Spuren der Hoffnung - Nora Roberts - E-Book
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Spuren der Hoffnung E-Book

Nora Roberts

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Beschreibung

Iona verlässt Baltimore, um sich im sagenumwobenen County Mayo auf die Suche nach ihren Vorfahren zu machen. Als sie den attraktiven Boyle trifft, bietet er ihr an, auf seinem Gestüt zu arbeiten. Schnell spüren beide, dass sie mehr verbindet als die gemeinsame Leidenschaft für Pferde. Doch dann droht ein dunkles Familiengeheimnis das Glück der beiden zu zerstören.

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NORA ROBERTS

SPUREN DER HOFFNUNG

Roman

Aus dem Amerikanischen von Katrin Marburger

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

 

Die Originalausgabe DARK WITCH, BOOK ONE OF THE COUSINS O’DWYER TRILOGY erschien 2013 bei The Berkeley Publishing Group, Penguin Group (USA) LLC, New York

Das Eingangszitat stammt aus William Shakespeare: Macbeth. Zweisprachige Ausgabe. Neu übersetzt und mit Anmerkungen

versehen von Frank Günther. München, dtv, 1995, S. 9.

Vollständige deutsche Erstausgabe 05/2014

Copyright © 2013 by Nora Roberts

Published by Arrangement with Eleanor Wilder

Copyright © 2014 der deutschsprachigen Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlaggestaltung: Eisele Grafik-Design, München

unter Verwendung von © Lukasz Pajor/shutterstock,

pp76/Fotolia.com

Satz: Christine Roithner Verlagsservice, Breitenaich

ISBN: 978-3-641-13317-7

www.heyne.de

 

Der Kraft der Familien,

derer, die geboren werden,

derer, die wir erschaffen.

 

 

Wann wieder wolln wir dreie uns sehn?

Im Donner, im Blitz oder Sturmregenwehn?

Wenn das Tohuwabohu vollbracht,

Wenn verlorn und gewonnen die Schlacht.

WILLIAM SHAKESPEARE,Macbeth

 

 

1

Winter 1263

Nahe beim Schatten des Schlosses, tief im grünen Wald, führte Sorcha ihre Kinder durch die Dunkelheit nach Hause. Die beiden jüngsten ritten auf dem stämmigen Pony, wobei sich der Kopf der knapp dreijährigen Teagan bei jedem Schritt des Pferdes hob und senkte. Sie ist müde, dachte Sorcha, nach der auf­regenden Imbolgfeier, den Freudenfeuern und dem Festmahl. »Pass auf deine Schwester auf, Eamon.«

Für den fünfjährigen Eamon bestand das Aufpassen darin, dass er die kleine Schwester mal kurz knuffte, bevor er weiter an den Bannocks knabberte, die seine Mutter am Morgen gebacken hatte.

»Gleich bist du daheim im Bettchen«, beschwichtigte Sorcha, als Teagan quengelte. »Wir sind bald da.« Sie war zu lange auf der Lichtung geblieben, dachte sie jetzt. Und auch wenn an Imbolg die ersten Regungen im Bauch von Mutter Erde gefeiert wurden, brach die Winternacht zu rasch und abrupt herein. Es war bislang ein schlimmer Winter gewesen, mit klirrend kaltem Wind, Schneetreiben und Eisregen. Der Nebel hielt sich seit Monaten, wabernd und wallend zog er Schleier vor Sonne und Mond. Zu oft hatte sie in diesem Wind, diesem Nebel ihren Namen vernommen – ein Lockruf, dem Folge zu leisten sie sich weigerte. Zu oft hatte sie in dieser Welt aus Weiß und Grau das Dunkel gesehen. Sie wollte damit nichts zu schaffen haben. Ihr Mann hatte sie angefleht, die Kinder zu nehmen und bei seiner Fine, der Sippe, zu bleiben, während er seine Kämpfe führte. Als Frau des Cennfine, des Clanchefs, öffneten sich ihr alle Türen. Doch sie brauchte ihren Wald, ihre Hütte, ihr Heim. Sie brauchte ihren Freiraum wie die Luft zum Atmen. Stets kümmerte sie sich um die Ihren, um Heim und Herd, um ihre Hexenkunst und ihre Pflichten. Und vor allem um die wundervollen Kinder, die sie und Daithi bekommen hatten. Sie fürchtete sich nicht vor der Nacht. Sie war als die »Dunkle Hexe« bekannt, und ihre Macht war groß. Doch gerade jetzt war sie nur eine Frau, die ihren Mann vermisste, sich nach seiner Wärme sehnte, nach dem schönen, straffen Körper, der sich im kalten, einsamen Dunkel an den ihren drängte. Was kümmerte sie der Krieg? Was die Gier und die ehrgeizigen Ziele all der Klein­könige? Sie wollte ihren Mann heil und gesund zurückhaben. Wenn er heimkam, würden sie noch ein Baby machen, und sie würde wieder ein Leben in sich spüren. Immer noch betrauerte sie jenes Leben, das sie in einer furchtbar schwarzen Nacht verloren hatte, in der die ersten Winterwinde wie ein Weinen durch ihren Wald gefahren waren. Wie viele hatte sie geheilt? Wie viele hatte sie gerettet? Und doch, als das Blut aus ihr geflossen, als dieses zarte Leben zerronnen war, hatte keine Magie, kein Opfer, kein Handel mit den Göttern es retten können. Natürlich wusste sie, dass es leichter war, andere zu heilen als sich selbst. Und die Götter waren launisch wie ein flatterhaftes junges Ding im Mai.

»Schau mal!« Brannaugh, mit sieben Jahren ihre Älteste, sprang vom Weg, den großen Hund der Familie dicht auf den Fersen. »Der Schwarzdorn blüht! Das ist ein Zeichen.«

Jetzt erkannte sie es auch, den Hauch cremeweißer Blüten zwischen dem Gewirr aus schwarzen Zweigen. Ihr erster, bitterer Gedanke war, dass ihr Schoß leer blieb, während Brighid, die Göttin der Fruchtbarkeit, die Erde segnete. Dann sah sie zu, wie ihre Tochter, ihr erster Stolz, mit scharfem Blick und rosigen Wangen durch den Schnee wirbelte. Sie war gesegnet, ermahnte sich Sorcha, dreifach gesegnet.

»Das ist ein Zeichen, Ma.« Brannaughs dunkles Haar flog bei jeder Drehung, während sie das Gesicht dem schwindenden Licht entgegenhob. »Dass der Frühling kommt.«

»Ja, das ist es. Ein gutes Zeichen.« Genau wie der trübe Tag, an dem die alte Hexe Cailleach ohne helles Sonnenlicht kein Feuerholz fand. Der Frühling würde zeitig kommen, so sagte es die Legende. Der Schwarzdorn blühte üppig und lockte die Blumen, es ihm gleichzutun. Sorcha sah die Hoffnung in den Augen ihres Kindes, so wie sie sie beim Freudenfeuer in anderen Augen gesehen und in den Stimmen gehört hatte. Und sie suchte in ihrem Inneren nach einem Fünkchen Hoffnung – doch sie fand nichts als Furcht. Heute Abend würde er wiederkommen – sie konnte ihn schon spüren. Lauernd, abwartend, Ränke schmiedend. Hinein, dachte sie, schnell hinein in die Hütte hinter die verriegelte Tür, wo sie ihre Amulette ausgelegt hatte, um ihre Kinder zu beschützen. Um sich selbst zu beschützen. Sie schnalzte mit der Zunge, um das Pony anzutreiben, und pfiff nach dem Hund. »Komm jetzt, Brannaugh, deine Schwester schläft schon fast.«

»Im Frühling kommt Da nach Hause.«

Obwohl ihr das Herz immer noch schwer war, lächelte Sorcha und nahm Brannaughs Hand. »So ist es, zu Bealtaine kommt euer Vater nach Hause, und dann feiern wir ein großes Fest.«

»Kann ich ihn heute Abend sehen, mit dir? Im Feuer?«

»Es gibt noch viel zu tun. Vor dem Schlafengehen müssen die Tiere versorgt werden.«

»Nur ganz kurz?« Brannaugh hob das Gesicht zu Sorcha, ihre rauchgrauen Augen bettelten. »Ich will ihn nur ganz kurz sehen, dann kann ich träumen, er wäre wieder zu Hause.«

Genau wie sie selbst, dachte Sorcha, und nun kam ihr Lächeln von Herzen. »Ganz kurz, m’inion, meine Tochter, wenn die ­Arbeit getan ist.«

»Und du nimmst deine Medizin.«

Sorcha runzelte die Stirn. »Ja? Sehe ich so aus, als ob ich sie bräuchte?«

»Du bist immer noch blass, Ma.« Brannaughs Stimme übertönte den Wind.

»Nur ein klein wenig müde, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Nun halt deine Schwester fest, Eamon! Alastar riecht, dass es nach Hause geht, und Teagan fällt gleich runter.«

»Sie reitet besser als Eamon«, beruhigte sie Brannaugh, »und auch besser als ich.«

»Ja, das Pferd ist ihr Talisman, aber sie schläft gleich ein auf seinem Rücken.«

Der Weg machte eine Biegung; die Hufe des Ponys klangen laut auf dem gefrorenen Boden, während es auf den Stall neben der Hütte zu trottete.

»Eamon, kümmere dich um Alastar, gib ihm heute Abend eine extra Schaufel Körner. Du hast dich auch satt gegessen, oder?«, sagte sie, als ihr Sohn zu maulen begann. Er grinste ihr zu, hinreißend wie ein Sommermorgen, und obwohl er flink wie ein Wiesel absitzen konnte, streckte er die Arme aus. Er war schon immer verschmust gewesen, dachte Sorcha und drückte ihn an sich, als sie ihn herunterhob. Brannaugh brauchte sie nicht aufzufordern, ihre Arbeit zu erledigen. Das Mädchen führte den Haushalt schon fast so gut wie die Mutter selbst.

Sorcha nahm Teagan auf den Arm und murmelte beruhigend auf sie ein, während sie die Kleine in die Hütte trug. »Zeit für süße Träume, Liebes.«

»Ich bin ein Pony, und ich galoppiere den ganzen Tag.«

»O ja, das allerschönste Pony und das allerschnellste.«

Aufgrund ihrer langen Abwesenheit glomm das Feuer nur noch und vermochte kaum, die Kälte zu vertreiben. Als sie ihre Jüngste zum Bett trug, streckte Sorcha eine Hand zur Feuer­stelle aus.

Die Flammen loderten auf, züngelten über die Asche. Sorcha legte Teagan in die Nische, strich ihr das Haar glatt – sonnenblond wie das ihres Vaters – und wartete, bis ihr die Augen – tief und dunkel wie die ihrer Mutter – zufielen.

»Hab nur süße Träume«, murmelte sie und berührte das Amulett, das sie über den Betten ihrer Kinder aufgehängt hatte. »Wohlbehalten durch die Nacht. Das, was du bist und was du siehst, werde durch das Dunkel zum Licht gebracht.«

Sie küsste die zarte Wange. Als sie sich aufrichtete, ließ ein Ziehen in ihrem Bauch sie aufstöhnen. Der Schmerz kam und ging, wurde jedoch stärker, je länger der Winter anhielt. Also würde sie den Rat ihrer Tochter befolgen und sich einen Heiltrank brauen. »Brighid, an diesem deinem Tag hilf mir, gesund zu werden. Ich habe drei Kinder, die mich brauchen. Ich kann sie nicht alleinlassen.«

Sie verließ die schlafende Teagan und ging, um den älteren Kindern bei der Hausarbeit zu helfen. Als die Nacht hereinbrach, zu rasch, zu früh, verschloss sie die Tür, bevor sie ihr abendliches Ritual mit Eamon wiederholte.

»Ich bin überhaupt nicht müde«, behauptete dieser, obwohl ihm die Augen zufielen.

»Oh, das sehe ich. Ich sehe, dass du putzmunter bist. Fliegst du heute Nacht wieder, mhic, mein Sohn?«

»Ja, hoch in den Himmel. Bringst du mir morgen noch mehr bei? Kann ich in der Frühe Roibeard mit hinausnehmen?«

»Sowohl als auch. Der Habicht gehört dir, du siehst ihn, du kennst ihn und fühlst ihn. Und jetzt schlaf.« Sie wuschelte ihm durch das rindenbraune Haar und küsste ihm die Augen zu, die wild und blau waren wie die seines Vaters.

Als sie vom Dachboden herunterkam, fand sie Brannaugh schon am Feuer sitzen, mit dem Hund, der ihr gehörte. Sie sah aus wie das blühende Leben und strotzte – der Göttin sei Dank – vor Gesundheit und jener Kraft, die sie noch nicht ganz beherrschte oder verstand. Sorcha betete, dass dafür genug Zeit blieb.

»Ich hab den Trank gemacht«, sagte Brannaugh. »Genau wie du es mir gezeigt hast. Wenn du ihn getrunken hast, geht es dir bestimmt besser.«

»Sorgst du jetzt für mich, mo chroi, mein Herz?« Lächelnd nahm Sorcha den Trank, schnupperte daran, nickte. »Dafür hast du ein Händchen, eindeutig. Die Heilkunst ist eine starke Gabe. Damit bist du willkommen und wirst gebraucht, wo immer du auch hingehst.«

»Ich will nirgendwo hingehen. Ich will hier bei dir und Da sein und bei Eamon und Teagan, für immer.«

»Eines Tages schaust du vielleicht über unseren Wald hinaus. Und du wirst einen Mann haben.«

Brannaugh schnaubte. »Ich will keinen Mann. Was soll ich mit einem Mann?«

»Ach, das ist eine Geschichte für ein andermal.« Sorcha setzte sich zu ihrer Tochter ans Feuer, legte ein breites Schultertuch um sie beide und schlürfte ihren Trank. Als Brannaugh ihre Hand berührte, drehte sie sie um und verschränkte die Finger mit denen ihrer Tochter. »Also gut, aber nur einen Augenblick. Du brauchst deinen Schlaf.«

»Kann ich es machen? Kann ich die Vision kommen lassen?«

»Na, dann schau mal, was du kannst. Tu, was du willst. Sieh ihn, Brannaugh, den Mann, von dem du abstammst. Es ist Liebe, die ihn herbringt.«

Sorcha schaute zu, wie der Rauch aufwirbelte, die Flammen aufflackerten und sich wieder beruhigten. Gut, dachte sie beeindruckt. Das Mädchen lernte rasch. In den Höhlungen und Senken der Flamme versuchte das Bild, Gestalt anzunehmen. Ein Feuer in einem Feuer. Silhouetten, Bewegungen und einen Moment lang das Gemurmel weit entfernter Stimmen. Sie sah den intensiven Ausdruck im Gesicht ihrer Tochter, die feinen Schweißperlen, die sich durch die Anstrengung bildeten. Zu viel, dachte sie, für so einen jungen Menschen.

»Komm«, sagte sie ruhig. »Wir machen es zusammen.«

Sie ließ ihre Kraft wirken, vereinte sie mit der Brannaughs. Ein kurzes Brausen, ein Rauchwirbel, ein Funkensprühen. Dann Stille. Und da war er, der Mann, nach dem sie sich beide sehnten. Er saß an einem anderen Feuer in einem Steinkreis. Sein helles Haar fiel geflochten über den dunklen Umhang, der um die breiten Schultern lag. Die dealg – die Nadel seines Rangs –, die daran steckte, glitzerte im Schein der Flammen. Die Brosche, die sie für ihn in Feuer und Magie geschmiedet hatte – der Hund, der Hengst, der Habicht.

»Er wirkt erschöpft«, sagte Brannaugh und lehnte den Kopf an den Arm der Mutter. »So gut wie er sieht kein anderer Mann aus.«

»So ist er. Gut aussehend, stark und tapfer.« Oh, wie sie sich nach ihm sehnte.

»Kannst du sehen, wann er nach Hause kommt?«

»Man kann nicht alles sehen. Vielleicht bekomme ich ein Zeichen, wenn er sich nähert. Aber heute Abend sehen wir, dass er heil und gesund ist, und das genügt.«

»Er denkt an dich.« Brannaugh blickte ihrer Mutter ins Gesicht. »Das spüre ich. Kann er fühlen, dass wir an ihn denken?«

»Er hat die Gabe nicht, aber er hat das Herz, die Liebe. Also spürt er es vielleicht. So, und jetzt ab ins Bett. Ich komme gleich nach.«

»Der Schwarzdorn blüht, und die alte Hexe hat die Sonne heute nicht gesehen. Er kommt bald nach Hause.« Brannaugh stand auf und gab ihrer Mutter einen Kuss. Der Hund kraxelte mit ihr die Leiter hinauf.

Allein betrachtete Sorcha ihren Geliebten im Feuer. Und allein weinte sie.

Als sie ihre Tränen trocknete, hörte sie wieder den Lockruf. Er werde sie trösten, sie wärmen – so klangen seine verführe­rischen Lügen. Er werde ihr alles geben, was sie sich wünsche, und noch mehr. Sie brauche sich ihm nur hinzugeben.

»Ich werde Euch nie gehören.«

Doch, das werdet Ihr. Ihr seid schon mein. Kommt jetzt und entdeckt all die Freuden, all den Ruhm. Die Macht.

»Niemals bekommt Ihr mich oder das, was ich in mir trage.«

Nun veränderte sich das Bild im Feuer, und er erschien in den Flammen – Cabhan, dessen Macht und Ziele finsterer waren als die Winternacht. Der sie wollte, ihren Leib, ihre Seele, ihre Hexenkraft. Der Zauberer begehrte sie, denn sie spürte sein Verlangen wie schweißnasse Hände auf ihrer Haut. Doch mehr noch, das wusste sie, begehrte er ihre Gabe. Seine Gier danach hing schwer in der Luft.

In den Flammen lächelte er, so gut aussehend, so unbarm­herzig.

Ich kriege Euch, Sorcha die Dunkle. Euch und alles, was Ihr seid. Wir sind füreinander bestimmt. Wir sind gleich.

Nein, dachte sie, wir sind nicht gleich, sondern wie Tag und Nacht, Hell und Dunkel, die sich nur in Schatten vereinen.

So allein seid Ihr und tragt so eine Last. Euer Mann lässt Euch ein kaltes Bett zurück. Kommt, wärmt Euch in meinem, spürt die Hitze, lasst sie mit mir entstehen. Gemeinsam beherrschen wir die Welt.

Sorchas Kräfte ließen nach, das Ziehen in ihr verwandelte sich in Schmerzen. Sie stand auf und ließ den warmen Wind durch ihr Haar wehen. Ließ die Kraft in sich strömen, bis sie aus ihr strahlte. Und sah in den Flammen das heiße Verlangen in Cabhans Antlitz.

Das ist es, was er will, dachte sie, die Herrlichkeit, die durch mein Blut strömt. Und die wird er nie bekommen.

»Kennet mich, spürt meine Macht, damals, heute, Tag und Nacht. Dunkles Begehren bietet Ihr mir, in Rauch und Feuer erscheint Ihr hier. Verraten soll ich Blut, Kind und Mann, alles beherrschen, nehm ich Euch nur an. Meine Antwort kommt geschwind durch das Meer und den Wind. Erhebt euch, Jungfer, Mutter, Alte, zu drei’n, wie ich es will, so möge es sein.«

Sie warf die Arme wirbelnd in die Luft, ließ der weiblichen Wut freien Lauf und schleuderte den Zorn in Richtung von Cabhans Herzschlag. Sie empfand ein jähes, wildes Lustgefühl, als sie ihn vor Wut und Schmerz schreien hörte und beides auf seinem Gesicht in den Flammen aufflackern sah …

Dann war das Feuer nur noch ein Feuer, das zur Nacht heruntergebrannt war und doch durch seine Wärme ein wenig gegen die bittere Kälte half. Ihre Hütte war nur noch eine Hütte, still und dunkel. Und sie war nur eine Frau, allein mit ihren schlafenden Kindern.

Sie sank auf den Stuhl und schlang einen Arm um das Ziehen in ihrem Bauch. Cabhan war fort, vorerst. Doch ihre Angst blieb, die Angst vor ihm und davor, dass sie, wenn kein Zaubertrank oder Gebet ihren Leib heilte, ihre Kinder mutterlos zurücklassen würde.

Schutzlos.

Als sie erwachte, hatte sich ihre Jüngste bei ihr zusammengerollt. Sie suchte Trost, selbst als Sorcha sich umdrehte, um aufzustehen. »Ma, Ma, bleib hier.«

»Na komm, mein Sonnenschein. Ich habe zu tun. Und du solltest eigentlich in deinem Bett liegen.«

»Der böse Mann war da. Er hat meine Ponys getötet.«

Panik schloss sich um Sorchas Herz wie eine Faust. Cabhan rührte ihre Kinder an – ihren Leib, ihren Geist, ihre Seele? Unsagbare Angst, unsagbarer Zorn stiegen in ihr auf.

»Nur ein Traum, Kleines.« Sie zog Teagan an sich, wiegte und beruhigte sie. »Nur ein Traum.«

Doch Träume waren mächtig und gefährlich.

»Meine Ponys haben geschrien, und ich konnte sie nicht retten. Er hat sie angezündet, und sie haben geschrien. Alastar ist gekommen und hat den bösen Mann umgeworfen. Dann bin ich auf Alastar weggeritten, aber ich konnte die Ponys nicht retten. Ich hab Angst vor dem bösen Mann in dem Traum.«

»Er tut dir nichts. Ich lasse nicht zu, dass er dir jemals etwas tut. Und es waren nur Traumponys.« Mit fest geschlossenen Augen küsste Sorcha Teagans helles, zerzaustes Haar, ihre Wangen. »Wir träumen von noch mehr Ponys. Von grünen und blauen.«

»Grüne Ponys!«

»O ja, grün wie die Hügel.« Sorcha knuddelte Teagan und hob eine Hand, ließ ihren Finger kreisen, schneller, immer schneller, bis lauter Ponys – blaue, grüne, rote, gelbe – über ihren Köpfen in der Luft tanzten. Als sie ihre Jüngste kichern hörte, verbannte Sorcha ihre Ängste, ihre Wut, sperrte sie entschlossen weg. Er würde ihren Kindern niemals etwas antun. Eher würde sie ihn umbringen und sich selbst auch, bevor sie das zuließe.

»Jetzt alle Ponys ran an den Hafer! Und du kommst mit mir, dann frühstücken wir auch.«

»Gibt es Honig?«

»Ja.« Sorcha musste lächeln. »Für brave Mädchen gibt es Honig.«

»Ich bin brav!«

»Du bist der allerliebste, allersüßeste Schatz.«

Sie nahm Teagan auf den Arm, und ihre Kleine klammerte sich an sie, flüsterte ihr ins Ohr: »Der böse Mann hat gesagt, mich holt er als Erstes, weil ich am jüngsten und schwach bin.«

»Er holt dich niemals, das schwöre ich dir bei meinem Leben.«

Sorcha hielt Teagan ein wenig von sich weg, sodass ihre Tochter in ihren Augen sehen konnte, dass sie die Wahrheit sagte. »Ich schwöre es dir. Und, mein Liebes, schwach bist du nicht und wirst es auch nie sein.«

Dann schürte sie das Feuer, ließ Honig auf das Brot fließen, machte Kräutertee und Hafer. Sie alle würden Kraft brauchen für das, was sie an diesem Tag vorhatte. Was sie tun musste.

Ihr Junge kam vom Dachboden herunter, die Haare vom Schlaf verwuschelt. Er rieb sich die Augen und schnüffelte in der Luft wie ein Hund. »Ich hab mit dem schwarzen Zauberer gekämpft. Ich bin nicht weggelaufen.«

Sorchas Herz begann in ihrer Brust zu rasen. »Du hast geträumt. Erzähl mir davon.«

»Ich war an der Biegung des Flusses, wo unser Boot liegt, und er ist gekommen, und ich wusste gleich, dass er ein Zauberer ist, ein schwarzer, weil sein Herz schwarz ist.«

»Sein Herz.«

»Ich konnte in sein Herz sehen, obwohl er irgendwie so freundlich gelächelt und mir Honigkuchen angeboten hat. ›Hier, Junge‹, hat er gesagt, ›ich hab was Feines für dich.‹ Aber der Ku­chen war innen voller Würmer und schwarzem Blut. Ich habe gemerkt, dass er vergiftet war.«

»Du hast ihm ins Herz gesehen und in den Kuchen, in deinem Traum.«

»Ja, ehrlich.«

»Ich glaube dir.« Also steckte in ihrem kleinen Mann mehr, als sie gedacht hatte.

»Ich hab zu ihm gesagt: ›Esst den Kuchen selbst, denn es ist der Tod in Eurer Hand.‹ Aber er hat ihn weggeworfen, und die Würmer sind herausgekrochen und zu Asche verbrannt. Dann wollte er mich im Fluss ertränken, aber ich hab mit Steinen nach ihm geschmissen. Dann ist Roibeard gekommen.«

»Hast du den Habicht im Traum gerufen?«

»Ich hab mir gewünscht, er wäre da, und auf einmal kam er und fuhr die Klauen aus. Dann ist der schwarze Zauberer weggegangen, wie Rauch im Wind. Und ich bin in meinem Bett aufgewacht.«

Sorcha zog den Jungen an sich, strich ihm übers Haar. Sie hatte ihre Wut auf Cabhan losgelassen, daher hatte er versucht, sich an ihre Kinder heranzumachen. »Du bist tapfer, Eamon. Jetzt komm frühstücken. Wir müssen die Tiere versorgen.«

Sorcha ging auf Brannaugh zu, die am Fuß der Leiter stand. »Und du auch.«

»Er ist in meinen Traum gekommen. Er hat gesagt, er macht mich zu seiner Braut. Er … hat versucht, mich anzufassen. Hier.« Blass bedeckte Brannaugh ihre Brust mit den Händen. »Und hier.« Sie legte die Hände an ihren Schritt. Zitternd presste sie das Gesicht an ihre Mutter, die sie umarmte. »Ich hab ihn verbrannt. Ich weiß nicht, wie, aber ich hab seine Finger verbrannt. Er hat mich verflucht und die Hände zu Fäusten geballt. Kathel ist gekommen, aufs Bett gesprungen und hat geknurrt und geschnappt. Dann war der Mann weg. Aber er hat versucht, mich anzufassen, und er hat gesagt, er macht mich zu seiner Braut, aber …«

Mit der Angst erwachte Sorchas Zorn. »Das wird er niemals tun. Das schwöre ich. Er wird dich niemals anrühren. Und jetzt iss. Esst alle. Es gibt viel zu tun.«

Sorcha schickte die Kinder hinaus, um den Tieren Futter und Wasser zu geben, die Boxen auszumisten und die Kuh zu melken.

Als sie allein war, bereitete sie sich vor, suchte ihre Gerätschaften zusammen. Die Schüssel, die Glocken, die Kerzen, das hei­lige Messer und den Kessel. Sie wählte die Kräuter aus, die sie gezogen und getrocknet hatte. Und die drei Kupferarmbänder, die Daithi ihr vor langer Zeit auf einem Sommerjahrmarkt gekauft hatte. Sie ging nach draußen, atmete die Luft tief ein und hob die Arme, um den Wind zu wecken.

Sie rief den Habicht. Er kam mit einem Schrei, der über die Bäume und die dahinter liegenden Hügel hallte, dass die Diener im Schloss am Fluss die Augen zum Himmel wandten. Seine Schwingen, weit ausgebreitet, fingen den Schein der Wintersonne ein.

Sorcha hob den Arm, sodass die gefährlichen Klauen sich um ihren Lederhandschuh krallten. Sie sah in die Augen des Habichts, und er in ihre. »Flink und weise, stark und furchtlos. Du gehörst Eamon, aber auch mir. Du dienst allem, was von mir kommt. Die meinen dienen allem, was von dir kommt. Ich brauche dich, und ich bitte dich um dies für meinen Sohn, für deinen Herrn und Diener.«

Sie zeigte ihm das Messer; sein Blick blieb unverwandt fest. »Roibeard, ich bitte dich um ein Gut, aus deiner Brust dreimal einen Tropfen Blut. Um eine Feder aus deinen Schwingen, dafür will ich deinen Ruhm besingen. Damit mein Sohn bewahrt wird vor Wehe – dies geschehe.«

Sie stach den Habicht und hielt das Fläschchen bereit, um die drei Tropfen aufzufangen. Dann riss sie ihm eine einzelne Feder aus. »Meinen Dank«, raunte sie. »Bleib noch in der Nähe.«

Er erhob sich von ihrer Hand, schwebte jedoch nur zum Ast eines Baumes hinauf. Dort schloss er die Schwingen und sah ihr aufmerksam zu.

Sie pfiff nach dem Hund. Kathel schaute sie vertrauensvoll an. »Du gehörst Brannaugh, aber auch mir«, begann sie und wiederholte das Ritual, fing die drei Blutstropfen auf und zupfte ein paar Haare aus dem Fell an der Flanke.

Zuletzt ging sie in den Stall, mitten hinein ins Gelächter ihrer Kinder, die dort bei der Arbeit waren. Das verlieh ihr Kraft. Sie strich dem Pony mit der Hand über das Gesicht.

Als Teagan das Messer sah, stürzte sie herbei. »Nicht!«

»Ich tue ihm nicht weh. Er gehört dir, aber auch mir. Er dient allem, was von mir kommt und von dir, so wie du allem dienst, was von ihm kommt. Ich brauche dich, Alastar, und ich bitte dich um dies für meine Tochter, für deine Herrin und Dienerin.«

»Schneide ihn nicht. Bitte!«

»Nur ein Piks, ein Kratzer, und nur, wenn er einwilligt. Alastar, ich bitte dich um ein Gut, aus deiner Brust dreimal einen Tropfen Blut. Aus deiner Mähne etwas Haar, und ich will singen deinen Ruhm, fürwahr. Damit meine Tochter bewahrt wird vor Wehe – dies geschehe. Nur drei Tropfen«, sagte Sorcha ruhig, während sie das Pony mit der Spitze des Messers stach. »Nur ein wenig von seiner Mähne. So ist es gut.« Obwohl Alastar ganz still stand, mit weisem, ruhigem Blick, legte Sorcha die Hände auf den kleinen, oberflächlichen Schnitt und ließ ihre Hexenkraft hineinströmen, um ihn zu heilen, weil ihre Tochter so ein weiches Herz hatte.

»Kommt jetzt mit mir, alle drei.« Sorcha hob Teagan auf ihre Hüfte und ging voran zum Haus. »Ihr wisst, was ich bin. Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht. Ihr wisst auch, dass ihr die Gabe habt, jeder von euch. Das habe ich euch immer gesagt. Eure Hexenkraft ist noch jung und unschuldig. Eines Tages wird sie stark und mächtig sein. Ihr müsst sie ehren. Ihr dürft sie nicht anwenden, um jemandem zu schaden, denn der Schaden, den ihr jemandem zufügt, wird dreifach auf euch zurückfallen. Die Hexenkraft ist eine Waffe, ja, doch keine, die gegen die Gutartigen, die Schwachen, die Schuldlosen erhoben werden darf. Sie ist eine Gabe und eine Bürde, und ihr alle werdet beides tragen. Ihr alle werdet beides an jene weitergeben, die aus euch hervorgehen. Heute lernt ihr noch mehr. Beherzigt, was ich sage und tue. Schaut zu, hört zu, erkennt.«

Als Erstes wandte sie sich an Brannaugh. »Dein Blut und meins mit dem Blut des Hundes. Blut ist Leben. Es zu verlieren bedeutet den Tod. Drei Tropfen von dir, drei Tropfen von mir, dazu des Hundes Lebenssaft, so erhält der Zauber seine Kraft.«

Ohne zu zögern, legte Brannaugh die Hand in die der Mutter und hielt still, als Sorcha sie mit dem Messer ritzte.

»Mein Junge«, sagte Sorcha zu Eamon. »Drei Tropfen von dir, drei Tropfen von mir, dazu des Habichts Blut, so sind’s drei Teile gut.«

Obwohl seine Lippen zitterten, streckte Eamon die Hand aus.

»Und jetzt mein Kleines. Hab keine Angst.« In Teagans Augen standen Tränen, doch sie sah ihre Mutter feierlich an, als sie die Hand ausstreckte.

»Drei Tropfen von dir, drei Tropfen von mir, der Hengst als Führer dazu, so wirkt der Zauber im Nu.«

Sie vermischte das Blut, küsste Teagans kleine Hand. »Na siehst du, schon geschafft.«

Sie hob den Kessel in die Höhe, ließ die Fläschchen in den Beutel an ihrer Taille gleiten. »Bringt den Rest mit. Das hier machen wir am besten draußen.«

Sie wählte ihre Stelle aus, auf festem Boden mit Schneeklumpen im Schatten der Bäume.

»Sollen wir Feuerholz holen?«, fragte Eamon.

»Nicht dafür. Stellt euch hierher, zusammen.« Sorcha ging an ihnen vorbei, rief die Göttin an, die Erde, den Wind, das Wasser und das Feuer. Und zog den Kreis. Die niedrige Flamme flackerte über dem Boden, folgte dem Rund, bis die Enden sich trafen. Und im Inneren stieg die Wärme auf wie der Frühling.

»Dies ist Schutz und gebietet Respekt. Das Böse kann nicht hereinkommen, das Dunkel kann nicht Herr über das Licht werden. Und was in diesem Kreis getan wird, wird um des Guten willen getan. Um der Liebe willen. Zuerst das Wasser, von Meer und Himmel.« Sie legte die Hände zu einer Schale zusammen, öffnete sie über dem Kessel, und Wasser, so blau wie ein sonnenbeschienener See, strömte heraus, strömte hinein. »Und die Erde, unser Land, unsere Herzen.« Sie schnippte mit den Fingern einer Hand, dann mit der anderen, und üppige braune Erde ergoss sich in den Kessel. »Und die Luft, Lied des Windes, Atem des Leibs.« Sorcha breitete die Arme aus und pustete. Wie Musik strömte die Luft zu Erde und Wasser. »Nun das Feuer, Flamme und Wärme, Anfang und Ende.« Sorcha glühte, die Luft um sie herum flimmerte, ihre Augen brannten blau, als sie die Arme in die Luft reckte und die Hände wieder nach unten riss. Im Kessel brach ein Feuer aus, loderte auf, sprühte Funken.

»Diese hat euer Vater mir geschenkt. Sie sind ein Zeichen seiner Liebe und der meinen. Jeder von euch, ihr alle drei, kommt aus dieser Liebe.« Sie warf die drei Kupferarmbänder in die Flammen, rührte um und gab Fell, Haar und Feder hinein, dazu das Blut. »Durch der Göttin Macht und Wort steh ich heut an diesem Ort, dieser Zauber soll bewahren meine Kinder vor Gefahren, und alles, das kommt herfür aus ihnen und aus mir. Der Hengst, der Habicht, der Hund, das Blut schließt ihren Bund, zu schützen und zu dienen immerdar, in Freud und Leid, in Wohl und Gefahr. In Erd, Luft und Meer, in Feuer groß und klein, wie ich es will, so möge es sein.«

Sorcha reckte die Arme in die Luft und wandte ihr Gesicht zum Himmel. Das Feuer schoss hoch auf, rot und golden, im Kern gleißend blau, wirbelte und züngelte es in den kalten Winterhimmel hinauf. Die Erde bebte. Das eisige Wasser des Bachs begann zu tosen. Und der Wind heulte wie ein Wolf auf Beutezug.

Dann beruhigte es sich, erstarb, und es blieben nur die drei Kinder. Einander fest an den Händen haltend beobachteten sie, wie ihre Mutter – nun weiß wie Schnee – schwankte.

Als Brannaugh auf sie zugehen wollte, schüttelte Sorcha den Kopf. »Noch nicht. Hexerei ist Arbeit. Sie gibt, und sie nimmt. Sie muss zu Ende gebracht werden.«

Sie griff in den Kessel, nahm die drei Armbänder heraus. »Für Brannaugh den Hund, für Eamon den Habicht, für Teagan den Hengst.« Sie ließ ein Amulett über den Kopf jedes Kindes gleiten. »Das ist euer Zeichen und Schutz. Er beschützt euch. Ihr müsst ihn immer bei euch tragen. Immer. Der Böse kann euch in eurem Wesen nicht anrühren, wenn ihr euren Schutz habt, wenn ihr an seine Kraft glaubt, an meine und eure eigene. Eines Tages werdet ihr ihn an einen eurer Nachkommen weitergeben. Ihr werdet wissen, an wen. Ihr erzählt euren Kindern die Geschichte und singt die alten Lieder. Ihr nehmt die Gabe und gebt die Gabe.«

Teagan bewunderte ihr Amulett und lächelte, während sie das kleine Oval in der Sonne drehte. »Es ist schön. Es sieht aus wie Alastar.«

»Es stammt von ihm – und von dir und von mir und deinem Vater, deinem Bruder und deiner Schwester. Wie sollte es da nicht schön sein?« Sorcha beugte sich herab, um Teagan auf die Wange zu küssen. »Ich habe so schöne Kinder.«

Sie konnte kaum aufstehen und unterdrückte ein Stöhnen, als Brannaugh ihr auf die Beine half. »Ich muss den Kreis schließen. Wir werden jetzt alles ins Haus bringen.«

»Wir helfen dir«, sagte Eamon und nahm seine Mutter bei der Hand.

Gemeinsam mit ihren Kindern schloss sie den Kreis, ließ sie die Gerätschaften ins Haus bringen.

»Du musst dich ausruhen, setz dich ans Feuer.« Brannaugh zog ihre Mutter zu dem Stuhl. »Ich bereite dir einen Heiltrank.«

»Ja, einen starken. Zeig deinem Bruder und deiner Schwester, wie das gemacht wird.«

Sorcha lächelte, als Teagan ihr ein Schultertuch umlegte, ­Eamon eine Decke über ihre Knie breitete. Doch als sie die Hand nach der Tasse ausstreckte, die Brannaugh brachte, wehrte ihre Tochter ab und drückte die Haut rings um den Schnitt in ihrer Hand zusammen, bis drei Tropfen Blut in die Tasse tropften. »Blut ist Leben.«

Sorcha seufzte. »So ist es, ja. Danke.« Sie trank den Heiltrank und schlief ein.

2

Eine Woche lang, dann zwei, war sie stark, und ihre Kraft ließ nicht nach. Cabhan versuchte, sie zu brechen, er rannte dagegen an, schlich sich heran, doch Sorcha wehrte ihn ab.

Der Schwarzdorn blühte, auch die Schneeglöckchen, und das Licht kündete schon mehr vom Frühling als vom Winter.

Jeden Abend betrachtete Sorcha Daithi im Feuer. Wenn sie konnte, sprach sie zu ihm, wagte es, ihm ihren Geist zu senden, damit er ihm ihren Geruch, ihre Stimme, ihre Berührung brachte und mit Geruch, Stimme, Berührung des Geliebten zu ihr zurückkehrte.

Um sie so beide zu stärken.

Von Cabhan erzählte sie ihm nichts. Die Hexerei war ihre Welt. Sein Schwert, seine Faust, selbst sein Kriegerherz konnten jemanden wie Cabhan nicht besiegen. Die Hütte, die schon die ihre gewesen war, bevor sie Daithi zum Mann genommen hatte, musste sie allein verteidigen. Die Kinder, die sie zusammen gezeugt hatten, musste sie allein beschützen.

Und dennoch zählte sie die Tage bis Bealtaine, dem Tag, an dem er zu ihr nach Hause kommen würde.

Ihre Kinder gediehen, und sie lernten. Eine innere Stimme drängte Sorcha, ihnen alles, was sie vermochte, so rasch wie möglich beizubringen. Sie zweifelte keinen Augenblick daran.

So brachte sie abends im Schein von Talglicht und Feuer Stunden damit zu, ihre Zaubersprüche, ihre Rezepte, selbst ihre Gedanken aufzuschreiben. Und wenn sie das Heulen des Wolfs oder das Tosen des Windes hörte, beachtete sie es nicht.

Zweimal wurde sie zum Schloss gerufen, um jemanden zu heilen, und nahm ihre Kleinen mit, damit sie mit den anderen Kindern spielen konnten. Auch, um sie bei sich zu haben, damit sie sahen, mit welchem Respekt man der Dunklen Hexe begegnete.

Denn dieser Name und alles, was damit verbunden war, ­würde ihr Erbe sein.

Doch jedes Mal, wenn sie nach Hause zurückkehrten, benötigte sie einen Heiltrank, um die Kräfte wiederzubeleben, die das Anwenden des Heilzaubers an den Kranken aus ihr herausgesaugt hatte.

So sehr sie sich nach ihrem Mann sehnte und nach der Gesundheit, die sie – so fürchtete sie – niemals ganz wiedererlangen würde, unterrichtete sie ihre Kinder doch täglich in ihrer Kunst. Sie schaute von Weitem zu, wenn Eamon Roibeard rief, der jetzt mehr ihm als ihr gehörte, so wie es sein sollte. Beobachtete voller Stolz, wie ihre Jüngste Alastar ritt, unerschrocken wie ein Krieger. Und sie sah mit Stolz und Sorge zugleich, wie oft Brannaugh und ihr treuer Kathel Streifzüge durch den Wald unternahmen.

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