Träume für Finn - Elisa Schwarz - E-Book

Träume für Finn E-Book

Elisa Schwarz

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Beschreibung

Ein Feuerwerk vom Himmel aus zu betrachten, ist genauso schön, wie dem im eigenen Körper zu lauschen. Jahre später, nachdem der nunmehr erwachsene Daniel seinen Albtraum hinter sich lassen konnte, wächst er in sein zweites Leben hinein: in das Leben von Finn. Ausgebrochen aus einer dramatischen Kindheit versucht er mithilfe seines Therapeuten, sein Leben mit neuem, lebenswerten Inhalt zu füllen. Auf diesem beschwerlichen Weg begegnet er Neill. Einem ebenso einsamen Kämpfer, ausgegrenzt aus einer Gesellschaft, die Toleranz nur dann groß schreibt, wenn es an die eigenen Belange geht. Diese queere Kurzgeschichte enthält angedeutete homoerotische Szenen. Die Kurzgeschichte ist Teil der noch im Handel verfügbaren Anthologie Like a dream. Die meisten meiner Kurzgeschichten haben ernste und/ oder gesellschaftskritische/-relevante, sowie tabuisierende Themen als Hintergrund. Folgende Themen wurden in Träume für Finn aufgegriffen: Gewalt, Missbrauch, Asexualität, Biromantik

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Träume für Finn
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Träume für Finn

 

 

Kurzgeschichte

von

 

Elisa Schwarz

 

Impressum

 

2. Auflage, Dezember 2020

© 2016 by Elisa Schwarz

 

 

Kontakt:

www.elisa-schwarz.com

[email protected]

 

 

 

Covergestaltung: Elisa Schwarz

Bildrechte: https://scotlandfever.wordpress.com/

Korrektorat: Juliane Seidel

 

 

Alle Rechte vorbehalten. Auszug und Nachdruck, auch einzelner Textstellen, sind nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin gestattet. Ebooks sind nicht übertragbar und dürfen nicht weiter veräußert werden.

 

Hinweis: Das Buch ist für Leser geeignet, die sich nicht an der Darstellung expliziter, homoerotischer Szenen stören.

 

Diese Kurzgeschichte ist Inhalt der Anthologie „Like a Dream“. Die Rechte liegen bei dem Urheber des Textes – Elisa Schwarz.

Träume für Finn

 

 

Gegenwart

 

Mittendrin kommt der Moment, in dem ich vor der Welt fliehe. Die Arme ausbreite, Anlauf nehme und abhebe. Mit der Luftströmung über Berge, Wiesen, Wälder, Städte und Felder gleite, bis die Miniaturansicht unter mir in einen farbigen Brei übergeht. Bis ich frei bin und atmen kann, mich fallenlassen darf und dennoch getragen werde. Die höhnenden und einschmeichelnden Stimmen, die Schreie und das Gelächter in meinem Kopf, das dumpfe Stöhnen, Keuchen und Schnarren – all das wird leiser, verstummt. Das Pfeifen des Luftwiderstandes klingt wie ein Konzert der Freiheit. Ich bin der Dirigent meines Lebens. Ich ganz alleine. Angestachelt von Hass und Zorn balle ich die Hände zu Fäusten. Mut lässt mich den Rücken durchdrücken, meine Muskeln anspannen. Angst wird von den Windböen davongetragen und entblättert mich Stück für Stück. Zurück bleibe ich – nackt, rein, schön – mit all meinen Facetten. Meine Gefühle habe ich mitgenommen. Nichts kommt an mich heran. Kein Schmerz der Welt, von der ich mich weit entfernt habe.

 

Ein Panzer überrollt mich, kaum, dass ich die windige Höhe hinter mir gelassen habe, mich an den Ort zurückwünsche, der mein Sicherheitsnetz bildet. Das Atmen fällt mir schwer. Ich krümme mich, ziehe die Beine an und mache mich klein.

„Finn?“ Nach dem Schmerz und dem Pfeifkonzert höre ich sie immer: Die Stimme von Frau. Mit samtenen Worten und Versprechungen versucht sie, mich aus dem Nichts zu ziehen. Zurück in die brutale Realität. Ich zittere und japse, beginne um mich zu schlagen.

„Finn, du musst aufwachen.“

Mein Brustkorb ist zentnerschwer. Der Panzer … nimm ihn weg. Ich bekomme keine Luft mehr. Noch bevor ich realisiere, wer meinen Namen ausspricht, spüre ich schon die Tränen meine Wangen nach unten laufen.

Es ist Neill. Mein Neill.

„Finn, bitte. Wach auf! Du musst zu dir kommen.“

Das bin ich! Mein Name dringt in mich, kommt bei mir an. Hilft mir, klarer zu werden. Zu oft war ich Daniel. Fand Mann schöner. Konnte Mann besser stöhnen. Heute kenne ich den wohl wichtigeren Grund: Mann konnte sich von Finn, seinem eigenen Fleisch und Blut, besser distanzieren.

„Neill?“ Meine Nase läuft. Ich ziehe sie hoch und bebe weiter. Fahrig wische ich über mein Gesicht. Der Druck nimmt endlich ab. „Neill?“

Ein leises Brummen folgt.

„Neill?“, rufe ich erneut, lauter diesmal.

„Ich höre dich, Finn. Ich bin bei dir.“ So sanft.

Nach kurzem Suchen finde ich sie: Seine Hände, die meine Sorgen weg streicheln, Wärme in mich massieren. Es sind gute Hände, vertrauensvolle Berührungen. Ich umfasse die Finger, die sich um meine schließen. Gegendruck ist gut. Fester …

Es dauert.

Es dauert immer.

Alles schmerzt. Der innere Schmerz ist schlimmer als der körperliche.

Langsam richte ich mich auf, mit beiden Händen mit Neill verbunden, und hebe schwerfällig den Kopf. Ich blinzle Neill entgegen, hole angestrengt Luft und zittere.

„Du bist schon lange nicht mehr geflogen.“ Seine Stimme hat einen karamellfarbenen Klang – samtig, ein wenig eingefärbt. „Ist gestern etwas gewesen?“ Neill sieht mich an, aus klaren blauen Augen.

Eine schweißnasse Haarsträhne streicht er mir aus der Stirn und fährt mit dem Daumen über meine Wange und Oberlippe. Ich drücke mein Gesicht in seine Handfläche, nehme alles, was er bereit ist, mir an Zärtlichkeit zu schenken. Ich betrachte seinen Mund, den ich so gern küsse. Erinnerungen unserer gemeinsamen, letzten Jahre erblühen in mir, schön wie ein Traum. Sie sind immer präsent.

Auf seine Frage hin, schaue ich zur Seite, schluchze erneut. „Vielleicht war es der Mann gestern auf der anderen Straßenseite. Er hatte etwas Komisches an sich.“

Dabei sah er so normal aus. Ein normaler Passant, ein Durchschnittstyp.

„Möchtest du darüber reden?“

Schnell schüttle ich den Kopf. „Später.“

Nach einem aufreibenden Albtraum bin ich nie sofort bereit. Neill nickt, akzeptiert das. Statt zu reden, beuge ich mich vor. Ich lehne mich an den warmen, vertrauten Körper und spüre seinem Herzschlag nach. Weiche Lippen senken sich auf meine, spenden mir Trost. Nur langsam weicht der Druck von meiner Brust.

---ENDE DER LESEPROBE---