High Society 15 - Sammelband - Karen Sanders - E-Book

High Society 15 - Sammelband E-Book

Karen Sanders

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Beschreibung

High Society - Liebe in Adelskreisen Sammelband

Leseglück für viele Stunden zum Sparpreis!

Es wird geliebt, gehasst, gewonnen und verloren. Werfen Sie einen Blick in die aufregende Welt der Reichen und Schönen und erleben Sie spannende Verwicklungen! Denn eins wird es in den feinen Kreisen garantiert nie: langweilig!

Was Frauen lieben und wovon sie heimlich träumen, davon erzählen die Romane in High Society - Liebe in Adelskreisen auf mitreißende Weise. Die perfekte Mischung aus Humor, Romantik, Drama und großen Gefühlen lässt den Alltag schon auf Seite 1 in weite Ferne rücken.

Dieser Sammelband enthält die folgenden Romane:

Silvia-Gold 16: Spuren, die bleiben
In Adelskreisen 42: Die schöne Gräfin vom weißen Schloss
Fürsten-Roman 2442: Lass mich dein Beschützer sein

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 250 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 367

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2014/2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv von © Forewer/Shutterstock ISBN 978-3-7325-9866-3

Martina Linden, Ina Ritter, Juliane Sartena

High Society 15 - Sammelband

Inhalt

Martina LindenSilvia-Gold - Folge 016Ganz langsam beugt sich Felix Marquard über den Tisch und streichelt der bezaubernden Celine über die Wange. Es ist das erste Mal, dass sie nicht zurückzuckt, sondern seine Berührung zulässt. Geduldig und liebevoll wirbt Felix schon so lange um sie, aber noch ist es zu früh für sie, ihm mehr zu geben! Noch immer fühlt Celine sich an ihren toten Mann gebunden ... "Wir haben alle Zeit der Welt, mein Herz", hört sie nun Felix sagen, und seine Worte wecken eine leise Hoffnung auf ein neues Glück in ihr. Doch am selben Abend muss Celine zu Hause eine böse Überraschung erleben: Die Vergangenheit holt sie auf schaurige Weise ein - und macht eine Zukunft mit Felix unmöglich ...Jetzt lesen
Ina RitterIn Adelskreisen - Folge 42Niemand glaubt, dass es eine Liebesheirat ist zwischen der blutjungen, bildschönen Karen und dem reichen, aber dreißig Jahre älteren Grafen Steinberg. Und doch ist es so! Karen liebt den Grafen aus reinem Herzen, und er vergöttert seine bezaubernde Frau, die ihn wieder jung werden lässt. Endlich hört man in dem weißen Schloss wieder fröhliches Lachen, sieht man wieder glückliche Gesichter. Sogar ein Sommerfest soll nach vielen Jahren wieder stattfinden. Es wird tatsächlich ein Fest, von dem die Gesellschaft lange Zeit reden wird - denn so einen Skandal hat es noch nie gegeben ...Jetzt lesen
Juliane SartenaFürsten-Roman - Folge 2442Nachdem Prinzessin Mara auf einem teuren Privatinternat erfolgreich ihr Abitur bestanden hat, kehrt sie zu ihrer Familie zurück und wünscht sich eigentlich nur eins: ein normales Leben zu führen. Sie hat es satt, immer nur die verwöhnte Prinzessin zu sein. Und so beschließt Mara, sehr zum Missfallen ihrer Eltern, ein Studium an einer staatlichen Universität zu beginnen und in ein gewöhnliches Studentenwohnheim zu ziehen - weit weg vom elterlichen Schloss und all dem Luxus. Als sie ihr Zimmer im Wohnheim bezieht, glaubt die Prinzessin, endlich frei zu sein, doch schon bald stellt sie fest, dass sich ein geheimnisvoller Fremder stets in ihrer Nähe aufhält...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Spuren, die bleiben

Vorschau

Spuren, die bleiben

Eindringlicher Roman um das Schicksal einer jungen Witwe

Von Martina Linden

Ganz langsam beugt sich Felix Marquard über den Tisch und streichelt der bezaubernden Celine über die Wange. Es ist das erste Mal, dass sie nicht zurückzuckt, sondern seine Berührung zulässt.

Geduldig und liebevoll wirbt Felix schon so lange um sie, aber noch ist es zu früh für sie, ihm mehr zu geben! Noch immer fühlt Celine sich an ihren toten Mann gebunden …

»Wir haben alle Zeit der Welt, mein Herz«, hört sie nun Felix sagen, und seine Worte wecken eine leise Hoffnung auf ein neues Glück in ihr.

Doch am selben Abend muss Celine zu Hause eine böse Überraschung erleben: Die Vergangenheit holt sie auf schaurige Weise ein – und macht eine Zukunft mit Felix unmöglich …

»Wenn du wüsstest, wie sehr ich dich vermisse, Richard!« Celine Bergner berührte sehnsüchtig die roten Schleifen, die den herzförmigen Kranz aus Moos und Blumen schmückten, den sie auf das Grab ihres Mannes gelegt hatte. Seit seinem Tod vor über einem Jahr hatte es nicht einen Tag gegeben, an dem sie nicht an ihn gedacht hätte.

Sie konnte noch immer nicht fassen, dass Richard nicht mehr lebte. So irrsinnig es ihr auch erschien, sie hoffte auf ein Wunder, das seinen Tod ungeschehen machte. Manchmal, wenn sie frühmorgens in ihrem Bett lag, stellte sie sich vor, wie es sein würde, wenn ihre tastende Hand nicht ins Leere griffe.

Es war alles so schnell gegangen. Richard war ziemlich erschöpft von einer Geschäftsreise zurückgekehrt. Er hatte über Kopf- und Gliederschmerzen geklagt, sich jedoch geweigert, einen Arzt aufzusuchen. Er hatte sich selbst mit allerlei Schmerz- und Erkältungsmitteln behandelt und war nicht einmal bereit gewesen, wenigstens für ein paar Tage im Bett zu bleiben.

»Du hättest ihn zwingen müssen, zum Arzt zu gehen, Celine«, hatte ihr seine Schwester Jutta vorgeworfen. »Wenigstens einer von euch hätte vernünftig sein müssen.«

Jutta hatte gut reden! Man hatte Richard noch nie zu etwas zwingen können, was er nicht wollte. So gut hätte sie eigentlich ihren Bruder kennen müssen.

Trotzdem machte Celine sich Vorwürfe. Als Richard nach einem Zusammenbruch endlich zugestimmt hatte, dass sie den Arzt anrief, war es zu spät gewesen. Die harmlose Erkältung, von der er immer gesprochen hatte, hatte sich als schwere Influenza erwiesen. Nicht einmal die Einweisung ins Krankenhaus hatte sein Leben retten können.

»Ich wünschte, du hättest auf mich gehört, Liebling«, flüsterte die junge Frau den Tränen nah.

Ein Rascheln in ihrer Nähe ließ sie zusammenzucken. Erschrocken drehte sie sich um und sah gerade noch, wie ein Eichhörnchen den Stamm des Ahornbaumes, der seitlich von ihr stand, hinaufrannte.

Unwillkürlich umspielte ein Lächeln Celines Lippen. Sie musste an den letzten Urlaub denken, den sie zusammen verbracht hatten. Jeden Morgen, wenn Richard und sie auf der Terrasse ihres Ferienhäuschens beim Frühstück gesessen hatten, hatte sich ein vorwitziges Eichhörnchen in ihre Nähe getraut und darauf gewartet, dass sie es fütterten.

In jenem Urlaub hatten sie auch davon gesprochen, nicht mehr allzu lange mit Kindern zu warten.

Celine seufzte auf. Sie bedauerte zutiefst, dass sie nicht einmal ein Kind von Richard hatte. Das wunderbare Heim, das sie gemeinsam geschaffen hatten, war nach seinem Tod leer. So leer, dass sie manchmal glaubte, die Stille um sich herum nicht mehr ertragen zu können.

Sie griff nach der Gießkanne, die sie neben sich gestellt hatte, warf einen letzten Blick auf Richards Grabstein und wandte sich dem Ausgang des Friedhofs zu. Niedergeschlagen schloss sie das schmiedeeiserne Tor hinter sich. Ihr Wagen stand nur ein paar Meter entfernt.

»Einstein! Einstein, sofort kommst du her!«

Celine schaute auf. Auf der gegenüberliegenden Seite des Parkplatzes rannte ein etwa fünf Jahre altes Mädchen mit einer blauen Leine in der Hand einem schwarz-weißen Border Collie hinterher, der überhaupt nicht daran dachte, dem Befehl der Kleinen zu folgen.

»Einstein, es reicht!«

Erst jetzt bemerkte Celine den blauen Kombi, der mit offener Heckklappe unter einer Birke stand. Sein Besitzer, ein brünetter, schlanker Mann in Cordhosen und einem hellen T-Shirt, nickte grüßend zu ihr hinüber.

Einstein stoppte. Langsam wandte er sich dem Mann zu, doch bereits im nächsten Moment begann er erneut zu rennen, dieses Mal direkt auf Celine zu. Bevor sie es noch verhindern konnte, sprang er sie bereits an.

Celine mochte Hunde.

»Na, was willst du denn von mir?«, fragte sie und kraulte ihm den Kopf.

»Sie sollten ihn nicht noch loben«, sagte der Mann und entschuldigte sich bei ihr. Er befestigte die Leine, die ihm das Kind reichte, an Einsteins Halsband. »So etwas macht er sonst eigentlich nicht. Ich meine, jemanden anspringen.«

Einstein zeigte nicht die geringste Reue. Unternehmungslustig wedelte er mit dem Schwanz.

»Tut mir leid.« Die Kleine machte ein betretenes Gesicht. »Ich hätte Einstein nicht von der Leine lassen dürfen.«

»Es ist ja nichts passiert«, erwiderte Celine.

»Doch. Er hat Ihre Jacke schmutzig gemacht.« Der Mann wies auf die beiden Pfotenabdrücke, die sein Hund auf Celines heller Jacke hinterlassen hatte. »Selbstverständlich komme ich für die Reinigung auf.«

»Ach was, das ist nicht nötig«, versicherte Celine. »Ich kann die Jacke in der Waschmaschine waschen. Das geht völlig problemlos.«

»Darf ich Sie wenigstens zu einer Tasse Kaffee einladen?«

»Nein, danke.« Celine schüttelte den Kopf. »Ich muss nach Hause.« Sie beugte sich über Einstein und strich dem Hund über den Kopf. »Für mich wird es Zeit«, sagte sie. »Auf Wiedersehen.«

»Auf Wiedersehen«, antwortete der Mann. »Danke, dass Sie nicht gleich nach der Polizei gerufen haben.« Er grinste. »Es gibt nicht viele Leute, die für Einsteins Eskapaden Verständnis aufbringen.«

Celine hob die Hand zum Gruß und stieg in ihren Wagen. Während sie vom Parkplatz fuhr und in die Straße einbog, sah sie im Rückspiegel, wie Einstein auf die Ladefläche des Kombis sprang und sein Besitzer die Heckklappe schloss.

Was für ein netter Mann, dachte sie. Und die Kleine war einfach reizend. Sie hatte sich immer ein Töchterchen gewünscht. Sie … Erneut spürte sie einen tiefen Schmerz in ihrem Herzen. Nicht einmal ein Kind war ihr von Richard geblieben!

Ihr Haus lag etwas außerhalb von Burghausen. Auf der Fahrt dorthin kam Celine am Katharinenschlösschen vorbei, das vor einigen Jahren von der Stadt verkauft worden war. Es lag hinter einer hohen, zum Teil mit efeubewachsenen Mauer. Sie hatte in der Zeitung gelesen, dass im Schlosshof demnächst ein Konzert stattfinden sollte.

Seit Richards Tod hörte sie kaum noch Musik. Sie müsste endlich wieder unter Menschen gehen, das Haus nicht nur zu kurzen Einkäufen und den Besuchen auf dem Friedhof verlassen. Ihre Schwiegermutter versuchte ständig, sie aus ihrer selbst gewählten Isolation zu locken. Celine überlegte, ob sie das Konzert besuchen sollte.

Nein, ich brauche noch Zeit, dachte sie. Allein schon der Gedanke an die vielen Menschen, die an diesem Nachmittag den Schlosshof bevölkern würden, machte ihr Angst. Am liebsten war sie allein, allein mit sich und ihrer tiefen Trauer um Richard.

***

Am nächsten Morgen machte sich Celine gleich nach dem Frühstück daran, im Garten Unkraut zu zupfen. Während sie auf dem Boden kniete, wanderten ihre Gedanken automatisch zu ihrem verstorbenen Mann. Wie sie hatte Richard die Gartenarbeit geliebt. Oft hatten sie den Samstag damit verbracht, Blumen zu pflanzen, Rosen zu beschneiden oder den Rasen zu mähen. Verstohlen strich sie sich über das Gesicht.

Vor dem Haus hielt ein Wagen. Gleich darauf hörte Celine die Klingel. Sie richtete sich auf, strich sich die Hände an der Gartenschürze ab und ging um das Haus herum. Vor der Gartentür stand der Bote eines Blumengeschäftes.

»Guten Morgen«, grüßte sie etwas irritiert.

»Guten Morgen«, antwortete der junge Mann. »Frau Bergner?« Als Celine bejahte, reichte er ihr den Blumenstrauß, den er in den Händen hielt. »Es liegt ein Umschlag bei.«

»Das muss ein Irrtum sein«, meinte Celine verwirrt. Wer sollte ihr Blumen schicken? Sie öffnete das Papier, das die Blumen verhüllte, und zog den blauen Umschlag heraus, der zwischen ihnen steckte. Nein, es war kein Irrtum! Auf dem Umschlag stand mit schwarzer Tinte ihr Name. »Bitte warten Sie einen Augenblick.« Sie eilte ins Haus, um ein Trinkgeld zu holen.

Kaum war der Blumenbote abgefahren, öffnete sie den Umschlag und zog ein Foto des Hundes heraus, der sie am Vortag angesprungen hatte.

»Einstein«, flüsterte sie fassungslos. Sie drehte das Foto herum. »Ein kleiner Gruß von Einstein, Janina und mir«, stand auf der Rückseite. »Felix Marquard.«

Woher weiß er meinen Namen und meine Adresse?, überlegte Celine.

Ihre Finger zitterten etwas, als sie die Blumen aus ihrer weißen Hülle wickelte. Es war ein bunter Frühlingsstrauß. Tief sog die junge Frau den Duft der Narzissen und Glockenblumen ein. Wie aufmerksam von Herrn Marquard! Sie hatte nicht damit gerechnet, jemals wieder von ihm zu hören.

Nachdem sie die Blumen ins Wasser gestellt hatte, suchte sie im Telefonbuch nach der Nummer der Marquards, um sich zu bedanken. Erst nachdem sie die Nummer bereits gewählt hatte, fiel ihr ein, dass Felix Marquard um diese Zeit vermutlich auf seiner Arbeit war, aber sie konnte ja auch seine Frau bitten, ihm ihren Dank auszurichten.

»Marquard«, meldete sich eine tiefe Männerstimme.

»Oh! Schön, dass Sie zu Hause sind«, sagte Celine, nachdem sie ihren Namen genannt hatte. »Ich möchte mich für die Blumen bedanken. Sie sind wunderschön, und ich habe mich sehr gefreut. Nötig wäre es nicht gewesen.«

»Darüber wollen wir uns nicht streiten«, erwiderte Felix Marquard.

»Woher kennen Sie eigentlich meinen Namen und meine Adresse?«

Felix lachte und gestand dann: »Ich kannte Ihr Autokennzeichen, und wenn man Freunde an den richtigen Stellen hat …«

Celine stimmte in sein Lachen ein. »Auf diese Idee muss man erst einmal kommen«, meinte sie. Es gefiel ihr, dass er sich die Mühe gemacht hatte, ihren Namen und ihre Adresse herauszufinden. »Wie geht es Einstein?«

»Gut! Momentan strolcht er im Garten herum. Wie ich ihn kenne, überlegt er, was er alles so anstellen kann.«

»Und Ihre Kleine?«

»Janina habe ich vorhin in den Kindergarten gebracht.« Felix räusperte sich. »Auch auf die Gefahr hin, dass ich mir erneut einen Korb hole, möchte ich Sie zum Kaffee eingeladen. Hätten Sie, sagen wir, so gegen fünfzehn Uhr ein wenig Zeit? Sie kennen bestimmt das ›Café Weller‹ in der Beethovenstraße? Dort gibt es auch einen Kinderspielplatz. Janina und ich sind schon öfters in diesem Café gewesen.«

»Ich komme gerne«, hörte sich Celine zu ihrer eigenen Überraschung sagen. Bereits im nächsten Moment wollte sie ihre Zustimmung zurückziehen, doch da war es schon zu spät.

»Ich freue mich«, erklärte Felix. »Wir werden auch Einstein mitbringen. Ich verspreche hoch und heilig, dass er Sie diesmal nicht anspringen wird.«

»Warten wir es ab«, meinte die junge Frau. Erst nachdem sie aufgelegt hatte, fiel ihr ein, dass sie nicht einmal wusste, ob Felix Marquard verheiratet war. Allerdings war das auch nicht so wichtig. Schließlich trafen sie sich in einem öffentlichen Café.

Während des ganzen Vormittags überlegte Celine, ob es nicht besser sein würde, Felix Marquard anzurufen, um ihm zu sagen, dass sie seine Einladung zum Kaffee ausschlagen musste, weil ihr etwas dazwischengekommen war. Andererseits wäre das eine Lüge gewesen, und sie hasste es, grundlos zu lügen. Wiederum wäre es nicht einmal grundlos gewesen, denn ihr wurde ganz flau bei dem Gedanken, ein Café aufzusuchen. Seit Richards Tod hatte sie das nicht mehr getan.

Es kostete Celine Mut, sich für das Treffen mit Felix und Janina ein wenig zurechtzumachen. Als sie das Haus schließlich in einem dunkelblauen Kleid und einer dazu passenden Jacke verließ, kam es ihr fast wie ein Treuebruch an Richard vor. Sie wusste selbst, dass das Unsinn war und dass ihr verstorbener Mann der Letzte gewesen wäre, der ihr ein wenig Freude missgönnte, doch sie konnte nicht über ihren Schatten springen.

Fünfzehn Minuten später parkte sie vor dem Café. Felix Marquard wartete bereits auf sie. Er ging ihr entgegen.

»Schön, dass Sie gekommen sind, Frau Bergner.« Er bot ihr die Hand. »Halb und halb befürchtete ich, Sie könnten im letzten Moment absagen.«

»Um ehrlich zu sein, ich habe mit diesem Gedanken gespielt«, gab sie zu.

»Es wäre sehr schade gewesen.« Wie selbstverständlich nahm er ihren Arm und führte sie ins Café. »Janina und Einstein sind im Garten«, sagte er. »Ein sehr idyllischer Platz. Außerdem gibt es hier den besten Kuchen von Burghausen.«

»Ich war früher oft mit meinem Mann hier«, bemerkte Celine und fügte hinzu: »Er ist vor etwas über einem Jahr gestorben.«

»Das tut mir leid.« Felix drückte flüchtig ihren Arm.

»Danke.«

Im Garten rutschte Janina von ihrem Stuhl. Sie schenkte Celine ein strahlendes Lächeln.

»Guten Tag«, sagte sie wohlerzogen und deutete sogar einen Knicks an, als sie der jungen Frau die Hand reichte. »Dieses Mal ist Einstein richtig brav.« Sie wies auf den Border Collie, der so mit einem Kauknochen beschäftigt war, dass er für Celine nur ein schwaches Wedeln seines Schwanzes hatte.

»Magst du Schokolade?« Die junge Frau wandte sich an Felix: »Sie haben sicher nichts dagegen, wenn ich Ihrer Tochter eine Tafel Schokolade schenke?«

Janinas Augen wurden groß. »Das ist nicht mein Papa, das ist Onkel Felix«, stellte sie richtig.

»Ja, ich bin der Onkel dieser kleinen Dame«, bestätigte Felix Marquard und sah seine Nichte streng an. »Und gleichzeitig der Erziehungsberechtigte. Nein, ich habe nichts dagegen, wenn Sie Janina Schokolade schenken.« Er rückte für seinen Gast einen Stuhl. »Bitte, setzen Sie sich.«

Eine Kellnerin kam in den Garten und nahm die Bestellung auf. Während sie auf Kaffee und Kuchen warteten, rannte Janina zum Spielplatz hinüber, sodass sich die Erwachsenen in Ruhe unterhalten konnten.

Felix erzählte seiner Begleiterin, dass Janinas Eltern vor achtzehn Monaten bei einem Unfall ums Leben gekommen waren.

»Es war für mich ein großer Schock, nicht nur, weil ich meinen Bruder sehr geliebt habe und meine Schwägerin von Herzen mochte, sondern auch, weil ich plötzlich mit dem Kind alleine dastand. Ich bin nicht verheiratet, und es war gar nicht so einfach, das Sorgerecht für Janina zu bekommen. Hinzukam, dass mein Bruder und ich kurz vor seinem Tod das Katharinenschlösschen gekauft hatten und …«

»Sie sind der Besitzer? Auf dem Weg zu meinem Haus fährt man daran vorbei«, fiel ihm Celine überrascht ins Wort.

»Ich weiß.« Er nickte. »Joachim und ich hatten geplant, das Schlösschen nach und nach zu restaurieren und es vor allen Dingen zu einem Domizil für unsere Familien zu machen. Ich bin zwar noch nicht verheiratet, habe aber nicht vor, für alle Zeit ledig zu bleiben. Einen Teil des Schlosses wollten wir für Konzerte, Ausstellungen und andere Veranstaltungen nutzen. Wir planten auch, Räume für Hochzeiten zu vermieten.«

»Es ist bestimmt nicht einfach, ein so altes Bauwerk wohnlich zu machen und mit Leben zu erfüllen«, meinte Celine. »Da haben Sie sich eine gewaltige Aufgabe gestellt.«

»Es gehören eine ganze Menge Mut und Elan dazu«, bestätigte Felix. »Nach Joachims Tod überlegte ich allen Ernstes, ob ich diese Aufgabe überhaupt allein bewältigen kann.«

»Das kann ich sehr gut verstehen.«

Die Kellnerin kam mit Kaffee und Kuchen. Für Janina brachte sie Limonade mit.

»Einfach ist es nicht, zumal ich den Rat meines Bruders und seinen Beistand schmerzlich vermisse.« Felix blickte zum Spielplatz hinüber. »Janina!«

Die Fünfjährige sprang von der Schaukel und setzte sich zu ihnen an den Tisch. Celine stellte erneut fest, was für gute Manieren die Kleine hatte. Lange hielt es sie jedoch nicht am Tisch. Kaum hatte sie ihren Kuchen gegessen, fragte sie, ob sie aufstehen durfte.

»Ja, lauf nur«, erlaubte ihr Felix. »Sie ist ein richtiger Wirbelwind«, meinte er, als sie außer Hörweite war.

»Sie haben Ihre Nichte sehr gut erzogen.«

»Das ist nicht mein Verdienst«, gab der junge Mann zu. »Meine Schwägerin hat sehr viel Wert auf tadellose Manieren gelegt. Und dann habe ich da noch die gute Frau Barth. Sie arbeitet als meine Haushälterin. Verena, meine verstorbene Schwägerin, hat sie sozusagen mit in die Ehe gebracht. Elke Barth war ihre Gouvernante. Verenas Vater ist Diplomat und ist alle paar Jahre mit seiner Familie in ein anderes Land versetzt worden. Momentan halten sich ihre Eltern in Amerika auf.«

Einstein fand es an der Zeit, auf sich aufmerksam zu machen. Er sprang auf und streckte sich. Als ihn niemand beachtete, stieß er sanft mit der Schnauze gegen Celines Bein. Heimlich steckte sie ihm ein Stückchen Kuchen zu. Zufrieden legte er sich mit seiner Beute unter den Tisch.

»Ich habe es gesehen.« Felix Marquard drohte der jungen Frau mit dem Finger. Er nahm einen Schluck Kaffee. »Wir haben jetzt genug von mir gesprochen«, meinte er. »Mögen Sie Musik?«

Celine schenkte sich eine zweite Tasse Kaffee ein. Gedankenverloren griff sie nach dem Zucker.

»Richard und ich haben oft Konzerte besucht. Seit seinem Tod allerdings …« Sie atmete tief durch. »Ich habe die Freude an der Musik verloren. Es tut mir weh, die Stücke zu hören, die er besonders liebte. Vielleicht wird das irgendwann wieder anders sein. Im Moment jedoch …« Sie wandte ihm das Gesicht zu. »Können Sie das verstehen?«

Er umfasste kurz ihre Hand.

»Ja, ich kann es verstehen«, sagte er. »Trotzdem darf man sich nicht aufgeben. Sosehr sie sich auch nach Ihrem verstorbenen Mann sehnen, das Leben geht weiter und bleibt nicht stehen. Ich musste das auch erst lernen, und es ist mir sehr, sehr schwergefallen.«

Celine fühlte, wie Tränen in ihr aufstiegen. Erneut atmete sie tief durch.

»Ich weiß nicht, ob ich das jemals schaffen werde«, gestand sie. »Richard ist für mich noch allgegenwärtig. Manchmal denke ich, er müsste jeden Augenblick zur Tür hereinkommen.«

Er lächelte ihr ermunternd zu. »Sie werden es schaffen«, versprach er, »da bin ich mir ganz sicher.«

Ich mir nicht, dachte die junge Frau, und dennoch fühlte sie sich seltsam getröstet. Zum ersten Mal seit dem Tod ihres Mannes hatte sich das Grau, das sie wie ein unsichtbarer Schleier umgab, ein wenig gelichtet.

***

Als Celine nach Hause kam, bemerkte sie sofort den Wagen ihrer Schwiegermutter, der in Auffahrt stand und ihre Garageneinfahrt versperrte. Es überraschte sie, denn normalerweise kündigte Angelika Bergner ihre Besuche vorher an.

Celine hielt am Straßenrand, stieg aus und ließ den Wagenschlag hinter sich zufallen. Im selben Moment bogen Angelika Bergner und ihre Tochter Jutta um das Haus. Sosehr Celine ihre Schwiegermutter mochte, mit ihrer Schwägerin hatte sie seit Richards Tod ein angespanntes Verhältnis. Trotzdem zwang sie sich zu einem Lächeln, als sie die beiden Frauen begrüßte.

»Wo bist du gewesen, Celine?«, erkundigte sich Jutta Bergner auch sofort. »Jedenfalls nicht auf dem Friedhof, denn dann hätten wir dich gesehen, als wir Richards Grab besuchten.«

»Sei nicht so neugierig, Jutta«, mahnte ihre Mutter. Sie wandte sich an Celine: »Da wir ohnehin in der Gegend waren, wollten wir dich auch besuchen.«

»Das ist lieb von euch.« Celine küsste ihre Schwiegermutter auf beide Wangen. »Ich habe in der Stadt Kaffee getrunken«, erzählte sie, während sie die Haustür aufschloss.

»Allein?«, kam es von Jutta.

»Nein«, erwiderte Celine, obwohl sie sich insgeheim einmal mehr über ihre Schwägerin ärgerte. »Ich habe mich dort mit Herrn Marquard und seiner Nichte getroffen. Felix Marquard gehört das Katharinenschlösschen.«

»Seit wann kennst du diesen Mann?« Jutta runzelte die Stirn.

»Ich glaube, das geht dich nichts an, mein Kind«, bemerkte Angelika Bergner ungehalten. »Schön, dass du endlich wieder ausgehst, Celine!« Sie schenkte ihrer Schwiegertochter einen liebevollen Blick.

»Darf ich euch eine Tasse Kaffee anbieten? Kuchen habe ich leider nicht im Haus. Ich kann nur mit einem Päckchen Butterkeksen dienen.«

»Gern.« Ihre Schwiegermutter öffnete die Küchentür. »Wenn du möchtest, kümmere ich mich um den Kaffee.«

Celine nickte. »Ich bin gleich zurück.« Sie wandte sich der Treppe zu.

Während sich die junge Frau im Bad etwas frisch machte, dachte sie über die vergangenen beiden Stunden nach. Sie hatte das Zusammensein mit Felix Marquard und der kleinen Janina genossen. Nach dem Kaffeetrinken hatten sie noch einen Spaziergang mit Einstein gemacht. Dazu waren sie ein Stück aus der Stadt herausgefahren.

»Wir müssen mit Einstein um die Wette laufen«, hatte Janina ihren Onkel und sie aufgefordert. Celine konnte immer noch nicht verstehen, weshalb sie dieser Aufforderung gefolgt war. Es hatte ihr Spaß gemacht. Zum ersten Mal seit Richards Tod hatte sie von Herzen lachen können.

Celine war sich nicht sicher, ob sie das Recht dazu hatte. Sie fühlte sich auch schuldig, obwohl sie sich gleichzeitig sagte, dass Richard in ihr Lachen eingestimmt hätte. Janina und Einstein hätten ihm gefallen, und bestimmt hätte er auch Felix Marquard sympathisch gefunden.

Was mache ich da nur?, fragte sie sich und schaute in den Spiegel. Bin das wirklich noch ich? Sie vergrub das Gesicht in den Händen. Konnte diese kurze Begegnung auf dem Parkplatz des Friedhofs ihrem Leben tatsächlich eine Wende gegeben haben?

Angelika Bergner hatte inzwischen den Kaffee aufgebrüht und die Butterkekse in eine Schale gelegt. Jutta hatte im Wohnzimmer gedeckt. Dabei waren ihr nicht die Blumen verborgen geblieben, die Felix Marquard ihrer Schwägerin geschickt hatte. An der Vase lehnte der Umschlag mit Einsteins Foto und dem Gruß.

»So, er schickt dir sogar schon Blumen«, bemerkte sie anzüglich, als Celine ins Wohnzimmer trat. Ungeachtet des zornigen Blickes, den ihre Mutter ihr zuwarf, fuhr sie fort: »Du kennst ihn also besser, als du uns weismachen willst.«

»Selbst wenn es so wäre, würde das nur mich etwas angehen, Jutta«, erwiderte die junge Frau scharf.

Wie konnten Geschwister nur so unterschiedlich sein? Während Richard ein charmanter, sehr weltoffener, an allem interessierter Mann gewesen war, gehörte Jutta zu den Menschen, die ständig meinten, dass das Leben ihnen etwas schuldig blieb. Dazu kam ihre übergroße Liebe zu ihrem Bruder. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte Richard niemals geheiratet. Von Anfang an war Jutta auf sie eifersüchtig gewesen.

Angelika Bergner nickte. »Genau, das ist auch meine Meinung«, sagte sie. »Davon abgesehen, würde mich natürlich auch interessieren, wie du Herrn Marquard kennengelernt hast.« Sie schenkte Kaffee ein.

Warum sollte sie ein Geheimnis daraus machen? Dafür gab es keinen Grund.

»Einstein hat uns miteinander bekannt gemacht«, antwortete sie und erzählte, wie der Border Collie sie am Vortag angesprungen hatte.

»Und deshalb hat dir dieser Marquard gleich Blumen geschickt und dich zum Kaffee eingeladen?« Jutta schüttelte den Kopf. »Du hättest diese Einladung nicht annehmen dürfen. Wahrscheinlich sucht er nur einen Babysitter für seine Nichte.«

»Mach dich nicht lächerlich!« Angelika Bergner nahm sich vor, nach ihrem Besuch bei Celine ein ernstes Wörtchen mit ihrer Tochter zu reden. »Ich halte die Blumen und die Einladung für eine sehr nette Geste von Herrn Marquard«, fügte sie hinzu. »Ich hatte mir Sorgen um dich gemacht, Celine, weil wir schon ein paar Tage nichts mehr voneinander gehört haben und ich dich auch telefonisch nicht erreichen konnte.«

Die junge Frau senkte schuldbewusst den Kopf.

»Mir war nicht nach telefonieren. Ich hatte den Telefonstecker gezogen.«

»Ich will dir gewiss keine Vorschriften machen, Celine, aber es ist nicht gut, sich völlig von der Welt abzuschotten«, mahnte ihre Schwiegermutter. »Nun gut, den ersten Schritt ins Leben hast du ja heute gemacht.«

Jutta presste die Lippen zusammen. Ihr an und für sich hübsches Gesicht wirkte, als hätte sie in eine Zitrone gebissen. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sich ihre Schwägerin bis an das Ende ihres Lebens in ein Kloster zurückziehen müssen. Einen Mann wie Richard hatte Celine nun wirklich nicht verdient gehabt.

»Dein Schwiegervater, Jutta und ich wollen einige Wochen in unserem Ferienhaus auf Teneriffa verbringen«, fuhr Angelika Bergner fort. »Wenn du Lust hast, komm mit! Dir gefällt es auch auf Teneriffa. Erinnere dich, wie viel Spaß wir dort immer hatten.«

Der Gedanke, ein paar Wochen auf Teneriffa zu verbringen, erschien Celine überaus verlockend. Richard und sie waren dort sehr glücklich miteinander gewesen. Vor drei Jahren hatten sie eine lange Wanderung durch den Teide-Nationalpark unternommen. Völlig erschöpft waren sie am Abend in ihre Unterkunft zurückgekommen und hatten danach dennoch fast die ganze Nacht mit Freunden aus aller Welt gefeiert.

»Ich bin noch nicht so weit, nach Teneriffa zurückzukehren«, antwortete sie und spürte, wie sich ihr Herz vor Schmerz zusammenzog. »Teneriffa ist für mich auf ewig mit Richard verbunden, genau wie Friedrichskoog, wo wir unseren letzten gemeinsamen Urlaub verbracht haben.«

»Ich möchte dich nicht zu etwas überreden, was du nicht möchtest, Celine«, sagte Angelika Bergner. »Versprich mir wenigstens, darüber nachzudenken. Wir hätten dich sehr gern dabei.« Sie beugte sich ihrer Schwiegertochter zu und küsste sie auf die Wange.

Kurze Zeit später brachen Jutta und sie auf. Celine begleitete sie zu ihrem Wagen, zumal sie ihren eigenen Wagen noch in die Garage fahren musste. Der Abschied von Jutta fiel reichlich kühl aus. Ihr Verhältnis zueinander war noch nie besonders gut gewesen.

Wieder im Haus, stellte die junge Frau das gebrauchte Geschirr in die Spülmaschine und machte sich danach daran, die Küchenschränke abzuwaschen, obwohl sie das erst in der vergangenen Woche getan hatte. Sie musste sich irgendwie beschäftigen, um sich nicht völlig ihrem Schmerz hinzugeben. Auch wenn es Jutta vermutlich nicht einmal beabsichtigt hatte, war es ihr gelungen, einen Finger auf die Wunde zu legen, die ihr Richards Tod geschlagen hatte.

Celine war sich sicher, dass Jutta den Tod ihres Bruders niemals verwinden würde. Sie waren beide achtundzwanzig und dennoch lagen Welten zwischen ihnen. Im Gegensatz zu Jutta war Celine vor Richards Tod ein sehr lebensfroher Mensch gewesen, der voller Optimismus in die Zukunft gesehen hatte.

Seit Richards Tod hatte ihre Schwägerin schon mehrere Nervenzusammenbrüche erlitten, und sie war unfähig, das Germanistikstudium, das sie abgebrochen hatte, fortzuführen. Schon seit Monaten jobbte sie mal hier, mal dort. Kein Wunder, dass sich ihre Schwiegereltern große Sorgen um Jutta machten.

Celine hielt in ihrer Arbeit inne. Sie dachte daran, wie sie mit Felix Marquard, seiner Nichte und Einstein um die Wette gelaufen war. Ein flüchtiges Lächeln erhellte ihr Gesicht. Es war ein wirklich schöner Nachmittag gewesen, ob er ihr nun zugestanden hatte oder nicht.

Sie ging ins Wohnzimmer hinüber und setzte sich zum ersten Mal seit Monaten ans Klavier. Zögernd legte sie ihre Finger auf die Tasten und spielte zaghaft eine kurze Tonfolge. Erschrocken über ihren Mut, hielt sie inne. Als sie den Kopf hob, fiel ihr Blick auf Richards Foto.

»Ich liebe dich«, flüsterte sie fast lautlos, »und ich werde dich bis in alle Ewigkeit lieben.«

***

Im Laufe der nächsten Tage dachte Celine sehr oft an die Marquards. Sie hoffte auf ein Wiedersehen. Mehr als einmal war sie versucht, Felix anzurufen, um ihn und Janina zum Kaffee einzuladen. Trotzdem tat sie es nicht. Halb und halb befürchtete sie, sich mit dieser Einladung in etwas zu verstricken, aus dem sie später nur schwer einen Weg herausfinden würde.

Am Samstagmorgen saß die junge Frau am Küchentisch und las die Zeitung. Ein Artikel mit Foto wies auf das Nachmittagskonzert im Katharinenschlösschen hin. Unter anderem sollte Sibelius gespielt werden.

Ihre Finger berührten zaghaft das Foto, das den Schlosshof zeigte. Richard hatte den finnischen Komponisten Jean Sibelius über alles geliebt.

Celine atmete tief durch. Dann griff sie kurzentschlossen zum Telefon. Sie wählte die Nummer, die im Artikel angegeben war, und fragte, ob es noch Karten für das Konzert gab.

»Da haben Sie Glück, Frau Bergner«, bekam sie zur Antwort. »Ich habe gerade noch fünf Karten. Wir reservieren eine für Sie.«

Celine bedankte sich und legte auf. Glück? War es wirklich Glück, dass sie noch eine Karte bekommen hatte? Sie war sich nicht sicher, ob sie das Richtige tat. Schon jetzt ahnte sie, wie viel Schmerz sie während des Konzertes empfinden würde.

Kurz nach drei stieg sie in ihren Wagen und fuhr zum Katharinenschlösschen. Für ein paar Minuten blieb sie im Schlosshof stehen, um das Ambiente auf sich wirken zu lassen. Es handelte sich um ein relativ trutziges Gebäude mit einem hohen Turm, dessen Dach von vier Säulen getragen wurde. Das Untergeschoss des Schlosses stammte noch aus dem dreizehnten Jahrhundert, als man für die Ewigkeit gebaut hatte.

Das Konzert fand in der Spitzbogenhalle statt, für die das Katharinenschlösschen berühmt war. Nachdem Celine ihre Karte in Empfang genommen hatte, suchte sie sich ihren Platz. Einige der Konzertbesucher kannte sie. Sie war froh, dass keiner von ihnen neugierige Fragen stellte. Es blieb bei einem harmlosen Smalltalk.

»Hallo, Tante Celine!«

Janina kam auf sie zu gerannt. Sie trug ein hellrotes Kleid, zu dem ein Bolerojäckchen gehörte. Ihre Füße steckten in weißen Söckchen und Lackschuhen. Sie ließ sich auf den noch freien Platz neben der jungen Frau fallen.

»Ich war beim Friseur«, sagte sie und griff ihn ihre schulterlangen Locken. »Gefällt es dir?«

»Du siehst sehr hübsch aus, Janina.« Celine legte spontan den Arm um das kleine Mädchen. »Wo hast du denn Einstein gelassen?«

Janina kicherte. »Einstein muss bei Ines bleiben. Onkel Felix sagt, bei einem Konzert würde er nur stören. Ich glaube nicht, dass ihm das gefällt. Einstein wäre bestimmt viel lieber bei uns.«

»Trotzdem hat dein Onkel Felix recht.«

»Ich habe Onkel Felix versprochen, während des Konzerts ganz ruhig auf meinem Platz sitzen zu bleiben.« Das kleine Mädchen blickte zu Celine auf. »Weiß Onkel Felix, dass du hier bist?«

»Nein.«

»Dann muss ich es ihm gleich sagen.«

Janina drängte sich mit einer Entschuldigung an dem Ehepaar in der Reihe vor Celine vorbei und rannte durch eine Halbbogentür, die Celine noch nicht bemerkt hatte, in den Nebenraum. Gleich darauf kehrte sie mit ihrem Onkel an der Hand zurück.

Celine beobachtete, wie Felix Marquard auf eine ältere Frau zutrat, die in der ersten Reihe saß. Sie stand auf. Zusammen mit der Frau und Janina kam er zu ihr. Dieses Mal war er es, der sich bei dem Ehepaar entschuldigte.

»Bitte machen Sie mir die Freude und nehmen Sie neben Janina und mir Platz«, bat er, nachdem er Celine begrüßt hatte.

»Ich sitze hier sehr gut«, erwiderte sie. Es war ihr unangenehm, einer anderen Frau den Platz wegzunehmen.

»Bitte!«

Um kein Aufsehen zu erregen, erhob sie sich. Sie war froh, dass noch nicht alle Leute ihren Platz eingenommen hatten. Nur das ältere Ehepaar blickte etwas pikiert, weil es erneut gestört wurde.

Felix stellte sie seiner Haushälterin vor.

»Ohne Frau Barth wäre ich völlig aufgeschmissen«, fügte er hinzu. »Sie ist der gute Geist des Katharinenschlösschens.«

Elke Barth wehrte errötend ab. »Janina hat schon so viel von Ihnen erzählt, Frau Bergner«, sagte sie, als sie einander die Hände reichten. »Nein, es macht mir nichts aus, mit Ihnen den Platz zu tauschen. Janina möchte so gern neben Ihnen sitzen.«

Janina ergriff Celines Hand.

»Komm!«, forderte die Kleine sie auf. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als mit dem Kind mitzugehen.

Felix Marquard trat auf die Bühne und forderte die Konzertbesucher auf, ihre Plätze einzunehmen. Er machte auch in Anzug und Krawatte eine überaus gute Figur. Bisher hatte ihn Celine ja nur in Cordhosen und T-Shirt gesehen. Mit ein paar netten Worten gab er seiner Freude darüber Ausdruck, dass so viele Leute an diesem Nachmittag den Weg ins Katharinenschlösschen gefunden hatten.

Bis auf wenige Lichter erloschen die Lampen. Aus dem Raum, in dem sich zuvor auch Felix aufgehalten hatte, kamen hintereinander die Musiker des Stuttgarter Sinfonie-Orchesters auf die Bühne. Brausender Beifall empfing sie.

Janina klatschte noch, als der Beifall längst erloschen war. Celine hielt die Händchen der Kleinen fest.

»Jetzt ist genug«, raunten sie dem Kind zu.

Nachdem Felix die Musiker und ihren Dirigenten vorgestellt hatte, nahm er an Celines anderer Seite Platz.

»Schön, dass Sie gekommen sind.« Er lächelte ihr zu.

Celine schloss die Augen und ließ sich von der herrlichen Musik in die Vergangenheit tragen. Richard war ihr so nahe, dass sie glaubte, nur die Hand nach ihm ausstrecken zu müssen. Sie fühlte, wie er sie in die Arme nahm. Seine Lippen berührten ihren Mund …

Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie hatte Mühe, sie zurückzudrängen. Es war keine so gute Idee gewesen, ausgerechnet ein Konzert zu besuchen, auf dem die zweite Sinfonie von Sibelius gespielt wurde. An ihr hingen so viele Erinnerungen, so viel Glück und auch Schmerz.

Felix griff nach ihrer Hand und drückte sie sanft. Sie schlug die Augen auf und war froh, nicht inmitten all der Menschen allein zu sein. Instinktiv fühlte sie, dass er ihren Schmerz verstehen konnte. Er wusste, was es hieß, einen geliebten Menschen zu verlieren, immerhin lagen der Tod seines Bruders und seiner Schwägerin noch keine zwei Jahre zurück.

Celine atmete tief durch. Selten hatte sie die zweite Sinfonie so intensiv empfunden wie an diesem Nachmittag. Wieder versank sie in Erinnerungen. Sie sah sich mit Richard auf Teneriffa bei Nacht am Strand entlanggehen. Er zeigte zu den Sternen hinauf.

»Sag mir, welchen Stern du dir wünschst, und ich hole ihn dir vom Himmel«, glaubte sie, seine Stimme zu hören.

Ja, er hatte ihr die Sterne vom Himmel geholt, einen nach dem anderen. Die Zeit mit Richard, so kurz sie auch gewesen war, war ein Schatz, den sie bis an ihr Lebensende im Herzen bewahren würde.

Janina gelang es, bis zur Pause ruhig auf ihrem Platz sitzen zu bleiben, doch kaum gingen die Lichter an, sprang sie auf.

»War ich lieb, Onkel Felix?«, erkundigte sie sich stolz.

»Sehr lieb sogar.« Er drückte sie an sich. »Darf ich Sie zu einem Glas Sekt einladen, Frau Bergner?«

Celine hatte bereits bemerkt, dass die Konzertbesucher sich alle in die Richtung der Bar bewegten, die sich im hinteren Teil der Spitzbogenhalle befand.

»Gern«, sagte sie, »allerdings werden wir ziemlich lange warten müssen, bevor wir unseren Sekt bekommen.«

»Das würde ich nicht sagen«, meinte er verschmitzt. »Wir sitzen nämlich sozusagen an der Quelle.« Er nahm ihren Arm und führte sie in den Vorraum der Spitzbogenhalle, der durch einen Gang mit einem Lagerraum verbunden wurde. In diesem Lagerraum standen mehrere Kisten mit Sekt und Orangensaft.

»Und haben wir auch Gläser?«

Felix öffnete einen Schrank und nahm zwei Sektgläser und ein Wasserglas heraus. Zuerst schenkte er für Janina Orangensaft ein, bevor er eine der Sektflaschen öffnete.

»Ich freue mich, dass Sie den Weg ins Katharinenschlösschen gefunden haben«, versicherte er erneut, als er mit Celine anstieß.

»Es ist ein wundervolles Konzert.« Celine nippte an ihrem Sekt.

»Du musst Tante Celine das Schloss zeigen«, forderte Janina ihren Onkel auf. »Das macht Onkel Felix nämlich immer, wenn wir Besuch bekommen«, wandte sie sich an die junge Frau. »In meinem Zimmer steht ein richtiges Prinzessinnenbett.«

»Wären Sie denn an einer Schlossführung interessiert?« Felix stellte sein Glas auf einer der Kisten ab. »Natürlich erst nach dem Konzert.«

Celine kämpfte mit sich. Einerseits hätte sie die Einladung gern angenommen, andererseits fühlte sie sich an diesem Tag noch nicht stark genug dazu. Das Konzert war schon fast mehr, als sie ertragen konnte.

»Bitte seien Sie nicht böse, wenn ich gleich nach dem Konzert nach Hause fahre«, sagte sie. »Ein anderes Mal gern.«

»Ich nehme Sie beim Wort, Frau Bergner.« Felix griff nach seinem Glas.

»Musst du noch arbeiten, Tante Celine?«, fragte seine Nichte enttäuscht.

»Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, Janina.« Felix legte den Arm um die Kleine. »Ich bin mir sicher, Frau Bergner wird uns schon bald besuchen, und dann kann ich sie vielleicht auch überreden, mit uns zu Abend zu essen.« Er sah Celine an. »Was meinen Sie?«

Eigentlich sollte ich ihm böse sein, mich so in die Enge zu treiben, dachte Celine. Aber sie war ihm nicht böse.

»Warten wir es ab«, antwortete sie und leerte ihr Glas. »Sollten wir nicht in den Saal zurückkehren? In ein paar Minuten beginnt der zweite Teil des Konzerts.«

***

Tief in Gedanken versunken, stand Celine Bergner an ihrem Wohnzimmerfenster und beobachtete drei Spatzen, die sich an der Vogeltränke zankten.

Seit dem Konzert im Katharinenschlösschen waren drei Tage vergangen. Noch immer klang die Musik in ihr nach. Sie war froh, dass sie sich überwunden hatte, das Konzert zu besuchen, obwohl sich seit jenem Nachmittag einiges in ihrem Leben verändert hatte. Bisher hatte sie in den Tag hineingelebt, war völlig in ihrer Trauer gefangen gewesen. Jetzt genügte ihr das nicht mehr. Sie brauchte Menschen um sich, etwas Leben …

Am Vormittag hatte sie einen Einkaufsbummel gemacht und sich danach in ein Straßencafé gesetzt, um Eis zu essen. Auf dem Weg zu ihrem Wagen hatte sie Bekannte getroffen und mit ihnen geplaudert.

Celine wandte sich um und griff nach der Einkaufstüte, die sie in einen der Sessel gelegt hatte. Ohne einen Blick in die Tüte zu werfen, ging sie in ihr Arbeitszimmer hinüber, das sie während der vergangenen Monate kaum noch benutzt hatte. Vor Richards Tod hatte sie für einen Verlag Kinderbücher illustriert. Nun wollte sie endlich wieder arbeiten. Zwar hatte sie das nicht nötig, denn ihr Mann hatte sie wohlversorgt zurückgelassen, doch sie brauchte eine sinnvolle Aufgabe.

Als sie an diesem Vormittag die Auslagen eines Buchladens betrachtet hatte, war ihr die Idee gekommen, für Janina ein Märchenbuch zu illustrieren. Sie wollte Märchen, die ihr besonders gefielen, für das kleine Mädchen abschreiben, sie mit Bildern versehen und in einer Buchbinderei binden lassen.

Geradezu zärtlich strich sie über die Zeichenutensilien und das besondere Papier, das sie gekauft hatte. Sie konnte es kaum noch erwarten, mit der Arbeit anzufangen.

Nachdem Celine ihren Arbeitsplatz eingerichtet hatte, ging sie in den Garten und schnitt Rosen ab, um sie auf Richards Grab zu legen. Sie überlegte, ob sie zum Friedhof den Wagen nehmen sollte oder lieber zu Fuß ging. Wenn sie den Weg durch die Felder nahm, die gleich hinter ihrem Haus begannen, brauchte sie nur knapp dreißig Minuten.

Sie hatte schon lange keinen Spaziergang mehr unternommen. Da sie sich gescheut hatte, anderen Menschen zu begegnen, hatte sie stets ihren Wagen genommen. Jetzt stellte Celine fest, wie gut es ihr tat, eine längere Strecke zu laufen. Schneller als erwartet, erreichte sie den Friedhof.

Es war Mai, und die Gräber standen in voller Blüte. Celine nahm den betäubenden Duft der Blumen wahr, hörte das Schwirren der Insekten.

»Was für ein schöner Tag, Richard«, sagte sie, als sie das Grab ihres Mannes erreichte. Sie beugte sich hinunter, griff nach der leeren Vase, die hinter dem Grabstein lag, und füllte sie mit Wasser.

»Ich vermisse dich noch immer«, sprach sie leise weiter. »Du ahnst nicht, wie groß meine Sehnsucht nach dir ist. Deine Eltern und Jutta fliegen in einigen Tagen nach Teneriffa. Sie möchten, dass ich sie begleite, aber das kann ich nicht. Teneriffa wird für mich auf ewig mit dir verbunden bleiben.« Sie seufzte auf. »Es fällt mir jedes Mal schwer, dich hier zurückzulassen. Ich weiß nicht, ob das jemals anders sein wird.«

Celine zupfte ein paar welke Blätter von den Blumen, die sie vor zwei Wochen gepflanzt hatte. Bevor sie die Gießkanne zum Brunnen brachte, strich sie noch einmal über Richards Namen auf dem Grabstein. Hastig verließ sie den Friedhof.

Statt über die Felder zurückzugehen, wählte die junge Frau dieses Mal den Weg entlang der Landstraße. Die Bäume, die beiderseits oberhalb der Böschung wuchsen, spendeten genügend Schatten. Bis auf zwei Fahrradfahrer begegnete ihr kein Mensch.

Schon nach kurzer Zeit erreichte sie das Katharinenschlösschen. Sie hatte nicht vorgehabt, die Marquards zu besuchen, dennoch bog sie jetzt von der Straße ab und ging zum Tor. Wie gewöhnlich stand es offen.

Mehrere Bauarbeiter waren damit beschäftigt, Teile des Fachwerks freizulegen. Und auch aus dem linken Untergeschoss des Schlosses klang Baulärm.

Celine war sich sicher, dass sie nur stören würde, deshalb wandte sie sich zum Gehen. Sie hatte schon fast das Tor erreicht, als sie hörte, wie Felix Marquard ihren Namen rief.

Sie drehte sich um. Er kam quer über den Hof auf sie zu.

»Ich war in der Gegend, und da wollte ich sehen, wie es an einem ganz gewöhnlichen Werktag hier aussieht«, sagte sie entschuldigend.

Felix lachte. Er freute sich über Celines Besuch.

»Nach Arbeit«, meinte er und wies zu den Bauarbeitern. »Dieses Mal kommen Sie mir nicht so davon. Sie müssen zumindest eine Tasse Kaffee mit mir trinken. Außerdem hat Frau Barth heute Zitronenkuchen gebacken. Sie wäre zutiefst beleidigt, wenn Sie nicht davon kosten würden.«

»Und Sie sind sich sicher, dass ich nicht störe?«

»Absolut sicher«, erklärte er. »Ich habe mir eine Pause verdient. Seit dem frühen Vormittag sitze ich schon über den Plänen für das neue Seniorenheim.« Er nahm ihren Arm. »Außerdem möchte ich Ihnen das Deckengemälde zeigen, das gestern freigelegt wurde.« Er führte sie durch das Portal in ein schmuckloses Treppenhaus.

Celine hatte sich das Treppenhaus eines Schlosses etwas anders vorgestellt. Als Felix ihr Erstaunen bemerkte, sprach er davon, dass im nächsten Jahr das Treppenhaus wieder im früheren Glanz erstrahlen würde.

»Zum Glück gibt es genügend Bilder, nach denen ich mich richten kann«, sagte er. »Zudem bin ich sogar verpflichtet, den alten Zustand des Schlosses herzustellen. Wir arbeiten eng mit der Denkmalspflege zusammen.«

»Ist das nicht wahnsinnig kostspielig?« Celine hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Sie empfand ihre Frage als ungehörig. Es ging sie nicht das Geringste an, was die Renovierung des Schlosses kostete. »Ist Janina im Kindergarten?«, erkundigte sie sich.

»Ja.« Der junge Schlossherr wies in den Saal, der rechts der Treppe lag. »Schauen Sie zur Decke«, forderte er. »Es handelt sich um ein Gemälde von Francois Boucher. Natürlich bedarf es noch einiger Arbeit und eines guten Restaurators, um es zum Leben zu erwecken.«

»Es ist wunderschön.« Celine konnte kaum ihren Blick von dem Gemälde lassen. Von welcher Seite sie es auch betrachtete, die abgebildeten Frauen ließen sie nicht aus den Augen. »Was haben Sie mit diesem Raum vor? Er würde sich gut für ein Wohnzimmer eignen.«

Felix schüttelte den Kopf. »Wohnräume gibt es in den oberen Stockwerken ausreichend. Nein, ich werde ihn für Veranstaltungen vermieten. Dank des Kamins eignet er sich für gemütliche Leseabende oder kleinere Familienfeiern. Es gibt auch eine geräumige Küche, die allerdings noch mit den notwendigen Geräten ausgestattet werden muss. Heute will wahrscheinlich niemand mehr auf einem Küchenblock aus dem neunzehnten Jahrhundert kochen.«

Voller Stolz führte Felix Marquard seinen Gast durch das ganze Schloss. Die Räume im ersten Stock waren bereits völlig renoviert. Er hatte sie stilgerecht mit alten Möbeln eingerichtet. Die junge Frau erfuhr, dass er diese Möbel auf Auktionen in ganz Europa zusammengetragen hatte.

Frau Barth brachte ihnen Kaffee und Zitronenkuchen auf den Balkon, der zum Schlossgarten hinausging. Celine schaute über die steinerne Brüstung zum Spielplatz.

»Ich sehe nirgends Einstein«, sagte sie.

»Ines, unser Hausmädchen, hat ihn mitgenommen. Sie holt gerade Janina vom Kindergarten ab.« Felix blickte auf seine Armbanduhr. »Noch ein paar Minuten und er wird Sie freudig begrüßen.«