Meine Jugend hat spät begonnen - Henry Miller - E-Book

Meine Jugend hat spät begonnen E-Book

Henry Miller

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Beschreibung

Wer war Henry Miller wirklich? Im Gespräch mit seinem langjährigen Freund und Übersetzer Georges Belmont äußerte der große Romancier und Außenseiter der amerikanischen Literatur sehr persönliche Gedanken über sich, seine Bücher, das Leben und die Frauen. Ein literarisches Selbstporträt, das zum Verständnis seines berühmt-berüchtigten Werkes unerlässlich ist.

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Henry Miller

Meine Jugend hat spät begonnen

Dialog mit Georges Belmont

Biographie

 

 

Aus dem Französischen von Widulind Clerc-Erle

 

Über dieses Buch

Wer war Henry Miller wirklich? Im Gespräch mit seinem langjährigen Freund und Übersetzer Georges Belmont äußerte der große Romancier und Außenseiter der amerikanischen Literatur sehr persönliche Gedanken über sich, seine Bücher, das Leben und die Frauen. Ein literarisches Selbstporträt, das zum Verständnis seines berühmt-berüchtigten Werkes unerlässlich ist.

Vita

Henry Miller, der am 26. Dezember 1891 in New York geborene deutschstämmige Außenseiter der modernen amerikanischen Literatur, wuchs in Brooklyn auf. Die Dreißiger Jahre verbrachte Miller im Kreis der «American Exiles» in Paris. Sein erstes größeres Werk, das vielumstrittene «Wendekreis des Krebses», wurde – dank des Wagemuts eines Pariser Verlegers – erstmals 1934 in englischer Sprache herausgegeben. In den USA zog die Veröffentlichung eine Reihe von Prozessen nach sich; erst viel später wurde das Buch in den literarischen Kanon aufgenommen. Henry Miller starb am 7. Juni 1980 in Pacific Palisades, Kalifornien.

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, August 2023

Copyright © 1993 by Rowohlt Taschenbuch-Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel «Entretiens de Paris avec Georges Belmont» 1979 bei Éditions Stock O.R.T.F., Paris.

Ausgabe mit Genehmigung des Fischer Taschenbuch Verlags GmbH, Frankfurt am Main

«Entretiens de Paris avec Georges Belmont», Copyright © by Henry Miller und Georges Belmont

Copyright für die deutsche Übersetzung von Widulind Clerc-Erle © 1971 by Goverts Krüger Verlag GmbH, Stuttgart

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

Umschlag-Konzept any.way, Hamburg

Barbara Hanke/Heidi Sorg/Cordula Schmidt

Coverabbildung iStock/Gettyimages/subjob

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-644-00583-9

www.rowohlt.de

 

Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

 

Im Text enthaltene externe Links begründen keine inhaltliche Verantwortung des Verlages, sondern sind allein von dem jeweiligen Dienstanbieter zu verantworten. Der Verlag hat die verlinkten externen Seiten zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung sorgfältig überprüft, mögliche Rechtsverstöße waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Auf spätere Veränderungen besteht keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Hinweis für den Leser

Diese Gespräche wurden im September 1969 für die französische Rundfunk- und Fernsehgesellschaft aufgenommen – einerseits für «France Culture» und das Radio unter der Leitung von Pierre Sipriot, andererseits für die Fernsehsendung «Littérature de Poche» unter Michel Polac.

Zunächst sei gesagt, daß sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt die einzigen nennenswerten Fernseh- und Funkdokumente in französischer Sprache darstellen, die es über Henry Miller gibt. Schon allein deshalb kann ich ihm nicht genug für die Freundschaft und das Vertrauen danken, die er mir mit diesen Aufzeichnungen bewies.

Darüber hinaus ist es wichtig zu wissen, daß der hier vorliegende Text eine Mischung aus Radio- und Fernsehinterviews ist. Und auch diese beiden Sendungen wurden so konzipiert (ohne übertriebene Vorbereitungen und mit aller Direktheit des Augenblicks), daß sie einander ergänzen und beide zusammen soweit wie möglich die Person, die Persönlichkeit und das Denken Henry Millers beleuchten.

Schließlich lag es nahe, das gesprochene Wort aufzuzeichnen. Verschiedene Wiederholungen, Unterbrechungen oder unvermeidliche Pausen, die bei der Unmittelbarkeit des Gesprächs und der Nuancierung des Ausdrucks «hingehen» mögen, wurden gestrichen. Aber die Natürlichkeit des Dialogs, auf die es ankommt, wie auch sein gesamter Ablauf, sind bewahrt geblieben, um die Lebendigkeit zu erhalten (sie zu beeinträchtigen, hieße Miller verfälschen, der immerhin der lebendigste Mensch ist, den ich kenne). Der allgemeine Rahmen sowie der Verlauf entsprechen den Rundfunkgesprächen, in die – zur Präzisierung oder Ergänzung – Ausschnitte aus den Fernsehinterviews eingeblendet wurden.

Das Bemühen um diese Lebendigkeit bringt es mit sich, daß hier und da Themen wiederaufgenommen, entwickelt und erweitert wurden. Man wird sehen, daß es sich dabei nie um Tautologien oder Überflüssiges handelt. Um dem Leser überdies die Möglichkeit zu geben, die Entwicklung des Gedankengangs – je nach Bedarf – zu verfolgen, finden sich am Rand des Textes gleichsam als Anhaltspunkte kurze Zusammenfassungen, die eine Art Leitfaden durch den Dialog bilden.

Es kommt mir nicht zu, diese Gespräche zu beurteilen, noch zu behaupten, daß sie ein Porträt Henry Millers als Mensch und Schriftsteller zeichnen. Es ist unmöglich, in so kurzer Zeit und so wenigen Zeilen eine solche Persönlichkeit zu erfassen. Es ist überhaupt unmöglich, ihn zu erfassen, das ist mein Trost. Aber ich kann versichern, daß die alte Freundschaft, die uns verbindet, die Aufrichtigkeit des Dialogs verbürgt. Es ging uns dabei nur um die Wahrheit – soweit das überhaupt etwas besagt.

Georges Belmont

Georgens Belmont Ich glaube, das wichtigste bei diesen Gesprächen, die wir führen werden, ist – da sie bisher die einzigen ausführlicheren sind, die Sie sowohl dem französischen Rundfunk als auch dem Fernsehen gewährt haben – zu versuchen, in einer trotz alledem relativ kurzen Zeit ein so vollständiges Bild wie möglich von Ihnen zu geben. Das wird nicht einfach sein, aber wagen wir es dennoch.

Die Freundschaft läßt einen die Zahl der fahre versessen. Und nach den zweiunddreißig oder dreiunddreißig Jahren, die wir uns jetzt kennen, weiß ich nicht mehr, ob Sie sechsundsiebzig oder achtundsiebzig Jahre alt sind.

 

Henry Miller Achtundsiefazig? O nein, noch nicht! Sie können großzügiger rechnen, weil Sie jünger sind. Nein, ich bin siebenundsiebzig … soweit das überhaupt etwas besagt.

Sie wissen, meine Jugend hat spät begonnen. Ich glaube, erst nach fünfundvierzig habe ich mich wirklich jung gefühlt. Und ich habe das Gefühl, damals ein Stadium erreicht zu haben, das sich nicht mehr verändert hat.

Wenn ich mich im Spiegel anschaue, weiß ich natürlich, daß mein Gesicht nicht das eines fünfundvierzigjährigen Mannes ist, aber der Geist, der hat sich nicht gewandelt.

Während ich mir, als ich jung war, wie ein alter Mann vorkam.

Und das geht wohl vielen jungen Menschen ebenso. Jugend, das heißt vor allem Suchen, Unsicherheit, man stößt sich an allem. Denken wir nur daran, wie sich die jungen Leute das Alter vorstellen; darin kommt ihre eigene Zwiespältigkeit zum Ausdruck. Sie sehen es als Bankrott, als eine Zeit des Elends und der Krankheit. Viele alte Menschen, die es weder vermocht noch verstanden haben, jung zu werden, sehen es genauso, und ich nehme an, daß sie nicht unrecht haben … was sie selbst betrifft.

Aber wenn man offen bleibt, wenn man keine festgefahrenen Vorstellungen, keine Pläne, keinen Ehrgeiz hat, wenn man es versteht, immer verwundbar zu bleiben …

Je verletzter man ist, desto offener wird man; darauf kommt es an.

 

Georges Belmont Dennoch, bringt es das Alter nicht auch mit sich – ganz gleich, wie jung man bleibt –, daß es Wünsche gibt, die man sich nicht mehr erfüllen kann?

 

Henry Miller Ja natürlich. Aber ist es nicht eine Illusion der Jugend, zu glauben, daß man einfach alles machen kann? Nichts ist so falsch, physisch, geistig und sozial gesehen. Und was für Frustrationen resultieren daraus! Während die Weisheit der Jugend im Alter eben gerade in dem Wissen besteht, daß es Grenzen gibt, daß man dies tun kann, aber nicht jenes, daß man seine Wünsche zu beschränken versteht.

Der Irrtum der Jugend liegt darin, daß sie ihre Wünsche für Realitäten nimmt und glaubt, ihnen keine Grenzen setzen zu müssen. Und gerade damit verstößt man am Ende gegen die Natur. Und gegen die Natur kann man nicht angehen. Es gibt allgemeine Gesetze, Weltgesetze, und gegen diese Gesetze ankämpfen zu wollen, wäre Wahnsinn.

 

Georges Belmont Wenn ich recht verstehe, sind Sie ungefähr zur gleichen Zeit jung geworden, da Sie sich als Schriftsteller durchsetzten? «Wendekreis des Krebses», das war 1934, soweit ich mich erinnere.

 

Henry Miller Ja, das stimmt.

 

Georges Belmont Übrigens, als ich mich dieser Tage mit Ihrem Sekretär, Gérald Robitaille, über Sie unterhielt, erschien mir eine Anekdote aufschlußreich, die Sie mir schon früher einmal erzählt hatten, die ich aber –ich muß es gestehen – vergessen hatte: die Geschichte, wie Sie bereits in Ihrer frühen Jugend zu Gott gebetet haben …

 

Henry Miller In meiner Jugend … gebetet?

 

Georges Belmont Ja, als Sie ungefähr zwanzig waren. Ein Gebet, in dem Sie baten: «Lieber Gott, mach einen Schriftsteller aus mir, aber den besten.»

 

Henry Miller Ach, das ist übertrieben. Nein, soviel hab ich gar nicht verlangt. Zugegeben, ich habe – etwa vom sechzehnten bis zum zwanzigsten Lebensjahr – oft gebetet, Gott möge einen Schriftsteller aus mir machen, aber nicht «den besten». Nein, das habe ich nie gesagt. Und gerade das war eben so ein Jugendwunsch, nichts als ein Wunsch.

In Wahrheit hoffte ich, wenn nicht ein zweiter Dostojewski – ein amerikanischer Dostojewski – zu werden, mich ihm zumindest ein wenig zu nähern. Doch im Grunde meines Herzens wußte ich genau, daß ich es mit Dostojewski nicht aufnehmen konnte – er stand zu weit oben, er war ein Vorbild für mich.

 

Georges Belmont Das einzige?

 

Henry Miller Nein. Daneben gab es Knut Hamsun. Was die Themen und Gestalten betraf, Dostojewski, aber in bezug auf den Stil – den Stil, der mir vorschwebte und den ich einmal zu beherrschen hoffte – darin war, so komisch es klingen mag, Knut Hamsun mein Ideal.

Sogar heute noch sage ich mir oft : Ich wollte, ich könnte so schreiben wie Hamsun. Er gehört auch zu den wenigen Autoren, die ich immer wieder lese, ohne ihrer überdrüssig zu werden. Seinen Roman «Mysterien» habe ich vielleicht fünfmal gelesen. Und jedesmal stelle ich erneut fest, daß es ein Meisterwerk ist, und ich sage mir: «Schade, daß du nicht so schreiben kannst.»

Es ist eigenartig, daß die Kritiker nie an Knut Hamsun gedacht haben, wenn sie von meinem Stil sprachen – ich gebe ihnen hier einen Tip. Man hat mich oft mit … wie heißt er noch? … der große Römer? … Petronius Arbiter, dem Petronius des «Satiricon» verglichen. Übrigens hat man da nicht ganz unrecht. Ja, ich hatte meine Vorbilder, denen ich nachstreben wollte, zunächst jener Petronius. Und dann natürlich Rabelais. Aber zum Beispiel nie Balzac.

 

Georges Belmont Nie Balzac?

 

Henry Miller Nein, er langweilt mich. Ich teile nicht das allgemeine Urteil über Balzac. Ich weiß nicht … er ist vielleicht zu sehr … Romancier – zu «leicht», meine ich.

Wenn das Werk eines Autors so umfangreich ist, bin ich immer mißtrauisch. Ich traue einem Mann, der hundert Bücher schreiben kann, nicht so recht. In meiner Jugend hat man mir erzählt, daß Balzac dreißig Romane unter Pseudonymen geschrieben habe und bis zum einunddreißigsten nicht einen einzigen unter seinem Namen. Ich glaube gern, daß das stimmt. Aber es scheint doch ziemlich unwahrscheinlich, nicht wahr?

 

Georges Belmont Dabei erinnere ich mich, daß es vor dem letzten Weltkrieg eine Zeit gab, da Sie mir ständig Briefe schrieben – ganz abgesehen von den Abenden, die wir zusammen verbrachten und wo Sie davon sprachen –, in denen Sie mir dringend rieten, ein bestimmtes Buch von Balzac zu lesen.

 

Henry Miller Wirklich? Und was für eins?

 

Georges Belmont «Seraphita».

 

Henry Miller Ja, ja, ich erinnere mich. «Seraphita» und «Louis Lambert».

 

Georges Belmont «Louis Lambert» auch, aber vor allem «Seraphita», die ich schließlich gelesen habe und wofür ich Ihnen auch gedankt habe. Sie haben sogar einen Artikel über «Seraphita» geschrieben. Diesen Balzac schätzen Sie doch, nicht wahr?

 

Henry Miller Gewiß. Und darum hab ich ja auch diesen Artikel geschrieben: «Balzac und sein Double». Doch um darzulegen, daß Balzac selbst Balzac verraten hat, weil er von Gott und dem Engel in uns spricht und meiner Ansicht nach gerade den Engel verraten hat.

 

Georges Belmont Aber in «Seraphita» existiert dieser Engel?

 

Henry Miller Ja. Nur daß gerade «Seraphita» eins seiner Frühwerke ist. Und das ist wohl der Grund.

Übrigens ist Balzac nicht der einzige, den ich nicht lesen kann. Es gibt einfach Autoren und Bücher … Ach ja, «Moby Dick» zum Beispiel werde ich nie lesen. Ich habe es drei- oder viermal versucht, aber er liegt mir einfach nicht. Ein großer Roman, aber nichts für mich.

Und Stendhal … Ich würde ihn furchtbar gern kennenlernen, aber ich bringe es beim besten Willen nicht fertig. Mit Shakespeare geht es mir genauso. Ich habe ihn in meiner Jugend gelesen, aber verstanden habe ich überhaupt nichts. Das ist sicher eine Lücke, nur fürchte ich, es ist jetzt ein wenig spät, um sie auszufüllen.

Offen gesagt, was ich heute noch entdecken möchte, sind die okkulten Autoren … vielleicht. Ich habe schon viele davon gelesen: sie ziehen mich einfach an, Ich habe ein ausgesprochenes Faible für das, was man die okkulten Wissenschaften nennt. Ob mich das irgendwohin führt? Ich weiß es nicht. Aber diese Art von Lektüre bereitet mir stets großes Vergnügen. Fast so sehr wie der Sex. Komisch, wie? Man sagt oft, daß zwei Kategorien von Büchern keiner Publizität bedürfen: der Okkultismus und die Pornographie, oder sagen wir, die Erotik. Und das ist zweifellos wahr. Beides berührt etwas in uns, wonach wir hungern.

 

Georges Belmont Ich möchte gern noch einmal auf Ihre Vorbilder zurückkommen. Dostojewski, das verstehe ich, und Knut Hamsun, das wußte ich. Trotzdem möchte ich gern, daß Sie vielleicht präzisieren …

 

Henry Miller Es ist ungerecht, wenn ich nur von Hamsuns Stil rede. Es ist schwer zu sagen, aber was ich bei ihm liebe, ist – sicher, weil auch ich diesen … sagen wir Fehler habe –, daß alle seine weiblichen Hauptfiguren stets in der Liebe frustriert sind. In meinem Leben habe ich genau dasselbe erfahren. Ich will damit sagen: ich bin auf diesem Gebiet ständig frustriert gewesen.

 

Georges Belmont Auf den ersten Blick scheint das ein etwas überraschendes Bild von Ihnen zu sein. Frustration in der Liebe? Ich bin sicher, daß die meisten Ihrer Leser nicht darauf gefaßt sind, in Ihnen jemanden zu finden, der frustriert wäre, meinen Sie nicht?

 

Henry Miller Weil ich immer nur von meinen sexuellen Liebeserfahrungen spreche. Aber von der großen, der wahren Liebe rede ich nicht, außer vielleicht ein wenig in bezug auf Mona, die Frau, die am häufigsten in meinen Büchern wiederkehrt. Aber von den anderen – nein. Es gibt Mädchen, oder sagen wir Frauen, die ich nie in. dem, was ich schreibe, erwähne, und ich will es auch nicht, ich würde es nie wollen. Das ist so etwas wie ein Tabu für mich. Ich möchte nicht von der wahren Liebe sprechen. Die rein sexuellen Bindungen, das ist etwas anderes.

Und außerdem habe ich auch eine Vorliebe dafür, mich möglichst von meiner evil side … meiner schlechten Seite, meine ich, zu zeigen. Ja, das ist mir sehr viel lieber. Der Teufel statt des Engels.

 

Georges Belmont Wenn Sie von Mona sprechen – und es stimmt, daß man sie in fast allen. Ihren Büchern wiederfindet, im «Wendekreis des Krebses», in «Sexus», in diesem Ihrem so umfangreichen Werk, das Sie «The Rosy Crucifixion» nennen – und ihr diesen Namen geben, so vermute ich, daß das absichtlich, ja fast etymologisch sein soll und Sie damit sagen wollen «die einzige»?

 

Henry Miller Die einzige Frau, die ich geliebt habe? Nein, das stimmt nicht.

Das heißt, ja, in einem gewissen Sinn haben Sie recht. Doch so seltsam das auch scheinen mag, glaube ich, daß ich, wenn ich sterbe, als letzte Frau das Bild der ersten vor mir sehen werde, das Bild meiner ersten Liebe, ein junges Mädchen.

Ich ging damals in die Schule, ins Gymnasium, ich weiß nicht, wie Sie das nennen. Dort bin ich ihr begegnet. Ich war gerade sechzehn, und bis zwanzig war ich so sehr in sie verliebt, daß ich darüber verzweifelte. Und sie ist immer noch da, in meiner Erinnerung. Ich sehe sie noch immer vor mir, genauso, in jeder Einzelheit. Es war eine frustrierte, eine sehr frustrierte Liebe, eine wahre Qual. Doch mit diesem Bild verbindet sich auch eine Frage, die ebenfalls noch besteht, ein Problem, das ich nie zu lösen vermochte: woher jener Konflikt in mir kam, in bezug auf dieses junge Mädchen. Aber sie bleibt für mich immer das ideale Bild.

Mona dagegen war eine Frau «aus Fleisch und Blut», wenn ich so sagen darf, mit all den Fehlern und auch den Vorzügen der Realität. Aber die erste war eine Art Engel.

 

Georges Belmont Die erste, das ist jene, der Sie einmal einen Veilchenstrauß geschenkt haben, wenn ich mich recht erinnere?

 

Henry Miller