Mords-Schuld - Günther Dümler - E-Book

Mords-Schuld E-Book

Günther Dümler

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Beschreibung

Das Nervenkostüm der Röthenbacher Bewohner ist nahezu zerschlissen, denn der monatelange strenge Corona-Lockdown hat ihre Geduld fast zur Gänze aufgebraucht. Die Pandemie hat auch in unserem Dorf seine Opfer gefordert. Im Juni, als man glaubte, das Schlimmste überstanden zu haben, kam für alle überraschend noch ein weiteres Todesopfer dazu. Der Mann hatte sich beharrlich geweigert, ein Krankenhaus aufzusuchen. Mit seinen 51 Jahren fühlte er sich fit genug, diese völlig überbewertete Grippe zuhause auskurieren zu können. Eine Fehleinschätzung, die er bitter bereuen sollte. Noch mehr traf dies aber seine Ehefrau zu, die nach seinem Tod hilflos zurückblieb, denn sie konnte sich aufgrund eines unverschuldeten, schweren Unfalls vor einem Jahr nur noch unter großen Schmerzen und mithilfe von Krücken mühsam vorwärts bewegen. Die Familie hatte das Pech anscheinend gepachtet. So genannte Querdenker und Verschwörungstheoretiker vermuteten dunkle Mächte im Spiel, etwa auch beim Tod von Robert Hartmann, dem 4. Röthenbacher Opfer. Immerhin wurde er kurz vor seiner Erkrankung von einem Unbekannten zusammengeschlagen. Der herbei gerufene Notarzt, der den Tod durch Covid-19 feststellt, meldet diese auffälligen Verletzungen, die ganz sicher nicht durch das Virus verursacht wurden, an die Polizei. Kommissar Schindler bekommt den Auftrag den Übeltäter zu finden. Als unser Held, Peter Kleinlein, zufällig einen der Ermittler in Röthenbach und fragt er sich unwillkürlich, ob vielleicht mehr hinter dem vierten Röthenbacher Corona-Opfer aus steckt als man auf den ersten Blick annimmt. Hoch erfreut stürzt er sich nach all der verordneten Untätigkeit auf die Klärung dieser Frage und steckt so erneut seine Spürnase in die Angelegenheiten fremder Leute.

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Seitenzahl: 231

Veröffentlichungsjahr: 2021

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MORDS-Schuld

Der verflixte dreizehnte Fall

für Peter Kleinlein

Von Günther Dümler

Impressum

Texte:

© Copyright by Günther Dümler

Umschlag:

© Copyright by Günther Dümler

Verlag:

Günther Dümler

Nürnberg

[email protected]

Druck:

epubli - ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Mords-Schuld

Im sonst so beschaulichen Röthenbach ist die Hölle los. Die Kanalisation ist überlastet und muss erneuert werden. Überall wird aufgegraben und es gibt kein Durchkommen. Viele Bürger sind aufgebracht, weil anscheinend Nichts voran geht. Auch wenn die Reaktionen hoffnungslos übertrieben scheinen, muss man doch dafür Verständnis aufbringen, denn das Nervenkostüm der Bewohner ist nahezu zerschlissen. Der monatelange strenge Corona-Lockdown hat ihre Geduld fast zur Gänze aufgebraucht.

Die weltweite Pandemie hat auch in unserem Dorf seine Opfer gefordert. Einige Betroffene sind auch nach dem Abflauen der zweiten Welle noch nicht wieder wirklich gesund, drei haben bisher sogar ihr Leben eingebüßt. Im Juni, als man glaubte, das Schlimmste überstanden zu haben, kam für alle überraschend noch ein weiteres Todesopfer dazu. Ein Mann hatte sich angesteckt, wo, das blieb im Dunkeln. Er hatte sich beharrlich geweigert, ein Krankenhaus aufzusuchen. Mit seinen 51 Jahren fühlte er sich fit genug, diese völlig überbewertete Grippe zuhause auskurieren zu können. Eine Fehleinschätzung, die er bitter bereuen sollte. Noch mehr traf dies aber auf seine Ehefrau zu, die nach seinem Tod hilflos zurückblieb, denn sie konnte sich aufgrund eines unverschuldeten, schweren Unfalls vor einem Jahr nur noch unter großen Schmerzen und mithilfe von Krücken mühsam vorwärts bewegen. Die Familie hatte das Pech anscheinend gepachtet.

So genannte Querdenker und Verschwörungstheoretiker verbreiten immer noch ihre kruden Ansichten, auf Versammlungen, in sozialen Medien. Dunkle Mächte seien im Spiel. Waren etwa auch beim Tod von Robert Hartmann dunkle Mächte am Werk? Immerhin wurde er kurz vor seiner Erkrankung von einem Unbekannten zusammengeschlagen. Der herbei gerufene Notarzt, der den Tod durch Covid-19 feststellt, meldet diese auffälligen Verletzungen, die ganz sicher nicht durch das Virus verursacht wurden, an die Polizei. Kommissar Schindler und sein Kollege Havranek bekommen den Auftrag den Übeltäter zu finden.

Als unser Held, Peter Kleinlein, zufällig einen der Ermittler in Röthenbach trifft, fragt er sich unwillkürlich, ob vielleicht mehr hinter dem vierten Röthenbacher Coronaopfer steckt als man auf den ersten Blick annimmt. Hoch erfreut stürzt er sich nach all der verordneten Untätigkeit auf die Klärung dieser Frage und steckt so erneut seine Spürnase in die Angelegenheiten fremder Leute.

Inhaltsverzeichnis

Mords-Schuld

Inhaltsverzeichnis

Weitere Bücher aus der Rödnbach-Reihe:

Vorwort

Handelnde Personen

Corona-Lage

Ein Krankenbesuch

Dicke Luft und dünnes Nervenkostüm

Der Schatz im Schwedengraben

Zwielicht

Schau mer amal, dann seeng mer scho

Rätsel über Rätsel

Ein Silberstreif am Horizont.

Kassensturz

Nächtlich wenn der Schlaf mich fliehet

Die Bank ihres Vertrauens

Der graue Mähnenwolf

Aufruhr im Emmentalerweg

Schindlers Schicksal

Ein verdächtiger Besucher

Der Witwentröster

Von Haus zu Haus

Das Ende der Langeweile

Schindler kombiniert

Peter macht einen Spaziergang

Außengastronomie

Schlechtwetter

Ein völliger Wetterumschwung

Eine geheimnisvolle Informantin

Erkundigungen

Ein ungeduldiger Gläubiger

Zugriff

Fernab des Ruhms

Ansichtssache

Weitere Aussichten: Heiter bis wolkig

Kleine fränkische Nachhilfestunde

Weitere Bücher aus der Rödnbach-Reihe:

Mords-Kerwa (Juli 2012)

Mords-Wut(Dezember 2012)

Mords-Urlaub (Mai 2013)

Mords-Schuss(August 2013)

Mords-Kerle (November 2013)

Mords-Krach (März 2014)

Mords-Brand(August 2014)

Mords-Fasching(Februar 2015)

Mords-Therapie(Januar 2016)

Mords- Zirkus(Februar 2017)

Mords-Zinken(Mai 2018)

Mords-Brocken(Juni 2020)

Erstfassung Mai 2021

Alle Rechte vorbehalten

Vorwort

Dies ist die dreizehnte Folge der Dorfkrimireihe um den unfreiwilligen Hobbydetektiv Peter Kleinlein. Der wollte eigentlich, nachdem er in seinem zwölften Fall das Rätsel um den erschlagenen Bürgermeister Holzapfel gelöst hatte, endgültig Schluss machen mit dem kriminalisieren. Das hatte er sich fest vorgenommen. Zur Ruhe setzen wollte er sich und die aufregende Mörderjagd ausschließlich den zuständigen Herren der Kriminalpolizei überlassen, wie es seine überängstliche Ehefrau Marga schon immer gefordert hatte. Und das trotz seiner Zweifel an der Kompetenz der Obrigkeit, zumindest an der einer ganz bestimmten Person.

„Zu woss glaubsdn du, dass die Bollizei gibd, doch nedd ner bloß, damids ihr Uniform schbaziern droong? Dee machen ihr War‘ scho, ohne dass du andauernd alles besser wassd“, hatte die zweitbeste aller Ehefrauen der Welt versucht ihn zu überzeugen. Die Beste in dieser Kategorie war bekanntlich Ephraim Kishons Ehefrau, wie der großartige israelische Romanautor Zeit seines Lebens nicht müde wurde zu betonen. Auch wenn es der Peter seiner hauseigenen Kritikerin nicht explizit eingestehen wollte, im Grunde hatte sie ja Recht. Und es war beileibe nicht die Marga allein, die diese Forderung erhob. Seit längerer Zeit konnte sie diesbezüglich auf einen mächtigen Verbündeten zählen. Sein gnadenlos fortschreitendes Alter schlug sich zunehmend auf Margas Seite und verschaffte sich immer öfter Gehör. Die Bandscheibe zwickte und die rechte Hüfte gab immer öfter zwar stumme, für Peter trotzdem unüberhörbare Hilfeschreie von sich. Dann wimmerte sie geradezu kläglich nach einer künstlichen Prothese und diese unmissverständliche Sprache konnte Peter von Tag zu Tag weniger ignorieren, obwohl es ihm keineswegs in den Kram passte.

Dass die Röthenbacher Gehsteige wegen der vielen Hauseinfahrten meist zur Straße hin abgeschrägt waren, war ihm früher nicht einmal aufgefallen. Bereits millimeterhohe Unebenheiten des Pflasters verursachten nun aber immer öfter ein unangenehmes Ziehen in beiden Hüften, in der rechten noch mehr als in der linken. Selbst Spaziergänge machten daher kaum noch Spaß.Den längst fälligen Besuch beim Orthopäden in der Stadt schob er trotzdem immer wieder auf die lange Bank, denn er wusste nur zu gut, wie dessen Urteil lauten würde. Natürlich würde er diese Schwäche niemals offen zugeben, also hatte die aktuelle Coronakrise als Ausrede herzuhalten.

„Ich muss scho allaans aufgrund von mein fordgeschriddenen Alder und mein übberstandner Herzinfarkd unbedingd a Ansteggung mid den Virus vermeidn. Ich ghör schließlich zur absoluddn Risikogrubbe“, argumentierte er.

Folgerichtig könne er sich wegen einer solchen Kleinigkeit auch keinesfalls leichtsinnig den Gefahren eines überfüllten Wartezimmers aussetzen, wie er seiner Marga zwar gestenreich, doch wenig überzeugend zu verstehen gab.

Bei näherem Hinsehen handelte es sich jedoch nicht nur um eine feige Ausrede. Ein kleines Körnchen Wahrheit steckte schon hinter seiner Vorsicht. Die schrecklichen Bilder von überfüllten Intensivstationen hatten ihn jedenfalls zutiefst betroffen gemacht.Besonders die aufwühlenden Aufnahmen von unschuldigen Menschen, die apathisch auf dem Bauch liegend, mit Sauerstoffmasken im Gesicht um ihr nacktes Leben kämpften, versetzten ihn in einen Zustand des Entsetzens und großer Traurigkeit.

Die Fernsehnachrichten waren mittlerweile zu einer einzigen Ansammlung von Schreckensmeldungen, von Bildern des Grauens verkommen. Gleich den gnadenlosen Dementoren bei Harry Potter saugten sie den Rest Lebensfreude, den die Menschen im Land sich noch bewahrt hatten, Stück für Stück mehr aus ihnen heraus, um einer gähnenden Leere Platz zu machen. Ein freier Platz, der umgehend von einer schier unerträglichen Langeweile, gepaart mit einer großen Portion Ungeduld, gefüllt wurde. Die nicht enden wollenden Lockdowns und die damit verbundenen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit taten ihr Übriges.

Wer, wie die Kleinleins, nicht mehr berufstätig war, der stand praktisch unter Hausarrest und konnte selbst seine engsten Freunde nicht mehr treffen. Die Sozialkontakte wurden per Dekret auf ein Minimum beschränkt. Längst nicht alle hielten sich trotz ihrer Lippenbekenntnisse daran, weshalb die relevanten Zahlen auch lange Zeit nicht sinken wollten und wenn sie dann endlich sanken, dann erschallten umgehend überall im Land Rufe nach weitgehenden Öffnungen, was jedes Mal ein erneutes Hochschnellen der Infektionszahlen und einen weiteren Lockdown zur Folge hatte.

Die Kleinleins gehören seit jeher zu der Bevölkerungsgruppe, die sich schon allein aus Vernunftgründen getreulich an Regeln hält, so unangenehm sie auch sein mögen. Wo kämen wir denn hin, wenn jeder machen wollte, was im grad in den Sinn kommt. Deshalb bestimmte von nun an gähnende Langeweile ihren Alltag.Doch jede Medaille hat bekanntlich zwei Seiten. Für die Marga brachten diese Umstände sogar einen Vorteil mit sich. Endlich brauchte sie nicht zu befürchten, dass ihr Peter heimlich und hinter ihrem Rücken eine seiner privaten Ermittlungen anstellte.

Zunächst durfte man sich ja noch einem einzigen fremden Haushalt Besuche treffen, als die Lage aber immer kritischer wurde, drehte der Gesetzgeber auch dieses Ventil noch weiter zu. Die Marga konnte zwar noch einkaufen gehen und so wenigstens einige Menschen treffen, für Peter dagegen begann bereits nach dem Frühstück die quälende Zeit nicht enden wollender Langeweile. Eigentlich wollte er sich ja mehr Ruhe gönnen. Das war schon richtig, an absolutes Nichtstun hatte er dabei sicher nicht gedacht.

In diesem Punkt geht es unserem Helden nicht anders wie dem Autor dieses Buchs. Das Eingesperrtsein in den eigenen vier Wänden sorgte auch bei mir sehr schnell dafür, dass mir die Ideen für eine sinnvolle Beschäftigung langsam ausgingen. Alles, was schon lange einmal gemacht werden sollte, ist mittlerweile erledigt. Eigentlich die ideale Voraussetzung, sich an den Computer zu setzen und zu schreiben. Daher beschloss ich in einem Anfall von Egoismus, mich über Peter Kleinleins Hüftprobleme rigoros hinweg zu setzen und ihn, gegen seinen festen Vorsatz, erneut Hals über Kopf in ein Detektivabenteuer zu stürzen.

Doch gab es dabei leider einige nicht zu übersehende Probleme. Wir befinden uns zum Zeitpunkt der Entstehungen dieses Buches immer noch inmitten der Coronakrise. Kaum ist die zweite Welle abebbt, erhält die dritte Welle tatkräftige Unterstützung von selbsternannten Verteidigern der Grundrechte, die nicht länger auf ihr früher gewohntes Leben verzichten wollen. Und so rollt sie mit deren freundlicher Unterstützung und mit Macht über das gesamte Land hinweg. Die von Politikern und Virologen verordneten Regeln werden, je länger sie bestehen, immer weniger eingehalten. War noch zu Zeiten des ersten Lockdowns selbst Bürgern mit Matheschwäche klar, dass eins und eins zwangsläufig zwei ergibt, also jeder Kontakt eine weitere Ansteckung bedeuten konnte, so begann man nun schon allerorten über alternative Rechnungen zu fabulieren, als ob man mit einem Virus verhandeln könnte.

Unter diesen Umständen könnte Peter nicht einfach, wie es seine spezielle Methode bisher immer erfordert hat, die sprudelnden Quellen seiner Informationen aufsuchen, die diversen Röthenbacher Geschäfte, allen voran den Bräunleinschen Metzgerladen inklusive der Werkstatt seines Freundes Simon Bräunlein oder den Friseursalon von Lothar Schwarm. Er käme dann auch nicht mit seinen Rödnbacher Mitbürgern, den freiwilligen und unfreiwilligen Informanten ins Gespräch.

Daher habe ich optimistischerweise beschlossen, unsere Geschichte zeitlich in den Juni des Jahres 2021 zu legen, davon ausgehend, dass die akute Gefahr dann bereits gebannt, die dritte Welle besiegt, der befürchtete unbeherrschbare Corona-Tsunami ausgeblieben, der Großteil der Bevölkerung geimpft und der schier ewig währende Lockdown zumindest weitestgehend wieder aufgehoben ist. Man muss lediglich vorsorglich in Geschäften eine Schutzmaske tragen, ansonsten aber gibt es weder Ausgangs- noch Besuchsbeschränkungen mehr. Sollten die tatsächlichen Ereignisse im Juni 2021 meinen Optimismus als übertrieben entlarven, so bitte ich bereits jetzt zerknirscht und voller ehrlicher Reue um gnädige Vergebung.

Die folgende Geschichte ist natürlich wie immer völlig frei erfunden. Die kriminellen Aspekte des Geschehens sind zu 100% reine Fiktion und haben niemals so oder auch nur so ähnlich stattgefunden. Übereinstimmungen oder auch nur Ähnlichkeiten jeglicher Art mit wahren Begebenheiten und real lebenden Personen sind daher rein zufällig und keinesfalls beabsichtigt.

Handelnde Personen

Die Rödnbacher Freunde

Peter Kleinlein

Rödnbacher, Hobbydetektiv

Marga Kleinlein

seine stets besorgte Ehefrau

Simon Bräunlein

Metzgermeister aus Rödnbach,

Hersteller der 1A preisgekrönten Bratwurst

Gisela Bräunlein

seine (im Sinne des Geschäfts) bessere

Hälfte, das Gehirn des Betriebes

Lothar Schwarm

Friseurmeister aus Rödnbach, sehr

sensibel, äußerst gepflegte Erscheinung

Maria Cäcilie Schwarm

Kosmetikerin mit oberpfälzischem

Migrationshintergrund, mittlerweile

Lothars Ehefrau

Die Ermittler

Erwin Schindler

Kriminalhauptkommissar

Heinz Havranek

Kriminalobermeister

Roland Preißler

Dezernatsleiter

Weitere Personen

Marion Hartmann

Vom Schicksal schwer getroffen

Robert Hartmann

Ein Coronaleugner

Kurt Singer

Ein schlafloser Mitbürger

Ralf Maiwald

Ein scharfer Beobachter

Jutta Kammerer

Haushaltshilfe bei Hartmanns

Beate Hassold

Nachbarin der Hartmanns

Marco Rothermund

Schlagkräftiger Teamplayer

Marianne Stolzegenannt Mary-Ann

Vielseitige Empfangsdame

Boris Nikolaev

Dubioser Geschäftsmann

Gernot Mallwitz

Ein reuiger Sünder

Gerald Seifert

Sparkassenberater

Margarethe Beckgenannt Beggn Gredl

Führendes Mitglied der Hundsweiber

und unerschöpfliche Gerüchtequelle

Frau Zängerlein

Ältere Dame mit festen

Moralvorstellungen

Marie-Luise Schrödel

Gut informierte Kundin im

Salon Schwarm

Adele Heller

Gemeindeschwester

Rosi Bär, geb.Hartmann

Erbin

Karl Bernreuther

Wirt des Goldenen Adlers

Corona-Lage

Es war Mitte Juni und die Sonne brannte mit einer enormen Intensität auf die Erde nieder. Man konnte glauben, sie wolle an einem einzigen Tag all die trüben Stunden wett machen, die sie durch ihr demonstratives Fernbleiben den ganzen April und den halben Mai über verschuldet hatte. Sie fiel im wahrsten Sinn des Wortes von einem Extrem ins andere. Insofern verhielt der Planet sich nicht anders als die meisten Menschen über alle Grenzen hinweg inklusive großer Teile der Röthenbacher Bevölkerung.

Auch sie, die monatelang in die Enge ihrer Häuser und Wohnungen verbannt waren und ihre Arrestzellen nur aus triftigen Gründen verlassen durften, zum Einkaufen etwa oder um ihrer Arbeit nachzugehen, wollten nun mit einem Schlag das vermeintlich Versäumte nachholen. Der Bundesgesundheitsminister hatte erst gestern in der Tagesschau verkündet, dass die drei meistgefährdeten Risikogruppen, die so genannten Vulnerablen, mittlerweile erfolgreich geimpft seien und die bundesweite 7-Tage-Inzidenz nicht zuletzt deshalb auf einen Wert unter 20 gesunken wäre. Ein großartiger Erfolg angesichts anfänglicher peinlicher Pannen bei der Impfstoffbeschaffung. Vunerable, noch so ein neuer Terminus, den die Pandemie hervorgebracht hatte. Der Minister erwähnte sie natürlich nicht wörtlich, aber diese Gruppe implizierte selbstverständlich auch unsere Röthenbacher Freunde, die Familien Kleinlein, Schwarm und Bräunlein, die Hauptprotagonisten unserer Geschichte, auch wenn sie von diesem neumodischen Begriff vor Corona noch nie gehört hatten.

Nun wurden vielfach Freudenfeste veranstaltet. Ein unbedarfter Beobachter hätte durchaus auf den abenteuerlichen Gedanken kommmen können, der ehemals ruhmreiche, derzeit aber eher ruchlose 1.FCN wäre infolge einer Wunderheilung wieder in die Bundesliga aufgestiegen und hätte zumindest die nationale Meisterschaft errungen. Es wurden allein in den ersten Tagen nach Inkrafttreten der Lockerungen solch riesige Mengen an Holzkohle vergrillt, dass militante Umweltaktivisten aufgeschreckt die finale Vernichtung des deutschen Waldes verkündeten. Brauereien machten Rekordumsätze. Mussten sie während des Höhepunkts der Lockdowns das Bier noch hektoliterweise wegkippen, so kamen sie nun nicht mehr mit der Produktion nach. Doch bei weitem nicht alle Brauereien konnten von diesem Aufschwung noch profitieren, viele hatten die Durststrecke erst gar nicht nicht überlebt. All diese Freudenausbrüche konnten eben genauso wenig wie die Sonne das Versäumte ungeschehen machen.

In den Köpfen der Menschen blieb für immer und unauslöschlich die Erinnerung an eine äußerst verstörende Zeit, ein buchstäbliches Seuchenjahr zurück. Zu Beginn der Pandemie hatte man sich allerorten noch um ein paar Rollen Toilettenpapier gestritten, das genauso wie Backhefe quasi über Nacht aus den Regalen der Supermärkte verschwunden war. Hamsterkäufe waren an der Tagesordnung. Die Aufregung über diese Marginalien trat jedoch schon bald völlig in den Hintergrund und machte echter Sorge Platz, als die Infektionszahlen in die Höhe schnellten und die Todesrate, vor allem unter den Hochbetagten, erschreckende Formen annahm. Wer es vorzog nicht wegzuschauen, der konnte im TV verfolgen, wie im Piemonte, begleitet von gepanzerten Fahrzeugen, die Leichen mit Lastwagen aus der Stadt gebracht wurden. Kühlhäuser für Lebensmittel wurden zu provisorischen Leichenhallen umfunktioniert und im vermeintlich hochentwickelten New York mussten eilig Massengräber ausgehoben werden. Umso erstaunlicher war es, dass ein knappes Jahr später diese schrecklichen Bilder aus den Köpfen der Menschen gelöscht zu sein schienen. Bei Massenaufläufen ohne Einhaltung von Abstandsregeln wurde lauthals über den Verlust von verfassungsmäßig garantierten Menschenrechten und persönlichen Freiheiten geklagt, trotz eines unübersehbaren Anstiegs der Inzidenzen. Und das alles in völliger Ignoranz der Tatsache, dass das Grundgesetz auch den weniger waghalsigen Mitbürgern ein Recht auf körperliche Unversehrtheit garantiert.

Auch vor dem sonst so beschaulichen Röthenbach oder Rödnbach, wie es die Einheimischen in ihrem weichen Dialekt aussprechen, dem die harten Konsonanten völlig abgehen, machte die Seuche nicht Halt. Bis dato hatte es drei Todesopfer im Ort gegeben. Das mag auf den ersten Blick nicht viel erscheinen, doch das sind, auf die Einwohnerzahl umgerechnet, immerhin dreimal so viel wie in der Großstadt Nürnberg.

Der Wirt des so genannten Hosererhauses musste bereits sehr früh aufgeben. Seinen Hauptverdienst hatte er zuvor bei den vielen Vereinsveranstaltungen erzielt, die über mehrere Monate komplett verboten waren. Andere, in den Industriebetrieben der nahen Stadt Beschäftige, verloren teilweise ihre Jobs, weil es ihren jeweiligen Arbeitgebern nicht besser ergangen war oder sie waren auf Kurzarbeit gesetzt worden und mussten teils erhebliche Einkommensverluste hinnehmen.

Der Wirt des Goldenen Adlers hatte sich mit Mahlzeiten zum Abholen einigermaßen über Wasser gehalten, aber lange wäre es auch bei ihm nicht mehr gut gegangen. To go war mittlerweile auch bei denen ein gängiger Begriff geworden, die mit der englischen Sprache auf Kriegsfuß standen.

„Mir denner ner bloß meine Bedienunger und di Küchnhilfn Leid, haubdsächlich dee wo bloß geringfügich angschdelld warn. Dee homm etz monadelang nix verdiend. Und dess sinn alles anne, bei dene wos derhamm sowieso immer gnabb zouganger is“, erklärte Karl Bernreuther, der Adlerwirt, als er Peter zufällig auf der Straße traf. „Hoffndli gäihds bald widder aufwärds, etz, wo die Leit weingsdns in begrenzder Anzahl und underm freier Himml widder kummer derfn. Abber nach dem ganzn Drama werd hald äs Geld aa nimmer so logger sitzn, färchd i“.

Bei der Metzgerei Bräunlein hingegen gab es kaum Probleme. Als systemrelevanter Betrieb durften sie die ganze Zeit über geöffnet bleiben, wenngleich der Umsatz wegen der knappen Kassen vieler Kunden auch hier spürbar zurück gegangen war. Schlechter sah es beim Friseursalon von Lothar Schwarm und dem angeschlossenen Kosmetikstudio seiner Frau Maria aus. Beide mussten über mehrere Monate geschlossen bleiben und hatten keinerlei Einnahmen. Denn heimliche, weil streng verbotene Hausbesuche, kamen für die Beiden nicht in Frage. Sie hielten sich getreu an die Regeln. Zum Glück hatten sie keine Miete zu bezahlen und dadurch einen großen Vorteil gegenüber vielen Berufskollegen andernorts. Die Rücklagen schmolzen jedoch dahin wie Schnee in der warmen Frühlingssonne.

Die Kleinleins hatten es in finanzieller Hinsicht besser. Als Rentner hatte Peter keinerlei Einbußen zu beklagen, eine Gnade der frühen Geburt, wie er es scherzhaft und in Umkehrung eines Zitats von Helmut Kohl formulierte. Aber unter den fehlenden sozialen Kontakten hatten er und seine Marga wie alle anderen gelitten. Ihr jüngstes Enkelkind war mittlerweile schon fast 16 Monate alt und sie hatten es gerade einmal im vergangen Sommer besuchen können, in Odalfing bei München, wo die Tochter Heidi mit ihrem Mann und dem Basti, dem anderen Enkel der Kleinleins, wohnte.

Wenigstens hatten sie inzwischen gelernt, per Whatsapp-Videoaanruf miteinander zu kommunizieren. Das war zwar kein vollwertiger Ersatz für einen persönlichen Kontakt, eine Umarmung oder eine gemeinsame Unternehmung. Aber immerhin, besser als zu Peters Kinderzeit war es allemal, wo höchstens drei bis vier Mal im Jahr ein Brief von der Tante Adelheid kam, worauf die Mutter immer stundenlang am Küchentisch saß und angestrengt sinnierte, was man denn am besten zurückschreiben könnte. Am Ende lief es immer auf das Gleiche hinaus. „Uns geht es gut, was wir auch von euch hoffen“. Mit dieser Standardfloskel schlossen diese Briefe stets. Eine völlig vergessene Art der Kommunikation in diesen modernen Zeiten, doch die Botschaft, die es enthielt, war heute so aktuell wie damals.

Ein Krankenbesuch

Adele Heller nahm dank ihres motorisierten Fahrrads zügig den leichten Anstieg am Ende des Emmeran-Thalhammer-Wegs der von so vielen Schlaglöchern gekennzeichnet war, dass es ihrer ganzen Aufmerksamkeit bedurfte, einen Sturz zu vermeiden. Emmeran-Thalhammer-Weg hieß er nach einem früheren Gemeinderat, der sich beim Umbau der Gemeindeverwaltung große Verdienste erworben hatte. Die Röthenbacher nannten ihn aufgrund seines bedauerlichen Zustands gemeinhin respektlos, aber überaus zutreffend, Emmentalerweg. Die ungepflegte löchrige Teerdecke glich tatsächlich mehr einem Schweizer Käse als einem Fahrweg und sie sah so renovierungsbedürftig aus wie das in die Jahre gekommenen Einfamilienhäuschen der Familie Hartmann, deren Bewohnerin sie den täglichen Besuch abstattete.

Frau Heller war diplomierte Krankenschwester und kümmerte sich hauptamtlich um die Kranken und pflegebedürftigen Einwohner der Gemeinde, sofern deren körperlicher und geistiger Gesundheitsstatus ein Wohnen in den eigenen vier Wänden noch zuließ. Sie war bei Allen äußerst beliebt, nicht zuletzt deshalb, weil sie immer ein mildes, zufriedenes Lächeln im Gesicht trug. Egal, ob die Umstände danach waren oder nicht. Es war Teil ihrer Berufung, wie sie selber auf Befragen antworten würde und das aus vollster Überzeugung. „Meinen Patienten geht es meist schlecht genug, die brauchen nicht noch ein griesgrämiges Gesicht, das ihnen die Laune verdirbt, sondern freundliche Zuwendung.“ Wenn sie kam, ging für viele ein Licht auf.

Marion Hartmann war zwar noch in den so genannten besten Jahren, aber das Schicksal hatte ihr bereits übel mitgespielt und sie mit nicht einmal 50 Jahren zu einem Leben mit einer dauerhaften Gehbehinderung verurteilt. Sie brauchte zwei Krücken, um sich wenigstens notdürftig vorwärtsbewegen zu können und ohne starke Schmerzmittel ging es gar nicht. Ausgerechnet sie musste das Pech haben, zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort zu sein. Ein Auto hatte sie mit überhöhter Geschwindigkeit erfasst und über mehrere Meter gegen einen Lichtmast geschleudert. Hätte sie nur nicht diese vermaledeite Abkürzung durch das Wäldchen genommen. Dann hätte sie auch nicht die Kreisstraße an dieser unübersichtlichen Stelle überqueren müssen. Dass der betrunkene Fahrer ermittelt und hart für seine Verfehlung bestraft wurde, verschaffte ihr wenig Genugtuung. Die Folgen der tragischen Begegnung hatte sie ganz allein zu tragen. Sie würde nie wieder richtig gehen können, schon gar nicht schmerzfrei, ganz zu schweigen von den langen Waldläufen, bei denen die ehemalige passionierte Sportlerin früher die nötige Entspannung nach ihrer anstrengenden Tätigkeit am Montageband eines Elektronikherstellers fand. Das Schicksal hatte sie wahrlich hart getroffen.

Die Schwester hatte einen Schlüssel für die Haustür und öffnete sich daher selbst.

„Hallo mei Guude, wie geht‘s uns denn heut?“, rief sie bereits vom Flur aus in das kleine Wohnzimmer, wo sie die Patientin, in ihrem kunstlederbezogenen Fernsehsessel sitzend, bereits sehnsüchtig erwarten würde. Adele Heller war vorsichtig geworden, seit sie vor Jahren eine Patientin, eine relativ rüstige alte Dame, mit einem Kopfkissen erstickt in ihrem Bett vorgefunden hatte. Der Schock hatte ihr seinerzeit gewaltig zugesetzt. Die weit aufgerissenen Augen des Mordopfers erschienen ihr noch heute oft genug in ihren Träumen. So etwas wollte sie nie mehr erleben. Daher hatte sie sich seither angewöhnt, sich erst einmal bemerkbar zu machen, bevor sie in den Wohnbereich kam. Damit hoffte sie vermeiden zu können, dass sie wie damals, völlig unvorbereitet in eine solche Schrecksituation geriet. Wenn sie jedoch auf ihr Rufen keine Antwort erhielt, dann betrat sie die Wohnung jedes Mal mit klopfendem Herzen und angespannter Erwartung.

Aber seitdem war nichts Vergleichbares mehr geschehen und auch heute hörte sie sogleich das vertraute Geräusch, das die Krücken der Patientin beim Aufsetzen auf den einfachen Teppich im Wohnzimmer verursachten.

„Muss hald gäih, bleibd mer scho nix anderschds übrich“, tönte es, ebenfalls vertrauterweise hinterher. Das war wohl eher eine Floskel als wahre Überzeugung, denn zu den Geduldigsten hatte die Frau Hartmann noch nie gehört. Sie war schon eher eine von denen, die mehr mit dem Schicksal haderten, als ihnen gut tat und das auch noch ein gutes Jahr nach ihrem tragischen Unfall.

„Naja“, dachte die Schwester, „wenns ihr hilfd, dann solls hald vo mir aus brummer“ und sah keinen Grund ihre freundliche Miene dem ungnädigen Empfang anzupassen. Auch darin war sie höchst professionell. Wenn sie sich auch vornahm, nie so undankbar zu werden, wenn es bei ihr einmal so weit sein sollte, so konnte sie doch verstehen, warum die Frau unzufrieden und von Selbstmitleid geprägt war. Schließlich hatte sie nicht nur mit den Folgen ihres Unfalls zu kämpfen, auch mit der Wahl ihres Ehemanns hatte sie nicht gerade das große Los gezogen.

Schwester Adele kannte den Mann kaum. Entweder ging er ihr absichtlich aus dem Weg oder er war aus anderen Gründen so gut wie nie zuhause. Wenngleich er noch erwerbstätig war, so hätte sie ihn doch wenigstens an den arbeitsfreien Tagen einmal antreffen müssen oder wenn sie besonders viel zu tun hatte und daher erst gegen Abend vorbeikommen konnte. Aber geben musste es ihn schon noch, denn die benötigten Medikamente waren immer vollzählig vorhanden und auch der Kühlschrank war ausnehmend gut gefüllt. Vielleicht kümmerte sich aber auch diese Frau aus der Nachbarschaft darum, die ihr die schwerste Hausarbeit abnahm und auch gelegentlich für sie eine Portion mit kochte, wenn es zum Beispiel Eintopf oder Suppe gab.

Adele war mittlerweile im Wohnzimmer angekommen und sah, wie die Frau Hartmann keuchend, sich an der Wohnwand abstützend dastand. Der Verband, den ihr Adele Heller jeden Tag wechselte, hing lose vom rechten Unterschenkel herab. Wahrscheinlich hatte ihn die Patientin wieder einmal in einem Anflug von Ungeduld geöffnet, um den Heilungsfortschritt zu kontrollieren. Geduld gehörte wahrlich nicht zu ihren hervorstechendsten Eigenschaften. So würde die Heilung des offenen Beins, mit dem sie seit mehreren Wochen zu tun hatte und das auch der Grund für die Betreuung durch die Gemeindeschwester war, ganz sicher nicht schneller voranschreiten, eher im Gegenteil. Adele Heller schnaufte nur einmal heftig durch, besann sich dann aber eines Besseren und verzichtete auf die berechtigte scharfe Belehrung der Uneinsichtigen. Wenn man tagtäglich mit teils schwierigen Patienten zu tun hatte, erwarb man zwangsläufig einen nicht zu unterschätzenden Erfahrungsschatz im Umgang mit ihnen und so wusste sie, dass Kritik hier nur das Gegenteil von dem bewirken würde, was sie erreichen wollte.

„Ach Godd“, sagte sie stattdessen, die Ursache der Misere außen vor lassend „wie schaud denn dess aus? Der Verband iss ja kombledd aufganger. Hoffndlich iss ka Dregg neikommer, sonsd gibds schnell amal a gefährliche Infektion und dann kommer gar nix mehr ausschließn, bis zum Verlusd von dem Bein iss dann alles möglich. Und dess woll mer doch nedd, Frau Hartmann, gell.“

Die Message, wie man heutzutage sagt, war hoffentlich angekommen, auch ohne persönliche Zurechtweisung.

„Na, dann schau mer hald amal, woss mer machen könner. Kommers, ich helf ihner auf ihr Sofa, dann könner ser si hinleeng. Dann machi die Wunde sauber und leech ihner den neuer Verband an. Hoff mer, dasser dann morgn, wenni widder komm besser ghaldn hodd.“

Bei den letzten Worten blickte sie der Patientin mit strenger Miene ins Gesicht und sie glaubte tatsächlich so etwas wie Einsicht erkennen zu können. Sie hatte also sehr wohl verstanden.

„Woss glaubns denn, Schwester, wie lang dess nu dauerd, bis die Wundn endlich amal zuheild?“, fragte sie aber dennoch, nicht ohne einen erneuten Anflug von Ungeduld.

„Ich konns nedd genau voraussagn, Frau Hartmann. Der Doggder Eichberger hodd ihner ja sicher ganz genau erglärd, wie sowoss zustand kommd und dass dess auf jedn Fall a langwieriche Gschichd iss. Wissens, mid ihrer Diabetes mellitus iss hald die Durchbluudung von ihrn Bein nimmer gar zu guud und der durch ihr Behinderung zwangsläufich vorhandne Bewegungsmangl duud sei Übriches. Helfn däds nadürlich scho, wenn der Zugger amal aweng niedriger wär. Sie müssn si hald ganz genau an ihr Diäd haldn, sonsd wärds bloß immer schlechder“.

„No dess machi doch. Ich ess ja so gudd wäi gar nix. Und ganz verhungern konni ja schließli aa nedd, odder?“

Ein Blick auf Frau Hartmanns Figur entlarvte diese Bemerkung sofort als reine Schutzbehauptung. Vom Hungern kam dieses deutlich sichtbare Übergewicht sicher nicht. Aber was sollte Adele Heller denn sagen, es war nur zu verständlich, dass die leidgeprüfte Frau Trost in den kulinarischen Freuden suchte, wenn sie anderweitig größtenteils von den angenehmen Seiten des Lebens ausgeschlossen war.

Dicke Luft und dünnes Nervenkostüm

„Du glaubsd ers nedd, woss dee mid ihrer bläidn Bauschdell für an Dreeg machen. Schau amal her, wäi meine Schuh ausschauer, voller Baatz. Lehm odder woss dess iss. Dee bringi wahrscheinli nie mehr gscheid sauber. Glabbsd ers naa. Und dess soll fei nu mindesdns bis in Sebdember nei dauern.“