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Der schüchterne Flamingo-Gestaltwandler lebt im Schatten seines Rudels, gezwungen, sich in grellen Discos zur Schau zu stellen, zu flirten, sich zu betrinken und in die Abgründe von Drogen und fremde Händen abzurutschen. Er verliert sich selbst immer mehr – bis in einer Nacht der Wolf Carter erscheint. Ein dominanter Alpha, dessen rasende Eifersucht entfacht, als er sieht, wie andere seinen wahren Gefährten berühren. Zwischen Besitz, Lust und Gefahr beginnt ein Kampf um Freiheit und Liebe, in dem Carter nichts unversucht lässt, um den Flamingo zu retten – und ihn für immer an sich zu binden.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Kapitel 1 – Feder im Neonlicht
Kapitel 2 – Falsches Lächeln, gebrochene Flügel
Kapitel 3 – Masken aus Rauch
Kapitel 4 – Ein Wolf tritt ins Licht
Kapitel 5 – Gezähmte Flammen
Kapitel 6 – Käfig aus Dornen
Kapitel 7 – Besitzergreifende Schatten
Kapitel 8 – Wenn der Alpha tobt
Kapitel 9 – Gefieder im Feuer
Kapitel 10 – Gebrandmarkt vom Instinkt
Titelseite
Inhaltsverzeichnis
Buchanfang
Mika hasste Spiegel, die nicht ehrlich waren und dieser hier, schmal und milchig im Flur der Disco, erzählte ihm eine Geschichte von jemandem, der gerne herkam, der die Musik liebte, der das flirrende, künstliche Licht brauchte wie andere die Luft und er wusste, während er an dem stumpfen Glas vorbeiging und das Summen der Röhrenleuchte über ihm vibrierte, dass die Lüge des Spiegelbildes heute wieder lauter sein würde als seine eigene Stimme, die ohnehin selten genug aus seinem Hals wollte.
„Los“, sagte Ren, der neben ihm ging, die Hand locker auf Mikas Schulter, nicht schwer, nicht schmerzhaft, aber unnachgiebig wie eine Kralle in Seide, „nicht wieder dieses Gesicht, Kleiner, heute fängst du endlich an, Spaß zu haben, und wenn du es nicht kannst, lernst du es, du hast doch Flügel, also heb ab, oder?“
Mika nickte, weil Nicken leicht war, leichter als Sprechen, und weil es in dieser Gruppe immer galt, leicht zu sein, leicht zu tragen, leicht zu übersehen, bis man gebraucht wurde, und dann plötzlich so sichtbar, dass es wehtat, ein rosa Schimmer im Dunkel, ein Fremdkörper im Rudel, das kein Rudel war, sondern ein Schwarm, eine Bande, ein loses Gefüge aus Stimmen, Händen, Forderungen, in dem er der war, der „mit den hübschen Augen“ genannt wurde, der „mit dem schmalen Hals“, der „mit dem seltsamen Tier“, und wenn sie lachten, dann lachten sie nicht mit ihm.
Die Schleuse zur Halle atmete ihn aus: ein Schwall aus Bier, kaltem Rauch, süßem Parfum, säuerlichem Schweiß, darunter das metallische Klicken von Gläsern und das dumpfe Stampfen eines Basses, der ihm einmal im Brustbein schlug und dann noch einmal, wie eine Mahnung, dass Herzen im Takt der Lautsprecher gehorchen sollten, und er fühlte die altbekannte Kälte, die ihm den Nacken hinablief, während sein Körper schon wusste, was kommen würde – Blicke, die streiften, Hände, die „nur kurz“ etwas richten wollten, Stimmen, die dicht ans Ohr kamen, so dicht, dass der Alkohol in ihren Worten mitschwappte und die Frage nach seinem Namen zwischen Lippenzähnen stecken blieb, als sei es wichtiger, wie er schmeckte und nicht, wie er hieß.
„Regel eins“, zischte Leya, deren Fingernägel immer wie kleine Messer funkelten, wenn das Licht über die Tanzfläche peitschte, „du lächelst, wenn man dich ansieht, Regel zwei, du sagst, dass du nicht oft hier bist, das zieht immer, Regel drei, du trinkst, wenn man dir etwas hinhält, aber nicht zu viel, wir brauchen dich klar genug, um zu tanzen, weich genug, um nicht zu streiten, verstanden?“
Mika verstand im Sinne von „er hörte die Laute“ und legte das Lächeln an wie ein Tuch, das nicht wärmte, doch er hielt es, weil Leya zusah, und weil Ren zusah, und weil irgendwo hinter ihm Taro stand, groß und müde, der selten sprach und doch die Art von Müdigkeit ausstrahlte, die in Sekunden in Zorn umschlagen konnte, wenn jemand die falschen Fragen stellte, und er wollte heute nicht die falschen Fragen sein.
Die Lichter ließen Farben regnen: Pink, Cyan, ein schmutziges Gelb, das an alte Zitronen erinnerte, und dazwischen die schwarzen Zwischenräume, in denen Gesichter verschwammen und Grenzen weicher wurden, weicher als Mikas Knie, als er zum ersten Mal auf die Tanzfläche trat, weil Leya seine Finger hielt und Ren ihn schob und Taro nickte, als sei alles eine militärische Operation, bei der es nur zwei Ergebnisse gab – Sieg oder peinliches Versagen –, und Mika wollte, so sehr er jede Muskelfaser dafür verachtete, heute nicht versagen.
Der DJ machte etwas mit der Musik, eine Falte daraus, ein Aufschrei, ein breiter Teppich, und der Teppich rollte sich unter Mikas Füßen aus, obwohl er nicht gehen wollte, und seine Schultern fanden einen Takt, der nicht weh tat, und sein Atem fand ein Fenster, durch das er hinaus und wieder hinein konnte, und vielleicht, dachte er in einem seltenen Moment der Selbsttäuschung, vielleicht ging es, vielleicht war er nur in der falschen Haut geboren worden für diese Welt, aber sogar falsche Häute ließen sich tragen, wenn niemand zu genau hinsah.
Jemand sah genau hin.
„Du bist neu“, sagte eine Stimme, die nach Minze roch, und eine Hand – zu warm, zu sicher – schob ihm ein Glas hin, das dunkelrot war, fast schwarz, und im Licht wie ein geronnenes Versprechen glänzte, „auf dich, Federchen“, und Mika wandte sich, zwang das Lächeln in die Augen, obwohl es ihm dort immer am schwersten fiel, und machte etwas, das wie Flirten sein sollte – eine Frage, ein kurzer Blick, ein Drehen des Glases, als prüfe er die Dichte des Abends –, und die Stimme lachte, und die Hand berührte seinen Ellenbogen, als gehöre der Ellenbogen zur Hand und nicht zu ihm.
„Trink“, sagte Leya hinter ihm, nicht laut, nicht drohend, nur so, wie man einer Pflanze sagt, dass es regnen wird, eine Feststellung, die zu Wirklichkeit werden musste, und er trank, ein Schluck, nicht groß, nicht klein, gerade so viel, dass es im Hals brannte und im Bauch breit wurde, und er erinnerte sich, wie Ren gesagt hatte, man könne lernen, es zu mögen, wenn man nur oft genug vergaß, wie es ohne war.
„Du bist zu steif“, murmelte Ren und legte Mika die Hände auf die Hüften, als seien es Dinge, die man ausrichten, richten, aufrichten durfte, und schob ihn in einen Rhythmus, der nicht seiner war, und Leya klatschte, als sei sie stolz, und Taro sah weg, aber nicht wirklich, und irgendwo sehr weit weg im Raum fehlte ein Fenster, durch das man hätte Luft holen können, also tat Mika das, was er immer tat, wenn es zu eng wurde – er stellte sich vor, sein Brustbein sei ein Wasserspiegel, glatt und unberührt, und jede Bewegung eine Welle, die zu leicht war, um Schaden anzurichten.
Zwischen den Songs stand die Luft still, nur für eine Sekunde, und in dieser Sekunde hörte Mika die andere Musik, die, die nur für ihn bestimmt war: das verschobene, nervöse Klirren in seiner Kehle, wenn er schlucken musste, das kurze, unruhige Kratzen an der Innenseite seiner Finger, wenn er nicht wusste, wohin mit ihnen, das Flattern im Rücken, dort, wo in einer anderen Form Federn lagen, lange, schmale, rosige Federn, die niemals jemand sehen durfte, weil niemand es wirklich wissen sollte außer denen, die es bereits gegen ihn benutzten.
