Silvia-Gold 193 - Karen Sanders - E-Book

Silvia-Gold 193 E-Book

Karen Sanders

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Beschreibung

Eigentlich hat die neunundzwanzigjährige Nadine schon fast die Hoffnung aufgegeben, den Mann fürs Leben zu finden. Ihre bisherigen Beziehungen sind kläglich gescheitert, und obwohl sie mit ihrer sinnlichen Figur viele begehrliche Männerblicke auf sich zieht, ist nie die wahre Liebe darunter gewesen. Da erscheint es ihr wie ein Wink des Schicksals, als sie ausgerechnet bei einem ausgedehnten Besuch in dem abgeschiedenen Dörfchen ihrer Tante auf Mark trifft, einen äußerst attraktiven und charmanten Mann, der augenscheinlich sofort von ihr fasziniert ist. Vielleicht ist er endlich der Richtige?
Gleichzeitig trifft sie bei ihren Spaziergängen immer wieder auf Carl Steiner, der in dem alten Landhaus am Waldrand lebt. Er muss um die dreißig sein, wirkt mit seinem ungepflegten Vollbart und der abgetragenen Kleidung aber älter. Bei ihren Begegnungen kommt es zu hitzigen Wortgefechten zwischen Nadine und dem ungehobelten Kerl, und doch ist sie fasziniert von seinen funkelnden Augen.
Erst als es fast zu spät ist, erkennt Nadine, dass ihr von einem dieser Männer große Gefahr droht ...


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Inhalt

Cover

Ein Schatz zum Verlieben

Vorschau

Impressum

Ein Schatz zum Verlieben

Nadine sucht das Liebesglück und gerät an einen Betrüger

Von Karen Sanders

Eigentlich hat die neunundzwanzigjährige Nadine schon fast die Hoffnung aufgegeben, den Mann fürs Leben zu finden. Ihre bisherigen Beziehungen sind kläglich gescheitert, und obwohl sie mit ihrer sinnlichen Figur viele begehrliche Männerblicke auf sich zieht, ist nie die wahre Liebe darunter gewesen. Da erscheint es ihr wie ein Wink des Schicksals, als sie ausgerechnet bei einem ausgedehnten Besuch in dem abgeschiedenen Dörfchen ihrer Tante auf Mark trifft, einen attraktiven und charmanten Mann, der augenscheinlich sofort von ihr fasziniert ist. Vielleicht ist er endlich der Richtige?

Gleichzeitig trifft sie bei ihren Spaziergängen immer wieder auf Carl Steiner, der in dem alten Landhaus am Waldrand lebt. Er muss um die dreißig sein, wirkt mit seinem ungepflegten Vollbart und der abgetragenen Kleidung aber älter. Bei ihren Begegnungen kommt es zu hitzigen Wortgefechten zwischen Nadine und dem ungehobelten Kerl, und doch ist sie fasziniert von seinen funkelnden Augen.

Erst als es fast zu spät ist, erkennt Nadine, dass ihr von einem dieser Männer große Gefahr droht ...

»Beweg deinen faulen Hintern hier herüber! Der Kunde wartet seit zehn Minuten auf seinen Termin!«

Nadine verschluckte sich fast an ihrem Kaffee. Es war die erste Pause, die sie sich seit dem Morgen gönnte. Und es war nicht ihre Schuld, dass der Chef kurzfristig einen Pseudo-Promi in den durchgetakteten Terminplan eingeschoben hatte – einen Mann, der zudem noch Extrawünsche hatte und blonde Strähnchen im angesagten Look haben wollte.

Die junge Kollegin neben ihr verbarg kaum ihr gehässiges Grinsen, stöckelte mit übertriebenem Hüftschwung an Pascale vorbei und warf ihm dabei einen schmachtenden Blick zu. Prompt zwinkerte er der adretten Rothaarigen zu.

Wenn Dummheit Flügel tragen würde, dachte Nadine bei sich und verdrehte innerlich die Augen. Anstatt mit ihrem beruflichen Können zu punkten, entwickelte ihre Kollegin Ehrgeiz in eine ganz andere Richtung, mit der sie noch gehörig auf die Nase fallen würde.

Seit Jerome, Nadines ehemaliger Chef, seinen Lebenspartner geheiratet und mit ihm nach Berlin gezogen war, um dort eine Filiale zu eröffnen, war alles anders geworden.

Die anzüglichen Blicke und Bemerkungen des neuen Geschäftsführers hatten dazu geführt, dass sie ihre eng anliegenden Röcke und Oberteile gegen kaschierende, locker sitzende Kleidung getauscht hatte.

An sich schämte sich Nadine nicht ihrer klassischen Sanduhr-Figur. Sie hatte eine schmale Taille mit üppiger Oberweite und runden Hüften. Das machte sie jedoch nicht zum Freiwild. Sie war Top-Stylistin in diesem Luxus-Salon, der zu den angesagtesten der Stadt zählte.

Sie hob eine ihrer sanft geschwungenen Augenbrauen und reckte angriffslustig das Kinn. Ihr Blick, mit dem sie Pascale bedachte, war alles andere als freundlich oder gar bewundernd. Im Gegenteil. Abschätzend streifte sie seine hagere, mittelgroße Gestalt in den bunten Designer-Klamotten.

Ganz der Chef eines Friseur-Salons, trug er seine Haartracht im neuesten Trend. Nadine selbst hatte ihm dazu verholfen. Nun war sein gelb-blondes Haar an den Seiten rasiert, der obere Teil lang und im Nacken zusammengefasst und zu einem Zopf geflochten, der ihm bis knapp zu den Schulterblättern reichte.

Dafür war sie ihm gut genug gewesen – ihm seinen Kopf zu waschen und ihm den gewünschten Haarschnitt zu verpassen. Doch seine Worte, als sie sich dabei über ihn gebeugt hatte, hatten dafür gesorgt, dass ihr fast die Schere ausgerutscht wäre.

»Sag mal, stören dich deine hübschen Brüste nicht beim Haareschneiden?«, hatte er gefragt.

Anstatt ihm den Job vor die Füße zu knallen, wie sie das am liebsten getan hätte, hatte sie sich nur auf die Lippen gebissen und ihn darum gebeten, seine anzüglichen Bemerkungen zu unterlassen.

Das hatte er nicht gut aufgenommen. Wahrscheinlich fühlte er sich in seiner Selbstüberhebung gekränkt. Und sein Verhalten ihr gegenüber hatte sich von sexistischen Sprüchen zu bösartigen Beleidigungen gewandelt.

Sein unverschämtes Grinsen war heute mehr, als sie ertragen konnte. Gemächlich stellte sie die Kaffeetasse ab.

»Weißt du was? Mach doch deine Arbeit allein.« Süß lächeln konnte sie dabei auch. Das fühlte sich gut an. »Außerdem habe ich jetzt Feierabend.« Sie blickte auf ihre Armbanduhr. »Seit fünf Minuten schon. Aber geregelte Arbeitszeiten sind ja ein Fremdwort für dich.«

Pascales Gesichtszüge entgleisten, und es dauerte einige Sekunden, bevor er sie wieder im Griff hatte und sie aus zusammengekniffenen Augen böse anfunkelte.

»Das wagst du nicht!«

»Na, dann pass mal auf!«

Sie schnappte sich ihre Handtasche aus dem Garderobenfach und die Softshell-Jacke vom Haken.

»Wenn du jetzt gehst, obwohl die Kundschaft wartet, brauchst du gar nicht erst wiederzukommen«, zischte er zornig.

»Genau das ist mein Plan«, versicherte sie ihm. »Ich kündige! Meine aufgesparten Urlaubstage und die angesammelten Überstunden kannst du mit der Kündigungsfrist verrechnen.«

Obwohl ihr das Herz aufgeregt in der Brust pochte, schaffte sie es, ihm Gelassenheit vorzuspielen. Die Endgültigkeit, die ihre Kündigung bedeutete, versetzte sie innerlich in Aufruhr. Doch sie kämpfte das Gefühl mit aller Macht nieder. Schon zu lange hatte sie sich seine gemeinen Übergriffe gefallen lassen.

Sie war seine beste Coiffeurin. Das hätte er sich bewusst machen müssen, bevor er ihr so leichtfertig drohte. Die langjährigen Stammkunden, die bei der Terminvereinbarung nur nach ihr fragten, würden nicht sehr erfreut auf ihre Kündigung reagieren. Aber das war schließlich nicht ihr Problem. – Nicht mehr ...

Pascale machte Anstalten, ihr den Weg zu versperren, als sie an ihm vorbeigehen wollte. Doch ihr entschiedenes Auftreten ließ ihn zur Seite weichen. Gewiss wollte er kein Aufsehen erregen.

Ein letztes Mal schritt Nadine durch den gut besuchten Salon. Freundinnen hatte sie schon lange keine mehr unter den Kolleginnen. Die Atmosphäre war vergiftet, seit Pascale den Betrieb übernommen hatte.

Die automatische Schiebetür schloss sich hinter Nadine. Dieses Kapitel ihres Lebens war abgeschlossen.

Sie holte tief Luft und ließ ihre Augen über die belebte Einkaufsstraße schweifen, ohne wirklich auf das vertraute Bild der vorbeischlendernden Passanten, Cafés und Mode-Boutiquen zu achten.

Sie haderte nicht mit ihrem Entschluss, die gut bezahlte Anstellung zu kündigen. Schon immer war es ihr Traum gewesen, einen eigenen Salon zu eröffnen. Dafür hatte sie lange gespart. Allerdings kam ihre neue Lebenssituation doch etwas plötzlich und ungeplant daher.

Langsam bewegte sich Nadine auf die Seitenstraße und die Haltestelle der Straßenbahn zu, die im Zehn-Minuten-Takt abfuhr. In ihrem Kopf schwirrten die Gedanken konfus durcheinander.

Später wusste sie kaum, wie sie in das Wohngebiet und in ihr kleines Appartement in der Hochhaussiedlung gekommen war. Sie kickte die hochhackigen Schuhe von ihren Füßen und ließ ihre Handtasche auf den Boden fallen. Ihr Weg führte zum Kühlschrank.

Sie schnappte sich die halb volle Sektflasche, die dort schon viel zu lange unbeachtet herumstand, und setzte sie direkt an ihre Lippen. Kühl und prickelnd rann ihr das Getränk durch die Kehle. Sie musste husten. Aber der Alkohol entfaltete seine gewünschte beruhigende Wirkung.

Nadine blinzelte, als wolle sie ihren Blick klären.

Und was nun?, dachte sie.

In ihre Gedanken hinein klingelte das Telefon. Die Nummer ihrer Mutter erschien auf dem Display.

»Wie geht es dir, mein Schatz?«, klang es an ihr Ohr, kaum das Nadine das Gespräch angenommen hatte.

»Ich lecke meine Wunden«, bekannte sie betrübt und wunderte sich einmal mehr über den siebten Sinn ihrer Mutter, die auch aus der Entfernung immer zu erahnen schien, wenn sie sich schlecht fühlte.

Nadine ließ sich in den Sessel fallen und erzählte am Apparat, was sich zugetragen hatte und was ihr Herz bedrückte.

»Lass dich nicht unterkriegen«, erklangen die tröstenden Worte ihrer Mutter. »Es war schon lange fällig und nur eine Frage der Zeit, bis du deinem miesen Chef die Arbeit vor die Füße wirfst. Der hat dich lange genug ausgebeutet und dumm angemacht.«

Nadine nickte, was ihre Mutter natürlich nicht sehen konnte.

»Das stimmt schon«, entgegnete sie kleinlaut. »Plötzlich musste ich mich an all die Schikanen erinnern, die er mir zugemutet hat. Und da sind mir die Nerven durchgegangen.«

»Warum kommst du nicht für eine Weile zu uns heraus und entspannst ein wenig? Du bist ja nun vogelfrei und kannst in Ruhe darüber nachdenken, wie es weitergehen soll.«

Nadine dachte an das hübsche Einfamilienhäuschen ihrer Eltern am Stadtrand. Anstatt Zerstreuung im Großstadtgetriebe zu suchen, könnte sie sich von ihren Eltern verwöhnen lassen. Kurz entschlossen sagte sie zu.

♥♥♥

»Deine Tante Helene hat sich den Arm gebrochen«, platzte ihre Mutter heraus und seufzte schwer, kaum dass sich Nadine zu ihren Eltern an den Kaffeetisch gesetzt hatte.

»Ach je!«, rief Nadine. Die Gabel, mit der sie sich ein Stück des berühmten Schokoladenkuchens ihrer Mutter in den Mund schieben wollte, blieb in der Schwebe hängen.

»Sie ist bei der Gartenarbeit umgeknickt, wollte sich mit der Hand abfangen und ist mit ihrem ganzen Gewicht draufgefallen. Krach! Unterarmbruch!«

Nadine legte ihre Kuchengabel wieder auf den Teller zurück. Die anschauliche Beschreibung ihrer Mutter verdarb ihr den Appetit. Ihr Vater hatte damit offensichtlich keine Probleme. Er schaufelte sich unverdrossen den Kuchen hinein und spülte mit Kaffee nach.

»Die Gute kann noch von Glück sagen, dass nichts Schlimmeres passiert ist«, brummte er.

Ihre Mutter nickte. »Ein einfacher Speichenbruch. Aber sehr schmerzhaft. Zum Glück kam wohl gerade ein gewisser Mark vorbei, der sie in die Notambulanz gefahren hat.«

»Was für ein Mark?«, erkundigte sich Nadine stirnrunzelnd.

»Ich kenne ihn auch nicht. Ist wohl ein Neffe ihres verstorbenen Mannes. Ich habe ihn nie zu Gesicht bekommen. Aber ich weiß, dass Helene nie gut auf Arturs Familie zu sprechen war. Bis auf diesen Mark, der neuerdings öfters bei ihr vorbeischaut und ihr bei so manchem behilflich ist. So viel hat mir Helene zumindest während unserer regelmäßigen Telefonate erzählt.«

»Sie lebt schon recht abgeschieden in ihrem kleinen Häuschen«, brummelte Nadines Vater. »Sie hätte in die Stadt ziehen können, nachdem Artur verstorben war.«

»Einen Landmenschen verfrachtet man nicht so einfach in die Stadt. Und meine Schwester hat sich immer sehr wohl da draußen in der Natur gefühlt.«

Nadine wusste, dass ihre Tante um einiges älter war als ihre Mutter. Mehr als zehn Jahre lag das Alter der beiden Schwestern auseinander. Tante Helene musste jetzt auf die Siebzig zugehen.

»Wie schafft sie das allein dort, mit dem gebrochenen Arm?«

»Das ist das Problem!«, resümierte ihre Mutter und goss Kaffee in die leeren Tassen nach. »Um ehrlich zu sein, mache ich mir Sorgen um sie. Die Klinik hat sie nur einen Tag dabehalten. Seit gestern ist sie wieder zu Hause. Ihr Arm wurde zwar nicht geschient, darf jedoch nicht bewegt werden und liegt im Gipsverband, von der Elle bis zum Daumen. Ich habe schon überlegt, ob ich zu ihr fahren soll. Bestimmt würde ich kurzfristig Urlaub bekommen.«

Für ein paar Stunden pro Woche arbeitete sie in einem Büro, während Nadines Vater bereits pensioniert war.

»Mit den Handwerkern, die morgen eintreffen, um die neue Heizung zu installieren, komme ich auch alleine klar.« Nadines Vater zog seine buschigen Augenbrauen zusammen.

»Die kommen morgen schon?«, hakte Nadine nach. »Das ist schlechtes Timing.«

Ihre Mutter senkte bekümmert den Kopf. Offensichtlich war sie nicht begeistert davon, gerade jetzt ihren Mann zu verlassen, um ihre Schwester zu besuchen.

»Ich habe ihr angeboten, bei uns zu wohnen, bis der Arm verheilt ist. Aber das hat sie rigoros abgelehnt. Sie will uns nicht zur Last fallen, sagt sie. Insgeheim vermute ich jedoch, Helene kann sich einfach nicht von ihrem Haus und ihrem geliebten Garten trennen. Zumal sie sich auf Dauer hier am Stadtrand nicht besonders wohlfühlen und ihr Zuhause sehr vermissen würde.«

Nadine schüttelte leicht den Kopf. Sie hatte ihre Tante als herzensguten Mensch in Erinnerung. Aber ein bisschen verschroben war sie schon immer gewesen.

»Was machen wir denn da?«, murmelte sie nachdenklich.

Plötzlich erhellte sich das Gesicht ihrer Mutter. Sie stellte ihre Kaffeetasse klirrend auf dem Unterteller ab und wandte sich in einer offensichtlich plötzlichen Eingebung an die Tochter.

»Warum fährst du nicht hinaus zu Tante Helene? Du hast doch gerade Zeit! Ein bisschen Landluft würde dir guttun.«

»Ich?«, fragte Nadine entsetzt und verschluckte sich fast an ihrem letzten Bissen Schokoladenkuchen.

Ihr Vater stutzte. »Das ist gar keine so schlechte Idee!«

»Keine schlechte Idee?«, wiederholte Nadine ungläubig.

»Schön, dass du das genauso siehst wie wir. Dann können wir uns also auf dich verlassen?«

Nadine guckte mit großen Augen von einem Elternteil zum anderen. Sie schienen von der Idee begeistert zu sein und schauten sie erwartungsvoll an.

»Ich bin keine Krankenschwester!«, rief sie überfordert.

»Papperlapapp«, erwiderte ihr Vater. »Dafür braucht man doch keine Krankenschwester zu sein. »Es geht um Dinge wie Bettenmachen oder Kochen.«

»Ich bin auch keine Köchin!«, protestierte Nadine.

»Was das Kochen anbelangt, bist du nicht völlig hoffnungslos«, widersprach ihre Mutter. »Und unter Helenes Anleitung wird sich deine Kochkunst rasch verbessern.«

»Aber ich war seit Jahren nicht mehr bei Tante Helene auf dem Land«, versuchte Nadine ein letztes Mal das Verhängnis abzuwenden. »Was soll ich denn dort?«, fügte sie verzweifelt hinzu. »Da sagen sich doch Fuchs und Hase Gute Nacht! Keine Einkaufsläden, kein Nachtleben, kein Kino! Wahrscheinlich gibt es nicht einmal WLAN.«

»Ach! Laut Helene hat kürzlich ein hübsches Café im Dorf aufgemacht. Der kleine See lockt doch immer wieder ein paar Wanderer an, die dort Einkehr halten wollen.«

»Soll das ein Witz sein? Bis zum Dorf ist es auch noch eine halbe Stunde Fußmarsch.«

»Jetzt übertreibst du aber«, brummte ihr Vater. »Wenn man zügig ausschreitet, schafft man es in zehn Minuten.«

Nadine bedachte ihn mit einem anklagenden Blick. Anscheinend waren beide Elternteile einstimmig gegen sie. Sie machte einen Schmollmund und verschränkte ein wenig beleidigt die Arme vor der Brust.

»Na komm schon, das kann dir doch nicht so schwerfallen«, bat ihre Mutter. »Tante Helene wird sich sehr freuen, dich endlich wiederzusehen. Wir wissen ja, dass du eine überzeugte Stadtpflanze bist, aber ein bisschen Landluft wird dich nicht umbringen. Du kannst dich dort von den Schikanen deines Ex-Chefs erholen und über deine Zukunft nachdenken. Da draußen in der Ruhe, fern von der Hektik der Stadt, bekommst du wieder einen klaren Kopf. Und gleichzeitig tust du ein gutes Werk, indem du deiner alten Tante Gesellschaft leistest und ihr ein wenig zur Hand gehst.«

Was sollte sie darauf noch erwidern? Nadine seufzte ergeben. Bei so viel Überredungskunst blieb ihr nur die Kapitulation übrig.

»Du kannst mein kleines Auto haben«, fuhr ihre Mutter fort und ergriff Nadines Hand, um sie zu tätscheln. »Seit dein Papa in Pension ist, brauchen wir keine zwei Autos mehr.«

»Bist du sicher?«, hakte Nadine schon halb überzeugt nach. In der Stadt benötigte sie kein eigenes Fahrzeug. Dort kam sie mit Bus und Bahn viel schneller voran.

Ihre Mutter nickte bekräftigend.

»Dann ist das also abgemacht! Da fällt mir wirklich ein Stein vom Herzen! Oh, meine Schwester wird so begeistert sein! Ich werde sie gleich anrufen und ihr die Nachricht übermitteln.«

Sie klatschte aufgeregt in die Hände.

»Wann fährst du los?«

♥♥♥

Mit allerhand Gepäck, Lebensmittel-Vorräten, die ihr das Einkaufen im nächst größeren Ort erst mal ersparen würden, sowie zahlreichen Mitbringseln ihrer Mutter traf Nadine einen Tag später bei Tante Helene ein.

Als sie das letzte Stück Schotterweg entlangfuhr und am Straßenrand vor dem Grundstück parkte, trat ihre Tante bereits aus ihrem kleinen Haus heraus und eilte ihr entgegen.

Wie von Nadines Mutter prophezeit, freute sich die Frau überschwänglich, sie zu sehen. Mit ihrem gesunden Arm zog sie Nadine an sich und drückte sie an ihre Brust.

Vorsichtig löste sich Nadine von der Tante. Tatsächlich befand sich ihr Arm zur Stabilisierung im Gipsverband und ruhte in einer Schlinge, die sie um den Nacken trug.

»Lass dich erst mal ansehen, mein Kind«, bat Tante Helene und trat einen Schritt zurück. »Was für ein hübsches Mädchen du geworden bist.«

Nadine musste kichern.

»Ich bin fast dreißig, Tante Helene!«, erwiderte sie. »Ich bin kein kleines Mädchen mehr.«

»Und du bist viel zu lange nicht mehr hier gewesen!«, folgerte die Tante. »Das blonde Haar hast du von deinem Vater geerbt, aber das gute Aussehen von deiner Mutter. Das liegt bei uns in der Familie.« Sie schmunzelte. »Aber nun komm herein. Hast du Hunger? Bist du durstig? Wie war die Fahrt?« Sie hakte ihre Nichte unter.