Seewölfe - Piraten der Weltmeere 449 - Fred McMason - E-Book

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 449 E-Book

Fred McMason

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Beschreibung

Drei chinesische Kampfdschunken waren es, die sich in Dwarsline in das Kielwasser der "Estrella de Málaga" und der "San Lorenzo" gesetzt hatten. Hasard betrachtete durch das Spektiv die mittlere Dschunke. Sie war etwas größer als die beiden anderen, ihren Bug verzierte ein vergoldeter Drachenkopf. Das Gold war noch sehr gut erhalten. Auch die beiden anderen Dschunken führten den Drachenkopf im Bug, aber nicht vergoldet, sondern rot angestrichen. Die Farbe wirkte fade und vom Salzwasser zerfressen. Der Teufel mochte wissen, wie diese drei Dschunken über den Pazifik gelangt waren. Dafür stand fest, was sie wollten - sie waren auf Beute scharf...

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Impressum© 1976/2018 Pabel-Moewig Verlag KG,Pabel ebook, Rastatt.eISBN: 978-3-95439-857-7Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

Fred McMason

Die Drachenschiffe

Sie verschossen das höllische Feuer – und da blieb nur die Flucht

Als die spanische Kriegskaravelle „Esmeralda“ in der Mündung des Rio Tacna auf eine Untiefe gelaufen und eine andere Karavelle, die „Castilla“, zur Hilfestellung herangesegelt war, da hatten Philip Hasard Killigrew und seine Männer ihren Plan aufgeben müssen, noch einen Überfall auf die Schiffe im Hafen von Arica zu unternehmen. Von Arica und den dort liegenden Schiffen hatten sie sich mit einem donnernden Eisengruß verabschieden wollen – vor ihrer Rückreise nach Panama. Als die Dons jedoch die aufgelaufene „Esmeralda“ leichterten, um sie flottzukriegen, und Proviant, Waffen, Pulver- und Weinfässer an Land stapelten, da faßte Hasard einen neuen Plan – zur Ergänzung der eigenen Vorräte. Und in der Nacht holten sie sich von dem Stapel, was sie brauchen konnten …

Die Hauptpersonen des Romans:

She Zai – ein glatzköpfiger chinesischer Piratenhäuptling, der sich mit drei Kampfdschunken auf einem Raubzug befindet.

Philip Hasard Killigrew – der Seewolf wird angesichts des Todes zum Berserker.

Jean Ribault – muß seine „San Lorenzo“ aufgeben, um den Gegner aufzuhalten.

Don Gaspar de Rojas – der spanische Karavellenkommandant hat Angst und verliert den Kopf.

Araua – ihre Vorahnungen bestätigen sich auf furchtbare Weise.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

1.

10. Februar 1595.

Die Welt bestand nur noch aus Himmel und Wasser, und es schien, als befänden sich die beiden Schiffe ganz allein auf einem riesigen Meer ohne Ende und Grenzen.

Beide Schiffe, die „San Lorenzo“ unter Jean Ribault und die „Estrella de Málaga“ unter Philip Hasard Killigrew, bewegten sich auf langgestreckter Dünung unter dem ewigen Rhythmus der See auf nordöstlichem Kurs. Sie segelten in Dwarslinie und liefen gute Fahrt, begünstigt von achterlich schiebender Strömung und Wind aus südlicher Richtung.

Innerhalb der letzten dreizehn Tage hatte sich keine einzige Mastspitze gezeigt. Einsam und verlassen lag die Weite des Pazifischen Ozeans vor ihnen.

Zweimal hatten sie einen Albatros gesehen. Heute bestand die einzige Abwechslung darin, daß sich ein einsamer Maskentölpel zeigte, der allerdings uneingeschränkte Bewunderung genoß. Sowohl die Arwenacks als auch die Mannen von Jean Ribault sahen ihm fasziniert zu.

Der Maskentölpel war schneeweiß, nur die Flügel hatten ein breites schwarzes Band. Seine Spannweite betrug fast zwei Yards. Die stechenden Augen des großen Vogels waren von einer schwarzen Maske umgeben. Er ließ sich vom warmen Aufwind tragen und flog eine riesige Kehre.

Dann, übergangslos, schoß er hinunter, die Flügel eng an den Körper gelegt. Er fiel mit rasender Geschwindigkeit wie ein Stein vom Himmel.

Der Decksälteste Smoky hatte es schon wieder mit seiner Wettleidenschaft.

„Wetten, daß er diesmal einen Fisch fängt?“ fragte er Stenmark.

„Wetten, daß er keinen fängt?“ fragte Sten zurück. „Zweimal ist er bereits vergeblich getaucht.“

Sie wetteten ein paar Münzen, um sich die Zeit zu vertreiben.

Der Maskentölpel raste wie eine Kanonenkugel ins Wasser. Um die beiden Schiffe schien er sich nicht zu kümmern. Fast hatte es den Anschein, als wollte er den Männern seine Kunststückchen vorführen.

In dem klaren Wasser war seine Bahn deutlich zu erkennen. Blasenwerfend stieß er unglaublich tief hinunter, mindestens zwanzig Yards tief, wie allgemein geschätzt wurde. Danach schoß er schräg aufwärts, schüttelte sich einmal wild im Wasser und tauchte mit einem Fisch auf, der in seinem ausgeprägten gelborangefarbenen Schnabel wild zappelte.

„Ha, hat ihn schon!“ sagte Smoky triumphierend. „Her mit den Möpsen, Sten. Wenn dein Schwedenkönig Sigismund wüßte, wie leichtsinnig du hier dein Geld verplemperst! Der würde dir was erzählen.“

„Kannst ihm ja ’ne Epistel rüberschicken, um ihm das zu verklaren“, brummte der blonde Schwede.

Jetzt erst setzte an Bord wieherndes Gelächter ein, denn nun begann der höchst belustigende Abflug des Tölpels. Der schwere Vogel hatte alle Mühe, das nasse Element zu verlassen. Außerdem hing ihm der schwere und heftig zappelnde Fisch im Schnabel, der sich hartnäckig sträubte, in die Luft gezerrt zu werden.

Die Schwingen des Tölpels schlugen und hieben wild auf das Wasser ein. Er erhob sich taumelnd, rannte über die Dünung, tauchte wieder ein, rannte flügelschlagend und kämpfend weiter. Dabei reckte er weit den Hals vor. Nach einer Ewigkeit gelang es ihm, abzuheben. Unter dem krakeelenden Gelächter der Männer gewann er Höhe. Es schien ihm direkt peinlich zu sein, von den Kerlen ausgelacht zu werden.

„Das ist jetzt die einzige Abwechslung“, maulte Mac Pellew, der auf der Kuhlgräting hockte und einen Messingkiekers polierte.

„Das Polieren oder der Tölpel?“ fragte der Kutscher, weil Mac offen ließ, was er meinte.

„Beides“, erwiderte Mac grämlich. „Da fährt man seit dreizehn Tagen zur See und sieht nichts anderes als Wasser und Himmel.“

„Du fährst doch schon länger als dreizehn Tage zur See, Mac“, sagte der Kutscher grinsend.

„Na ja, aber ich meine, seit dreizehn Tagen haben wir nichts anderes mehr gesehen, und so. Stinklangweilig ist das. Sollten vielleicht mal den Profos ein bißchen verkohlen, wegen der Abwechslung, und so. Kann sein, daß er sich dann aufregt.“

„Und so“, setzte der Kutscher hinzu.

„Wieso, und so?“ fragte Mac.

„Nur so.“ Der Kutscher war immer noch am Grinsen. „Wirst du heute noch mit dem Kieker fertig?“

Mac Pellew reichte den Kieker mit einem leisen Seufzer dem Kutscher und fragte: „Was willst du mit dem Ding?“

„Den Profos verkohlen.“

Klar, ein kleines Späßchen ist wieder mal fällig, dachte der Kutscher. Er nahm den Kieker, verschwand in der Kombüse und kehrte kurz darauf wieder an Deck zurück, immer noch etwas grinsend.

Zu diesem Zeitpunkt befanden sich beide Schiffe südöstlich der Galápagos-Inseln. Etwa hundert Meilen waren sie von den Inseln noch entfernt. Hasard hatte konsequent einen Abstand von der südamerikanischen Küste gehalten, der etwa fünfhundert Meilen betrug. Sie wollten jeder möglichen Begegnung mit spanischen Schiffen entgehen, denn inzwischen hatten die Dons längst begriffen, wer auf dieser Seite der Neuen Welt aufgetaucht war und sie zum Narren hielt. Kein anderer nämlich als El Lobo del Mar persönlich.

Der Kutscher hockte sich ebenfalls auf die Gräting und linste sehr aufmerksam und angestrengt durch das Spektiv, um die Aufmerksamkeit Carberrys zu erregen, die auch nicht lange auf sich warten ließ, denn den Profos plagte ebenfalls die Langeweile.

Zudem murmelte der Kutscher immer wieder leise: „Hm, sieh einer an! Donnerwetter! Ausgezeichnete Sicht heute, kein Wunder, daß man ihn so deutlich sieht!“

Der Profos stand jetzt neben dem Kutscher und äugte auf ihn hinunter, wobei er die Fäuste in die Seiten stemmte.

„Was gibt’s denn da zu glotzen?“ fragte er nach einer Weile. „Siehst du wieder Meermänner und Nixen, was, wie?“

„Wirklich erstaunlich“, murmelte der Kutscher wieder.

Mac Pellew stand daneben und grinste wie ein Ochsenfrosch, der unter der Maulsperre leidet.

„Was, zum Teufel, ist so erstaunlich?“ wollte Carberry wissen.

„Na, daß man an Steuerbord den Äquator sieht“, sagte der Kutscher, „zwar nur als feine Linie, aber immerhin, man sieht ihn, obwohl wir noch etliche Meilen entfernt sind.“

„Wirklich?“ fragte Carberry.

„Wenn ich es dir doch sage. Mac hat ihn auch gesehen. Man muß das Spektiv unter die Kimm halten, und zwar genau waagerecht, dann erkennt man die feine Linie. Willst du mal durchschauen?“

„Aber gern“, sagte Carberry bereitwillig und nahm den Kieker, den der Kutscher ihm zurechtfummelte. Dabei grinste er Mac Pellew verstohlen zu.

Als der Profos hindurchblickte, zuckte es in seinem narbigen Gesicht. Tatsächlich war da ein haarfeiner Strich auf der langrollenden Dünung zu erkennen. Carberry holte tief Luft.

„Das muß ich mir genauer ansehen“, murmelte er. „Stell dich mal hinter mich, Kutscher, und halte mir das Spektiv.“

Der Kutscher tat das mit einem fast diabolischen Grinsen, nahm hinter dem Profos Aufstellung und hielt das Spektiv fest, damit der Profos ausgiebig hindurchstieren konnte.

Gleich darauf schoß dem Kutscher allerdings das Wasser in die Augen, denn der Büffel von einem Profos trat einen Schritt zurück und stieg dem Kutscher mit seinem ganzen Gewicht auf die Stiefel, daß der glaubte, ihm würden jeden Augenblick die Socken platzen.

„Au, verdammt!“ entfuhr es dem Kutscher.

„Ja, bleib so stehen“, sagte Carberry begeistert, „jetzt sehe ich den Äquator ganz deutlich.“

„Du stehst auf meinen Latschen“, sagte der Kutscher unter Tränen.

Carberry drehte sich um, stieg dem Kutscher von den Latschen und gab ihm das Spektiv zurück. Dabei grinste er freundlich.

„Wenn du abgenagter Suppenknochen den alten Carberry verarschen willst“, sagte er, „dann mußt du dein Kombüsenfeuer morgens schon um vier entzünden, nicht erst um fünf. Aber die Idee war trotzdem nicht schlecht. Ich wette, du hast einfach ein Haar vor den Kieker geklebt, stimmt’s?“

„Stimmt“, sagte der Kutscher kläglich.

„Na, dann versuchen wir es mal bei Paddy“, sagte Ed. „Bis der das begriffen hat, sind wir längst über den Äquator weg.“

Paddy Rogers, immer etwas denkfaul, war für die Abwechslung dankbar und blickte durchs Spektiv.

„Heute ist ein ungewöhnlich klarer Tag“, sagte der Profos, „da kann man verdammt weit sehen. Du weißt ja, daß Nebel nie bei guter Sicht und klarem Wetter auftritt, oder?“

Paddy Rogers nickte und überlegte angestrengt.

„Stimmt“, sagte er dann, „bei guter Sicht und klarem Wetter gibt’s keinen Nebel.“

„Wenn man diese Erkenntnis gewonnen hat, sieht man auch den Äquator. Nun sieh ihn dir mal an.“

Paddy blickte angestrengt hindurch, bis er den feinen Strich vor seinem Auge erkannte.

„Jetzt sehe ich ihn“, sagte er entzückt. „Er steht genau senkrecht über der Kimm.“

„Quatsch, er liegt immer waagerecht. Du mußt das Spektiv weiter herumdrehen, bis die Linie unter der Kimm liegt.“

Auch das tat Paddy, bis der Strich waagerecht zu erkennen war.

„Genau! Jetzt ist er ganz deutlich. So was habe ich noch nie gesehen.“

„Kriegst du auch so schnell nicht mehr zu sehen“, versicherte Carberry. „Das ist sozusagen einmalig.“

Als Paddy Rogers abzog, verklarte er das „Einmalige“ sogleich seinem Freund Jack Finnegan, und obwohl der Bedenken anmeldete, ließ sich Paddy nicht mehr davon abbringen, den Äquator gesehen zu haben.

„So verarscht man die Leute“, sagte der Profos trocken. „Diesmal ist es mir gleich bei zwei Kerlen gelungen, nämlich bei dir und Paddy. Laß dir übrigens mal was Neues einfallen, Kutscher.“

„Na, war wohl nichts“, murmelte der Kutscher. „Offenbar hat er heute seinen geistreichen Tag.“

Ziemlich mißmutig sah er dem Profos nach, der sich vergnügt die Pranken rieb. Mac Pellew hingegen blickte sehr grämlich drein. Er sah aus, als hätte er Zahnschmerzen.

„Eine halbe Stunde Luftschnappen für den ehrenwerten Don Gaspar de Rojas“, sagte Hasard etwas später zum Profos. „Bring den Kerl an Deck, Ed, damit er in der Piek nicht austrocknet.“

„Aye, Sir“, sagte Ed, „aber der trocknet bestimmt nicht aus, weil er immer noch die Hosen voll hat.“

Sie hatten einen Gefangenen an Bord, den Kommandanten der aufgelaufenen Kriegskaravelle „Esmeralda“, Capitán Don Gaspar de Rojas, der aus Feigheit ein Duell mit Hasard verweigert hatte. Dieser aufgeplusterte Gockel hatte einen anderen spanischen Capitán praktisch wegen nichts erschießen wollen, und dieser feige Mord wäre ihm auch gelungen, hätten Hasard und seine Männer nicht eingegriffen. Als Hasard de Rojas zum Duell forderte, hatte der Capitán feige gekniffen. Daraufhin hatten sie ihn auf die „Estrella“ verfrachtet.

Hasard beabsichtigte, den Kerl auf einer Insel auszusetzen.

Der Profos holte den Kerl aus der Vorpiek, damit er zweimal täglich eine halbe Stunde lang Bewegung hatte und sich frischen Wind um die Nase wehen lassen konnte.

Das war jetzt schon zur reinen Gewohnheit geworden. Obwohl de Rojas wußte, daß er sich ausgerechnet an Bord jenes Mannes befand, den er jagen wollte, schlotterten ihm regelmäßig die Knie, sobald er an Deck war. Dann lag Entsetzen in seinem Blick, und er fühlte sich klein und häßlich.

Carberrys fromme Sprüche und sein Aussehen taten ein übriges, um ihn restlos zu demoralisieren. Das war auch jetzt wieder der Fall.

Aus dem aufgeplusterten Gockel war ein gerupftes Hühnchen geworden. Sein nichtssagendes Gesicht war bleich, aber auf seinen Wangen erschienen hektische rote Flecken, sobald er den Seewolf sah. Er stand an Deck, starrte die Planken an und zuckte jedesmal heftig zusammen, sobald jemand an ihm vorbeiging.

„Nun hab’ dich mal nicht so, du kastilianischer Entenarsch“, sagte der Profos. „Hier reißt dir keiner die Ohren ab. El Lobo del Mar wartet lediglich darauf, daß du dich endlich dem Duell stellst. Er hat gerade seinen Degen frisch gewetzt. Willst du es dir nicht doch noch einmal überlegen? Du warst doch vorher so versessen darauf.“

„Nein, ich kämpfe nicht. Dann kann ich mich gleich selbst umbringen. Nein, nein, nein!“ keifte er. „Was geschieht mit mir?“

„Vielleicht rammen wir dich irgendwo ungespitzt in den Meeresgrund. Oder wir setzen dich auf einer Insel aus, wo es keine bösen Leute gibt, die dir was antun.“

De Rojas zuckte wieder zusammen, als ihn ein Blick des Seewolfs traf. Der Blick war sehr verächtlich, aber es stand auch eine unverhüllte Drohung darin.

Von dem Feigling hatten sie schon allerlei erfahren, das er aus Angst preisgegeben hatte. Die Spanier wußten, daß der Seewolf in der Neuen Welt aufgetaucht war. Wenn der Vizekönig in Lima erst einmal erfuhr, was in und um Potosi geschehen war, dann würden die Dons wahrscheinlich noch mehr Schiffe in Marsch setzen, um die „englischen Piraten“ zur Strecke zu bringen. Aus genau diesem Grund, um jegliche Begegnung mit den Spaniern zu vermeiden, segelte Hasard weit abgesetzt von der Küste nordwärts.

Bis jetzt hatte sich dieses Konzept bewährt, doch das sollte sich noch an diesem Vormittag ändern.

„Nun beweg’ schon deinen Bleihintern“, sagte Carberry. „Kannst ja ein paarmal das Schiffchen umrunden. Wir sind bestimmt keine Menschenfresser.“

De Rojas schüttelte verängstigt den Kopf. Er wollte nicht, er blieb lieber wie angenagelt stehen und rührte sich nicht. In Richtung Achterdeck wollte er schon gar nicht, denn beim Anblick des Seewolfs rann es ihm immer eiskalt über den Rücken.

Er fühlte sich erbärmlich. Da stand der Todfeind der spanischen Krone, auf dessen Kopf eine hohe Belohnung ausgesetzt war. Und hier stand er, de Rojas, ein Günstling des Vizekönigs von Lima, einstmals arrogant, eitel, dumm und unerfahren. Dumm und unerfahren war er immer noch, alles andere war ihm gründlich vergangen.

Er brauchte nur einen Degen zu ergreifen und das angebotene Duell anzunehmen. Wenn er dann den Todfeind der Krone bezwang, war er ein Held. Die anderen würden ihn nicht einmal in Stücke reißen, sondern als glorreichen Helden ziehen lassen, das hatte dieser Narbenmann immer wieder versichert, damit aber auch gleichzeitig kundgetan, daß wohl eher sämtliche Meere austrocknen würden, als daß de Rojas jemals El Lobo del Mar bezwang.

In der Piek hatte er sich schon ein paarmal ausgemalt, wie er als strahlender Sieger zurückkehren würde, aber dieses Wunschdenken verging ihm immer gründlich, sobald er nur einen der Seewölfe sah.

Dann sank ihm das Herz in die Hose, und er sah sich im Geiste von einer Degenklinge durchbohrt. Gegen diesen schwarzhaarigen breitschultrigen Riesen war er ein lächerlicher Zwerg, ein Nichts, ein Niemand. Er fühlte sich immer unbehaglicher, als spöttische und verächtliche Blicke ihn trafen.

„Kann ich wieder zurück?“ fragte er kläglich, obwohl die halbe Stunde noch längst nicht um war.

„Deine Nerven sind wohl nicht mehr die besten, was, wie?“ höhnte Carberry. „Als du den anderen Capitán erschießen lassen wolltest, warst du noch prächtig in Form.“