebte und musste sich in der Welt um 150 vor Christus behaupten. Nach vielen Abenteuern als Sklavin und Hure erhielt sie die Freiheit. Der Preis dafür war die Ehe mit einem verarmten Adligen, aber auch ihre Tochter Mira und der Sohn Alexander. Nach gefährlichen Abenteuern in der Wüste konnte sie die Schätze aus der Landefähre bergen. Ihr Tempel, das Ziel all ihrer Pläne als Botschaft an die Menschen des 22. Jahrhunderts, wurde errichtet. War ihr Glück nun vollkommen? Die Archäologen des 22.Jahrhunderts konnten im dritten Teil nach vielen Rückschlägen endlich ihre Botschaften entschlüsseln. Doch die daraus gewonnenen neuen Erkenntnisse stellen das Weltbild der anerkannten Wissenschaften in Frage. Allein die Vorstellung, dass diese Frau den Lauf der Geschichte verändert haben könnte, ist für die Welt der Männer Grund genug, den Mantel des Schweigens für immer über ihre Botschaften zu decken. Wie geht es aber mit unserer Heldin Aphrodite weiter? In dieser Fortsetzung erfahren Sie, dass Glück und Reichtum nicht ewig währen. Knapp zwanzig Jahre später tobt auf Sizilien ein Sklavenaufstand unter der Führung von Eunus, einem Sklaven aus Syrien. Sein Sklavenheer bedroht auch die Macht und den Reichtum unserer Zeitreisenden Aphrodite. Werden sie und ihre Kinder das Chaos dieses Aufstandes überstehen? Kann sie mit ihre Schönheit und Klugheit diesen Mann bezirzen? Was tatsächlich geschieht, erfahren Sie in diesem Teil! Der Autor hat mit der 2. Auflage sein Erstlingswerk sehr stark überarbeitet und die kritischen, trotzdem begeisterten Hinweise berücksichtigt.

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Impressum

Hardy Manthey

Die Zeitreisende, 5. Teil

Der Sklavenaufstand

Ein fantastischer Roman

2., stark überarbeitete Auflage

ISBN 978-3-86394-548-0 (E-Book)

Titelbild:

Ernst Franta unter Verwendung von Reproduktionen der Gemäldes „Rückkehr Jephthas“ von Giovanni Antonio Pellegrini und „Der Raub der Sabinerinnen“ von Nicolas Poussin

© 2012, 2017 EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.edition-digital.de

Prolog

In den ersten vier Teilen erlebten wir, wie Maria Lindström an einem Flug zum Pluto teilnahm und dann in ein Raum- und Zeitloch stürzte. Nur sie überlebte und musste sich in der Welt um 150 vor Christus behaupten. Nach vielen Abenteuern als Sklavin und Hure erhielt sie die Freiheit. Der Preis dafür war die Ehe mit einem verarmten Adligen, aber auch ihre Tochter Mira und der Sohn Alexander. Nach gefährlichen Abenteuern in der Wüste konnte sie die Schätze aus der Landefähre bergen. Ihr Tempel, das Ziel all ihrer Pläne als Botschaft an die Menschen des 22. Jahrhunderts, wurde errichtet. War ihr Glück nun vollkommen? Die Archäologen des 22.Jahrhunderts konnten im vierten Teil nach vielen Rückschlägen endlich ihre Botschaften entschlüsseln. Doch die daraus gewonnenen neuen Erkenntnisse stellen das Weltbild der anerkannten Wissenschaften in Frage. Allein die Vorstellung, dass diese Frau den Lauf der Geschichte verändert haben könnte, ist für die Welt der Männer Grund genug, den Mantel des Schweigens für immer über ihre Botschaften zu decken.

Wie geht es aber mit Aphrodite weiter? In dieser Fortsetzung erfahren Sie, dass Glück und Reichtum nicht ewig währen. Knapp zwanzig Jahre später tobt auf Sizilien ein Sklavenaufstand unter der Führung von Eunus, einem Sklaven aus Syrien. Sein Sklavenheer bedroht auch die Macht und den Reichtum der Zeitreisenden Aphrodite. Werden sie und ihre Kinder das Chaos dieses Aufstandes überstehen? Kann sie mit ihrer Schönheit und Klugheit Eunus bezirzen? Was tatsächlich geschieht, erfahren Sie in diesem Teil!

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen dabei!

Der Autor

15 Jahre später

Die riesige Morgensonne hat sich gerade feuerrot aus dem Meer erhoben. Es ist ein grandioses Schauspiel, ein Feuerwerk der Farben und des Lichts. Die Bühne sind das Meer und der strahlend blaue Himmel. Die tanzenden Wolken und die alles überstrahlende Sonne sind die ewigen Protagonisten dieses immer währenden Aktes vom Werden und Vergehen auch an diesem neuen Tag. Dieses faszinierende Naturschauspiel lässt den naiven Betrachter glauben, dass der Feuerball direkt aus dem Meer entstiegen sei. Ein Wunder, das Aphrodite jedes Mal in den Bann zieht. Mit Wehmut im Herzen verbindet Aphrodite dieses tägliche Schauspiel der Natur mit ihrer fernen Vergangenheit. Es ist ein unsichtbares Band in eine Zeit, die für sie unerreichbare Zukunft ist. Sie verbindet diese ferne Zeit mit guten und schlechten Erinnerungen. Eine Zeit, aus der sie hierher wohl von unbekannten Kräften, vielleicht gar Göttern, verbannt wurde. Eine Strafe vielleicht für frühere Sünden? Verbannt in die antike Welt, die jetzt ihre Welt geworden ist. Das von ihr so sehr geliebte Meer und die Sonne sind für sie ein Gleichnis über alle Zeiten hinweg. Sie war schon als junges Mädchen in ihrer Heimat Schweden der Faszination dieses Naturschauspiels erlegen. So ist für Aphrodite auch der frühe Morgen die Zeit, in der sie Kraft für den neuen Tag von den ersten Strahlen der Sonne aufnimmt. Für sie sind es auch stille Momente der Besinnung und der Entscheidungen.

Aphrodite spricht in Gedanken: „Schon morgen wird meine Tochter Mira zur Priesterin geweiht. Ich möchte, dass es ein großes und vor allem schönes Fest wird. Alle Freunde sollen mit uns feiern. Auch wenn ich diesen Tag noch gerne hinausgezögert hätte. Nun ist der Tag der Tage für eine Frau, die Priesterin werden will, für ihre geliebte Tochter, gekommen. Ich musste dem Drängen der geliebten Tochter leider nachgeben. Ihr Verlangen nach dem Unbekannten war zu groß. So unstillbar groß, dass sie einfach nicht mehr warten konnte, versicherte ihr die Tochter schon seit vielen Monaten. Sie will um jeden Preis endlich auch Priesterin werden. Alle meine Mahnungen und Warnung vor möglichen Enttäuschungen schreckten die Tochter nicht mehr ab. So gerne hätte ich ihr den Dienst als Priesterin, der eigentlich ein Hurendienst für zahlungskräftige Männer ist, für immer erspart. Schuld an diesem Dilemma habe ich natürlich selbst. Die Tochter hat bei mir nicht die leidende Hure gesehen, die nach dem Liebesdienst vor Scham von einem Turm in den Freitod springen wollte. Ich als ihr Vorbild leide eben nicht und quäle mich auch nicht mit Schuldgefühlen. In den Augen der Tochter war ich, die leibliche Mutter, immer nur die übermächtige Oberpriesterin des Tempels. Für die Tochter war ich die mächtigste Frau im römischen Imperium. Eben die Hure, die nach jedem verkauften Liebesakt mit einem Freier lachend die verdienten Münzen in den Händen hielt. Eine Mutter, die dabei laut Witze über die oft dummen und stets betrogenen Männer machte.“

Denn längst sieht sie selbst den Tempeldienst wie einen kleinen privaten Krieg gegen die Männer. Vor allem ist es ihre ganz persönliche Rache. Rache für alles, was die Männer ihr in den Jahren zuvor an unendlich viel Leid und Erniedrigung angetan haben. Sie schröpft und erniedrigt die Männer, wo sie es als Priesterin nur kann. Die Männer in ihrer verblendeten Arroganz merken nicht einmal, wie dumm es für sie läuft. Selbst wenn sie hasserfüllt den Männern ins Gesicht urinierte, bedankten sich die Schwachköpfe noch dafür und drückten ihr glücklich Goldmünzen in die Hand.

Ihrer Tochter ist das alles natürlich nicht entgangen. Sie konnte es auch schlecht vor der Tochter verbergen. Die Zukunft einer Ehe mit einem reichen jungen Mann lockte die Tochter dagegen überhaupt nicht. Die Rolle als gefügige und willige Ehefrau liege ihr nicht, behauptet sie immer wieder. Aphrodite kann es sehr gut verstehen. Denn die Rechte einer Ehefrau sind in Wahrheit nur Pflichten. Mira ist von der Macht einer von den Göttern privilegierten Priesterin über die Männer fasziniert. Zu oft konnte ihre Tochter Mira heimlich mitbeobachten, was sie und ihre Priesterinnen mit den Männern anstellten.

Auch der perfide Umstand, dass die Weihe einer Priesterin nur ein besonders obszöner frauenfeindlicher öffentlicher Geschlechtsakt mit einem Mann ist, schreckt ihre Tochter nicht von ihrem Vorhaben ab. Eher freut sich Mira auf diese fragwürdige Schauveranstaltung. Schuld daran hat natürlich wieder nur sie selbst, denn leider hat sie es als Mutter versäumt, ihrer Tochter ein gesundes Maß an Moral, Ethik und Schamgefühl zu vermitteln. Ethische Werte für eine Frau, die der Tochter deutlich gemacht hätten, dass der öffentliche Akt eine Sünde, dass die Liebe einer Frau zu einem Mann etwas höchst Intimes sein soll.

Aber wie hätte sie das in ihrer Lage und ihrem Stand in dieser Welt vermitteln sollen? Hier in dieser antiken Welt ist das schier unmöglich! Sie hätte vielleicht nur als Hausfrau und fromme Mutter ihr Denken anders lenken können. Ganz anders wäre es in ihrer fernen Welt, der Zukunft gelaufen. Dort hätte die Tochter Moral und Keuschheit als höchste Tugend von allen Seiten zu hören bekommen. Doch sie hat hier schon in jungen Jahren mit ansehen müssen, wie die billigen Huren am Hafen sich für etwas Kupfer an Ort und Stelle verkauften. Das gemeine Volk nimmt daran keinen Anstoß. Das Christentum schwenkt hier noch nicht Kreuz und Schwert. Angebliche Hexen und Ketzerinnen brennen hier noch nicht auf Scheiterhaufen.

Ausgerechnet der Sohn des verstorbenen Machon, der junge Phalaris, hat schon vor Wochen den Kaufpreis in Gold für den Kupido mit Mira bei ihr entrichtet. Als sie versuchte, Mira mit Phalaris als Kupido zu drohen, gab sie sich überraschend gleichgültig. Zugegeben, der junge Mann sieht verdammt gut aus. Ein kurzes Aufblitzen in ihren Augen verriet ihr sogar, dass zwischen beiden schon mehr geschehen sein muss als nur guten Tag und guten Weg. Was zwischen beiden wirklich schon gelaufen ist, wird sie noch erfahren. Sie, die mächtige Priesterin, erfährt alles. Aber vielleicht will sie es auch gar nicht wissen! Er, der Primus, wird nur einer der vielen hundert Männer sein, die ihre Tochter als Priesterin später melken wird. Auf jeden Fall wird sie der Tochter alle Macht mitgeben, die sie für eine gesicherte Zukunft hier braucht. Sie wird Aphrodites Werk fortsetzen, wenn sie längst in ihrem Grab die lange Reise in die Zukunft antreten wird. Es ist schon verrückt, dass Professor Marotti vielleicht ihren Schädel in seinen Händen halten wird, lange bevor sie den Flug zum Pluto angetreten hat. Wenn die Zeit aus ihrer Bahn geworfen wird, steht auch alles andere Kopf.

Aphrodite stöhnt schwermütig. Sie steht auf und holt tief Luft. Wieder schweifen ihre Gedanken in die Ferne. Nun ist es also mit der Ruhe der letzten Jahre vorbei.

Der dritte und letzte Punische Krieg ist auch hier längst Geschichte. Der letzte und alles vernichtende Krieg gegen Karthago lief in groben Zügen wirklich so ab, wie es später in den Geschichtsbücher beschrieben steht. Nur übertrafen in Wahrheit die Grausamkeiten dieses Krieges alles, was die schriftlichen Überlieferungen über die Jahrhunderte hinweg hinterließen. Der Sklavenmarkt von Syrakus ist der blutige Beweis. Ein unendliches Meer aus Leid und Tränen ergoss sich seitdem allein auf diesem Markt. Man kann das Leid der unzähligen Menschen nicht in Worte fassen. Syrakus ist durch das Blut der Sklaven zur führenden Stadt Siziliens aufgestiegen. Aphrodite von Syrakus hat leider auch davon profitiert. Noch nie ging es ihr im Leben so gut wie heute. Nur im Herzen treibt sie etwas und lässt sie einfach nicht zur Ruhe kommen. Was es zu bedeuten hat, ist ihr nicht klar. Gut, zugegeben, den kommenden Sklavenaufstand unter Führung eines gewissen Eunus aus Syrien verdrängt sie einfach. Vielleicht wird alles doch nicht so schlimm? Könnten hier vielleicht die Geschichtsschreiber übertrieben haben, weil es ein Sklavenaufstand war? Ein Ereignis, das antike Historiker als Mitglieder der herrschenden Schicht aus ihrer Sicht natürlich besonders negativ dargestellt haben könnten. Dagegen wird von den Herrschenden ein grausamer Krieg gegen vermeintliche Barbaren geschönt. Selbst Niederlagen werden so in Siege umgewandelt.

Aphrodite hört die trippelnden Schritte einer Frau. Sie dreht sich um und sieht ihre Sklavin Lea die Treppe hoch kommen. Lea, auf der Terrasse angekommen, deutet nur eine Verbeugung an. Sie weiß, ihre Herrin legt keinen Wert auf geheuchelte Unterwürfigkeit. Lea lächelt verschmitzt: „Herrin, der hohe Ratsherr Odysseus wartet im Garten auf Euch!“

„Danke, Lea, sag ihm, dass ich gleich komme. Ich mache mich nur noch schnell zurecht!“, erwidert Aphrodite.

Lea verneigt sich und flötet: „Ich werde es dem Hohen Herrn ausrichten!“

Leas Tonart missfällt Aphrodite. Dass der Ratsherr Odysseus nicht nur ein guter Freund, sondern einer ihrer Stammkunden ist, weiß natürlich die ganze Stadt. Er wird schon lange als einer der künftigen Ehemänner an ihrer Seite gehandelt. Von diesem Trugschluss profitieren beide. Er gilt seit langem als Mittelsmann für gestresste Männer, die dringend Aphrodites Rat brauchten. Das ist förderlich für seine Geschäfte und durch ihn hält sie sich die vielen unliebsamen Freier vom Leib.

Das Mädchen ist wieder verschwunden. Noch einmal wirft Aphrodite einen Blick von der Dachterrasse auf Syrakus und das blaue Meer. Dann steigt sie die Treppen hinunter und sucht sich ein besonders verführerisches Gewand heraus. Der passende Schmuck dazu ist auch schnell angelegt. Es ist schwerer Goldschmuck, den Odysseus ihr einst für unvergessliche Nächte geschenkt hatte. Mit leuchtenden Farben für Lippen und Augen verwandelt sie sich geschickt in eine lebende Göttin. Nach einem erneuten kritischen Blick in den Spiegel korrigiert sie ihre Lippen neu. Odysseus liebt und schätzt es, wenn sie seinen Schmuck trägt. Er ist noch ein Mann der alten Schule. Eigentlich leben nur noch Telemachos und der Prätor Petronius Rupilius aus ihrer Anfangszeit. Die andern Hohen Männer haben sich nach und nach verabschiedet. Ihr exzessiver Lebensstil mit Wein, Weib und Gesang hat sie alle nach und nach ins Reich des Hades geschickt. Wer verträgt auch schon drei bis vier Liter Wein am Tag? Dann noch die Unsitte der Männer, aus Geiz lieber mit billigen Hafenhuren zu verkehren. Bei den gepflegten Schwestern des Tempels das Geld zu lassen, hätte ihr Leben sicher verlängert. Aber Aphrodites exquisiter Weinbrand hat auch einen gewichtigen Beitrag zum Männersterben beigetragen. Was macht eine kluge Frau nicht alles aus Profitsucht? Warum soll sie als Geschäftsfrau nicht auch an Gewinn denken? Ist Profitgier denn eine reine Männerdomäne? Zu wissen, dass sie die reichste Frau des Imperiums ist, ist ein herrliches Gefühl. Sie braucht die Männer nicht mehr zu fürchten. Die Männer fürchten sich vor ihr und das ist gut so.

Sie blickt noch einmal kritisch in den Spiegel. Kein Fältchen ist in Sicht. Der Lidschatten und der neu kreierte Lippenstift passen perfekt zusammen. „Gott, bin ich heute wieder schön“, redet sie mit sich selbst. Mehr als nur zufrieden geht sie die Treppe zum Garten hinunter.

Unten sieht sie schon, wie sich Odysseus von einer Haussklavin reichlich Rotwein in einen großen goldenen Becher einschenken lässt.

„Der säuft wie alle Männer“, stellt sie lachend fest. „Zugegeben, ich habe auch den besten Wein von ganz Sizilien. Bei meinem Wein wird jeder Säufer schwach.“

Aphrodite will ihn erschrecken. Doch leider hört er sie kommen, dreht sich zu ihr um und flötet: „Oh Gott, bist du schön, Aphrodite. Dir kann wohl die Zeit gar nichts anhaben. Ich liebe dich bis in den Tod!“

„Alter Schmeichler. Danke! Sag lieber, was hast du vor, wenn du schon selbst zu mir hoch kommst? Der gute Wein allein kann nicht der Grund sein. Oder ist das letzte Fass von mir schon wieder leer?“, fragt ihn Aphrodite und bietet ihm einen Platz ihr gegenüber auf der Bank an.

Odysseus macht es sich bequem, lächelt sie gewinnend an und bittet: „Sei bitte nicht immer so misstrauisch, ich bin doch dein bester und vor allem dein zuverlässigster Freund. Aber zugegeben, Aphrodite, heute habe ich wirklich eine Bitte!“

„Was hast du auf dem Herzen, mein Freund?“, lächelt Aphrodite ihn an, nimmt dabei ein Glas Wein in die Hand und trinkt einen Schluck. Das Glas ist eines der wenigen Relikte, die noch vom Raumschiff Pluto erhalten geblieben sind.

Odysseus wird sichtlich nervös und beginnt zaghaft: „Mein erster Sohn wird in drei Tagen sechzehn Jahre alt. Kannst du nicht meinen Sohn zum Mann machen? Ich meine dich! Nicht eines deiner schönen Mädchen. Alle Knaben, die du zu Männern gemacht hast, sind große Männer geworden. Bis Rom strahlt so deine Macht. Es genügt oft schon zu behaupten, dass dein Schutz und Segen dem Mann gewährt wurden und alle Türen öffnen sich. Der Akt mit dir ist die direkte Verbindung zu den Göttern. Ich will für meinen Sohn nur das Beste. Du verstehst mich doch? Kosten spielen dabei keine Rolle!“

Auch er, einer ihrer wenigen Freunde, erwartet von ihr ganz selbstverständlich ihre Hurendienste. Auch für ihn ist sie vor allem die Frau, die es mit allen Männern tut. Es ist wahr, sie machte viele Knaben zu Männern. Greise Männer begleitete sie auf dem Weg ins Reich der Toten. Mit einem süßen Lächeln sind sie in ihren Armen gestorben. Ihre Dienste für Jung oder Alt wurden mit reichlich Gold bezahlt. Ihre Gier war groß. Leider! So widerspricht sie jetzt verärgert: „Du weißt, Odysseus, für dich bin ich immer da. Ich teile mit dir seit vielen Jahren das Bett, ohne dass du dafür auch nur eine Kupfermünze zahlen musst. Ich erfüllte dir alle deine Wünsche und erdulde auch deine wilden Fantasien. Wenn deine Zeit abgelaufen ist, werde ich auch an deiner Seite stehen und laut zusammen weinen mit den Klageweibern. Doch die Zeit der Kindergeburtstage ist bei mir endgültig vorbei. Versteh mich bitte. Meine Mädchen würden sich über deinen Sohn sicher freuen. Muss ich es unbedingt sein?“

„Du musst es sein. Eben weil du immer noch die Beste aller Frauen bist, Aphrodite! Ich glaube fest daran, dass du jedem Mann Glück bringst, der dich lieben darf. Ich weiß es aus eigener Erfahrung. Ich war vor deiner Zeit ein armer Fischer und wäre es auch heute noch. Doch mit dir, Aphrodite, in meiner Nähe habe ich mich verändert. Ich habe deinen Schoß geküsst und bin am nächsten Tag als ein anderer Mann in deinen Armen erwacht. Das gilt nicht nur für mich und die vielen glücklichen Männer, die in deinen Armen liegen durften. Auch unsere Stadt hast du für immer verändert. Heute bin ich dank deiner Macht und Göttlichkeit ein gemachter Mann. Lass dich noch einmal erweichen. Bitte!“, fleht Odysseus sie an und kniet jetzt sogar vor ihr nieder. Er küsst ihre Füße und schaut mit feuchten Augen zu ihr auf.

Seine schönen, immer noch funkelnden, jugendlich blauen Augen erwärmen ihr Herz. Doch der Verstand sagt immer wieder nein. Wenn bekannt wird, dass sie wieder Knaben entjungfert, kann sie hier gleich einen Kindergarten aufmachen. Geduldig warten dann Hunderte Knaben im Zehnminutentakt auf den Akt mit ihr. Aus allen Teilen der bekannten Welt schicken die Herrscher dann ihre Söhne. Nein, das geht natürlich nicht! Aphrodite erklärt jetzt fest entschlossen: „Immer noch erinnere ich mich ungern an den Knaben des Machon. Ich habe nichts vergessen. Mit dem Knaben begann dieses leidige Kapitel, Knaben zu entjungfern. Der Knabe hat an mir ständig überall herumgeknabbert. Nichts war ihm dabei heilig. So als wäre ich ein dickes rundes Brot mit viel Honig. Wir hatten beide auch reichlich Mühe, den eigentlichen Akt dann zu vollziehen. Er war ja mit seinen zwölf Jahren einfach noch zu jung. An die vielen anderen Knaben kann ich mich nicht mehr erinnern. Es waren einfach zu viele. Wenn es sich herumspricht, dass ich wieder Knaben entjungfere, habe ich Tag und Nacht nur noch Kinder im Bett. Zu dir komme ich jederzeit gerne. Du bist immer noch ein guter Liebhaber. Sieh es doch bitte ein, mein geliebter Odysseus, dass ich es einfach nicht mehr mit Knaben tun will!“

Er nickt und stimmt brummig zu: „Du hast wie immer recht, Aphrodite. Du bist wirklich von göttlicher Weisheit und Güte! Ich liebe dich von ganzem Herzen. Aber gibt es nicht einen Kompromiss?“

„Einen Kompromiss?“, fragt Aphrodite, überlegt und meint: „Eines meiner Mädchen übernimmt ihn. Ich komme nur kurz dazu und segne beide! Geht das auch?“

„Du bist doch die Beste!“, jubelt Odysseus und springt begeistert auf.

Aphrodite ist jetzt auch erleichtert: „Bring in den Tagen nach der Weihe meiner Tochter deinen Sohn vorbei. Er soll sich aber vorher gründlich waschen. Vergiss auch nicht, deinem Sohn reichlich Handgeld mitzugeben. Als kleine Gegenleistung will ich, dass du endlich wieder einmal für eine ganze Nacht zu mir kommst!“

Odysseus lacht und meint lüstern: „Ich hätte auch große Lust, dich wieder einmal für eine ganze Nacht gründlich zu erkunden. Leider ist für morgen sicher bei dir noch viel vorzubereiten. Ich muss mich bei dir entschuldigen. Dringende Geschäfte, du weißt!“, behauptet Odysseus etwas verlegen und weicht ihrem Blick aus. Er macht aber auch keine Anstalten zu gehen. Nachdenklich betrachtet er jetzt ihren Garten.

Aphrodite verzeiht dem alten Macho gerne seine kleine Notlüge. Odysseus weiß aus leidvoller Erfahrung, dass ihr schweres Parfüm ihn bei seiner Frau verraten würde. Diesem Ärger will er wohl heute aus dem Weg gehen. Das akzeptiert sie. Er hat es immerhin vom einfachen Fischer zu einem angesehenen Ratsherren der Stadt gebracht. Das alles ist wirklich nur durch Fleiß, politisches Geschick und Ausdauer erreicht worden. Bei ihm vor allem auch ohne krumme Geschäfte. Stets war er zu ihr aufrichtig und ehrlich. Eine Eigenschaft, die bei Männern wirklich sehr selten ist. Im Bett war und ist er auch nicht zu verachten. Was in den letzten Jahren bei ihm an Kondition nachgelassen hat, macht er mit Zärtlichkeit und Einfallsreichtum locker wieder wett. Nun gut, seine Frau hat auch gewaltig zugelegt. Aus alter Freundschaft hat sie zu gerne nachgegeben, wenn er sich an ihrer Brust ab und an ausweinte. Wir sind schließlich noch nicht im moralisch vorbelasteten christlichen Abendland der kommenden Jahrhunderte. Noch hat sie als Priesterin in dieser Richtung nichts zu befürchten. Ist nicht überhaupt das Christentum erst im späten dritten und vierten Jahrhundert so richtig zum Zug gekommen? Na also! Warum kommen jetzt Skrupel in ihr auf?

Sie hält still, als er sich zu ihr umdreht und sie auf den Mund küsst. Sie möchte jetzt doch, dass Odysseus bleibt. Ihre unbändige Lust auf Mann ist voll erwacht. Jeder Ort ist ihr nun recht. Ihre rechte Hand schiebt schon das Tuch von der linken Schulter. Die linke Hand will die rechte Schulter entblößen. Dann würde ihr Tuch zu Boden fallen und sie stünde ganz nackt vor ihm. Die Zeiten, wo sie noch BH und Slip unter dem Gewand trug, sind schon lange Geschichte.

Odysseus versteht ihre Geste und schüttelt erhitzt den Kopf. Wenn jetzt das Tuch fällt, kann er ihr nicht mehr entkommen. Er fleht sie an: „Tu es bitte nicht. Du bist wunder-wunderschön. Mach es mir nicht noch schwerer, Aphrodite. Bitte! Ich komme ganz bestimmt in den nächsten Tagen zu dir. Du hast mein Wort!“

Er hat viel Mühe, sich von ihr zu lösen. Die Anziehungskraft dieser Frau, ihre faszinierende Schönheit zerreißt seine Seele. Er muss ihr heute um jeden Preis widerstehen. Es gelingt ihm nur unter Schmerzen. Ein flüchtiger Kuss von ihm auf ihre heiße Stirn, dann trennen sich beide endgültig.

Odysseus flüchtet durchs Haupthaus hinaus.

Schade, denkt Aphrodite und streift sich ihr Tuch wieder über die nackte Schulter. Komisch, wenn es die Männer wollen, haben wir Frauen zu funktionieren. Haben aber wir Frauen Lust auf den Mann, dann flüchten die Männer. Sie nimmt es diesem Mann dennoch nicht so sehr übel, sie hier mit ihrer aufgestauten Lust alleine zu lassen. Er wird kommen, das weiß sie. Sein Wort hat sie. Er hat sein Wort noch nie gebrochen.

Mira kommt. Die Nähe zu ihrer wunderschönen Tochter lässt die Lust auf Mann schwinden.

Hüpfend kommt Mira auf sie zu und jubelt: „Mutter, stell dir nur vor, der Prätor ist in Syrakusae. Sein Schiff hat im Hafen für viel Aufregung gesorgt, weil es so riesig groß sein soll. Zahlreiche Fischerboote mussten eilig ihren Platz an der Reede dafür räumen. So habe ich es von einer der Frauen vom Markt eben gehört. Der Prätor wird an meiner Weihe teilnehmen, habe ich läuten hören!“

„Woher willst du wissen, dass der Prätor zu deiner Weihe kommen will?“, fragt Aphrodite skeptisch. Wahr ist, dass der Prätor fest daran glaubt, dass Mira seine Tochter ist. So wird er vielleicht Politik und Geschäfte mit der Weihe angenehm verbunden haben.

„Die Sklavin Cita will es aus sicherer Quelle erfahren haben!“, behauptet Mira und ist sich ihrer Sache ziemlich sicher.

Aphrodite lächelnd: „Die geschwätzige Cita weiß es also schon wieder ganz genau. Mit ihrem vorlauten Mundwerk wird sie noch viel Ärger bekommen. Was sagt überhaupt Mende dazu?“

„Mende glaubt ihr auch und läuft deswegen unten schon vor Aufregung im Kreis herum. Sie glaubt, dass der Prätor noch heute Abend zu uns kommen wird!“, behauptet Mira aufgeregt.

„Oh Gott, sie könnte damit Recht haben. Ich muss mich gleich noch zurechtmachen. Er kann mich auch nach unten rufen lassen! Ich muss auf alles vorbereitet sein!“, erwidert Aphrodite jetzt auch aufgeregt und merkt, dass sie von der Nervosität der Tochter angesteckt wurde.

„Mutter, kann ich heute noch mit Jolaos runter zu den Felsen und ihm beim Angeln zuschauen?“, fragt Mira vorsichtig.

Seit Mendes Sohn Jolaos ein spärliches Bärtchen trägt, wird Aphrodite immer hellhörig, wenn sein Name im Zusammenhang mit ihrer Tochter fällt. Er ist ein wirklich netter Junge, aber nichts für ihre Tochter, hat Aphrodite längst entschieden. Auch wenn Mende in diesem Fall ganz anderer Meinung ist. Aphrodite möchte ihrer Tochter die vielen Pannen und Katastrophen mit den Männern ersparen. Wie das geschehen soll, weiß sie aber selbst noch nicht.

Zähneknirschend ordnet sie an: „Mira, du weißt, ich erlaube dir wirklich nur, ihm beim Angeln zuzuschauen. Kein gemeinsames Bad im Meer und ähnliche Scherze. Anfassen darf er dich auch nicht. Ist das klar?“

Mira verdreht die Augen und versichert übertrieben beleidigt: „Komm nicht wieder mit der alten Leier! Natürlich lasse ich mich nicht von Jolaos schwängern. Ich weiß doch auch, dass ich beim ersten Mal gleich schwanger werden kann. Das hast du mir schon tausendmal gepredigt. So einfach lasse ich mich nicht mit den Männern ein! Nerv mich nicht ständig damit, Mutter! Ein Glück, das alles hat morgen ein Ende. Dann hat mich Phalaris endlich zur Frau gemacht. Dann …“

„Hast du denn keine Angst vor dem, was Phalaris morgen mit dir vorhat?“, fragt Aphrodite und weiß doch, dass ihre Tochter sich längst entschieden hat.

„Mutter, ich habe es im Tempel und hier im Haus tausendmal gesehen, was die Männer mit uns Frauen anstellen. Also komm mir jetzt nicht mit irgendwelchen idiotischen Ängsten. Das zieht bei mir nicht mehr. Ganz im Gegenteil. Hast du mir früher nicht immer erklärt, dass wir Frauen die Männer steuern sollen?“, wehrt sich Mira gegen die Ängste ihrer Mutter und lächelt sie dabei gewinnend an.

Aphrodite gibt wieder einmal auf. Sie kann dem Lächeln ihrer geliebten Tochter nichts entgegensetzen und erwidert resigniert: „Dir ist nicht zu helfen, Tochter. Gut, ich habe dich gewarnt!“

Beide gehen durch den Garten in Richtung Haupthaus.

Mit einer Schriftrolle bewaffnet, kommt ein Offizier mit Mende an der Seite den Frauen im Garten entgegen.

Der Legionär salutiert vor Aphrodite, als wäre sie der Prätor selbst und grüßt: „Salute, Aphrodite, ich bringe dringende Botschaft vom Prätor an Euch persönlich!“

Er verneigt sich und überreicht dabei Aphrodite die Schriftrolle mit einer feierlichen Geste.

Aphrodite nimmt dem Mann die Schriftrolle ab und bricht mit flinken Fingern das Siegel.

Geöffnet liest sie:

Ave Aphrodite,

meine göttliche Geliebte. Schlechte Nachrichten bringen mich wieder nach Syrakus. In Enna sorgt ein aufständischer syrischer Sklave für reichlich Ärger. Aber die Weihe unserer Tochter ist mir auch wichtig. Ich bin auch immer gerne bei dir, meine geliebte Göttin. Ich möchte dich für heute Abend in meinen Palast einladen.

Prätor Rupilius

Nun ist es also soweit, der große Sklavenaufstand, der ganz Sizilien erschüttern wird, hat begonnen! Was hat sie mit diesem Aufstand zu tun? Nichts, wiegelt Aphrodite ab. Sie ist doch eine lebende Göttin. Ihre Tochter und sie haben nichts zu befürchten, ist sie sich sicher. Nur der Befehl des Prätors selbst könnte ihrem Leben ein Ende setzen. Dennoch, ganz tief in ihrem Innern meldet sich eine warnende Stimme. Doch diese Stimme soll heute schweigen, entscheidet sie und lacht wie zum Trotz kurz laut auf.

Nur Prätor Rupilius‘ Vatergefühle hellen ihre getrübte Stimmung etwas auf. Der Mann glaubt wirklich fest daran, dass Mira seine leibliche Tochter ist. Zugegeben, sie haben beide etwas Ähnlichkeit miteinander. Sie ist sich dennoch sicher, dass es der Offizier Titus Anton war, von dem sie in jener leidenschaftlichen Nacht schwanger wurde. Auch wenn die Zeit der Empfängnis durchaus für den Prätor sprechen könnte. Ihr Bauchgefühl spricht für Titus Anton. Eine Frau weiß so etwas einfach. Wahrheit ist, dass ihre Empfängniszeit für viele Männer spricht. Als Sklavin hatte sie damals vielen Männern dienen müssen. Kondome gab es natürlich noch nicht. Es war eine schreckliche Zeit. Den Göttern sei Dank, diese Zeit ist lange vorbei. Wird diese Zeit mit dem Sklavenaufstand für sie wieder kommen?

Nachdenklich rollt Aphrodite das Schriftstück wieder zusammen und erklärt dem Offizier: „Richtet dem großen Prätor Rupilius aus, dass ich eine Stunde vor Sonnenuntergang wie gewohnt ihm in Liebe zu Füßen liegen werde!“

Der Offizier nickt, lächelt, salutiert und verlässt im Laufschritt den Garten.

Die Tochter fragt neugierig: „Nun, Mutter, gute Botschaft vom Prätor? Oder bist du wieder fällig?“

„Sei nicht so frech, Mira! Schon heute Abend muss ich zu ihm. Schwere Zeiten stehen uns allen bevor. Vielleicht ist es wirklich richtig und wichtig, dass du dann schon Priesterin bist. Denn die Priesterin ist doch besser vor der Willkür marodierender Männer geschützt. Du und Cita, ihr habt doch Recht. Der Prätor wird tatsächlich an deiner Weihe teilnehmen“, erklärt Aphrodite. Die Last der Sorgen liegt jetzt schwer auf ihrer Seele. Was wird nun kommen?

Mira dagegen jubelt: „Dass der Prätor dabei ist, ist ja wunderbar!“

Mende meldet sich hinter Aphrodite zu Wort: „Es ist gut für uns alle, Aphrodite, dass du vom Prätor eingeladen wurdest. So habe ich wenigstens noch etwas Luft für die große Feier morgen. Aber was sprichst du schon wieder für Warnungen aus? Was soll schon geschehen?“

Aphrodite dreht sich zu ihrer Freundin Mende um und erklärt mit ernster Miene: „Ein gewaltiger Sklavenaufstand wird ganz Sicilia erschüttern und wird auch Syrakus irgendwann erreichen. Zwar wird der Prätor den Aufstand mit seinem Heer später blutig niederschlagen, aber es wird für uns alle gefährlich werden!“

„Ein Sklavenaufstand?“, fragt Mira erstaunt.

Mende ist auch überrascht und behauptet: „Davon habe ich noch nichts gehört. Erhebungen von Sklaven auf größeren Gütern geschehen doch immer wieder. Das ist doch nichts Neues!“

„Wir werden es schon gemeinsam meistern, Frauen!“, behauptet Aphrodite, sich selbst Mut machend. Zuversichtlich fährt sie fort: „Lasst uns morgen die Weihe in aller gegebenen Würde feiern. Für mich ist die Botschaft des Prätors noch ein Grund mehr, dass auch die Sklaven an der Feier teilnehmen dürfen.“

Mende ist verärgert: „Du bist zu den Sklaven viel zu gutmütig. Du selber wirst dagegen heute wieder wie eine Sklavin dem Prätor die Füße küssen müssen. Wieder bist du die Hure des Prätors. Er wird mit dir machen, was er will, und du gehorchst!“

„Es ist wahr, ich werde wie immer gehorchen. Das ist mein Schicksal, Mende. Ihr alle profitiert doch davon. Oder?“, erwidert Aphrodite.

Sie spricht jetzt Mira an: „Und du, Tochter, solltest die Zeit heute auch besser für die Vorbereitung auf deine Weihe nutzen statt mit kleinen Jungs herumzumachen!“

„Muss das wirklich sein?“, knurrt Mira und schiebt dabei schmollend ihre Unterlippe hoch.

Mende nimmt sie an die Hand und meint: „Deine Mutter hat wirklich recht.“

Dann hebt Mende Miras Gewand bis über den Bauchnabel hoch und sagt entsetzt: „Das habe ich mir gedacht. Willst du dich wirklich mit so einem wilden Muschi-Pelz den hohen Gästen zeigen? Hast du das je bei den Priesterinnen gesehen?“

„Verdammt, Mende hat wirklich recht. Du kannst unmöglich morgen so deine Weihe empfangen! Die Wolle muss gestutzt werden oder kommt ganz weg. Du kannst also heute nicht mehr zum Angeln gehen. Mende wird dich rasieren!“, fordert jetzt auch Aphrodite entschieden.

Mira ist brummig: „Ich habe euch schon verstanden. Ihr habt mich überstimmt. Gut, Mende, hilfst du mir bei der Rasur?“

„Komm, Mira, wir lassen jetzt deine Mutter alleine. Sie wird nach dem Essen bestimmt noch ruhen wollen. Heute Nachmittag wird sie im Meer baden. Denn der Prätor liebt es sehr, wenn ihr Körper nach salzigem Meerwasser riecht!“

Lachend lassen jetzt beide Frauen Aphrodite alleine im Garten zurück.

So allein gelassen, kommen sofort Ängste in ihr auf, die sie vor dem Sklavenaufstand warnen. Klar ist, dass all ihr Geschick und ihr Ruf als lebende Göttin gefordert sein werden, um diesen grausamen Sklavenaufstand unbeschadet zu überstehen. Den Prätor muss sie darauf einstimmen, dass sie zu ihrem eigenen Schutz und zum Schutz der Stadt Syrakus im Notfall auch mit diesem syrischen Sklaven verhandeln wird. Mende hat recht, sie wird nach dem ausgiebigen Mittagsschlaf noch eine gute Stunde im Meer baden. Jetzt will sie aber in der Küche schnell ein leichtes Frühstück einnehmen.

Flink läuft sie in die Küche hinunter und wird von den Sklavinnen wie eine gute Freundin begrüßt. Das Schwätzchen unter Frauen wird sie heute etwas ablenken und für kurze Zeit die schlechten Nachrichten vergessen lassen.

Der Prätor, ich und meine späte Rache!

Aphrodite atmet tief durch. Sie steht noch mit den Füßen im Wasser und lässt ihr langes Haar vom Wind trocknen. Das Bad im Meer war wie immer erfrischend und hätte ruhig noch länger andauern können. Aber sie hat dem Prätor versprochen, schon eine Stunde vor Sonnenuntergang bei ihm zu sein. Ein knappes Jahr ist es her, dass sie ihm das letzte Mal in Liebe gedient hat. Dabei schätzte er ihre etwas übertrieben gespielte Unterwürfigkeit besonders. Es gefällt allen Männern, wenn eine Frau ihnen zu Füßen liegt. Sie gibt offen zu: Es ist wirklich so, dass er mit ihr machen kann, was er will. Warum sie das so aufopfernd für den Prätor tut, weiß sie selbst nicht. Sie ist mit Sicherheit die reichste Frau der Insel, vielleicht gar des ganzen römischen Imperiums. Wahrheit ist aber auch, dass er der Herr über Leben und Tod auf Sizilien ist. Natürlich könnte er sie jederzeit als ehemalige Sklavin wieder in die Sklaverei verkaufen. Doch das wird hoffentlich nie geschehen. Mira ist für ihn ja auch seine Tochter.

Über die vielen gemeinsamen Jahre sind sie längst so etwas wie Freunde geworden. Wenn eine Frau einen Mann überhaupt zum Freund haben kann. Tragisch an der Geschichte ist leider, dass der Prätor nach der Niederwerfung des Sklavenaufstandes Tausende Sklaven an das Kreuz nageln lassen wird. Diese abscheuliche Wahrheit kommt ihr jetzt immer absurder vor. Er ist doch ein guter Mensch. Oder? Vielleicht hat sich hier die Geschichtsschreibung einfach geirrt? Aber sie weiß auch, dass Gut und Böse im Menschen oft eine Einheit bilden. In einem oder in zwei Jahren wird sie es wissen. Hoffentlich!