Nachts sind alle Vampire grau - Katie MacAlister - E-Book

Nachts sind alle Vampire grau E-Book

Katie MacAlister

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Beschreibung

Jacintha Ferreira ist eine Katzenflüsterin. Zumindest behaupten das Jacinthas Kollegen vom Washington State Wildtieramt. Ihre Fähigkeit, ausgesetzte Katzen zu besänftigen, wird jedoch auf eine harte Probe gestellt, als sie auf einen äußerst verführerischen Gestaltwandler trifft. Der hat nämlich überhaupt keine Ahnung, wie er zu einer solch großen Katze geworden ist. Aber eines weiß er ganz sicher: wer seine Seelengefährtin ist ... (ca. 150 Seiten)

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

1

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8

Die Autorin

Die Romane von Katie MacAlister bei LYX

Impressum

KATIE MACALISTER

Nachts sind alle Vampire grau

Roman

Ins Deutsche übertragen

von Ralph Sander

Zu diesem Buch

Jacintha Ferreira ist eine Katzenflüsterin. Zumindest behaupten das Jas’ Kollegen vom Washington State Wildtieramt. Ihre Fähigkeit, ausgesetzte Katzen zu besänftigen, wird jedoch auf eine harte Probe gestellt, als sie auf einen äußerst verführerischen Gestaltwandler trifft. Der hat nämlich überhaupt keine Ahnung, wie er zu einer solch großen Katze geworden ist. Aber eines weiß er ganz sicher: wer seine Seelengefährtin ist …

1

»Die sind über mich rübergetrampelt, und dann wurde mir der Kopf abgetrennt. Ohne Blödsinn, Jas. Mein Kopf wurde einfach abgetrennt! Und dann lag ich ohne Kopf im Matsch, während eine ganze Herde Ochsen über mich hinweggetrampelt ist. Das war völlig surreal! Nein, das war sogar mehr als surreal. Na ja, es war nun mal eine Reinkarnationstherapie, und da kann man davon ausgehen, dass da so einiges an Surrealem mit im Spiel ist, aber trotzdem! Mein Kopf! Im Morast! Ich sag’s dir! Du wirst mir nicht glauben, was danach passiert ist!«

»Wohl kaum, immerhin glaube ich dir schon jetzt nichts von dem, was du mir da erzählst«, murmelte ich und sah blinzelnd auf den Computermonitor.

»Dann steigt die Frau, die mich mit ihrem Ochsenkarren überfahren hat, von dem Karren herunter und versucht, mir den Kopf wieder aufzusetzen. So, wie in einem Zeichentrickfilm, weißt du? Aber natürlich funktioniert das nicht.«

»Ja, natürlich.« Ich zog die Stirn in Falten, als ich das neueste Memo von meinem Supervisor las. »Das kann Greg doch nicht im Ernst vorhaben. Die ganze Abteilung wird ihm den Kopf abreißen, wenn er glaubt, dass sich die Probleme mit dem Budget von selbst lösen, wenn er das Auswilderungsprogramm kürzt.«

»Jedenfalls kommt dann dieser Typ vorbei, sieht die verrückte Ochsenfrau mit meinem Kopf, und dann, nach allen möglichen Missgeschicken, beißt er sie!«, redete meine Schwester weiter und war so sehr von diesem seltsamen Traum gefesselt, dass sie nichts anderes mehr wahrnahm. Sie griff sich einen Kugelschreiber vom Schreibtisch und begann damit zu spielen.

Kopfschüttelnd wandte ich mich vom E-Mail-Eingangskorb ab und griff nach Corazons Lieblingsstift, dann machte ich mich wieder daran, mir die neueste Amtsverfügung zur geplanten Reform von Brutstätten und Fischzucht zu Gemüte zu führen. Nur mit halbem Ohr bekam ich mit, dass meine Schwester immer noch redete.

»Er war zwar irgendwie süß, aber das ganze Blut … igitt. Ich sag dir, Jas, das war völlig durchgeknallt.«

»Das kommt bei Träumen schon mal vor«, sagte ich beiläufig und ließ das Dokument auf sich beruhen. Auch wenn es nicht in meinen Zuständigkeitsbereich fiel, da es meine Aufgabe ist, die Vorschriften der Behörde für Umwelt und Natur umzusetzen, nicht aber die Richtlinien selbst zu ergründen, wurde von mir als Mitarbeiterin dieser Abteilung erwartet, dass ich mich über alle Entwicklungen auf dem Laufenden hielt, die Auswirkungen auf meine Arbeit haben konnten.

»Es war kein Traum!« Sie schlug mir auf den Arm. »Hörst du mir eigentlich nicht zu? Es war eine Reinkarnationstherapie! Es war alles real. Na ja, jedenfalls war es in der Vergangenheit real gewesen, aber ich habe das alles noch mal durchlebt. Auf jeden Fall war ich durch den Vampir ein bisschen durch den Wind, also habe ich dafür gesorgt, dass Barbara, die Hypnotherapeutin, mich da rausholt. Und dann hat uns Patsy von ihrem tollen Nachbarn erzählt, der nackt schwimmt. Also sind wir rübergegangen, nur weil sie Pipi musste, und er war der Vampir.«

Das letzte Wort ließ mich aufhorchen. Ich drehte mich zu ihr um und sah sie an. Obwohl sie achtzehn Monate jünger war als ich, waren wir uns trotzdem so ähnlich, dass man uns oft für Zwillinge hielt. Ihr Haar hatte den gleichen bernsteinfarbenen Braunton, das Braun ihrer Augen hingegen war etwas dunkler, während meine Augen zu einem Haselnussbraun tendierten. »Du warst in deinem früheren Leben eine Vampirin? Wissen Mom und Dad das?«

»Kannst du mir zur Abwechslung auch mal zuhören?« Cora sah mich verärgert an. »Ich war keine Vampirin. Er war der Vampir – Patsys Nachbar.«

»Deine Freundin Patsy? Sie hat einen Nachbarn, der ein Vampir ist?«

»Ja! Sie schien zwar nicht zu glauben, dass er einer ist, aber weil ich heute Morgen ganz früh hierherfliegen musste, hatte ich noch keine Gelegenheit gehabt, mit ihr zu reden, nachdem sie und Terri mich gestern Abend nach Hause gebracht hatten. Aber, Jas … Vampire! Es gibt sie wirklich!«

»Blödsinn«, gab ich zurück. »Wahrscheinlich hast du ein paar Gläser zu viel gekippt und dir das Ganze nur eingebildet.«

»Ja, ja, wir hatten was getrunken«, räumte sie ein, zog die oberste Schublade meines Schreibtischs auf und begann darin zu kramen. »Aber es gibt nichts Besseres als einen Vampir, wenn man auf der Stelle nüchtern werden will. Ich habe mir weder das aus meinem früheren Leben noch die Sache mit Patsys Nachbarn eingebildet. Oh mein Gott, hast du diesen Bären umgebracht?«

Ich nahm ihr das Foto aus der Hand und legte es zurück in die Schublade. »Du weißt genau, dass ich keine Tiere töte, es sei denn, sie sind so schwer verletzt, dass selbst ein Tierarzt sie nicht mehr retten kann. Dieser Bär da war nur betäubt.«

»Du hast wirklich den tollsten Job«, erklärte sie mit einer gehörigen Portion Neid in ihrer Stimme. »Tausendmal besser, als Sekretärin zu sein.«

Mein Blick fiel auf ein vertrautes Gesicht im Eingang zu unserem Büro. Sofort beugte ich mich tief über den Tisch und zog Cora mit mir nach unten, während ich betete, Greg möge nicht in diesen Teil des Büros geschlendert kommen. »Versteck dich!«

»Häh?«

»Es ist Greg! Ich will nicht, dass er uns sieht.«

»Ach, dein böser Boss?« Sie hielt sich so wie ich zusammengekauert. »Macht er sich noch immer an dich ran?«

»Er gibt Ruhe, seit ich mal die Worte ›sexuelle Belästigung‹ ins Spiel gebracht habe. Aber das ist nicht der Grund, wieso ich lieber nicht von ihm gesehen werden möchte. Sein neuester Tick besteht darin, alle Mitarbeiter beim Außendienst zu begleiten und zu beobachten, um ihre Arbeit zu bewerten. Aber nicht etwa, weil er sehen will, wer eine Beförderung verdient, sondern weil er dem stellvertretenden Gouverneur in den Arsch kriecht, indem er ihm alle möglichen Einsparpotenziale vorschlägt. Deshalb ist er auf der Suche nach Leuten, die er feuern kann.«

»Morgen, Kitty«, sagte eine meiner Kolleginnen zu mir, als sie vorbeiging und vorsichtig ihren Becher Latte auf ihren Schreibtisch in der Wabe gleich neben meiner stellte. Unverändert vornübergebeugt rollte ich meinen Stuhl weit genug nach hinten, um ihr einen finsteren Blick zuzuwerfen. Sie kicherte nur.

»Hat sie gerade Kitty zu dir gesagt?«, fragte Cora in einem übertriebenen Flüsterton. »Oh mein Gott, Jas, du arbeitest doch nicht etwa undercover, oder? So wie eine Art Tierspion?«

»Du siehst dir wohl zu oft diesen Spionage-Sender an«, gab ich zurück und sah sie eindringlich an. »Ich bin eine einfache Mitarbeiterin der Behörde, mehr nicht.«

»Hey, Kitty.« Officer Joe, der im Gebiet gleich neben meinem die Nachtschicht hatte, warf mir einen braunen Umschlag auf den Schreibtisch. »Während du deinen Schönheitsschlaf gehalten hast, haben wir den Puma eingefangen, der das Kind angefallen hatte. Sieht so aus, als müsstest du nicht mehr flüstern.«

Ich versuchte, ihm einen Schlag zu verpassen, aber er wich meiner Attacke geschickt aus und ging lachend davon.

Cora sah mich fragend an.

»Ich bin nicht undercover. Es ist nur so, dass die Leute hier mir für den Moment ganz gewaltig auf die Nerven gehen. Sie nennen mich Katzenflüsterin.«

» Ka… was?«

»Katzenflüsterin. Weil ich mit Großkatzen arbeite. Ist bloß ein Witz, weiter nichts. Allerdings einer, der mich auf die Palme bringt«, sagte ich laut und warf dabei meiner Kaffee trinkenden Platznachbarin Jane einen verärgerten Blick zu.

Sie musste lachen.

»Deine Kollegen meinen, du besitzt die übersinnliche Fähigkeit, um mit Katzen zu reden?«, fragte Cora völlig ungläubig, ehe sie sich vor Lachen schüttelte. »Du? Übersinnlich? Von allen Leuten, die ich kenne, bist du die unübersinnlichste!«

»Ruhig«, sagte ich und kniff sie ins Handgelenk. Dann spähte ich vorsichtig über die Trennwand meiner Wabe, um nach Greg Ausschau zu halten. Er stand an der Tür und unterhielt sich mit einem bedauernswerten Opfer, das zu unvorsichtig gewesen war und sich nicht vergewissert hatte, ob die Luft auch wirklich rein war. »Es ist schon schlimm genug, ohne dass du noch deinen Senf dazugeben musst.«

»Du glaubst aber an nichts Paranormales«, beharrte Cora etwas leiser, aber immer noch genauso amüsiert. »Ich merke doch, dass du nicht an meinen Vampir glaubst.«

»Das liegt daran, dass die genauso wenig existieren wie Leute, die auf übersinnliche Weise mit Tieren reden können. Meine Fähigkeit, Katzen zu verstehen, kommt daher, dass ich seit Jahren mit ihnen arbeite, aber nicht, weil ich irgendwelchen Hokuspokus betreibe. Ach, verflucht, was ist denn jetzt schon wieder?«

Während ich mit meiner Schwester sprach, hatte ich auf den Monitor gesehen, und eben war eine neue E-Mail eingegangen. Die Betreffzeile ließ mich leise aufstöhnen.

»Wen verfluchst du denn?«, wunderte sich Cora, während sie sich die Tränen wegwischte, die ihr vor Lachen gekommen waren. »Hat es irgendwas damit zu tun, dass du mich heute in den Busch mitnimmst? Mir bleiben nämlich nur noch vier Tage, bis meine Kreuzfahrt nach Alaska startet, und du hast mir versprochen, mich einen Tag mitzunehmen und mir die Natur zu zeigen.«

»Ich nehme dich mit nach draußen, nicht in den Busch.« Ich schaltete schnell die Verbindung zum Server aus, ohne die E-Mail erst noch zu lesen. »Und versprochen habe ich dir überhaupt nichts. Ich habe gesagt, du kannst mich auf meiner Runde begleiten, aber wenn sich irgendeine gefährliche Situation ergibt, musst du im Wagen bleiben. Und bevor du mich noch mal fragst: Nein, die E-Mail wird unseren Ausflug nicht verhindern. Die kommt vom Eigentümer einer Schafsfarm, der sich wieder mal über Albert Baum beschwert, den amtsbekannten Spinner.«

»Ein Jäger?«, fragte sie, da sie wusste, welchen Ärger wir beim Amt für Umwelt und Natur regelmäßig mit verantwortungslosen Jägern hatten.

»Nein, genau das Gegenteil. Ein richtiger Anti-Jäger. Albert Baum ist Leiter der Leshys, einer Gruppe von Tierschützern oben in den Bergen.«

»Klingt nach etwas, das genau nach deinem Geschmack sein dürfte«, meinte Cora und lehnte sich zurück, damit ich die unterste Schublade aufziehen und mein Pistolenhalfter mitsamt Waffe herausholen konnte.

»Na ja, ich bewundere ihre Absicht, gefährdete Tierarten zu schützen, aber mir gehen die Methoden auf die Nerven, die sie dabei anwenden. Sie ziehen durch die Gegend und verscheuchen nicht gefährdete Tiere, und die Jäger, die dadurch leer ausgehen, kommen dann zu uns und beschweren sich lautstark. Wir haben sie auch schon dabei erwischt, wie sie Fallen aufgestellt haben, die Menschen verletzen sollten. Aber damit war schnell wieder Schluss, nachdem wir ein paar aus Baums Gruppe ins Gefängnis gesteckt hatten. Baums neuestes Hobby ist es, die Art und Weise zu kritisieren, wie wir gefangene Tiere wieder in die Freiheit entlassen. Er will, dass wir das auf seinem Grund und Boden machen, damit er mit seiner Gruppe diese Tiere beschützen kann.«

»Das klingt doch gar nicht so übel«, meinte Cora und sah mir interessiert zu, wie ich einen kleinen Verbandskasten, ein Notizbuch, Betäubungspistole und -pfeile sowie diverse andere Ausrüstungsutensilien in meine Tasche packte.

»Es geht darum, was legal ist und was nicht. Die Leshys besitzen über drei Bundesstaaten verteilt fast viertausend Hektar Land, das sie als Naturschutzgebiet bezeichnen. Aber die Regierung erkennt diese Flächen nicht als solches an, und auch die Gruppe selbst hat nicht den Segen der Regierung. Deshalb können wir keine Tiere in die Obhut der Leshys entlassen.« Ich schaute wieder über die Trennwand. »Oh, gut. Er ist weg. Komm, lass uns zusehen, dass wir unbemerkt von hier verschwinden können.«

Als wir das Büro verließen, griff ich nach meinem To-go-Kaffeebecher und schob Cora vor mir her bis zum Latte-Stand in der Lobby des Gebäudes. Während ich mein Geld zusammensuchte, blubberte mein Handy, was mir anzeigte, dass mir jemand etwas auf die Mailbox gesprochen hatte.

»Telefon«, merkte Cora hilfreich an. »Wenn die Leute meinen, dass du eine Katzenflüsterin bist, heißt das dann, dass ich eine Vampirflüsterin bin?«

Ich sah sie verwundert an, während ich den Code eintippte, um mir die Mitteilung anhören zu können. »Was?«

»Na ja, du hast gesagt, du kannst mit Katzen reden, weil du so viel Zeit in Afrika verbracht hast, um Löwen und Luchse und so weiter zu studieren. Vielleicht bin ich ja eine Vampirflüsterin, weil ich dieses Reinkarnationsdings mit Patsys irre gut aussehendem und blutsaugendem Nachbarn hatte.«

»Wir müssen uns dringend nach Möglichkeiten erkundigen, dich in Therapie zu schicken«, sagte ich und hielt die Hand hoch, damit sie ruhig war und ich mir die Nachricht anhören konnte.

»Wer im Glashaus sitzt …«, murmelte sie und holte Geld heraus, um unsere beiden Latte zu bezahlen.

»Jacintha! Genau die Frau, nach der ich gesucht habe.«

Ich stöhnte innerlich, während ich den vollen Kaffeebecher entgegennahm. »Verdammt, er schleicht so lautlos durch die Gegend wie eine Katze«, raunte ich Cora zu, ehe ich mich mit einem höflichen Lächeln auf den Lippen zu meinem Boss umdrehte. »Guten Morgen, Greg.«

»Kommen Sie oder gehen Sie?«, fragte er und sah mich von Kopf bis Fuß an, ehe sein Blick zu Cora weiterwanderte. »Ah, das muss Ihre Schwester sein, von der ich schon so viel gehört habe.«

Cora stutzte, als sie ihn reden hörte.

»Wir sind auf dem Weg nach draußen, und ja, das ist Corazon.«

Greg schüttelte ihre Hand und redete in einem Tonfall weiter, den er für verführerisch zu halten schien: »Zwei so hübsche Schwestern. Ich hatte schon immer ein Faible für Latinas, müssen Sie wissen.«

»Ach, wirklich«, erwiderte sie, während ihre Mundwinkel nur minimal zuckten. »Ich kann dagegen gar nicht genug kriegen von blassärschigen WASP-Typen. Ich will damit nicht sagen, dass Ihr Arsch blass ist. Aber Sie wissen schon, was ich meine.«

Ich musste mir ein Grinsen verkneifen und gab mein Bestes, meine vorlaute kleine Schwester zu ignorieren, während ich sie in Richtung Ausgang schob. »Sorry, Greg, wir sind etwas in Eile. Gerade eben ging ein Anruf ein.«

»Ah, hervorragend. Dann begleite ich Sie, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Eine morgendliche Wanderung durch die Berge wird mir guttun«, sagte er und hielt uns die Tür auf.

Cora warf mir einen entsetzten Blick zu.

»Oh, Greg, das ist wirklich schade.« Ich legte mich mächtig ins Zeug und hoffte, dass es als tiefstes Bedauern von ihm aufgefasst werden würde. »Ich wünschte, ich könnte Sie bitten mitzukommen, aber es geht darum, eine Katze aus dem Tierheim abzuholen. Ich weiß, Ihre Allergien würden die Fahrt im Truck zusammen mit dem Tier zu einem echten Höllenritt machen.«

»Eine Katze in einem Tierheim?«, wiederholte er und sah mich leicht blinzelnd an. Greg Morrison war groß, blond, attraktiv und äußerst gewandt – für meinen Geschmack zu gewandt. Dass er mein Boss war, damit konnte ich leben. Aber er hatte irgendetwas an sich, was es mir unmöglich machte, ihm über den Weg zu trauen. Er sah einfach etwas zu gut aus, sein Lächeln war eine Spur zu charmant, seine Augen schauten zu harmlos drein. Die meisten Frauen in der Abteilung schwärmten für ihn, nur nicht die in meinem Büro, weil sie wussten, dass er auf der Suche nach Stellen war, die er streichen konnte, um auf diese Weise sein Budget aufzustocken. »Aber dafür brauchen die doch sicher keinen von unseren Mitarbeitern, oder?«

»Es geht um ein großes Kätzchen«, antwortete ich lächelnd.

»Ein Luchs?«

»Größer.«

»Doch nicht schon wieder ein Puma!«, rief er. Seinen leuchtend blauen Augen war das Entsetzen deutlich anzusehen.

»Hört sich ganz danach an«, sagte ich und hielt hinter meinem Rücken die Finger über Kreuz, weil meine Behauptung eine glatte Notlüge war.

»Oh.« Er schaute betrübt drein. Ich konnte ihm ansehen, dass er zu gern den Tag dazu genutzt hätte, mich auf Schritt und Tritt zu beschatten, dass er andererseits aber nicht riskieren wollte, seine heftige Tierhaarallergie herauszufordern. Er rieb sich die Nase, als würde der bloße Gedanke schon einen Niesreiz auslösen. »Wenn ich eine zusätzliche Dosis nehmen würde, dann …«

»Es würde mir im Traum nicht einfallen, Sie einer solchen körperlichen Tortur auszusetzen«, fiel ich ihm hastig ins Wort und ging um ihn herum in Richtung Tür. »Ich werde längere Zeit mit der Katze verbringen müssen, sie untersuchen und messen, versuchen ihre Herkunft zu bestimmen und so weiter. Ich weiß doch, dass schon ein einziges Tierhaar auf der Kleidung irgendeines Anwesenden genügt, um Ihr Gesicht anschwellen zu lassen.«

Er wich einen Schritt zurück, als hätte mich eine Katze bereits mit ihren Haaren kontaminiert. »Ich schätze, Sie haben recht. Es ist nur schade, eine so perfekte Gelegenheit ungenutzt zu lassen, um über die Pläne zu diskutieren, die ich für Ihren Bezirk …«

»Beim nächsten Mal«, unterbrach ich ihn, grinste ihn breit an und schob Cora vor mir her durch die offene Tür nach draußen.

»Wow, du hast recht. Er ist ein Widerling. Von wegen, ein Faible für Latinas!«, entrüstete sich Cora, während wir zum Parkplatz gingen, auf dem die Dienstwagen standen. »Du solltest ihn wegen sexueller Belästigung in der Personalabteilung melden.«

»Solange er mich nicht wirklich eindeutig anbaggert, kann ich damit leben«, erwiderte ich, während ich für mich einen Wagen eintrug.

»Hmpf. Dann bekomme ich einen Puma aus nächster Nähe zu sehen?«, fragte Cora und ließ sich auf den Beifahrersitz fallen.

»Nur aus der Ferne.« Ich nahm am Steuer Platz und klappte meinen Laptop auf, um ein Berichtsformular aufzurufen, damit ich die Informationen von der Mailbox übernehmen konnte. »Du kannst hier im Truck bleiben und dir von deinem Platz aus die Katze ansehen.«

»Och, Jas!«

»Es ist zu gefährlich«, konstatierte ich, während ich die Meldung kurz zusammenfasste. »Ich habe keine Ahnung, in welcher Verfassung sich der Puma befindet. Wenn er Schmerzen hat, stellt er eine große Gefahr für jeden dar, der nicht weiß, wie er damit umzugehen hat.«

»Schenk dir deinen überlegenen Tonfall, sonst nenne ich dich auch noch Kitty«, konterte sie, verschränkte die Arme vor der Brust und sah aus dem Fenster, während ich den Laptop zuklappte und den Wagen anließ.

Zum Glück war Cora jemand, der nie lange schmollte. Sie schwieg vielleicht für fünf Minuten, dann sagte sie: »Dann bist du also eine Katzenflüsterin. Kapiert.«

»Genau das bin ich nicht.«

»Und du fährst los, um Leute zu retten, die von Bären und Pumas und so weiter angegriffen wurden. Auch kapiert.«

»Es ist mehr so, dass ich die Tiere vor den Leuten in Sicherheit bringe.«

»Aber was ich nicht kapiere, ist, wieso du zu einem Tierheim gerufen wirst. Okay, es ist ein Puma, aber ich meine, warum machen die nicht einfach die Tür auf und scheuchen ihn raus?«

»Es gehört zu meinem Job, mich um jedes Tier zu kümmern, das die öffentliche Ordnung stört. Ob das ein Elch ist, der wertvolles Getreide wegfrisst, oder ob ein gefährlicheres Tier sich in eine von Menschen besiedelte Gegend vorgewagt hat, weil sein natürlicher Lebensraum immer weiter beschnitten wird. Deswegen können die nicht einfach die Tür aufmachen und den Puma rausjagen. Ich werde das Tier betäuben müssen, und nachdem ich es untersucht habe, bringe ich es in eine Region tief in den Bergen, wo ich es dann freilasse. Und dann kann ich nur darauf hoffen, dass es künftig einen Bogen um die Menschen macht.«

»Ich möchte wetten, dass du damit deine PETA-Gruppe wahnsinnig machst.«

»Hier gibt es niemanden, der mit PETA zu tun hat. Hier gibt es nur die Leshy-Gruppe, aber die reicht mir auch schon.«

»Und was für Tiere musst du sonst noch vor den Leuten retten?«, fragte sie und öffnete den Koffer, in dem sich meine Digitalkamera befand.

»Die vier wichtigsten Arten sind Bären, Pumas, Luchse und Ozelote. Das sind die gefährlichen, und du packst die Kamera besser wieder ein, bevor sie dir noch hinfällt. Ich muss für den Bericht Fotos von diesem Puma machen.«

»Was hat ein Puma überhaupt in einem Tierheim zu suchen? Der ist doch wohl nicht da eingebrochen, um die anderen Tiere zu fressen, oder?«

»Nein, natürlich nicht. Jetzt sei nicht albern. Pumas bleiben normalerweise auf Abstand zu den Menschen, aber was dieser hier in einem Tierheim zu suchen hat, ist wirklich eine sehr gute Frage«, entgegnete ich und stellte mir die gleiche Frage. Zum Glück mussten wir auf die Antwort nicht allzu lange warten. Allison, die Leiterin des Tierheims Cupid Cats Shelter, wartete gemeinsam mit drei anderen Frauen hinter dem Gebäude. Die vier standen beisammen, jede mit einem Pappbecher in der Hand.

»Jacintha! Ach, ich bin ja so froh, dass Sie gekommen sind«, rief Allison, verließ die Gruppe und lief mir entgegen. »Wir können nicht mal nach drinnen gehen, weil er wach ist. Oh! Hallo. Sind Sie auch eine Rangerin?«

»Das ist meine Schwester Cora.« Ich machte die Betäubungspistole an meinem Gürtel fest, nachdem ich mich davon überzeugt hatte, dass sie mit einer vollen Patrone geladen war.