Frühlingsträume - Nora Roberts - E-Book
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Frühlingsträume E-Book

Nora Roberts

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Beschreibung

Gemeinsam mit ihren Freundinnen Emma, Laurel und Parker betreibt Mac eine erfolgreiche Hochzeitsagentur. Sie lebt und arbeitet mit den drei wichtigsten Menschen in ihrem Leben – wozu braucht sie da noch einen Mann?

Doch als Mac den charmanten und intelligenten Carter trifft, gerät ihr so gut ausbalanciertes Leben ins Wanken. Soll sie ihren Frühlingsgefühlen trauen? Gibt es die große und ewige Liebe wirklich?

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Seitenzahl: 539

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Das erste Buch des Jahreszeitenzyklus von Nora Roberts!

Vier Freundinnen – eine Hochzeitsagentur. Mac, Emma, Laurel und Parker geben ihr Bestes, um den schönsten Tag im Leben ihrer Kunden zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen. Sie selbst sind aber allesamt noch Singles.

Die Fotografin Mackensie »Mac« Elliott leidet nach einer schlimmen Kindheit unter Bindungsängsten. Als sie den gut aussehenden Carter trifft, kann sie jedoch nicht verhindern, dass sie sich in ihn verliebt – auch wenn seine Exfreundin bereit ist, mit allen Mitteln um ihn zu kämpfen.

Mac merkt schnell, dass sie sich erst den Geistern ihrer Vergangenheit stellen muss, bevor sie sich auf die Liebe einlassen kann. Schließlich ist ihre exzentrische Mutter Linda mit ihren ständig wechselnden Beziehungen der lebende Beweis für die Unbeständigkeit des Glücks.

ZUR AUTORIN

Nora Roberts wurde 1950 in Maryland geboren. Ihren ersten Roman veröffentlichte sie 1981. Inzwischen zählt sie zu den meistgelesenen Autorinnen der Welt. Ihre Bücher haben eine weltweite Gesamtauflage von 500 Millionen Exemplaren überschritten. Mehr als 195 Titel waren auf der New-York-Times-Bestsellerliste, und ihre Bücher erobern auch in Deutschland immer wieder die Bestsellerlisten. Nora Roberts hat zwei erwachsene Söhne und lebt mit ihrem Ehemann in Maryland.

Mehr über die Autorin und ihr Werk findet sich am Ende des Romans. Besuchen Sie die Autorin auf www.noraroberts.com

Nora Roberts

Frühlingsträume

Roman

Aus dem Amerikanischen von Katrin Marburger

Wilhelm Heyne Verlag München

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Die Originalausgabe VISION IN WHITE erschien 2009 bei Berkley Books, New York

Vollständige deutsche Erstausgabe 04/2010

Copyright © 2009 by Nora Roberts

Copyright © 2010 der deutschen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Covergestaltung: t.mutzenbach design

Covermotiv: Shutterstock.com (Maksym Bondarchuk, Peter Wey, Andrew Mayovskyy, Konstanttin, Ron Dale, Creative Travel Projects, kzww)

ISBN 978-3-641-04383-4 V005

www.heyne.de

Inhalt

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Für Dan und Stacie

Für Jason und Kat

Für all die Augenblicke

Verführe meinen Geist, und du kannst meinen Körper haben. Finde meine Seele, und ich bin für immer dein.

Anonym

Nicht nur die Ähnlichkeit ist kostbar … sondern auch die Assoziation und das Gefühl von Nähe, die dem Ganzen innewohnen … der Umstand, dass der Schatten der Person für immer festgehalten daliegt.

Elizabeth Barrett Browning

Prolog

Im Alter von acht Jahren war Mackensie Elliot bereits vierzehnmal verheiratet gewesen. Sie hatte ihre drei besten Freundinnen geheiratet, und zwar jeweils einmal als Braut und als Bräutigam, außerdem (unter dessen Protest) den Bruder ihrer besten Freundin, zwei Hunde, vier Katzen und ein Kaninchen.

Bei zahllosen weiteren Hochzeiten hatte sie als erste Brautjungfer, normale Brautjungfer, Trauzeugin oder sonstige Begleiterin des Bräutigams und als Geistliche fungiert.

Obwohl die Scheidungen stets in gegenseitigem Einvernehmen vonstattengingen, überdauerte keine der Ehen einen Nachmittag. Dieser vergängliche Aspekt der Ehe war für Mac keine Überraschung, da ihre Eltern beide bereits zwei davon hinter sich hatten – bislang.

Heiraten war nicht ihr Lieblingsspiel, doch sie war gern Priester, Pastor oder Friedensrichter. Oder, seitdem sie bei der Bar-Mizwa des Neffen der zweiten Frau ihres Vaters gewesen war, Rabbi.

Außerdem mochte sie die Törtchen, die feinen Kekse und die sprudelnde Limonade, die beim Empfang stets gereicht wurden.

Heiraten war Parkers Lieblingsspiel, und es wurde immer auf dem Anwesen der Browns mit den ausgedehnten Gärten, den hübschen Gehölzen und dem silbrigen Teich gespielt. In den kalten Wintern von Connecticut fand die Zeremonie zuweilen auch in dem großen Haus vor einem der flackernden Kaminfeuer statt.

Sie feierten schlichte Hochzeiten und pompöse. Königliche Hochzeiten, solche, die von vornherein unter einem schlechten Stern standen, weil die Liebenden zum Heiraten durchgebrannt waren, oder Themenhochzeiten, die unter dem Motto »Zirkus« oder »Piratenschiff« standen. Über alle Ideen wurde ernsthaft diskutiert und abgestimmt, und kein Motto oder Kostüm war ihnen zu ausgefallen.

Trotzdem war Mac das Heiraten nun, da sie vierzehn Hochzeiten auf dem Buckel hatte, ein bisschen leid.

Bis sie ihr Aha-Erlebnis hatte.

Zu ihrem achten Geburtstag schickte Mackensies charmanter und meist durch Abwesenheit glänzender Vater ihr eine Nikon-Kamera. Sie hatte noch nie Interesse am Fotografieren gezeigt und schob den Apparat zunächst mit den übrigen seltsamen Geschenken, die er ihr seit der Scheidung überreicht oder geschickt hatte, beiseite. Doch Macs Mutter erzählte ihrer Mutter davon, woraufhin die Großmutter über den »Nichtsnutz und Versager Geoffrey Elliot« herzog und sich darüber beklagte, wie unpassend es sei, einem kleinen Mädchen eine Erwachsenenkamera zu schenken, wo es doch mit einer Barbiepuppe viel besser dran wäre.

Da sie normalerweise prinzipiell anderer Meinung war als ihre Großmutter, wuchs Macs Interesse an der Kamera. Um Großmama zu ärgern – die gerade den Sommer über zu Besuch weilte, statt in der Seniorensiedlung in Scottsdale zu sein, wo sie Macs Ansicht nach hingehörte -, schleppte sie die Nikon mit sich herum. Sie spielte und experimentierte damit, machte Fotos von ihrem Zimmer, ihren Füßen, ihren Freundinnen. Schnappschüsse, die verschwommen und dunkel oder unscharf und verwaschen waren. Angesichts ihrer Erfolglosigkeit und der bevorstehenden Scheidung ihrer Mutter von ihrem Stiefvater begann Macs Interesse an der Kamera wieder zu schwinden. Selbst Jahre später vermochte sie nicht zu sagen, was sie dazu bewogen hatte, den Apparat an jenem schönen Sommernachmittag zum Heiratenspielen bei Parker mitzunehmen.

Sie hatten jedes Detail der traditionellen Gartenhochzeit geplant. Emmaline als Braut und Laurel als Bräutigam würden ihren Treueschwur unter der Rosenlaube sprechen. Emma würde Schleier und Schleppe aus Spitze tragen, die Parkers Mutter aus einer alten Tischdecke genäht hatte, während Harold, Parkers alternder, gutmütiger Golden Retriever, sie den Gartenweg hinunter zum Traualtar führen würde.

Eine Ansammlung von Barbies, Kens und Cabbage-Patch-Puppen, dazu eine Reihe Plüschtiere säumten den Weg als Gäste.

»Es ist eine sehr private Zeremonie«, verkündete Parker, während sie sich an Emmas Schleier zu schaffen machte. »Anschließend findet ein kleiner Empfang auf der Veranda statt. Wo ist eigentlich der Trauzeuge?«

Laurel, die sich kürzlich das Knie aufgeschürft hatte, zwängte sich zwischen drei Hortensien hindurch. »Er ist abgehauen und hat ein Eichhörnchen bis auf einen Baum verfolgt. Ich kann ihn nicht dazu bewegen runterzukommen.«

Parker verdrehte die Augen. »Ich hole ihn. Du darfst die Braut vor der Hochzeit nicht sehen, das bringt Unglück. Mac, du musst Emmas Schleier festmachen und ihren Brautstrauß holen. Laurel und ich holen Mr Fish aus dem Baum.«

»Ich würde lieber schwimmen gehen«, entgegnete Mac, während sie geistesabwesend an Emmas Schleier herumzupfte.

»Das können wir machen, wenn ich mit dem Heiraten fertig bin.«

»Schon. Bist du das Heiraten eigentlich noch nicht leid?«

»Nee, mir macht’s nichts aus. Und hier draußen riecht es so gut. Alles ist so schön.«

Mac reichte Emma den Strauß Löwenzahn und wilder Veilchen, die sie pflücken durften. »Du siehst schön aus.«

Das stimmte allerdings. Emmas dunkles, glänzendes Haar rieselte unter der weißen Spitze herab. Ihre Augen schimmerten tiefbraun, als sie an dem Wildblumenstrauß schnupperte. Sie war sonnengebräunt, irgendwie ganz golden, dachte Mac mit einem finsteren Blick auf die eigene, milchweiße Haut.

Der Fluch der Rotschöpfe, hatte ihre Mutter gesagt, da sie das karottenrote Haar ihres Vaters geerbt hatte. Für ihre acht Jahre war Mac groß, außerdem gertenschlank, und ihre Zähne steckten bereits in einer verhassten Zahnspange.

Sie dachte, dass Emmaline neben ihr wie eine Zigeunerprinzessin aussah.

Unter Gekicher kamen Parker und Laurel mit dem vierbeinigen Trauzeugen zurück, den Parker fest auf dem Arm hielt. »Jetzt müssen alle auf ihre Plätze.« Parker ließ den Kater in Laurels Arme gleiten. »Mac, du musst dich umziehen! Emma …«

»Ich will aber nicht die erste Brautjungfer sein.« Mac starrte auf das bauschige Prinzessinnenkleid, das über einer Gartenbank ausgebreitet lag. »Das Ding kratzt, und es ist so heiß. Warum kann Mr Fish nicht die erste Brautjungfer sein und ich der Trauzeuge?«

»Weil es so geplant ist. Vor einer Hochzeit sind alle nervös.« Parker warf ihre langen braunen Zöpfe zurück und griff zu dem Kleid, um es nach Tränenspuren oder Flecken abzusuchen. Zufrieden schob sie es Mac hin. »Alles okay. Das wird eine schöne Feier, mit wahrer Liebe und ewigem Glück.«

»Meine Mutter sagt, das mit dem ewigen Glück ist alles Humbug.«

Alle schwiegen für einen Moment. Das unausgesprochene Wort Scheidung schien in der Luft zu liegen.

»Nicht unbedingt, finde ich.« Parker schaute Mac mitfühlend an und strich ihr mit der Hand über den bloßen Arm.

»Ich will das Kleid nicht anziehen. Ich will keine Brautjungfer sein. Ich …«

»Ist ja gut. Wir können einfach so tun, als hätten wir eine erste Brautjungfer. Vielleicht kannst du Fotos machen.«

Mac schaute auf die Kamera hinunter, die, was sie ganz vergessen hatte, um ihren Hals hing. »Die werden bestimmt wieder nichts.«

»Vielleicht klappt es ja diesmal. Das wird lustig. Du kannst der offizielle Hochzeitsfotograf sein.«

»Mach mal eins von mir und Mr Fish«, bettelte Laurel und brachte ihr Gesicht dicht neben den Katzenkopf. »Bitte, Mac!«

Ohne große Begeisterung hob Mac die Kamera und drückte auf den Auslöser.

»Daran hätten wir schon früher denken sollen! Du kannst offizielle Porträts von Braut und Bräutigam machen und dann noch Fotos von der Trauung.« Vollauf beschäftigt mit dieser Idee, hängte Parker das Prinzessinnenkostüm über den Hortensienbusch. »Das wird gut, richtig klasse. Du musst mit der Braut und Harold den Weg runtergehen. Versuch, ein paar gute Bilder zu schießen. Ich warte und mach dann die Musik an. Los, komm!«

Es würde Törtchen und Limonade geben, rief Mac sich in Erinnerung. Und später würden sie schwimmen gehen und Spaß haben. Es machte nichts, wenn die Fotos blöd wurden, und auch nicht, dass ihre Großmutter Recht hatte und sie noch zu klein für die Kamera war.

Es machte nichts, dass ihre Mutter sich schon wieder scheiden ließ und dass ihr Stiefvater, den sie ganz in Ordnung gefunden hatte, bereits ausgezogen war.

Es machte nichts, dass das mit dem ewigen Glück Humbug war, weil das Ganze sowieso nur ein Spiel war.

Sie versuchte, Fotos von Emma und dem diensteifrigen Harold zu machen, und stellte sich vor, wie sie den Film zurückbekommen und die unscharfen Gestalten und die Abdrücke ihres Daumens sehen würde, wie immer.

Als die Musik anging, bekam sie ein schlechtes Gewissen, weil sie das kratzige Kleid nicht angezogen hatte, um Emmas erste Brautjungfer zu sein – und das nur, weil ihre Mutter und Großmutter ihr die Laune verdorben hatten. Also wirbelte sie herum, um nicht im Weg zu stehen, und strengte sich an, ein schönes Foto von Harold zu schießen, während er Emma den Gartenweg hinuntergeleitete.

Durch das Objektiv sah alles ganz anders aus, dachte sie. Wie sie Emmas Gesicht groß machen konnte … Die Art, wie der Schleier über ihrem Haar lag. Und es sah schön aus, wie die Sonne durch die Spitze hindurchschien.

Sie fotografierte weiter, als Parker alias Reverend Whistledown mit der Anrede »Liebes Brautpaar« begann und Emma und Laurel sich bei der Hand nahmen und Harold sich zu ihren Füßen zusammenrollte, um schnarchend ein Nickerchen zu machen.

Ihr fiel auf, wie hell Laurels Haar war, wie die Sonne sich in seinen Spitzen unter dem hohen schwarzen Hut fing, den sie als Bräutigam trug. Wie Mr Fishs Schnurrhaare zuckten, als er gähnte.

Als es geschah, geschah es ebenso in Mac drin wie draußen. Ihre drei Freundinnen standen unter dem üppigen weißen Bogen der Laube beieinander, ein Trio hübscher kleiner Mädchen. Aus einem Instinkt heraus veränderte Mac ihre Position, nur ein wenig, und neigte die Kamera ein kleines Stück. Sie ahnte nicht, dass dies eine »Bildkomposition« war, fand nur, dass es so durchs Objektiv schöner aussah.

Und der blaue Schmetterling flatterte durch ihr Blickfeld, um auf der Blüte einer dottergelben Löwenzahnblume in Emmas Brautstrauß zu landen. Freude und Überraschung blitzten beinahe gleichzeitig auf allen drei Gesichtern des Trios unter den weißen Rosen auf.

Mac drückte auf den Auslöser.

Sie wusste, wusste einfach, dieses Foto würde nicht verschwommen und dunkel oder unscharf und verwaschen sein. Ihr Daumen würde nicht zu sehen sein. Sie wusste genau, wie das Foto aussehen würde, wusste, dass ihre Großmutter sich doch geirrt hatte.

1

Am 1. Januar rollte Mac sich herum, um auf ihren Wecker zu hauen, und landete bäuchlings auf dem Boden ihres Studios. »Verdammt! Gutes neues Jahr.«

Groggy lag sie da, bis ihr einfiel, dass sie es gar nicht bis nach oben ins Bett geschafft hatte – und dass das Wecksignal von ihrem Computer stammte, den sie auf zwölf Uhr mittags programmiert hatte.

Sie rappelte sich auf, um in die Küche und zur Kaffeemaschine zu torkeln.

Wie kamen Leute nur darauf, am Silvesterabend zu heiraten? Warum wollten sie aus einem Feiertag, der für Sauf – exzesse und vermutlich schmutzigen Sex da war, ein förmliches Ritual machen? Und natürlich mussten sie Freunde und Verwandte mit hineinziehen, ganz zu schweigen von Hochzeitsfotografen.

Klar, als der Empfang um zwei Uhr morgens endlich vorbei gewesen war, hätte sie wie ein normaler Mensch brav ins Bett gehen können, anstatt die Bilder hochzuladen, anzuschauen – und noch fast drei weitere Stunden mit der Arbeit an den Hochzeitsfotos der Hines-Myers zu verbringen.

Aber sie hatte einige gute dabei. Und ein paar ausgezeichnete.

Oder sie taugten alle nichts, und sie hatte sie im Nebel der Begeisterung beurteilt.

Nein, es waren gute Bilder.

Sie gab drei Löffel Zucker in den schwarzen Kaffee und trank ihn, während sie am Fenster stand und den Schnee betrachtete, der Garten und Rasen des Brownschen Anwesens wie eine Decke einhüllte.

Sie hatten die Hochzeit gut hinbekommen, dachte sie. Und vielleicht würden Bob Hines und Vicky Myers sich ja ein Beispiel daran nehmen und eine gute Ehe führen.

Wie auch immer, die Erinnerungen an diesen Tag würden nicht verblassen. Die Augenblicke, die großen wie die kleinen, waren eingefangen worden. Sie würde noch daran feilen, sie verfeinern, dann ausdrucken. Mit diesen Bildern würden Bob und Vicky den Tag Revue passieren lassen, ob nächste Woche oder sechzig Jahre später.

Das, dachte sie, war so klasse wie süßer schwarzer Kaffee an einem kalten Wintertag.

Sie öffnete einen Schrank, holte eine Schachtel Pop-Tarts heraus, und während sie ein Exemplar an Ort und Stelle verspeiste, ging sie ihre Termine des Tages durch.

Die Hochzeit von Clay und McFerson (Rod und Alison) um sechs. Was bedeutete, dass die Braut mit ihrem Gefolge um drei kommen würde, der Bräutigam mit seinem um vier. Also hatte sie Zeit, bis sie um zwei zum Gipfeltreffen musste, das vor dem eigentlichen Ereignis im Haupthaus stattfand.

Zeit genug, um zu duschen, sich anzuziehen, ihre Notizen durchzugehen, ihre Ausrüstung zu überprüfen. In der letzten Wettervorhersage, die sie gehört hatte, waren strahlende Sonne und maximal null Grad angekündigt worden. Damit sollte es ihr gelingen, bei natürlichem Licht ein paar schöne Aufnahmen von den Hochzeitsvorbereitungen zu machen, und vielleicht auch, Alison – wenn die mutig war – zu überreden, zu einem Brautporträt auf den Balkon zu treten, mit dem Schnee im Hintergrund.

Die Brautmutter Dorothy (sagen Sie Dottie zu mir) war, wie Mac sich erinnerte, von der aufdringlich-anstrengenden Sorte, doch damit würde sie schon zurechtkommen. Und wenn Mac es nicht gelang, würde Parker es schaffen. Parker kam mit allem und jedem klar.

Dank Parkers wilder Entschlossenheit war Vows – was so viel bedeutete wie »Gelübde« – binnen fünf Jahren zu einer der führenden Hochzeits- und Veranstaltungsagenturen des Bundesstaates aufgestiegen. Parkers energische Art hatte den tragischen Tod ihrer Eltern in Hoffnung verwandelt und aus dem prachtvollen viktorianischen Anwesen mit seinem traumhaften Grundstück ein florierendes, einzigartiges Unternehmen gemacht.

Und, dachte Mac, als sie den letzten Bissen des Pop-Tarts hinunterschluckte, sie selbst war einer der Gründe dafür.

Sie ging durch ihr Studio auf die Treppe zu, die nach oben zu Schlafzimmer und Bad führte. Vor einem ihrer Lieblingsfotos blieb sie stehen. Die glühende, begeisterte Braut mit erhobenem Gesicht und ausgestreckten Armen, die Handflächen nach oben gekehrt, unter einem Regen rosafarbener Rosenblütenblätter.

Das Titelbild von Today’s Bride, dachte Mac. So gut bin ich.

In ihren dicken Socken, Flanellhosen und Sweatshirt stieg sie die Treppe hinauf, um sich aus dem müden Pop-Tart-Junkie im Pyjama in die stilvolle Hochzeitsjournalistin zu verwandeln.

Sie ignorierte ihr ungemachtes Bett – wozu das Bett machen, wenn man es doch wieder zerwühlen würde? – und das Durcheinander im Schlafzimmer. Nach dem Zucker und Koffein tat die heiße Dusche ein Übriges, um die letzten Spinnweben aus ihrem Kopf zu vertreiben, damit sie sich voll und ganz auf ihren heutigen Auftrag konzentrieren konnte.

Sie hatte eine Braut, die gern etwas Kreatives ausprobieren wollte, dazu eine passiv-aggressive Brautmutter, die glaubte, alles besser zu wissen, einen Bräutigam, der so verknallt war, dass er alles tun würde, um seine Braut glücklich zu machen. Und sowohl Braut als auch Bräutigam waren unverschämt fotogen.

Dieser letzte Aspekt machte den Auftrag angenehm, bedeutete jedoch zugleich eine Herausforderung. Wie konnte sie ihren Kunden eine Fotoreise durch den Tag bieten, die spektakulär und vollkommen individuell war?

Die Farben der Braut, dachte sie, und ging im Geiste ihre Kategorien durch, während sie ihr kurzes, struppiges rotes Haar wusch. Silber und Gold. Elegant, glamourös.

Sie hatte einen Blick auf Blumen und Torte geworfen, an die heute letzte Hand angelegt würde, auf die Gastgeschenke, die Tischwäsche, die Garderobe der Brautjungfern und der Begleiter des Bräutigams, die Frisuren. Auf ihrer Kopie der Stücke, die von der Band gespielt würden, waren der erste Tanz und die Tänze von Mutter und Sohn sowie Vater und Tochter markiert.

In den nächsten Stunden, dachte sie, würde sich ihre Welt um Rod und Alison drehen.

Ihre Kleidung, ihren Schmuck und ihr Make-up wählte sie nahezu ebenso sorgfältig aus wie ihre Ausrüstung. Schwer beladen ging sie hinaus und begab sich auf den kurzen Weg vom Poolhaus, in dem sich ihr Studio und ihre kleine Wohnung befanden, zum Haupthaus.

Der Schnee funkelte – Diamantsplitter auf einem Hermelinpelz -, und die Luft war kalt und rein wie Eis im Gebirge. Sie musste unbedingt ein paar Freiluftaufnahmen machen, bei Tageslicht und am Abend. Winterhochzeit, weiße Hochzeit, Schnee auf dem Boden, glitzerndes Eis auf den Bäumen, das von den kahlen Weidenbäumen über dem Teich nur so heruntertropfte. Und dort das fantastische viktorianische Anwesen mit seinen unzähligen Dachlinien, den Bogenfenstern und Bullaugen, das sich in die Höhe wie in die Breite erstreckte, zartblau vor der harten Schale des Himmels. Seine Terrassen und der großzügige Säulenvorbau waren mit Lichterketten und grünen Girlanden weihnachtlich geschmückt.

Sie betrachtete das Haus, wie so oft, wenn sie die freigeschaufelten Wege entlangschritt. Sie liebte seine Umrisse, die Winkel mit den feinen Akzenten in Hellgelb, Cremeweiß, das aus dem zarten, sanften Blau hervorstach.

Es war ihr ebenso Heimat gewesen wie ihr eigenes Zuhause. Oft sogar noch mehr, gestand sie sich ein, da ihr Zuhause den verrückten Launen ihrer Mutter ausgeliefert gewesen war. Parkers Eltern waren warmherzig, gastfreundlich, liebevoll und – wie Mac heute dachte – zuverlässig gewesen. Sie hatten ihr im Sturm ihrer Kindheit einen sicheren Hafen geboten.

Nach ihrem Tod vor beinahe sieben Jahren hatte sie ebenso sehr wie ihre Freundin um sie getrauert.

Und nun war das Anwesen der Browns ihr Zuhause, ihr Arbeitsplatz, ihr Leben, und das war gut so. Was konnte besser sein, als etwas zu tun, das einem Freude machte – und das gemeinsam mit den besten Freundinnen, die man je gehabt hatte?

Sie trat durch den Windfang ins Haus, um ihre Jacke aufzuhängen, und wirbelte herum, um einen kurzen Blick in Laurels Bereich zu werfen.

Ihre Freundin und Geschäftspartnerin stand auf einem Tritthocker und setzte akribisch genau silberne Calla-Blüten auf die fünf Etagen einer Hochzeitstorte. Jede Blume erblühte am Ansatz eines goldenen Akanthusblattes, was der Torte schimmernde Eleganz verlieh.

»Die ist ja der Knaller, McBane.«

Laurels Hand war ruhig wie die eines Chirurgen, als sie die nächste Blüte aufsetzte. Ihr sonnengelbes Haar hatte sie am Hinterkopf zu einem unordentlichen Knoten geschlungen, der irgendwie zu ihrem dreieckigen Gesicht passte. Bei der Arbeit blickten ihre Augen, die blau wie Glocken – blumen strahlten, ganz konzentriert.

»Ich bin so froh, dass sie sich für den Blütenaufsatz entschieden hat, statt für das Braut-und-Bräutigam-Ding. Das macht ein Designerstück daraus. Warte, bis wir in den Ballsaal gehen und die Torte reinbringen.«

Mac holte eine Kamera hervor. »Ein gutes Bild für die Webseite. Okay?«

»Klar. Hast du geschlafen?«

»Bin erst um fünf ins Bett, bin aber bis um zwölf liegengeblieben. Und du?«

»Um halb drei ins Bett. Um sieben wieder raus, um die Bräutigamstorte fertig zu machen, die Desserts – und das hier. Ich bin verdammt froh, dass wir bis zur nächsten Hochzeit zwei Wochen Pause haben.« Sie warf Mac einen Blick zu. »Erzähl Parker nicht, dass ich das gesagt habe.«

»Sie ist schon auf, nehme ich an.«

»War schon zweimal hier. Wahrscheinlich war sie überall schon zweimal. Ich meine, ich hätte auch Emma hereinkommen hören. Vielleicht sind sie inzwischen oben im Büro.«

»Ich geh mal rauf. Kommst du mit?«

»In zehn Minuten. Ich werde pünktlich sein.«

»Pünktlich ist zu spät in Parkers Welt.« Mac grinste. »Ich versuche, sie abzulenken.«

»Sag ihr einfach, dass man bei manchen Dingen nicht hetzen kann. Und dass die Brautmutter so viele Komplimente für diese Torte bekommen wird, dass sie uns bestimmt in Frieden lässt.«

»Das könnte sie überzeugen.«

Mac schlängelte sich durchs Haus, um die Eingangshalle und den gewaltigen Salon zu überprüfen, wo die Trauzeremonie stattfinden würde. Emmaline und ihre Elfen waren bereits am Werk gewesen, wie sie bemerkte. Sie hatten die Dekoration der letzten Hochzeit abgeräumt und alles für die nächste geschmückt. Jede Braut hatte ihre eigenen Vorstellungen, und diese wollte jede Menge goldener und silberner Bänder und Girlanden, ganz im Gegensatz zu den lavendelblauen und cremefarbenen Schleierstoffen des Silvesterabends.

Das Kaminfeuer im Salon war vorbereitet und würde angezündet werden, bevor die Gäste eintrafen. Weiß umhüllte Stühle, auf denen silberne Bogen glitzerten, bildeten Reihe um Reihe. Den Kaminsims hatte Emma mit goldenen Kerzen in silbernen Leuchtern dekoriert, und in hohen, schlanken Glasvasen prangten die Lieblingsblumen der Braut, weiße Calla-Lilien, in Hülle und Fülle.

Mac spazierte durch den Raum, spielte mögliche Blickwinkel, Lichtverhältnisse, Bildkompositionen durch und machte sich in Gedanken weitere Notizen, als sie hinausging und die Treppe zum dritten Stock hinaufstieg.

Wie erwartet traf sie Parker im Konferenzraum ihres gemeinsamen Büros an, umgeben von Laptop, Blackberry, Ordnern und Handy samt Headset. Ihr dichtes braunes

Haar hing in einem langen Pferdeschwanz glatt und schlicht herab. Die Frisur passte zu ihrem Hosenanzug in gedecktem Taubengrau, der mit den Farben der Braut harmonieren und diese unterstreichen würde. Parker achtete wirklich auf jede Kleinigkeit.

Ohne aufzublicken, ließ sie einen Finger in der Luft kreisen und arbeitete weiter an ihrem Laptop. Mac, die dieses Zeichen kannte, ging zur Kaffeetheke hinüber und schenkte zwei Becher ein. Dann setzte sie sich, legte den Ordner ab und klappte ihr Notebook auf.

Parker lehnte sich zurück und griff lächelnd zu ihrem Becher. »Das wird eine gute Feier.«

»Zweifellos.«

»Die Straßen sind frei, das Wetter ist schön. Die Braut ist schon auf, hat gefrühstückt und eine Massage genossen. Der Bräutigam war im Fitnessstudio und schwimmen. Der Catering-Service liegt gut in der Zeit. Die Liste der Brautjungfern und Begleiter des Bräutigams ist vollständig.« Sie sah auf ihre Armbanduhr. »Wo sind Emma und Laurel?«

»Laurel legt letzte Hand an die Torte, die umwerfend aussieht. Emma habe ich nicht gesehen, aber sie hat angefangen, die Festsäle zu schmücken. Hübsch. Ich will ein paar Außenaufnahmen machen. Vorher und nachher.«

»Lass die Braut aber vorher nicht zu lange draußen bleiben. Wir wollen nicht, dass sie eine rote Schniefnase bekommt.«

»Du musst mir vielleicht die Brautmutter vom Hals halten.«

»Schon notiert.«

Emma rauschte herein, eine Diät-Cola in der einen Hand, einen Ordner in der anderen. »Tink hat einen Kater und kommt nicht; mir fehlt also eine Helferin. Machen wir es kurz, okay?« Sie ließ sich an den Tisch plumpsen. Ihre schwarzen Locken sprangen über die Schultern ihres Sweatshirts. »Die Suite der Braut und der Salon sind geschmückt. Foyer und Treppenhaus sind auch fast fertig. Die Bouquets, Anstecksträußchen und Ansteckblumen sind kontrolliert. Wir haben mit dem Großen Saal und dem Ballsaal angefangen. Dort muss ich gleich wieder hin.«

»Das Blumenmädchen?«

»Pomander, also Blumenkugel, aus weißen Rosen, silbernes und goldenes Band. Ihren Haarreif – Rosen und Schleierkraut – habe ich fertig für den Friseur. Er ist zauberhaft. Mac, ich brauche ein paar Bilder von der Dekoration, wenn du es schaffst. Wenn nicht, mache ich welche.«

»Ich kümmere mich darum.«

»Danke. Die Brautmutter …«

»Ich kümmere mich darum«, sagte Parker.

»Ich muss noch …« Emma brach ab, als Laurel hereinkam.

»Ich bin nicht zu spät«, verkündete Laurel.

»Tink hat uns versetzt«, berichtete Parker. »Emma fehlt Personal.«

»Ich kann aushelfen. Ich muss noch den Aufsatz oben auf die Torte setzen und die Desserts dekorieren, aber im Moment habe ich Zeit.«

»Lasst uns den Zeitplan durchgehen.«

»Warte.« Emma hob ihre Dose Diät-Cola. »Erst stoßen wir an. Uns allen ein gutes neues Jahr, uns vier klasse und scharfen Wahnsinnsfrauen. Den besten Freundinnen aller Zeiten.«

»Die auch noch clever und genial sind.« Laurel hob ihre Wasserflasche. »Auf uns Kumpel und Kompagnons.«

»Auf uns. Auf Freundschaft und Köpfchen hoch vier«, fügte Mac hinzu, »und auf die irre Geschichte, die wir aus Vows gemacht haben.«

»Und auf 2009.« Parker hob ihren Kaffeebecher. »Das wird das beste Jahr aller Zeiten für diese klasse, scharfen, cleveren, genialen Wahnsinnsfreundinnen.«

»Ganz genau.« Mac stieß mit ihrem Kaffeebecher mit den anderen an. »Aufs Heiratenspielen, damals, heute und für alle Zeit.«

»Damals, heute und für alle Zeit«, wiederholte Parker. »Und jetzt: Zeitplan?«

»Ich bleibe an der Braut«, begann Mac, »wenn sie kommt, und dann am Bräutigam, wenn er erscheint. Schnappschüsse während der Ankleidezeremonie, Posen, wie es sich ergibt. Förmliche Porträts drinnen und draußen. Die Aufnahmen von der Torte und der Deko mache ich jetzt und baue mein Zeug auf. Alle Bilder von Familie und Hochzeitsgästen separat vor der Zeremonie. Nach der Trauung dürfte ich nur noch fünfundvierzig Minuten für die Familienbilder, die gesamte Hochzeitsgesellschaft und das Brautpaar brauchen.«

»Blumenschmuck in den Suiten von Braut und Bräutigam fertig um drei. Blumenschmuck in Foyer, Salon, Treppenhaus, Großem Saal und Ballsaal um fünf.« Parker warf Emma einen Blick zu.

»Wir werden fertig.«

»Um halb sechs kommt der Videofilmer. Von halb sechs bis sechs: Ankunft der Gäste. Siebzehn Uhr vierzig: Die Musiker, Streichquartett, beginnen. Ab halb sieben spielen sie dann im Ballsaal. Siebzehn Uhr fünfzig: Die Mutter des Bräutigams, in Begleitung ihres Sohnes, wird hereingeleitet. Unmittelbar danach: Die Brautmutter wird von ihrem Schwiegersohn hereingeführt. Sechs Uhr: Der Bräutigam und sein Gefolge stehen bereit.« Parker las den Zeitplan herunter. »Ebenfalls um sechs: Brautvater, Braut und Gefolge stehen bereit. Prozession nach unten. Dauer der Zeremonie dreiundzwanzig Minuten, Ausmarsch, Gratulationen der Familie. Achtzehn Uhr fünfundzwanzig: Die Gäste werden in den Großen Saal geleitet.«

»Die Bar öffnet«, sagte Laurel. »Musik, Essen wird gereicht.«

»Achtzehn Uhr fünfundzwanzig bis neunzehn Uhr zehn: Fotos. Neunzehn Uhr fünfzehn: Ankündigung von Familie, Hochzeitsgästen und frischgebackenem Ehepaar.«

»Abendessen, Tischreden«, ergänzte Emma. »Wir haben alles, Parks.«

»Ich möchte sichergehen, dass wir um Viertel nach acht in den Ballsaal umziehen, für den ersten Tanz«, fuhr Parker fort. »Vor allem die Braut wünscht sich, dass ihre Großmutter beim ersten Tanz dabei ist und dass nach dem Tanz von Vater und Tochter sowie Mutter und Sohn ihr Vater und seine Mutter miteinander tanzen. Sie ist neunzig und hält womöglich nicht so lange durch. Wenn es uns gelingt, dass um halb zehn die Torte angeschnitten wird, müsste die Großmutter das auch noch schaffen.«

»Sie ist total süß«, warf Mac ein. »Bei der Probe sind mir ein paar hübsche Aufnahmen von ihr und Alison gelungen. Ich habe mir schon notiert, dass ich heute noch welche mache. Ich persönlich glaube, dass sie bis zum Schluss dabeibleibt.«

»Ich hoffe es. Torte und Desserts werden serviert, während weitergetanzt wird. Um Viertel nach zehn wird der Brautstrauß geworfen.«

»Der Strauß zum Werfen ist fertig«, bemerkte Emma.

»Nach dem Werfen des Strumpfbandes wird weitergetanzt. Zehn vor elf letzter Tanz. Nach den Seifenblasen Abfahrt des Brautpaars. Ende der Feier um elf.« Parker sah erneut auf ihre Uhr. »Also, auf geht’s. Emma und Laurel müssen sich umziehen. Denkt alle an euer Headset.«

Als Parkers Handy vibrierte, warf sie einen Blick auf das Display. »Die Brautmutter. Schon wieder. Zum vierten Mal an diesem Morgen.«

»Viel Spaß«, sagte Mac und verschwand.

Sie durchstreifte einen Raum nach dem anderen und achtete darauf, Emma und ihren Leuten nicht im Weg zu stehen, die mit Blumen, Bändern und Schleierstoffen durchs Haus schwärmten. Sie machte Fotos von Laurels Torte, Emmas Dekorationen und konzipierte andere Bilder im Kopf.

Es war eine Routine, die sie nie zur Routine werden ließ. Sie wusste, sobald sie das zulassen würde, würde sie Schnappschüsse und Gelegenheiten verpassen; neue Blickwinkel und Ideen würden versanden. Und immer wenn sie spürte, dass sich Lustlosigkeit einschlich, dachte sie an einen blauen Schmetterling, der auf einer Löwenzahnblüte landete.

Es duftete nach Rosen und Lilien; überall waren Stimmen und Schritte zu hören. Licht strömte in wunderschönen Strahlen durch die hohen Fenster herein und funkelte auf den goldenen und silbernen Bändern.

»Headset, Mac!« Parker eilte die Haupttreppe herunter. »Die Braut kommt!«

Während Parker nach unten hastete, um die Braut zu empfangen, flitzte Mac nach oben. Sie wirbelte auf die vordere Dachterrasse hinaus und ignorierte die Kälte, als die weiße Limousine die Auffahrt heraufschwebte. Während der Wagen sanft zum Stehen kam, veränderte sie ihren Blickwinkel, machte sich bereit und wartete.

Erste Brautjungfer, Brautmutter. »Weiter, weiter, nur noch ein Stückchen«, murmelte sie. Alison stieg aus. Die Braut trug Jeans, Lammfell-Boots, eine abgetragene Wildlederjacke und einen hellroten Schal. Mac zoomte sie heran, wechselte die Blende. »He, Alison!«

Die Braut schaute herauf. Überraschung wich amüsiertem Strahlen, und zu Macs Freude warf Alison beide Arme in die Luft und legte lachend den Kopf in den Nacken.

Und damit, dachte Mac, während sie den Augenblick einfing, begann die Reise.

Binnen zehn Minuten summte die Suite der Braut – Parkers ehemaliges Kinderzimmer – vor Menschen und Geschäftigkeit. Zwei Friseure ließen ihrem Handwerkszeug und ihrem Talent freien Lauf, kräuselten hier, glätteten und stylten da, während andere Farben und Tiegel schwangen.

Absolut weiblich, dachte Mac, während sie unaufdringlich durch den Raum wanderte. Die Düfte, die Bewegungen, die Geräusche. Die Braut stand stets im Mittelpunkt – und sie war überhaupt nicht nervös. Alison versprühte Selbstvertrauen, strahlte und plapperte wie ein Wasserfall.

Die Brautmutter dagegen war von anderem Kaliber.

»Aber du hast so schönes Haar! Findest du nicht, du solltest es offen tragen? Wenigstens zum Teil. Vielleicht …«

»Eine Hochfrisur passt besser zu dem Diadem. Bleib locker, Mama.«

»Es ist zu warm hier drin. Ich finde es zu warm hier drin. Und Mandy sollte lieber ein Schläfchen machen. Sonst macht sie nachher Theater.«

»Sie kommt schon klar.« Alison warf einen Blick zu dem Blumenmädchen hinüber.

»Ich denke wirklich …«

»Meine Damen!« Parker rollte einen Wagen mit Champagnergläsern herein, dazu eine köstliche Obst- und Käseplatte. »Die Herren sind unterwegs. Alison, Ihr Haar sieht fantastisch aus. Absolut königlich.« Sie schenkte eine Champagnerflöte voll und bot sie der Braut an.

»Ich glaube wirklich nicht, dass sie vor der Zeremonie etwas trinken sollte. Sie hat heute kaum etwas gegessen, und …«

»Oh, Mrs McFearson, ich bin so froh, dass Sie fertig angezogen und zurechtgemacht sind. Sie sehen wunderbar aus. Wenn ich Sie nur für ein paar Minuten entführen dürfte? Ich möchte, dass Sie vor der Zeremonie einen Blick auf den Salon werfen. Wir wollen doch, dass alles perfekt ist, nicht wahr? Ich bringe sie Ihnen sofort zurück.« Parker drückte der Brautmutter ein Glas Champagner in die Hand und dirigierte sie aus dem Zimmer.

»Puh!«, seufzte Alison lachend.

In der folgenden Stunde wechselte Mac zwischen der Suite der Braut und der des Bräutigams hin und her. Zwischen Parfum und Tüll, Manschettenknöpfen und Kummerbunden. Sie kehrte zurück ins Reich der Braut, umkreiste die Brautjungfern, während sie sich ankleideten und einander beim Ankleiden behilflich waren. Und traf Alison allein an, die vor ihrem Brautkleid stand.

Alles da, dachte Mac, als sie ruhig das Motiv anvisierte. Das Staunen, die Freude – und dieser winzige Anflug von Trauer. Sie schoss das Foto, als Alison gerade mit den Fingern über die glitzernde Corsage streichen wollte.

Ein entscheidender Moment, wusste Mac, wenn sich sämtliche Empfindungen der Braut in ihrem Gesicht widerspiegelten.

Dann war der Augenblick vorbei, und Alison schaute herüber.

»Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich mich so fühlen würde. Ich bin so glücklich. Ich liebe Rod so sehr, bin so bereit, ihn zu heiraten. Trotzdem spüre ich hier so ein leichtes Ziehen.« Sie rieb mit den Fingern genau ihr Herz. »Nervosität ist das nicht.«

»Traurigkeit. Nur ein Hauch. Ein Abschnitt Ihres Lebens geht heute zu Ende. Es ist Ihr gutes Recht, beim Abschied davon traurig zu sein. Ich weiß, was Sie brauchen. Warten Sie hier.«

Kurz darauf führte Mac Alisons Großmutter zu ihr. Und trat wieder in den Hintergrund.

Jugend und Alter, dachte sie. Anfang und Ende, Beziehungen und Beständigkeit. Und Liebe.

Sie knipste die Umarmung, doch das war es nicht. Sie knipste das Glitzern der Tränen, doch immer noch nicht, nein. Dann senkte Alison den Kopf und lehnte die Stirn an die ihrer Großmutter, und während sich ihre Lippen verzogen, rann ihr eine einzelne Träne über die Wange, und das Kleid glitzerte und funkelte hinter ihnen.

Perfekt. Der blaue Schmetterling.

Sie machte Schnappschüsse vom Ritual des Ankleidens der Braut, dann die förmlichen Porträts mit ausgezeichnetem natürlichen Licht. Wie sie es erwartet hatte, trotzte Alison tapfer der Kälte draußen auf der Dachterrasse.

Und Mac ignorierte Parkers Stimme in ihrem Headset, als sie in die Suite des Bräutigams rauschte, um die gleiche Prozedur mit Rod zu wiederholen.

Auf dem Weg zurück zur Braut begegnete sie Parker im Korridor. »Ich brauche den Bräutigam und sein Gefolge unten. Wir liegen zwei Minuten zurück.«

»Oh mein Gott!«, rief Mac in gespieltem Entsetzen und flüchtete in die Suite der Braut.

»Die Gäste haben Platz genommen«, verkündete Parker kurz darauf in Macs Ohr. »Bräutigam und Gefolge gehen in Position. Emma, ruf Braut und Brautjungfern zusammen.«

»Bin dabei.«

Mac schlüpfte hinaus, um ihren Platz am Fuß der Treppe einzunehmen, während Emma die Brautjungfern aufstellte.

»Alle bereit. Gib den Musikern den Einsatz.«

»Schon geschehen«, sagte Parker. »Prozession kann beginnen.«

Dem Blumenmädchen ging es auch ohne Mittagsschläfchen prima, stellte Mac fest, als die Kleine die Treppe geradezu hinuntertanzte. Wie ein Profi blieb sie auf Laurels Zeichen hin stehen und durchquerte dann in ihrem Feenkleid gemessenen Schrittes das Foyer, um den riesigen Salon zu betreten und den Gang hinunterzugehen, den die Stühle bildeten.

Anschließend kam das Gefolge der Braut in schimmerndem Silber und zuletzt die EBJ, die erste Brautjungfer, in Gold.

Mac kauerte sich hin, um von unten herauf zu fotografieren, wie die Braut und ihr Vater Hand in Hand oben an der Treppe standen. Als die Musik zum Einzug der Braut anschwoll, führte der Brautvater die Hand seiner Tochter an die Lippen, dann an die Wange.

Noch während sie auf den Auslöser drückte, brannten Mac die Augen.

2

Mac arbeitete in der Nacht, weil ihr Tag voller Termine war. Und weil sie gern nachts arbeitete – allein, in ihrem eigenen Reich, in ihrem eigenen Tempo. Der Morgen war für den Kaffee reserviert, diesen ersten intensiven Kick, der das Blut in Wallung brachte, und die Tage gehörten oft Kunden, Fototerminen, Besprechungen.

Nachts, allein in ihrem Studio, konnte sie sich ganz auf die Bilder konzentrieren, auf ihre Auswahl, Verbesserung, Verschönerung. Obwohl sie fast ausschließlich digital arbeitete, ging sie bei der Vorbereitung eines Ausdrucks nach dem gleichen Prinzip vor wie in der Dunkelkammer. Sie lagerte mehrere Schichten übereinander, hellte auf, verdunkelte; sie entfernte Flecken oder helle Stellen, um die Basis ihrer Mutterpause herzustellen. Zusätzlich konnte sie bestimmte Bereiche verfeinern, die Dichte verändern, den Kontrast erhöhen. Schritt für Schritt würde sie den Ausdruck gestalten, Konturen schärfen oder verwischen, um der Stimmung zu entsprechen, um ein Bild zu erschaffen, das genau diesen Moment zum Ausdruck brachte, bis sie schließlich das fühlte, wovon sie hoffte, dass es auch ihre Kunden empfanden.

Dann setzte sie sich, wie sie es meistens morgens tat, an ihren Computer, um ihre Thumbnails durchzusehen und zu überprüfen, ob die Mac vom Morgen mit der Mac aus der Nacht einer Meinung war.

In ihren Flanellhosen und dicken Socken kauerte sie über den Miniaturbildern, auf dem Kopf ein Dickicht aus wild abstehendem hellroten Haar. Und in vollkommener Stille. Bei einer Hochzeit war sie meistens umringt – von Leuten, von Unterhaltungen, von Gefühlen. Entweder sie blockte alles ab, oder sie machte es sich zunutze, während sie nach der richtigen Perspektive, dem richtigen Farbton, dem richtigen Moment suchte.

Doch hier war sie allein mit den Bildern – mit Bildern, die sie perfektionieren konnte. Sie trank einen Kaffee, aß zum Ausgleich für das Pop-Tart vom vergangenen Morgen einen Apfel und sichtete die mehreren hundert Fotos, die sie tags zuvor geschossen hatte, und die anderen, an denen sie in der Nacht bereits gefeilt hatte.

Die Mac vom Morgen gratulierte der Mac aus der Nacht zu ihrer guten Arbeit. Doch es gab noch mehr zu tun, sinnierte sie, und wenn sie für die Kunden das Beste vom Besten zur Ansicht ausgesucht hatte, würde sie alles noch einmal durchgehen, bevor sie mit den Frischvermählten einen Termin vereinbarte, bei dem sie die Bilder als Diaschau betrachten und ihre Auswahl treffen konnten.

Doch das musste bis zu einem anderen Tag warten. Für den Fall, dass ihr Gedächtnis sie im Stich ließ, warf sie einen Blick in ihren Kalender, bevor sie nach oben ging, um zu duschen und sich für ihren ersten Termin anzuziehen.

Für Aufnahmen im Studio genügten Jeans und Sweatshirt, doch dann würde sie sich für den Beratungstermin, der am Nachmittag im Haupthaus anstand, erneut umziehen müssen. Es gehörte zu den Grundsätzen von Vows, dass Kundenberatungen nur in Businesskleidung durchgeführt wurden.

Mac wühlte in ihrem Kleiderschrank nach einer schwarzen Hose, einer schwarzen Bluse. So konnte sie sich nach dem Shooting einfach eine Jacke überwerfen und war vorschriftsmäßig gekleidet. Sie spielte mit verschiedenen Schmuckstücken, bis sie gefunden hatte, was ihrer Stimmung entsprach, legte ein wenig Make-up auf und fand, das genügte.

Das Studio erforderte ihrer Meinung nach mehr Aufmerksamkeit als die Fotografin.

Elizabeth und Charles, dachte sie, als sie mit dem Aufbau begann. Verlobungsfotos. Sie erinnerte sich, dass die beiden bei der Beratung sehr entschlossen gewesen waren. Förmlich, schlicht, geradeheraus.

Sie fragte sich, warum sie nicht einfach einen Freund mit einer Kompaktkamera baten, die Fotos zu machen. Mit einem flüchtigen Lächeln musste sie daran denken, dass ihr diese Bemerkung beinahe entschlüpft wäre – doch Parker hatte ihre Gedanken gelesen und ihr einen warnenden Blick zugeworfen.

»Der Kunde ist König«, erinnerte sie sich, während sie den Hintergrund aufbaute. »Wenn sie langweilig wollen, sollen sie langweilig bekommen.«

Sie rückte Lampen zurecht, brachte einen Diffusor in Position – langweilig konnte wenigstens hübsch sein. Sie holte ihr Stativ heraus, in erster Linie, weil sie das Gefühl hatte, die Kundschaft erwartete eine umfangreiche Ausrüstung. Nachdem sie die Objektive ausgewählt, die Beleuchtung überprüft und einen Hocker aufgestellt hatte, klopften auch schon die Kunden an die Tür.

»Pünktlich wie die Maurer.« Sie schloss die Tür hinter ihnen und sperrte damit den eisigen Wind aus. »Bitterkalt draußen heute. Geben Sie mir Ihre Mäntel.«

Sie sahen perfekt aus, dachte sie. Die Oberschicht-Variante von Barbie und Ken. Die kühle Blonde, an der jedes einzelne Haar richtig saß, und der gut aussehende, geschniegelte und gebügelte Held.

Es juckte sie in den Fingern, die beiden zu verstrubbeln, nur ein wenig, und sie menschlich zu machen.

»Darf ich Ihnen einen Kaffee bringen?«, fragte sie.

»Oh, nein, aber vielen Dank.« Elizabeth schenkte ihr ein Lächeln. »Wir würden lieber gleich anfangen. Wir haben heute ein volles Programm.« Während Mac die Mäntel aufhängte, schaute Elizabeth sich im Studio um. »Das hier war früher einmal das Poolhaus?«

»So ist es.«

»Es ist … interessant. Ganz so schlicht hatte ich es mir nicht vorgestellt. Aber egal.« Sie spazierte herum, um einige der gerahmten Fotos an der Wand zu betrachten. »Die Hochzeit von Charles’ Cousine hier im November war wundervoll. Und sie schwärmt geradezu von Ihnen und Ihren Kolleginnen. Nicht wahr, Charles?«

»Ja. Darum haben wir uns auch für Ihre Agentur entschieden.«

»Die Hochzeitsplanerin und ich werden in den nächsten Monaten eng zusammenarbeiten. Kann ich mich hier irgendwo frischmachen, bevor wir anfangen?«, erkundigte sich Elizabeth.

»Selbstverständlich.« Mac ging voraus zum Waschraum gleich neben ihrem Studio und fragte sich, was es da frischzumachen gab.

»Also, Charles.« Im Geiste löste Mac den perfekt gebundenen Windsorknoten seiner Krawatte. »Was haben Sie beide denn heute noch vor?«

»Wir haben eine Besprechung mit der Hochzeitsplanerin und kümmern uns um die Anmeldung bei der Behörde. Elizabeth trifft sich danach mit zwei Modedesignern, die Ihre Kollegin für das Brautkleid empfohlen hat.«

»Wie aufregend.« Du siehst auch ganz begeistert aus, dachte Mac. Genau wie vor deinem halbjährlichen Vorsorgetermin beim Zahnarzt.

»Es gibt so viele Details zu beachten. Sie sind wahrscheinlich daran gewöhnt.«

»Jede Hochzeit ist die allererste. Sind Sie so nett, sich mal hinter diesen Hocker zu stellen? Dann kann ich schon einmal Beleuchtung und Bildschärfe einstellen, während Elizabeth sich fertig macht.«

Gehorsam stellte Charles sich auf, steif wie ein Stock. »Entspannen Sie sich«, ermunterte Mac ihn. »Es geht einfacher und schneller, als Sie denken, und macht bestimmt auch noch Spaß. Welche Musik mögen Sie gern?«

»Musik?«

»Ja, hören wir ein wenig Musik.« Mac ging zu ihrem CD-Player hinüber und wählte eine CD aus. »Natalie Cole, Balladen. Romantisch und klassisch. Wie wäre das?«

»Schön. Sehr schön.«

Mac ertappte ihn bei einem raschen Blick auf seine Armbanduhr, während sie zu ihrer Kamera zurückkehrte und so tat, als würde sie noch etwas einstellen. »Haben Sie schon entschieden, wohin die Hochzeitsreise gehen soll?«

»Wir tendieren zu Paris.«

»Sprechen Sie Französisch?«

Zum ersten Mal lächelte er unbefangen. »Kein Wort.«

»Dann ist das ja ein Abenteuer«, sagte Mac, als Elizabeth zurückkam und genauso perfekt aussah wie zuvor. Ihr Kostüm stammte vermutlich von Armani und war ausgezeichnet geschnitten. Der indigoblaue Farbton schmeichelte ihr, und Mac dachte sich, dass Elizabeth das Grau von Charles’ Anzug als Kontrast ausgewählt hatte.

»Ich denke, wir machen zunächst Bilder, auf denen Sie sitzen, Elizabeth, und Charles hinter Ihnen steht. Nur ein klein wenig nach links, Charles. Und Elizabeth, wenn Sie sich zu den Fenstern drehen würden, nur ein bisschen. Lehnen Sie sich an Charles. Ganz locker bleiben. Charles, legen Sie ihr die Hand auf die linke Schulter. Elizabeth, legen Sie Ihre Hand auf seine, damit man den traumhaften Verlobungsring sehen kann.«

Mac machte ein paar Aufnahmen, um den beiden über das erste eingefrorene Lächeln hinwegzuhelfen.

Legen Sie den Kopf schräg.

Gewicht auf den hinteren Fuß.

Drehen Sie die Schultern.

Scheu, stellte Mac fest. Er war scheu – kamerascheu und auch ein wenig menschenscheu. Und sie war unglaublich gehemmt. Hatte panische Angst davor, nicht perfekt auszusehen.

Mac versuchte, die beiden aufzulockern, fragte, wie sie sich kennengelernt hätten, wie ihre Verlobung gewesen sei – obwohl sie die gleichen Fragen bereits bei der Vereinbarung des Fototermins gestellt hatte. Und sie bekam auch die gleichen Antworten.

Es gelang ihr noch nicht, den Panzer zu knacken.

Sie konnte kapitulieren und ihnen genau das geben, was sie zu wollen glaubten. Doch es wäre nicht das, was sie brauchten.

Sie trat von der Kamera zurück. Sofort entspannten sich die beiden, und Elizabeth wandte den Kopf, um zu Charles hinaufzulächeln. Er zwinkerte ihr zu.

Sieh an, sieh an, dachte Mac. Sie sind also doch Menschen.

»Ich habe ein paar sehr schöne förmliche Aufnahmen. Ich weiß, dass Sie so was haben wollten, aber ich wüsste gern, ob Sie mir einen Gefallen tun würden.«

»Wir haben es wirklich eilig«, begann Charles.

»Es dauert keine fünf Minuten. Stehen Sie auf, Elizabeth. Lassen Sie mich nur den Hocker beiseite stellen.« Sie zog ihn weg und nahm ihre Kamera vom Stativ. »Wie wär’s mit einer Umarmung? Nicht mich. Sie einander.«

»Ich weiß nicht …«

»Umarmungen sind in Connecticut legal, selbst wenn man noch nicht verlobt ist. Nur ein kleines Experiment, und in zwei Minuten sind Sie hier draußen.« Mac schnappte sich ihren Belichtungsmesser, prüfte nach, stellte ein.

»Lehnen Sie die rechte Wange an seine Brust, aber ein bisschen zu mir hin. Drehen Sie das Gesicht ein wenig zu mir«, erklärte Mac. »Und schauen Sie hierher. Charles, neigen Sie den Kopf zu Elizabeth hinunter, aber wenden Sie das Kinn etwas in meine Richtung. Atmen Sie einmal tief durch, und dann lassen Sie los. Lassen Sie einfach los. Sie halten den Menschen im Arm, den Sie lieben, okay? Genießen Sie es. Und die Augen zu mir, genau zu mir, und denken Sie daran, wie es war, als Sie sich zum ersten Mal geküsst haben.«

Da!

Plötzlich lächelten beide spontan. Sie eher sanft, sogar ein wenig scheu, er strahlend.

»Nur noch eins wie das eben.« Ihr gelangen drei, bevor die beiden sich wieder verkrampften. »Fertig. Ich mache Ihnen ein paar Probeabzüge bis …«

»Können wir nicht jetzt schon welche sehen? Die Bilder sind doch digital, oder?«, drängte Elizabeth. »Ich hätte nur gern einen ersten Eindruck.«

»Klar.«

Mac ging mit der Kamera zum Computer und fuhr ihn hoch. »Das hier sind die Rohfassungen, aber das Wesent – liche sehen Sie darauf schon.«

»Ja.« Stirnrunzelnd starrte Elizabeth auf den Bildschirm, als Mac die Diaschau startete. »Ja, die sind hübsch. Das ist … Das da.«

Mac hielt bei einem der förmlichen Bilder an. »Dieses?«

»So habe ich es mir vorgestellt. Das ist sehr gut. Wir sehen beide gut aus, und die Perspektive gefällt mir. Das ist es, glaube ich.«

»Ich markiere es. Sie können aber noch die übrigen anschauen, um sicherzugehen.« Mac ließ die Diaschau weiterlaufen.

»Ja, sie sind wirklich sehr schön. Sehr schön. Aber ich denke, das Bild, das ich ausgesucht habe, ist …« Elizabeth brach ab, als die Aufnahme, auf der sie sich umarmten, auf dem Bildschirm erschien. »Oh. Na, das ist aber hübsch. Wirklich hübsch, oder?«

»Meiner Mutter wird das erste gefallen, das du ausgesucht hast.« Charles stand hinter ihr und strich ihr über die Schultern.

»Bestimmt. Genau. Das nehmen wir für sie und lassen es ihr einrahmen. Aber …« Sie sah Mac an. »Sie hatten Recht. Ich habe mich geirrt. Das ist das Bild, das ich haben möchte; so will ich auf unserem Verlobungsfoto aussehen. Wenn ich noch einmal versuche, Ihnen zu sagen, wie Sie Ihre Arbeit zu machen haben, erinnern Sie mich daran, dass ich meine ursprünglichen Wünsche schon im September geäußert habe.«

»Versprochen. Aber ich habe mich auch geirrt. Ich glaube, es wird doch Spaß machen, mit Ihnen zu arbeiten.«

Elizabeth begriff nicht sogleich, doch dann lachte sie.

Anschließend schickte Mac die beiden zu Parker. Sie fand, dass sie bei Parker etwas guthatte. Schließlich schickte sie ihr zwei Kunden, die – zumindest im Augenblick – offener für Ideen und Anregungen waren als zuvor.

Sie machte sich daran, Pakete für andere Kunden fertigzustellen. Eines mit einem Satz Probeabzüge, das andere die komplette Auswahl, alles zur Ansicht in Alben einsortiert. Für das Brautpaar, für die Brautmutter und die Mutter des Bräutigams, dann die Extraabzüge, die verschiedene Angehörige und Hochzeitsgäste sich gewünscht hatten.

Als alles in Kartons verpackt war, beschloss Mac, dass sie gerade noch Zeit für einen Teller des übrig gebliebenen Nudelsalats hatte, bevor sie die Pakete und sich selbst ins Haupthaus hinüberschleppen würde.

Sie aß ein paar Bissen, im Stehen über der Spüle. Wintermärchenland, dachte sie, während sie aus dem Fenster sah. Alles still und vollkommen. Sie griff zu ihrem Glas Diät-Cola und begann zu trinken.

Der Kardinal knallte direkt gegen die Scheibe, ein Schlag und ein roter Wirbel. Mac fuhr so heftig zurück, dass ihre Diät-Cola überschwappte und über ihre ganze Bluse spritzte.

Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie dem dummen Vogel nachsah, wie er davonflatterte. Dann schaute sie auf ihre Bluse hinunter. »Verdammt.«

Sie zog sie aus und warf sie oben auf ihren Turm aus Waschmaschine und Trockner in der Speisekammer. In BH und schwarzer Hose wischte sie die verschüttete Cola auf der Arbeitsplatte auf. Als das Telefon klingelte, ging sie verärgert dran. Da auf dem Display zu lesen war, dass der Anruf von Parkers Handy kam, meldete sie sich mit einem genervten: »Was ist?«

»Patty Baker ist hier, um ihre Alben abzuholen.«

»Sie ist zwanzig Minuten zu früh. Ich werde da sein und die Alben auch – aber zur vereinbarten Zeit. Beschäftige die Dame irgendwie«, fügte sie hinzu, während sie zurück ins Studio ging. »Und nerv mich nicht.« Sie legte auf und drehte sich um.

Entgeistert starrte sie den Mann an, der in ihrem Studio stand.

Er machte riesengroße Augen und lief rot an, dann wandte er sich mit einem erstickten »O Gott« hektisch ab. Und knallte mit einem Krachen frontal gegen den Türpfosten.

»Himmel! Alles in Ordnung?« Mac warf das Telefon auf einen Tisch und stürzte zu dem Mann hinüber, der schwankend an der Tür stand.

»Ja. Schon gut. Entschuldigen Sie.«

»Sie bluten. Mann, da haben Sie sich aber ordentlich den Kopf angeschlagen. Vielleicht setzen Sie sich besser.«

»Vielleicht.« Damit sank der Mann mit benommenem Blick an der Wand entlang auf den Boden.

Mac kauerte sich neben ihn und strich ihm über das dunkelbraune Haar, das ihm in die Stirn fiel, und über die blutende Schramme, unter der sich bereits eine beeindruckende Beule bildete. »Okay, es ist keine Platzwunde. Ums Nähen kommen Sie gerade noch herum. Aber Sie haben sich ordentlich gestoßen. Junge, es hat sich angehört, als würden Sie mit einem Hammer gegen die Tür schlagen. Vielleicht ein bisschen Eis und dann …«

»Verzeihung? Äh, ich weiß nicht, ob es Ihnen bewusst ist … ich dachte nur, vielleicht sollten Sie …«

Mac sah, wie seine Augen an ihr herunterwanderten, und folgte seinem Blick. Und begriff, dass sie dem Mann, während sie überlegte, wie seine Verletzung am besten versorgt würde, ihre kaum vom BH bedeckten Brüste fast unter die Nase hielt.

»Ups, ganz vergessen. Bleiben Sie da sitzen. Rühren Sie sich nicht vom Fleck.« Sie sprang auf und stürzte hinaus.

Er war sich nicht sicher, ob er sich überhaupt hätte bewegen können. Verwirrt und orientierungslos blieb er, wo er war, mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Trotz der Sternchen, die er gesehen hatte, musste er zugeben, dass die Brüste sehr hübsch gewesen waren. So viel hatte er bemerkt.

Dagegen war er sich ganz und gar nicht sicher, was er jetzt sagen oder tun sollte. Also schien es das Beste zu sein, sitzen zu bleiben, wie sie es ihm aufgetragen hatte.

Als sie mit einem Eisbeutel zurückkam, trug sie eine Bluse. Wahrscheinlich war es ungehörig von ihm, ein wenig enttäuscht zu sein … Sie kauerte sich wieder hin, und ihm fielen ihre langen Beine auf.

»Hier, probieren Sie es damit.« Sie drückte ihm das Eis in die Hand und schob seine Hand an seine pochende Stirn. Dann hockte sie sich hin wie ein Fänger beim Baseball. Ihre Augen waren so grün wie die unergründliche See. »Wer sind Sie?«, fragte sie.

»Was?«

»Hm. Wie viele Finger sehen Sie?« Sie hielt zwei in die Höhe.

»Zwölf.«

Sie lächelte. Grübchen erschienen in ihren Wangen, als sie die Lippen verzog, und sein Herz legte in seiner Brust ein Tänzchen hin.

»Stimmt nicht. Versuchen wir es anders. Was machen Sie in meinem Studio – oder was haben Sie hier gemacht, bevor mein Busen Sie so erschreckt hat?«

»Ah. Ich habe einen Termin. Oder vielmehr, Sherry hat einen. Sherry Maguire.« Ihr Lächeln schien ein wenig zu verfliegen, und die Grübchen verschwanden.

»Okay, falscher Ort. Sie wollen ins Haupthaus. Ich bin Mackensie Elliot, die Fotografin vom Dienst.«

»Ich weiß. Ich meine, ich weiß, wer Sie sind. Sherry hat nur, wie üblich, nicht so genau gesagt, wo der Termin stattfindet.«

»Und wann – er ist nämlich erst um zwei.«

»Sie hat gesagt, sie glaubt, um halb zwei, und ich weiß, das bedeutet, dass sie um zwei hier erscheint. Ich hätte mich nach der Sherry-Zeit richten sollen – oder anrufen, um mich zu vergewissern. Nochmals Entschuldigung.«

»Schon gut.« Mac legte den Kopf schräg. Seine Augen – sehr schöne Augen – waren wieder klar. »Woher kennen Sie mich?«

»Ich bin mit Delaney zur Schule gegangen, Delaney Brown, und mit Parker. Na ja, Parker war ein paar Klassen unter uns. Und eigentlich auch mit Ihnen. Für kurze Zeit.«

Mac veränderte ihre Haltung, um den Fremden genauer zu betrachten. Dichtes, zerzaustes braunes Haar, das unbedingt mal geschnitten und in Form gebracht werden müsste. Klare, ruhige blaue Augen hinter einem wahren Wald von Wimpern. Gerade Nase, markante Lippen in einem länglichen Gesicht.

Sie hatte ein gutes Gedächtnis für Gesichter. Warum konnte sie seines nicht einordnen?

»Ich kannte die meisten von Dels Freunden, glaube ich.«

»Nun, wir haben nicht direkt in denselben Kreisen verkehrt. Aber ich war einmal sein Tutor, als wir Henry der Fünfte durchgenommen haben.«

Jetzt machte es klick. »Carter.« Mac zeigte mit dem Finger auf ihn. »Carter Maguire. Sie, äh, du heiratest aber nicht deine Schwester, oder?«

»Was? Nein, ich springe nur für Nick ein. Sherry wollte nicht allein zu der Beratung gehen, und Nick wurde aufgehalten. Ich bin nur … ach, eigentlich weiß ich überhaupt nicht, was ich hier mache.«

»Ein guter Bruder sein.« Mac tätschelte sein Knie. »Glaubst du, du kannst aufstehen?«

»Ja.«

Mac richtete sich auf und streckte eine Hand aus, um ihm zu helfen. Erneut vollführte sein Herz ein Tänzchen, als sich ihre Hände berührten. Und als er wieder auf den Beinen stand, schlug sein Kopf auf der Trommel den Takt dazu. »Autsch«, sagte er.

»Das glaube ich gern. Willst du Aspirin?«

»Oh, das wäre klasse.«

»Ich hole es. Du kannst dich inzwischen woanders hinsetzen als auf den Fußboden.«

Das wollte er gerade tun, während Mac zurück in die Küche ging, doch dann fiel sein Blick auf die Fotografien an der Wand. Unter anderem auch Aufnahmen für Magazine, bemerkte er, und er nahm an, dass sie von ihr stammten. Schöne Bräute, elegante Bräute, sexy Bräute, lachende Bräute. Manche in bunt, manche in stimmungsvollem Schwarzweiß – und manche mit diesem eigenartigen, faszinierenden Computertrick, bei dem man auf einem ansonsten schwarzweißen Foto einen intensiven Farbfleck sieht.

Als Mac zurückkam, drehte er sich um, und ihm schoss flüchtig der Gedanke durch den Kopf, dass ihr Haar genauso war – ein intensiver Farbfleck.

»Machst du auch noch etwas anderes, also andere Motive?«

»Ja.« Sie reichte ihm drei Tabletten und ein Glas Wasser. »Aber Bräute stehen für eine Hochzeitsagentur im Mittelpunkt und bringen das Geld rein.«

»Sie sind wunderschön – kreativ und individuell. Aber das hier ist das Beste.« Er ging ein Stückchen weiter und deutete auf ein gerahmtes Foto von drei kleinen Mädchen und dem blauen Schmetterling, der sich auf einer Löwenzahnblüte niedergelassen hatte.

»Warum?«

»Weil es voller Magie ist.«

Mac schien ihn schier endlos anzustarren. »Das ist ganz genau richtig. Also, Carter Maguire, ich hole jetzt meinen Mantel, und dann gehen wir rüber zu unserer Beratung.«

Sie nahm ihm den Beutel mit dem schmelzenden Eis aus der Hand. »Im Haupthaus geben wir dir frisches.«

Schnuckelig, dachte sie, als sie Mantel und Schal holen ging. Wirklich sehr schnuckelig. War ihr das schon in der Schule aufgefallen? Vielleicht war er auch ein Spätzünder. Doch das Ergebnis war auf jeden Fall sehr attraktiv. So attraktiv, dass sie sogar ein leises Bedauern verspürt hatte, als sie noch gedacht hatte, er wäre ein Bräutigam.

Doch ein BB – ein Bruder der Braut – war ein ganz anderes Paar Schuhe.

Jedenfalls, wenn sie Interesse an ihm hätte.

Sie zog den Mantel an, legte den Schal um, erinnerte sich dann an den böigen Wind und setzte eine Mütze auf. Als sie wieder herunterkam, stellte Carter gerade brav sein Glas in die Spüle.

Sie griff zu der riesigen Stofftasche, in der sich ein paar der Alben befanden, und reichte sie ihm. »Bitte sehr. Die kannst du tragen. Sie ist schwer.«

»Das stimmt allerdings.«

»Ich nehme diese.« Sie griff zu der zweiten Tasche und zu einer kleineren. »Drüben wartet eine Braut auf ihre fertigen Alben, und eine andere soll gleich wegen ihrer Probeabzüge kommen. Das wird im Haupthaus gemacht, wie die Beratung.«

»Ich möchte mich noch einmal dafür entschuldigen, dass ich vorhin so hereingeplatzt bin. Ich hatte geklopft, aber es hat niemand geantwortet. Ich habe die Musik gehört, also bin ich einfach reingegangen, und dann …«

»Der Rest ist Geschichte.«

»Ja. Ach, willst du die Musik nicht ausschalten?«

»Richtig. Ich höre sie schon gar nicht mehr.« Mac schnappte sich die Fernbedienung, drückte auf »Off« und warf sie wieder hin. Noch bevor sie die Tür öffnen konnte, war Carter vorausgeeilt und hielt sie ihr auf. »Wohnst du noch in Greenwich?«, fragte sie, als die eisige Luft ihre Lungen traf.

»Na ja, eher wieder als noch. Eine Zeitlang habe ich in New Haven gelebt.«

»Yale.«

»Ja, ich habe ein bisschen an meiner Doktorarbeit gebastelt und ein paar Jahre unterrichtet.«

»In Yale.«

»Ja.«

Sie sah ihn schärfer an, während sie den Gartenweg hinuntergingen. »Im Ernst?«

»Klar. Es gibt Leute, die in Yale unterrichten. Ist sogar sehr zu empfehlen, angesichts dieser Studenten.«

»Also bist du eine Art Professor.«

»Das bin ich, nur, dass ich jetzt hier unterrichte. An der Winterfield Academy.«

»Du bist zurückgekommen, um an deiner alten Schule zu unterrichten? Das ist ja süß.«

»Ich hatte Heimweh. Und Teenager zu unterrichten ist interessant.«

Mac dachte, dass es heikler sein musste, aber vielleicht war das ja das Interessante. »Was unterrichtest du?«

»Englische Literatur, kreatives Schreiben.«

»Henry der Fünfte.«

»Genau. Mrs Brown hat mich ein paarmal hierher eingeladen, als ich mit Del zusammengearbeitet habe. Das mit ihrem Unfall hat mir leidgetan. Sie war so eine nette Frau.«

»Sie war die Beste. Wir können hier reingehen. Es ist zu kalt, um außen herum zu laufen.«

Sie führte ihn durch den Windfang ins Haus, in die Wärme. »Du kannst deine Sachen hier verstauen. Du bist immer noch früh dran. Wir organisieren dir gleich einen Kaffee.« Während sie sprach, warf sie mit raschen Bewegungen Mantel, Schal und Mütze ab. »Heute ist keine Feier, also ist die Hauptküche frei.«

Sie griff nach ihren Taschen, während er sorgfältig seinen Mantel aufhängte, ganz anders als sie, die ihren lediglich in Richtung des Garderobenhakens geworfen hatte. Sie schien vor Bewegungsdrang zu vibrieren, während sie stillstand und wartete, bis er die große Tasche hochgehievt hatte.

»Wir suchen dir ein Plätzchen, wo du …« Mac brach ab, als Emma auf dem Weg in die Hauptküche vorbeikam.

»Da bist du ja. Parker wollte schon … Carter?«

»Hallo, Emmaline. Wie geht’s?«

»Gut. Prima. Warum bist du … Sherry. Ich wusste nicht, dass du mit Sherry kommst.«

»Mit Sherry – ja und nein. Das erklärt er dir noch«, warf Mac ein. »Kannst du ihm einen Kaffee machen und ihm einen Eisbeutel für seinen Kopf geben? Ich muss die hier der Braut bringen.«

Mac nahm Carter die schwere Tasche ab, und weg war sie.

Emma schob die Lippen vor, während sie die Schramme begutachtete. »Autsch. Was hast du gemacht?«

»Bin gegen eine Wand gelaufen. Aber das Eis kannst du weglassen; es geht schon.«

»Na, dann komm rein, setz dich und trink einen Kaffee. Ich wollte gerade noch etwas für die Beratung vorbereiten.« Sie ging voraus und deutete auf einen Hocker an einer langen, honigfarbenen Theke. »Bist du zur moralischen Unterstützung des Brautpaars hier?«

»Ich springe für den Bräutigam ein. Er hatte einen Notfall.«

Emma nickte, während sie Tasse und Untertasse hervorholte. »Das kommt bei Ärzten vor. Und bist du nicht Sherrys tapferes Bruderherz?«

»Ich habe Nein gesagt, auf verschiedenste Weise. Aber es war zwecklos. Danke«, fügte er hinzu, als Emma ihm Kaffee einschenkte.

»Mach es dir bequem. Du brauchst nur hier zu sitzen und Kekse zu essen.«

Carter versenkte ein wenig Sahne in seinem Kaffee. »Kann ich das schriftlich haben?«