Freud in 60 Minuten - Walther Ziegler - E-Book

Freud in 60 Minuten E-Book

Walther Ziegler

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Beschreibung

Der Wiener Arzt und Psychoanalytiker Sigmund Freud hypnotisierte seine Patienten, deutete ihre Träume und entdeckte dabei die Dimension des Unbewussten. Jeder Mensch, so Freud, hat verborgene Wünsche, Sehnsüchte und Triebe, die ihn unterschwellig beeinflussen. Dabei spielen auch Lust und Sexualität von Kindheit an eine große Rolle. Der Säugling lebt noch ganz nach dem „Lustprinzip“, nimmt alles in den Mund, schreit wenn er etwas begehrt und lacht, wenn es ihm gut geht. Doch er muss bald lernen, dass er den Eltern, den Lehrern und der Gesellschaft mit ihren Regeln gehorchen muss. Das infantile „Lustprinzip“, so Freud, wird brutal vom „Realitätsprinzip“ abgelöst. Jeder Erdenbürger macht diese Erfahrung. Dabei – und bei der Entwicklung unserer Sexualität und unserer Beziehungen kommt es manchmal zu Kränkungen und Traumatisierungen. Freud war Arzt und praktizierte eine revolutionäre Behandlungsmethode, die Psychoanalyse. Er entdeckte als Erster, dass das Lebensgefühl der Menschen oft aus Erlebnissen herrührt, die man zwar nicht ändern aber emotional neu bewerten kann. Mehr noch: Freud erklärt uns eindrucksvoll, wie unser „psychischer Apparat“ Tag für Tag funktioniert und wir in jeder Sekunde blitzschnell unsere Triebe, Gedanken und Wahrnehmungen verarbeiten. Nicht ohne Grund wurde Freud von Lesern der New York Times zum bedeutendsten Denker des 20. Jahrhunderts gewählt. In dem kleinen Buch „Freud in 60 Minuten“ wird dessen revolutionäre und neuartige Sicht auf den Menschen an vielen Beispielen und mit über vierzig Zitaten schrittweise erklärt. Denn alle wichtigen Bausteine seiner Theorie von der oralen Phase, dem Ödipuskomplex, dem Triebkonflikt, der Sublimierung, der Verdrängung, dem Widerstand, der Symptombildung, der Übertragung bis hin zur Therapie bauen aufeinander auf. Im zweiten Teil des Buches wird gefragt: „Was nützt uns Freuds Entdeckung heute?“ Es ist erstaunlich, wie wichtig und hilfreich seine Erkenntnisse für unsere ganz persönliche Lebensgestaltung sein können, wenn man sie richtig anwendet. Das Buch ist in der beliebten Reihe „Große Denker in 60 Minuten“ erschienen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 50

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Dank an Rudolf Aichner für seine unermüdliche und kritische Redigierung,

Silke Ruthenberg für die feine Grafik, Angela Schumitz, Lydia Pointvogl, Eva Amberger,

Christiane Hüttner, Dr. Martin Engler für das Lektorat

und Dank an Prof. Guntram Knapp, der mich für die Philosophie begeistert hat.

Inhalt

Freuds große Entdeckung

Freuds Kerngedanke

Orale, anale und phallische Phase

Der Ödipuskomplex

Der Triebkonvikt

Der psychische Apparat

Libido und Triebbefriedigung

Die Sublimierung

Die Verdrängung

Abwehr und Symptombildung

Therapie und Übertragung

Heilung und Psychosynthese

Aus Es soll Ich werden

Das Unbehagen in der Kultur

Was nützt uns Freuds Entdeckung heute?

Dem Lustprinzip folgen: Lustgewinn suchen – Unlust vermeiden

Aus Es soll Ich werden −

vom Lustprinzip zum Realitätsprinzip

Zwischen Scylla und Charybdis − das Geheimnis der guten Erziehung

Angst gehört zum Leben – mit ihr umgehen lernen, heißt leben lernen

Zitatverzeichnis

Freuds große Entdeckung

Sigmund Freud (1856-1939) ist zweifellos einer der bedeutendsten Denker des zwanzigsten Jahr hunderts. Wie kein anderer hat er unser modernes Selbstverständnis geprägt, die Art und Weise, wie wir uns selbst sehen. Es ist sein Verdienst, dass wir uns heutzutage nicht mehr nur als rationale Verstandeswesen, sondern auch als Gefühlswesen mit Ängsten, Wünschen und Sehnsüchten begreifen. Zweitausend Jahre lang hat die Philosophie den Menschen nur von seiner Vernunft her interpretiert. „Ich denke, also bin ich“, sagte beispielsweise der französische Philosoph René Descartes und behauptete, dass das logische Denken das Wesen des Menschseins ausmache. Der Körper sei nur der Diener des Geistes.

Freud widerspricht dieser Auffassung fundamental. Es sei genau umgekehrt. Der Mensch, so entgegnet er provokativ, ist ein Triebwesen, ein „Homo Natura“. Er folgt vor allem seinen Trieben, Bedürfnissen und Instinkten. Der Geist ist nur ein sekundäres Phänomen, ein Diener der Triebe. Denn, so Freud:

Unsere Wahrnehmung der Welt und unser Handeln sind nach Freud weniger von Vernunft als von Gefühlsregungen bestimmt, derer wir uns nicht bewusst werden. Wir glauben zwar stets logisch und vernünftig zu handeln, in Wirklichkeit aber werden wir von unbewussten Wünschen regiert. Wenn man der Wahrheit ins Auge sehe, könne man nur zu der Schlussfolgerung kommen:

Die Philosophen hätten sich mit ihrer Überhöhung der Vernunft geirrt und wären zweitausend Jahre lang einem falschen Weg gefolgt. Mit dieser radikalen Feststellung machte er sich die gesamte abendländische Philosophie zum Feind. Der Philosoph Heidegger warf ihm vor, er „begaff e Seelenzustände“, Karl Jaspers bezeichnete die Entdeckung unbewusster Sehnsüchte und Triebe gar als „Afterphilosophie“. Angesichts dieser massiven Kritik stellte Freud nüchtern fest:

Tatsächlich haben die Philosophen Freuds Annahme des Unbewussten zuerst als logischen Widerspruch kritisiert: Entweder hat Freud recht und es gibt in der Psyche tatsächlich einen unbewussten Bereich, dann aber können wir logischerweise nichts über diesen Bereich wissen, denn er ist ja unzugänglich. Auch Freud selbst könnte dann keine Bücher darüber schreiben. Oder aber wir können das Unbewusste doch mit unserem Wachbewusstsein erfassen, dann aber ist das, was wir erfassen, nicht mehr unbewusst, sondern bereits ein bewusster Inhalt des Verstandes. Die Annahme eines unbewussten Bereichs ist in beiden Fällen übervüssig und unsinnig.

Doch Freud beharrte darauf, dass das Unbewusste existiert, auch wenn es sich meist dem Zugriff der Vernunft entzieht. Allerdings - und damit entkräftete er den Vorwurf seiner Kritiker - gibt sich das Unbewusste von Zeit zu Zeit sehr wohl zu erkennen. Im Traum, in der Hypnose, im Lachen und Weinen, in versehentlichen Versprechern, in bestimmten Abwehrmechanismen, Symptomen und Fehlleistungen dringen unbewusste Inhalte verschlüsselt an die Oberväche. In Träumen melden sich beispielsweise Wünsche und Ängste zu Wort, die wir aus dem Wachbewusstsein verdrängt haben. Manche Träume sind geradezu aufdringlich und wiederholen sich in verschiedenen Variationen. Dies liegt nach Freud daran, dass sich unbewusste Regungen nicht einfach unterdrücken lassen. Sie verschaffen sich Gehör, indem sie ihre Traumbotschaft manchmal sehr hartnäckig wiederholen, denn, so Freud:

Erst, wenn wir den Trauminhalt beachten, seine oft hilfreiche Bedeutung entschlüsseln und in unser Leben integrieren, werden wir frei von den wiederkehrenden Regungen aus dem Unbewussten. Träume können also hilfreiche Botschaften enthalten.

Auch die Schilderungen seiner Patienten waren für Freud ein Beleg für die Existenz des Unbewussten. Bei der Behandlung stieß er nämlich auf das Phänomen, dass Menschen manchmal Dinge tun, die sie bewusst gar nicht tun wollen. So haben Patienten mit Waschzwang, die sich bis zu zwanzig Mal am Tag die Hände waschen, keine bewusste Erklärung für ihr Handeln – so sehr sie auch darüber nachdenken. Ihnen ist sogar bewusst, dass sie durch das ständige Händewaschen die Hygiene nicht weiter verbessern können, sondern im Gegenteil ihre Haut überreizen. Es fehlt ihnen also nicht nur eine rationale Erklärung für ihr Handeln, sie kämpfen oft sogar vergeblich dagegen an. Freud schließt daraus, dass es neben dem Bewusstsein noch eine zweite, unbewusste Kraft geben muss, die das Händewaschen hartnäckig einfordert, aus Gründen, die dem Wachbewusstsein verborgen bleiben.

Sehr gut lässt sich das Wirken des Unbewussten auch an dem immer wieder auftretenden Bettnässen zeigen. So gibt es erstgeborene Kinder, die im Alter von fünf bis zehn Jahren plötzlich wieder anfangen, ins Bett zu machen. Dies ist ihnen sehr peinlich. Das Phänomen tritt zumeist dann auf, wenn ein zweites Kind geboren wird, dem die Eltern aufgrund seiner Bedürftigkeit erst einmal ihre ganze Zuwendung schenken. Das sich vernachlässigt fühlende Erstgeborene wird eifersüchtig auf den Neuankömmling, spürt aber zugleich die Erwartungshaltung der Eltern, sich über das Geschwisterchen zu freuen. So unterdrückt es seine Eifersucht, reagiert aber unbewusst mit Bettnässen. Es lässt sich im Schlaf ins Säuglingsalter zurückfallen und damit in eine Lebensphase, in der es noch die ungeteilte Aufmerksamkeit der Eltern bekam. Freud nennt ein solches Verhalten eine Regression, abgeleitet vom lateinischen Wort „Rückschritt“, also einen unbewussten Rückzug auf einen lustvoll erlebten Zustand in der Vergangenheit. Das Interessante dabei ist, dass das Kind durch sein Verhalten in der Regel tatsächlich wieder mehr Zuwendung bekommt und der Konvikt sich gerade dadurch löst. Die unbewusste Reaktion hat also durchaus einen Sinn.