Marx in 60 Minuten - Walther Ziegler - E-Book

Marx in 60 Minuten E-Book

Walther Ziegler

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Beschreibung

Nie zuvor und nie mehr danach hatte ein einzelner Philosoph eine solch ungeheure Wirkung wie Karl Marx. Seine große Vision der eigentumslosen Gesellschaft fand weltweit Gehör und hatte historische Auswirkungen. Revolutionäre, Parteien, Regierungen und ganze Staaten beriefen sich auf ihn und seine Philosophie. Der Marxismus verbreitete sich rund um den Globus. In so unterschiedlichen Ländern wie Russland, China, Vietnam, Kuba, Nicaragua und Mosambik, aber auch in vielen weiteren Staaten kam es zu Revolutionen, bis fast ein Drittel der gesamten Menschheit im Kommunismus lebte. Etwa hundert Jahre nach dem Tod von Marx ging die von ihm ins Leben gerufene kommunistische Welt wieder unter. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs meinten viele, Marx habe sich geirrt und der Kapitalismus sei letztlich doch das einzig erfolgversprechende Wirtschaftssystem. Man hoffte, Demokratie, Marktwirtschaft und die gerechte Verteilung des Wohlstandes unter einen Hut zu bringen. Doch dieser Optimismus währte nicht lange. Die globalen Wirtschafts- und Finanzkrisen der letzten Jahrzehnte haben den Glauben an die Selbstregulierung der Marktwirtschaft tief erschüttert. Es zeigt sich immer deutlicher, dass der Kapitalismus tatsächlich die strukturellen Schwächen aufweist, die Marx in seinem Hauptwerk, „das Kapital“ beschrieben hat. Einige Prognosen von Marx, wie die zunehmende Monopolisierung und die immer weiter auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich, sind bereits eingetroffen. Weitere zeichnen sich am Horizont der gesellschaftlichen Entwicklung ab. Seine scharfsinnige Kritik am Kapitalismus ist daher aktueller denn je. Keine Frage – Marx hat uns immer noch viel zu sagen. Das Buch „Marx in 60 Minuten“ erklärt anhand von siebzig zentralen Zitaten anschaulich und mit großer Klarheit die materialistische Geschichtsphilosophie, die Basis-Überbau-Theorie, die Religionskritik und die brandaktuellen Analysen zu Mehrwert, Akkumulation und Verelendung aus dem „Kapital“. Im zweiten Teil des Buches mit der Überschrift „Was nützt uns die Entdeckung von Marx heute?“ werden seine Erkenntnisse auf die gegenwärtige Situation angewendet. Das Buch ist in der beliebten Reihe „Große Denker in 60 Minuten“ erschienen.

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Dank an Rudolf Aichner für seine unermüdliche und kritische Redigierung, Silke Ruthenberg für die feine Grafik, Angela Schumitz, Lydia Pointvogl, Eva Amberger, Christiane Hüttner, Dr. Martin Engler für das Lektorat und Dank an Prof. Guntram Knapp, der mich für die Philosophie begeistert hat.

Inhalt

Die große Entdeckung von Marx

Der Kerngedanke von Marx

Die materiellen Grundbedürfnisse

Die Arbeit

Basis und Überbau

Religion als Opium fürs Volk

Geschichte als Klassenkampf

Die Theorie vom Mehrwert

Akkumulation und Konzentration

Verelendung und Revolution

Absterben des Staates

Entfremdung

Die Aufhebung der Entfremdung

Das Reich der Freiheit

Was nützt uns die Entdeckung von Marx heute?

Die Warnung vor dem Hexenmeister – Wie die Kontrolle behalten?

Jede Zeit hat ihre Ideologie – auch die unsere. Ideologiekritik heute

Das Reich der Freiheit verwirklichen - Arbeit ist nur eine Zwischenstation

Egoismus mag erfolgreich sein – Vollendung findet der Mensch nur als Gattungswesen

Zitatverzeichnis

Die große Entdeckung von Marx

Die philosophische Anstrengung von Marx (1818-1883) ist enorm. Er versuchte als erster, das Bewegungsgesetz der gesamten Menschheitsgeschichte zu entschlüsseln. Er wollte aus dem Ablauf der bisherigen Geschichte präzise Erkenntnisse für die künftige Entwicklung gewinnen und sie in eine sinnvolle Richtung lenken.

Ein solches Unterfangen scheint auf den ersten Blick unmöglich, wenn nicht sogar größenwahnsinnig. Welcher Mensch – und sei es auch ein noch so weitblickender Philosoph – kann schon die Zukunft vorhersagen oder gar Einfluss auf die geschichtliche Entwicklung nehmen?

Karl Marx gelang es tatsächlich, aus der Vergangenheit und den Ereignissen seiner Epoche philosophische, ökonomische und gesellschaftspolitische Schlüsse zu ziehen, die sich in der Folgezeit in vielen Nationen bewahrheiten sollten. Etwa hundert Jahre nach seinem Tod lebte tatsächlich ein Drittel der Menschheit nach einem Gesellschaftsmodell, das seinen Namen trug. Der sogenannte Marxismus verbreitete sich auf der ganzen Welt. Nie zuvor und nie mehr danach hatte ein einzelner Philosoph eine solch ungeheure Wirkung.

Die sozialen Zustände in den Zeiten von Marx, insbesondere die Arbeitsbedingungen in den neu entstandenen Fabriken waren katastrophal. Nicht nur Männer, auch Frauen und Kinder mussten zwölf bis vierzehn Stunden am Tag arbeiten. Die Wohnsituation und die hygienischen Zustände in den Elendsquartieren der Industriearbeiter waren menschenunwürdig. Marx sah es als seine Pflicht, für die notleidende Bevölkerung Partei zu ergreifen und eine revolutionäre Veränderung herbeizuführen.

Doch nicht nur er selbst, alle Philosophen, so Marx, hätten die Aufgabe, an der Verbesserung der Gesellschaft mitzuwirken. Man dürfe sich nicht mehr damit begnügen, die Welt nur zu verstehen und auszulegen, wie dies in den letzten zweitausend Jahren der Fall gewesen war. Zusammen mit dem Philosophen Feuerbach fordert Marx deshalb:

So beobachtete der junge Marx als Journalist und Philosoph jahrelang die aktuelle Politik, die Geschichte und wirtschaftliche Entwicklung Europas, bis er die Ursache aller Veränderungen erkannt zu haben glaubte. Die gesamte Entwicklung der Menschheit von der Antike bis heute sei letztlich die notwendige Abfolge von großen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen:

In regelmäßigen Abständen, so Marx, kommt es zu großen Revolutionen, die das Herrschaftssystem und damit auch die wirtschaftlichen Grundlagen der Gesellschaft radikal verändern. Auch er lebte mit seiner Familie in einer Zeit des Umbruchs. In seinen Zeitungsartikeln unterstützte er die Revolution von 1848 in Deutschland und verfasste zusammen mit seinem Freund Engels das berühmte „kommunistische Manifest“.

Dieser Aufruf zur Revolution brachte ihm die erbitterte Feindschaft des preußischen Königs ein. Er wurde verfolgt und musste nach Frankreich fliehen. In seinem Heimatland Preußen wäre er sofort verhaftet worden. Man hatte ihm sogar die Staatsbürgerschaft entzogen. Als der preußische König ihn schließlich auch in Frankreich verfolgte und seine Auslieferung forderte, blieb ihm nichts anderes übrig, als mit seiner Familie für immer nach England zu fliehen. Doch auch dort arbeitete er weiter an seinen revolutionären Schriften.

Das Geld, das er mit dem Verkauf seiner Bücher und Zeitungsartikel verdiente, reichte allerdings nicht, um seine sechsköpfige Familie zu ernähren. Seinem Freund Engels, der ihn aus Deutschland mit Geldzuwendungen unterstützte, schrieb er in einem Brief vom 8. September 1852:

Marx verspürte die Armut also am eigenen Leib. Er lebte während der Industrialisierung und sah, wie um ihn herum die Städte rasant anwuchsen, wie immer mehr Menschen vom Land in die Metropolen zogen, um dort in Tag– und Nachtschichten in den Fabriken zu arbeiten. Er sah, wie Kinder für einen Hungerlohn an den Maschinen der Textilfabriken gigantische Mengen Stoff produzierten. Und er sah, wie neue Eisenbahnstrecken aus dem Boden gestampft, Bergwerke gebaut wurden und Dampfschiffe voller Waren zwischen Amerika und Europa pendelten.

Staunend analysierte er die voranschreitende industrielle Entwicklung und kam zu dem Ergebnis, dass mit der modernen kapitalistischen Produktionsweise so viele Waren wie nie zuvor in der Geschichte hergestellt werden konnten, dass aber die Mehrheit der Menschen vom erwirtschafteten Reichtum und Wohlstand ausgeschlossen blieb. Auch war er fest davon überzeugt, dass das freie Spiel von Angebot und Nachfrage langfristig zusammenbrechen und zu globalen Krisen führen würde. Deshalb kritisierte er das kapitalistische System und empfahl die Abschaffung des Privateigentums. Stattdessen sollte eine neuartige gemeinschaftliche Produktionsweise eingeführt werden, der sogenannte Kommunismus.

Die Wirkungen dieser Gedanken war ungeheuer: In so unterschiedlichen Ländern wie Russland, China, Kuba, Nicaragua und Mosambik, aber auch in vielen weiteren Staaten kam es zu kommunistischen Revolutionen. Fast ein Jahrhundert lang beriefen sich kommunistische und sozialistische Regierungen auf die Geschichts- und Gesellschaftsphilosophie von Marx.

Doch die planwirtschaftliche Produktion dieser Staaten erwies sich als schwerfällig und in vielen Bereichen ineffizient. Etwa hundert Jahre nach dem Tod von Marx ging die von ihm ins Leben gerufene kommunistische Welt wieder unter. Seit der Selbstauflösung der Sowjetunion in den 90er Jahren gilt der Kommunismus weltweit als gescheitert. Nach dem Fall des eisernen Vorhangs meinten viele, Marx habe sich geirrt und der Kapitalismus sei letztlich doch das einzig erfolgversprechende Wirtschaftssystem. Man hoffte, Demokratie, Marktwirtschaft und die gerechte Verteilung des Wohlstandes unter einen Hut zu bringen. Doch dieser Optimismus währte nicht lange.

Die globalen Wirtschafts- und Finanzkrisen der letzten Jahrzehnte haben den Glauben an die Selbstregulierung des Kapitalismus tief erschüttert. Es zeigt sich immer deutlicher, dass auch der Kapitalismus strukturelle Schwächen aufweist. Einige Prognosen von Marx wie die zunehmende Monopolisierung und die immer weiter auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich sind bereits eingetroffen, weitere zeichnen sich am Horizont der Geschichte bereits ab. Seine scharfsinnige Kritik am Kapitalismus ist daher aktueller denn je. Keine Frage – Marx hat uns immer noch viel zu sagen.

Der Kerngedanke von Marx

Die materiellen Grundbedürfnisse

Der philosophische Ausgangspunkt von Marx ist von bestechender Einfachheit und im Grunde unbestreitbar. Jeder Mensch muss essen und trinken. Wer dies über längere Zeit nicht tut, stirbt. Denn, so Marx: