Dornen um mich - Sabineee Berger - E-Book
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Dornen um mich E-Book

Sabineee Berger

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Beschreibung

Sabrina ist im Laufe ihrer Jahre zu einer richtigen Männerhasserin geworden, doch nach einer durchzechten Nacht mit ihrer Freundin Anne steht ihre Welt wirklich Kopf. Da erscheinen plötzlich Faune, Dämonen und was es sonst noch so in ihrer Fantasie gibt. Das verändert natürlich ihr gesamtes Weltbild und nicht nur das! Immerhin erfährt sie durch einen Dämon, was wahre Liebe bedeuten kann. "Schrill, schnell, spannend, frech. Eine FANTASY-SATIRE der anderen Art."

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

01.Kapitel

02.Kapitel

03.Kapitel

04.Kapitel

05.Kapitel

06.Kapitel

07.Kapitel

08.Kapitel

09.Kapitel

10.Kapitel

11.Kapitel

12.Kapitel

13.Kapitel

14.Kapitel

15.Kapitel

16.Kapitel

17.Kapitel

18.Kapitel

19.Kapitel

20.Kapitel

21.Kapitel

22.Kapitel

23.Kapitel

24.Kapitel

25.Kapitel

26.Kapitel

27.Kapitel

28.Kapitel

29.Kapitel

30.Kapitel

31.Kapitel

32.Kapitel

33.Kapitel

34.Kapitel

35.Kapitel

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Impressum

Prolog

„Scheiße!“, schrie ich, während es mir die Füße wegzog und ich unsanft auf dem Allerwertesten landete.

„Hast du dir was getan?“, fragte Anne und reichte mir die Hand, um mich hochzuziehen.

„Nein!“, antwortete ich und hievte mich mit Annes Hilfe wieder in die Höhe.

„Aber mein Stolz ist gerade Opfer dieser verdammten Schuhe geworden!“ Zum ersten Mal hatte ich mir Eislaufschuhe ausgeborgt und war prompt auf die Nase gefallen ... oder vielmehr auf das hintere Gegenstück dazu.

„Auf dich höre ich sicher nicht mehr! Die Schuhe sind ein Albtraum! Die Kufen sind hin und der Halt ist ein Witz in dem kaputten Leder!“

„Ach, du Miesepetra! Du bist einfach aus der Übung. Sieh her, Sabrina! So geht das!“, rief Anne fröhlich und vollführte eine gekonnte Drehung mit Tendenzen zur perfekten Pirouette.

„Pah! Alte Angeberin!“, rief ich, putzte mir das Eis von den Oberschenkeln und unternahm den nächsten Versuch halbwegs unspektakulär vorwärts zu kommen. Himmel, was war ich ungeschickt! Seit meiner Kindheit hatte ich nicht mehr in Eislaufschuhen gestanden und so wie es aussah, war jeder Anfänger hier anmutiger unterwegs als ich.

„Komm schon, Lusche! Oder willst du, dass dich die Vierjährige dort drüben überholt?“, kicherte Anne und ich überlegte spontan meine Schuhe mit einer ungeschickten Drehung in ihr Gesicht zu versenken. Aber Anne überging meine Schmollphase, hakte sich unter und lächelte mich süß an. Schon immer hatte sie die Gabe besessen, unangenehme Situationen mit kleinen Gesten zu entschärfen.

Gemeinsam kamen wir gut voran und mit dem Halt, den sie mir bot, schaffte ich sogar die ersten, brauchbaren Laufschritte.

„Jetzt erzähl einmal von gestern!“, forderte sie mich auf, nachdem ich den richtigen Rhythmus gefunden hatte und mich halbwegs im Gleichklang mit Annes geschmeidigen Bewegungen befand.

„Der Typ war schlicht zum Kotzen!“

„Schon wieder?“

„Ja, schon wieder!“

„Jetzt komm! Allmählich wird es langweilig. Es können doch nicht nur Spinner herumlaufen.“

„Warum denn nicht? Gibt es etwa eine Statistik zum Thema Idioten?“, fragte ich schnippisch, weil Anne es liebte mit Zahlen und Fakten aus Meinungsumfragen zu punkten.

„Ach, sei nicht gemein! Ich meine ja nur, dass bei dir in letzter Zeit jeder Mann ein Flop ist. 23 Nieten von 23 Dates! An wem kann das wohl liegen?“

„An den Dates natürlich! Woran sonst?“

„Sabrina, jetzt hör mal zu! Deine Ansprüche sind über die Jahre ins Uferlose gewachsen. Manchmal habe ich das Gefühl, du suchst gar nicht nach Mr. Right sondern nach Mr. Flight, … um ihn recht rasch wieder fliegen zu lassen. Am besten vom nächstbesten Hochhaus. Du gierst förmlich nach Nieten, die dir nichts anhaben können.“

„Ach, Quatsch! Der war einfach langweilig. Stell Dir vor: Frances heißt eigentlich Franz und er ist nicht Ingenieur sondern Friseur und zudem auch dem eigenen Geschlecht nicht abgeneigt. Also, Madame Oberschlau mit Psychodiplom: An wem liegt nun das verpatzte Date?“

„Oh! Das ist wahrlich hart! Aber wieso geben diese Kerle nur ständig falsche Profile an? Das nimmt der ganzen Plattform doch den Sinn. Verflucht aber auch!“

„Anne ... du bist und bleibst eine hoffnungslose Romantikerin. Du hast deinen Schatz schon vor einer Ewigkeit gefunden!“

„Vor 15 Jahren!“

„Sag ich doch! Und du hast einfach Glück gehabt. Der Rest der Männer ist schlicht inakzeptabel. Punkt und aus. Schau dich doch um! Selbst die paar, die hier herumgurken, sind die absoluten Loser. Der dort drüben läuft schlechter als ich. Der nächste hat seine Hosen voll verkehrt rum an, der daneben ist schwul und der dort hinten ist der Fußabtreter seiner Frau. Mal ehrlich: warum soll ich mir das antun?“ Anne sah brav von einem zum anderen, folgte exakt meinem wissenden Zeigefinger und begutachtete jede arme Seele nach der anderen. Zuerst lächelte sie noch, doch mit jedem Deuter mehr bekam sie auch größere Augen.

„Mensch, du machst mir richtig Angst. Ganz unheimlich bist du! Wenn ich nämlich genauer hinsehe, finde ich jede Beschreibung zutreffend. Absolut zutreffend sogar!“ Sie keuchte übertrieben und schüttelte mahnend den Kopf. „Pfui, du böse, böse Menschen-Schlecht-Macherin!“

„Ha, ha, ha! Der war gut!“, kicherte ich und grunzte wie ein Schweinchen. Wie eine Schlechtmacherin fühlte ich mich schon, wenn ich solche Analysen vom Stapel ließ, doch für Männer hatte ich mittlerweile einen guten Blick ... außer vielleicht bei der Vorauswahl in diversen Internetforen. Blind Dates waren eben schlicht der Horror, aber auch Verabredungen ohne virtuellen Raum waren – zugegeben – letztendlich immer in die Hose gegangen. Der berühmte Funke hatte stets gefehlt und war daher auch nie übergesprungen. Außerdem waren die Macken der anderen meist zu üppig ausgefallen. Der anderen, wohlgemerkt, denn meine eigenen galt es natürlich zu pflegen und zu hegen, um nur ja nicht auf Individualität zu verzichten. In meinen Augen lag es daher zweifelsfrei an den Männern! Singletypen in meinem Alter waren eben nicht ganz normal, voll kompliziert und überdurchschnittlich anspruchsvoll. Das war mein Resümee nach unzähligen Dates und ja … ich wusste, wie idiotisch und falsch das klang und ahnte auch, dass ich zu hohe Ansprüche stellte, womöglich zickig war oder zu wenig Libido ausstrahlte. Aber ein Singleleben als Frau mit über dreißig war nun mal nicht einfach. Die Situation an sich machte einfach unrund, weil ganz klar ein wichtiger Teil im Leben fehlte, aber die Versuche daran etwas zu ändern, machten im Prinzip nur noch viel unrunder. Und das war schon ein verdammter Teufelskreis!

Anne bemerkte meine ernste Miene und hakte sich fester unter. Instinktiv wusste sie, dass ich nicht länger über das leidige Thema Männer reden wollte.

„Gehen wir nachher noch was trinken, Süße?“

„Okay, wenn du bezahlst!“, grinste ich und stieg sofort auf ihr Geplänkel ein. Zwischen uns lief irgendwann immer so ein Frauen-Ding: Diejenige, die zuerst fragte, musste auch bezahlen. Das war seit einer Ewigkeit so und würde vermutlich auch immer so bleiben, weil Freundschaft nun mal mit Ritualen und Beständigkeit funktionierte.

An der Bar prosteten wir uns dann mit einem Lächeln zu. Ich mit einem Gin Tonic in der Hand und sie mit dem üblich süßen Gesöff, das nur aus Kokos und cremigem Schlabberzeug bestand.

„Auf unser erstes Eislaufabenteuer!“, rief Anne übermütig und schlürfte genussvoll die erste Ladung herunter.

„Auf meine heilen Knochen!“, entgegnete ich trocken, obwohl mich Annes Fröhlichkeit längst angesteckt hatte. Sie war und blieb von Grund auf ein heiteres Wesen. Vor allem, wenn sie an ihren Lieblingscocktail nuckelte und vor lauter Gier schon am Schirmchen lutschte.

„Du, wir machen ein Spiel! Ich zeige Dir ein paar Männer und du sagst mir, was Sache ist. Deine Analyse am Eislaufplatz war ja verblüffend“, meinte sie plötzlich mit einem Glitzern in den Augen, als wäre das die beste Idee aller Zeiten. Doch wirklich wohl fühlte ich mich dabei nicht. Irgendwie machte es einfach keinen Spaß ständig die Macken der anderen zu analysieren und wer von den Düsen hier sollte schon interessant sein? Außer den üblichen Spinnern, Aufreißern und Zuhältern gab es heute vermutlich keine weitere Kategorie an Männern mehr hier. Und ja … ich wusste wie menschenverachtend diese Gedanken waren. Aber sie waren nun mal die meinen und so schüttelte ich demonstrativ den Kopf und versenkte meine Nase lieber in mein Glas. Von Barbesuchern der Chromosomenklasse Nr. 1 wollte ich heute eigentlich nichts wissen. Neee!

Doch genau eine Sekunde später passierte etwas vollkommen Seltsames und von mir nicht bewusst Gesteuertes. Ich bemerkte nämlich eine krasse Veränderung des Lärmpegels. So, als hätte jemand einen überdimensionalen Lautstärkenregler auf Minimum gestellt und dafür das einzige Mikro am Nebentisch aktiviert. Es war ein ziemlich verrücktes Ereignis und unerklärlich, aber um mich herum wurde tatsächlich alles leiser und nur die Unterhaltung vom Nebentisch wurde so laut und verständlich, als ob ich außergalaktische Ohren verpasst bekommen hätte, um zu lauschen.

„Mann, das Weibsbild hat vielleicht gejohlt!“

„Ja, so lieben wir das! Ha, ha.“

„Na, kein Wunder, schließlich habe ich es ihr mächtig besorgt. Immer und immer wieder. Danach wusste sie nicht mal mehr wo oben oder unten ist.“

„He, he, he! Das klingt ganz nach Marlies, ja, ja. Johlen kann die ganz gut.”

„Hast du sie etwa auch ...?“

„Klar! Jeder hier hat sie schon gehabt!“

„Die Kleine kann gar nicht genug kriegen!“

„Mann, die ist abgegangen wie eine Rakete!“

„Geiles Miststück. Frauen wie die sind wie geschaffen für unsere Schwänze.“

Danke! Ab dem Zeitpunkt klinkte ich mich schleunigst wieder aus, um nicht deplatziert zu gaffen oder zu kotzen und, … um nicht noch mehr Bestätigungen zum Thema „MM (Monster Mann)“ zu sammeln.

„Sabrina! Hallo! Erde an Sabrina!“ Anne fuchtelte ungeduldig mit der Hand vor meiner Nase herum. „Wo bitte warst du denn gerade?“

„Äh, ach, ... nichts! Ich war nur in Gedanken!“ Wie sollte ich ihr auch erklären, dass ich plötzlich Superkräfte entwickelt hatte und intime Gespräche von Männern belauschen konnte, die im Prinzip viel zu weit entfernt saßen.

„Also sei keine Spielverderberin! Ich zeige mal auf einen Mann und du offenbarst mir deine geniale Analyse“, grinste sie und ihrem Gesichtsausdruck entnahm ich, dass ihre Pina Colada bereits ziemlich leer gesüffelt sein musste. Sie ließ es sich jedenfalls nicht nehmen Ausschau nach dem geeigneten Kandidaten zu halten und ich wehrte mich nicht länger. Ein Blick auf ihr fast leeres Glas bestätigte nämlich meine Vermutung und erklärte zugleich ihre Hartnäckigkeit. Und warum streiten? Anne ließ sich sowieso nicht abbringen, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Allerdings zeigte sie dann prompt auf einen der Männer, die ich belauscht hatte.

„Der da?“, fragte ich und Anne nickte langsam mit einem arroganten Zug um den Mund. Als hätte ich am Eislaufplatz nur Zufallstreffer geliefert und jetzt sowieso keine Chance mehr etwas annähernd Treffendes zu sagen. Doch ich begann ebenso arrogant zu grinsen.

„Also gut! Der hat gerade die Marlies gevögelt. Immer und immer wieder ... bis sie gejohlt hat. Das erzählt er auch gerade sehr anschaulich, sodass alle Männer am Tisch bereits einen Ständer haben. Ist es das, was du wissen wolltest?“, fragte ich gelangweilt und Anne fielen fast die Augen aus den Höhlen.

„Wie bitte?“, ächzte sie und verschluckte sich an ihrer knallroten Cocktailkirsche. Da diese Details aber unmöglich zu wissen waren und ja genauso gut gelogen hätten sein können, machte ich einen spontanen Rückzieher.

„Ach, nichts! Ich mache nur Spaß. Der Typ ist eine Eintagsfliege. Viel Blabla um nichts“, erwiderte ich und kicherte blöd in mich hinein. Anne aber schien mit der zweiten Antwort bei weitem zufriedener zu sein. Mit unmöglichen Wahrheiten, hellsichtigen Schüben oder extremer Intuition hatte sie es nicht so. Aber sie mochte das Spiel offenbar, denn sie ließ den Blick erneut durch die Bar schweifen.

„Und was ist mit dem da hinten?“, meinte sie und deutete über meine Schulter, während sie den Rest ihres Cocktails geräuschvoll mit dem Strohhalm aufsaugte und übertrieben an mir vorbei schielte. Möglichst unauffällig drehte ich mich dann nach einer kurzen Wartezeit um und folgte der angedeuteten Richtung. So lange, bis ich an extrem dunklen, unheilvoll blitzenden Augen und einer Kraft hängen blieb, die mir Gänsehaut machte. Entweder hatte ich mich doch sehr auffällig umgedreht, oder der Typ hatte mich schon die ganze Zeit im Visier gehabt. Seine finsteren Augen stierten mich jedenfalls direkt an und wirkten dabei irgendwie krank, oder auch nur ... abwartend. Ich zuckte richtig zurück, als der Mann sein unheimliches Wesen auf mich richtete und dabei den Eindruck machte, als wüsste er bereits alles über mich. ER nämlich über mich, obwohl ICH hier doch gerade den Job der Analyse übernommen hatte.

Egal, dachte ich hektisch und versuchte mich abzulenken, denn ich hatte das Gefühl, dass dieser Mann die ganze Zeit schon mit meiner Aufmerksamkeit gerechnet und sie auch bewusst herbeigeführt hatte. Was eine solch komische Vorstellung war, dass ich mich sofort wieder zu Anne herumdrehte und wie blöd an meinem Gin Tonic zu nuckeln anfing.

Schock oder so.

Wegen dem Mann hatte ich jedenfalls eine ordentliche Gänsehaut auf den Unterarmen und saß nun stocksteif auf dem Barhocker. Anne begann dafür dämlich zu kichern, weil ich so komisch reagierte.

„Na, Danke! Sehr unauffällig!“, zischte ich aufgebracht und sie prustete noch lauter und auffälliger los.

„Noch ein Drink und gaaaar nichts mehr ist hier peinlich, verstanden?“, antwortete sie glücklich.

„Ich glaube, du hattest für heute genug Alkohol!“

„Papperlapapp! Ich bin nicht betrunken und der Typ dort stiert schon die ganze Zeit auf Deinen entzückenden Rücken.“

„Ernsthaft?“, fragte ich und fühlte mich auf der einen Seite in meiner Intuition bestätigt, auf der anderen aber noch eine Spur unwohler in meiner Haut. Warum hatte der Mann mich aber auch im Visier? Ärger mit abgefuckten Eislaufschuhen war genug emotionaler Aufwand für einen Tag. Da brauchte ich nicht noch den Ärger mit Männern. Oder speziell mit diesem Mann, der gar so finster aus der Wäsche guckte und gerade seine Aufmerksamkeit (spürbar) in meinen Rücken bohrte. Schließlich war ich hier, um mich zu amüsieren und dafür brauchte ich nur Anne und ein wenig Gin.

„Na und? Der sieht doch wenigstens gut aus!“, kicherte Anne weiter und bestellte sich doch glatt noch einen weiteren Cocktail.

„Okay, mir auch noch einen! Aber warten Sie, keinen Gin mehr ... lieber einen Mojito, mit extra viel Minze, bitte!“, rief ich dem Barkeeper hinterher und widmete mich wieder meiner herzallerliebsten, verrückten Freundin.

„Wenn du Glück hast, ist das der Mann deiner Träume.“

„Anne, bitte! Können wir dieses leidige Männer-Thema nicht lassen? Ich meine, ich gehe wirklich gerne mit dir aus, lasse mich sogar zu einer Schlittschuhtortur zwingen, aber ich habe einfach keine Lust ständig über etwas zu reden, das es nicht gibt ... nämlich den perfekten Mann.“ Verstimmt rührte ich den Rest meines Glases zusammen, während Anne plötzlich verdutzt über meine Schulter guckte.

„Du, das ist interessant! Der Kerl hinter dir grinst plötzlich so, als hätte er jedes Wort verstanden, das du von dir gegeben hast!“

„Aus der Entfernung? Spinnst du?“, fragte ich, obwohl ich schon mitbekommen hatte, dass die Akustik in dieser Bar seltsame Dimensionen annehmen konnte. Oder es ja vielleicht seltsame Dimensionen in dieser Bar gibt, dachte ich. Was – zugegeben – ein ziemlich komischer Quergedanke war. Trotzdem wurde ich bei Annes Gesichtsausdruck nervös und wagte einen weiteren, verstohlenen Blick nach hinten.

Der Typ saß wie zuvor in einer finstereren Nische, fixierte mich und trug keine Spur von einem Lächeln im Gesicht. Und Anne hat ihn lachen sehen? Blödsinn! So wie der aussah, wusste er nicht einmal wie man Fröhlichkeit schrieb, geschweige denn, wie sich solch ein Gemütszustand anspürte. Der Mann wirkte ja kalt wie Stein und irgendwie rücksichtslos, beinahe schon leblos. Bei dem Gedanken fröstelte es mich automatisch und ich rubbelte mir unbewusst über meine Unterarme, um Wärme zu erzeugen. Blöder, finsterer Kerl!

„Lass uns gehen, Anne!“, sagte ich spontan, weil ich die Augen des Mannes als Bedrohung empfand und das finstere Glotzen auf meinem Rücken nicht mehr ertragen konnte. Irgendetwas stimmte nicht mit dem Mann ... oder mit mir. Aber warum sollte ich da was riskieren und mir womöglich einen Perversen oder Spinner eintreten.

„Was? Jetzt spinnst aber du! Wir haben gerade zwei tolle Cocktails bestellt und der Teufel soll mich holen, wenn ich auch nur auf einen Tropfen von meinem verzichte!“, erwiderte sie mit einer Miene, die mir zeigte, dass keine zehn Pferde sie von diesem Barhocker herunterbewegen würden.

„Was soll denn bitteschön an deinem Cocktail toll sein, hm?“, neckte ich sie, weil ich mich – wie immer – auf meinen Humor stürzte, um mich abzulenken. Ich wollte Spaß haben und mich eben nicht auf finstere Gestalten, potentielle Mörder oder Vergewaltiger konzentrieren.

Nach dem vierten Cocktail waren wir dann endlich gut genug drauf, um alles Unheimliche und die Männerwelt an sich hinter uns zu lassen. Meine Sinne waren ziemlich benebelt, aber Anne wirkte absolut volltrunken. Endlos lange kramte sie in ihrer Tasche, brummte leise etwas von ‚ausgetrickst‘ und zuckte dabei dümmlich mit den Schultern.

„Isch finde esch nicht!“, lallte sie und ich kombinierte betrübt, dass sie ihre Geldbörse nicht mithatte. Nach dem Eislaufen waren wir zu Anne nach Hause gegangen und hatten uns für den Abend umgezogen. Zum Glück hatten wir nicht nur die gleiche Kleidergröße, sondern auch den gleichen Geschmack und konnten daher gegenseitig Gewand verborgen.

„Hast du die Börse denn überhaupt eingesteckt? Du hast immerhin die Tasche gewechselt“, fragte ich und überlegte fieberhaft, wie viel Geld ich selbst hatte. Anne schlug sich ein wenig verwirrt mit der flachen Hand auf den Kopf.

„Heiliger Bimbam! Dassss hab ich wohl verschessen!“, lallte sie.

„Vergessen, heißt das meine Liebe, vergessen ... oder eigentlich verschissen, denn das hast DU nämlich jetzt bei mir! Traditionen beim Saufen bricht man nicht!“, motzte ich und erntete ein sattes Grunzen von ihrer Seite.

„Aber lass mal, liebe Anne! Heute bezahle ausnahmsweise ich die Drinks. Dafür geht sich ein Taxi halt nicht mehr aus.“

„Ach, Mist. Ich hasse Busfahren.“

„DAS hättest du dir aber früher überlegen müssen! Hauptsache die Börse ist nicht gestohlen worden. Versuche dich mal zu erinnern, ob du sie wirklich vergessen hast!“, forderte ich sie auf, während ich den Barkeeper heranwinkte und mein Portemonnaie zückte. Der Mann stand sowieso schon die längste Zeit unter Strom, weil er potentielle Zechprellerinnen in uns witterte und Annes Körpersprache sehr gut zu deuten wusste. Was kein großes Kunststück war bei ihrer Theatralik!

„Isch glaube sie liegt noch im Wandschrank!“, blubberte sie und grinste dümmlich, während ich mir erstmals Sorgen machte, wie ich sie unbeschadet nach Hause bringen konnte. Selbst war ich auch nicht mehr ganz nüchtern, obwohl ich normal reden und sehr wahrscheinlich auch gerade gehen konnte.

„Na gut, dann lassen wir den Teil mit dem Abwasch und der Polizei und bezahlen halt“, grinste ich den Barkeeper frech an und wackelte mit den Scheinen. Der aber schaute nur böse auf mich herab und dachte nicht einmal im Traum daran zu lächeln. Mit zwei betrunkenen, mittelalterlichen Damen konnte er offenbar gar nichts anfangen. Für den herablassenden Blick bekam er jedenfalls kein Trinkgeld und das ‚Ätsch!‘ dafür konnte ich mir gerade noch verkneifen.

„Auf, auf Lady. Wir müssen den Bus erwischen!“, rief ich dann Anne zu, während ich mich selbst vom hohen Barhocker hievte. Sehr elegant konnte das nicht gerade aussehen, aber wem sollte ich hier schon gefallen wollen? Dem Barkeeper etwa, der mich am liebsten persönlich auf die Straße befördert hätte? Pah! Der wirkte ja sowas von unfreundlich! Kein Trinkgeld zu geben war hier offenbar genauso schlimm, wie überhaupt nicht zu bezahlen.

Ganz großer Bar-Frevel, motze ich in Gedanken. Ganz großer! In meinem Kopf dröhnte ein dunkles Lachen und es klang eindeutig männlich, doch ich ignorierte es. Schließlich war ich nicht ganz nüchtern und da konnte man schon mal Stimmen hören, wenn die eine oder andere Synapse ihren Geist aufgab. Anne meisterte inzwischen das Aufstehen deutlich besser als ich, obwohl „Anhalten an der Theke“ schon sehr feige war und sie damit nur knapp an einer Disqualifikation vorbeischrammte.

„Hops!“, gluckste sie fröhlich, als sie nach dem eleganten Abstieg sehr wackelig auf den Beinen stand und ein Gesicht machte, als hätten wir gerade höllischen Seegang. Ihr Anblick war wirklich sehr witzig, aber ich verkniff mir ein blödes Kichern. So rasch als möglich hakte sie sich dann bei mir unter und ich konnte mich für die Stütze revanchieren, die sie mir während dem Schlittschuhlaufen geboten hatte. Zum Glück war uns der Abgang nicht wirklich peinlich, obwohl wie ein ziemliches Dreamteam waren, wie wir da so nach Halt ringend standen und danach (wie über Eis) zur Garderobe schlitterten.

Wir holten ohne weitere Komikeinlagen unsere Mäntel und traten mit ein paar Fehltritten dann doch endlich ins Freie.

„Oder magst du gehen?“, fragte ich spontan, weil ich Busse nicht leiden konnte und die Luft für einen späten Dezemberabend ungewöhnlich mild war. Normalerweise verstärkte ja der plötzlich zusätzliche Sauerstoff einen kleinen Rausch, aber ich fühlte mich einfach nur wohl im Freien.

„Wasch is nur mit dem Wedder los? Is schon Frühling?“, lallte meine allerliebste Freundin und war damit erneut zum Brüllen komisch. Wirklich stark betrunkene Frauen waren in der Regel nicht mein Fall, aber im Moment war alles noch sehr lustig und so lachten und scherzten wir den ganzen, weiten Weg.

„Wo hat sich denn eigentlich diese blöde Busstation versteckt?“, ulkte ich nach ein paar Minuten und prustete los, weil wir so herrlich dumm und unbekümmert waren. Inzwischen hatten wir nämlich durchaus begriffen, dass der lange Weg zu Fuß nicht zu meistern war und wir ja doch unbedingt einen Bus brauchten. Wie zwei junge Teenager torkelten wir durch die Gegend und fühlten uns beschwingt, heiter und irgendwie ... unzerstörbar.

Dabei hatten wir noch nicht einmal bemerkt, dass wir längst nicht mehr auf der Hauptstraße unterwegs waren, und dass weit und breit kein Mensch mehr zu sehen war. Aber das Schlimmste an unserem Zustand war, dass wir auch nicht bemerkten, wie etwas hinter uns hergeschlichen kam.

Etwas Hinterlistiges und Böses und etwas … ganz ohne Seele.

01.Kapitel

Das Himmelsreich

„Verflucht noch einmal! Die Strafe ist viel zu hart!“, schrie er und vergrub sein Gesicht in den Handflächen. „Ich kann das nicht! Ich halte das nicht aus. Hilf mir! Tu doch was! Bitte!“, wimmerte er und sank in sich zusammen. Sein Freund legte daraufhin den Arm um seine nackten Schultern

„Berek! Ich kann nicht! Das weißt du!“, erwiderte er. „So gerne ich auch helfen würde: Das Gericht hat ein Urteil gefällt und es ist immerhin besser als der Kerker, findest du nicht?“

„Aber eine Sterbliche! Weißt du was das heißt? Ich werde nie wieder der Alte sein! Nie wieder! Es ist schlicht eine Katastrophe!“, jammerte Berek und sein Freund zwinkerte ihm zu und reichte ihm einen vollen Becher Wein.

„Komm! Trink! Dann kannst du besser denken“, lachte Frederik und nahm selbst einen großen Schluck vom teuflischen Getränk. Der Wein war mit Essenzen der Reinkirsche versetzt und zusätzlich gewürzt mit Lavendel und Zimt. Zuviel davon konnte Halluzinationen hervorrufen, doch für außergewöhnliche Situationen oder pure Verzweiflung, wie bei Berek, war das Gebräu ein wahres Heilmittel. Berek setzte den Becher an und trank ihn in einem Zug leer. Was bei all der möglichen Heilwirkung dennoch ein wenig dumm war.

„Wow, Mann! Jetzt hast du aber nichts mehr zu meckern, oder?“, rief Frederik voll der Bewunderung für die Trinkleistung seines Freundes, weil der offenbar nicht wusste, dass der Heiltrunk langsam getrunken werden musste. Selbst kannte er eine Emotion wie Verzweiflung nicht und hatte auch nur selten von dem köstlichen Trank gekostet, aber dass er gefährlich war, wusste er.

„Hrmpf!“, war dann alles was Berek noch erwidern konnte. Er hatte den ganzen Tag nichts gegessen und war durch den Wein augenblicklich volltrunken. Bilder tanzten nun in seinem Kopf, wanderten von rechts nach links und bereiteten ihm in zäher Langsamkeit Freude. Er grinste bis über beide Ohren, schielte ein wenig und erbrach sich im nächsten Moment auf seinen Freund. Und genau in dem Moment erlosch auch dessen anfängliche Begeisterung für Bereks Trinkfestigkeit.

Am nächsten Tag ging es Berek bedeutend besser. Das Heilmittel hatte ihn zwar vollkommen ausgeknockt, aber immerhin seine Nerven beruhigt und er hatte gut geschlafen und noch besser gefrühstückt. Womöglich lag sein gutes Befinden auch an dem wunderbaren Traum, den er in der Nacht gehabt hatte. Darin hatte die Sterbliche wunderschön ausgesehen, war bis zur Besinnungslosigkeit in ihn verliebt gewesen und war zusätzlich auch noch zur besten aller Liebhaberinnen aufgestiegen. Alles hatte sie für ihn getan, mit Freude und einer Wollust, die seiner um nichts nachstand.

„Berek! Du siehst gut aus!“, jubelte Frederik, der den kleinen Schock von gestern recht gut verdaut hatte und nun beschwingt in die Frühstücksstube trat, wo er seinen Freund lächelnd mit einer Bürste in der Hand vorfand. Bereks strubblig abstehendes Haar war kaum in Form zu bringen, aber wenigstens hatte er sich gewaschen und Zähne geputzt. Strahlend stand er vor dem Spiegel und winkte Frederik zu.

„Ich muss ja hübsch aussehen für meine Reise!“, erwiderte er, schleckte über seine Handfläche und brachte eine besonders widerspenstige Haarsträhne mehr in Form. Frederik lachte.

„Bei allen Göttern, Berek. Dich haben sie mit viel zu viel Eitelkeit und Wollust ausgestattet. Vielleicht solltest du ein paar deiner Lebenseinstellungen überdenken, ehe du ins Land der Sterblichen aufbrichst. Du weißt, die Frauen dort sind launisch und unberechenbar. Und wer weiß schon wie du aussehen wirst! Wenn du erst einmal durch das Portal gegangen bist, passt sich dein Erscheinungsbild ja erst einmal den gegebenen Anforderungen an. Doch worauf stehen die Frauen dort drüben gerade? Vielleicht mutierst du ja zu einem Weichei!“, kicherte Frederik und bekam dafür einen festen Boxhieb von seinem Freund.

„Unsinn! Ich bin so voll mit Testosteron, dass diese Variante ausfällt“, lachte Berek, während Frederik sich über den geboxten Arm rieb.

„Au! Das hat weh getan!“

„Sollte es auch, du Abklatsch eines Fauns!“

„Was? Ich und Abklatsch? Nur weil DEINE Hormone ständig überquellen?“ Frederik schnaubte empört und rieb sich weiterhin wehleidig über seinen Arm. „Warum bist du wohl in solch misslicher Lage? Hm? Das liegt doch wohl eindeutig an deinem ewig erigierten Pimmelchen.“

„Pimmelchen?“ Bereks Augen wurden groß wie Wagenräder, weil er nicht fassen konnte, was für eine Blasphemie sein Freund da von sich gab. „Sag mal tickst du noch richtig? Mein Schwanz ist göttlich! Das weiß doch jeder, wenn auch vor allem die Frauen.“ Er stemmte seine Hände in die Seite und schüttelte den Kopf. Doch so wie Frederik mittlerweile grinste, ahnte er schon, dass der lediglich seinen überschwänglichen Frauenkonsum bekrittelte. Und damit lag er natürlich nicht so falsch. Kurz senkte er den Kopf und atmete aus.

„Okay. Ich verstehe jetzt was du meinst und ich gebe dir auch recht … die Frau des Richters hätte ich mir wirklich ersparen können. Aber das ist auch das Einzige, worin ich dir zustimme und die Verniedlichungsform zu meinem Schwanz möchte ich nie wieder hören!“

„Oh, der Herr ist einsichtig! Ich danke schön.“ Frederik ging auf den Nachsatz erst gar nicht ein, sondern konzentrierte sich aufs Wesentliche. „Mal ehrlich, so toll war die doch gar nicht. Warum also musstest du ausgerechnet dem Herrn Richter Hörner aufsetzen? Die Konsequenzen waren doch absehbar, obgleich es keinen vergleichbaren Präzedenzfall gibt. Nicht mal die Jury weiß genau, was durch den Urteilsspruch auf dich zukommt. Aber ich schätze genau das ist des Richters vergnügliche Rache, wenn der Täter und auch sonst niemand weiß, welche Prüfungen zu erwarten sind.“

„Halt doch einfach die Klappe! Ich schaffe das schon irgendwie. Das heulende Elend war ich gestern, heute gilt es die Sterbliche zu finden und zu erlegen.“

„Zu erlegen? Berek! Du bist bei den Menschen zwar als Wolfsgott verschrien, aber als erlegen würde ich die geplante Liebeshochzeit nicht bezeichnen. Ich kann dir nur raten dich zu informieren und nicht wie ein ELEFANT im Porzellanladen aufzutreten. Mit Wollust alleine wirst du bei den Zicken dort nicht punkten.“ Frederik wusste von der Gefahr, die seinem Freund bevorstand. Noch nie war ein Faun zurückgekehrt, wenn er durch das Portal zu den Sterblichen geschickt worden war. Noch nie hatte es eine Aufgabenstellung wie diese gegeben. Dazu war es ein großer Unterschied, sich als Geist oder Gott zu präsentieren, solange man noch mit dem Hintern im göttlichen Bereich hockte. Aber einmal so voll und ganz durch das Portal geschritten, gab es nur noch wenige Funken der heiß geliebten Göttlichkeit. Selbst der tüchtigste Faun wurde dann zu einem sterblichen Menschen und hatte sich entsprechend zu wappnen und vorzubereiten. Berek musste das doch irgendwann kapieren! Doch der lebte meist in seiner eigenen Welt und auch jetzt war ihm gerade wichtiger auf Frederiks Frechheit zu kontern.

„Hast du gewusst, dass ELEFANTEN zu den vorsichtigsten Tieren auf der Welt gehören? Wenn ein kleiner, gut getarnter Vogel auf der Straße hockt, steigst du Esel nämlich darauf, während ein Elefant genau sieht, wo er hintreten kann und wo nicht.“

„Pah! Was dann in einem Porzellanladen auch egal ist, wenn der Arsch so groß ist, dass einfach alles aus dem Regal gepfeffert wird!“, erwiderte Frederik so trocken und schlagfertig, dass selbst Berek lachen musste. Eigentlich mochte er Witze auf seine Kosten nicht, aber in dem Fall konnte er eine Ausnahme machen. Das mit dem Arsch hatte ihm gefallen.

„Oh, der war gut! Eine klare Frechheit natürlich, aber gut“, meinte er daher versöhnlich und klopfte Frederik auf die Schulter. Der stöhnte ein wenig unter dem kräftigen Hieb.

„Haha“, lachte er gezwungen, weil Berek seine Körperkraft stets unterschätzte. „Kleine Streitereien erhalten ja angeblich die Freundschaft! Aber jetzt sollten wir damit aufhören, schließlich möchte ich dir nur helfen! Denn, ob du es glaubst oder nicht, Berek: Ich mache mir Sorgen um dich“, meinte Frederik und er meinte es ehrlich.

„Ich weiß, lieber Freund, und dafür bin ich dir dankbar. Aber ein wenig schlau habe ich mich schon gemacht. Ich habe mir sogar Kleidung besorgt für meine Reise, damit ich dort drüben nicht wunderschön nackig herumrennen muss.“ Dazu grinste er anzüglich und wackelte mit seinen buschigen Augenbrauen.

„Wunderschön? Nackig?“, ätzte Frederick und betrachtete seinen Freund mit ungewohnt ernstem Blick. „Dazu vielleicht noch dein ständig erigierter Pimmel! DANKE, du hast ja gar nichts kapiert!“

02.Kapitel

Die Erde

Die Kopfschmerzen waren höllisch und jeder Knochen im Leib schmerzte. Das letzte, woran ich mich erinnern konnte, war ein krachendes Geräusch und ein dumpfer Schlag auf meinen Hinterkopf.

„Anne?“, krächzte ich heiser und versuchte aufzustehen.

„Sch, sch! Ich bin hier Sabrina. Versuche dich nicht zu bewegen!“, flüsterte sie an meinem Ohr und erst allmählich konnten meine Augen scharf stellen und sie erkennen.

„Was, was ist denn nur passiert?“, fragte ich und hatte plötzlich das Gefühl mich übergeben zu müssen.

„Du bist im Krankenhaus, Sabrina! Wir wurden überfallen und ... zusammengeschlagen. Ich meine …“ Sie seufzte theatralisch. „… eigentlich wurdest nur DU geschlagen. Sorry“, erklärte sie und spielte verlegen mit dem Zipfelchen meiner Decke. „Unsere Taschen wurden gestohlen, aber für eine Vergewaltigung waren wir den Kerlen offenbar zu alt. Da soll noch einmal einer sagen, über dreißig zu sein, habe keine Vorteile!“ Sie lachte böse. „Ironie des Schicksals würde ich sagen, wenn es nicht doch eigentlich traurig wäre.“ Sie blinzelte wie verrückt und bemerkte gerade selber, was für einen Schwachsinn sie da eigentlich redete. „Huch, ich quassle ja unnötig viel. Du siehst gar nicht gut aus! Vermutlich brauchst du eine Würgeschüssel“, meinte sie und blickte mir mitfühlend ins Gesicht.

„Ich brauche vielmehr einen … Würgegriff … geradewegs um den Hals des Verbrechers!“, zischte ich aufgebracht, ehe ich die Luft anhielt und dann recht verzweifelt zu ihr aufblickte. „Oh, na vielleicht hast du recht! Reichst du mir bitte doch lieber die Schüssel?“ Und Anne gab mir die graue Nierentasse, die bereits vorsorglich auf dem Nachtkästchen deponiert worden war.

Während ich dann also ein wenig würgte, versuchte meine Freundin mir zu erzählen, was an dem Abend passiert war, beziehungsweise was sie davon noch wusste. Zu meiner Überraschung konnte sie sich, trotz ihres Vollrausches, an sehr viel erinnern.

„Nun ja, eigentlich hat mir die Polizei ein wenig auf die Sprünge geholfen. Schließlich war ich nicht ganz nüchtern.“

„Stockbesoffen warst du, meine Liebe!“

„Also bitte! Der Ausdruck gefällt mir gar nicht. Ich habe ein wenig über die Stränge geschlagen, aber mehr nicht. Egal! Jedenfalls waren es zwei Kerle. Einer davon hat dich ohne jede Vorwarnung von hinten niedergeschlagen. Wahrscheinlich, weil er dich von Anfang an als größere Gefahr erkannt hat. Schließlich warst du bedeutend nüchterner als ich, der andere blieb ständig im Hintergrund. Von mir konnte der Brutalo dann freilich alles haben was er wollte.“ Ihr Gesicht wurde ein wenig griesgrämiger. „Meine mittelalterliche Tugend – wie gesagt – nicht. Dabei sehe ich doch noch gut aus!“

„Anne, rede nicht solch einen Unsinn! Sei froh, dass er kein Interesse an einer Vergewaltigung hatte! Das ist doch wohl das Schlimmste, was einer Frau passieren kann.“

„Ja, eh! Weiß schon. Oh … brauchst du noch einmal die Schüssel?“

„Yes!“, brummte ich missmutig und begann erneut fleißig zu würgen.

„Du hast eine Gehirnerschütterung, weißt du?“

„Was du nicht sagst … warte … äh … uff … darauf wäre ich nie gekommen. Hoffentlich hört die Spuckerei jetzt auch mal wieder auf!“, flüsterte ich und reichte ihr die Schüssel zurück.

„Na, das kann schon noch dauern. So ein Gehirn ist, selbst in mangelhafter Größe, manchmal ganz schön lange beleidigt.“

„Ach, du Gurke! Selber mangelhaft!“, erwiderte ich wie aus der Pistole geschossen, denn zweifelsfrei wollte mich meine Freundin auf die Probe stellen, ob ich ihre unterschwellige Frechheit überhaupt kapierte. Und die lächelte auch gleich zufrieden.

„Sehr gut! Deine grauen Zellen funktionieren ja wenigstens noch einwandfrei!“ „Wenigstens?“

„Ja, du müsstest dich mal im Spiegel sehen! Aufgedunsen wie eine Melone siehst du aus.“

„Was?!?!“, kreischte ich, griff mir automatisch ins Gesicht und verlangte SOFORT einen Spiegel. Warum sagte sie mir das aber auch erst jetzt? Womöglich war ich fürs Leben verunstaltet! Anne reichte mir derweil lässig aus ihrem Kosmetiktäschchen den wohl kleinsten Spiegel aller Zeiten und lächelte milde, während ich verwundert versuchte mit dem winzigen Ding einen Überblick über mein geschwollenes Gesicht zu bekommen. Offene Wunden konnte ich nicht erkennen, gröbere Entstellungen auch nicht. Es war mir halt nur nicht möglich einen Gesamteindruck zu gewinnen.

Anne lachte. Ein wenig zu spöttisch, wie ich fand.

„Vergiss, es Darling! Die Melone kriegst du nie komplett drauf.“

Nach einem kurzen Schläfchen entdeckte ich Anne immer noch an meiner Seite. Sie war eine gute Freundin, obwohl ich ihr das mit der Melone übel nahm. Es war nämlich gar nicht so schlimm! Ein bisschen blau und geschwollen war es schon, aber es war nicht wirklich tragisch. Die Verfärbungen rührten vermutlich nicht einmal vom Schlag her, sondern eher vom Aufprall danach auf dem Gehsteig. Schmerzen hatte ich dennoch. Zusätzlich zu meiner leichten Gehirnerschütterung war auch meine rechte Schulter geprellt. Wehleidig wollte ich aber nicht erscheinen und so versuchte ich mich mit ein wenig Plauderei abzulenken.

„Hast du den Räuber eigentlich gesehen, Anne? Sag aber jetzt nicht, dass es der finstere Typ aus der Bar gewesen ist! Das wäre einfach zu offensichtlich und blöd.“

„Nun ... äh ... da gehen die Meinungen ein wenig auseinander. Die Polizei behauptet, dass es nicht so abgelaufen sein kann, wie ich es erzählt habe. Sie nimmt auch an, dass meine Beschreibung des Haupttäters ein wenig unglaubwürdig ist und zum zweiten Mann konnte ich überhaupt keine geben.

---ENDE DER LESEPROBE---