Liebeschaos auf Wolke 8 - Michelle Zerwas - E-Book
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Liebeschaos auf Wolke 8 E-Book

Michelle Zerwas

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Beschreibung

Während bei Alicia und Kathrin der Himmel voller Geigen hängt, sieht es in ihrem Freundeskreis nicht so rosig aus. Bei Sylvie und Annelie kriselt es nach der Geburt ihrer Tochter in der bis dahin so liebevollen Beziehung, und auch bei Nikki und Mareike kracht es gewaltig. Alicia und Kathrin versuchen zu vermitteln und die Wogen zu glätten, während sie gleichzeitig von einer entlaufenen Kuh und einer Katzenfamilie auf Trab gehalten werden. Als Kathrins Freundin Lisa Hilfe in ihrer Wildtierstation braucht, nutzen Kathrin und Alicia ihren Urlaub, um die Freundin zu unterstützen. Vor Ort begegnen sie Lisas Mitarbeiter Jannis. Kathrin und Jannis verstehen sich auf Anhieb und verbringen viel Zeit miteinander. Alicias Eifersucht erwacht, schließlich war Kathrin in der Vergangenheit nur mit Männern zusammen.

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Michelle Zerwas

Liebeschaos auf Wolke 8

Wolken-Reihe: Band 2

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

1. Kapitel

Gut gelaunt bog Alicia an einem sonnigen Herbstabend in die Einfahrt zu Kathrins Haus ein. Vielleicht konnte sie die letzten Sonnenstrahlen des Tages noch mit Kathrin genießen. Sie lächelte, als sie Kathrin auf der Koppel entdeckte. Sie hielt Teddy an der Longe, Zodiak saß auf Teddys Rücken, Blitz beäugte das Schauspiel neugierig und Flocke graste gemütlich.

Kathrin bemerkte Alicias Anwesenheit erst, als Alicia an den Zaun trat. Sie sah kurz auf und lächelte Alicia zur Begrüßung zu. Danach fuhr sie mit ihrem Trainingsprogramm fort. Alicia legte ihre Arme lässig auf den obersten Zaunpfosten und sah dem Treiben auf der Koppel zu.

Kathrin hatte drei kleine Hindernisse aufgebaut, sogenannte Cavalettis, wie Kathrin ihr erklärt hatte. Die Hindernisstangen waren nur wenige Zentimeter hoch.

Kathrin ließ Teddy wieder antraben. Zodiak fühlte sich inzwischen so sicher auf dem Ponyrücken, dass er sich problemlos ausbalancierte und mit der Bewegung des Ponys mitging. Teddy hüpfte leichtfüßig über die Hindernisse und auch dabei hatte Zodiak keinerlei Probleme.

Nach einer weiteren Runde ließ sie Teddy anhalten. Zodiak sprang von Teddys Rücken. Danach liefen Zodiak und Teddy auf Kathrin zu und setzten sich beide vor sie hin. Kathrin lobte die Vierbeiner und gab beiden ein Leckerli. Auf ein Handzeichen hin standen die beiden wieder auf. Kathrin hakte den Führstrick vom Halfter ab, während Zodiak los rannte und mit einem großen Ball zurückkehrte, den er mit seiner Nase immer wieder anstupste und zu Kathrin spielte. Sie lobte ihn ausgiebig dafür. Danach stellte sie einige Eimer mit Abstand in einer Reihe auf und legte den Ball auf den Boden. Zodiak stand an einem Ende der Eimerreihe, Teddy am anderen. Auf ein Zeichen von ihr stupste Teddy den Ball mit seiner Nase an und spielte ihn im Slalom um die Eimer herum. Am Ende übergab er den Ball an Zodiak, der sich nun ebenfalls dem Parcours stellte und den Ball mit Bravour um die Eimer herum dirigierte.

Am Ende applaudierte Kathrin und lobte die Vierbeiner. Sie nahm Teddy die Satteldecke ab und zeigte ihm damit, dass das Training beendet war. Er verstand sofort und schloss sich seinen größeren Weidefreunden an. Kathrin stellte die Eimer ineinander und trat zu Alicia an den Zaun.

„Ihr werdet immer besser“, sagte Alicia anerkennend.

„Findest du?“

„Ja, wirklich.“

„Lisa findet es auch gut. Ich habe ihr das letzte Video geschickt, das du gemacht hast.“

„Macht sie sich schon Gedanken, dass du für sie zur Konkurrentin wirst?“, scherzte Alicia.

„Nein, quatsch. Sie weiß, dass ich in dieser Hinsicht keine Ambitionen habe.“

„Nicht mal ein bisschen?“, fragte Alicia.

„Nein.“

„Hm, das ist blöd. Ich habe dich nämlich als Programmpunkt für unseren Tag der offenen Tür im Gartenmarkt vorgeschlagen.“

„Du hast was?“ Kathrin sah sie entsetzt an. „Das ist nicht dein Ernst?“

„Doch. Jetzt guck nicht so erschrocken. Ihr seid echt super. Lisa sagt das auch. Es wäre schade, die Tricks einem größeren Publikum vorzuenthalten.“

„Wir sind noch gar nicht so gut, müssen noch viel üben“, entgegnete Kathrin.

„Das sehe ich anders.“

„Du vielleicht, ich aber nicht. Ich will mich nicht blamieren.“

„Das wirst du nicht.“

„Woher willst du das wissen? Bisher hatten wir keine Zuschauer. Vielleicht sind Teddy und Zodiak nicht bereit für so viel Trubel um sie herum und machen die Tricks dann nicht mit.“

„Wenn Sylvie und ich zuschauen, klappt es wunderbar.“

„Das ist was anderes. Die beiden kennen euch, aber beim Tag der offenen Tür werden viele fremde Leute dort sein. Es wird laut und hektisch. Zodiak macht das vielleicht nichts aus, aber Teddy kennt es nicht.“

Ihr Gespräch wurde unterbrochen, weil ein Auto in die Einfahrt einbog.

„Da kommt Sylvie“, sagte Alicia. Sie freute sich, die Freundin zu sehen und im Stillen hoffte sie, dass sie ihr helfen würde Kathrin zu überreden.

„Na, ihr zwei. Ist alles gut?“, fragte sie.

„Ich habe Kathrin mit ihrer Tierdressur als Programmpunkt beim Tag der offenen Tür im Gartencenter vorgeschlagen und sie ist alles andere als begeistert“, berichtete Alicia.

„Das ist doch super“, freute sich Sylvie. „Die Chance solltest du dir nicht entgehen lassen.“

„Schön, dass ihr euch einig seid“, sagte Kathrin wütend. „Ich bin ja diejenige, die sich blamiert.“

„Warum solltest du dich blamieren?“ Sylvie runzelte verwundert die Stirn.

„Weil wir noch nie vor Publikum unsere Kunststücke vorgeführt haben, enge Freunde mal ausgenommen.“

„Dann organisieren wir eben vorher eine Art Generalprobe mit großem Publikum. Ich weiß auch schon wie und wo.“

„Ach ja?“ Nun sah Kathrin verwundert drein, aber auch ein wenig neugierig, wie Alicia feststellte. Womöglich freundete sich Kathrin mit dem Gedanken an.

„Wir haben nächste Woche eine Betriebsfeier mit weit über hundert Leuten. Ich denke, das dürfte für den Anfang genug Publikum sein. Ich frage gerne nach, ob ihr spontan mit Teddy und Zodiak dazu kommen dürft.“

„Das wäre toll. Genau das, was wir brauchen“, sagte Alicia. „Bist du dabei?“, wandte sie sich an Kathrin.

Kathrin sah noch immer nicht wirklich begeistert aus, Alicia zuliebe überwand sie sich schließlich.

„Also gut, ihr lasst mir ja sonst sowieso keine Ruhe.“

„Gut, dass du es einsiehst“, meinte Sylvie.

„Was machst du überhaupt hier?“, wandte sich Kathrin an Sylvie. „Ich dachte, du wolltest heute nicht kommen.“

„Hatte ich auch nicht vor, aber Annelies Mutter ist spontan zu Besuch gekommen, da bin ich geflüchtet. Sie mag mich nicht besonders, kritisiert dauernd an mir herum. Das brauche ich echt nicht.“

„Wie kann man dich nicht mögen?“, sagte Alicia.

„Ach, sie findet, ich bin nicht die Richtige für Annelie. Schlimm genug, dass ich eine Frau bin und dann bin ich nicht mal vermögend.“

„Oh je, das klingt hart“, meinte Kathrin.

„Ständig äußert sie sich herablassend über unsere Wohnung, was ich nicht verstehe, da sie sie uns damals vermittelt hat. Nun findet sie die Wohnung auf einmal zu klein. Zugegeben, sie ist nicht besonders groß und wir haben keinen Platz für ein Kinderzimmer, aber unsere Tochter wird die erste Zeit sowieso ständig bei uns sein. Sie braucht nicht sofort ein eigenes Zimmer.“

„Wichtig ist einzig und allein, dass ihr glücklich seid“, sagte Alicia.

„Das sieht Margot leider anders. In ihren Augen muss es gleich ein Haus sein.“

„Was für ein Quatsch“, stieß Kathrin aus. „Irgendwann werdet ihr vielleicht ein Haus haben und wenn nicht, na und. Ich hatte gar nicht geplant in ein Haus zu ziehen und kann es mir nur leisten, weil die Miete nicht so hoch ist.“

„Ich habe ein Haus geerbt“, fügte Alicia hinzu. „Sonst hätte ich es mir nie leisten können.“

„Mir müsst ihr das nicht sagen. Margot ist in der Hinsicht einfach total verbohrt.“

„Wie kommt Annelie denn mit ihr klar?“

„Sie liebt ihre Mutter und ich respektiere das auch. Es ist einfach nicht schön, ständig das Gefühl zu haben, nicht zu genügen, nicht gut genug zu sein.“

„Sieht Annelie das auch so? Braucht sie den Luxus?“

„Sie sagt Nein.“

„Aber du glaubst ihr nicht?“, hakte Kathrin nach.

„Ich bin mir nicht sicher. Annelie kommt aus reichem Hause und damit meine ich richtig reich, mit Villa, Chauffeur und allem, was dazu gehört.“

„Du glaubst, es fehlt ihr?“, fragte Alicia.

Sylvie zuckte die Schultern. „Keine Ahnung. Sie versichert mir immer, wie glücklich sie mit mir ist, aber vielleicht stimmt es nicht. Mal ehrlich, wenn man Luxus gewöhnt ist, warum sollte man sich mit weniger zufrieden geben?“

„Und wenn das Leben mit dir genau das ist, was sie sich gewünscht hat?“, gab Alicia zu bedenken. „Ein reiches Elternhaus zu haben, bedeutet nicht automatisch, dass man glücklich ist. Sie wäre nicht mit dir zusammen, wenn sie unglücklich wäre. Ihr habt so viel auf euch genommen, um euren Kinderwunsch zu erfüllen. Das verbindet und ihr seid ja auch nicht erst seit gestern zusammen.“

„Bestimmt habt ihr Recht und meistens zerbreche ich mir auch gar nicht so intensiv den Kopf darüber.“

„Das solltest du auch nicht“, sagte Kathrin. „Annelie liebt dich, sie ist glücklich und gemeinsam werdet ihr euch ein gutes Leben aufbauen.“

„Vielleicht bringt mich ein Ausritt auf andere Gedanken“, überlegte Sylvie. „Kommst du mit?“ Sie sah Kathrin flehend an.

Kathrin sah Alicia an, so als wollte sie ihr Einverständnis holen.

„Lasst euch von mir nicht aufhalten“, sagte Alicia.

„Du bist dann nicht sauer?“, fragte Kathrin.

„Nein. Ich koche uns in der Zeit was Schönes.“

Kathrin schlüpfte unter dem Zaun durch und küsste Alicia. „Du bist ein Schatz.“

„Isst du später mit uns?“, wandte Alicia sich an Sylvie.

„Nein, wenn wir vom Reiten zurück sind, fahre ich gleich nach Hause, sonst wirft Margot mir auch noch Unzuverlässigkeit vor.“ Sie rollte genervt mit den Augen.

„Na dann, viel Spaß bei eurem Ausritt.“

Während Kathrin und Sylvie Richtung Stall gingen, um die Sättel zu holen, schlug Alicia mit Zodiak den Weg zum Haus ein. Sie fühlte großes Glück in sich. Seit Alicia an ihrer Seite war, hatte sich ihr Leben positiv verändert. Sie war davor auch nicht unglücklich gewesen, aber Kathrin machte ihr Leben perfekt. Manchmal war es chaotisch und ging drunter und drüber, aber es wurde nie langweilig.

 

Eine gute Stunde später kehrten Kathrin und Sylvie von ihrem Ausritt zurück. Alicia bemerkte es jedoch erst, als Kathrin ins Haus kam und nach ihr rief, denn sie kämpfte gerade im Wohnzimmer mit Zodiak um ein Kissen. Er hatte bereits eine Ecke des Kissens abgebissen und angefangen die Füllung heraus zu rupfen und zu verteilen.

„Lässt du den Unfug eines Tages auch mal sein?“, schimpfte sie mit ihm.

„Was hat er wieder angestellt?“, fragte Kathrin, der Alicias Worte gehört hatte.

Alicia zeigte Kathrin das kaputte Kissen. „Er hat das Kissen getötet.“

„Vielleicht hielt er es für gefährlich“, scherzte Kathrin.

„Ich finde das nicht lustig.“

„Ich auch nicht, aber wenn wir uns darüber aufregen und ärgern, macht es das Kissen auch nicht wieder ganz.“ Kathrin trat auf Alicia zu und umarmte sie liebevoll. „Es gibt schlimmeres, oder?“

„Du hast ja Recht“, seufzte Alicia. „Sollen wir essen?“

Kathrins Augen leuchteten freudig auf. „Au ja.“

Das Kissen nahmen sie mit in die Küche, Zodiak ließ es nicht aus den Augen und folgte ihnen.

„Vielleicht sollten wir Annelie bitten das Kissen zu reparieren“, überlegte Kathrin.

„Ich rufe sie morgen mal an“, sagte Alicia und verteilte das Essen.

„Es schmeckt wieder mal super“, lobte Kathrin ein paar Minuten später Alicias Kochkünste. Sie legte ihre Gabel auf dem Teller ab und streckte ihren Arm über den Tisch aus. Zärtlich berührte sie Alicias Hand. „Ich liebe dich so sehr.“

Alicia wurde warm ums Herz, all ihre Liebe, die sie für Kathrin empfand, breitete sich in ihrem ganzen Körper aus und sorgte für ein wohliges Gefühl. Wenn sie bei Kathrin war, fühlte sie sich zu Hause, angekommen an ihrem Ziel, geliebt und geborgen. Sie verschränkte ihre Finger mit Kathrins.

„Ich liebe dich auch, du ahnst gar nicht wie sehr.“

Zodiak hatte offenbar nur darauf gewartet, dass die beiden abgelenkt waren. Blitzschnell schnappte er sich das kaputte Kissen, das Alicia auf dem Stuhl neben sich platziert hatte, und raste los.

„Hey, gib das sofort wieder her!“, rief Alicia, bevor sie die Verfolgung aufnahm.

Kathrin musste so sehr lachen, dass sie erst mit Verzögerung die Verfolgung aufnehmen konnte. Im Wohnzimmer stellten sie den Dieb und nahmen ihm das Kissen ab.

„Manchmal würde ich ihn am liebsten irgendwo anbinden, damit er nichts anstellen kann“, sagte Kathrin.

Alicia schmunzelte. Sie wusste genau, dass Kathrin es nicht ernst meinte. Nie hätte sie es übers Herz gebracht. Sie liebte Zodiak.

Kathrin begutachtete das Kissen, das nun weitere Macken aufwies. „Na, ob das noch zu retten ist.“

„Vielleicht sollten wir es gleich entsorgen.“

„Hm, nein. Ich frage Annelie, ob sie es noch retten kann.“

Sie gingen in die Küche zurück.

„Ich weiß echt nicht, was heute wieder mit Zodiak los ist“, sagte Alicia.

„Vielleicht hat er Langeweile.“

„Ja, vielleicht. Ich habe das Gefühl, je mehr wir mit ihm machen, umso schlimmer wird es. Das ist eigentlich total unlogisch.“

„Vielleicht sind wir nicht streng genug mit ihm und er tanzt uns deshalb auf der Nase herum.“

„Ich kann ja mal Lisa fragen. Vielleicht hat sie eine Idee.“

„Oder er ist krank. Manche Tiere werden verhaltensauffällig, wenn es ihnen nicht gut geht“, überlegte Alicia.

„Aber er hat doch schon immer viel Unsinn gemacht. Zumindest hast du mir das erzählt.“

„Ja, das stimmt. Wahrscheinlich ist er einfach ein frecher, ungezogener Hund.“

Kathrin lachte. „Damit passt er doch wunderbar in unsere Chaos WG.“

Alicia versteckte das kaputte Kissen, damit Zodiak es nicht mehr sehen konnte. Für den Rest des Abends gab er Ruhe, aber vermutlich heckte er still und heimlich schon den nächsten Unsinn aus.

2. Kapitel

Am nächsten Morgen wurde Alicia mit liebevollen Küssen geweckt. Als sie ihre Augen öffnete, sah sie Kathrin, die sich über sie gebeugt hatte.

„Guten Morgen, mein Liebling.“

„Guten Morgen.“

„Hab ich dir schon gesagt, dass du wahnsinnig süß aussiehst, wenn du schläfst?“

Alicia lächelte. Was gab es schöneres als von der Liebsten mit einer Liebeserklärung geweckt zu werden?

Kathrin ließ sich auf der Bettkante nieder.

„Du bist wunderschön“, sagte sie und betrachtete Alicia andächtig. Aus ihren Augen sprach tiefe Liebe. Sie beugte sich über ihre Geliebte und ihre Lippen fanden sich zu einem zärtlichen Kuss.

„Ich liebe dich“, sagte Alicia, als sich ihre Lippen für einige Sekunden voneinander lösten, nur um sich sofort wieder zu vereinigen.

„Ich habe uns Frühstück gemacht“, sagte Kathrin.

Sie stand vom Bett auf und hielt kurz darauf wie von Zauberhand geschaffen ein Tablett in ihren Händen, mit dampfendem Kaffee, dessen Aroma sich im Zimmer  ausbreitete, frischen Brötchen und einigen anderen Leckereien. Natürlich hatte sie es nicht her gezaubert, sondern es hatte auf der Kommode neben dem Kleiderschrank auf seinen Einsatz gewartet.

Alicia setzte sich im Bett auf und nahm das Tablett entgegen. Kathrin schlüpfte wieder zu ihr unter die Decke.

„Das sieht aber lecker aus. Du bist ein Schatz.“

„Ich muss meine Liebste doch ein wenig verwöhnen“, meinte Kathrin. „Unser Chaoshund ist auch schon gefüttert und er befindet sich mit den Pferden draußen auf der Koppel. Keine Sorge! Zodiak ist angebunden und kann nicht abhauen.“

„Du hast wirklich an alles gedacht.“

„Na klar.“

Kathrin spießte mit der Gabel ein Stückchen Birne auf und fütterte Alicia damit. Danach ließen sie sich gemeinsam das reichhaltige Frühstück schmecken und dehnten es ziemlich aus, vor allem auch deshalb, weil sie nicht genug voneinander bekommen konnten und sich immer wieder küssten. Nach dem Frühstück kuschelte sich Kathrin an Alicia und ein wohliges Gefühl breitete sich in ihren Herzen aus.

„Hast du eigentlich schon von der entlaufenen Kuh gehört?“, fragte Kathrin.

„Du meinst die, die vom Schlachttransporter geflüchtet ist und nun hier die Gegend unsicher macht?“

„Genau die. Sie ist ziemlich klug. Vorhin habe ich im Internet gelesen, dass sie immer noch nicht eingefangen werden konnte.“

„Sie rennt sozusagen um ihr Leben.“

„Eigentlich traurig“, überlegte Kathrin. „Es sind so kluge Tiere und sie werden ausgebeutet und brutal geschlachtet.“

„Ja, leider und ich kann mich von der Schuld auch nicht frei sprechen. Ich rede mir immer ein, dass ich was Gutes tue, wenn ich Bio Fleisch kaufe, aber die Wahrheit ist, dass es den Tieren oft trotzdem nicht viel besser geht.“

„Ich war mal ein Jahr Vegetarierin“, gestand Kathrin.

„Echt?“

„Ja, es war so eine Art Wette. Lisa hat mich herausgefordert. Sie meinte, dass ich es niemals schaffe ein Jahr auf Fleisch zu verzichten. Da wollte ich es ihr natürlich beweisen und ich habe es geschafft.“

„Und warum hast du danach wieder angefangen Fleisch zu essen?“

„Keine Ahnung. Anfangs habe ich nur ganz selten Fleisch gegessen und mit der Zeit wurde es wieder etwas mehr.“

„Und Lisa, ist sie Vegetarierin geblieben?“

„Sie war es schon vorher. Inzwischen ernährt sie sich sogar vegan.“

„Wow. Das finde ich ziemlich aufwendig.“

„Lass das nicht Lisa hören. Sie hält es für eine Ausrede.“

Sie schwiegen eine Weile und genossen die Zweisamkeit.

„Ich könnte den ganzen Tag mit dir im Bett bleiben“, sagte Alicia und kuschelte sich an Kathrin.

„Eine schöne Vorstellung, aber das geht leider nicht.“

„Warum nicht?“

Kathrin ließ spielerisch ihre Finger über Alicias Körper wandern und löste damit eine wohlige Gänsehaut bei ihr aus. „Weil Sylvie vorhin angerufen und gefragt hat, ob wir heute Abend zum Essen kommen und ich habe schon zugesagt. Ich hoffe, das ist okay für dich.“

„Klar, aber bis dahin haben wir doch noch etwas Zeit.“ Sie ließ ihre Hände unter Kathrins Oberteil wandern.

Kathrin grinste. „Dafür ist immer Zeit.“

Einzig der Gedanke an Kathrins Zärtlichkeiten weckte ihre Leidenschaft. Sie zögerte keine Sekunde und befreite Kathrins Oberkörper von jeglichen störenden Kleidungsstücken. Ihre Lippen schlossen sich um Kathrins Brustwarze, lockten sie aus ihrer Höhle hervor und verwöhnten sie mit ihrer Zunge. Gleichzeitig streichelte sie Kathrins nackte Haut. Ein großes Glücksgefühl durchströmte Alicia. Es war ein großes Geschenk, in jemandem so starke Gefühle zu wecken, sowohl beim Gebenden, als auch beim Empfänger.

Nach und nach wanderten die restlichen Kleidungsstücke auf den Fußboden und sie begannen den Körper der jeweils anderen zu erkunden. Auch wenn es inzwischen nicht mehr neu war, war es doch immer wieder anders und berauschend, ein zärtliches Spiel, aufeinander abgestimmt in faszinierender Symbiose.

Alicia schloss die Augen, während Kathrin ihren Körper liebkoste, sie spürte jeder Berührung intensiv nach, fühlte sich berauscht von dem Gefühl, das Kathrin in ihr auslöste. Es wurde noch intensiver, als sie im Gegenzug Kathrins Körper erkundete. Ihre Lippen zeichneten eine Spur, die von Kathrins Brüsten über ihren Bauch führte. Sie hatte das Gefühl Kathrins Herzschlag wurde eins mit ihrem eigenen, ihr Atem vermischte sich und leise Geräusche der Lust entwichen ihren Kehlen.

Gierig kostete Alicia den süßen Nektar, der als warmer Strom aus Kathrin heraus floss, ihre Zunge tauchte ein in die feuchte Wärme. Sie konnte niemals genug von Kathrin bekommen. Ihre Zunge bereitete den Schauplatz vor, dem ihre Finger folgten.

„Oh jaaaa“, stöhnte Kathrin, als Alicias Finger tief in sie eindrangen und wie automatisch fanden ihre Finger Zugang in Alicias feuchter Mitte. Sie bewegten sich synchron, erfanden eine ganz eigene Choreographie. Ihre Blicke hielten sich gefangen, als sie gemeinsam den Gipfel der Lust bestiegen und sie von der Intensität des gewaltigen Orgasmus getroffen wurden, die sie für einen Moment dem Ertrinken sehr nahe brachte und in unzähligen kleineren Wellen langsam ausrollte. Erschöpft und schwer atmend sanken sie in die Kissen nieder. Sie fühlten sich leer, hatten sich gegenseitig alles gegeben und gleichzeitig erfüllt von einer Energie, die nur die Magie der Liebe, Lust und Leidenschaft erwecken konnte. Sie waren eingehüllt in die Gefühle der anderen, fühlten sich geborgen. Sie waren nicht mehr zwei Wesen in zwei Körpern, sondern zwei Wesen in einem Körper. Sie waren eins.

„Ich will dich nie wieder verlieren, weil es so unglaublich schön mit dir ist“, flüsterte Kathrin. Ihr Kopf ruhte auf Alicias Bauch. Alicia spielte mit Kathrins Haaren. Sie liebte die blonden Locken, wickelte sie um ihre Finger und sah fasziniert zu, wie sie wieder in ihre Ausgangsposition zurück sprangen, wenn sie sie los ließ. Sie wollte diesen Moment am liebsten für immer festhalten.

Auf einmal bellte draußen Zodiak und kurz darauf erklang das Geräusch eines Traktors. Das laute Brummen erfüllte die Luft.

„Was ist denn da draußen los?“, fragte Alicia verwundert.

„Oh Mist. Das habe ich total vergessen.“ Kathrin sprang mit einem Satz aus dem Bett. Das ist Oskar, der Bauer, von dem ich das Haus gemietet habe. Er wollte mir heute Stroh und Heu bringen.“ Sie zog sich eilig an und lief aus dem Zimmer.

Alicia seufzte. Das Leben mit Kathrin hielt jeden Tag neue Überraschungen bereit. Langweilig wurde es bei ihnen nie. Sie kuschelte sich unter die Decke, die so angenehm nach Kathrin duftete und in ihr erneut eine unstillbare Gier und Lust weckte. Sie wollte mehr, war noch längst nicht gesättigt für diesen Tag. Da Kathrin in dem Moment für sie nicht mehr greifbar war, gingen ihre Hände auf Wanderschaft, bereit sich weitere lustvolle Momente zu bescheren. Sie betrachtete es als eine Art Zwischenspiel, bis Kathrin zurückkehrte. Ihr Liebesspiel war noch nicht beendet. Sie brauchte mehr, um diesen Tag zu überstehen, denn durch Kathrin fühlte sie sich lebendig, so lebendig wie niemals zuvor in ihrem Leben.

 

3. Kapitel

Nach einem ausgiebigen Liebesspiel gönnten sie sich erstmal ein zweites Frühstück und schmiedeten Pläne für den Tag.

„Hast du Lust auf einen Spaziergang mit Teddy und Zodiak?“, fragte Kathrin.

„Ja, das klingt gut und unsere kleinen Rabauken freuen sich sicher auch.“

„Das denke ich auch. Dann lass uns gleich los. Ich wollte später noch einen Kuchen backen für heute Abend.“ Kathrin sprang voller Tatendrang auf, räumte die Lebensmittel in den Kühlschrank und das Geschirr auf die Spüle und das in einer Geschwindigkeit bei der Alicia nicht mit kam.

„Können wir?“, wandte sie sich grinsend an Alicia.

„Ich bin startklar.“

Kurz darauf waren sie auf dem Weg in den Wald. Hand in Hand genossen sie die friedliche Natur. Zodiaks Nase klebte förmlich am Boden und Teddy lief brav neben Kathrin her. Sie waren die einzigen im Wald.

„Es ist so schön hier, so ruhig und friedlich“, schwärmte Kathrin.

„Ja, es ist sehr schön, besonders weil du dabei bist.“ Alicia drückte liebevoll Kathrins Hand. Sie hatte das Gefühl mit jedem Tag immer mehr mit Kathrin zu einer Einheit zu verschmelzen. Es brauchte nicht viel zum glücklich sein, einen Menschen an seiner Seite zu haben, mit dem man in Liebe vereint war, bedeutete wahres Glück.

Immer tiefer drangen sie in den Wald ein und das Blattwerk über ihnen wurde immer dichter. Anfangs schafften es die Sonnenstrahlen immer wieder hindurch, doch dann wurde es ein wenig düster. Als sie eine lange Zeit gewandert waren, kamen sie zu einer Lichtung, die in leuchtendes Sonnenlicht getaucht war. Eine einsame, verlassene Bank lud zum Verweilen ein.

„Sollen wir eine kleine Pause einlegen?“, schlug Kathrin vor.

„Ja, können wir machen.“

Sie banden Zodiak und Teddy an der Bank fest und ließen sich nieder. Kathrin legte ihren Arm um Alicia und Alicia legte ihren Kopf auf Kathrins Schulter. Sie sahen den Tieren zu. Teddy zupfte hier und da etwas Grünzeug ab und Zodiak hatte einen Kaninchenbau entdeckt, der ihn sehr interessierte. Er steckte zuerst seine Nase hinein, dann begann er mit der Pfote darin zu angeln.

„Eigentlich braucht man gar nicht viel, um glücklich zu sein“, meinte Kathrin.

„Das stimmt. Ich bin im Moment wunschlos glücklich.“

„Ich auch. Es ist einfach perfekt mit dir. Du vervollständigst mich. Du bist das, was mir immer gefehlt hat.“

Kathrins Worte ließen Alicias Herz schneller schlagen. „Das hast du schön gesagt.“ Sie hauchte einen zarten Kuss auf Kathrins Hals.

Kathrin ließ ihre Hand unter Alicias Pullover wandern, streichelte die samtige Haut. „Ich habe schon wieder unglaubliche Lust auf dich“, flüsterte sie in Alicias Ohr und brachte sie damit zum Erröten.

„Du willst hier… mit mir…?“, stammelte Alicia.

„Am liebsten schon.“ Sie ließ ihre Hand weiter zu Alicias Brüsten wandern, verwöhnte die prallen Knospen, die deutlich zeigten wie sehr Alicia es auch wollte.

Sie biss sich auf die Lippe, um ein Stöhnen zu unterdrücken. Zwischen ihren Beinen begann es zu kribbeln. Sie stellte sich vor wie Kathrin in sie eindrang und konnte den Moment kaum erwarten.

„Du willst es doch auch“, wisperte Kathrin. „Ich sehe es in deinen Augen.“

„Und wenn jemand vorbei kommt und uns sieht?“, sprach Alicia ihre Befürchtung aus.

„Es kommt ganz bestimmt keiner. Wir sind hier ganz tief im Wald.“

Kathrin machte sich an Alicias Hose zu schaffen, öffnete den Knopf und schob ihre Hand zwischen den störenden Stoff und die nackte Haut.

„Oh, mein Gott, das ist so gut“, kam über ihre Lippen.

Kathrins Fingerspitzen wurden von warmer Nässe empfangen. Sie verteilte etwas davon auf Alicias Klitoris und spielte sanft mit der kleinen Murmel.

„Oh ja, hör bitte nicht auf“, sagte Alicia, schloss die Augen und gab sich vollständig ihrer Erregung hin. Als Kathrin in sie eindringen wollte, knackte etwas im Gebüsch.

„Was war das?“, fragte Alicia panisch, ihre Erregung kam augenblicklich zum Erliegen. Sie sah sich erschrocken um, konnte aber niemanden entdecken.

„Entspann dich. Das war sicher nur ein Tier“, versuchte Kathrin ihre Geliebte zu beruhigen und fuhr mit ihren Zärtlichkeiten fort. Sie verschloss Alicias Mund mit ihren Lippen. Doch Alicia wich ihr aus und sah sich weiter um.

„Und wenn nicht? Womöglich hockt da jemand im Gebüsch und filmt uns heimlich mit dem Handy. Ich habe keine Lust auf einer Pornoseite zu landen.“

Kathrin musste schmunzeln. „Du machst dir zu viele Gedanken. Genieße es doch einfach. Es ist niemand hier. Das Knacken von Ästen gehört im Wald dazu.“

Kathrin umkreiste spielerisch Alicias Perle, sodass Alicias Körper schließlich die Entscheidung traf und nicht ihr Kopf. Das Kribbeln zwischen ihren Beinen kehrte zurück und die Sehnsucht Kathrin tief in sich zu spüren. Gerade als Kathrin ein zweites Mal kurz davor war in Alicia einzudringen, störte ein weiteres Geräusch ihre Zweisamkeit, denn ein riesiges Tier kämpfte sich durchs Gebüsch und stand auf einmal mitten auf der Lichtung. Nur wenige Meter von ihnen entfernt stand eine braun-weiß gefleckte Kuh, die sie neugierig anstarrte. Alicia und Kathrin konnten es zunächst nicht glauben, eine Kuh im Wald zu treffen, war alles andere als alltäglich.

„Von einer Kuh wurde ich auch noch nie beim Sex gestört“, meinte Kathrin leise. Sie zog ihre Hand aus Alicias Hose.

Alicia unterdrückte ein Lachen. Die Kuh war ihr eindeutig lieber als irgendein Spanner, der sie heimlich aus dem Gebüsch heraus filmte. Inzwischen hatte auch Zodiak die Kuh entdeckt und fand ihr Auftauchen spannender als den Kaninchenbau, den er bewacht hatte, in der Hoffnung das Kaninchen ließe sich mal blicken. Er rannte um die Bank herum und bellte. Doch davon ließ sich die Kuh nicht beeindrucken. Sie stand weiterhin entspannt da. Vielleicht kannte sie Hunde und hatte deswegen keine Angst.

„Aus, Zodiak!“, ermahnte Alicia ihn.

Er bellte noch ein paar Mal, dann war er still. Teddy ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er zupfte Blätter und Gras vom Boden und nahm keinerlei Notiz von der Kuh.

„Denkst du, es ist die entlaufene Kuh?“, wandte sich Kathrin an Alicia.

„Ich halte es für sehr wahrscheinlich.“

„Wir müssen versuchen sie einzufangen.“

„Wie willst du das machen? Ich glaube nicht, dass sie sich so leicht einfangen lässt.“ Alicia war die Kuh mindestens genauso unheimlich wie es die Pferde vor einigen Monaten gewesen waren.

„Das werden wir sehen“, meinte Kathrin. Sie war wie immer viel mutiger als Alicia.

„Und wenn sie dich beißt oder tritt?“, sprach Alicia ihre Angst aus.

„Glaub ich nicht, eher wird sie weg laufen.“

Kathrin erhob sich von der Bank. Verfolgt von Alicias Blick ging sie zuerst zu Teddy, kehrte mit ihm zur Bank zurück und nahm ihm den Führstrick ab.

„Kannst du Teddy halten?“, wandte sie sich an Alicia.

„Klar.“

„Gut. Ich brauche auch noch Zodiaks Leine.“ Sie brachte die Schleppleine in ihren Besitz und näherte sich langsam der Kuh. Alicia sah mit angehaltenem Atem zu und hielt Zodiak und Teddy gut fest.

Die Kuh ließ Kathrin bis auf etwa einen Meter heran kommen. Dann wich sie zurück. Kathrin blieb stehen und redete beruhigend auf sie ein. Sie wackelte mit den Ohren und schien abzuwägen, ob sie Kathrin vertrauen konnte oder nicht.

In winzigen Schritten näherte sie sich weiter der Kuh und sprach dabei leise mit ihr. Als sie fast zum Greifen nahe war, drehte sie sich um und rannte davon. Sie lief jedoch nur ein paar Meter weit.

„So ein Mist!“, fluchte Kathrin.

„Ich habe ja gleich gesagt, dass sie sich nicht einfangen lässt“, sagte Alicia.

„Ich werde es nochmal versuchen“, erwiderte Kathrin entschlossen. „So schnell gebe ich nicht auf.“

Alicias Blick fiel auf ein Büschel Gras am Wegrand, das bisher von Teddy verschont geblieben war.

„Vielleicht ist sie mit Futter bestechlich“, meinte Alicia. „Schau mal! Da vorne wächst genug davon.“ Sie deutete auf den Grasbüschel.

„Das könnte klappen.“

Kathrin rupfte eine Handvoll des grünen Gewächses aus und startete einen zweiten Versuch die Kuh einzufangen. Alicia blieb zurück. Sie legte auch keinen Wert darauf näher heran zu gehen. Alles was größer war als ein Hund war ihr unheimlich. Sie spähte zwischen den Bäumen hindurch und konnte erkennen, dass Kathrin der Kuh inzwischen wieder näher gekommen war. Mit ausgestrecktem Arm bot sie ihr das frische Gras an. Die Kuh machte ihren Hals lang, konnte sich jedoch nicht überwinden näher zu kommen. Alicia drückte die Daumen. Es musste einfach klappen. Im Wald konnte sie nicht bleiben und dann geschah das Unglaubliche. Die Kuh setzte sich in Bewegung und machte einen Schritt auf Kathrin zu. Alicia hielt vor Spannung die Luft an. Gelang es Kathrin tatsächlich sie einzufangen? Seit Tagen war man hinter ihr her und niemandem war es bisher gelungen sie einzufangen. Vertrauensvoll nahm sie das Gras von Kathrin entgegen und während sie kaute, schlang Kathrin die Leine um ihren Hals. Kurz darauf kehrte sie mit der Kuh im Schlepptau zu Alicia zurück. Alicia konnte es nicht glauben. Die Kuh folgte Kathrin ohne Probleme. Alicia war sehr beeindruckt.

"Du bist eine richtige Tierflüsterin“, sagte Alicia, als Kathrin nur noch einen knappen Meter von ihr entfernt war.

Kathrin lächelte. „Ich hatte schon immer einen guten Draht zu Tieren. Sie vertrauen mir.“

„Sie spüren, dass du es gut mit ihnen meinst.“

„Ja, so wird es sein.“

„Was hast du jetzt vor mit ihr?“

„Ich nehme sie erstmal mit. Kannst du Teddy und Zodiak übernehmen?“

„Klar, kein Problem.“

„Dann sollten wir uns auf den Heimweg machen.“

Alicia erhob sich von der Bank. Die Kuh zeigte keinerlei Angst, als Alicia sich mit Teddy und Zodiak näherte. Sie hielt Zodiak dicht an ihrer Seite, Teddy hingegen erlaubte sie die Kuh zu begrüßen. Sie steckten die Nasen zusammen, schnüffelten und schnaubten.

„Süß, die beiden“, kommentierte Kathrin den Anblick.

Sie setzten sich in Bewegung. Während Zodiak unter Alicias strengster Beobachtung voraus lief, trottete Teddy brav neben Alicia her und die Kuh folgte ihnen wie ein treuer Hund.

„Wirst du dem Bauer die Kuh zurückgeben?“, fragte Alicia.

Kathrin überlegte einen Moment, ehe sie antwortete. „Ich werde ihn benachrichtigen, dass ich seine Kuh gefunden habe. Das muss ich ja schließlich, aber er bekommt sie nicht zurück. Es wäre Verrat. Sie ist vom Schlachtanhänger geflüchtet, weil sie leben will. Ich lasse nicht zu, dass sie getötet wird.“

„Du willst sie behalten?“, fragte Alicia ungläubig.

„Nein. Ich werde einen Platz auf einem Gnadenhof für sie suchen.“

Alicia dachte einen Moment über Kathrins Worte nach. „Du hast mir erzählt, dass deine Tante und dein Onkel einen Bauernhof haben. Können sie die Kuh nicht bei sich aufnehmen?“

„Leider nicht. Mein Onkel ist vor ein paar Jahren gestorben, meine Tante hat den Hof verkauft und nur einige Hühner behalten.“

„Schade. Es wäre so einfach gewesen.“

„Wir finden eine andere Möglichkeit.“ Kathrin klang wild entschlossen.

„Vielleicht kann dein Vermieter die Kuh aufnehmen“, überlegte Alicia. „Er hat doch auch einen Bauernhof.“

„Das geht leider auch nicht. Er hat nur Hühner und ein paar Ziegen und er baut Unmengen Obst und Gemüse an.“

„Hm, Kühe sind offenbar gar nicht so leicht unterzubringen.“

„Was wir brauchen ist ein Gnadenhof. Einfach wird das sicher nicht, aber wir finden schon was Passendes.“

„Und wenn der Bauer die Kuh nicht her gibt?“, gab Alicia zu bedenken.

„Warum sollte er sich weigern? Wenn ich ihm dasselbe zahle wie der Schlachter oder ein wenig mehr, gibt es für ihn keinen Grund abzulehnen.“

„Da hast du auch wieder Recht.“

Sie liefen einige Meter schweigend nebeneinander her.

„Ist es nicht erstaunlich, dass sie uns so bereitwillig folgt?“, ergriff Alicia wieder das Wort.

„Wir meinen es gut mit ihr. Das scheint sie zu spüren“, meinte Kathrin. „Ich denke, sie ist froh endlich in Sicherheit zu sein. In den letzten Tagen hat sie sicher einiges erlebt.“

„Kennst du einen Gnadenhof, der sie eventuell aufnehmen würde?“, fragte Alicia weiter.

„Nein, aber das lässt sich raus finden. Vielleicht können wir einen Aufruf bei Facebook starten und eine Spendenaktion dazu. Die Kuh kostet sicher einige Euro. Ich weiß nicht, ob wir uns das leisten können.“

„Du hast das ja schon bis ins kleinste Detail durchgeplant“, stellte Alicia lachend fest. „Hast du dir das alles während deiner Einfangaktion ausgedacht?“

„Ich habe mir geschworen der Kuh zu helfen, wenn es mir gelingt sie einzufangen und an Versprechen muss man sich halten, auch dann, wenn man sie nur mit sich selbst ausgemacht hat.“

„Ich helfe dir natürlich“, versprach Alicia.

„Das ist lieb. Zunächst mal wird sie wohl bei uns bleiben, bis alles geklärt ist, aber da sehe ich kein Problem. Wir haben noch eine Box frei im Stall und sie kann mit den Pferden zusammen grasen.“

„Meinst du, das funktioniert mit den Pferden?“

„Ich denke schon. Mit Teddy gibt es schon mal keine Probleme, mit Flocke sicher auch nicht und bei Blitz werden wir sehen. Wenn es gar nicht anders geht, müssen wir einen Teil der Koppel abtrennen, um sie räumlich voneinander zu trennen. Das wird schon.“

Alicia bewunderte Kathrin insgeheim für ihre Zuversicht. Sie nahm die Dinge wie sie kamen und machte stets das Beste aus allem.

„Mir war gar nicht bewusst, dass wir so weit gelaufen sind“, sagte Kathrin nach einer Weile.

„Gleich sind wir wieder zu Hause. Es ist nicht mehr weit.“

„Zum Glück. Mir tun allmählich die Beine weh.“

„Vielleicht lässt dich die Kuh ja auf ihren Rücken“, scherzte Alicia.

„Es gibt tatsächlich Menschen, die auf Kühen reiten“, erzählte Kathrin. „Es ist nicht so bequem wie auf einem Pferd, aber es funktioniert.“

„Ich weiß. Ich habe mal einen Bericht darüber im Fernsehen gesehen.“

„Würdest du dich trauen auf einer Kuh zu reiten?“, fragte Kathrin, obwohl sie die Antwort bereits erahnte.

„Nein, auf einer Kuh noch weniger als auf einem Pferd. Im Gegensatz zu Kühen sind Pferde wenigstens zum Reiten gedacht, trotzdem kommt es für mich nicht infrage.“

„Ich liebe dich trotzdem“, versicherte Kathrin ihr. „Man muss als Paar ja nicht alle Leidenschaften teilen.“

„Ist bei Sylvie und Annelie ja auch nicht anders.“

„Genau.“

Ein paar Minuten später kamen sie zu Hause an. Flocke und Blitz entdeckten die kleine Karawane und wieherten ihnen zur Begrüßung zu.

„Das ist doch schon mal ein guter Anfang“, meinte Kathrin. „Wir sollten Flocke und Blitz gleich mit unserem Gast bekannt machen.“

Kathrin schritt zügig auf die Koppel zu, öffnete das Gatter und trat mit der Kuh ein, Alicia folgte ihr mit Teddy. Sie nahm Teddy das Halfter ab und entließ ihn in die Freiheit. Er lief ein paar Schritte weg und begann zu grasen. Blitz und Flocke hingegen kamen neugierig näher, um den Neuankömmling zu begrüßen. Alicia hoffte, dass alles gut ging und die Vierbeiner nicht aufeinander los gingen. Es fiel ihr schwer ihre Anspannung zu verbergen. Kathrin hingegen wirkte völlig ruhig.

Als die Pferde bis auf wenige Schritte heran gekommen waren, muhte die Kuh. Flocke und Blitz schienen im ersten Moment nicht zu wissen was sie davon halten sollten. So einen seltsamen Artgenossen hatten sie noch nie gesehen.

Flocke traute sich als erste den Gast zu begrüßen. Sie streckte der Kuh ihre Nase hin und sie begrüßten sich liebevoll. Alicias Herz machte Freudensprünge. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass es so einfach sein würde. Flocke schien nichts dagegen zu haben ihre Weide für eine gewisse Zeit mit einer Kuh zu teilen. Nun kam es auf Blitz an.

Er hob die Oberlippe und flehmte. Danach wendete er sich ab, trottete hinüber zu Teddy und begann zu grasen.

„Er hat kein Interesse an der Kuh, aber er akzeptiert sie“, kommentierte Kathrin Blitz Verhalten.

„Das ist doch gut.“

„Sehr gut sogar. Ich denke, wir können sie frei lassen.“ Sie machte sich am Seil um den Hals der Kuh zu schaffen, lockerte die Schlinge und streifte es ihr über den Kopf. Gleich darauf trottete die Kuh los, sah sich erst einmal ihr neues Domizil gründlich an und senkte dann den Kopf, um zu grasen.

Alicia und Kathrin verließen die Koppel und verweilten noch eine Weile am Zaun, um die Tiere zu beobachten. Zum Glück blieb alles friedlich und sie schlenderten zum Haus hinüber.

„Ich werde sofort bei Facebook alles in die Wege leiten“, verkündete Kathrin. „Und ich muss den Bauer ausfindig machen, dem die Kuh gehört.“

„Soll ich das übernehmen?“, bot Alicia an. „Du wolltest doch noch einen Kuchen backen für heute Abend.“

„Stimmt. Es wäre super, wenn du das machen könntest, sonst wird der Kuchen nicht rechtzeitig fertig.“

„Dann machen wir es so.“

Während Kathrin sich auf direktem Wege in die Küche begab, machte Alicia es sich im Wohnzimmer gemütlich, durchforstete das Internet nach dem Besitzer der Kuh, telefonierte ein wenig herum und startete einen Suchaufruf sowie eine Spendenaktion bei Facebook. Dabei merkte sie gar nicht wie die Zeit verflog. Ein köstlicher, süßer Duft lockte sie in die Küche.

Kathrin trocknete gerade das Geschirr vom Frühstück ab. Der Kuchen im Ofen wölbte sich allmählich in der Form und sah perfekt aus.

„Hm, bei dir riecht es gut“, sagte Alicia.

Kathrin lächelte. „Hoffentlich schmeckt er auch so gut wie er riecht.“

„Ganz bestimmt.“

„Bist du gut voran gekommen?“, wollte Kathrin wissen.

„Sehr gut. Ich habe den Besitzer der Kuh erreicht. Er ist bereit sie an uns zu verkaufen, aber er verlangt 1000 Euro für sie.“

Kathrin blies die Backen auf. „Wow, ich wusste nicht, dass eine Kuh so teuer ist.“

„Sie ist sogar noch recht günstig“, antwortete Alicia. „Ich habe mich im Internet schlau gemacht. Eine Kuh kostet bis zu 1.600 Euro.“

„Die hat man nicht mal eben rum liegen“, meinte Kathrin.

„Ich habe einen Spendenaufruf bei Facebook gestartet. 15 Euro haben wir schon beisammen und der Beitrag wurde schon achtmal geteilt.“

„Na ja, dann warten wir mal ab, was zusammen kommt, ein paar Euro kann ich auch locker machen.“

„Ich auch und ich werde Nikki fragen. Sie kennt so viele Leute. Wenn sie den Beitrag teilt, haben wir das Geld schnell beisammen.“

„Je mehr umso besser. Alles was über den Kaufpreis der Kuh hinausgeht, können wir an den Gnadenhof spenden. Die brauchen immer Geld.“

„Das ist eine gute Idee.“

Kathrin trat auf Alicia zu und schloss sie in die Arme. „Wir sind schon ein gutes Team.“

„Ja, das sind wir.“

 

4. Kapitel

Pünktlich zur verabredeten Zeit standen Alicia und Kathrin bei Sylvie und Annelie vor der Tür.

Sylvie öffnete. „Hey, ihr zwei. Schön, dass ihr da seid. Kommt rein.“

Kathrin drückte Sylvie ihren Kuchen in die Hand. „Ich habe Kuchen gebacken.“

„Oh, das ist ja lieb.“

Sylvie ging voraus ins Wohnzimmer. Dort saß Annelie auf dem Sofa, sie streichelte ihren dicken Bauch.

„Hallo, ihr beiden.“

„Na du, wie geht’s dir… euch beiden?“

„Gut. Meine Bewegungsfreiheit wird immer mehr eingeschränkt, aber das Ende ist ja abzusehen.“

„Das Essen ist fertig“, unterbrach Sylvie das Gespräch.

Annelie streckte Alicia und Kathrin ihre Hände hin. „Helft ihr mir hoch?“

Kathrin und Alicia halfen Annelie beim Aufstehen.

„Es wird immer komplizierter“, stöhnte Annelie. „Mein Bauch ist inzwischen so dick, dass man glauben könnte, ich bekomme Zwillinge.“

„Na ja, der Geburtstermin ist ja schon bald“, entgegnete Alicia.

„Der errechnete Termin ist nächste Woche.“

„Der Countdown läuft“, scherzte Kathrin.

Sie gingen in die Küche und nahmen am gedeckten Tisch Platz.

„Alicia und Kathrin haben Kuchen zum Nachtisch mitgebracht“, sagte Sylvie.

„Oh toll. Ich liebe Kuchen.“

„Was möchtet ihr trinken?“, fragte Sylvie. „Es gibt Wasser, Cola, Bier, Wein.“

„Cola, bitte“, sagte Kathrin.

„Für mich ein Wasser“, bestellte Alicia.

Sylvie füllte die Gläser. „Greift zu und lasst es euch schmecken.“

Das ließen sie sich nicht zweimal sagen. In den nächsten Minuten aßen sie schweigend.

„Super gekocht“, lobte Kathrin das Essen.

„Danke, ich habe mir auch Mühe gegeben.“

„Sie ist eine gute Köchin“, sagte Annelie.

„Alicia kocht auch sehr gut“, sagte Kathrin.

„Wir haben großes Glück mit unseren Frauen“, sagte Annelie und warf Sylvie einen verliebten Blick zu.

„Ihr glaubt nicht, was uns heute passiert ist“, begann Kathrin.

„Erzähl! Was war los?“

„Wir haben die entlaufene Kuh gefunden.“

„Nicht euer Ernst. Wie und wann?“

Kathrin erzählte die ganze Geschichte. Annelie und Sylvie lauschten interessiert ihren Worten, konnten kaum glauben, was sie hörten.

„Das ist ja unglaublich“, kommentierte Sylvie das Gehörte, als Kathrin geendet hatte.

„Ja, total verrückt“, bestätigte Alicia.

„Ich werde auch etwas spenden, um die Kuh zu retten“, sagte Annelie.

„Ich natürlich auch“, versprach Sylvie. „Ich muss morgen unbedingt vorbei kommen und sie mir ansehen.“

„Hattest du denn gar keine Angst dich der Kuh zu nähern?“, wollte Annelie wissen. „Ich hätte mich ganz sicher nicht an sie heran getraut.“

„Ach, das war keine große Sache“, winkte Kathrin ab. Eine Kuh ist ja nicht viel anders als ein Pferd.“

„Trotzdem sehr mutig von dir“, sagte Annelie.

„Unsere Frauen verstehen uns einfach nicht“, wandte sich Alicia an Annelie.

„Wenn es um Pferde und Kühe geht, dann nicht“, bestätigte Annelie lächelnd.

„Ich nehme mir noch was zu essen“, sagte Kathrin und füllte erneut ihren Teller. „Es ist einfach zu lecker.“

„Nur zu“, erwiderte Sylvie schmunzelnd. „Es ist genug da, aber lass noch etwas Platz für den Kuchen.“

„Das passt schon. Außerdem ist der Abend ja noch jung.“

Annelie nahm sich ebenfalls einen Nachschlag, schließlich musste sie für zwei essen. Sylvie füllte unterdessen die Gläser wieder auf.

„Wir haben noch eine Überraschung für euch“, sagte Annelie etwas später, als Sylvie den Tisch abgeräumt und den Kuchen in der Mitte platziert hatte. Sie lächelte Sylvie verschwörerisch zu.

„Überraschungen sind immer gut“, meinte Alicia.

„Na ja, es gibt auch schlechte Überraschungen“, überlegte Kathrin laut.

„Wir wollten euch was fragen“, sprach Annelie weiter, ohne auf die Einwände der Freundinnen einzugehen.

„Na dann, raus damit“, forderte Kathrin sie ungeduldig auf.

„Na gut. Also“, holte Annelie aus. „Eigentlich fand ich es immer total altmodisch und überflüssig, aber könntet ihr euch vorstellen die Patentanten unserer Tochter zu werden?“

Annelies Frage kam so überraschend, dass zunächst mal Stille am Tisch herrschte. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.

„Ihr müsst nicht, wenn ihr nicht wollt“, ruderte Annelie zurück. „Es war nur so eine Idee.“

„Doch, klar“, sagte Alicia. Sie warf Kathrin einen fragenden Blick zu. „Oder etwa nicht?“

„Doch, oh man, ja, auf jeden Fall wollen wir.“ Kathrin strahlte. „Wow, was für eine Überraschung.“

Sylvie stand auf, ging aus dem Zimmer und kehrte kurz darauf mit einem Geschenk zu ihnen zurück, das sie feierlich Alicia und Kathrin überreichte.

„Das ist für euch.“

„Oh, noch mehr Überraschungen“, freute sich Alicia. „Das hört ja gar nicht mehr auf.“

„Ihr müsst es sofort auspacken“, drängte Annelie.

„Wir machen es zusammen auf, okay?“, sagte Kathrin zu Alicia. Sie zupften jeder an einer Seite das Klebeband vom Papier und wickelten das Päckchen aus. Zum Vorschein kam ein gerahmtes Foto. Es zeigte ein Ultraschallbild.

„Das ist das erste Foto von unserer Kleinen“, sagte Annelie glücklich und streichelte liebevoll ihren Bauch. „Und da ihr nun sozusagen zur Familie gehört, dachten wir, wir schenken euch das Foto.“

„Oh, das ist so süß von euch“, sagte Alicia gerührt.

„Das hätte ich mir auch nicht träumen lassen, dass ich mal Patentante werde“, sagte Kathrin, während sie andächtig das Foto betrachtete.

„Ich auch nicht“, sagte Alicia.

„Habt ihr eigentlich schon einen Namen für eure Tochter ausgesucht?“, fragte Kathrin.

„Ja, sie soll Clara heißen“, antwortete Sylvie und schenkte Annelie ein liebevolles Lächeln.

„Das ist ein toller Name. Meine Oma heißt auch so“, erzählte Alicia.

„Jetzt kann ich es erst recht nicht mehr erwarten, bis die Kleine kommt“, sagte Kathrin.

Annelie lachte. „Dann sind wir schon drei.“

„Vier“, mischte Alicia sich ein. „Ich freue mich auch, wenn die Kleine endlich das Licht der Welt erblickt.“

„Ich freue mich am meisten“, meinte Annelie. „Dann kann ich mich hoffentlich endlich wieder besser bewegen. Ich fühle mich wie ein schwerfälliges Nilpferd.“

„Ich finde, die Ernennung von Claras Patentanten sollten wir mit einem Stück Kuchen feiern“, meinte Sylvie. Sie wartete nicht lange auf Zustimmung oder Protest, sondern schnitt den Kuchen an und verteilte ihn.

„Wir sollten auch noch darauf anstoßen“, erinnerte Annelie Sylvie.

„Stimmt, wir hatten da ja noch was vorbereitet.“ Sie sprang auf und eilte in die Küche.

Kurz darauf kehrte sie mit einem Tablett zurück, auf dem eine bunt bedruckte Flasche sowie vier Sektgläser standen.

„Ihr wart euch wohl ziemlich sicher, dass wir ja sagen“, stellte Kathrin fest.

„Sicher nicht, aber wir hatten es gehofft“, antwortete Annelie. „Patentante zu werden bedeutet ja auch Verantwortung. Die wollen viele nicht gern übernehmen.“

„Wie viele Absagen habt ihr kassiert?“, wollte Alicia wissen.

„Keine, aber nur, weil ihr die ersten wart, die wir gefragt haben“, erklärte Annelie. „Ich wollte eigentlich keinen fragen, weil ich es leid war, dass sich ständig Leute in unser Leben einmischen. Die letzten Monate waren echt hart, mit vielen gut gemeinten Ratschlägen von angeblichen Freunden, die ja nur unser Bestes wollen, Belehrungen von meiner Mutter. Irgendwer hat immer was zu meckern und da wollte ich nicht noch eine Patentante oder zwei, die auch ihren Senf dazu geben.“

„Verständlich“, entgegnete Kathrin. „An deiner Stelle hätte ich sicher genauso gedacht.“

„Warum hast du deine Meinung geändert?“, fragte Alicia.

„Weil ihr anders seid, als die anderen. Ihr habt euch bisher noch kein einziges Mal in unser Leben eingemischt, uns einfach so sein lassen, wie wir sind.“

„Darauf sollten wir einen trinken“, verkündete Sylvie und als sie Alicias skeptischen Blick sah, fügte sie hinzu: „Keine Sorge, es ist Kindersekt ohne Alkohol.“ Sie öffnete die Flasche und verteilte das sprudelnde Getränk in den Gläsern.

Sylvie hob ihr Glas. „Auf Clara.“

„Auf Clara“, erwiderten die anderen drei fast synchron.

Als sie miteinander anstießen, heulte die Feuerwehrsirene los.

„Oh, es brennt irgendwo“, sagte Sylvie.

„Schrecklich“, sagte Annelie.

„Es könnte auch ein Unfall passiert sein“, überlegte Kathrin. „Dann rückt die Feuerwehr auch aus.“

„Ja, stimmt. Schlimm ist es auf jeden Fall, sonst würde sie nicht ausrücken.“

Sie saßen eine Weile schweigend da, eine bedrückende Stimmung breitete sich aus und vertrieb die Ausgelassenheit des Abends. Einzig das Geräusch mehrerer Martinshörner war zu hören, die näher zu kommen schienen. Kurz darauf bogen die Rettungsfahrzeuge in die Straße ein. Das Blaulicht leuchtete durch die Fenster herein.

„Scheiße, hier muss ganz in der Nähe was passiert sein“, sagte Annelie.

Sylvie sprang auf, rannte zum Fenster und sah hinaus.

„Ach, du scheiße!“, rief sie.

„Was ist los?“, wollte Annelie wissen, während Kathrin und Alicia ebenfalls zum Fenster stürzten.

„Es brennt!“, rief Sylvie aufgeregt.

„Was, wo denn?“ Annelie kämpfte sich von ihrem Stuhl hoch und machte sich ebenfalls auf den Weg zum Fenster.

Fassungslos mussten sie mitansehen, wie immer größer werdende Flammen den Dachstuhl eines Hauses, nur wenige Meter von ihnen entfernt, vollständig zerstörten.

„Oh, mein Gott. Das ist so schrecklich“, sagte Annelie. Sie war den Tränen nahe.

„Das ist es, aber du darfst dich jetzt nicht aufregen“, redete Sylvie beruhigend auf Annelie ein.

„Wie soll ich unter den Umständen ruhig bleiben? Vielleicht greift das Feuer noch um sich und wir müssen aus unserer Wohnung raus.“

„Müssen wir sicher nicht.“

„Die Feuerwehr beginnt doch schon mit den Löscharbeiten“, versuchte nun auch Kathrin Annelie die Angst zu nehmen.

„Das Wasser läuft schon“, ergänzte Alicia. „Bald ist das Feuer gelöscht.“

Sylvie legte beschützend ihren Arm um Annelie. „Du musst keine Angst haben. Komm, wir gehen ins Wohnzimmer.“

„Nein.“ Annelie schüttelte den Kopf.

„Da sehen wir nicht, wenn die Flammen näher kommen.“

Sie blieben am Fenster stehen und beobachteten das Treiben auf der Straße. Inzwischen hatten sich bereits mehrere Schaulustige versammelt, die das Ereignis mit ihren Handys filmten.

„Was geht in solchen Menschen vor?“, sagte Kathrin wütend. „Statt zu helfen sind sie auf der Suche nach dem besten Foto oder dem spektakulärsten Video und behindern dadurch die Rettungskräfte.“

Auf einmal brach der Dachstuhl in sich zusammen und die Funken stoben in alle Richtungen.

„Hoffentlich konnten alle Bewohner gerettet werden“, sagte Alicia.

„Kennt ihr die Leute, die in dem Haus wohnen?“, fragte Kathrin.

„Nur flüchtig. Es ist eine Familie mit drei Kindern.“

„Die armen Kinder.“ Alicia wirkte sehr betroffen.

„Ich glaube, ich will jetzt lieber doch ins Wohnzimmer“, meinte Annelie. „Ich kann das nicht länger mitansehen.“

Sylvie begleitete ihre Frau ins Nebenzimmer, Alicia und Kathrin folgten. Sie ließen sich auf dem Sofa nieder, keiner sagte ein Wort. Sie alle kämpften mit den schrecklichen Bildern der Flammenhölle.

„Sollen wir vielleicht was spielen? Karten oder so?“, schlug Sylvie nach einer Weile vor.

„Ist das dein Ernst?“, fragte Annelie.

„Warum nicht? Vielleicht bringt uns das auf andere Gedanken. Wenn wir hier schweigend rum sitzen, hilft das auch niemandem. Also seid ihr einverstanden?“

Die anderen nickten und Sylvie holte ein Kartenspiel. Sie mischte und verteilte die Karten. Sie alle suchten ihr Seelenheil im Spiel, versuchten die Geschehnisse da draußen, außerhalb der Wohnung auszublenden und vertrauten darauf, dass die Feuerwehr sie auch diesmal vor dem Schlimmsten bewahren konnte.

Die etwas ungewöhnliche Ablenkung entfaltete nach einiger Zeit ihre Wirkung und das Spiel wurde immer ausgelassener. Sie verdrängten die schlimmen Ereignisse, die sich in der Nachbarschaft abspielten und fielen ihnen erst wieder ein, als Kathrin zum Aufbruch drängte.

„Wollt ihr wirklich schon gehen?“, fragte Annelie.

„Die Pferde sind noch draußen und das macht mich immer etwas unruhig, je später es wird“, antwortete Kathrin.

„Kommt, wir schauen mal, wie es draußen inzwischen aussieht“, schlug Sylvie vor. Sie machte sich auf den Weg in die Küche, die anderen folgten ihr.

„Das Feuer ist gelöscht“, berichtete Sylvie, „aber die Feuerwehr ist noch da.“

„Furchtbar, wenn man alles verliert“, sagte Alicia. „Was vom Feuer verschont geblieben ist, wurde vom Wasser zerstört.“

„Ja, schrecklich“, stimmten die anderen zu.

„Wir machen uns dann mal auf den Weg“, sprach Kathrin für sich und Alicia. „Vielen Dank, für die Einladung.“

„Nicht dafür“, erwiderte Annelie. „Wir müssen uns vielmehr bei euch bedanken.“

Sie verabschiedeten sich voneinander, indem sie sich umarmten.

„Kommt gut nach Hause“, sagte Sylvie.

„Klar, mein Auto kennt den Weg“, erwiderte Alicia.

Als sie auf die Straße traten, atmeten sie den Brandgeruch ein, der dick und schwer in der Luft waberte. Sie beeilten sich zum Auto zu kommen und waren beinahe froh der bedrückenden Stimmung entkommen zu können.

 

5. Kapitel

Als Alicia ein paar Tage später morgens erwachte, war das Bett neben ihr leer. Sie lauschte. Im Haus herrschte eine gespenstische Stille, es wirkte wie ausgestorben. Verwundert stand sie auf und machte sich auf die Suche. Sie ging die Treppe hinunter und wurde auch im Untergeschoss von Stille empfangen. Wo waren Kathrin und Zodiak? Ein Blick aus dem Fenster gab Aufschluss, denn Kathrin befand sich mit Teddy und Zodiak auf der Koppel. Sie übten ihre Tricks. Der Anblick ließ Alicia lächeln. Sie eilte in den Flur, schlüpfte in ihre Schuhe und zog eine Jacke über ihren Schlafanzug.

Draußen wurde sie von kühler Luft empfangen, der Herbst ließ sich nicht mehr leugnen.

Als Alicia zur Koppel kam, beendete Kathrin gerade die Übung.

„Guten Morgen, du bist ja schon früh im Einsatz“, begrüßte Alicia ihre Geliebte.

Kathrin kam lächelnd auf den Zaun zu und begrüßte Alicia mit einem zärtlichen Kuss. „Guten Morgen, meine Süße. Ich war auch schon mit Blitz im Wald und habe ausgemistet.“

„Du nimmst das wohl sehr ernst mit dem frühen Vogel und so.“

Kathrin lachte. „Ein Anruf hat mich geweckt und da ich sowieso wach war, dachte ich, kann ich mich ebenso gut gleich um unsere Fellnasen kümmern.“

„Wer hat denn angerufen und warum?“

„Sylvie hat angerufen. Sie und Annelie haben letzte Nacht ihr Baby bekommen.“

„Wirklich? Oh, mein Gott, wie schön.“

Kathrin zog ihr Handy aus der Hosentasche, tippte kurz auf dem Display herum und reichte es Alicia.

„Darf ich vorstellen? Das ist Clara. Wir haben heute Nachmittag ein Kennenlerndate mit unserem Patenkind.“ Kathrin strahlte so sehr, als wäre es ihr eigenes Kind.

„Wow“, brachte Alicia lediglich heraus. Sie war überwältigt und musste die Neuigkeit erst einmal sacken lassen.

Kathrin betrachtete das Foto auf dem Handy. „Die Kleine ist so niedlich.“

„Du bist ja richtig verliebt“, stellte Alicia fest.

„Ja, schon so ein bisschen.“ Sie steckte ihr Handy wieder ein.

„Wie war das Training heute?“, fragte Alicia.

„Sehr gut. Zodiak und Teddy haben toll mitgemacht.“ Kathrin sah glücklich aus.

„Dann seid ihr bereit für euren morgigen Auftritt?“

„Ich denke schon.“

„Wir haben gestern für euch eine große Fläche mit Kunstrasen ausgelegt, damit bei eurem Auftritt nichts schief geht.“

„Ich bin gespannt, ob Teddy und Zodiak morgen auch so gut mitmachen. Ich habe ein wenig Sorge, dass sie sich von den vielen Menschen und dem Trubel ablenken lassen.“

„Ich denke, wenn du selber ruhig bleibst und die Ruhe auf die beiden überträgst, kann nicht viel schief gehen.“

„Hoffentlich hast du Recht.“

„Schade, dass es mit der Betriebsfeier nicht geklappt hat“, meinte Alicia. „Das wäre eine tolle Generalprobe gewesen.“

„Ja, leider. Na ja, nun muss es eben so gehen.“

Kathrin begann den Parcours abzubauen. Zodiak sah ihr aufmerksam dabei zu, während Teddy sich ein paar Grashalme schmecken ließ.

„Warum sind Blitz und Flocke noch nicht draußen?“, fragte Alicia, als Kathrin wieder zu ihr an den Zaun kam.

„Blitz war von unserem Ausritt sehr geschwitzt. Ich habe ihn zwar trocken gerieben, aber ihn vorsichtshalber noch im Stall gelassen. Ich will nicht, dass er sich erkältet. Es ist schon recht kühl geworden. Ich denke, jetzt kann er raus.“

„Und wie geht es unserem Gast?“, fragte Alicia.