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Schöne Bescherung: Nach wochenlanger Abstinenz liegen ein verwirrender Weihnachtsabend im Kreise der Familie und eine erfüllende Nacht hinter Cameron und Chris. Ihre Sehnsucht gestehen sie sich mit jedem Blick, jeder Berührung, jedem gehauchten Wort. Miteinander wird es schwer, aber ohne einander fehlt etwas ganz Entscheidendes: Das Gefühl, genau den Richtigen für sich gefunden zu haben. * Heißer Jahreswechsel: Ein Jahr ist vergangen, in dem Cameron und Chris in und an ihrer Beziehung wachsen konnten, sie ausgebaut haben, ihr Leben Seite an Seite verbracht haben. Vieles konnten sie hinter sich lassen, sich auf Neues einlassen, dennoch sind beide Vergangenheiten schwer abzulegen. Vor allem Chris’ ehemaliger Job als Callboy zieht lange Schatten nach sich. Liebe kann stark machen, manchmal aber auch schwach. * Bärenfalle: Einen ruhigen Urlaub mitten in der Wildnis, den wünschen sich Cameron und Chris. Sie möchten diese Zeit ausschließlich füreinander nutzen, keinen Verpflichtungen nachgehen, vor allem keinem Druck ausgeliefert sein. Das war ihr Plan. Und eigentlich … ginge der auch auf, wenn dieser Bär nur nicht wäre. * The Show must go on: Kein Prosecco, keine Regenbogenfarben, kein pompöser Blumenschmuck. Vor allem keine Hochzeitsrede. Cameron und Chris wünschen sich eine Hochzeit ohne großes Tamtam. Die Hauptsache ist doch, sie sagen beide im entscheidenden Moment Ja. Doch allein die Tatsache, dass an ihrem großen Tag mit den geladenen Gästen Welten aufeinanderprallen, macht die Sache schon schwierig. Werden Klüfte überbrückt oder Gräben weiter ausgehoben? Und was genau haben die Freunde an dem Wunsch, so unauffällig wie möglich zu heiraten, nicht verstanden? * Die Kurzgeschichten sind zeitlich gesehen nach Buch 1 Eigentlich ... angesiedelt und verstehen sich als Bonusstorys für Fans der Protagonisten Cameron und Chris.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2022
Eigentlich ... festlich
Schöne Bescherung
Heißer Jahreswechsel
Bärenfalle
The Show must go on
Kurzgeschichten von
Elisa Schwarz
Impressum
Neuauflage – Mai 2022
(1. Auflage – Dezember 2016)
© Elisa Schwarz
Kontakt:
Elisa Schwarz
Krauseneckstr. 24 d
55252 Mainz-Kastel
Coverdesign: Elisa Schwarz
Bildrechte: Depositphotos
Korrektorat: Bernd Frielingsdorf / Patrick Himmel-Blume
Alle Rechte vorbehalten. Auszug und Nachdruck, auch einzelner Textstellen, sind nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin gestattet. Ebooks sind nicht übertragbar und dürfen nicht weiter veräußert werden.
Hinweis: Das Buch ist für Leser geeignet, die sich nicht an der Darstellung expliziter, homoerotischer Szenen stört.
„Willkommen im Black Stage-Universum!“
Wenn du es bis hier geschafft hast, dann hast du vermutlich Band 1 der Reihe mit dem Hauptprotagonisten Cameron bereits gelesen und es gemocht. Denn diese vier Kurzgeschichten sind für Fans des Panthers und seinem Wolf entstanden. Dieser Band schließt nahtlos an Band 1 an. Die Kurzgeschichten sind lange nach dem Roman geschrieben worden, daher habe ich mich auch bei der Neuauflage des Hauptromans dagegen entschieden, diese dort zu integrieren. Das Band 2 der Reihe kann gut gelesen werden, ohne diese Kurzgeschichten zu kennen, und ich möchte sie weiter als Bonusgeschichten vorhalten. Das Hauptaugenmerk liegt natürlich auf der Hochzeit.
Seit dem 01.10.2017 dürfen gleichgeschlechtliche Ehen in Deutschland standesgemäß geschlossen werden. Dies war ein notwendiger und längst überfälliger Schritt und ich freue mich sehr über diese Gesetzesanpassung. Für Cameron und Chris bedeutete das: Sie durften heiraten. Was sie aber eigentlich gar nicht wollten, oder?
Mit diesen Worten schicke ich euch zurück in die Welt von Cameron und Chris. Habt viel Freude beim Lesen und lasst euch dieses Mal aus beiden Sichten ihre Geschichten erzählen.
Die Sprache der Blumen!
FÜR CAMERON UND CHRIS
Die Ranunkel steht für:
Einzigartigkeit
Charme
Romantik
Anziehungskraft
Schönheit
Schläfrig blinzelte ich gegen die Wintersonne an, die durch den Schlitz der Vorhänge drang. Meine Muskeln waren steif, ich fühlte mich wie in einem unwirklichen Traum gefangen. Zudem war mir sengend heiß. Eine Hand lag schwer auf meinem Hintern, ein fester Körper unter mir. Selbst im Schlaf ließ der Panther nicht locker.
Sein sagenhafter Geruch, den ich in den letzten Wochen so schmerzlich vermisst hatte, drang mir in die Nase. Im ganzen Schlafzimmer roch es nach ihm – ein wenig holzig und erdig. Ich brummte wohlig, drückte mich seiner Hand entgegen, als er mich zu streicheln begann, und blinzelte zu ihm rauf. Er hatte die Augen geschlossen und ich musste unwillkürlich schmunzeln. Lang war die Nacht nicht gewesen.
Bilder des gestrigen Abends flackerten auf: Sein erster Schock, als er mich in der Küche bei seiner Mutter stehen sah, sein Schutzschild, den er hochgefahren hatte, als er dachte, ich bringe ihm sein Geld zurück, weil ich es anderweitig verdient hatte. Das Erkennen, nicht ohne den jeweils anderen sein zu wollen. Das gemeinsame Abendessen mit seinen Eltern, die Fragestunde, der Abschied.
Danach gab es nur uns.
Mein Herz klopfte wild und ich drängte mich enger an ihn. Nur hier wollte ich sein, ihn am liebsten niemals wieder loslassen. Meine Entscheidung – meine alleinige. In Camerons Armen zu liegen war das Beste überhaupt. Er erhöhte den Druck seiner Hand, strich gezielt meine Pofalte entlang. „Wach, Wolf?“
„Mhm.“ Ich drängte mich seiner Fingerspitze entgegen, mit der er mich eroberte, und sah ihm abermals ins Gesicht. Seine wunderbaren, tiefdunklen Augen schimmerten mir entgegen. Es waren Spiegel seiner Seele, in die er mich offen hineinblicken ließ. Begehrlich rieb ich mich an ihm, war längst hart, und ließ ihn spüren, was er mit mir machte. Sein Blick hielt mich gefangen, als er die Fingerspitze in mir versenkte, mit der freien Hand in meinen Nacken fasste und einen hungrigen Kuss einforderte.
„Dreh dich“, raunte er leise. „Ich will dir einen guten Morgen wünschen und dabei so tief in dir sein, wie es nur irgendwie möglich ist.“
„Sicher? Von hinten?“ Ich leckte über seinen Mundwinkel und er schnappte nach meiner Zunge, verwickelte mich in einen weiteren, berauschenden Kuss, der unsere Gemüter anheizte.
„Bitte, ja“, krächzte er. „Wenn mir einer zeigen kann, dass es nicht gesichtslos sein muss, dann wohl du.“
Kurz entließ er mich aus seiner Umarmung und war halb auf mir, bevor ich anständig auf dem Bauch lag. „Dann mach es gründlich, Panther“, forderte ich ihn heraus und wollte auf die Knie gehen, doch er legte die Hand fest auf mein Kreuz, hielt mich unten. Ein Beben erfasste mich, ich liebte seinen Willen. Wie brennender Spiritus floss das Verlangen durch meine Adern, breitete sich bis in die letzte Nervenbahn aus. Ich hatte ihn vermisst … Mein Raubtier, mein Mann.
Über die Schulter blickte ich ihn an, grinste herausfordernd. „Ist nur fair, dass du wieder dran bist, was? Wie geht es deinem Hintern?“
Zärtlich und rau zugleich bedeckte er meinen Nacken und meine Schultern mit feuchten Küssen, traktierte mich mit seinen Zähnen, machte mich willen- und hilflos. Gegen den Panther kam ich nicht an. Wollte ich auch gar nicht. Er hatte mich in sein Leben gelassen, obwohl ich es nicht ansatzweise verdiente. „Meinem Hintern geht’s ausgezeichnet“, antwortete er. „Mich kriegst du so schnell nicht klein.“ Mit einer Fingerspitze fuhr er die Linie meiner Wirbelsäule hinab, glitt zwischen meine Backen und schob mit den Knien meine Beine ein Stück auseinander. Er neckte mich und strich federleicht über meinen Eingang, den Damm und meine Hoden hinweg. „Arsch hoch“, forderte er und umfasste meine Erektion. Stöhnend biss ich ins Kissen, als er meine Eichel rieb. Der zuvor gezogenen Spur seines Fingers folgte er mit dem Mund. Kratzte mit den Zähnen über meine Haut und ich wand mich unter ihm, als er die Zunge in mich drückte. „Himmel, mach schon.“
„Hast du Entzug?“ Er lachte leise, klang heiserer als ich. Seine Berührungen wurden fahrig, sein Atem ging schnell. Die Vorbereitung war ein Witz, ich bemühte mich um Entspannung. Cameron war keiner, den ich locker aufnahm. Nach vierwöchiger Abstinenz ohnehin nicht. Geduldiges Vorspiel mussten wir wohl üben. Ich hörte das Ratschen eines Blisters, ein Biss in meine Pobacke folgte. Ich zitterte, als er gleich darauf über mein Kreuz leckte, sich dabei verdammt rasch in mich schob und seine Arme unter meinen Schultern durchwühlte. Schwer lag er auf mir, vollständig in mir. Immerhin gönnte er mir ein paar Sekunden, mich an ihn zu gewöhnen. Jahrelanges Training half mir, seine Ungeduld auszuhalten und wegzustecken. Für Cameron würde ich alles wegstecken. Meine Entscheidung! Für mich gab es ganz oder gar nicht. Ich musste um alles auf der Welt vermeiden, ihm zu gestehen, dass diese bescheuerte Dann-und-wann-Regelung nicht nur ihm stark zugesetzt hatte.
„Cameron …“ Ich fasste an seinen Arm, drückte mein Becken hoch. „Nicht einschlafen.“
„Bettelst du etwa? Das war das zwei-null für mich.“
„Du Teufel, fick mich endlich.“
Leise lachte er auf und begann sich in mir zu bewegen. „Ich liebe es, wenn du bettelst. Will dich noch viele Male so unter mir haben. Es gefällt mir.“ Ich drehte den Kopf, empfing seine warmen, weichen Lippen und jegliche Anspannung fiel von mir ab. Ich ließ mich leiten, vom Panther lenken, ergab mich seinem Tempo, sogar seiner abgehackten, stakkatoartigen Atmung passte ich mich an. Meine Kontrolle, ihn betreffend, war mir abhandengekommen. Bei ihm durfte ich mich nicht verstellen. Er würde es merken, wenn ich mich nicht fallen lassen würde. Er verflocht unsere Finger, schob sie über meinen Kopf und pinnte mich auf der Matratze fest. Sein gesamtes Gewicht lastete auf mir – es war gnadenlos schön. Ich vibrierte, lechzte nach mehr und fühlte mich dabei geborgen. Die Stellung, die er gewählt hatte, konnte intensiver nicht sein.
„Liebe dich“, raunte er und hob uns gemeinsam in den Himmel. Ohne Hand an mir zu kommen, war eine neue Erfahrung für mich – kein Kunde hatte das jemals bei mir geschafft. Ich bezweifelte, dass ich diesmal Unterstützung benötigte. Es wäre das zweite Mal, dass es mit Cameron funktionierte.
„Schönen ersten Feiertag“, wünschte er mir, als er mit Jogginghose am Leib ins Erdgeschoss kam und mich am Tresen seiner Küche über einem Kaffee brüten sah. Er zog sich selbst einen und setzte sich mir gegenüber hin. „An den Anblick könnte ich mich gewöhnen. Wann packst du die Koffer?“
„Heute?“
Süffisant grinste er, legte die Hand mit der Handfläche nach oben auf die Arbeitsplatte und wartete, bis ich meine reingelegt hatte. Fest umschloss er meine Finger. „Ein willkommeneres Geschenk hätte mir das Christkind nicht machen können.“
„Dein Gesicht gestern hätte ich aufnehmen sollen. Und ich sag es wirklich nicht gern, aber das Wort Baby klingelt noch in meinen Ohren. Deine Mutter ist herrlich.“
Er schnaubte. „In erster Linie ist sie stur. Aber eigentlich will ich jetzt nicht über meine Mutter reden. Du hast mich mit deinem Auftauchen ganz schön überrumpelt.“
„Hast du kein bisschen mit mir gerechnet? Immerhin habe ich noch deinen Schlüssel.“
„Du hast dich nicht mehr gemeldet und …“
„Jetzt bin ich da.“ Sanft streichelte ich über sein Handgelenk. Ich mochte es, wie er meine Berührung genoss. Oftmals die Augen dabei schloss und ganz still wurde. „Danke, Panther, danke, dass du mir die Zeit gelassen hast.“
„Es war ganz viel Eigennützigkeit im Spiel.“
„Dachte ich mir. Obwohl du es mit mir nicht leicht hattest und es wohl auch nie rund werden wird.“
„Es gibt keine Herausforderung, die ich nicht annehme.“
„Ich bin also eine?“
„Chris, du … Nein, du bist keine Herausforderung, eher eine Lebensaufgabe. Du beherrschst seit Jahren meine Gedanken.“
Ich wollte ihn an mich ziehen, halten, seinen Körper an meinem spüren, seinen Geruch inhalieren, ihn schmecken und ihm zeigen, wie viel er mir bedeutete. Meine Sehnsucht hatte ungeahnte Ausmaße angenommen. Ich hob seine Hand an meinen Mund, saugte mich an seinen Fingern fest und Cameron keuchte auf. Das war die Sprache, die ich kannte. Die einzige, die ich beherrschte. Alles andere würde ich lernen müssen, Cameron würde ein guter Lehrmeister werden. Er war kompromisslos. Wie würde es mit uns werden? Trugen wir jeden Disput im Bett aus, weil ich verbal nicht fähig war, Konflikte auszudiskutieren?
„Noch nicht genug, Wolf?“ So rau und sexy.
„Von dir?“, murmelte ich und küsste die Fingerspitzen, bevor ich ihn freigab und meine Hand auf seine legte. „Niemals.“ Ich atmete tief durch, versuchte mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass Sex für mich keine Dienstleistung mehr war.
„Liebe dich.“ Er sagte es so leise, mit so viel Nachdruck, dass mein Herz rascher klopfte. Mir lag eine Erwiderung auf der Zunge, ich konnte sie jedoch nicht aussprechen. Noch nicht. Liebe war ein Wort, das ich für mich nicht zufriedenstellend erörtert hatte. Was ich wusste, war, dass meine Zuneigung zu Cameron stärker war als alles bisher Dagewesene. So stark, dass ich den wirklich gerne ausgeübten Job dafür an den Nagel hängte. Und am meisten rührte mich, dass er den seinen für mich ebenfalls – zumindest in der bisherigen Konstellation – aufgegeben hatte. Cameron legte seine freie Hand über unsere mittlerweile verschränkten Finger. „Du musst nicht antworten. Ich sehe es in deinen Augen, das reicht mir.“ Leiser fügte er hinzu: „Wir sollten aufbrechen und deine Koffer packen.“
„Es ist dir also ernst?“
„Ich brauche den Bungalow“, flachste er und legte den Kopf schief. „Und dich. Keine Regeln mehr, Chris, aber eine Bedingung habe ich: Wir müssen uns vertrauen und damit eingeschlossen auch treu sein. Wenn du mir fremdgehst, war es das für uns. Damit würde ich mich zwar selbst geißeln, aber … nein, damit könnte ich nicht leben. Ich bin einmal fremdgegangen und ich habe es mir bis heute nicht verziehen. Du hast dir ’nen ziemlich altmodisch gestrickten, cholerischen Typ an Land gezogen. Ich werde sehr anhänglich sein.“
Beziehung … In mir rumorte es und ich sah mich in der Küche und dem Essbereich seines unerhört großen Hauses um, in das meines sicher zweimal reinpasste: dunkle Farben, schnörkellose Eleganz gepaart mit pompöser amerikanischer Inneneinrichtung. Dieser beißende Stilmix zog sich durch alle Wohnräume. Nichts in dem Haus erinnerte zudem an Weihnachten, bis auf einen skurril aussehenden Tannenbaummagneten, der an dem ebenfalls amerikanischen Kühlschrank haftete und eine Notiz von seiner Mutter festhielt. Durch das Küchenfenster drang die Wintersonne. Gerade schneite es mal nicht. Eigentlich ein guter Zeitpunkt, die Fenster zu öffnen und Luft reinzulassen. Denn Cameron hatte wohl nie gelernt, wie richtiges Heizen und Lüften funktionierte. Das würde dann mein Job werden. Verträumt blickte ich ihn an. Der Anwalt und der Callboy. Schafften wir das? Ich musste nur in sein Gesicht sehen, in dem ich lesen konnte wie in einem offenen Buch, und glaubte an uns.
„Deal“, erwiderte ich rau. „Cholerischer, zielorientierter Typ und eigenwilliger, sexbesessener Einzelgänger – wir werden uns zusammenraufen.“
Cameron lachte auf. „So siehst du uns? Ich hätte nichts dagegen, wenn wir etwas zur Ruhe kämen. Ich bin ein wenig vorbelastet, der Oberboss hatte vor knapp zwei Jahren einen leichten Schlaganfall. Andererseits … wird uns sicher nicht langweilig, wenn etwas Wind in der Beziehung weht.“
Das konnte ja spannend werden.
Der Panther und der Wolf in einer Höhle.
Ihn zu beobachten, ließ mich ruhiger werden. Für den Moment spürte ich eine innere Zufriedenheit in mir keimen, obwohl ich mich zuvor viele Tage mit mir und der Welt hadernd in meinem Bungalow vergraben hatte. Mich gegen den Willen von Thomas beurlaubt hatte, um nur ja keinem Kunden über den Weg zu laufen und schwach zu werden. Es war schon blöd, wenn man sich selbst etwas beweisen wollte.
„Was machen wir heute noch Schönes? Wann musst du in den Club? Hattet ihr gestern nicht eine Weihnachtsfeier?“
„Oh doch. Es war aber eher Thomas’ Abschied und ich hatte etwas anderes vor, war also nicht da.“ Ich zwinkerte ihm vielsagend zu. „Heute haben wir tatsächlich auch geschlossen, es ist das einzige Mal im Jahr, an dem wir zwei Tage hintereinander Ruhetag haben. Wer kommen mag, wird kommen, ein Caterer sorgt für Essen. Es wird also weiter gefeiert. Ich muss mich sehen lassen, war lange nicht da und gestern leider verhindert. Begleite mich.“
„Ich bin eigentlich mit den Jungs verabredet.“
„Nimm sie mit. Eintritt ist heute ausnahmsweise frei, aber eine Dienstleistung gibt es natürlich nicht.“
Unter einem Hustenanfall setzte er seine Tasse ab und spuckte den Rest Kaffee wieder zurück. „Chris …“
Ich tätschelte seine Hand, bis er sich halbwegs gefangen hatte. „Ich möchte dich dabeihaben. Kannst du das nicht verstehen? Dies hier ist ein Riesenschritt für mich, lass mich damit nicht allein. Ich möchte dich meinen Leuten vorstellen und würde mich freuen, wenn du mir die deinen vorstellst.“
„Okay.“ Er röchelte. „Ich frag sie mal, kann dir aber nichts versprechen. Und was machen wir bis dahin?“ Erstaunt sah ich ihn an, er bewegte lautlos die Lippen, als würde er selbst nicht wissen, woher diese Frage gerade kam. Natürlich gingen wir wieder ins Bett – das stand gar nicht zur Debatte. „Also …“ Er kratzte sich im Nacken. „Wir können ja nicht den ganzen Tag … also schon … draußen ist es kalt, ich hasse den Winter und es ist sowieso Schneetreiben vorhergesagt. Vielleicht wäre es wirklich besser, wenn wir hierbleiben.“ Mit schief gelegtem Kopf grinste er. „Allerdings verspreche ich dir dann nicht, dass wir es später bis in den Club schaffen.“
Schallend lachte ich los. „Okay, Panther, überredet. Vorschläge?“
Gespannt auf seine Antwort zündete ich ihm eine Zigarette an und schob sie zwischen seine Lippen. Ich liebte dieses – unser – Spiel: Diese zarte Berührung, die Funken stieben ließ. Cameron fasste nach meiner Hand, legte sie an seine Wange und schloss kurz die Augen. Genießer.
„Lass uns rausgehen. Bisschen spazieren …“
„Damit ich dich später wärmen kann?“
„Sehr viel später, ja, darauf kannst du deinen hübschen Arsch verwetten.“
„Noch nicht satt?“, gab ich seine Frage von vorher zurück und schmolz, als er ebenfalls loslachte. Ihn lachen zu sehen wärmte mich.
Rasant knallte Cameron gegen die Bande der Eisbahn und ich flog gegen ihn. Ich küsste ihn im Nacken, fuhr mit der Nase durch sein Haar, kuschelte mich an ihn. Ich würde niemals genug von ihm bekommen. Er zog die Schultern nach oben, bebte unter meiner Berührung und drehte den Kopf. Oh ja, den Blick kannte ich. Wir hätten zu Hause bleiben sollen. „Mir ist scheißkalt.“
„Du wirst nie ein Eisbär.“ Ich umarmte ihn fest, wärmte ihn mit meinem Körper und drückte mich unauffällig an seinen Hintern. In der Tat hätten wir zu Hause bleiben sollen, ich war definitiv nicht satt. „Du hast deine Scheu abgelegt.“
„Hm?“
„Du siehst dich nicht mehr ständig um, wenn wir uns zu nah kommen. Ich mag das.“
„Mich erschüttert nichts mehr. Außerdem muss ich das hier üben.“ Er deutete auf die Schlittschuhe. „Marie wird sich freuen, wenn ich mich beim nächsten Mal nicht an ihr festhalte.“
„Marie, hm? Wer ist das?“
„Mein einziger weiblicher Kumpel.“ Er rollte mit den Augen. „Sie ist Anwaltsfachangestellte und wird mit mir in die neue Kanzlei kommen. Sie wird bei Uli kündigen, sobald ich ihr grünes Licht gebe.“
„Stellst du uns vor?“
„Mhm, irgendwann ergibt sich das sicher. Du wirst alles von mir kennenlernen, ob du willst oder nicht.“ Ohne Scheu legte er die winterkalten Lippen auf meine und umarmte mich mitten auf dem Eis. „Ich bin gerade unfassbar glücklich.“
„Dito.“ Ich gab ihm einen weiteren Kuss. „Damit du mir nicht festfrierst, sollten wir jetzt eine Pause einlegen. Wir üben das Draußensein bei Minusgraden, damit du dich an die Winterkälte gewöhnst. Ich liebe den Winter nämlich. Mein Traum seit vielen Jahren ist, Urlaub in einer einsamen Berghütte zu machen. Wir könnten ihn natürlich zeitnah umsetzen, ich bin bis Jahresende frei und du auch.“
„Uhm … Eigentlich hab ich einen echt vollen Schreibtisch. Und du solltest Herrn Steine nicht das Zepter bis zum bitteren Ende überlassen. Es ist dein Club, Chris, kümmere dich. Außerdem war ich vor Kurzem drei Wochen auf Hawaii.“
„Ah ja, im Warmen“, neckte ich ihn. „Weil du mir entkommen wolltest. Hat nicht geklappt.“
„Arsch“, entgegnete er lachend. „Lass mich nie wieder so leiden.“
Ein Seufzen kroch meine Kehle empor. Wir hatten viel Schaden angerichtet. Uns gegenseitig mehr verletzt, als gut war. Ich schwieg, legte die Wange an seine und zog die Arme fester um ihn. Lange standen wir an der Bande der Eisbahn und genossen die stille Übereinkunft. Nie wieder durften wir so miteinander umgehen.
„Würdest du denn überhaupt mit mir verreisen wollen?“, fragte ich.
„Sofort. Aber …“
„Aber?“
„Ich muss für die nächste Zeit erst mal passen. Eine eigene Kanzlei zieht man nicht mit einem Fingerschnippen auf und finanziell wird es eher eng die nächsten Monate. Ich muss mir erst mal einen Namen machen und … ich muss es überhaupt erst mal schaffen.“
„Die Räumlichkeiten sind geklärt“, erwiderte ich leise. „Ich habe das ernst gemeint. Ob es für dich passt – also von der Lage her –, musst du selbst beurteilen. Cameron?“ Er sah mich fragend an, ich schob die Hände unter seine Winterjacke, strich gefühlvoll seinen Rücken entlang. „Mach dir keine Gedanken um finanzielle Dinge, okay? Wir schaffen das. Ich werde dich unterstützen, wann und wie und wo auch immer es nötig sein wird.“
Im Black Stage war es wie immer: dunkel, schummrig, laut. Nur die Gäste fehlten. Von den Angestellten waren gefühlt alle da und der Club vibrierte, die Musik war unanständig laut aufgedreht. Den Geruch nach Sex bekamen wir nie aus den Räumen, seit gestern war er durchzogen mit dem Duft nach Plätzchen, Kuchen und den Köstlichkeiten eines kalten Buffets. An Weihnachten war es den Angestellten sogar erlaubt, Alkohol in diesen Räumen zu konsumieren.
Ich schloss die Hintertür auf, ließ Cameron und seinen Freunden den Vortritt und die schwere Flucht- und Feuerschutztür fiel hinter uns zu.
„Den Ausgang kannte ich gar nicht“, raunte dieser Micky, an dessen Hand ein ziemlich süßer Kerl hing. Micky war mir sympathisch, sein Freund Till ebenfalls. Der andere Mann, den Cameron als besten Freund Tjard vorgestellt hatte, war mit Vorsicht zu genießen. Seine Begrüßung war kaum freundlich zu nennen und ich rechnete damit, dass er mir Cameron für diesen Abend entzog. Seine ganze Art hatte etwas Aneckendes, Besitzergreifendes. Ich legte den Arm um die Schultern des Panthers, sofort flog mir ein warnender Blick von Tjard zu. Cameron bemerkte es nicht. Ich schluckte, nahm mir vor, ihm aus dem Weg zu gehen.
Cameron blieb am Rand der großen Tanzfläche stehen, aus deren Mitte die Hauptbühne hervorstach. „Krass, so viele Leute arbeiten für dich? Das war mir nie so bewusst.“ Sein Mund streifte mein Ohr, sein Atem kroch mir über die Haut und auf einmal fand ich die Idee, heute mit ihm und seinen Freunden hier aufzutauchen, nicht mehr so prickelnd. Auch nur daran zu denken, ihm und seinen Freunden Luft zu lassen, war total bescheuert. Cameron inmitten einer Horde alkoholisierter Callboys – das ging auf keinen Fall. Tjards Blicke zu ertragen war das kleinere Übel. Verdammt aber auch.
Das Eau de Toilette des Panthers drang mir in die Nase und ich sah in seine tiefschwarz wirkenden Augen. Mein Herz klopfte einen dumpfen, schnellen Rhythmus. War er genauso nervös wie ich? Es war nicht üblich, dass hier jemand seinen Freund oder Mann mitbrachte. Grundsätzlich waren Partnerbesuche in einem Sexclub eher fehl am Platz. Ich atmete tief durch, befeuchtete meine Lippen und drückte sie fest auf Camerons. „Besser alle auf einmal, als stückweise vorgestellt zu werden.“
„Du bebst“, wisperte er.
„Und du tust nur cool“, konterte ich lächelnd. Sein Gesicht sprach Bände. Gut zu wissen, dass es ihm genauso ging wie mir. Ich zog ihn ohne Rücksicht auf unseren Anhang in den Trubel. Köpfe wurden in unsere Richtung gedreht, Münder formten sich zu „Ohs“ und „Ahs“. Freundlich nickte ich jedem zu, versuchte mein Lächeln aufrechtzuerhalten und mir nichts von der Nervosität anmerken zu lassen. Ich wurde aufgehalten, in kurzen Small Talk verwickelt; es dauerte, bis ich mit Cameron am Rand der Bühne ankam, um die jährlich improvisierte Weihnachtsrede, die gestern zugunsten des Panthers ausgefallen war, zu halten. Seit Jahren übernahm ich das, seit Thomas mich zum zweiten Geschäftsführer des Clubs ernannt hatte. Ein paar Jungs tanzten an der Stange, oberkörperfrei, verrucht, sexy … Sie konnten nicht aus ihrer Haut. Wir Männer – als Zuschauer – auch nicht.