Die Zeitreisende, Teil 4 - Hardy Manthey - E-Book

Die Zeitreisende, Teil 4 E-Book

Hardy Manthey

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Beschreibung

Im 3. Teil "Das Gold aus der Wüste – endlich am Ziel?" konnte unsere Zeitreisende das Gold aus der Landefähre bergen. Sie fand Männer, die sich mit ihr mitten in die Salzwüste Tunesiens wagten. Kein Römer hat zu dieser Zeit diese Wüste mit eigenen Augen gesehen. Viele gefährliche Abenteuer musste sie dabei überstehen. Für ein paar Tage konnte sie wie in der Zukunft leben. Die Männer der Antike durften einen Blick in die Zukunft werfen, aber diese Botschaften aus der Zukunft haben die Männer nicht geändert. Lediglich Aphrodite sehen sie nun mit anderen Augen. Wird die magische Kraft des Goldes ausreichen, um einen gewaltigen Tempel zu errichten? Kann sie den Widerstand der Männer brechen? Dort im Tempel muss auch die Botschaft an die Menschen der Zukunft versteckt werden. So gut versteckt, dass über die Jahrtausende Krieg und Katastrophen hinweg, ihre Nachrichten ankommen. Lesen Sie, was unsere Heldin tatsächlich erreicht. Am Ende dieses Teiles blicken wir kurz in die Zukunft und erfahren, was die Archäologen herausfinden! Der Autor hat mit der 2. Auflage sein Erstlingswerk sehr stark überarbeitet und die kritischen, trotzdem begeisterten Hinweise berücksichtigt. INHALT: Aphrodite und die Seeräuber Strafe muss sein!? Die Sklavin Mende Die Priesterinnen Männer, ein Albtraum Pläne, nichts als Pläne und die Wünsche der Männer Der Hohe Rat beschließt! Die Weihe Auf Spurensuche nach den Außerirdischen Der Steinbruch Fünf Jahre später Der Tod und ich, aufgewacht! Einige Wochen später Das 22. Jahrhundert – Funkstille auf dem Pluto II Verraten und verkauft! Das Gutachten Der Schatz des Ingenieurs Berlusconti Die Stunde der Wahrheit Dreißig Jahre später Erste Ergebnisse Rom, ein Jahr später Abgründe Die Gedanken der Frauen

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Impressum

Hardy Manthey

Die Zeitreisende, 4. Teil

Der Tempel und das geheime Grab

Ein fantastischer Roman

2., überarbeitete Auflage

ISBN 978-3-86394-510-7 (E-Book)

Titelbild:

Ernst Franta unter Verwendung einer Reproduktion des Gemäldes "Cornelia weist die Krone der Ptolemäer zurück" von Laurent de La Hyre

© 2012, 2017 EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.edition-digital.de

Prolog

Im 1. Teil „Die Zeitreisende – Vom 22.Jahrhundert zurück in das antike Karthago“,

im 2.Teil „Die Zeitreisende – Von der Hure zur mächtigen Priesterin“ und

im 3.Teil „Das Gold aus der Wüste – endlich am Ziel?“

durfte der Leser an den vielen Abenteuern der Zeitreisenden teilnehmen. Sie alle in Kürze zu schildern, ist schlicht unmöglich. Hier ein kurzer Abriss, was in den ersten drei Teilen geschah:

1.Teil

Die junge schwedische Ärztin Maria Lindström nimmt im 22.Jahrhundert an einem Flug zum Pluto teil. Wirklich in letzter Minute kann der Archäologe Giorgio Marotti ihr Material über die antike Welt der Erde zukommen lassen. Denn er glaubt fest daran, dass diese Frau eine Zeitreisende werden wird. Sie soll einen Tempel errichtet haben, der von ihrer Zeitreise berichtet. Vor Jahren haben er und seine Kollegen Hinweise dazu in einem antiken Tempel gefunden, die nur diesen Schluss zulassen. Aber das sagt er ihr nicht.

Ahnungslos stellt sie während des Fluges fest, dass sie ein Kind erwartet. Im Moment der Geburt stürzt das Raumschiff in ein Raum- und Zeitloch. Nur der Umstand, dass sie an lebenserhaltende Geräte angeschlossen ist, rettet ihr Leben.

Ihr neugeborenes Kind und alle anderen Besatzungsmitglieder kommen um.

Als das Unfassbare geschieht, ist die Zeitreisende noch ahnungslos. Das beschädigte Raumschiff kann sie sicher zur Erde bringen. Mit Hilfe einer Landefähre kehrt sie zur Erde zurück. Aber es ist nicht die Erde des 22. Jahrhunderts.

Bald stellt sie fest, dass sie um 150 v. u. Z. gelandet ist. Viele Fehlentscheidungen führen dazu, dass die Frau als Sklavin und Prostituierte den Reichen und Mächtigen jener Zeit dienen muss.

Ihr Wissen aus der Zukunft setzt sie ein, als sie von den ersten drohenden Zeichen des Untergangs Karthagos hört. Sie kann ihren neuen Herrn davon überzeugen, Karthago für immer zu verlassen.

2. Teil

Voller Gefahren ist Marias Reise zur schönen Insel Sizilien. Aphrodite, wie sie sich jetzt nennt, begegnet vielen Menschen unterschiedlichster Kulturen und Länder. Für ihre Fehler muss sie oft einen hohen Preis zahlen. Ihr Wissen wird gefürchtet, doch ihre Fähigkeiten werden gerne genutzt. Ihre atemberaubende Schönheit fesselt die mächtigsten Männer Roms. Sie sorgt mit ihren Prophezeiungen für Aufsehen und greift dadurch erneut direkt in den Lauf der Weltgeschichte ein. Mit ihrer Schönheit verdreht sie den Senatoren in Rom die Köpfe. So eine Frau darf natürlich keine Sklavin sein. Eine Ehe wird arrangiert, um sie unter Kontrolle zu behalten. So reist sie als reiche und mächtige Frau zurück auf die Insel Sizilien.

3. Teil Das Gold aus der Wüste – endlich am Ziel?

Aphrodite konnte das Gold aus der Landefähre bergen. Sie fand Männer, die sich mit ihr mitten in die Salzwüste Tunesiens wagten. Kein Römer hat zu dieser Zeit die Wüste mit eigenen Augen gesehen. Viele gefährliche Abenteuer musste sie dabei überstehen. Für ein paar Tage konnte sie noch einmal wie in der fernen Zukunft leben. Ihre Männer der Antike durften einen Blick in die Zukunft werfen. Geändert haben diese Botschaften aus der Zukunft die Männer nicht. Allerdings sehen sie Aphrodite nun mit anderen Augen.

Wird die magische Kraft des Goldes vom Pluto ausreichen, um einen gewaltigen Tempel zu errichten? Kann Aphrodite den Widerstand der Männer brechen? Dort im Tempel muss auch die Botschaft an die Menschen der Zukunft versteckt werden. So gut, dass ihre Botschaft über die Jahrtausende hinweg den Sturm der unzähligen Kriege und Katastrophen überstehen und in zweitausend Jahren die Menschen erreichen kann.

Lesen Sie, was die Zeitreisende tatsächlich erreicht! Am Ende dieses Teiles blicken wir kurz in die Zukunft und erfahren, was die Archäologen herausfinden.

Ich wünsche viel Vergnügen beim Lesen!

Hardy Manthey

Aphrodite und die Seeräuber

Die Sonne hat sich gerade vom Meer gelöst, als Aphrodite von Emma unsanft geweckt wird. Wütend blickt sie zu ihrer Sklavin hoch. Sie hatte gerade so schön vom Strand und einer Bar in Nizza im zweiundzwanzigsten Jahrhundert geträumt.

Emma wird sofort unsicher und bittet entschuldigend: „Vergebt mir, Herrin, ein Fischer wartet unten und macht es sehr dringend!“

Weil die Fischer noch nie ohne Grund zu ihr gekommen sind, erklärt Aphrodite schon versöhnlicher: „Ist schon in Ordnung, Emma! Biete ihm bitte ein reichliches Frühstück an, während ich noch schnell unter die Dusche gehe. Danach werde ich zu ihm an den Frühstückstisch setzen.“

Mit dem Duschen macht sie es heute wirklich kurz. Die nassen Haare wickelt sie in ein Tuch und wirft sich ein einfaches Gewand über.

Unten erwartet sie ein ihr unbekannter Fischer. Aber sein Fischgeruch ist Ausweis genug für seinen Stand.

Er grüßt sie nach einer tiefen Verbeugung: „Ave, ich soll Grüße von Odysseus, Phrenikus und Laskatius ausrichten! Wir Fischer vermissen Euch sehr!“

Der kleine Verlust kann doch nicht der Grund sein, so früh, kurz nach Sonnenaufgang, zu mir zu kommen, fragt sie sich misstrauisch.

Etwas verärgert antwortet sie: „Danke. Ich weiß, Männer, dass ihr in letzter Zeit bei mir etwas zu kurz gekommen seid, aber mein regelmäßiges Bad am Abend im Meer hat euch doch den gewünschten Fisch gebracht! Oder etwa nicht?“

Der Fischer steht von seinem Platz auf und erklärt: „Vergebung, Göttin, darum geht es heute überhaupt nicht. Ihr sorgt immer für volle Netze. Nur die Zeit rennt uns davon!“

„Was treibt Euch zur Eile, junger Mann?“, fragt Aphrodite ehrlich überrascht . Seit wann gibt es in der Antike auch Zeitprobleme? Kriege dauern Jahre, ach was jahrzehntelang und der Mann redet von einer knappen Zeit, fragt sich Aphrodite skeptisch. Hier ist was oberfaul, meldet sich ihre innere Stimme.

Der Mann windet sich und etwas gequält erklärt er: „Nun, göttliche Aphrodite, wir haben ein Schiffswrack entdeckt, eine knappe Segelstunde südlich von hier. Phrenikus ist sich sicher, dass es das Flaggschiff des römischen Konsuls Axus gewesen ist. Er hatte eine gewaltige Kriegskasse an Bord. Man spricht von über hunderttausend Sesterzen, das sind unglaubliche vierhunderttausend As. Nur hat das Ganze einen gewaltigen Haken. Das Schiffswrack hat sich vor einem Graben in den Felsen nur leicht verfangen. Es muss über die Jahre immer tiefer gerutscht sein. Der nächste leichte Sturm könnte es für immer in der Tiefe versinken lassen. Die Alten meinen, dass schon heute Nacht die Winde ungünstig drehen und alles verloren geht. Orastinius ist ein guter Taucher, er will die Truhe schon gesehen haben, aber sie ist für ihn unerreichbar. Nur Ihr könnt sie bergen. Wir alle haben gesehen, wie Ihr in der Tiefe verschwunden seid. Kein Mensch kann so tief tauchen. Ein Schiff wartet unten schon auf Euch!“

Aphrodite hat längst Feuer gefangen. Aber sie ist im zweiten Monat schwanger. Gefährdet sie das Leben ihres ungeborenen Kindes mit dem Tauchgang? Aphrodite zögert noch.

Doch dann wirft sie ihre Bedenken beiseite und stimmt zu: „Lasst mich nur noch meine Tochter holen, dann brechen wir auf. Schon am Tor reicht sie Emma ihre Tochter und sagt: „Du weißt, dass du jetzt eine große Verantwortung trägst. Ich habe noch etwas vergessen. Ich komme gleich nach. Du kommst mit auf das Schiff!“

Flink eilt Aphrodite wieder ins Haus. Ihre Intuition schlägt Alarm, heute braucht sie eine Waffe. Wieso das so ist, weiß sie nicht. Nur eine unbestimmte Unruhe in ihr treibt sie dazu, das erste Mal nach den Waffen der Amerikaner zu greifen. Sie wird die Waffen nicht benutzen. Wozu auch? Was kann dort draußen auf dem Meer so gefährlich für sie werden, das sie die hochmodernen Waffen hier in der Antike benutzen muss? Nichts, entscheidet sie. Aber immer, wenn sie nicht auf ihre innere Stimme gehört hat, ging etwas schief. Sie eilt hoch in das heilige Zimmer. Aus der langen Kiste holt Aphrodite eines der Kampfmonster heraus. Es ist eine Neutronenwaffe, genannt Neutrons. Eine furchtbare Waffe. Alles, was von diesem Gerät gescannt und mit Enter bestätigt wird, leuchtet kurz auf, um dann für immer zu verschwinden. Das Gerät in den Händen wirkt ungemein beruhigend auf sie. Ein Stück Überlegenheit und Machtgefühl strahlt von der handlichen Hi-Tech-Kampfmaschine aus. Aber auch das Schutzbedürfnis für ihre Tochter lässt sie zu solchen knallharten Maßnahmen greifen. Schnell wickelt Aphrodite das knapp zwei Meter lange Gerät in Tücher und nimmt es auf die Schulter. Das Neutrons wiegt keine zehn Kilo und hat für den Laien das Aussehen eines Bündels vieler unterschiedlich großer Rohre. Das Hi-Tech-Gerät ist eigentlich ein Computer mit viel Energie, der verpackt in Kohlefaser und Titan seine unheimliche Kraft entfaltet. Der Laie, der noch nie utopische Filme gesehen hat, sieht in dieser Hi-Tech-Waffe nur so etwas wie ein sinnloses Metallbündel. Das ist auch gut so.

Aphrodite hat die Waffe geschultert, greift im Vorbeigehen nach ihrer Taucherbrille und den Schwimmflossen. Mit wehendem Haar folgt sie dem Fischer und Emma hinunter zum Hafen. Sie hätte als verheiratete Frau ein Kopftuch tragen müssen, aber dafür ist keine Zeit mehr. Auf den vorgesehenen Begleitschutz muss sie in der Kürze der Zeit auch verzichten. Sie hat Glück, denn Emma hat um die Ecke mit dem Fischer auf sie gewartet. Gemeinsam gehen sie zum Schiff. Am Hafen warten sichtlich ungeduldig die Fischer und begrüßen ihre Göttin überschwänglich. Sie wird herumgereicht und von Odysseus, dem Sprecher begrüßt: „Aphrodite, wir freuen uns, dass du so schnell unserem Ruf gefolgt bist. Wir sind gerade vom Schiffswrack zurück. Es ist einem Menschen völlig unmöglich, die offen daliegende Kiste zu bergen. Man wollte den Schatz offensichtlich noch vom sinkenden Schiff aus in Sicherheit bringen, doch die Fluten waren schneller. Komm, lass uns sofort aufbrechen. Ich fürchte, dass Poseidon sonst die Truhe für sich beansprucht. Nur du als Göttin kannst ihm den Schatz noch streitig machen!“

Aphrodite überlegt kurz, ansehen wird sie sich die Sache auf jeden Fall. Aber ob sie den Schatz heute bergen kann, ist fraglich. Denn heute Nachmittag wollen der Bauingenieur Arestates, sein Helfer Salaris und ein angeblich ägyptischer Baumeister mit Namen Pianch zu ihr kommen. Der Tempelbau soll jetzt in die konkrete Planungsphase gehen. Aber die Aussicht auf einen gewaltigen Schatz lässt Aphrodite nicht mehr los. Wenn sie wieder einen Schatz hebt, fragt niemand mehr, woher ihr gewaltiger Reichtum kommt. Ihre innere Stimme warnt sie zwar erneut, aber das lässt sie heute nicht gelten. Vielleicht ist sie durch ihre Schwangerschaft übertrieben vorsichtig geworden? Wahr ist, der Schutz des ungeborenen Lebens verlangt nach Sicherheit. Aber was soll schon passieren? Nichts, entscheidet sie. Minuten danach sind sie schon aus der Bucht in Richtung Süden. Als sie vor der Bucht auch noch von Delfinen begleitet werden, zerstreuen sich bei Aphrodite alle Bedenken. Beim Anblick der springenden Tiere lacht Mira begeistert. Auch für die Männer ist es ein gutes Omen, dass die Diener des Poseidons sie begleiten. Tatsächlich ist nach einer knappen Stunde die eilige Fahrt zu Ende.

Ein Anker wird geworfen und der Taucher Orastinius erklärt: „Aphrodite, direkt unter uns liegt das gesunkene Schiff. Am Mast steht die Kiste. Große eiserne Griffe an den Seiten machen die Bergung zum Kinderspiel, nur liegt leider alles in der geschätzten Tiefe von hundert Fuß (ca. 30 Meter). Für mich eine unerreichbare Tiefe!“

Oh, dreißig Meter, das ist schon hammerhart, überlegt Aphrodite. Mit Fallballast und Taucherglocke ist es aber zu schaffen.

Sie fragt die Männer: „Sind mein Fass und der Stein im Netz an Bord?“

„Ihr glaubt wohl, dass wir Eure Tauchtechnik vergessen haben! Nein, wir haben alles mit!“, versichert Odysseus nicht ohne Stolz. In wenigen Minuten ist alles startklar. Orastinius springt ins Wasser und dirigiert das Fass in die Nähe des Schiffswracks. Als er auftaucht und nach seiner Meinung alles vorbereitet ist, hat Aphrodite ein Problem. An die Taucherbrille und ihre neuen Schwimmflossen hat sie gedacht, aber an ihren Bikiniersatz nicht. Sie hat ihn schlicht und einfach vergessen. Mit dem Gewand kann sie unmöglich tauchen.

Aphrodite bittet die Männer: „Ich weiß, es ist albern Männer, seid so lieb und dreht euch bitte um! Ich muss nackt ins Wasser springen!“

Die Männer grinsen, sind aber so lieb und drehen sich wirklich um. So springt Aphrodite nackt ins warme Wasser. Sekunden später reißt sie der Stein in die Tiefe. Nur zwei Meter vor der Kiste bleibt der Stein mit den Seilen stehen. Die Kiste ist schnell befestigt, so braucht sie nur einmal im Fass nach Luft schnappen, dann gibt sie das Signal zum Hochziehen. Selbst schießt sie wie ein Torpedo nach oben. Mit den letzten Reserven erreicht sie die Oberfläche. Das war ganz schön knapp, tadelt sich Aphrodite. Ängstlich greift sie sich an den Bauch, doch dort scheint alles in Ordnung zu sein. Erst jetzt stellt Aphrodite fest, hier oben ist nichts so wie erwartet.

Niemand beachtet sie, selbst der kleine Kran für die Kiste wird nicht bedient.

Alles scheint in eine Richtung zu schauen. Tatsächlich sieht sie zwei Schiffe noch recht weit entfernt, die auf sie zukommen.

Erst nach ihrem zweiten Ruf: „Holt mich hoch, Männer!“, reagieren die Fischer.

Sie wird nach oben geholt, aber die Kiste ist noch nicht aus dem Wasser.

Eilig greift sie nach ihrem Tuch und fragt: „Was ist hier, verdammt noch mal, los?“

Keiner interessiert sich mehr für sie. Nur ein Mann dreht sich zu ihr um und spottet: „Ihr könnt gleich nackt bleiben, die Seeräuber kommen! Die reißen den Weibern sowieso die Gewänder vom Leib! Schaut! Die Kiste kann wieder zurück in die Tiefe!“

Aphrodite wirft sich ihr Gewand über, trennt sich von Brille und Taucherflossen und brüllt die Männer von hinten an: „Die Kiste muss sofort geborgen werden! Die Seeräuber überlasst bitte mir!“

Von ihrem Befehlston überrascht, drehen sich die meisten Männer um. Ungläubig schauen sie Aphrodite an.

Aphrodite bekräftigt im Befehlston, der keinen Widerspruch duldet: „Nun macht sofort, Männer, jeder Augenblick zählt jetzt! Beeilt euch!“

„Was wollt Ihr gegen die Seeräuber tun? Es sind zwei Schiffe! Wir sind alleine und in dieser Bucht gefangen. Wir sitzen in der Falle. An Land können wir auch nicht, schaut, alles nur Steilküste. Es ist aussichtslos für uns! Wir sind keine Krieger. Mit den paar Waffen an Bord können wir gegen die geballte Übermacht nichts ausrichten, Aphrodite. Wenn wir uns wehren, bringen sie uns alle um!“, erklärt Phrenikus mit angstverzerrtem Gesicht.

Das ist also die Gefahr, die Stimme aus der Tiefe ihres Herzens, die sie immer wieder vernommen hatte. Darum musste sie intuitiv auch die Waffe der Amerikaner mitnehmen.

Bewusst ruhig erklärt sie dem Fischer Phrenikus und allen Männern: „Ich sagte bereits, überlasst mir die Seeräuber!“

Die Kiste wird tatsächlich auf ihr Geheiß von den Männern murrend geborgen. Geöffnet hat sie keiner. Die Männer wirken auf sie verstört und völlig hilflos. Ständig blicken sie ängstlich zu den immer näher kommenden Piratenschiffen.

Aphrodite wickelt die Neutrons-Kanone aus. Sie weiß, dass sie mit dem Einsatz der Waffe endgültig das Raum- und Zeitgefüge im herkömmlichen Sinn zum Einsturz bringt. Nichts wird so sein, wie es vorher war. Die Kriegstechnik des zweiundzwanzigsten Jahrhunderts tritt gegen antike Seeräuber an. Von Chancengleichheit kann hier keine Rede mehr sein. Aber Aphrodite rechtfertigt sich damit, dass sie niemanden töten wird und alles nur für den Schutz der Tochter und die Erfüllung ihres göttlichen Auftrages, um ihres hohen Zieles willen, tut. Die Männer weichen bei dem Anblick der Waffe skeptisch vor ihr zurück. Wirklich Furcht einflößend wirkt die Waffe nicht auf die antiken Männer.

Sie nimmt das erste Schiff der Seeräuber ins Visier. Nachdem das Schiffssegel mit Mast erfasst wurde, programmiert sie die Waffe und speichert das Ziel. Danach bestätigt sie zweimal, bestätigt die Neutralisierung und drückt auf Start. Das Schiff, noch gute zweihundert Meter von ihnen entfernt, beginnt am Segel zu leuchten. Bruchteile von Sekunden vergehen. Dann ist das Schiff ohne Segel und ohne Mast. Ohne auf die überraschten, völlig fassungslosen Männer zu achten, muss Aphrodite sich erneut konzentrieren, um auch das Segel des zweiten Schiffes zu neutralisieren. Der Schock auf dem ersten Seeräuberschiff scheint tief zu sitzen. Die Besatzung ist keiner vernünftigen Reaktion fähig und so gleitet das Schiff immer langsamer werdend dahin. Das zweite Schiff hat den Schock schneller überwunden, benutzt die Ruder und tritt die Flucht an.

„Das erste Schiff greifen wir uns! Ab in die Riemen Männer!“, brüllt Aphrodite die Männer ungewohnt heftig an.

Odysseus bekräftigt lautstark: „Habt ihr nicht gehört, Männer, ab in die Riemen und an die wenigen Waffen. Die Göttin hat gesprochen!“

Die Männer, immer noch unter Schock, gehorchen mechanisch. Aber auch das Seeräuberschiff ist aus dem Albtraum erwacht und Ruder werden ins Wasser gelassen. Aphrodite schaltet auf Laser um und zielt auf die sichtbaren Ruder. Wie von unsichtbaren Sägen zerschnitten, fallen die Ruderblätter ins Wasser.

Jetzt schlägt die Stimmung auf dem Schiff gänzlich um, die Männer sind wach geworden und mit Begeisterung wird den wehrlosen Seeräubern entgegen gerudert. Verzweifelt und völlig verängstigt, ja gelähmt, stehen die Schrecken der See an Deck des Seeräuberschiffes und halten kraftlos ihre Schwerter in der Hand.

Die Fischer springen hinüber. Es findet kein Kampf statt.

Einer der Fischer schreit triumphierend die Seeräuber an: „Wisst ihr, wer euch besiegt hat? Es ist die Göttin Aphrodite mit ihren wundersamen Kräften, die euch das schändliche Handwerk für immer gelegt hat. Unwürdige, verneigt euch vor ihr, Ihr Missgeburten des Hades!“

Aphrodite dreht sich suchend nach ihrer Tochter um und findet Mira wohlbehütet in den Armen von Emma. Die schaut zwar auch noch etwas bedeppert drein, weil sie das Gesehene nicht so richtig verdauen kann, aber sie hält immerhin Mira gut fest. Darum springt Aphrodite hinüber auf das Seeräuberschiff. Die Fischer fesseln die willenlosen Männer.

Odysseus ruft Aphrodite zu: „Aphrodite, Göttin, schaut, was wir unten entdeckt haben!“

Unten im Laderaum kommt ihr erst einmal ein bestialischer Gestank von Urin und Kot entgegen. Gefesselt liegen dort im eigenen Dreck Männer und junge Frauen. Aber achtlos geht Odysseus an den Unglücklichen vorbei und weist auf zwei geöffnete Kisten. Die Kisten quellen über, lassen sich nicht schließen, denn eine unglaubliche Menge Gold- und Silbermünzen haben dort kaum Platz. Tatsächlich fallen durch das Schaukeln des Schiffes unzählige Münzen auf den Schiffsboden.

Odysseus erklärt trocken: „Ihr seid jetzt die reichste Frau der römischen Welt!“

„Wie immer wird redlich unter uns geteilt! Geltend nach den Gesetzen des Hohen Rates, wie immer!“, beeilt sich Aphrodite, ihm zu versichern.

Odysseus verneigt sich tief vor ihr und erklärt feierlich: „Schöne Aphrodite, Ihr seid wie immer zu uns armen Fischern so großmütig. Nur eine leibhaftige Göttin vermag so großzügig zu sein!“

Vom entsetzlichen Gestank nach oben getrieben, erwidert sie, an Deck angekommen: „Das Schiff soll mein Eigen sein. Bindet unten die Gefangenen los und lasst sie an Deck! Verschont die Seeräuber. Fesselt sie nur. In Syrakusae werden wir die gesamte Beute redlich untereinander aufteilen.“

„Es geschieht alles so, wie Ihr es befehlt, Göttin, göttliche Aphrodite!“, versichert Odysseus.

Nun nimmt Aphrodite auch sofort ihre Tochter in die Arme.

Dann wird endlich die Kiste aus der Tiefe des Meeres geöffnet. Tatsächlich ist dort die Kriegskasse des römischen Konsuls Axus. Aber es sind vor allem Silbermünzen. Von Hunderttausenden Denar kann keine Rede sein. Aber das ist jetzt nicht mehr so wichtig. Auch wenn sie nur anteilig am Gewinn beteiligt ist, wird die Ausbeute alles in allem gewaltig sein. Nun steht die Finanzierung des Tempels auf soliden Füßen. Unauffällig kann jetzt das Gold vom Pluto mit in Umlauf gebracht werden. Das Gold reicht auch für ein sorgenfreies Leben ihrer Kinder, auch nach ihrem Tod.

Emma stößt Aphrodite an, reißt sie aus ihren Tagträumen. Immer noch in Gedanken, reicht sie ihr Mira, die immer noch schläft.

Emma fragt verwirrt: „Was war das eben, Herrin? Was ist hier passiert? Herrin, Ihr habt euch jetzt selbst enttarnt. Ihr seid doch die Göttin Aphrodite! Warum habt Ihr mir das verschwiegen?“

„Was hätte es dir gebracht, Emma, zu wissen, dass du einer Göttin dienst?“, fragt Aphrodite gewagt ketzerisch, denn sich selbst als Göttin zu bezeichnen, ängstigt sie doch.

Emma verneigt sich tief, will vor ihr auf die Knie fallen. Aphrodite hält sie mit den Händen zurück. Mit ängstlichem, zu ihren Füßen gerichtetem Blick bittet Emma: „Verzeiht mir bitte, Herrin, wenn es Momente gab, in denen ich an eurer Göttlichkeit zweifelte. Vergebt mir!“

Mit ihr fallen alle Männer vor Aphrodite auf die Knie und beten sie an.

Aphrodite ängstigt die Unterwürfigkeit vor allem der Männer und sie verkündet: „Ich bin für euch da! Nicht umgekehrt. Steht bitte auf und lasst uns den Göttern danken, dass das Unheil so glücklich von uns abgewendet wurde. Lasst uns endlich nach Syrakusae zurückkehren!“

Die Männer erheben sich und das Seeräuberschiff im Schlepptau, geht es zurück nach Syrakusae.

Vorsichtig wickelt Aphrodite die Wunderwaffe aus der Zukunft wieder in die Tücher und weiß nun, so läuft es also ab, wenn die Zukunft und die Vergangenheit aufeinandertreffen.

Die Segel fangen den günstigen Wind auf und mit zunehmender Fahrt werden sie auch wieder von den Delfinen begleitet.

Odysseus stellt sich zu ihr. Er trägt nur einen Lendenschurz und hält ein Kurzschwert in der Hand, das er den Piraten abgenommen hat. Lachend fragt er: „Göttin, wie können wir Euch jemals danken? Ihr habt uns alle vor dem Tod oder der Sklaverei bewahrt. Jetzt sind wir außerdem reiche Männer. Befehlt, was wir tun sollen!“

Aphrodite schaut den immer noch wunderschönen Mann mit den meerblauen Augen lächelnd an, nimmt seine freie Hand und bittet: „Sei du mir stets ein guter Freund, Odysseus. Ich brauche gute Freunde mehr denn je. Wahre Freunde sind mir kostbarer als alles Gold der Welt!“

Er lächelt sie an und versichert ihr aus tiefstem Herzen: „Wenn ich nicht schon eine Frau hätte, glaubt mir bitte, Ihr wärt jetzt die Meine. Ich habe Euch schon als Sklavin geliebt. Hätte ich damals das Geld gehabt, ich hätte mein ganzes Vermögen für Euch hergegeben, göttliche Aphrodite!“

Aphrodite fällt die erste Begegnung mit ihm ein und jetzt wird ihr auch sein Verhalten von damals verständlich. Man kann nicht alle Männer haben, beruhigt sie sich. Er ist aber ein ganz Süßer, stellt sie zufrieden fest und betrachtet mit Genuss den schönen, halb nackten Mann. Er ist wirklich zum Anbeißen. Eben eine Sünde wert. Doch für ihre sündigen Gedanken tadelt sich Aphrodite.

„Ich danke dir, Odysseus, für deine Offenheit!“ Dann umarmt sie ihn, genießt ihn für den kurzen Augenblick und küsst dann zum Schluss seine Stirn.

Ergriffen steht der Mann vor ihr. Die anderen Fischer kommen auf sie zu und bitten auch um eine Umarmung und einen Kuss. Sie verweigert sich den Männern natürlich nicht und jeder bekommt seinen Kuss von ihr.

Die ersten Häuser und dann die Bucht von Syrakusae kündigen sich an. Weil schon von weitem das fremde Schiff im Schlepptau des Fischerbootes zu erkennen ist, entsteht am Hafen ein Massenauflauf. Aphrodite nimmt Mira in den Arm und Emma muss nun die eingewickelte Waffe tragen. Sie gehen als Letzte vom Schiff und Aphrodite hofft, ohne viel Aufhebens an den Menschen vorbei nach Hause zu kommen. Tatsächlich sind beide Frauen an der Menschentraube schon fast vorbei, als eine kehlige Männerstimme von hinten ruft: „Da ist Aphrodite, die Göttin, die uns alle gerettet hat. Da ist unsere Aphrodite, die Schutzgöttin von Syrakusae und der Fischer. Huldigt ihr! Bittet um ihren Segen!“

Nun wird Aphrodite erstürmt, sodass sie um das Leben ihre Tochter bangt. Doch wie erwartet wird sie nicht erdrückt, sondern die Menschen knien vor ihr nieder und bitten um ihren Segen. Wie soll Aphrodite die Menschen nur beruhigen. Von Mummenschanz und uralten Kulten hat sie doch keine Ahnung.

Mit dem Kind im Arm geht sie auf die knienden Menschen zu und bittet: „Vergebt mir. Nehmt meine besten Wünsche für euch an. Steht auf und nehmt meine Hand als Zeichen des Segens der Götter an!“

Mit der freien Hand berührt sie die Menschen an der Stirn oder der Schulter. Sie scheinen, so von ihr gesegnet, Platz für den nächsten Gläubigen zu machen. Ihre Füße und das Gewand werden ständig geküsst. So ist es eine mühselige Arbeit, durch die immer zahlreicher werdenden Menschen zu kommen. Ein nicht mehr ganz taufrischer Bauer mit einem leeren Wagen wartet, wie von ihr bestellt, am Ende der vielen Menschen auf sie.

Flink springt sie mit Emma auf den Wagen und bittet: „Junger Mann, wie ist es mit einer Spritztour zu meinem Haus?“

Der Bauer lacht, zeigt stolz seinen einzigen Zahn dabei und erklärt: „Ob ich es so schnell machen kann, wie Ihr es wünscht, weiß ich nicht, aber Euer schönes Haus kenne ich natürlich. Wer kennt Euch und Euer Haus nicht! Ihr zahlt immer gut für mein Gemüse, mein Obst, meine Eier und mein Federvieh. Dafür will ich heute danken!“

Mit den Worten gibt er seinem klapprigen Maulesel die Rute. Sicherlich wäre Aphrodite zu Fuß über den direkten Weg viel schneller zu Haus. Nur so entkommt sie aber den vielen aufdringlichen Menschen, die ihr jetzt nur noch zuwinken.

Der Mann scheint ein jahrzehntelanges Schweigegelübde eben gerade beendet zu haben, denn er plappert munter und ohne Pausen auf sie ein: „Endlich, endlich habe ich Euch einmal für mich ganz alleine. Seit Monaten liegt meine Frau mir in den Ohren und verlangt, dass ich endlich von Euch Rat in unserer Sache einhole. Zu allen Göttern haben wir beide gebetet. Nichts half, darum glaubt meine Frau, dass uns nur noch Aphrodite helfen kann. Wir beide sind verzweifelt! Helft mir und meiner Frau bitte!“

Erstaunt fragt Aphrodite: „Bei Gott, wie und vor allem wobei soll ich helfen können?“

Der Bauer erklärt unbeirrt weiter: „Die Götter versagen uns seit Jahren einen Sohn. Meine Frau hat mir schon das vierte Mädchen geschenkt. Sagt mir bitte, was ich tun soll! Ich hätte doch so gerne einen Sohn, einen Erben für meinen kleinen Hof!“

Wie soll sie dem Mann helfen? Es gibt doch kein in der Antike bekanntes Mittel, das bei der Zeugung eines Menschen das Geschlecht beeinflussen kann. Bei Krokodilen und vielen anderen Tieren genügen die veränderte Temperatur oder andere Umweltfaktoren, die das Geschlecht bestimmen können. Sie erinnert sich nur, dass bei Mangelernährung Frauen angeblich mehr Knaben gebären. Doch stimmt das? Helfen wird das dem Mann nicht wirklich.

Ihm erklärt sie: „Geh zu deiner Frau und liebe sie von ganzem Herzen. Niemals darfst du das Wort von einem Sohn vor ihr aussprechen. Liebe alle deine Töchter, als wenn es Söhne wären. Dann erbarmen sich vielleicht die Götter und du wirst bald einen Sohn in deinen Armen halten können!“

Oben am Tor sagt der Bauer noch zum Abschied: „Ich mache es, wie von Euch gefordert. Eine Wagenladung Obst soll bei einem Sohn mein Geschenk an Euch sein! Vale, vale et tu!“

Beide Frauen springen vom Wagen und eilen ins Haus.

Strafe muss sein!?

Am Eingang erwartet sie ihr Mann etwas verärgert: „Wo warst du? Eine Sklavin hat mir nur etwas von einem Fischer erzählt, der dich dringend gerufen hätte. Du bist ihm sofort gefolgt!“

Anstelle einer Antwort bekommt ihr Mann einen dicken Kuss und sie fleht ihn an: „Vergib mir, Gebieter, dass ich so einfach mit dem Fischer mitgegangen bin. Es ist eine verdammt lange Geschichte. Dir das jetzt alles zu erklären, wäre zu viel. Lass uns bitte später darüber sprechen. Sind die Bauingenieure schon da?“

„Sie warten schon eine Stunde im Saal und essen uns gerade die letzten Vorräte auf!“, brummt er denkbar schlecht gelaunt.

„Das ist gut und passt, ich habe Hunger wie ein Wolf!“, erwidert sie und stürmt in Richtung Saal.

Aphrodite dreht sich noch einmal zu Emma um und bittet sie: „Leg bitte die Waffe schnell in die Truhe, dann komm auch etwas essen!“

Nach wenigen Schritten hat sie den Saal erreicht.

Dort verneigt sie sich artig vor den Männern und grüßt: „Avete, hohe Männer! Vergebt einem schwachen Weib die Verspätung! Bevor wir zur eigentlichen Sache kommen, will ich aber auch erst noch etwas essen!“

Sie greift nach einer gegrillten Hühnerkeule und legt ihre Tochter etwas abseits auf die Liege. Mit den nun freien Händen nimmt sie sich auch noch ein Stück frisches Brot. Erst jetzt sieht sie, dass neben Arestates und Salaris noch ein fremder Glatzkopf sie staunend betrachtet. Hat sie sich eben bekleckert? Außer, dass vielleicht das Gewand etwas zu viel Busen frei gibt, kann sie keinen Makel an sich entdecken.

So wagt sie etwas keck die Frage: „Und wer seid Ihr? Wie kann ich den Hohen Herrn begrüßen und ihm vielleicht helfen?“

Der Mann wird aus seinen Fantasien gerissen und grüßt etwas holprig auf Latein: „Salve Aphrodite! Ihr, ihr seid die Frau, die erste Frau der bekannten Welt, die auf eigene Kosten einen gewaltigen Tempel zu ihrer eigenen Person erbauen lassen will!“

„Stimmt nicht ganz, ich teile mir den Tempel mit anderen weiblichen Göttern, junger Mann. Wer seid ihr denn nun?“, fragt Aphrodite schon ungeduldig, am Hühnerbein knabbernd.

Der Glatzköpfige erklärt betont mit erhobener Stimme: „Ich bin der große Baumeister aus Theben. Man ruft mich in Ägypten und unter Gelehrten der Welt nur den großen Pianch!“

Eine Spur zu spöttisch erwidert Aphrodite: „Für den Baumeister der großen Pyramiden scheint Ihr aber nicht alt genug zu sein!“

Der Mann ist beleidigt, steht sofort auf und erklärt wütend: „Von einer aufgeputzten Hure brauche ich mir so etwas nicht bieten zu lassen!“

Wütend verlässt der Glatzkopf den Saal und schimpft dabei unverständliche Worte.

„Das ist der beste Mann der römischen Welt, wenn es um Tempelbauten geht. Das hast du großartig hinbekommen, Aphrodite!“, schimpft ihr Mann.

Auch Arestates und Salaris schütteln missbilligend die Köpfe.

Aphrodite glaubt selbst, eben wirklich zu weit gegangen zu sein, springt auf und läuft dem Mann hinter her.

Erst am Tor kann sie sich vor Pianch stellen und ihn bitten: „Vergebt mir, großer Meister. Als gedungene Hure verlernt man schnell den nötigen Respekt vor den Männern. Zu tief blickt man in die Abgründe der männlichen Seele. Ich bitte um Verzeihung! Ich hatte heute schon einen aufregenden Tag. Irgendwie hat mich das alles überfordert! Verzeiht mir bitte! Ihr habt einen Wunsch bei mir frei, großer Baumeister. Ich verneige mich in Demut vor Euch. Bitte kommt zurück!“

Das finstere Gesicht des Mannes hellt sich merklich auf und er stimmt ihr zu: „Gut, weil Ihr Euch so unterwürfig und voller Reue bei mir entschuldigt, nehme ich Eure Entschuldigung dankend an!“

Dann schnuppert er an ihr und behauptet spöttisch: „Ihr habt heute schon Poseidon einen Besuch abgestattet!“

„Ja, woher wisst Ihr das denn?“, erwidert Aphrodite überrascht.

Der Mann wollte scherzen und erklärt: „Es war als Scherz gedacht, aber Ihr riecht tatsächlich etwas nach Meerwasser und nach Fisch!“

Er kann Recht haben, gibt sich Aphrodite einsichtig.

Aphrodite hakt sich in die von Pianch angebotene Hand ein und erklärt: „Ich glaube, Ihr seid der richtige Mann für meine Pläne! Ich habe einiges vor, großer Meister. Alles geht bei mir in Richtung Pyramiden!“

„Je größer, desto besser!“, erwidert Pianch, zieht Aphrodite noch mehr an sich heran und riecht an ihrem Haar.

Oben im Saal applaudieren ihr die Männer spontan. Gemeinsam setzen sie das Essen fort.

Salaris spottet: „Euer Mann erklärte uns eben, Aphrodite, dass Ihr als geringes Weib eigenartige Vorstellungen vom Bau des Tempels habt!“

„Ob das nun eigenartig sein soll, das weiß ich natürlich nicht. Aber ich habe tatsächlich schon meine eigenen Wünsche!“, erwidert Aphrodite ehrlich.

Arestates steht auf und entrollt eine Papyrusrolle. Ein Tempel in der Frontansicht entfaltet sich vor ihren Augen.

Mit einer Handbewegung rollt sie die Papyri wieder zusammen und verkündet: „Wie der Tempel oben aussieht, ist mir völlig egal, Männer! Mich interessieren nur die Aufbauten und die Technik der Grabkammer. Mein Grab ist mir nur wichtig. Ganz wie bei den alten Pharaonen. Es sollen Steine sein, Quader mit dem Gewicht von mehr als fünfzig Talanton, ebenso wie für die Pyramiden, so will ich mein Grab sichern lassen!“

Der Ägypter erklärt sichtlich erschrocken: „Ihr wisst tatsächlich von den Pyramiden? Ich glaubte vorhin nur an eine lästernde Redensart von Euch! Woher wisst Ihr davon? Woher kennt Ihr die Größe der Quader? Kein Fremder darf zu den Pyramiden gelangen. Es ist das Reich des Hades! Kein Weib hat je diesen Platz betreten! Wenn ja, so war es des Todes! Ich kenne keinen Römer, der jemals dort war!“

Gewarnt, wie empfindlich der Mann reagiert, versichert sie ihm: „Ich bin den Göttern gewogen und darum über Dinge informiert, die sonst einer Frau unzugänglich sind. Ich weiß, dass die Pyramiden aus unzähligen gewaltigen Steinquadern errichtet wurden. Genau aus solchen großen Quadern soll die Plattform für den Tempel entstehen. Eine Pyramide darüber lockt nur Grabräuber an. Was oben auf den Quadern steht, ist mir, ehrlich gesagt, völlig egal. Das wird ohnehin nicht lange von Bestand sein. Nur alles darunter zählt für mich! Die gesicherte Grabkammer ist entscheidend! Noch sicherer als die Gräber der Pharaonen, die nie sicher waren, soll mein Grab sein. Eine Forderung, die auch an Eure Grenzen stoßen wird!“

Der Ägypter schaut Aphrodite etwas skeptisch an und fragt: „Wisst Ihr, das wird sehr … sehr viel kosten, so ein Grab ist extrem aufwendig! Könnt Ihr das als Weib denn überhaupt bezahlen?“

„Errechnet mir grob die Kosten. Über das Geld mache sich der Herr keine Gedanken. Ich kann mir den römischen Senat kaufen!“, versichert ihm Aphrodite.

Der Ägypter meint lakonisch: „Gut, wir werden uns in zwei Wochen wieder hier treffen. Ich schau mir das Gelände gründlich an. Dann werde ich alles mit Eurem Mann besprechen. Bis dahin habe ich auch ein grobes Konzept erarbeitet!“

Aphrodite will Pianch gerade über ihre Position als alles entscheidende Bauherrin aufklären, als eine Sklavin den Saal betritt und sich vor Aphrodite verneigt: „Herrin, draußen warten Männer auf Euch. Sie bringen Euch Euren Anteil an der Beute!“

„Was für eine Beute?“, fragt ihr Mann überrascht.

Etwas verlegen erklärt Aphrodite: „Ich war heute schon mit den Fischern unterwegs, mein Gebieter! Vergebt mir, dass ich nicht die Zeit hatte, um eure Erlaubnis zu ersuchen!“

Schlecht gelaunt erwidert ihr Mann: „Du hast also gegen unsere Abmachung verstoßen. Hast dich und unser Kind wieder in Gefahr gebracht? Ich werde dich bestrafen müssen!“

Zur Sklavin sagt er: „Lass die Männer eintreten!“

Aphrodite wird es jetzt mulmig. Ihr Mann weiß noch nichts von dem Überfall der Seeräuber. Er wird sie tatsächlich bestrafen, wenn er alles erfahren hat. Odysseus und ein anderer Fischer treten mit zwei Sklaven, die eine große Kiste tragen, in den Saal. Dahinter folgen vier nur dürftig bekleidete Mädchen, die aneinander gefesselt sind.

Odysseus und der unbekannte Fischer verneigen sich.

Mit erhobener Hand grüßt Odysseus: „Salute, hohe Herren! Wir bringen Aphrodites Anteil an der Beute!“

Damit öffnet er vor dem staunenden Publikum die große Kiste, aus der sogleich Münzen in großer Zahl herausfallen.

„Was hat mein Weib angestellt, dass Ihr Sklaven und dazu noch so viel Geld bringt?“, fragt ihr Mann schon genervt.

Odysseus schaut etwas irritiert die immer kleiner werdende Aphrodite an und erklärt dann: „Ihr wisst es noch nicht? Aphrodite hat die Kriegskasse des römischen Konsuls Axus geborgen und mit ihrer Hilfe wurde ein Seeräuberschiff aufgebracht. Ihren Anteil vom Geld und diese Sklaven bringen wir. Sie hatte es ja so eilig, nach Haus, zu kommen!“

Begeistert geht Arestates auf die Mädchen zu. Einem Mädchen nimmt er das zerrissene Gewand einfach ab. Er betrachtet das nackte Mädchen mit Freude und bittet: „Ich gebe Euch fünf Denar für dieses schöne Mädchen, Aphrodite. Überlasst Ihr sie mir bitte? Es ist ein guter Preis.“

Aphrodite schaut auf das vor Angst zitternde nackte Mädchen, wendet sich an Arestates: „Arestates, es ist ein schlechter Moment, um über Geschäfte zu reden. Ich muss meinem Mann erst einmal einiges erklären. Wir können später darüber verhandeln! Einverstanden?“

Arestates hat offensichtlich die heikle Situation für Aphrodite begreifen. Die Ingenieure verlassen schweigend den Saal. Odysseus und der Fischer folgen ihnen ebenfalls.

Ihr Mann schnaubt wütend: „Schafft die Sklaven alle raus! Ich habe mit meiner Frau alleine zu sprechen!“

Die bedrohliche Stimme ihres Mannes wirkt. Augenblicklich ist der Saal leer. Aphrodite kniet vor ihm zitternd nieder und bittet: „Gebieter, bestraft mich. Es ist wahr, ich habe nicht nur mein Leben und somit das Leben deines ungeborenen Kindes gefährdet, sondern auch das Leben meiner Tochter leichtsinnig in Gefahr gebracht!“

Ihr Ehemann greift ihr derb ins Haar und zwingt sie, ihm in die Augen zu schauen und behauptet: „Du hast mich sehr enttäuscht, Aphrodite. Wie soll ich dich nur bestrafen? Ich weiß schon, die Rute kennst du. Such eine Sklavin aus, sie soll an deiner Stelle mit zwanzig Rutenschlägen bestraft werden. Jeden der Schläge wirst du mit ansehen müssen! Vielleicht lernst du so in Zukunft, was Gehorsam auch für eine Herrin bedeutet!“

Aphrodite erwidert ganz entsetzt: „Ich bitte um Gnade, Gebieter. Ich kann doch keine unschuldige Sklavin auswählen. Bestraft mich, Gebieter! Einen unschuldigen Menschen bestrafen, das geht doch nicht!“

Ihr Mann genießt wie alle Männer ihre Unterwürfigkeit und verkündet: „Es ist vielleicht wirklich besser, nicht nur die Sklavin sondern auch dich zu bestrafen. Ich werde die Sklavin auswählen, die mit der Rute bestraft wird. Du wirst drei Tage wie eine Sklavin behandelt und musst in der Küche und im Garten schuften. Um deine Tochter wird sich wie immer Emma kümmern!“

Am Boden vor ihm liegt immer noch das dreckige Gewand des Mädchens, das Arestates kaufen wollte.

Er reicht ihr den Fetzen und sagt: „Zieh dich aus und leg den Fetzen dafür an! Verschwinde in die Küche! Sofort!“

Aphrodite gehorcht und geht nun in Lumpen gehüllt herunter in die Küche. In der Küche weiß man schon Bescheid. Der Palast hat doch tausend Ohren. Eine Sklavin putzt geknebelt am Tisch Fische. Ein Mann gibt ihr ein Messer, und als sie zu dem Haufen Fische geschoben wird, kommen ihr doch die Tränen. Ein anderer Mann kommt in die Küche, drückt ihr ein Tuch in den Mund und knebelt sie wie die Sklavin gegenüber.

Dabei sagt der Mann: „Herrin, vergebt mir, aber es ist eine Anordnung des Hausherrn! Sklaven sind bei der Arbeit mit Essbarem zu knebeln. Ihr müsst Euch dem fügen!“

Aphrodite erkennt in dem Mädchen neben sich die Unglückliche, die Arestates kaufen wollte. Sie trägt jetzt ein sauberes Gewand. Ziemlich ungeschickt beginnt Aphrodite, die Fische zu putzen. Die Routine von damals will bei ihr nicht aufkommen. Zu sehr beschäftigt sie der Gedanke, dass eine unschuldige Sklavin bestraft werden soll.

Nach einiger Zeit kommt ein Mann in die Küche und fragt: „Sind das die neuen Sklavinnen?“ Ohne auf Antwort zu warten, geht er ganz dicht von hinten an das Mädchen heran. Unbekümmert greift er ihr ins Gewand, befühlt die Brüste des Mädchens und behauptet: „Mangelhaft! Zu kleine Brüste. Sie ist nichts wert!“

Flink ist er hinter Aphrodite und bemerkt nicht die vielen warnenden Gesten der anderen. Auch ihr greift er von hinten an die Brüste und wiegt sie. Dann wandert eine Hand auch schon bei Aphrodite Richtung Schoß. Sie presst schnell ihre Beine zusammen. Der Mann kommt mit seinen Händen nicht weiter. Das stört ihn nicht und er verkündet: „Das ist wirklich gutes Material. Schöne feste Brüste. Steh auf, Sklavin, und bück dich, damit ich deinen Hintern betrachten kann!“

Aphrodite gehorcht, richtet sich auf und dreht sich dabei zu dem Mann um.

Sie beide schauen sich direkt in die Augen.

Der Mann ist wie versteinert. Kreidebleich holt er zitternd Luft und behauptet stotternd: „Herrin, Herrin! Ihr, Ihr seid es?“

Der Mann löst sich überraschend schnell von ihr und fragt etwas gefasster: „Was macht die Herrin hier? Warum hat mir das keiner gesagt? Verdammt, ich wo…!“

Eine der Köchinnen unterbricht ihn zynisch lachend: „Du Trottel, du ständig notgeiler Bock, das hat du nun davon. Der Herr hat sie mit Küchenarbeit bestraft! Sie war ungehorsam! Lass dir etwas einfallen, damit die Herrin dir vergeben kann!“

Der Mann zittert immer noch am ganzen Körper und ringt nach Luft und um Fassung.

Eine Sklavin kommt in die Küche und verkündet den Köchinnen: „Ich soll die Herrin holen! Wo ist eigentlich die lange Rute, Mia?“

Mia antwortet: „Die Rute hängt am Herd. Soll die Herrin etwa jetzt verprügelt werden?“

Die Sklavin erklärt trocken: „Das weiß ich natürlich nicht! Ich soll nur die Herrin und die Rute mit nach oben bringen!“

Mia geht zu Aphrodite und erklärt: „Vergebt uns, Herrin! Die Männer sind eben so, wie sie sind. So ein schlechter Kerl ist Artes nicht. Nur denkt er zu oft mit seinem besten Stück. Er kann einfach von keiner Frau lassen. Bestraft ihn nicht zu hart! Er ist der Vater meiner zwei Kinder. Bitte!“

Aphrodite wird von ihrem Knebel befreit. Erleichtert atmet sie durch. Aber ihr versagen fast die Beine bei dem Gedanken, dass eine unschuldige Sklavin gleich vor ihren Augen mit der Rute verprügelt werden soll.

Zu Mia sagt sie: „Ich bin selbst schuld, dass ich in diese peinliche Situation geraten bin. Aber ohne Strafe kann ich ihn auch nicht lassen!“

Aphrodite wendet sich vor allem an die Frauen. „Also hört, Frauen. Weil er euch Frauen so sehr liebt und euch auch wie mich gleichzeitig so respektlos behandelt, habe ich mir Folgendes für ihn ausgedacht. Der Sklave Artes wird ab sofort zehn Tage lang wie eine Frau behandelt. Zehn Tage lang wird er nur Frauenkleider tragen und nur die niedrigsten Arbeiten verrichten. Er wird wie eine Frau angesprochen und überhaupt muss er wie eine Frau und Sklavin hier leben und arbeiten. Wie eine Frau muss er alle im Haus unterwürfig grüßen und allen Platz machen. Zum Pinkeln muss er sich auch hinhocken. Schlafen darf er natürlich nicht bei den Frauen und darf sich auch nicht mit ihnen zusammen waschen. Sonst wäre die Strafe für ihn schon wieder eine Belohnung!“

Die Frauen jubeln, stürzen sich auf den Mann und reißen ihm sein Gewand vom Leib.

Der Mann heult angstverzerrt auf, als hätte man ihn eben zum Tod am Kreuz verurteilt. Doch seine schwache Gegenwehr wird von den Frauen um ihn herum schnell erstickt.

Aphrodite kann wieder kurz lachen, als sie sieht, wie sie ihn als Frau ausstaffieren. Sein Haupthaar wird wie bei einer Frau hochgesteckt und der fransige Bart wird auch abrasiert.

Sie hat sich erst mal selbst Erleichterung verschafft, das tut gut. Es löst aber noch nicht ihr eigentliches Problem. Was wird sie oben erwarten?

Die Sklavin drängt jetzt zur Eile.

Schnell wäscht sie sich noch die schmutzigen Hände.

Die Sklavin erklärt begeistert: „Ihr habt eben ein wahrhaft göttliches Urteil gefällt. Die Männer hätten ihn nur mit der Peitsche gestraft. Gebieterin, Ihr habt ihn dagegen viel tiefer getroffen. Seine Männlichkeit wird jetzt mit weiblichen Füßen getreten. Wir Frauen werden diese zehn Tage richtig genießen. Danke!“

Oben im Gang sitzen rechts die beiden neuen Sklaven gefesselt auf dem Boden. Weiter hinten stehen die anderen drei Mädchen immer noch gefesselt neben der Tür zum Saal. Weil auch Aphrodite immer noch in den Lumpen hinter der Sklavin mit der Rute an ihnen vorbei muss, sagt eines der Mädchen zu ihr mitleidig: „Die Götter mögen dich beschützen, Ärmste!“

Im Saal steht ihr Mann neben Emma. Entsetzt schlussfolgert Aphrodite, dass Emma die unglückliche Sklavin sein wird, die von der Rute zerfetzt wird. Die Tränen kann Aphrodite jetzt nicht mehr zurückhalten. Die Beine versagen ihr und sie bricht auf den kalten Marmorplatten zusammen. Emma und ihr Mann helfen ihr auf eine Liege.

Weinend sagt sie: „Herr, habt Erbarmen! Vergebt …!“

Ihr Mann drückt einen Finger auf ihren Mund und behauptet: „Miststück, du hast es also wieder geschafft! Die Fischer haben mir alles berichtet. Du hast nicht nur Sklaven und Geld bekommen! Dir soll jetzt auch das Seeräuberschiff gehören. Seltsamerweise hat es kein Segel und einige Ruder sind auf mysteriöse Weise zerlegt worden. Die Götter waren also mit dir. Trotzdem hättest du Strafe verdient!“

Er küsst sie auf den Mund und setzt fort: „Niemand wird bestraft. Ich nehme alles zurück. Aber ich überlege, ob es nicht ratsam wäre, dich in Zukunft in Eisen zu legen, wenn ich außer Haus gehe. Kein Weib in ganz Syrakusae ist so ungehorsam wie du, Aphrodite. Mit deinem Schiff nach Belieben auf dem Wasser herumsegeln, kannst du gleich vergessen. Du weißt selbst, dass die Seeräuber überall lauern. Seit die Städte sich besser wehren, überfallen sie verstärkt wieder Schiffe auf offener See. Warum kannst du dich auch nicht wie alle normalen Weiber einfach nur um Haus und Kind kümmern. Warum musst du dich ständig in Gefahr bringen! Tauchen und mit Fischern Seeräuber bekämpfen ist ganz gewiss nicht Frauensache!“

Erleichtert, dass niemand bestraft wird, beruhigt sich Aphrodite langsam. Sie schaut zu ihrem Mann auf und ruft: „Danke, mein Herr und Gebieter!“

Er schaut sie ernst an und erwidert: „Freu dich nicht zu sehr. Ich werde für dich Fußeisen anfertigen lassen. Immer wenn ich das Haus verlasse, werde ich dich fesseln lassen und den Schlüssel mitnehmen!“

Das ist eine seiner leeren Drohungen, glaubt Aphrodite und erwidert: „Du musst tun, was du für richtig hältst!“

Ihr Mann sagt mit eigenartigem Unterton: „Es gibt für dich noch andere Neuigkeiten. Nicht alle Weiber sind zum Glück wie du. Einige Frauen wollen tatsächlich noch ihrer gottgegebenen Bestimmung folgen, sehen ihr Glück in Mutterschaft und Familie, wollen ihren Männern in Liebe dienen und ganz selbstverständlich gehorchen!“

Aphrodite weiß nicht, was er meint und fragt: „Ich verstehe immer nur Bahnhof!“

Ihr Mann versteht sie nun nicht, sagt aber unbeirrt zu Emma: „Emma hat dir etwas für sie sehr Wichtiges zu sagen. Ich hoffe, du hast Verständnis für ihre Situation!“

Vor Erregung wird Emma ganz rot im Gesicht und sagt stockend: „Herrin, ich bitte um Entlassung aus Eurem Dienst. Ich möchte oben auf dem Hof mit Tribus zusammen leben und arbeiten. Wir haben uns einander versprochen! Ich bekomme ein Kind von ihm. Ich halte es ohne ihn hier unten nicht mehr länger aus. Ich liebe ihn über alles. Gebt mich bitte frei, Herrin!“

Überrascht sagt Aphrodite: „Deine Vorsätze in Sachen Männer hast du ja schnell aufgegeben. Bist du nicht noch etwas zu jung? Du bist schwanger von ihm?“

Warum sind die Mädchen alle so wild auf Ehe und Kinder? Nun gut, das so genannte frohe Jugendleben ist in der Antike noch nicht ganz so prickelnd. Beruf, Karriere, Fernreisen, Shopping und laute Diskotheken sind noch keine Alternative für die jungen Dinger hier. Die Wahl der Berufe für die Mädchen beschränkt sich auf Hure, Hebamme, Wäscherin und Köchin. Ach ja, der Traumberuf Sklavin ist ja auch noch im Angebot.

Ihr Mann holt sie aus ihren Gedanken und bittet: „Lass sie gehen, Aphrodite! Sei nicht so hartherzig zu ihr! Such dir unter den neuen Sklavinnen eine neue Dienerin aus!“

Aphrodite nickt zuerst nur.

Emma wird sichtlich nervös und fragt stotternd: „Herrin, sagt doch bitte etwas!“

Aphrodite versichert: „Natürlich kannst du mit deinem Traumprinzen zusammenleben. Ich hoffe, ihr beide werdet glücklich. Für dich und deinen Mann gilt die gleiche Regelung wie für alle Sklaven oben. Nach zehn Jahren bist du eine freie Frau. Dein Ehemann und deine Kinder natürlich auch!“

Überglücklich umarmt Emma ihre Herrin, kann die Tränen des Glücks nicht mehr unterdrücken und sagt schluchzend: „Danke, danke, danke, Herrin!“

Auf ein Zeichen ihres Mannes werden die drei Mädchen, die vor der Tür stehen, in den Saal geholt.

Aphrodite beeilt sich zu sagen: „Unten in der Küche arbeitet schon eine der Sklavinnen. Ich will sie auch hier sehen!“

„Ja, holt auch die andere Sklavin aus der Küche hoch!“, ordnet ihr Mann an.

Nach wenigen Augenblicken ist das Mädchen aus der Küche zur Stelle.

Ihr Mann geht zu den vier Mädchen, bindet sie alle los und nimmt ihnen die Gewänder ab. Die nun nackten Mädchen sind am ganzen Körper steif vor Dreck und stinken entsetzlich. Sie haben wunde Füße und aufgeplatzte eitrige Haut am ganzen Körper. Es sind Wunden, die definitiv von Peitschenschlägen herrühren. Getrocknetes Blut an der Innenseite ihrer Schenkel deutet auch auf brutale Vergewaltigungen der armen Mädchen hin. Sie geben ein Jammerbild menschlichen Elends ab, wie es kaum zu fassen ist.

An soviel Elend und Unglück kann Aphrodite sich nie gewöhnen. Dass Menschen von Menschen so behandelt werden, wird sie nie richtig begreifen können. Dabei ist sie hier erst am Anfang der Zeit. Vor allem der Leidensweg der Frauen hat erst hier seinen Anfang genommen. Noch über zweitausend Jahre wird besonders die Frau in dieser Welt zu leiden haben. Zweitausend Jahre lang werden die Rechte der Frauen missachtet.

Ihr Mann grapscht an den nackten Sklavinnen herum und spottet: „Na ja, wenn sie etwas aufgepäppelt werden, könnten daraus noch brauchbares Material werden. Noch ist das, was ich sehe, nur Dreck. Wie wäre es mit der hier?“

Die Kleinste der drei Mädchen zieht er zu sich heran. Er greift ihr an die kleinen Brüste. Derb betatscht er ihren Hintern und zwingt das Mädchen, ihm die Zähne und die Zunge zu zeigen. Mit der Hand streicht er durch ihr Haupthaar und vergisst auch nicht genüsslich mit den Fingern durch ihr üppiges Schamhaar zu streifen.

Zufrieden sagt ihr Mann, während er immer noch die Arme befummelt: „Schau, sie hat kleine feste Brüste und ihr Hintern ist schön geformt und handlich im Griff. Ihre Beine sind schön gerade gewachsen. Die Zähne sind auch gesund. Das Haar ist dicht und fest. Nur scheint sie überall Läuse und Flöhe zu haben!“

Er geht um die anderen Mädchen herum und begutachtet auch diese nach der gleichen erniedrigen Art. Wieder kommt er zu der Kleinen zurück und erklärt: „Nimm die Kleine, die anderen Sklavinnen sind schon lange im heiratsfähigen Alter. Oben auf dem Gut warten sicher schon einige Männer auf sie!“

Aphrodite hasst ihren Mann dafür. Seine menschenverachtende Art der Bewertung der Mädchen verletzt Aphrodite zu tiefst. Eben war er wieder der antike Macho, in seiner hässlichsten Form.

Um endlich dem ganzen Elend ein Ende zu setzen, entscheidet sie: „Gut, ich nehme sie. Wascht sie, entlaust sie und kleidet sie neu ein. Bringt sie mir dann auf mein Zimmer!“

Emma verschwindet mit den vier Mädchen, die sich ihre Lumpen noch im Gehen hastig überwerfen.

„Aphrodite, du musst auch unbedingt baden gehen. In deiner Nähe wird einem ja übel vom Fischgestank!“

Aphrodite ist beleidigt, geht aber hoch auf ihr Zimmer und duscht sich ausgiebig. Er hatte leider allzu sehr recht mit dem Fischgestank. Sie wickelt sich ein Badetuch um und nimmt die schlafende Mira mit nach oben. Auf der Dachterrasse legt sie sich auf eine Liege und lässt sich von der Abendsonne trocknen. Nun kann sie sich endlich vom aufregenden Tag erholen. Aber der Anblick der geschundenen Sklavinnen lässt sie nicht los. Die antike Welt hat so grandiose Bauwerke hervorgebracht. Das antike Syrakus ist für sie längst schöner als alle Städte der modernen Welt. Dann dieser Kontrast, diese Menschenverachtung, diese Gleichgültigkeit gegenüber dem menschlichen Leben. Der Mensch nur eine Ware, das wird sie nie begreifen. Richtig in der Antike ist sie immer noch nicht angekommen.

Die Sklavin Mende

Aphrodite ist längst eingeschlafen, als Emma mit der neuen Sklavin zu ihr kommt. Erst Emmas Hüsteln weckt Aphrodite aus ihrem leichten Schlaf.

„Herrin, ich bringe Euch wie gewünscht die Sklavin!“, erklärt Emma freundlich. Sie selbst strahlt wie die Sonne vor überschäumendem Liebesglück.

Aphrodite bittet die beiden Mädchen auf der gegenüberstehenden Liege Platz zu nehmen. Emma muss die neue Sklavin zu sich herunterziehen, denn das schüchterne Mädchen hat offensichtlich große Angst. Aphrodite schaut sie sich jetzt genauer an. Ein Geruch, der Petroleum ähnelt, umweht das Mädchen. Aha, sie könnte nun frei von Läusen und Flöhen sein, schlussfolgert Aphrodite. Mende hat kurzes struppiges, aber sehr dichtes schwarzes Haar. Aphrodite blickt in traurige dunkelbraune Augen, die unruhig hin- und hertanzen. Die Stupsnase bebt und die großen fleischigen Lippen bibbern vor Angst. Die jetzt sauberen, aber wunden Hände zittern ebenfalls auf ihrem Schoß. Hier oben im Tageslicht bemerkt Aphrodite, dass die Sklavin aus Schwarzafrika oder, wie man hier in der Antike sagt, aus Nubien stammen könnte. Das Mädchen fürchtet sich sichtlich vor Aphrodite. Erschrocken zieht sie ihre Hände zuerst zurück, als Aphrodite nach ihnen greifen will. Dann reicht sie ihr aber doch die Hände.

Aphrodite lächelt sie an und erklärt mit weicher Stimme: „Keine Angst, Mädchen. Ich war vor gar nicht allzu langer Zeit selbst noch eine Sklavin. Die Peitsche und die Rute habe ich auch zu spüren bekommen. Als Hure musste ich Hunderten Männern zu Willen sein. Wie ruft man dich überhaupt? Ich meine nicht den Sklavennamen, sondern wie nannte dich deine Mutter?“

Die Hände des Mädchens werden jetzt spürbar ruhiger.

Mit kraftloser Stimme antwortet sie leise: „Mende! Mende hat mich meine Mutter gerufen!“

„Wie nannten dich deine Peiniger?“, fragt Emma.

„Die Römer rufen mich nur Umbra!“, sagt das Mädchen schon gefasster.

„Mende, wie bist du in die Hände der Seeräuber geraten? Woher kommst du? Wo ist deine Heimat?“, fragt Aphrodite.

An Emma gewandt, bittet sie: „Bring bitte für uns alle einen guten Wein! Es redet sich dann leichter.“

Das Mädchen wird lockerer und schöpft sicher in diesem Moment neuen Mut. Mit etwas Fantasie kann man ein zartes Lächeln von ihrem Gesicht ablesen.

Mende erzählt erst stockend und dann immer fließender: „Ich bin in einem Fischerdorf vor Karthago aufgewachsen. Unser Dorf lag immer abseits der großen Heerstraßen. So haben wir vom großen Krieg lange nicht viel mitbekommen. Wir waren zwar arme, aber freie Bauern, Gärtner und Händler. Das änderte sich grundlegend, als schwer bewaffnete Römer vor unzähligen Wochen im Dorf auftauchten. Niemand wehrte sich gegen ihre gewaltige Übermacht. Alle Dorfbewohner wurden zusammengetrieben. Männer, bei denen Waffen, oft nur einfache Messer, gefunden wurden, hat man auf der Stelle getötet. Meinem Bruder haben sie wie bei einem Hammel einfach die Kehle durchgeschnitten. Der Grund ihrer Grausamkeit war, dass ihr Lager in der Nacht zuvor heimtückisch überfallen wurde. Männer hatten die Wachen getötet und dann zahlreiche schlafende Legionäre bestialisch umgebracht. Nach der grausamen Tat sind die unbekannten Männer wieder in die Dunkelheit geflohen. Aus Rache und weil kräftige Männer zum Ziehen der wuchtigen Schleudermaschinen fehlten, mussten jetzt die kräftigsten Männer mit ihnen gehen. Dann hat man vor allem junge Frauen und Mädchen aus der Menge herausgeholt. Vor einem vierrädrigen Karren mussten wir uns nackt ausziehen. Wer aus ihrer Sicht von Wert war, musste auf den Wagen steigen. Oben auf dem Wagen durften wir uns wieder ankleiden. Ich konnte mich nicht einmal von meiner Familie verabschieden. Vor Sonnenuntergang standen wir bereits auf dem Marktplatz einer Stadt und wurden meistbietend an die Sklavenhändlern verkauft. Der Sklavenhändler hat mich als nubische Sklavin dann weiter verkauft. Dabei stammt nur meine Mutter aus einer Stadt mit den Namen Meroë im fernen Reich der Kusch. Ich wurde nach dem Verkauf noch am gleichen Ort mit einem Brandzeichen versehen. Dabei habe ich das Bewusstsein verloren und wachte neben anderen Mädchen in einer Art Kellerloch auf. Ein Gitter über uns war die einzige Öffnung. In soviel Dreck leben bei uns nicht einmal die Schweine. Drei Tage später haben wir vor Hunger und Durst bereits den eigenen Dreck gegessen. Nur Abfälle hat man durch das Gitter über uns geschüttet. Am vierten Tag hat man uns endlich aus dem Kellerloch geholt. Wir wurden vor vielen Männern völlig nackt mit derben Bürsten gewaschen. Unendlich lange haben wir dann nackt in der Sonne gestanden. Irgendwann hat man uns ein paar Lumpen zugeworfen. Mit Peitschen trieben sie uns auf ein großes Schiff. Zu viert wurden wir in Holzkäfige gesperrt, in denen man nur liegen konnte. Der Urin der Mädchen über uns tropfte an uns vorbei zu den Mädchen unter uns. Von einem Seemann hörten wir, dass die Hurenhäuser Roms schon auf uns warten würden. Unser Jammern und Heulen half nichts. Der Ruf nach dem Beistand der Götter blieb vorerst ungehört. Die Götter müssen taub gewesen sein, denn es kam noch schlimmer. Das grausame Schicksal, das uns in Rom erwartet hätte, erfüllte sich auf tragische Art nicht. Glück, keine Hure Roms zu werden, darunter verstehe ich etwas anderes. Wir waren nur wenige Stunden auf dem Wasser, als Kampflärm bis zu unseren Käfigen drang. Zuerst waren wir erleichtert, als wir aus den Käfigen gezerrt wurden. Noch geblendet vom grellen Tageslicht, stolperten wir über einen Steg auf ein anderes Schiff. Ein Mädchen fiel vom Brett ins Wasser. Niemand machte Anstalten, das Mädchen zu retten. Sie konnte nicht schwimmen. Ihre Hilferufe verstummten bald. Bevor ich nach unten ins neue Schiff gestiegen bin, habe ich nur noch gesehen, wie der Sklavenhändler und ein Matrose einen Dolchstoß bekamen und über Bord geworfen wurden. Die riesige Blutlache unter ihnen deutete daraufhin, dass dieses Abschlachten schon eine ganze Weile so ablief. Dieses Mal kamen wir alle in einen großen Raum und irgendwann nahm das Schiff wieder Fahrt auf. Weil die Luke über uns geschlossen wurde, ist es schnell warm und stickig geworden. Jede von uns hatte es sich auf dem Holzboden so bequem wie irgend möglich gemacht. Wir hofften alle auf ein besseres Schicksal. Dann wurden die ersten zwei Mädchen nach oben geholt. Wir hörten die Peitsche knallen und die Schreie der Mädchen. Wir schrien vor lauter Angst alle mit. Bewusstlos wurden die Mädchen zu uns herunter geworfen. Eines der beiden geschundenen Mädchen hat den Sturz nach unten nicht überlebt. Man hatte beide geschlagen und dann grausam vergewaltigt. Die Überlebende riet uns, unbedingt zu gehorchen. Der geringste Widerstand wird mit der Peitsche gebrochen. Einen Tag später hat man das tote Mädchen mit einem Speer aufgespießt und ins Meer geworfen. Irgendwann musste auch ich hoch. Die Peitsche hat mich gleich mehrmals erwischt. Dann musste ich fünf Männer über mich ergehen lassen, bis ich wieder unten im Schiff lag. Jeden Tag haben einige Mädchen diese Hölle nicht überlebt. Fast beneideten wir sie. Der Tod schien uns allen wie eine Erlösung zu sein. Das ging viele Tage so, bis die Götter uns erhörten und die Seeräuber selbst angegriffen wurden. Herrin, den Rest kennt Ihr  besser als ich. Nur hörte ich, dass die Göttin Aphrodite persönlich die Seeräuber besiegt habe. Sie soll leibhaftig zu sehen gewesen sein. Ich habe sie leider nicht sehen können. Hat die Göttin Aphrodite einen Tempel hier in Syrakusae? Ich möchte ihr huldigen und danken!“