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Drei Kurzgeschichten rund um Weihnachtsmuffel Rachel Lewis, die endlich wieder an die Liebe und den Zauber von Weihnachten zu glauben beginnt, als sie die alleinerziehende Mutter Lillian Coleman kennenlernt. "Der Weihnachtsmuffel" Für Rachel Lewis, die beim Sicherheitsdienst in einem Einkaufszentrum arbeitet, ist die Vorweihnachtszeit eine einzige Katastrophe. Sie kann mit dem Fest der Liebe so gar nichts anfangen. Das ändert sich, als sie den siebenjährigen Tyler und seine Mutter kennenlernt. "Weihnachtsfrauen küssen besser" Am ersten gemeinsamen Weihnachtsfest, das sie und Lillian als Paar feiern, soll Rachel die Rolle des Weihnachtsmannes für Tyler übernehmen. Was ihre Rolle in der Familie betrifft, ist sie sich weniger sicher. Also sucht sie nach dem perfekten Geschenk, das Lillian ihre Liebe zeigen soll. "Die Weihnachtselfe" Als ihr Heimatstaat endlich die gleichgeschlechtliche Ehe anerkennt, will Rachel ihrer Freundin Lillian einen Heiratsantrag machen. Um sich einen Ring für Lillian leisten zu können, möchte sie als Weihnachtsfrau im Einkaufszentrum arbeiten. Aber der Plan schlägt fehl und stattdessen findet sich Rachel in Schnabelschuhen und gestreiften Strumpfhosen wieder. Hinweise:
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Seitenzahl: 81
Veröffentlichungsjahr: 2013
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Liebe unterm Tannenbaum
JAE
Inhalt
Der Weihnachtsmuffel
Weihnachtsfrauen küssen besser
Die Weihnachtselfe
Über Jae
Ebenfalls im Ylva Verlag erschienen
Demnächst im Ylva Verlag
Rachel Lewis sah auf ihre Armbanduhr und stöhnte. Nicht mal sechs. Na, toll. Noch fünf Stunden in dieser Hölle auf Erden, auch bekannt als das Einkaufszentrum eine Woche vor Weihnachten.
»Jingle Bells« dudelte zum hundertsten Mal aus den Lautsprechern um sie herum. Rachel bahnte sich einen Weg vorbei an mit Plastiktaschen beladenen Einkäufern und hielt Ausschau nach Taschendieben. Normalerweise wechselte sie ein paar Worte mit der süßen Verkäuferin am Kaffeestand und dem älteren Mann, der im Spielzeuggeschäft arbeitete, aber heute waren die Verkäufer zu gestresst und zu beschäftigt mit dem Kundenandrang. Sie warf einen Blick in die vollen Geschäfte und setzte dann ihren Rundgang fort.
Oh ja, Weihnachten, Zeit der Besinnlichkeit. Klar.
Ihr Funkgerät erwachte knisternd zum Leben. »Phillips an Lewis.« Mikes Stimme wurde fast von den Weihnachtsliedern und dem Geschrei im Hintergrund übertönt. »Wo bist du?«
Rachel betätigte einen Knopf am Funkgerät. »Ich gehe gerade hoch zu den Restaurants.«
»Sollen wir kurz zusammen Pause machen?«
»Sicher.«
Sie trafen sich in der Bäckerei, so wie jeden Tag. Mike reichte ihr einen Pappbecher mit Kaffee, während Rachel zwei Sandwiches kaufte. »Danke.« Sie nippte am Kaffee und beobachtete über den Becherrand hinweg die Menge. »Ich kann’s kaum erwarten, bis das Gemetzel endlich vorbei ist und wieder der ganz normale Wahnsinn hier einkehrt.«
»Gemetzel?« Mike lachte. »Wo bleibt deine Weihnachtsstimmung?«
»Vielleicht hat einer der vierzehn Ladendiebe, die ich diese Woche geschnappt habe, sie gestohlen«, sagte Rachel.
»Ach, komm schon.« Mike stupste sie mit dem Ellenbogen an.
Rachel konnte gerade noch verhindern, dass Kaffee über ihre hellgraue Uniformbluse und die schwarze Krawatte schwappte.
»Sei kein Weihnachtsmuffel, nur weil wir um diese Jahreszeit ein paar Ladendiebe mehr haben.«
Rachel blinzelte im bunt blinkenden Licht des riesigen Weihnachtsbaums vor der Bäckerei und wünschte, sie hätte ihre Sonnenbrille mit zur Arbeit gebracht. »Es geht nicht um die Ladendiebe oder den stundenlangen Papierkram, den wir für jeden von ihnen erledigen müssen. Schau dich um. Sieht das hier nach dem Fest der Liebe, des Friedens und der Familienharmonie aus?«
Sie deutete auf eine rotwangige Mutter, die ein kleines Mädchen am Arm aus einem Geschäft zerrte. Das Mädchen schrie, als würde sie über heiße Kohlen gezogen. Mutter und Kind stolperten beinahe über die ausgestreckten Beine eines Mannes, der umgeben von einem halben Dutzend Einkaufstüten auf einer Bank saß. Mit seinen glasigen Augen, hängendem Kopf und Armen, die schlaff an seinen Seiten herunterhingen, sah er aus, als hätte er gerade eine Odyssee durch die Wüste hinter sich. Vor einem Juweliergeschäft stritt sich ein junges Paar so lautstark, dass sie beinahe Bing Crosbys »White Christmas« übertönten.
Mike schwenkte sein halb gegessenes Sandwich, als wolle er ihre Argumente beiseite fegen. Krümel landeten auf dem Sicherheitsdienstabzeichen über seiner linken Brusttasche. »Was sind ein paar Stunden stressiger Weihnachtseinkäufe gegen den freudigen Glanz in den Augen deiner Partnerin oder dem glücklichen Lachen eines Kindes, wenn sie ihre Geschenke unterm Weihnachtsbaum finden?«
Rachel hatte nicht mal einen Weihnachtsbaum. Ihre Ex-Freundin hatte den künstlichen Tannenbaum mitgenommen, als sie Rachel verlassen hatte, und Rachel hatte sich nicht die Mühe gemacht, einen neuen zu kaufen. »Wow.« Sie rang sich ein Lächeln ab. »Warst du schon immer so ein Softie oder hat dich erst deine Familie dazu gemacht?«
Er warf ein Stück Brot nach ihr. »Vielleicht solltest du es auch mal mit einer Familie versuchen. Könnte deiner Laune guttun.«
Rachel hob eine Augenbraue, während sie den Blick nicht von den Passanten nahm. »Da gibt’s aber ein Problem.«
»Weil du auf Frauen stehst? Das ist ’ne lahme Ausrede. Ich sag nur: Samenbank.«
»Das ist nicht das Problem.« Rachel warf ihren leeren Kaffeebecher in einen Abfalleimer und zusammen verließen sie die Bäckerei.
Seite an Seite patrouillierten sie den Restaurantbereich entlang und nahmen dann die Rolltreppe zur unteren Ebene des Einkaufszentrums.
»Was ist es dann?«, fragte Mike nach einer Weile.
Rachel hielt vor einem Geschäft und ließ den Blick über eine Gruppe Jugendlicher wandern, die vor einer verschlossenen Glasvitrine mit Spielkonsolen herumlungerten. »Falls du es vergessen haben solltest, ich bin Single.« Sie war als einziges Kind einer hart arbeitenden Alleinerziehenden aufgewachsen und hatte sich geschworen, dass sie nur mit einer Partnerin zusammen ein Kind aufziehen würde.
»Ja, warum eigentlich? Ist doch bestimmt schon ... hmm ... zehn Monate her, dass Jessica mit dir Schluss gemacht hat, oder?«
»Zwölf«, murmelte Rachel.
Mike tätschelte ihr linkisch die Schulter. »Mist, hab ich vergessen. Sie hat an Weihnachten Schluss gemacht, stimmt’s? Ist das der Grund, warum du Trübsal bläst und so ein Weihnachtsmuffel bist?«
»Ich blase nicht Trübsal und ich bin auch kein Weihnachtsmuffel.« Rachel verschränkte die Arme über der Brust. Das unschöne Ende ihrer letzten Beziehung war lediglich ein Grund mehr, die Weihnachtszeit zu hassen.
Ein Verkäufer gesellte sich zu den Jugendlichen vor der Glasvitrine. Rachel und Mike zogen weiter.
»Warum kommst du nicht an Heiligabend zum Abendessen zu uns?«, fragte Mike. »Die Kinder würden dich gerne mal wieder sehen und Beths Eltern werden auch da sein.«
Rachel schüttelte den Kopf. Eine Einladung aus Mitleid für die alleinstehende Tante ehrenhalber. Nein, danke. »Vielleicht ein anderes Mal.« Sie würde Pizza bestellen, die schnulzigen Filme im Fernseher ignorieren und früh ins Bett gehen.
»Ach, komm schon, Rachel. Du kannst mich doch nicht mit meinen Schwiegereltern alleine lassen.« Mike stöhnte.
»Tut mir leid, Kumpel. Du hast die Frau geheiratet, also gehören ihre Eltern ganz dir.« Sie hatte Beths Eltern nie kennengelernt, aber wenn nur die Hälfte von Mikes Geschichten stimmte, hatte sie auch kein Verlangen danach, das zu ändern.
Sie kamen an einem Spielzeugladen vorbei und Mike ging langsamer, um sich etwas im Schaufenster anzusehen. »Hey, denkst du, Hannah würde sich über das Pferd da drüben freuen?«
Rachel betrachtete das rosarote Pferd mit seiner geflochtenen Glitzermähne und zuckte mit den Schultern. »Ich hab keine Ahnung, was sich eine Sechsjährige zu Weihnachten wünscht. Warum fragst du nicht Beth?«
»Ja, sollte ich wohl. Sie war nicht sehr glücklich darüber, als ich Josh letzte Weihnachten den ferngesteuerten Panzer gekauft hab.«
Rachel schnaubte. »Weil Josh nicht mal zwei war. Das einzige Kind, das mit dem Panzer gespielt hat, warst du.«
Die Reflexion im Schaufenster zeigte Mikes reuevolles Grinsen.
Etwas hinter dem Glas erregte Rachels Aufmerksamkeit.
Die Gänge sahen aus wie Ägypten während der Heuschreckenplage. Kinder und Erwachsene strömten in den Spielzeugladen, während sich Verkäufer abmühten, leer geräumte Regale wieder aufzufüllen. Inmitten dieses Wirrwarrs stand ein Kind, ohne sich zu rühren.
Der Junge, den Rachel auf sechs oder sieben schätzte, starrte hinauf zu einer Legoschachtel und sah nicht mal weg, als andere Kunden ihn anrempelten. Zerzaustes schwarzes Haar ragte unter einer Wollmütze hervor und Handschuhe aus derselben Wolle baumelten um seinen Hals. Von Rachels Position aus wirkte es, als wäre der Daumen des linken Handschuhs etwas zu lang. Die Stiefel sahen zwei Nummern zu groß aus für einen Jungen seines Alters. Sein Mantel schien sauber und warm, aber die Farben waren verblasst, so als wäre er zuvor von mehreren anderen Kindern getragen worden.
Seine Kleidung enthüllte eine Geschichte, die Rachel nur allzu gut kannte. Wer auch immer die Eltern des Jungen waren, sie konnten sich die Markenklamotten im Einkaufszentrum nicht leisten. Und die überteuerten Spielsachen in dem Laden bestimmt auch nicht. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
»Was gibt’s da Interessantes zu sehen?« Mike hatte sich zu ihr umgedreht.
Rachel wandte den Blick nicht von dem Kind im Spielzeugladen ab. »Den Jungen da.«
»Jungen?« Mike lachte. »Und ich hab geglaubt, du hättest nur Augen fürs schöne Geschlecht.«
»Sehr witzig.« Rachel dirigierte ihn an der Schulter herum. »Behalt den Jungen da drüben im Auge. Schau mal, wie er die Spielsachen anstarrt. Ich glaube, er wird gleich Ladendieb Nummer fünfzehn.«
»Du schon wieder mit deiner Antiweihnachtsstimmung«, sagte Mike. »Warum gehst du immer vom Schlimmsten aus? Vielleicht wünscht er sich den Legoroboter zu Weihnachten und kann sich nur nicht entscheiden, ob seine Eltern ihm den roten oder blauen kaufen sollen.«
»Ja, klar.« Weihnachten hatte aus ihrem Kollegen einen sentimentalen Idioten gemacht, aber sie würde den Jungen im Auge behalten.
Ihre Funkgeräte knisterten. Eine blecherne Stimme rief: »Phillips? Lewis? Ich brauch Hilfe auf dem Parkplatz. Da bricht jemand ein Auto auf!«
Mit einer Hand auf dem Elektroschocker an ihrem Gürtel rannte Rachel los, Mike dicht hinter ihr.
Als sie zehn Minuten später erneut an dem Spielzeuggeschäft vorbeikamen, zwei Jugendliche in Handschellen hinter sich herziehend, war der Junge verschwunden.
* * *
Die Alarmanlage am Ausgang des Spielzeugladens heulte auf, gerade als Rachel daran vorbeikam. Sie rollte mit den Augen. Himmel, das muss das zwanzigste Mal heute sein. Bisher war der Tag nicht besser gelaufen als der gestrige und sie wusste, dass der Stress erst nach Weihnachten nachlassen würde.
Mit neutralem Gesichtsausdruck ging sie auf den Kunden zu, der eben den Laden verlassen hatte. »Würden Sie bitte noch mal durch die elektronischen Schranken laufen?«
»Ich hab nichts gestohlen«, sagte der ältere Mann mit geweiteten Augen. Er hob die Hände in Schulterhöhe, als ob sie drauf und dran wäre, ihn zu erschießen.
»Das hab ich auch nicht behauptet.« Rachel bemühte sich, ihre Stimme ruhig zu halten. »Gehen Sie einfach noch mal durch die Tür, dann werden wir die Sache in null Komma nichts klären.«
Als der Mann zurück in den Laden trat, schrillte der Alarm erneut.
»Haben Sie vielleicht vergessen, einen der Artikel zu bezahlen?«, fragte Rachel. Das bedeutete in der Sprache des Sicherheitsdienstes so viel wie: »Haben Sie zufälligerweise versucht, den Laden auszurauben?«
»Nein. Ich hab nur ein Videospiel für meinen Enkel gekauft, das ist alles.« Er öffnete seine Einkaufstasche und zeigte ihr das Spiel und den Kassenzettel.
