Die Zeitreisende, Teil 6 - Hardy Manthey - E-Book

Die Zeitreisende, Teil 6 E-Book

Hardy Manthey

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Beschreibung

Knapp zwanzig Jahre lang konnte Aphrodite ein Leben in Glück und Reichtum genießen. Doch dann fegte ein Sklavenaufstand wie ein Sturm über die schöne Insel Sizilien. Die Sklavenhalter hatten ihre Sklaven gnadenlos ausgebeutet. Die Rache der befreiten Sklaven war furchtbar. Im 5. Teil der Romanreihe „Die Zeitreisende" wird der Überlebenskampf unserer Zeitreisenden geschildert. Ein Kampf, den Aphrodite am Ende doch verlor. Nur mit Hilfe der Herren der Zeit gelang ihr die Flucht vor dem sicheren Tod. Der Preis ihrer Rettung: sie muss in eine parallele Welt reisen. Auf dem Planeten der Frauen soll sie nach den Ursachen forschen, warum der gesellschaftliche und wirtschaftliche Fortschritt, wie auf der Erde geschehen, ausbleibt? Wird ihr Auftrag ein erholsamer Spaziergang? Weil es so von Frau zu Frau doch keine Probleme geben dürfte! Finden Sie es in diesem Teil heraus! Der Autor hat mit der 2. Auflage sein Erstlingswerk sehr stark überarbeitet und die kritischen, trotzdem begeisterten Hinweise berücksichtigt. INHALT: Die Geschichte des Planeten Unbekanntes Ufer, eine neue Welt? Die Wabe Die erste Nacht, der erste Tag Der erste Auftrag Männerwünsche? Fortschritt mit Gewalt? Die Wurfmaschine! Das Urteil Der Handel Toppai Müttersteine, aber wo sind die Männer? Die Jagd, die Beute: Männer Die Männer und die Bohrwürmer Ein Mann = viele Männer? Die rote Wabe Wieder Sklavin? Der Steinbruch Eine Freundin Die Flucht Unliebsame Überraschungen Fast zwanzig Jahre später Die Reise zu den Donnertieren Abschied für immer?! Änderung der Reisepläne

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Impressum

Hardy Manthey

Die Zeitreisende, 6. Teil

Der Planet der Frauen

Ein fantastischer Roman

2., überarbeitete Auflage

ISBN 978-3-86394-631-9 (E-Book)

Titelbild:

Ernst Franta unter Verwendung einer Reproduktion des Gemäldes „Pharaos Tochter – Die Auffindung Moses“ von Edwin Long

© 2012, 2017 EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: rial",sans-serif'>[email protected] Internet: rial",sans-serif'>http://www.edition-digital.de

Prolog

Knapp zwanzig Jahre lang konnte Aphrodite ein Leben in Glück und Reichtum genießen. Doch dann fegte ein Sklavenaufstand wie ein Sturm über die schöne Insel Sizilien. Die Sklavenhalter hatten ihre Sklaven gnadenlos ausgebeutet. Die Rache der befreiten Sklaven war furchtbar.

Im 5. Teil der Romanreihe „Die Zeitreisende“ wird der Aphrodites Überlebenskampf geschildert. Ein Kampf, den sie am Ende doch verlor. Nur mit Hilfe der Herren der Zeit gelang ihr die Flucht vor dem sicheren Tod.

Der Preis ihrer Rettung: sie muss in eine parallele Welt reisen. Auf dem Planeten der Frauen soll sie nach den Ursachen forschen, warum der gesellschaftliche und wirtschaftliche Fortschritt, wie auf der Erde geschehen, ausbleibt? Wird ihr Auftrag ein erholsamer Spaziergang? Weil es so von Frau zu Frau doch keine Probleme geben dürfte! Finden Sie es in diesem Teil heraus!

Ich wünsche Ihnen dabei viel Vergnügen!

Der Autor

Die Geschichte des Planeten

Aphrodite schlägt die Augen auf, hört und sieht auch gleichzeitig, wie sich der Sarkophag langsam, leise zischend über ihr öffnet.

Gab es eine Panne? Ging etwas schief? Schnell taucht sie aus der Flüssigkeit heraus und hustet kräftig die restliche grüne Flüssigkeit aus ihrer Lunge. Immer noch leicht hüstelnd, fragt sie: „Entschuldigung, ich habe noch etwas vergessen. Gut, dass du das Ding hier noch einmal geöffnet hast. Könnte ich nicht wenigstens meinem Sohn Alexander noch eine einfache Nachricht hinterlassen?“ Professor Marotti steht neben dem Sarkophag und grinst sie breit an: „Deinen Wunsch jetzt noch zu erfüllen, dürfte wirklich für uns schwierig werden, meine schöne Aphrodite!“

Aphrodite reckt sich und klettert verärgert ganz aus dem Sarkophag. Alexander hätte auch noch eine Nachricht verdient. Immerhin ist er ihr Sohn. Beim Herausklettern perlt in großen und kleinen Kugeln die leuchtend grüne Flüssigkeit von ihrer Haut ab. Auch scheint noch irgendetwas anderes beim Aussteigen zu stören. Sie greift danach und hält superlanges, leicht welliges, strahlend goldblondes Haar in ihrer Hand.

Erstaunt betrachtet sie ihr langes Haar: „Wie ist das möglich? Ich hatte doch eben noch struppiges, kurz abgeschnittenes Haar! Sind wir schon in dieser Dingsda-Welt gelandet? Wo ist ein Spiegel? Ein Königreich für einen Spiegel!“

Marotti grinst immer noch, nickt und behauptet trocken: „Wir sind in dieser ‚Dingsda-Welt‘ tatsächlich angekommen. Besser noch, wir sind sogar schon auf dem Planeten gelandet. Einem Planeten, den wir praktischerweise lateinisch ‚muliebris Terra‘ nennen und der umgangssprachlich für uns der weibliche Planet ist“, erklärt Marotti und zeigt mit der Hand in Richtung Dusche.

Aphrodite ist ehrlich überrascht. Dabei schaut sie sich weiter suchend nach einem Spiegel um und fragt: „Wir sind auf einem weiblichen Planeten? Ist er so rund und weich gebaut wie eine Frau? Oder schlimmer noch, gibt es dort nur Frauen?“

Einen Augenaufschlag später beantwortet sie ihre Frage selbst laut: „Nur Frauen! Das ist ja voll langweilig!“

„Keine Sorge, Aphrodite, es gibt dort auch echte Männer. Du wirst schon auf deine Kosten kommen“, behauptet Marotti lachend.

„Das beruhigt mich aber“, meint Aphrodite wirklich erleichtert und entdeckt jetzt wenigstens die Dusche, die sie zielstrebig ansteuert. Auch wenn Marotti nur eine Vision in ihrem Kopf ist, lange will sie vor ihm aber auch nicht so splitterfasernackt herumlaufen.

Als sie trocken aus der Dusche steigt, meint Marotti spöttisch: „Du brauchst dich nicht vor mir zu zieren. Ich konnte dich zu jeder Zeit bis tief in dein „Ich“ betrachten. Ein Mann kann sich aber auch an deiner Schönheit nie genug sattsehen. Du bist uns wirklich gut gelungen. Eben ein aus Fleisch und Blut wahrgewordener Männertraum. Es gibt wohl keine zweite Frau auf dieser Welt, die ich besser kenne. Es freut mich vor allem sehr, dass du die Männer trotz aller Pein immer noch liebst!“

Aphrodite ärgert es, dass der Mann ihre geheimsten Gedanken lesen kann. Doch dagegen ist sie machtlos. So blickt sie sich erneut suchend nach einem Spiegel um. Bin ich wirklich perfekt? Auch etwas zum Bedecken meiner angeblichen Schönheit wäre gut. Aber auch ohne Spiegel sieht sie wohlgeformte Brüste. Scham kommt in ihr auf, immer noch so völlig nackt vor diesem Mann herumlaufen zu müssen. Doch das soll er nicht wissen. So spottet sie: „Ihr Männer braucht wohl immer die Bestätigung eurer Fähigkeiten und Leistungen durchuns Frauen. Das was ich bis jetzt von mir sehe, habt ihr wohl wirklich gut hingekriegt. Nur weil ich ab und an Probleme mit den Männern habe, hasse ich noch lange nicht alle. Wo ist endlich ein Spiegel für mich?“

„Lenk nicht vom Thema ab!“

„Das ist schlecht möglich, mein göttlicher Marotti. Ich kenne doch noch gar nicht Euer Thema! Wie lange muss ich noch vor Euch so ganz nackt herum laufen? Hallo, Macho! Ich bin eine Frau! Wo ist ein Spiegel? Wo ist ein Kleid? Ich bin doch nicht die Eva aus der Bibel! Selbst das Feigenblatt fehlt mir. Der Herr weiß schon wo! Oder soll ich mich noch für den geilen Herrn bücken, damit seine Göttlichkeit auch wirklich alles von mir in Ruhe betrachten kann?“, schimpft Aphrodite, wirklich wütend geworden.

Sie will sich schon provokant bücken, als aus dem Nichts vor ihr die ganze Wand ein Spiegel wird.

„Das hat aber gedauert!“, schimpft Aphrodite und sieht im Spiegel eine wunderschöne nackte Frau mit langen blonden Haaren. Doch im Spiegel ist sie allein. Marotti ist nicht zu sehen. Ach ja, der Mann ist ja nur in meinem Kopf, erklärt sie sich selbst ihre beklemmende Einsamkeit vor der Spiegelwand. Nun betrachtet sie sich genauer. Sie streichelt begeistert ihr langes Haar. Diese goldene Löwenmähne fällt leicht lockig auf ihre Schultern herab bis zu den Hüften. Das lange Haar bedeckt teilweise ihre formschönen festen Brüste. Ihre tastenden Hände bestätigen die Festigkeit ihrer schönen Rundungen. Sie dreht sich und bewundert ihren prallen Hintern. Der Po wirkt geliftet. Doch ihre prüfenden Hände bestätigen auch hier, dass auch dort alles schön fest ist. Auch wenn der Hintern nach ihrem Geschmack etwas zu üppig ausgefallen ist, leidet ihre schlanke Taille nicht darunter. Die lästigen Fettpölsterchen, diese kleinen Schwimmringe an der Hüfte, sind ganz weg. Mit den Fingern durchkämmt sie ihr dichtes blondes Schamhaar. Ein Urwald aus Gold. Etwas zu viel des Guten. Okay, das ist halt die Frau ganz nach Mutter Natur. Mit der Formgebung hat Marotti etwas übertrieben. Eben typisch Mann. Doch Millionen Frauen würden für so einen Traumkörper ihre Seele an den Teufel verkaufen. Sie ist richtig glücklich, so eine schöne Frau zu sein. Überhaupt ist Frausein etwas Herrliches, jubelt ihr hüpfendes Herz. Sie fühlt sich voller Energie und Tatendrang, wie schon lange nicht mehr. Dabei ist es für ihre Empfindungen, für ihre innere Uhr, keine Stunde her, dass sie verzweifelt um ihr Leben kämpfte. Die Angst vor den wütenden Männern und ihren Bluthunden ist noch ganz allgegenwärtig. Jetzt soll sie so weit weg von all dem sein? Verrückt ist das schon! Noch einmal dreht sie sich vor der Spiegelwand. Ihre Bewegungen und der leichte Hüftschwung bestätigen ihr, dass sie es tatsächlich ist, die Traumfrau dort im Spiegel. Toll!

Marotti holt sie aus ihren Gedanken und fragt: „Sind Ihre Göttlichkeit jetzt bereit für meine Einweisung?“

„Nicht ganz, erst möchte ich endlich meine Nacktheit vor Eurer Hoheit beenden. Auch wenn Hoheit nur in meinem Kopf sein sollen. Fakt ist, vor mir steht ein Mann. Ich bin unübersehbar eine Frau. So nackt vor einem Mann kann ich keinen klaren Gedanken fassen. Wir Frauen sind halt so. Respektiert das bitte! Überhaupt, das gehört sich auch für so einen mächtigen Mann, wie Ihr es seid, nicht. Noch einmal zum Mitschreiben für den göttlichen Herrn, wo ist ein Kleid für mich?“, fragt Aphrodite erneut und hofft nun, dass endlich ihrem Wunsch entsprochen wird.

Marotti zeigt mit der Hand auf die Wand hinter ihr.

Sie dreht sich und sieht dort etwas Graues schweben.

Jetzt mit sich und der Welt im Reinen, greift sie nach dem Stoff. Verärgert stellt sie fest, dass es tatsächlich nur ein sehr einfaches Tuch ist, das sie jetzt in den Händen hält. Nur dieses Stück Stoff war dort. Na ja, auf Unterwäsche und anderen Schnickschnack hat sie schon lange verzichtet. Ein BH ist bei ihren festen Brüsten auch nicht zwingend notwendig. Das ultimative Höschen hatte in der Antike auch schnell ausgedient. Es war einfach bequemer, ganz ohne Zeug darunter herumzulaufen. Wenn die Blase sich meldete, genügte es oft, an Ort und Stelle einfach in die Hocke zu gehen. Der BH hat an warmen Sommertagen den Busen nur noch zusätzlich aufgeheizt. Sicher kann sie hier auch auf solche sogenannten zivilisatorischen Errungenschaften verzichten. Dennoch verärgert, streift sie sich diesen primitiven Fetzen Stoff über. Dabei schimpft sie laut: „Der Stoff ist wirklich extrem primitives Material. In der antiken Welt gab es bedeutend edlere Stoffe für die Gewänder der betuchten Frauen. So einen derben Stoff tragen in Syrakus die Sklaven, die in den Latrinen schuften müssen. Was soll der Geiz? Wird nach der angeblich so langen Reise jetzt schon am Stoff gespart? Die Spritkosten, um hierher zu fliegen, waren wohl doch für euch zu hoch!“

Der Mann lacht laut auf und muss sich erst beruhigen. Ruhiger geworden, erklärt er ihr: „Originelle Erklärung. Leider ist es nicht so. Du musst dich etwas den örtlichen Gegebenheiten anpassen. Dieses Gewand ist hier der aktuelle Stand der Technik. Du wirst es sehr bald verstehen. Übrigens bist du mit der vorherrschenden Sprache auf diesem Planeten bestens vertraut. Doch wie man hier lebt, muss ich dir doch etwas genauer erklären. Komm, werde endlich fertig! Im Nebenraum machen wir es uns bequem!“

Aphrodite folgt dem Professor, nun endlich bekleidet. Sie folgt ihm in einen Raum, der nur mit einem kleinen Tisch und einem sehr großen Liegesessel möbliert ist.

Aphrodite bleibt unsicher stehen und fragt: „Wieso steht hier nur ein Sessel?“

Marotti: „Eben weil nur du aus lebender Materie bestehst. Ich bin doch immer nur eine optische Wahrnehmung und brauche darum keine Sitzgelegenheit.“

„Klingt irgendwie logisch, Professor. Nun gut, dann mache ich es mir eben jetzt bequem“, erwidert Aphrodite und flegelt sich auf den großen Sessel. Ihre Beine legt sie auf den Tisch. Das Tuch rutscht hoch und entblößt ihre schönen Beine. Sie weiß, dass so ein verführerischer Anblick jedem Mann den letzten Verstand raubt.

„Bist – bist – bist du nun empfangsbereit, Aphrodite?“, fragt Marotti, das erste Mal stotternd.

Aphrodite weiß nun endgültig, dass 'Es' ein 'Er' ist. Dieser Marotti-Geist ist also ein Mann. Sie ist gleich besser drauf. Männer sind schließlich ihre Spezialität. Erfreut meint sie: „Ich glaube schon, Chef. Legt los! Wird schon nicht so schlimm sein.“

Von einem Augenblick zum anderen ist der Raum um sie herum das unendliche Weltall. Mit hoher Geschwindigkeit geht es durch diese endlosen Weiten. Mitten in diesem Sternenmeer taucht ein kleiner blauer Planet auf, der zusehends größer wird. Aphrodite glaubt im ersten Moment, die heimatliche Erde zu sehen. Wie in einem superschnellen Raumschiff, das auf diesen Planeten zurast, wird er schnell größer. Sie haben jetzt den Orbit des Planeten erreicht. Doch was unter den Wolken als Land zu erkennen ist, sieht überhaupt nicht wie die Erde aus. Dann kommt zu ihrer Überraschung auch noch ein viel zu kleiner Mond ins Bild. Hilfe, nun sieht sie schon einen zweiten und dann gleich dahinter einen dritten kleinen Mond.

So aus dem Bauch heraus fragt Aphrodite: „Was ist denn das für eine verrückte Welt? Eine Erde mit drei kleinen Monden. Wo gibt es denn so einen Quatsch?“

„Das ist kein Quatsch, das ist hier so. Bei der Entstehung dieser Erde, besser gesagt dieses Planeten, wurden diese drei kleinen Monde eingefangen. Die drei Monde sorgen für ein etwas anderes Klima auf diesem Planeten. So werden zum Beispiel immer wieder gegenläufige Flutwellen ausgelöst. Sie sind nicht so gewaltig wie auf deiner Erde, aber sie haben es auch in sich. Sie sorgen doch für nicht zu unterschätzende Turbulenzen. Ruhige See und lauschige Strände sind hier knapp. Die drei Monde haben aber nicht die Kraft des Erdmondes. Das Klima können die drei Monde nicht wie auf deiner Erde so nachhaltig beeinflussen. So nehmen hier die Polkappen und die Eiswüsten rund ein Drittel der gesamten Oberfläche des Planeten ein. Die für das höhere Leben günstigen Klimazonen sind nur ein schmaler Streifen beiderseits des Äquators. Deine Erde ist für das Leben günstiger gestellt. Die Masse und die Größe dieses Planeten übertreffen auch die der Erde. Die Schwerkraft entspricht rund hundertzwanzig Prozent der Erdanziehungskraft. Das wirst du nur am Anfang etwas in den Beinen spüren!“

„Damit werde ich ja auch schwerer. Alles hängt dann! Oder?“, fragt Aphrodite besorgt und fürchtet um die schöne Form ihrer Brüste.

Marotti lacht und sagt: „Kluges, aber auch eitles schönes Mädchen. Mach dir darüber keine Gedanken. Daran haben wir natürlich auch gedacht. Wie du es selbst gesehen hast, du bist perfekt gebaut. Alles sitzt bei dir am richtigen Platz. Der Schwerkraft entsprechend, haben wir dir entsprechend feste Brüste verpasst. Du brauchst vor hängenden Brüsten keine Angst zu haben. Alles ist perfekt an dir. Glaub mir das bitte! Fünfzig Kilogramm Weiblichkeit sind hier eben sechzig Kilogramm Weib in seiner allerschönsten Form. Deswegen bis du natürlich kein Gramm dicker um die Hüften geworden.“

Aphrodite lächelt gequält und erwidert: „Schmeichler, Heuchler! Natürlich weiß ich das auch.“

Marotti wird wieder ernst: „Das und einiges andere mehr erklärt aber nicht die vielen Besonderheiten auf diesem Planeten. Er ist sehr interessant. Aber ich bin nicht hier, um mit dir über die Geologie, Biologie und Meteorologie dieses Planeten zu streiten. Sondern die unangenehmen Besonderheiten dieser Welt und der Menschen, die hier leben, muss ich dir genauer erklären.“

„Der Menschen? Ach ja, darum der weibliche Planet!“, erwidert Aphrodite etwas verwirrt.

„Bis vor zweihunderttausend Jahren ist auf diesem Planeten fast alles so abgelaufen, wie du es von deiner Erdgeschichte her kennst. Dieser Planet hatte das Glück von gefährlichen Himmelskörpern, wie Kometen oder Asteroiden, völlig verschont zu bleiben. Hier schützt ein Riesenplanet die Erde und lässt nichts durch. Reichlich aktive Vulkane und die Sonne haben für etliche markante Klimaschwankungen gesorgt. Also ideale Bedingungen für die Entwicklung höheren Lebens. Mit unserem Eingreifen haben wir die Entwicklung des Lebens nur etwas beschleunigt. So haben wir diesen Planeten mit euch Menschen geimpft. Das übrigens ungefähr hunderttausend Jahre vor eurem Planeten. Seit über zweihunderttausend Jahren leben also auch hier Menschen, die aber seitdem eine eigenständige Entwicklung durchlaufen haben. Du als Frau fällst hier überhaupt nicht auf. Nur glauben wir, dass durch die zweihunderttausend Jahre währende Evolution die Menschen sich doch genetisch verändert haben. Wir vermuten auch, dass du von diesen Männern nicht schwanger werden kannst.“

„Das sind ja mal für mich als Frau richtig gute Nachrichten. Spaß mit Männern haben, ganz ohne Reue und Pille, finde ich gut“, lacht Aphrodite und denkt, hoffentlich sind die Männer dennoch gut bestückt.

Marotti schmunzelt, hat ihre frivolen Gedanken natürlich mitbekommen. Er nimmt es gelassen. Für ihn ist sie eine großartige Frau, der man so etwas nicht übel nehmen kann. So erklärt er ihr weiter: „Über die Männer wissen wir leider sehr, sehr wenig. Ehrlich gesagt, wissen wir über diese Männer so gut wie nichts.“

Aphrodite fühlt sich ertappt, errötet und sagt verlegen: „Entschuldigung!“

„Du brauchst dich für nichts zu entschuldigen. Deine Gedanken sind ganz natürlich. Du hast als Frau ein Recht darauf, auch über diese Männer hier etwas zu erfahren. Doch hör bitte zu. Die Männer sind wirklich unser Problem. Der Kontakt zu ihnen ist uns bisher nur einmal gelungen und war schlicht ein Desaster. Nur über die Frauen wissen wir etwas über die Verhältnisse auf diesem Planeten. Na ja, so im Groben halt. Der Horizont der Frauen ist doch recht eingeschränkt.“

„Ich darf doch bitten! Was heißt hier eingeschränkt? Werden Frauen hier als Gefangene der Männer gehalten?“, fragt Aphrodite empört.

Marotti schüttelt den Kopf, wird ernst und erklärt: „Am besten erzähle ich dir ihre Geschichte so, wie wir sie von den Frauen bisher erfahren haben.“

Aphrodite ungläubig: „Doch von den Frauen?“

„Von den Frauen!“, bestätigt er und erklärt weiter:

„Vor rund hunderttausend Jahren wurden die Menschen hier von einer seltsamen Seuche heimgesucht. Geschlechtsreife Männer infizierten sich gleich beim ersten Paarungsakt mit diesem heimtückischen Erreger. Ihr qualvoller Tod nach wenigen Tagen wurde viel zu spät mit den Frauen in Zusammenhang gebracht. Die Frauen tragen auch heute noch völlig unbeschadet diesen für den Mann tödlichen Erreger als Wirte in sich. Der Erreger sorgt bei der Frau sogar dafür, dass sie besonders resistent gegen andere gefährliche Krankheiten ist. Neunzig Prozent der Männer kamen damals sofort um. Nur wenige haben diese Seuche nach langer Krankheit überlebt. Heute sind gesunde Männer resistent gegenüber diesem Erreger. Nur wenn der Mann durch Verletzungen oder andere Krankheiten geschwächt ist, schlägt der Erreger erneut zu. Darum achten auch heute noch die Frauen auf einen guten Gesundheitszustand des Mannes, wenn sie sich paaren wollen.

Fakt ist jetzt folgender Stand:

Die Frauen leben seit dieser Zeit streng getrennt von den Männern in eigenen Siedlungen. Die Männer leben im Wald. Die Frauen betreiben primitiven Ackerbau und Viehzucht, alles auf sehr, sehr niedrigem Niveau. Alle Werkzeuge sind immer noch aus Stein, Knochen oder Holz. Metall als Grundstoff für Werkzeuge ist ihnen völlig unbekannt. Die Männer leben von der Jagd im Wald und im Buschland. Überleg dir mal, Aphrodite, das alles nach weiteren hunderttausend Jahren sogenannter gesellschaftlicher Entwicklung. Das ist das totale Desaster. Es ist erst recht mit großer Sorge zu sehen, wenn man alles mit der Entwicklung auf der Erde vergleicht. Ihr habt die Erde in nicht mal vierzigtausend Jahren völlig auf den Kopf gestellt. Das auf den Kopfstellen, kann man tatsächlich wörtlich nehmen. Wenn ich hier die Entwicklung sehe, muss etwas faul sein, wenn natürlich auf der Erde auch nicht alles glatt und reibungslos verlaufen ist. Dort hatte die Entwicklung der Gesellschaft auch ihren Preis!“

Aphrodite zweifelt: „Klingt total unglaublich. Wieso diese angebliche Stagnation in der Entwicklung?“

Marotti erklärt weiter: „Sie leben auch nach zweihunderttausend Jahren immer noch in der Steinzeit. Wie bei euch die Neandertaler. Diese sogenannten Neandertaler der Erde haben über zweihunderttausend Jahre auch in Stagnation gelebt, bevor sie auf rätselhafte Weise verschwanden. Neandertaler kannten auch kein Metall. Auch hier ist Metall im besten Fall nur als Schmuckelement bekannt. Es finden nur Erze eine Verwendung, die offen an der Oberfläche abgesammelt werden können und am offenen Feuer aus den erhitzten Steinen treten!“

„Unglaublich!“, staunt Aphrodite.

„Es gibt aber einen gravierenden Unterschied! Glaube nicht, dass diese Frauen und ihre Kinder hungern müssen. Diese primitive Landwirtschaft funktioniert wie eine Art Abkämmen von Gräsern. Es sind Gräser, die sich durch das Abkämmen selbst wieder aussäen. Viele Gräser vermehren sich wohl nur noch auf diese Weise. Erweitert wird ihre einfache Ernährung durch Einsammeln von wilden Früchten. Fehlendes Eiweiß und Proteine werden durch Fleisch von den wenigen Haustieren und erjagtem Kleingetier aufgenommen. Wir haben keine kranke Frau kennengelernt. Sie haben früh eine effektive Geburtenkontrolle entwickelt. Man könnte meinen, sie leben im berühmten Garten Eden der Bibel. Mit ihrem System haben sie in den letzten fünfzigtausend Jahren zwei kleine Eiszeiten überlebt und faktisch nichts davon mitbekommen. Diese Menschen leben hier nur in einem extrem schmalen, aber stabilen Lebensraum. Auf diesem riesigen Planeten leben vielleicht nur knapp zehn Millionen Menschen. Davon sind gut achtzig oder gar neunzig Prozent nur Frauen. Ein spürbares Bevölkerungswachstum gibt es seit über hunderttausend Jahren nicht mehr. Eher einen leichten schleichenden Rückgang!“

„Wie ist das nur möglich?“, fragt Aphrodite ungläubig.

„In den Waben, so nennen die Frauen hier ihre Siedlungen, läuft seit Tausenden von Jahren alles nach einem immer wiederkehrenden Kreislauf ab. Wenn ein bestimmter Stand der Sterne und der drei Monde erreicht wird, geht es los. Eine genau festgelegte Anzahl von Frauen geht zu einem Kultplatz. Dieser Kultplatz ist oft weit außerhalb ihrer Wabe. Diesen Zeitpunkt kennen die wenigen Männer natürlich auch. An ganz bestimmten Steinen oder Bäumen stellen sich dann die Frauen paarungsbereit auf und lassen sich gleich von mehreren Männern begatten. Durch die öffentliche Begattung mit mehreren Männern kommt es erst gar nicht zu einem persönlichen Kontakt zwischen Mann und Frau. Welcher Mann die Eizelle der Frau tatsächlich befruchtet hat, weiß so niemand. Beim Akt wird keine Zärtlichkeit ausgetauscht. Liebesbekundungen zwischen den Geschlechtern sind unvorstellbar. Es findet nur der Akt, die Penetration an sich, statt. Weil nur wenige Frauen an den Steinen auf die Männer warten, herrscht dort Männerüberschuss vor. Dort kommen dann nur die stärksten und schönsten Männer an eine Frau heran. Nur die Frau entscheidet, welcher Mann sie begatten darf. Es gilt unter den Frauen der Grundsatz, mindestens von zwei Männern begattet zu werden. Wahrscheinlich sind es in Wahrheit zehn und mehr Männer, die an diesem Tag eine Frau begatten. So hat die gnadenlose Auslese der Frauen zu gut gebauten Männern geführt. Dir werden die Männer sicher auch gefallen!“

„Das ist ja wirklich mal eine gute Nachricht“, meldet sich Aphrodite erfreut.

Marotti erklärt weiter: „Die Frauen entbinden nach langer und anstrengender Schwangerschaft allerdings erst nach einem Jahr ihr Kind. Dazu muss ich dir einiges erklären. Ein Tag ist nur zwanzig Stunden lang. Die Frauen zählen den Tag nur von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Irgendwelche Monate, berechnet mit Hilfe der drei Monde, werden nach unserem Wissen nicht gemessen. Bestimmte Sterne dienen als Orientierung in einem Jahr und kündigen jeweils die Regenzeit oder die Trockenperiode an. Anders wird dort die Zeit nicht eingeteilt. Das Jahr hat hier vierhundertachtundneunzig Tage!“

Aphrodite fragt jetzt neugierig geworden: „Wie geht es mit den Frauen und den Kindern weiter?“

„Ja, wie geht es mit den Frauen weiter? Obwohl nur eine festgelegte Anzahl Frauen schwanger wird, haben sie noch eine weitere Hürde der Geburtenkontrolle eingebaut. Alle Frauen entbinden mit nur wenigen Tagen Abstand voneinander ihre Kinder!“

„Ist ja logisch“, bestätigt Aphrodite.

Marotti nickt: „Vom ersten Tag der Geburt des Kindes an sind alle Frauen für die Kinder zuständig. Doch bevor die Kinder in die Gemeinschaft gelangen, erfolgt eine Auslese. Kränklich wirkende Kinder werden auf gemeinsamen Beschluss der Sippe getötet. Die gesunden Knaben kommen von Anfang an in einen speziellen Teil der Wabe. Dort bekommen sie nur ausgewählte Frauen zu sehen. Eigentlich werden diese Jungen wie Tiere gehalten. Übrigens, in den Augen dieser Frauen sind alle Männer nur schöne wilde Tiere. Nach einigen Jahren werden die Knaben am Kultplatz ihrer Zeugung ausgesetzt. Die Männer holen ihre Söhne an bestimmten Tagen dort ab. Die Männer leben vermutlich in kleinen Gruppen in der Wildnis. Wir schätzen, dass diese Gruppen nicht mehr als zwanzig Männer umfassen. Sie leben von der Jagd in den angrenzenden Wäldern oder im Buschland. Die Bedingungen für die Männer sind dort nicht wirklich schlecht. Wild ist in Überfluss vorhanden. Ihre Jagdmethoden sind einfach, aber effektiv. Für ihre Beute müssen sie nicht weit laufen. Es wird gejagt, was gerade vorbei läuft. Haben sie Beute gemacht und sind gesättigt, schlafen sie oft viele Tage auf den Bäumen. Sie kommen angeblich erst herunter, wenn die Vorräte verbraucht sind. Dann wird erneut gejagt und das Erbeutete gegessen. Sie schlafen dann wieder ganze Tage lang. Allerdings, so lustig ist das Jagen nun auch wieder nicht. Vor allem ältere Männer können bei Gefahren nicht schnell genug reagieren. So lebt der Mann durchschnittlich nur dreißig Jahre. Frauen dagegen bekommen maximal zwei Kinder und werden im Durchschnitt über hundert Jahre alt. Durch diese hohe Lebenserwartung sind Frauengemeinschaften den Männern geistig weit überlegen. Die Frauen haben eine eigene Schrift entwickelt. Bei den Männern ist uns so etwas noch nicht bekannt. Alle Frauengemeinschaften pflegen eine gemeinsame Sprache und eine gemeinsame Schrift. Uns sind nur geringe Abweichungen aus weit voneinander entfernten Waben bekannt. Seit Tausenden Jahren sind die Gebiete der einzelnen Frauengemeinschaften genau festgelegt. Alle Waben sind autark. Organisierter Handel mit anderen Waben ist uns nicht bekannt, wenn ich den Handel mit den Männern mal ausblende!“

Aphrodite fragt überrascht: „Männer werden gekauft oder verkauft?“

„Kaufen oder Verkaufen ist nicht der richtige Begriff. Es ist eher ein Tauschhandel. Zu festgelegten Zeiten fangen die Frauen Männer ein und tauschen sie bei anderen Frauengemeinschaften gegen neue Männer aus. Ganz selten kommt es vor, dass auch Frauen ausgetauscht werden. Der Tausch von Männern reicht für die Blutauffrischung völlig aus. In den letzten hunderttausend Jahren haben die Frauengemeinschaften es ja erfolgreich vorgemacht.“

„Dann ist doch alles in bester Ordnung. Aber nur damit ich Sex ohne Pille haben kann, habt ihr mich doch nicht in diese ferne Welt geschickt? Wozu das Ganze also? Was soll ich hier wirklich tun?“, fragt Aphrodite und weiß wirklich nicht, was sie hier überhaupt soll.

Marotti ist sichtlich aufgebracht und schimpft los: „Natürlich geht es hier nicht um guten Sex für dich. Sich hier mit den Männern zu amüsieren, ist wirklich nicht deine Aufgabe. Überleg doch selbst einmal! Was ist hier das eigentliche Problem?“

„Sagt es mir bitte! Ich komme selbst nicht darauf. Für mich ist hier alles in Butter. Besser kann es für uns Frauen kaum laufen!“, behauptet Aphrodite ganz offen und ehrlich.

Marotti ist jetzt sogar wütend und erklärt: „Willst du nicht, oder kannst du es nicht begreifen? Diese Menschen hier haben den technologischen Entwicklungsstand der Jungsteinzeit deiner Erde. In den letzten hunderttausend Jahren hat sich hier nichts getan. Die Menschen werden hier auch die nächsten hunderttausend Jahre in ihrer sogenannten Paradiessteinzeit verschlafen!“

Aphrodite überlegt einen Moment und sagt dann ganz offen und ehrlich: „Was ist daran so schlecht? Offensichtlich gibt es hier weder Kriege noch eine echte Ausbeutung oder gar Unterdrückung beider Geschlechter. Die Männer leben doch auch nicht schlecht. Für Männer, die nur faulenzen und dann auch noch über dreißig Jahre lang leben dürfen, ist es doch auch nicht so verkehrt geregelt. Die Natur, die Umwelt, wird offensichtlich auch schonend behandelt. Oder fürchtet Ihr, dass sie eines schönen Tages von bösen Außerirdischen beherrscht und versklavt werden könnten?“

„Es scheint dir also zu gefallen, dass die Männer hier die Unterlegenen sind“, sagt Marotti zähneknirschend.

„Ja, ja, das gefällt mir sogar außerordentlich gut. Die Frau darf hier die Männer auswählen. Ich finde das toll!“, begeistert sich Aphrodite und sieht sich schon bei der Auswahl der schönsten Männer. Männer, richtige Prachtexemplare, warten auf die Frau und folgen ihr willig. Geil! Dass die Männer hier die Verlierer sind, findet sie richtig super. Ein Planet der Frauen! Zum Verlieben!

„Du bist also nicht bereit, für uns zu arbeiten? Du willst diese Menschen in diesem Steinzeitkommunismus weiter leben lassen? Das Töten wehrloser neugeborener Kinder soll nach deiner Ansicht einfach weitergehen?“, faucht Marotti sie jetzt richtig wütend an und hofft auf das Erwachen ihre Mutterinstinkte.

Aphrodite keift wütend zurück: „Ich komme gerade aus dieser sogenannten fortschrittlichen Welt, die nach diesem Steinzeitkommunismus, wie du ihn nennst, kommen würde! Ehrlich gesagt, für mich sind ein paar getötete kranke oder missgebildete Säuglinge das geringere Übel. Oder gibt es doch einen Gott hier, der die Menschen lieber leiden sieht? Seid Ihr dieser Gott? Seid Ihr der Gott, der das ändern will?“

„Wo kommen wir denn hin, wenn diese Art zu leben, Schule machen würde? Wo bleiben dann der gesellschaftliche Fortschritt und die technologische Weiterentwicklung?“

Aphrodite kontert aufgebracht: „Wir hätten überall Frieden und glückliche Menschen. Die Natur dieses Planeten dankt es ihnen sicher auch!“

Marotti und Aphrodite schweigen sich jetzt eine Weile böse an.

Für Aphrodite ist klar, die Herrschaft der Frauen auf diesem Planeten gefällt ihr immer mehr. Dass so etwas Marotti als Mann natürlich nicht gefällt, ist nur logisch. Er denkt und entscheidet als unsterbliche Energie immer noch wie ein Mann. Auch hier kommen Mann und Frau wohl nie auf einen gemeinsamen Nenner. Sein Schweigen nervt. So fragt sie um Versöhnung bemüht: „Was wäre denn mein Auftrag gewesen?“

Marotti ist sichtlich dankbar, dass sie in dieser verfahrenen Situation ihre Hand versöhnlich ausstreckt und sagt: „Ja richtig. In der Aufregung habe ich doch den Auftrag beinahe ganz vergessen. Ihr Frauen seid wirklich nicht einfach zu handhaben. Ich dachte, du würdest wie wir den Stand der Entwicklung auf diesem Planeten natürlich ablehnen. Stattdessen findest du diese steinzeitliche Frauenherrschaft sogar noch gut.“

„Ja, diese Frauenherrschaft, diesen Sieg der Frau über den Mann, finde ich wirklich gut“, erwidert Aphrodite überschwänglich.

Marotti wirkt deprimiert und erklärt ihr: „Du übertreibst und weißt nicht, was diese Weiberherrschaft tatsächlich bedeutet. Nun höre endlich auf deinen Auftrag!“

„Ich höre zu“, erwidert Aphrodite eher desinteressiert.

„Erstens gilt es zu erkunden, wie die tatsächlichen Lebensverhältnisse der Frauen und natürlich auch der Männer aussehen. Ja, du musst dich hier sogar mit den Männern einlassen. Wenn es erforderlich ist, auch gegen die Sitten und Gebräuche der Frauen auf diesem Planeten verstoßen. Wir wissen über den Planeten letztendlich doch viel zu wenig. Zweitens solltest du einiges für uns ergründen. Gibt es Chancen für eine gesellschaftliche Weiterentwicklung oder gibt es sie nicht? Wird es vielleicht sogar selbstständig zu einer Weiterentwicklung kommen? Drittens, wenn ja, könntest du die Entwicklung fördern oder beschleunigen? Aber zu diesen Aufgaben bist du wohl jetzt nicht mehr bereit. Du willst die Weiberkommune oder irre ich mich?“

Aphrodite ist jetzt doch neugierig auf diesen Frauenplaneten geworden: „Den Erkundungsauftrag will ich für euch gerne erfüllen. Wie viel Zeit habe ich dafür? Wie das mit den Männern gehen soll, weiß ich aber auch noch nicht. Mit ihnen im Wald leben will ich gewiss nicht!“

Marotti ist jetzt schon besser gelaunt: „Die Zeit spielt keine wirklich große Rolle. Beinahe alle zwei Jahre haben wir ein Fenster in deine Welt. Das gilt für die nächsten vier Jahre. Von hier aus kannst du sogar ins fünfte oder sechste Jahrtausend eurer Zukunft reisen. Aber wie du das hier mit den Männern machen sollst, weiß ich selbst auch nicht. Darum haben wir ja dich ausgewählt. Du hast bisher für alle Probleme nach Frauenart eine Lösung gefunden. Du bist unsere Meisterin!“

Aphrodite wird vorsichtig. Denn Männer, die Frauen loben, sind gefährlich. So sagt sie, vorsichtig geworden: „Danke. Ihr habt also geglaubt, dass ich als Frau den Männern hier aus der Patsche helfe? Ohne mich. Denkt bitte daran, Marotti, dass ich gerade dem Richtblock der ach so lieben Männerwelt entkommen bin!“

Marotti lächelt zufrieden: „Dass du als Revolutionärin auf diesem Planeten die Männer befreist, haben wir ja auch nicht von dir erwartet. Du solltest nur etwas nachhelfen, wenn die nötigen Potenziale für gesellschaftliche und auch ökonomische Veränderungen vielleicht schon da sind. Den Rest müssen die Menschen hier natürlich schon selbst tun.“

Aphrodite reagiert versöhnlich: „Neugierig bin ich auf diesen Planeten der Frauen schon.“

„Mehr wollen wir doch von dir gar nicht. Du sollst nur unsere unauffällige Kundschafterin sein. Darum haben wir uns bei dir eine kleine Schweinerei erlaubt!“

Aphrodite fragt empört: „Was habt ihr mit mir gemacht?“

„Wir haben in die Netzhaut deines rechten Auges eine Sonde eingebaut und können so alles sehen, was du siehst. Es ist quasi zu deinem eigenen Schutz. So sind wir auch in der Lage, ohne aufwendige Gedankenübertragung in einer tatsächlichen Notsituation schneller zu helfen. Die vielen Pannen aus deiner Zeit in der Antike sind dann hoffentlich für immer vorbei! Lange Berichte über das Leben bei den Frauen und Männern ersparst du dir danach auch noch“, erklärt Marotti freundlich.

Aphrodite spürt nichts am und im rechten Auge: „Gefährlich wird es für mein Auge doch nicht sein?“

„Diese Sonde ist noch viel winziger als die Sonden für blinde Menschen bei euch im zweiundzwanzigsten Jahrhundert.“

„Ist das alles, was ich auf den Weg in diese Welt mitbekomme?“, fragt Aphrodite, nun schon deutlich besser gelaunt.

„Natürlich nicht. Weil wir über die Tier- und Pflanzenwelt nur sehr wenig wissen, sollst du dich natürlich auch ausreichend schützen können!“

„Nicht, dass ich dort unten wie ein Terminator, wie eine waffenstarrende Kampfmaschine herumlaufe?“, spottet Aphrodite, jetzt schon begeistert von ihrem neuen Auftrag.

„Natürlich nicht, Aphrodite. Höre, wir sind etwa zwanzig Meter unter dem Meeresspiegel!“

„Dann werde ich genauso aussteigen, wie ich eingestiegen bin! Oder?“, fragt Aphrodite und stellt gerade fest, dass sie immer noch in diesem primitiven Stoff steckt.

Als wenn Marotti ihre Gedanken erraten hat, zeigt er auf eine Kiste und sagt: „Es ist alles für dich vorbereitet. Komm, hier in dieser Kiste ist alles verstaut, was du mitnehmen solltest. Hier gibt es keine Kabinen oder gar Räume zu Erholung. Es gibt hier auch kein Essen für dich an Bord. Ach ja, essen! Essen kannst du dort wahrscheinlich so gut wie alles. Nur dein Magen braucht zuerst etwas lange für die Verdauung. Du bekommst Pillen mit, die dir bei der Anpassung helfen werden. Wenn überhaupt, du wirst sie wahrscheinlich nur in den ersten Tagen brauchen. Wie du auf Gifte von Tieren und Pflanzen reagieren wirst, ist uns noch völlig unklar. Orientiere dich bei allem an den Erfahrungen der Einheimischen. Aber normalerweise dürften die Gifte nicht auf deinen Körper wirken können, denn du bist ja nicht von hier. Das, glauben wir zumindest, dürfte dich auch schützen.“

„Ach so, euer Versuchskaninchen bin ich auch noch“, spottet Aphrodite, nicht so ernst gemeint.

„Werde jetzt nicht auch noch zickig! Bis jetzt haben wir doch gut zusammengearbeitet. Du bist uns viel zu kostbar, Aphrodite, sodass wir dich schon nicht unnötig in Gefahr bringen. Das Raumschiff, dein Beschützer, bleibt die ganze Zeit hier. Bist du in Lebensgefahr, wirst du geholt und in den Sarkophag zur Regenerierung gelegt. Egal was auch passiert, wir sind immer bei dir. Sei deswegen aber nicht gleich unvorsichtig!“

„Ich werde schon auf mich aufpassen. Nur habe ich in der letzten Zeit viel durchgemacht. Eunus lässt grüßen. Dabei kann eine Frau schon etwas empfindlich werden.“

„Wenn du von der Flucht vor Eunus und den anderen Ereignissen in der nahen Vergangenheit sprichst, muss ich immer lachen. Du bist selbst nach dem beachtlichen Wissensstand über das Weltall des zweiundzwanzigsten Jahrhunderts rund hundert Milliarden Lichtjahre von deiner Heimaterde entfernt. Wo du jetzt bist, wird nie ein Mensch hinreisen können! Selbst Hunderte Generationen von Raumfahrern könnten diesen langen Weg hierher mit der dir bekannten Technik nicht bewältigen!“

Aphrodite schluckt geschockt den unvorstellbaren Brocken über die Zeit und den Raum ihrer Reise unverdaut herunter. Vorerst versucht sie es erst gar nicht, diese Dimension zu verstehen. Doch wissen möchte sie es doch. Vorsichtig fragt sie: „Ihr bringt mich auch tatsächlich wieder zurück? Nach eurer Logik muss ich dann also auch wieder hundert Milliarden Lichtjahre durch Raum und Zeit reisen? Bin ich diesen Aufwand für euch überhaupt wert? Ich bin doch nur eine Frau! In den Augen der meisten Männer doch nur eine Laune der Natur. Gar ein bedauerlicher Fehler der Schöpfung.“

Marotti gibt sich wichtig: „Vor deiner ersten unfreiwilligen Zeitreise wussten wir nicht, dass Reisen lebender Materie durch Raum und Zeit überhaupt möglich sind. Du und deine Reisen sind uns sehr wichtig. Dass du ‚nur‘ eine Frau bist, ist dabei der Schlüssel des Erfolges. Die erste Zeitreise hat dich verändert. Was es ist, wissen wir jetzt. Dir selbst fehlt das Wissen von einer Million Jahre wissenschaftlicher Forschung, um das, was mit dir geschah, überhaupt zu begreifen.“

„Schon gut, ich bin das hübsche Dummchen. Aber erklärt es mir dennoch! Weibliche Logik kann schon mal um die Ecke denken und euch vielleicht dann doch verstehen!“, fordert Aphrodite ihn, jetzt mutig geworden, auf.

Marotti schweigt einen Moment, dann spricht er doch: „Ich erkläre es dir mal so! Hör, das mit den Lichtjahren musst du nicht so ganz verbissen sehen. Du bist hier in einer parallelen Welt, quasi in einem Kosmos, der neben eurer Welt so gleich um die Ecke existiert. Es ist eine andere Dimension. Gewusst wie, spart hier viel Zeit und noch mehr Energie. Eine Art Raum- und Zeitloch hierher hat dir den Weg geebnet. Es ist aber nicht das Loch in der Badewanne, wo das Wasser abläuft. Es sind Raumlöcher in der dunklen Materie, die diese Welten in Abständen verbinden. Es sind Löcher, die nach komplizierten Prozessen im All in zyklischen Abständen entstehen. Dir das zu erklären, ist nahezu unmöglich!“

„Überspringen wir also diese Löcher!“

Marotti nickt und erklärt weiter: „Du bist hunderttausend Mal schneller als das Licht durch Raum und Zeit gereist. Vergiss also Einstein! Die Lichtgeschwindigkeit ist also nicht die Grenze der Bewegung. Alles ist eben relativ. Streng genommen bist du jetzt mehr als eine Million Jahre alt!“

Aphrodite ist geschockt: „So um die Ecke gedacht, bin ich also quasi eine Million Jahre alt?“

Marotti nickt nur und sagt: „Irgendwie bist du schon so wahnsinnig alt. Du bist, wie schon erklärt, tatsächlich für uns absolutes Neuland. Dass diese Reise mit einem Lebewesen, gar mit einem Menschen, möglich ist, war für uns lange völlig undenkbar. Du hast uns aber mit deinem ersten unfreiwilligen Sturz durch die Zeit gezeigt, dass zumindest Frauen diese Reise antreten können. Dein Körper hat Besonderheiten, die wir jetzt schamlos ausnutzen. Du bist eine Pionierin. Du bist die erste wirkliche Zeitreisende. Darauf kannst du dir wirklich etwas einbilden!“

„Mir wird schlecht von so viel Lobhudelei“, erwidert Aphrodite ganz benommen.

Marotti mit erhobener Stimme: „Mach dich bitte nicht geringer, als du bist! Ich betone es noch einmal, du bist die erste tatsächliche Zeitreisende!“

„Meine Frage war aber, bringt ihr mich zurück?“, will Aphrodite wissen, jetzt doch wieder unsicher geworden. Männer, die Frauen so hoch in den Himmel loben, wollen nur die enttäuschende Wahrheit vor den Frauen verschleiern.

„Keine Sorge, wir bringen dich, wie versprochen, zurück. Aber vielleicht willst du gar nicht mehr weg? Es ist ja der Planet der Frauen. Könnte es nicht die Erfüllung all deiner Träume sein, hier friedlich mit den Frauen zusammenzuleben ohne die tausend Ängste vor der Willkür der Männer deiner Erde?“

„Mit dem Faustkeil nach Knollen graben? Nein, danke! Außerdem habe ich meiner Tochter versprochen, dass ich zurückkomme“, kontert Aphrodite spöttisch und schon besser drauf.

Marotti: „War eben nicht so ernst gemeint. Komm mit, draußen beginnt ein neuer Tag. Die beste Zeit für dein neues Abenteuer.“

„Wie immer habt Ihr ja so recht. Packen wir es an!“, sagt sie jetzt in Aufbruchsstimmung.

Aus der Kiste holt sie sich noch eine Art Turnschuhe heraus. Die Schuhe sind wirklich gutes Material und passen wie angegossen. Das Material des Gewandes ist dagegen primitiv. Sie soll ja nicht auffallen. Einen Rucksack bekommt sie auch noch mit. Was für sie dort drinnen ist, will sie oben am Strand untersuchen.

Marotti meint nur: „Im Rucksack sind nur eine handliche Waffe und alle nötigen Medikamente für dich.“

Aphrodite hängt sich den Rucksack um und folgt Marotti.

Im Schleusenraum ist wieder dieses Wasserbecken. Es schimmert im grünen Licht gerade so wie bei ihrem Auftauchen nach der Flucht vor den Häschern.

„Greif bitte in deinen Rucksack!“

Aphrodite gehorcht, nimmt den Rucksack von ihren Schultern und holt einen gut zwanzig Zentimeter langen und daumendicken Stab hervor: „Was ist das?“

„Das ist eine Waffe. Geh sehr vorsichtig und vor allem umsichtig damit um! Zur Not könntest du zum Beilspiel eure Megametropole New York damit zu Staub zerfallen lassen. Willst du dich dort oben gegen wilde Tiere wehren, musst du nur einfach den Stab auf das Tier richten. Auf Stufe Grün einstellen und nur kurz einmal auf das grüne Licht drücken, dann ist dein Problem gelöst!“

Aphrodite hat begriffen und steckt das Ding, diese Wunderwaffe, wieder in den Rucksack zurück.

Marotti hakt nach: „Alles klar. Ach, noch etwas, der Stab funktioniert nur in deiner Hand. Niemand kann dir damit schaden. Er ist für diese Menschen dort oben praktisch unzerstörbar und zu nichts zu gebrauchen!“

Aphrodite nimmt den Stab jetzt doch noch einmal in die Hand und sagt: „Den hättest du mir schon vorher geben können. Mit dem Ding hätte ich den Männern des Eunus schon den Marsch geblasen!“

Marotti lacht und spottet: „Eben, darum hast du ihn auch erst hier bekommen. Mit den Frauen wirst du hoffentlich schonender umgehen. Schau jetzt aber einmal!“

Auf der gegenüberliegenden Wand taucht eine Karte auf. Eine Bucht, Berge, ein Fluss und ein roter Punkt im Wasser sind von oben betrachtet zu sehen.

Aphrodite fragt: „Das ist sicherlich die Bucht hier über uns? Der rote Punkt sind bestimmt wir.“

Marotti ist begeistert: „Schlaues Mädchen. Das ist die Bucht, in der du an Land gehen wirst. Du musst umgehend die Steilküste hier überwinden und immer in Richtung dieser Bergspitze gehen. Dann musst du ein Stück am trockenen Fluss entlang auf diese Anhöhe zugehen und siehst bald dort auf der Ebene dieses Dorf. Die Frauen, wie du ja schon weißt, nennen ihren Ort selber Wabe. Das ist dein Ziel für heute. Ein Ziel, das du um jeden Preis erreichen musst!“

An der Wand taucht aus der Vogelperspektive ein kreisrunder Bau auf. Das Gebäude oder besser diese Gebäudeansammlung mit hoher Mauer wird optisch herangeholt und jetzt kann Aphrodite ein Tor und die Mauer aus trocken zusammengesetzten Steinen gut erkennen.

Marotti erklärt: „Diese sogenannte Wabe ist schon fast hunderttausend Jahre alt. Sie ist eine der ersten Siedlungen dieser Art auf dem Planeten und stammt noch aus der Zeit, als Männer und Frauen wie bei euch zusammenlebten. Darum hoffen wir, von dir zu erfahren, wie es weitergeht mit diesen Menschen. Ich wünsche dir viel Erfolg!“

Marotti ist nicht der Typ für den Abschied mit Herzschmerz und löst sich wie immer galant vor ihr in Nichts auf.

Aphrodite denkt: „Typisch Mann. Wenn es um das Abschiednehmen geht, sind die Männer immer schnell verschwunden.“

Mit einem beklemmenden Gefühl verharrt sie im Raum. Ihre weibliche Intuition rebelliert. „Du gehst in dein Verderben!“, warnt sie ihre innere Stimme eindringlich. Sie muss Marotti vertrauen. Nur mit seiner Hilfe kann sie zurück zu ihren Kindern. Die Herren der Zeit haben alle Macht über sie. Sie ist dieser Allmacht der Männer nur aus Energie völlig ausgeliefert. Aber sie ist auch Aphrodite, die göttliche Aphrodite. Eine Frau, die alles erreichen kann, wenn sie es nur will, spricht sie sich selbst Mut zu. Langsam weicht ihre Angst und sie geht auf den Beckenrand zu. Wieder kommt Angst in ihr auf. Was erwartet mich dort oben? Vorsichtig stellt sie sich an den Beckenrand und taucht nur einen Fuß vorsichtig ins Wasser. Es fühlt sich angenehm warm an. Die Angst schwindet. Noch einmal kontrolliert sie, ob alles in Ordnung ist. Okay, das Band, das sie mit dem kleinen Rucksack verbindet, liegt am Handgelenk eng an. Der vielleicht ihr Leben rettende Rucksack kann also nicht verloren gehen. Sie holt kurz entschlossen tief Luft und springt mutig ins Wasser.

Unbekanntes Ufer, eine neue Welt?

Mit der Kraft einer jungen Frau strebt sie dem Licht über ihr entgegen. Sie ist wirklich überrascht, wie energiegeladen ihr Körper ist. Nichts in ihr erinnert sie mehr an die quälenden Momente der Flucht vor den Häschern. Ihr geschundener Körper ist im wahrsten Sinn des Wortes unendlich ferne Vergangenheit. Ihre Haut ist zart und unversehrt wie bei einem neugeborenen Baby. Das zerzauste kurz geschnittene Haar ist eine blonde Löwenmähne geworden. Aber so ganz sicher ist sie sich nicht, dass beim Auftauchen tatsächlich keine Häscher mehr auf sie warten, denn dieses Raumschiff liegt unter ihr auch so auf Tauchstation, wie sie es beim Abtauchen gesehen hat. Das grüne Dämmerlicht zeigt ihr schemenhaft eine Unterwasserwelt, die im Moment noch ganz ohne Fische ist. Doch die Fische könnten durch die Zeitmaschine verschreckt worden sein. Die starke Strömung bringt einen Wald aus Schlingpflanzen unter ihr zum Tanzen. Nur unzählige hoch ragende, spitz zulaufende Türmchen aus Fels unterbrechen diesen Unterwasserwald. Aus diesen Türmchen raucht eine schwache milchige Flüssigkeit heraus. Sind das vulkanische Aktivitäten?

Schon fast oben, verschwindet auch diese bizarre Welt aus ihren Augen. Sie hat es geschafft. Oben angekommen, holt sie tief Luft. Ungewöhnlich hell für ihre Augen begrüßt sie eine riesige Sonne. Dann dreht sie sich um und sucht das Ufer. Im ersten Moment erschrickt sie, denn das sicherlich hohe Steilufer ist ganz schön weit weg. Aber das Wasser ist angenehm warm und weich auf ihrer Haut. Auch in dieses Meer könnte ich mich verlieben, glaubt Aphrodite in diesem Moment. Das Wasser ist an der Oberfläche überraschend ruhig. Die Brandung ist kaum sichtbar. Darum wundert sie sich über den Strand vor ihr. Der Strand ist voller großer Steine und gewaltiger entwurzelter Bäume. Alles sieht wie auf einem Schlachtfeld aus. Anstatt auf den Bäumen tagelang zu schlafen, könnten die Männer hier auch mal den Strand aufräumen. Dann hätten sie bestimmt keine Langeweile, witzelt Aphrodite. Gut gelaunt schwimmt sie zielstrebig dem Ufer entgegen. Der kleine Rucksack schwimmt neben ihr ganz oben auf dem Wasser. Er ist ihr also kein Hindernis.

Aphrodite beobachtet aufmerksam die Küste. Niemand ist zu sehen. Sie sieht keine Tiere und auch keine Menschen. Wer weiß, ob sie überhaupt so schnell auf Menschen stoßen wird? Was ist, wenn diese Wabe längst verlassen wurde? So dünn besiedelt, wie dieser Riesenplanet ist, würde es sie nicht wundern, wenn sie niemanden in der Wabe anträfe. Nur zehn Millionen Menschen soll es hier auf diesem Planeten geben. Dann sollen auch noch die Frauen am Ruder sein. Sie ist auf einem Planeten, der den Frauen gehört. Toll. Das ist ja alles so aufregend.

Sie hat jetzt ohne Mühe den Strand erreicht. Tatsächlich, wenn das ganze Gerümpel weg wäre, wäre das bestimmt ein Traumstrand. Entspannt legt sie sich zum Trocknen in den Sand. Die Sonne ist herrlich warm und am Horizont ist ein kleiner Mond zu sehen. Oder ist der Mond immer so klein? Was aber Aphrodite am meisten freut, ist der strahlend blaue Himmel über ihr. Ein Himmel wie zu Hause! Wurde sie von Marotti reingelegt und ist wieder in der Antike? Nur eben ein paar Kilometer weiter weg. Irgendwo gelandet an irgendeiner der vielen Tausend Inseln, vielleicht im Pazifik? Dann betrachtet sie den kleinen Mond, der am Horizont gerade auftaucht, genauer. Das ist tatsächlich eine kleine Murmel und nicht der gewohnte Erdtrabant. Sie möchte ein kleines Nickerchen im Sand machen, als nur wenige Schritte vor ihr aus dem Wasser eine riesige Kellerassel direkt auf sie zu läuft. Dann kommen noch mehr riesige Asseln mit vielen Füßen auf sie zu. Diese Monsterasseln sind gut dreißig Zentimeter groß.

Aphrodite springt auf, läuft vom Wasser weg und schreit: „Hilfe, wie eklig! Was sind das nur für Ungeheuer?“

Die ihr unbekannten Tiere ziehen sich sofort ins Wasser zurück, als sie aufgestanden ist und um Hilfe gerufen hat. Vielleicht sind es Aasfresser und dachten, sie wäre tot? Sie glaubt, dass hier noch mehr unliebsame Überraschungen auf sie warten. Sie kann wohl doch nicht so sorglos am Strand liegen bleiben. Eigentlich soll sie ja auch gleich hoch laufen und den direkten Weg zu diesem Weiberdorf aufnehmen. Sie schnallt sich ihren kleinen Rucksack über. Ihr Gewand ist auch trocken. Ohne Eile geht sie jetzt auf die Steilküste zu. An so viel Strandgut kann sich Aphrodite an den Stränden vor Syrakus nicht erinnern. Tatsächlich könnten die Stürme hier recht heftig sein, schlussfolgert sie aus diesem Chaos. Die Steilwand ist auch nicht von Pappe. Gute fünfzig Meter, zum Teil noch höher, ragt hier die Steilwand empor. Sie wird ganz schön suchen müssen, bis sie eine Stelle, die nach oben führt, gefunden hat. Sicherheitshalber geht sie gleich in der vorgegebenen Richtung an der Küste entlang. Überhaupt ist diese Bucht, die auf der Karte so klein ausgesehen hat, doch sehr groß. So ist der Weg bis zu diesem Dorf der Frauen doch eine ganz schön lange Wegstrecke. Nicht umsonst hat sie also Marotti gleich am frühen Morgen losgeschickt. Denn der Tag soll hier auch noch deutlich kürzer als auf der Erde sein. Außerhalb der Mauern kann es womöglich in der Nacht recht turbulent zugehen. Wenn hier schon die Asseln so groß sind wie eine große Katze, na dann gute Nacht. Jetzt schaut sie nach oben und sucht den Himmel nach Vögeln ab, denn es ist auffallend still um sie herum. Überhaupt, was für Flugmonster hält dieser Planet für sie bereit? Ihr Bauchgefühl signalisiert Gefahr, Angst kommt in ihrauf. Auf was habe ich mich hier nur eingelassen? Wenn der Planet angeblich nicht von Asteroiden getroffen werden kann, dann müssten diese Monster der Urzeit hier ja auch noch herumlaufen. Zum Beispiel die riesigen Flugsaurier? Warum lässt sie sich immer wieder auf so einen Mist ein? Diese Stille wirkt immer bedrohlicher auf sie. Irgendetwas stimmt hier nicht!

Ein uriger, ohrenbetäubender schauriger Schrei ist zu hören. Dann bebt der Boden unter ihren Füßen. Es war der dumpfe Aufschlag einer gewaltigen Masse, der ein kleines Erdbeben auslöste. Steif vor Angst dreht sie sich schnell um und sieht ein schwer verletztes großes Tier unterhalb der Steilwand keine zwanzig Meter vor ihr liegen. Etwas verzweifelt versucht sich das verletzte Tier aufzurichten. Im Schutz eines Felsens beobachtet Aphrodite das Tier jetzt genauer. Das Monster, größer als jeder Elefant, hat viel Ähnlichkeit mit einem Flusspferd. Nur das Maul geht spitz wie bei einer Maus zu. Eine ungeheuer lange Zunge hängt heraus, als das Tier sein Leben endgültig aushaucht. Noch ganz im Bann der Ereignisse, will sie sich das Tier nun genauer ansehen. Gefährlich kann ihr das Monster ja nicht mehr werden.

Doch was Aphrodite jetzt zu sehen bekommt, lässt ihr Herz kurz stillstehen. Es verschlägt ihr den Atem. Sie traut ihren Augen kaum. Es ist unglaublich! Von der anderen Seite kommen acht Gestalten, nein acht Männer mit Speeren und Äxten bewaffnet auf das verletzte Tier zu. Als sie am Tier angelangt sind, erkennt Aphrodite deutlich, dass es splitternackte Männer sind. Auffällig sind die blonden Haare. Wie Kappen wirken sie auf den sonst gleichmäßig gebräunten Männerkörpern.

Wau, die Männer sind perfekt gebaut. Es sind Traummänner mit Waschbrettbauch und Knackarsch. Männer wie aus Hochglanzmagazinen entsprungen. Von der beachtlichen Männlichkeit kann Aphrodite ihre Augen nicht lassen. Was will eine Frau mehr? Das sind Männer zum Verlieben. In den Armen dieser Männer möchte sie liegen und ganz viel, viel Liebe machen. Noch will sie das geschäftige Treiben nicht stören. Es bereitet ihr viel Vergnügen, diese schönen nackten Männer zu beobachten. Vor Erregung ist ihr schon wirr im Kopf. Sie kann doch nicht sofort zu den Männern gehen. Das gehört sich für eine Frau nicht. Oder doch? Doch so viele gut gebaute Männer sind für jede Frau eine Zumutung. Wie werden sie auf Aphrodite reagieren?

Doch was sie jetzt beobachtet, lässt sie sofort zögern, sich gleich den Männern erkennen zu geben. Die Männer scheinen in großer Eile zu sein und wirken richtig hektisch auf sie. Nach einigen Schlägen mit großen Steinen liegt das Tier endgültig völlig regungslos am Boden. Statt jetzt zu verschnaufen und den Sieg zu feiern, steigern die Männer ihr Arbeitstempo noch. Auf das Tier wird eingehauen, als gäbe es einen Preis für besonders schnelles Zerlegen eines Tieres. Ungeheure Mengen Blut fließen jetzt. Einige Männer kriechen sogar in das aufgebrochene tote Tier.

Igittigitt!

So bleibt sie lieber weiter von den Männern unbemerkt hinter dem Felsen versteckt, obwohl sie ihr Glück kaum fassen kann, so schnell auf Menschen gestoßen zu sein. Diese Männer sind der absolute Glücksfall. Doch sie versteht deren Eile nicht. Sie müssen verrückt sein. Ist der Hunger so groß? Das erlegte Tier kann ihnen doch jetzt nicht mehr weglaufen. Jeder der Männer hat sich nun ein beachtliches Stück Fleisch herausgehauen. Schon rennen sie trotz ihrer schweren Beute flink wie Wiesel einfach weg. Sie laufen und lassen das Tier zurück.

Wie ist das nun zu verstehen? Es sind eben Männer. Eine Frau muss das nicht unbedingt verstehen.

Ein eigenartiges tosendes Geräusch lässt Aphrodite jetzt zum Meer hinaus schauen. Was sie sieht, lässt ihr das Blut in den Adern gefrieren. Das Wasser vor ihr ist über hundert Meter weit zurückgegangen. Gleichzeitig kommt eine unglaublich hohe Wasserwand auf die Küste zu. Sie weiß jetzt, warum die Männer so in Eile waren. Auf der Erde nennt man so eine riesige Welle einen Tsunami.

Hier am Fleck zu bleiben, bedeutet den sicheren Tod. Wo aber hin? Intuitiv beginnt Aphrodite der Blutspur der Männer zu folgen. Diese Männer müssen offensichtlich einen schnellen Weg nach oben kennen. So schnell, wie Aphrodite jetzt überhaupt laufen kann, rennt sie der Spur der Männer hinterher. Sie kann zuerst mühelos der breiten Blutspur folgen. Doch dann geht es steil nach oben. Mit aller Kraft kämpft sie sich einen immer schmaler werdenden Pfad hoch. Diesen Pfad nach oben hat sie vorhin wohl übersehen. Das bedrohliche Rauschen kommt immer näher. Die Luft ist schon von feinem Wasserdunst erfüllt, als sie oben ankommt. Sie läuft weiter. Weit, sehr weit muss ich weg, treibt sie sich an. Ein heftiges Zittern des Bodens unter ihren Füßen bestätigt ihr, dass die Flutwelle eben die Steilküste erreicht haben muss. Getrieben von ihrer Todesangst, rennt sie weiter nach oben und schaut dabei nach hinten. Das Wasser konnte die über fünfzig Meter hohe Steilküste nur zum Teil überwinden. Nur noch wenig Wasser läuft auf sie zu und umspült ihre Füße. Mit nassen Schuhen rennt sie weiter und blickt dabei zurück zum Wasser, das immer noch etwas ansteigt. Doch jetzt hat sie eine kleine Anhöhe erreicht. Hier macht das Wasser endgültig halt und geht endlich zurück. Weil sie dem Wasser nicht traut, rennt sie weiter Richtung Berge.

Sie stolpert und stürzt über einen der Männer, der wohl erschöpft mit seiner Beute eine kleine Pause eingelegt hat, zu Boden. Aphrodite liegt direkt auf ihm. Entsetzt blicken sich beide in die Augen. Wie sie, ringt auch der Mann hörbar, völlig außer Atem, nach Luft.

Etwas stinkt hier bestialisch! Eilig richtet sich Aphrodite auf und sucht diesem Gestank zu entkommen. Nach einigen Schritten zurück wird es erträglicher für ihre Nase. Verärgert stellt sie fest, dass ihr Tuch etliche Blutflecke hat. Doch mit Beschimpfungen will sie diesen Mann nicht begrüßen. Aphrodite sucht nach Worten, um versöhnliche Worte an den Mann zu richten.

Dieser richtet sich in diesem Moment auf und spricht sie in einer ihr unbekannten, aber doch seltsam vertrauten Sprache an: „Frau, wo kommst du plötzlich her?“

Dabei geht der Mann vorsichtig auf sie zu.

Ihre Nase stellt klar, was hier so bestialisch stinkt. Es ist der schöne junge Mann, der auf sie zukommt.

Sie wehrt sich gegen den Mann mit der rechten Hand und weist so den stinkenden Mann von sich. Er bleibt etwa zwei Meter vor ihr stehen. Erleichtert sagt sie zu ihrer eigenen Verwunderung und Überraschung in seiner Sprache: „Entschuldigung, stinkender Mann, es war wirklich nicht meine Absicht, mich auf dich zu legen. Ich bin wie ihr alle hier vor der großen Welle geflohen. Dich Stinktier habe ich bei meiner Flucht wohl übersehen!“

Der Mann schaut sich vorsichtig um. Sein Speer liegt direkt vor Aphrodites Füßen im Sand neben dem riesigenStück Fleisch. Unsicher blickt er Aphrodite an, wagt es aber nicht, näher zu kommen und nach seinem Speer zu greifen. Der Mann beobachtet Aphrodite ängstlich aus den Augenwinkeln heraus.

Aphrodite bückt sich und greift neugierig nach seinem Speer. Die Waffe ist über einen Meter lang und erstaunlich leicht. Am Ende ist ein vielleicht zehn Zentimeter langer scharfkantiger Stein befestigt. Mit den Fingern berührt sie die Speerspitze und stellt fest, dass der Stein erstaunlich scharfkantig ist. Solche Speerspitzen hatten sich die Neandertaler auch schon gebastelt! Das ist also die sogenannte Spitzentechnologie der Männer hier nach zweihunderttausend Jahren gesellschaftlicher Entwicklung! Uns Menschen der Erde gibt es noch keine hunderttausend Jahre, aber wir fliegen längst zu anderen Planeten. Wie ist dieser Stillstand der Entwicklung hier nur möglich?

Aphrodite unterbricht ihre Überlegungen, denn der Mann kniet jetzt ängstlich vor ihr nieder und fragt: „Frau, willst du mich jetzt töten?“

Sie schüttelt nur lächelnd den Kopf und gibt ihm diese primitive Waffe zurück.

Ungläubig nimmt der verängstigte Mann seinen Speer. Mit dem Speer in der Hand, weicht die Angst aus seinem Gesicht. Er wird sichtlich mutiger und ruft laut: „Männer, kommt! Kommt schnell! Hier ist eine Frau! Kommt helft mir! Kommt Männer!“

Ein Mann ruft beim Anblick einer Frau um Hilfe? Ist der Mann krank? Der Mann zittert immer noch vor Angst, stellt Aphrodite belustigt fest. Das stinkende Muskelpaket könnte mit ihr doch machen, was es will.

Im nächsten Moment ist Aphrodite von allen acht nackten Männern mit ihren primitiven Speeren oder Steinäxten in den Händen umzingelt.

Es sind acht Männer, die einen Gestank verbreiten, den sie so noch nicht erlebt hat. Eben acht echte Stinktiere. Für ihre Nase sind diese Männer nicht zu ertragen. Nur ihre wachen Augen erfreuen sich an diesen schönen Männern. Sie alle sind traumhaft gut gebaut. Sie ist wieder verwirrt. So etwas hat sie noch nie erlebt. Welch ein Anblick! Sie schämt sich. Was tut sie nur? Sie kann einfach nicht den Blick von den unruhig wippenden Gliedern der Männer lassen. Was sie sieht, ist beachtlich. Sind diese Männer allein schon durch ihre Anwesenheit erregt? Wird sie jetzt vergewaltigt? Doch halt, jetzt ist ihr klar, warum des Mannes bestes Stück so auffällt. Mit irgendeiner roten Farbe müssen sie ihr üppiges Ding bemalt haben. Der grellrote Farbstreifen geht über das eigentliche Glied hinaus noch etwas am Bauch hoch. So täuschen sie größere Glieder vor. Auf ihre Art sind also diese Männer genauso eitel, wie ihre Geschlechtsgenossen auf der Erde. Sie wird die Männer hier auch so nehmen wie die Männer zu Hause. Warum sollen sie anders funktionieren? Die nervös tanzenden Augen der Männer sagen ihr auch, dass sie von ihnen nicht wirklich etwas zu befürchten hat. Das ist das eigentlich Neue. Männer haben Angst vor einer Frau. Wow! Geil!“

Darum legt Aphrodite ihr schönstes Lächeln auf und sagt: „Hallo, Männer, heute ist euer Glückstag. Ich mag euch. Ich mag euch sogar sehr!“

Ein Mann mit einer roten Strähne im blonden Haar baut sich drohend vor ihr auf. Es könnte eine Art Rangabzeichen sein, das ihn als Anführer erkennbar macht. Er ist auch etwas größer als die anderen Männer. Zahlreiche Narben lassen Aphrodite vermuten, dass er schon viele Gefahren überstanden hat. Sein Speer ist drohend auf sie gerichtet. Doch die zitternde Hand verrät auch seine Angst. Diese Männer fürchten sie tatsächlich! Toll! Ihre eigenen Ängste hält sie jetzt klein. Sie sollen nicht merken, dass sie selbst voller Angst ist. Auf der Erde wäre sie längst in der Gewalt der Männer und würde durch die Hölle gehen.

„Wo sind die anderen Kriegerfrauen. Seid ihr Frauen wieder auf Jagd, auf Jagd nach uns?“, fragt seine kraftlose Stimme, die so gar nicht zu diesem riesigen Muskelpaket passt.

Was sind das nur für Männer? Aphrodite möchte laut auflachen. Doch sie darf sich nicht von der Komik dieser Situation täuschen lassen. Die Gefahr für sie ist real. Sie muss ihre angebliche Macht ausbauen. Mit betonter Überlegenheit behauptet sie sich darum vor den Männern: „Hört, Männer, meine Frauen sind ganz in der Nähe. Ein Ruf von mir und ihr seid alle Gefangene. Ehrlich, ich mag euch wirklich. Nein, ich liebe euch. Ihr geht mit eurer Beute einfach weiter und ich tue so, als hätte ich euch nicht gesehen! Wir sehen uns dann an den Müttersteinen wieder. Ich warte dort auf euch und werde mit euch Spaß haben. Einverstanden?“

Der Mann mit der Haarsträhne: „Warum sollten wir dir trauen?“

„Schaut, Männer, sie ist Mutter. Sie hat ganz große Brüste. Schaut nur Brüder, wie groß ihre Brüste sind. Mütter nicht gerne Männer töten!“, behauptet ein junger Mann und geht mutig auf Aphrodite zu.

Selbst überrascht, lässt es Aphrodite zu, dass er ihre Brüste unter dem Tuch abtastet. Sie lässt es zu, denn es zeigt die erhoffte Wirkung auch auf die anderen Männer. Die Spannung, die von den Männern ausging, löst sich etwas. Die Männer senken ihre Speere und Äxte.

So grotesk ihr in diesem Moment diese Szene auch erscheint, sie will die Gunst des Moments für sich ausnutzen. Sich selbst Mut zusprechend erklärt sie: „Ja ich bin eine Mutter! Mütter lieben Männer sehr! Einer von euch ist vielleicht gar mein Sohn. Wer weiß das schon?“

Die Männer überlegen. Dann spricht der Mann mit der roten Strähne im Haar wieder für alle Männer: „Mutter gut. Mutter, wir vertrauen dir!“

Zwei Atemzüge später ist sie tatsächlich alleine. Nur noch Blut und viele nackte Fußspuren im Sand verraten, dass sie hier nicht alleine war.

Das sind schon komische Männer. Sie haben tatsächlich Angst vor Frauen! Auf der Erde wäre sie jetzt mehrfach vergewaltigt und danach vielleicht erschlagen geworden. Oder sie hätte das tragische Schicksal der Sklaverei erneut ertragen müssen.

Sie schaut sich um. Einfach der Spur der Männer folgen, ist schlicht töricht. Aber einen richtigen Weg findet sie auch nicht in diesem Dickicht. Vom Gefühl her müsste sie mit der Sonne im Rücken weiter gehen. Nach einigen Minuten Wanderung durch das Gestrüpp stößt sie auf einen kleinen Pfad, der auch fast in ihre Wunschrichtung führt, und läuft zügig weiter. Doch nach wenigen Schritten bereut sie ihre Entscheidung, denn gleich Dutzende den Ameisen sehr ähnliche Tiere, doch groß wie Ratten, krabbeln auf diesem Pfad auf sie zu. Diese Monsterameisen rasseln geräuschvoll mit ihren Mundwerkzeugen. Es sind bedrohliche Waffen, die nichts Gutes versprechen, denn diese Mundwerkzeuge sind ein Miniaturheimwerkerset vom Feinsten. Ob diese Tierchen mit ihr Freundschaft schließen wollen oder ob sie auf ihrem Speiseplan steht, will sie erst gar nicht herausfinden. Als sie sich umdreht, sieht sie von der anderen Seite gleich dreißig oder vierzig dieser Monsterameisen auf sich zukommen.

Hier hilft nur noch ihr Zauberstab. Hier rettet sie nur eine schnelle und vor allem radikal durchgreifende Gegenmaßnahme. Schnell holt sie sich diesen Stab aus dem kleinen Rucksack. Hastig wird die Waffe auf die erste Stufe eingestellt, denn gleich haben die Monster sie erreicht. Grob richtet sie den Stab auf die ersten Tiere und drückt auf die Starttaste. Als diese Viecher stinkend verdampfen, machen alle anderen Monster sofort kehrt. Nach wenigen Augenblicken sind alle weg. Aphrodite behält den Stab dennoch schussbereit in der Hand. Auf unliebsame Überraschungen will sie ab jetzt besser vorbereitet sein. So geht sie auf eine kleine Anhöhe zu und will sich besser orientieren. Dort auf der Anhöhe dient ihr ein abgeknickter Baumstamm als Aussichtsturm. Tatsächlich sieht sie von hier aus den Berg, der ihr als Wegweiser zu den Frauen dienen soll.

„Ich bin also auf dem richtigen Weg!“, sagt sie laut und ist erleichtert. „So schlecht bin ich im Orientieren doch gar nicht“, lobt sie sich in Gedanken selbst. „Von wegen, nur Männer können sich gut orientieren. Ich kann das auch!“ Sie steigt frohen Mutes vom Baumstamm herunter. Mut und Zuversicht braucht sie auch. Denn diese fremdartige Landschaft und diese komischen Tiere machen ihr doch Angst. Nur das Dorf der Frauen kann ihr Schutz vor den vielen kleinen und großen Monstern bieten, ist sie sich jetzt ganz sicher. Sie will sich darum beeilen. Noch fühlt sie sich fit. Dass hier die Schwerkraft stärker sein soll als auf der Erde, spürt sie eigentlich nicht. Warum hier aber keine Wege sind, kann sie nicht verstehen. Die Menschen können doch nicht schon zweihunderttausend Jahre diesen Planeten bewohnen, ohne sich Straßen oder Wege anzulegen?

Wie gerufen, wie bestellt kommt sie jetzt auf einen breiten Pfad zu. Es ist aber eher eine Schneise der Verwüstung. Gehölze und dem Gras ähnliche Pflanzen wurden zertrampelt. Ein ungutes Gefühl lässt sie ahnen, dass dieser Pfad kein Menschenpfad ist. Diese Lebewesen müssen deutlich größer als Menschen sein. Also auch kein guter Weg, um zu den Frauen zu gelangen. Dennoch geht sie diesen Weg weiter. Es geht sich schneller und bequemer so. Bisher hat sie auf Insekten kaum geachtet. Aber was dort als Wolke gut fünfzig Meter vor ihr schwebt, lässt sie schlagartig in Deckung gehen. Schon überlegt sie, wie sie an dieser Insektenwolke vorbei kommt, als das Thema sich für sie erledigt hat. Denn in diesem Moment stehen die acht nackten Männer mit erhobenen Speeren um sie herum.

Der Mann mit der roten Haarsträhne sagt eindeutig drohend: „Mutter, heute so allein im Wald unterwegs? Du willst doch bestimmt hoch zur Wabe? Wir begleiten dich! Du hast doch nichts dagegen? Wir haben dich beobachtet. Wir wissen jetzt, dass du alleine bist!“

Die Männer sind doch nicht so blöd, wie sie glaubte. Mit dem Stab in der Hand fühlt sie sich aber überlegen und sagt darum betont überheblich: „Ich bitte euch geradezu um euren Begleitschutz! Man weiß ja nie, was einer Frau auf dem Weg durch den Wald noch passieren kann!“

Die Männer lachen. Der Jüngling kommt auf sie zu und fordert: „Halte deine Hände vor, Mutter, ich muss dich fesseln. Wir haben es so eben beschlossen!“

Die Überzeugungskraft der Speere lässt Aphrodite gehorsam die Hände vorhalten. Sie will nicht gleich mit dem Stab die Fronten klären. Mit flinken Fingern wird sie mit irgendeiner Pflanzenfaser von dem jungen Mann gefesselt. Dem Stab in ihrer Hand schenken die Männer keine Bedeutung. So hält sie ihren Zauberstab immer noch in der Hand, als sie schnell vom breiten Pfad heruntergezogen wird.

Schweigend geht es jetzt mit den Männern wieder durch den dichten Wald. Nun braucht sie sich über den Weg zu dieser „Wabe“ keine Gedanken mehr machen. Die Männer wollen sie dort hinbringen.