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Eigentlich könnte Miro Jones sein Leben in vollen Zügen genießen. Er hat einen aufregenden Job als US Deputy Marshal, der ihn erfüllt, sein wunderschönes Greystone in einem Vorort von Chicago, seine geliebte Wahlfamilie und am allerwichtigsten: den Mann, der sein Herz erobert hat, Ian Doyle. Gäbe es da nicht ein Problem: Ian ist nicht nur ein Marshal und beruflich wie privat Miros Partner – Ian ist auch Soldat mit Leib und Seele. Diese Verpflichtung führt ihn immer wieder fort von Miros Seite, unerwartet und viel zu oft. Das wirft einen Schatten auf etwas, das sonst alles wäre, was Miro sich je hätte erträumen können. Die Arbeit ist nicht dieselbe ohne Ian. Zuhause ist nicht dasselbe und Miro muss sich seinen Ängsten allein stellen … wie kann er im Beruf die Nerven behalten, wie die dunkle Bedrohung aus seiner Vergangenheit überstehen – und wie kann er ohne Ians unerschütterliche Gegenwart an seiner Seite weiterleben? Sein Leben ist ein ziemlicher Schlamassel, aber was ist, wenn der Ausweg daraus etwas Dauerhaftes erfordert? Was würde das für ihn und Ian bedeuten? Miro steckt in der Zwickmühle und manchmal ist der einzige Weg aus dem Schlamassel, sich an seine Rettungsleine zu klammern und fest zu ziehen.
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Seitenzahl: 511
Veröffentlichungsjahr: 2018
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Inhalt
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Buch 3 in der Serie – Verliebte Partner
Eigentlich könnte Miro Jones sein Leben in vollen Zügen genießen. Er hat einen aufregenden Job als US Deputy Marshal, der ihn erfüllt, sein wunderschönes Greystone in einem Vorort von Chicago, seine geliebte Wahlfamilie und am allerwichtigsten: den Mann, der sein Herz erobert hat, Ian Doyle. Gäbe es da nicht ein Problem: Ian ist nicht nur ein Marshal und beruflich wie privat Miros Partner – Ian ist auch Soldat mit Leib und Seele. Diese Verpflichtung führt ihn immer wieder fort von Miros Seite, unerwartet und viel zu oft. Das wirft einen Schatten auf etwas, das sonst alles wäre, was Miro sich je hätte erträumen können.
Die Arbeit ist nicht dieselbe ohne Ian. Zuhause ist nicht dasselbe und Miro muss sich seinen Ängsten allein stellen … wie kann er im Beruf die Nerven behalten, wie die dunkle Bedrohung aus seiner Vergangenheit überstehen – und wie kann er ohne Ians unerschütterliche Gegenwart an seiner Seite weiterleben? Sein Leben ist ein ziemlicher Schlamassel, aber was ist, wenn der Ausweg daraus etwas Dauerhaftes erfordert? Was würde das für ihn und Ian bedeuten? Miro steckt in der Zwickmühle und manchmal ist der einzige Weg aus dem Schlamassel, sich an seine Rettungsleine zu klammern und fest zu ziehen.
Meinen aufrichtigsten Dank an: Lynn West, die alles, was ich tue, so viel besser macht. Rhys Ford – ich weiß, dass du mir immer zur Seite stehst. Lisa Horan – ohne das Sicherheitsnetz, das du für mich hältst, wäre ich in argen Schwierigkeiten. Und Captain West – ohne Ihre Sachkenntnis wäre ich ziemlich verloren gewesen.
SOLLTE ICH diese Sache überleben, würde ich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln dafür sorgen, dass ich nie mehr an die DEA ausgeliehen wurde, nie wieder.
Wäre es ein normaler Einsatz gewesen, dann wäre ich meinem Partner Ian Doyle gefolgt, der wie ein Wilder hinter unserem Verdächtigen herrannte. Diesmal jedoch war es ein Polizeibeamter, den ich vor einer Woche erst kennengelernt hatte, der mir bei unserer Verfolgung eines flüchtigen DEA Agenten über Straßen und um Häuserecken nur wenige Schritte voraus war. Wenn wir den Dreckskerl nicht erwischten, bevor er sich irgendwo verkriechen konnte, dann waren der Bulle und ich vermutlich tot. Wir wussten nicht, wie weit sein korrupter Griff reichte oder welche Mitglieder seines Teams er dazu gebracht hatte, ihre Dienstmarken zu verraten.
Ich konnte diese Primadonnen von DEA Arschlöchern generell nicht ausstehen, was normalerweise auch kein Problem war. Aber mein Vorgesetzter, Chief Deputy US Marshal Sam Kage, war im Urlaub und der Vollpfosten, der seine Vertretung machte, hatte Kages goldene Regel über die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen den Behörden missachtet. Diese Regel besagte im Grunde genommen nichts anderes, als dass unser Team nicht mitspielte, wenn nicht wir, sprich die Marshals, den Einsatz leiteten. Sie war in Kraft getreten, nachdem ich bei einer Razzia, die das FBI geleitet hatte, beinahe gestorben wäre. Ich hatte keine Ahnung, wie Kage damit durchgekommen war, aber sein Wort war Gesetz und er wollte nicht, dass einer seiner Leute von anderen Mitgliedern der Einsatzgruppe, mit der wir zusammenarbeiteten, in Gefahr gebracht wurde. Diese Regel war unanfechtbar.
Das Problem war, dass für Phillip „Sag Du und Phil zu mir, Kumpel“ Tull Selbstdarstellung, das Lob des Bürgermeisters und Public Relations Lorbeeren weitaus wichtiger waren. Und da bei den Fällen mit dem größten öffentlichen Interesse immer Drogen mit im Spiel waren … hatte er uns augenblicklich ausgeliehen. Ich war der Einzige, der an die Westküste hatte fliegen dürfen, alle anderen waren näher der Heimat eingesetzt worden.
„Ich hasse Wisconsin“, hatte Becker gemault, während er die Powerriegel aus seiner Schreibtischschublade zusammenkramte, bevor er zusammen mit Ching nach Green Bay aufgebrochen war.
„Wenigstens musst du nicht nach Maine!“, hatte Ryan gemeckert und Dorsey hatte eine zustimmende Grimasse in meine Richtung geschnitten, als sie zusammen an mir vorbeigegangen waren.
Ich war der Einzige, der allein aufgebrochen war, da sich Ian, mein Partner Schrägstrich Lover Schrägstrich bester Freund vielleicht Verlobter – schwer zu sagen, wie er zu dem Wort stand – mit seiner Sondereinsatztruppe im Kampfeinsatz befand. Daher rannte auch nicht er jetzt mit mir zusammen um sein Leben. Wenn ich bei dieser Sache draufging, würde Phillip „Sag Du und Phil zu mir, Kumpel“ Tull, der mit beiden Händen Pistolengesten machte, während er das sagte, an unseren Hund verfüttert werden, mit den Eiern voran. Niemand wollte sich mit Ian Doyle anlegen, schon gar nicht, wenn es um mich ging. Er war ein klein wenig besitzergreifend.
ES WAR schon irgendwie witzig. Ich war an die DEA ausgeliehen worden, um ihnen bei ihrer Drecksarbeit zu helfen, aber dann war mein Einsatz plötzlich komplett auf den Kopf gestellt worden, als ein Typ mit harten blauen Augen und einem noch härteren, wenn auch sehr hübschen Gesicht ins Broken Record auf der Geneva gekommen war, wo ich an der Bar saß und einen späten Snack aus Hummermakkaroni mit Käse aß. Meine Abende waren oft lang, wenn Ian nicht da war, denn ohne ihn an meiner Seite schlief ich nicht gut. Sicher, ich hätte zum Einschlafen irgendetwas nehmen können, aber das war eine Sache, die ich mir gar nicht erst angewöhnen wollte. Also saß ich in einer Bar und der Bulle – der sich eindeutig im Dienst befand, diese Art von vor Selbstbewusstsein strotzendem Schlendern war unverkennbar – kam näher und setzte sich neben mich. Ich war durchaus bereit für einen kleinen Plausch mit einem Kollegen und wollte ihn gerade begrüßen, als er die Gabel aus dem Platzgedeck auf dem Tresen vor sich nahm und sich an meinem Teller bediente.
Ich drehte das Kinn zur Seite und sah ihn an. Durch einen Mund voll käseüberbackener Köstlichkeit sprach er die magischen Worte: „Eli Kohn sagt, ich kann Ihnen vertrauen.“
Da der Mann, den der Bulle gerade erwähnt hatte, einer meiner Kollegen bei den Marshals in Chicago war, der von der Niederlassung in San Francisco zu uns gekommen war, und da ich diesem Mann mein Leben anvertrauen würde, wartete ich ab, was der Fremde sonst noch zu sagen hatte. Das Gespräch mit Kohns Namen zu eröffnen, war ein cleverer Schachzug gewesen. Der Name hatte bei mir Gewicht, also musste ich den Bullen ausreden lassen.
„Ich höre.“
„Senior Inspector Kane Morgan, San Francisco Polizei.“ Er zeigte mir eine goldene Dienstmarke, die im Lauf ihrer Existenz schon einiges mitgemacht hatte. Aber er wirkte auf mich wie die Sorte Bulle, die solche Dellen und Kratzer mit Stolz trug.
Es war nicht nötig, ihm meinerseits meine Dienstmarke zu zeigen, denn er hatte mich schließlich gesucht – und eigenartigerweise in einer Millionenstadt auch gefunden. Ich erwies ihm dennoch die Höflichkeit und stellte mich vor. „Deputy US Marshal Miro Jones.“
„Oh, ich weiß. Sehen Sie, Bursche, ich hab ein Problem und Sie stecken da mittendrin.“ In seinem Akzent schwang ein Hauch von Irland mit, eine Art rollende Erinnerung an dunkles Bier und Männer mit schwarzen Herzen.
Es war nie gut, zu hören, dass man im Zentrum der Probleme eines anderen stand. Was um alles in der Welt hatte ich nur mit Iren? Ich konnte ihnen einfach nicht entkommen.
„Und was ist Ihr Problem?“, fragte ich, denn nachdem wir über Kohn und Makkaroni mit Käse quasi Brüderschaft geschlossen hatten, konnte ich ihn nicht nicht fragen.
„Einer der DEA Agenten, mit denen Sie zusammenarbeiten, schiebt mehr Drogen als ein kolumbianisches Kartell.“
Was eine Übertreibung war, sicher, aber sie machte seine Absichten dennoch deutlich. „Nein“, ächzte ich.
„Doch“, sagte Morgan beinahe heiter. „Hört auf den Namen Sandell.“
„Nein, nein, nein.“ Es wurde immer schlimmer statt besser.
Er schenkte mir ein knappes Nicken und ein Grinsen.
Gottverdammtnochmal.
Niemand wollte hören, dass ein DEA Agent korrupt war, auch wenn das meiner Erfahrung nach bei den meisten von ihnen der Fall war. Aber ganz besonders wollte ich nicht hören, dass genau der DEA Agent korrupt war, mit dem ich zusammenarbeitete. Als Sandell mich in Begleitung einiger seiner Männer am Flughafen abgeholt hatte, hatte ich noch gedacht, dass er ganz okay wäre. Ein ganz normaler Typ, nichts Bemerkenswertes an ihm. Auch nichts von dem, was er seitdem gesagt oder getan hatte, hatte in mir die Alarmglocken klingeln oder mich misstrauisch werden lassen. Aber anscheinend war mein Instinkt in dieser Hinsicht keine müde Mark wert, zumindest nicht, wenn man Morgan Glauben schenken konnte. Es war offensichtlich, dass ich das tun sollte.
„Das Schlimmste ist“, fuhr er fort und bediente sich weiter an meinem Teller – keine Frage, der Mann hatte sein Abendessen ausfallen lassen, „ich hab da eine ganze Reihe toter junger Frauen, die seine Männer als Kuriere benutzt haben. Aber ich brauche einfach noch ein paar mehr Beweise, um die Sache hieb- und stichfest zu machen, bevor wir ihn festnageln können.“
Er sprach bereits von „wir“.
Lieber Himmel.
Ich drehte den Kopf, um den Mann neben mir genauer in Augenschein zu nehmen. Glänzende, tiefschwarze Haare, blaue Augen und ich würde jede Wette eingehen, dass es eine Menge Männer und Frauen gab, die alles taten, was er wollte oder brauchte. Aber ich war in sehr festen Händen und hielt mich ebenso fest an die Vorschriften.
„Klingt so, als würden Sie meine Hilfe brauchen.“
„Was glauben Sie, warum ich hier bin? Ich meine, die Makkaroni mit Käse sind gut und Ihre Gegenwart ist auch ganz reizend, aber jetzt mal ehrlich.“
Ich ignorierte das. „Gibt es denn niemanden vor Ort, den Sie ansprechen können? In der DEA, meine ich. Kennen Sie dort sonst niemanden außer ihm?“
Keine Antwort, aber es war schwer zu sagen, ob er nachdachte oder schlicht Hunger hatte.
„Ich bin nur kurz hier, für einen Einsatz“, erklärte ich. „Also kenne ich nicht alle Mitspieler. Ich meine, sein ganzes Team kann korrupt sein und ich kann Ihnen nichts darüber sagen, wenn sie nicht allesamt mit einem Kilo Koks in der Hand vor mir auflaufen.“
Er räusperte sich. „Lassen Sie mich Ihnen etwas über Alex erzählen, meinen Kontakt in der DEA und was er mitgemacht hat.“
Anscheinend hatte er sowohl nachgedacht als auch Hunger gehabt.
Ich hörte schweigend zu, als er mir von einem Kumpel von sich erzählte. Alex Brandt lag in der Nähe in einem Krankenhaus und kämpfte um sein Leben, weil man oft genug auf ihn eingedroschen hatte, dass er als Piñata durchgehen konnte.
Brandt war der Ware gefolgt und Morgan hatte eine Reihe von Morden an Drogenkurieren untersucht, als sich ihre Wege kreuzten. Da sie bereits miteinander befreundet waren, tauschten sie Informationen aus, anstatt wie sonst üblich miteinander zu konkurrieren. Sie hatten schnell festgestellt, dass jemand in Brandts Abteilung zutiefst korrupt sein musste.
Nachdem sie Brandt zu Hackfleisch verarbeitet hatten, war Morgan sich auch ziemlich sicher, dass er wusste, wer dieser jemand war. Aber er hatte weder die Befugnis noch den nötigen Einfluss, um etwas zu unternehmen und da sein inoffizieller Partner im Krankenhaus lag, hing er in der Luft und wusste nicht, wem er trauen konnte. Also hatte Morgan Kohn kontaktiert, den er noch aus Zeiten kannte, bevor Kohn nach Chicago versetzt worden war und der wiederum hatte ihm meinen Namen gegeben.
Dieser Abend war jetzt sieben Tage her.
Nach einigem Herumschnüffeln im Büro, einem schnellen Computerhack und einem Einbruch in Sandells Haus, durchgeführt mit freundlicher Unterstützung von Brandts bestem Freund Cord Nolan, einem Privatdetektiv, fanden Morgan und ich den Mittelsmann. Also setzten wir dort an und so stiegen wir an jenem Donnerstag die sechs Treppen hoch zu einem Büro, wo wir hofften, Tommy Hein, den Geldwäscher, überzeugen zu können, dass Sandell zu verpfeifen in seinem eigenen Interesse war. Auf halbem Weg die Stufen hoch, drückte Morgen mir einen Ohrhörer in die Hand.
„Wozu der denn?”
„Was glauben Sie?”
Er war genauso ein Klugscheißer wie Ian, dachte ich.
„Warten Sie mal einen Moment, ich verbinde den Knopf im Ohr gerade mit Ihrem Handy. Ich schlage vor, wir lassen die Leitung zwischen uns offen für den Fall, dass wir getrennt werden. Sie haben keine Ahnung, wo wir hier sind und das Stadtviertel ist eh das reinste Labyrinth. So kann ich Sie lotsen, wenn nötig.“
Er hatte recht: Ich kannte mich in San Francisco überhaupt nicht aus. Also nahm ich den Ohrhörer und schob ihn über mein Ohr. „Ich fühle mich wie der letzte Depp mit dem Ding.“ Ich hasste es, wenn ich für einen Kaffee anstand und dachte, die Leute hinter mir redeten mit mir, mich umdrehte und dann Blicke erntete, als wäre ich ein Aussätziger. Denn natürlich sprachen sie mit der Person in ihrem Ohr.
Morgans wenig elegantes Grunzen entlockte mir ein Lächeln. „Sie werden mir noch dankbar sein, wenn Sie in einer finsteren Seitengasse enden, die nach Pisse und Kohl stinkt und den Weg zurück nicht finden.“
Da hatte er auch wieder recht.
Als wir uns dem Büro näherten, hatte er die Verbindung hergestellt. An der Tür angekommen hob ich eine Hand, um anzuklopfen, aber Morgan hielt mich auf.
„Die bessere Methode, Jones“, sagte er und trat die Tür ein.
„Nein, wirklich?“, sagte ich trocken. Warum? Seit wann spielte Diskretion bei der Polizeiarbeit keine Rolle mehr?
„Man spricht hier vom Überraschungselement“, versicherte er mir.
Himmel, konnte er Ian denn ähnlicher sein?
Morgan hielt seine Dienstmarke hoch, die andere Hand lag auf seiner Waffe. „SFPD, Hein. Legen Sie Ihre Hände dahin, wo ich sie sehen kann.“
„Sie können hier nicht reinkommen!“, schrie Hein, der hinter seinem Schreibtisch stand und hastig Unterlagen in die Schubladen stopfte. „Sie können nicht –“
„Er kann, wir sind zusammen. US Marshal“, verkündete ich, ließ Morgans Dienstmarke meinen Stern folgen und sah zu, wie Morgans Lächeln sich in all seiner boshaft-verschmitzten Pracht über seine kantigen Gesichtszüge legte. Das nannte man dann wohl ein dreckiges Grinsen.
„Scheiße“, stöhnte Hein.
„Hände weg vom Computer“, befahl Morgan.
Laut den Unterlagen, die Hein versucht hatte zu verstecken, besaß Sandell mehrere Schwarzgeldkonten, einige auf den Caymaninseln und sogar eines in der Schweiz. Auf dem Computer direkt vor uns befand sich darüber hinaus alles über Sandell und seine Geschäfte, einschließlich einer Unterhaltung, wie Brandt und Morgan auszuschalten seien. Und das alles in Dateien, die klein genug waren, dass sie alle auf mein Handy passten. Sehr praktisch.
Gerade als die letzte Datei auf meine Speicherkarte flatterte, kam Sandell mit einer Tasche über der Schulter durch die Tür. „Ich hab hier ein paar Piepen, die du verschwinden lassen musst, Hein“, sagte er, als er durch die zerborstene Tür trat. Anscheinend fiel ihm in dem Augenblick erst auf, wie sie aussah. „Was zum Teufel ist denn mit der Tür –“
Er blieb wie erstarrt stehen, als sein Blick auf Hein fiel, der auf dem Boden saß, Plastikfessel um die Knöchel und die Hände auf dem Rücken. Eine Sekunde später hatte er sich umgedreht und rannte zurück auf den Flur, die Tasche unter den Arm geklemmt.
Ich ahnte, dass er den Inhalt der Tasche nicht wegwerfen wollte und als ich unten auf dem Bürgersteig ankam, wusste ich auch, warum: Geldscheine flatterten durch die Luft und zogen eine schnell größer werdende Menge zwischen uns und dem fliehenden Sandell an. Er hatte Bargeld in der Tasche – und so wie es aussah eine ganze Menge davon – und jetzt ließ er die Scheine daraus herausflattern. Geld, das durch die Luft flog, war eine hervorragende Ablenkungstaktik, die unser Vorankommen erheblich erschweren würde.
„Jones, ich schalte die Zentrale ein“, sagte Morgan und scherte aus, um die Menge zu umgehen. „Versuchen Sie mitzuhalten. Zentrale, hören Sie mich?“
Und wir rannten los.
Wir mussten auf die Straße ausweichen, da der Bürgersteig voller Menschen war, die versuchten, die durch den Sonnenschein segelnden Scheine einzufangen. Es war der reinste Affenzirkus.
„Scheiße“, fluchte Morgan und in seiner knurrigen Stimme schwang Resignation mit. „Zentrale, haben Sie meine Position? Benötige Verstärkung. Tenderloin. Der Verdächtige flüchtet zu Fuß, Richtung Taylor. Trägt eine schwarze Tasche und –”
Wir hatten gehofft, die Sache im Stillen regeln zu können, aber mir war klar, dass sie gerade sehr sehr laut geworden war. Es war mehr als unwahrscheinlich, dass Sandell stehenbleiben und sich stellen würde, vermutlich rief er gerade selbst nach Verstärkung. Also sorgte Morgan dafür, dass wir nicht allein blieben und damit auch kein einfaches Ziel abgaben.
„– wir versuchen, ihn abzufangen“, fuhr er fort und ließ die Zentrale so wissen, dass wir nicht stehenbleiben und abwarten würden, bis jemand kam und uns half, sondern unseren Verdächtigen aktiv verfolgten. Über die Zentrale hörte Morgan den Funkverkehr der entsendeten Mannschaft mit und während wir weiterrannten beantwortete er Fragen, wo wir waren und nannte ihnen unsere Koordinaten, damit sie Bescheid wussten. Weder er noch ich trugen eine Uniform – keiner von uns wollte aus Versehen erschossen werden.
„Der Verdächtige ist bewaffnet“, bestätigte Morgan die entsprechende Frage.
Mehr Geld lag auf dem Asphalt verstreut, eine Spur grüner Krumen, der wir folgen konnten und Morgan folgte ihr unbeirrt, schoss wie ein Wahnsinniger um die nächste Häuserecke.
Als wir quer über die Eddy Street im Tenderloin Distrikt rannten, hatte ich Gelegenheit, die volle Lächerlichkeit unserer Situation zu würdigen. Als wäre er einer der Dukes aus der Serie Ein Duke kommt selten allein, rollte Morgan sich über die Kühlerhaube eines Autos und rannte weiter, ohne langsamer zu werden, ohne ins Stolpern zu geraten oder die Konzentration zu verlieren. Ian konnte das auch ganz hervorragend. Ich meinerseits war nie ein Fan davon gewesen.
„Drumrumlaufen geht auch!“, schrie ich hinter ihm her und wich einem parkenden Lexus aus. „Es gibt keinen Punkteabzug, wenn man einem Auto ausweicht!”
Morgan rannte weiter. Was beeindruckend war, wenn man bedachte, wie lange wir nun schon liefen – seit mindestens zehn Minuten und das im vollen Tempo – und dass er davor noch die sechs Feuertreppen runtergerannt war, während ich die Stufen im Inneren des Gebäudes genommen hatte. Ian und ich wechselten uns bei Verfolgungen gewöhnlich ab, aber Morgan war ganz eindeutig daran gewöhnt, das Alphamännchen zu sein und den Löwenanteil zu machen.
Neben uns schlug eine Kugel in ein Autofenster ein und zersplitterte es und Morgan schrie: „Vorsicht!“ Ich rannte an dem Auto vorbei und eine weitere Kugel formte eine Kerbe in einer Backsteinmauer vor mir.
„Jemand schießt auf uns“, rief ich warnend.
„Kein Scheiß!“, brüllte er. „Weiterlaufen. Schwerer zu treffen.”
Während ich dankbar war für die Gesetze der Physik, konnten wir nicht einfach darauf hoffen, dass unser Glück hielt.
Ich begann, im Zickzack zu laufen und schrie: „Wir müssen weg von der Hauptstraße!“
„Sagen Sie ihm das, nicht mir.“
Wir schossen um eine weitere Häuserecke auf die Taylor und rannten in nördlicher Richtung weiter, auf die Ellis zu – was ich nur deshalb wusste, weil ich Morgans laufenden Kommentar hörte, mit dem er die Zentrale unsere Position wissen ließ. Sandell schoss quer über die Kreuzung vor uns, dann schnitt ihm ein kirschroter TransAm den Weg ab. Sandell konnte nicht bremsen, er rannte zu schnell, rannte mit aller Kraft und er landete quer ausgestreckt über der Kühlerhaube des Wagens. Morgan wurde langsamer, blieb dann stehen und erlaubte es mir so, ihn endlich einzuholen. Ich kam keuchend neben ihm zum Stehen, beugte mich vor und kämpfte gegen den Drang an mich zu übergeben, während um uns herum weitere Autos mit quietschenden Reifen anhielten.
„Ich fürchte, wir stecken hier ein bisschen in der Klemme“, gestand Morgan leise.
„Folgen Sie meinem Beispiel“, befahl ich und richtete mich auf.
„Keine Bewegung!“, schrie der Typ, der aus dem TransAm ausgestiegen war, mich und Morgan an und hob die Waffe, die er in der Hand hielt. Offenbar war Sandells Verstärkung eingetroffen.
Ich nahm die Schultern zurück, hob den Kopf und entdeckte Sandell an den TransAm gelehnt dastehen und nach Luft ringen. Die Türen der SUVs um uns herum flogen auf und weitere Männer quollen heraus; sie gingen hinter ihren Fahrzeugen in Deckung und richteten ihre Waffen auf uns.
„US Marshals“, schrie ich zurück, wobei ich Morgan großzügig mit einschloss. Ich zog meine Waffe und richtete sie auf Sandell, ließ seine Männer so wissen, falls sie es noch nicht taten, dass sie sich mit jemandem angelegt hatten, der ein paar Gehaltsklassen über ihnen stand. Viele korrupte Bullen sagten ihren Handlangern nicht, auf wen sie da schossen. Ich hoffte, uns den Schockfaktor zunutze machen zu können. „Waffen fallenlassen und auf den Boden legen!“
Morgan war in der Zwischenzeit meiner Anweisung gefolgt, hatte seine Glock ebenfalls gezogen und auf den korrupten DEA Agenten gerichtet, den wir verfolgt hatten. Es war schon beeindruckend, dass er in dieser Situation zu mir hielt. Sicher, es war sein Fiasko, aber trotzdem: Der Mann hatte Mumm in den Knochen. Und Eier in der Hose. Umzingelt, in der Unterzahl, waffentechnisch unterlegen, weigerte er sich dennoch, klein beizugeben und mich im Stich zu lassen. Hoffentlich lebten wir beide lange genug, dass ich mich revanchieren konnte.
„Treten Sie zurück, Marshal“, brüllte Sandell, der mit gezückter Waffe zu den anderen trat.
„Treten Sie verdammt noch mal zurück“, brüllte Morgan zurück. Seine Stimme war laut und kraftvoll, was Sandell erschreckt haben musste, denn der Finger, der am Abzug lag, zitterte. Morgan hingegen hielt seine Waffe in absolut ruhigen Händen. Er erinnerte mich sehr an Ian. Ian war in solchen Situationen ebenfalls absolut ruhig und beständig wie ein Fels in der Brandung. In dem Augenblick war das ungemein tröstlich.
Niemand rührte sich. Es war, als hielte die Zeit den Atem an. Nach einigen langen Augenblicken warf ich einen Blick in Sandells Richtung und sah sein Grinsen.
„Sie treffen hier einige weitreichende Entscheidungen über Ihre Karriere, meine Herren“, versicherte Sandell uns und mir wurde schlagartig klar, dass man uns keine Gelegenheit lassen würde, unseren Rang aberkannt oder auch nur einen Anschiss zu bekommen. Er würde uns gleich dort auf offener Straße umbringen und alle Beweise, die wir zusammengetragen hatten, verschwinden lassen. Niemand außer den Männern in seinem Team würde wissen, was tatsächlich geschehen war.
„Flach auf den Boden, sofort!“, wiederholte Morgan, der nicht einen Wimpernschlag zurückwich. Wir waren im Recht und wie es aussah, würde er die Sache durchziehen, komme was da wolle.
Ich hatte ein bisschen das Gefühl, dass ich hätte Angst haben sollen, aber ich machte mir vielmehr Sorgen um Morgan.
„Das sind korrupte Bullen! Macht sie kalt!“, schrie Sandell. „Ich hab die Beweise gleich –“
Mein Körper spannte sich in Erwartung einer Kugel an, aber just in dem Moment heulte eine Sirene und zog allgemeine Aufmerksamkeit auf sich. Denn es war nicht die normale Sirene eines Polizeiautos, sondern ein tiefes brrp-brrp und es kam von einem riesigen schwarzen Panzerwagen mit einem goldenen Adler auf der Seite und mit Fenstern, die so schwarz waren, dass sie alles Licht in sich aufzusaugen schienen. Nachdem der Wagen mit einem grollenden Knirschen zum Stehen gekommen war, flogen explosionsartig die Hintertüren auf und eine SWAT Einheit ergoss sich aus dem Gefährt; eine wahre Flut riesiger, grimmig dreinblickender Männer. So glücklich ich auch über die Rettung war, etwas an diesen Männern mit ihrer Ganzkörperpanzerung und ihren in meine Richtung gerichteten automatischen Waffen war ein wenig beängstigend.
„Waffen fallenlassen und auf den Boden“, bellte ein Berg mit den Streifen eines Lieutenants auf seiner schwarzen Weste. „Sofort.“
Es war lustig, mit welcher Geschwindigkeit eine SWAT Einheit einen korrupten Bullen und seine Handlanger dazu bringen konnte, ihre Waffen wegzuwerfen und den Asphalt zu küssen. Keiner der Männer am Boden rührte sich oder schien auch nur zu atmen. Ich würde mich allerdings nicht bäuchlings zu Boden werfen und wie es aussah Morgan auch nicht. Er steckte lediglich seine Waffe ein, stemmte die Hände in die Hüften und stieß einen hörbar angewiderten Seufzer aus.
Die SWAT Einheit rückte vor, um die am Boden liegenden Männer festzunehmen, mit Ausnahme des Lieutenants. Er kam zu uns herüber und seine Einheit teilte sich vor ihm wie das Meer vor Moses. Mich auch nur zu rühren, stand vollkommen außer Frage. Sein Rang sprach aus jedem seiner dicken Muskeln, seinen selbstbewussten Schritten, seiner schlichten Masse. Seine Schultern allein reichten aus, mich von jeglicher Herausforderung absehen zu lassen.
Nachdem er uns erreicht hatte, nahm er Helm und Fliegersonnenbrille ab, schenkte mir ein völlig unerwartetes Lächeln und packte Morgans Schulter.
„So“, sagte der Lieutenant mit einem leisen, warmen Lachen. „Du hast also Verstärkung angefordert, was?“
Ich war erschüttert. Wir waren gerade vom Terminator gerettet worden und der neckte Morgan jetzt. Was war hier los?
„Was zum Henker macht ihr hier?“, grollte Morgan und wies mit einer Geste auf die gepanzerten Männer. „Ich hab Verstärkung angefordert, nicht die Mongolenhorde.“
„Wir waren deiner zwanzig am nächsten und Teufel auch, ich habe fast einen Herzanfall bekommen, als ich gehört habe, dass du Hilfe brauchst“, sagte der Lieutenant und wackelte mit den Augenbrauen. „Du rufst nie nach Verstärkung – sie dachten, es gäbe einen Aufstand.“
Morgan schüttelte den Kopf. Er schien gereizt über diese mir sehr einleuchtend erscheinende Erklärung und spätestens da wäre es mir klargeworden, wenn ich es nicht schon gesehen hätte: dasselbe tiefschwarze Haar, wenn auch kürzer geschnitten, das schalkhafte Glitzern in dunkelblauen Augen und den auf seine gepanzerte Weste aufgestickten Namen Morgan.
„Wo sind deine Manieren, Mann? Stell uns vor.“
Morgans Antwort war ein angewidertes Knurren. Gereiztheit strömte wie in Wellen von ihm aus, als er mit einem knappen Kopfnicken in meine Richtung wies. „Deputy US Marshal Miro Jones, der diese Woche mein neuer Partner war. Jones, dieser Arsch ist mein älterer Bruder, Lieutenant Connor Morgan.“
„SWAT, hm?“, sagte ich und steckte meine Glock weg.
„Con hat schon immer den längsten Schwanz haben müssen“, erwiderte Morgan sarkastisch. „Weil Waffe und Dienstmarke nicht genug waren, brauchte er noch einen Panzer und einen Rammbock.“
„Die Sorte kenne ich.“ Ich hatte selbst einen Green Beret mit ähnlicher Disposition zu Hause.
Connors Jungs sammelten die auf dem Asphalt liegenden Waffen ein und die daneben liegenden Männer gleich mit. Kabelbinder war dabei im Spiel, aber keine Proteste. Niemand legt sich mit SWAT an. Wenn sie auftauchen, werden keine Fragen gestellt. Das weiß jeder, selbst absolut korrupte Dreckskerle, die für die DEA arbeiten. Die nicht-korrupten wussten, dass sie mit maximal einem blauen Auge davonkommen würden, aber dem Rest war klar, dass sie keine Chance hatten, aus der Nummer wieder rauszukommen.
„He, Moment“, sagte Morgan und packte Connor am Oberarm. „Wir sagen Miki aber nichts davon.“
Connor brach in schallendes Gelächter aus. „Na, dann schlage ich vor, dass du und der Marshal euch schleunigst verdrückt. Die Zentrale hat mich gerade informiert, dass Dad unterwegs ist.“
„Scheiße, dann kommen als nächstes die Aasgeier mit ihren Kameras“, grollte Morgan und sah sich suchend um. „Wir sehen uns auf dem Revier.“ Connor nickte und Morgan griff nach seiner Hand. Connor drückte sie einen Moment lang fest.
„Danke, Con.“
„Immer doch“, murmelte sein Bruder und die zwei Worte reichten aus, die Tiefe des dahinterliegenden Gefühls zu hören.
Ich folgte Morgan, der mit schnellen Schritten die Straße entlangging und dabei den Leuten auswich, die wie magisch von dem Aufruhr angezogen wurden, den wir hinter uns zu lassen versuchten. Mit zwei Schritten hatte ich ihn eingeholt und ging neben ihm her. Ich hatte eine Frage.
„Ihr Vater?“
Er knurrte.
„Heißt auf Englisch, was?“
Er seufzte schwer. „Er ist ein Captain und wir waren knapp an der Grenze seines Reviers.“
Okay, ich hatte zwei Fragen. „Sie haben eine Menge Bullen in Ihrer Familie, oder?“
„Sie haben ja keine Ahnung. Bei der letzten Zählung waren es fünf. Wir haben einen, der Feuerwehrmann ist, weil, na ja. Er kann eben nicht mit einer Waffe umgehen. Und einen Professor. Geschichte, an der Uni. Unser Nesthäkchen hat sich noch nicht entschieden. Sie würde es glatt auch machen, wenn sie Pumps zu ihrer Uniform tragen dürfte.“
„Wer ist Mickey? Wie die Maus? Ehefrau? Freundin?”
„Miki, kein E und kein Y, und er ist mein Freund.“
„Alles klar.“
Ich musste nach meiner Nahtoderfahrung von eben noch eigenartig geklungen haben, denn obwohl er schnaubend lachte, lag in seiner Stimme eine gewisse Schärfe, als er sprach. „Problem damit?“
„Oh, Himmel, nein“, versicherte ich ihm. „Ich war nur neugierig.“
Sein Lachen wurde warm.
„Danke, dass Sie mir das Leben gerettet haben.“
„Das war mein Bruder.“
„Nein, das waren Sie.“
Er zuckte die Schultern. „Danke, dass Sie mir geglaubt haben. Es wäre für Sie genauso einfach gewesen, Sandell Glauben zu schenken.“
„Ich habe gute Erfahrungen mit Iren“, neckte ich ihn.
„Haben Sie, ja?“
Ich grinste ihn an.
AUF DEM Revier lud Morgan die Dateien von meinem Handy herunter und wir sahen durch die Glasscheibe hindurch zu, wie Koegle, Sandells Vorgesetzter, Morgans Vorgesetzten, Lieutenant Casey, anschrie.
Koegle lief rot an. Casey sah gelangweilt aus.
„Ihr Boss ist ein ziemlich gelassener Typ, oder?“
Morgan schnaubte spöttisch. Anscheinend passierte Casey so etwas ständig. Als wir vorhin in das Großraumbüro voller Schreibtische gekommen waren, das sich vor Caseys Büro erstreckte, hatte der Leiter der DEA dort bereits auf der Lauer gelegen und sich wutschnaubend auf uns gestürzt.
„Sie hatten keinen Haftbefehl, Morgan! Wie zum Henker sind Sie überhaupt –“
„Sir“, unterbrach ich ruhig.
„Sie glauben, Sie könnten einfach –“
„Sir.“ Ich räusperte mich und sprach ein wenig lauter.
„ – mir nichts dir nichts – “
„Sir“, blaffte ich und als er sich, deutlich verärgert, zu mir umwandte, hielt ich meine Dienstmarke hoch. „Deputy US Marshal Miro Jones von der Niederlassung in Chicago“, erklärte ich. „Ich bin vorübergehend für einen Einsatz in Zusammenarbeit mit dem Northern District hier und –“
„Es kümmert mich einen Scheißdreck, wer Sie glauben –“
„Zurücktreten“, rief eine neue Stimme.
Es war lustig: Alles drehte sich synchron um und sahen dem sehr großen, sehr elegant gekleideten Mann in Überzieher über marineblauem Nadelstreifenanzug mit braunen Knöpfen und rotem Einstecktuch entgegen, der das Büro in Begleitung von vier weiteren Männern betreten hatte. Er sah sehr gut aus – was ich schon bei unserem ersten Treffen, als ich in die Stadt gekommen war, gedacht hatte – und war genauso einschüchternd wie mein Vorgesetzter, mit tiefbrauner Haut und hellbraunen Augen, die den ganzen Raum mit einem einzigen Blick erfassten, wie Kage das auch konnte. Es entsprach nicht explizit dem Standardverfahren, irgendwelche hohen Tiere zu besuchen, wenn man in ihre Stadt kam, aber Vance und Kage waren befreundet, also war ich angewiesen worden, meinen Respekt zu erweisen.
„Wer zum Teufel sind –“
„Supervisory Deputy Xavier Vance“, stellte er sich vor und kam um Sandells Vorgesetzten herum auf mich zu.
Ich nahm die mir angebotene Hand und er klopfte mir auf die Schulter.
„Alles in Ordnung, Jones?“
„Jawohl, Sir.“
„Ausgezeichnet“, sagte er mit tiefer Stimme. „Kage will Sie noch heute Abend im Flieger sitzen haben.“
„Jawohl, Sir“, sagte ich mit einem Lächeln. „Er scheint aus dem Urlaub zurück zu sein.“
„Weshalb ich seinen Anruf erhalten habe, ja.“
„Jawohl, Sir.“
Er wandte sich an Morgan und streckte erneut seine Hand aus. „Ich muss mit Ihrem Vorgesetzten sprechen.“
Nachdem Morgan seine Hand geschüttelt hatte, sagte er: „Sie finden ihn gleich dort drüben“, und wies mit seinem typischen knappen Kopfnicken auf seinen Lieutenant hinter der Glaswand seines Büros. „Sein Name ist Casey.“
Sie gingen allesamt in das Büro und wir sahen zu, wie der DEA Typ vollkommen durchdrehte, kaum dass sich die Tür geschlossen hatte. Casey und Vance sahen gelangweilt aus, während Koegle sich ereiferte.
Das tat er eine ganze Weile lang. Aber jetzt war es Vance, der die Stimme hob. Mir fiel auf, dass sich sein geballter Zorn auf den Typ von der DEA richtete.
„Es ist gar nicht so verkehrt, wissen Sie“, sagte ich und wandte mich von der Szene in dem Büro ab und Morgan zu.
„Was?“, fragte er.
„Einen Supervisory Deputy zum Freund zu haben“, erklärte ich ihm. „Vance ist ein guter Mann und er schuldet Ihnen etwas.“
„Wofür schuldet er mir etwas?“
„Dafür, dass Sie mir das Leben gerettet haben.“
„Na, Sie haben mir und Brandt geholfen.“
„Wir geht es ihm übrigens?“
„Ihm geht’s gut. Sollte ich jemals hier rauskommen, werde ich auf dem Heimweg bei ihm vorbeifahren.“
„Auf dem Heimweg zu Ihrem Miki.“
„Genau, auf dem Heimweg zu meinem Miki.“
„Der Sie umbringt, wenn er herausfindet, dass Sie heute beinahe gestorben wären, richtig?“
„Sie haben ja keine Ahnung. Er würde mir glatt die Kaldaunen aus dem Leib reißen.“
Der plötzlich starke Akzent war überraschend. Ich nahm an, dass er nur dann auftrat, wenn Morgan emotional aufgewühlt war. Wie in diesem Moment. „Vielleicht findet er es ja nicht heraus.“
„Er hatte heute Session, die Chancen stehen also gut.“
„Session?“
„Aufnahme.“
„Oh, dann – er ist Musiker?“
Morgan nickte.
„Ist er bekannt hier in der Gegend?“
„Und auch anderswo.“
„Ja? Glauben Sie, dass ich auch schon von ihm gehört habe?“
„Vielleicht.“ Morgans Lächeln war schelmisch. „Miki St. John.“
Ich kannte den Namen. „Er ist der Frontman einer Rockband, richtig?“
Morgans sichtlich erfreutes Lächeln blendete mich fast.
Ich zuckte ein wenig zusammen. „Ich bin ja mehr ein Blues Fan. Ian ist der Rocker.“
„Ian?“
Wir hatten in unserer kurzen Bekanntschaft über wenig mehr gesprochen als über den Fall, weshalb ich auch erst jetzt von seinem Rockstar erfuhr und er den Namen Ian zum ersten Mal hörte. „Ja, mein –“ es war immer noch komisch, der Sache einen Namen zu geben – „Partner“, sagte ich schließlich. Das war nicht ganz richtig, aber auch nicht ganz falsch. „Sie würden ihn mögen, er ist Ihnen sehr ähnlich. Ich bin mir sicher, Sie würden zusammen in alle möglichen Schwierigkeiten geraten.“
„Was Sie Schwierigkeiten nennen, nenne ich gute Polizeiarbeit.“
„Das bezweifle ich nicht“, sagte ich herablassend.
Ich hörte Unruhe am Ende des Flurs, drehte mich um und sah Connor hereinkommen, einige seiner Männer im Gefolge. Er schlenderte zu uns herüber – ich würde mich auch so bewegen, wenn ich er wäre – und informierte uns darüber, dass die DEA Agenten unten darauf warteten, vernommen und dem Haftrichter vorgeführt zu werden.
„Sie werden alle davonkommen“, sagte ich.
Connor nickte. „Die Frage ist nur wann.“
„Wie ich sehe, liegt Boshaftigkeit in der Familie.“
Morgan grinste breit. „Wenn Sie länger blieben, würde ich Sie glatt meiner Mutter vorstellen, damit Sie sehen, wie wahr diese Aussage ist.“
„Du hast es übrigens in die Nachrichten geschafft“, informierte Connor Morgan mit einem Glitzern in den Augen.
„Scheiße“, winselte Morgan und drehte sich zu mir um. „Sie nehmen mich besser in Schutzhaft.“
„Warum? Ihr Freund ist ein Rockstar. Wie furchteinflößend kann er schon sein?“
Connors schallendes Gelächter war ein klein wenig beunruhigend.
ES DAUERTE Stunden, Ordnung in die Sache zu bringen, alle Beweismaterialien zusammenzutragen, Sandell hinter Gitter zu stecken und Hein aus seinem Büro abzuholen, wo wir ihn gelassen hatten, und ihn ebenfalls in eine Zelle zu stecken. Es würde einige Zeit erfordern, um herauszufinden, wer von den DEA Agenten korrupt war und wer nicht, also wurden erst einmal alle verhaftet und vom Dienst suspendiert. Ich war mir ziemlich sicher, dass Brandt befördert wurde, sobald er aus dem Krankenhaus kam. Er war einiger der wenigen, die übriggeblieben waren, die frei vom Korruptionsverdacht waren.
Da Morgans verdeckte Ermittlung mit Caseys vollem Segen stattgefunden hatte, blieb der Polizei von San Francisco letztendlich wenig mehr zu tun, als Sandell und Hein in den Gewahrsam der Marshals zu übergeben. Der DEA teilten sie mit, sie könnten sie mal gernhaben und ignorierten Koegle dann völlig. Ich machte mir ein wenig Sorgen, dass Morgan sich den Mann zum Feind gemacht hatte. Aber da er sich andererseits Vance zum Freund gemacht hatte, hielt sich das vermutlich in der Waage. Er selbst schien jedenfalls unbesorgt.
Später am Abend fuhr er mich zum Flughafen, wo wir uns voneinander verabschiedeten. Er umarmte mich und ich versuchte, ihm das Versprechen abzuringen, Chicago einmal einen Besuch abzustatten.
Er zuckte zusammen. „Es ist aber verdammt kalt in Chicago, oder? Ich meine, hier kann es auch kalt werden, aber bei euch da oben ist es so richtig arktisch.“
Ich schüttelte den Kopf. Er lachte leise und wartete, bis ich das Flughafengebäude betreten hatte, bevor er losfuhr.
Auf dem Weg zum Terminal huschte ich in einen der letzten offenen Läden, um eine Flasche Wasser zu kaufen, die ich im Flieger trinken konnte und mein Blick fiel auf das Cover des Rolling Stone.
„Kein Scheiß“, sagte ich und starrte hinunter auf Miki St. John und den Rest seiner Band, bevor ich die Zeitschrift aus dem Regal nahm. Kane Morgan war ein Glückspilz. Genau wie jeder andere Mann und jede andere Frau, dem oder der der Rest der Jungs gehörte. Wie sie alle so zusammenstanden, waren sie nahezu atemberaubend umwerfend.
„Ist das alles?“, fragte mich die Kassiererin.
„Ich kenne seinen festen Freund“, erzählte ich ihr und zeigte auf die Zeitschrift.
Sie nickte herablassend und scannte meine Einkäufe.
Ich war überrascht, als mein Handy klingelte, während ich am Gate wartete und gleich doppelt, als ich den Namen auf dem Display sah.
„Hi“, sagte ich heiser.
„Du musstest von einer SWAT Einheit gerettet werden?“, grollte er.
Es war wirklich gut, seine Stimme zu hören. Er klang zwar angespannt, aber trotzdem. „Es war nicht so wild, wie es im Fernsehen ausgesehen hat“, versicherte ich Ian und fragte mich, ob Morgan schon die Kaldaunen aus dem Leib gerissen wurden. Die Nachrichtensender hatten es allesamt geschafft, die ganze Situation sehr viel brenzliger darzustellen, als sie gewesen war, auch ohne die Nennung unserer Namen.
„Du solltest besser schon auf dem Heimweg sein.“
„Bin ich.“ Ich schluckte hart. „Du auch?“
„Jepp.“
Ein zweiwöchiger Einsatz der Sondereinsatzkräfte hatte sich zu einem etwas-mehr-als-vier-Monate langen Marathon ausgewachsen, von daher sandte es mir einen freudigen Schauer über den Rücken, zu hören, dass er nach Hause in unser überteuertes Greystone kam. Ich hatte ihn so sehr vermisst. „Ich warte gerade aufs Boarding, bin also morgen früh zu Hause. Du?“
„Samstagabend.“
Mein Magen, der sich früher am Tage angesichts des drohenden Todes nicht gerührt hatte, verkrampfte sich bei diesen Worten. Ich seufzte tief. „Ich kann‘s kaum erwarten, dich zu sehen.“
„Ich auch nicht“, krächzte er.
„Ian?“
„Gottverdammt, Miro, du sollst zu Hause bleiben, wenn ich nicht bei dir bin!“
„Es war nicht meine Schuld“, sagte ich mit einem Lächeln, das er nicht sehen konnte. „Sondern Phils.“
„Wer ist Phil?“
Ich berichtete ihm von dem Vollpfosten, der die Vertretung gemacht hatte, während unser Vorgesetzter zusammen mit seiner Familie in den wohlverdienten Urlaub gefahren war.
„Ich wette, Kage hat ihn bereits gelyncht.“
„Würde ich ihm durchaus zutrauen. Kage hat Anweisungen hinterlassen und Tull hat denen direkt zuwidergehandelt. Wir wissen beide, wie gut so was bei ihm ankommt.“
Er knurrte.
„Und du bist noch heil und ganz?“, fragte ich und versuchte mir die Besorgnis nicht anhören zu lassen.
„Bin ich.“
„Irgendwelche neuen Narben, von denen du mir erzählen willst?“
„Nein“, sagte er zögernd und endlich hörte ich den Schmerz in seiner Stimme. „Aber Sonntag … musst du mit mir zu einer Beerdigung kommen.“
„Natürlich“, hauchte ich und wartete darauf, zu hören, wer gestorben war.
„Ein Kumpel von mir.“
Ich hatte befürchtet, dass es sein Vater war. Ian und sein Vater standen sich alles andere als nahe und das letzte Mal, als sie sich gesehen hatten, endete katastrophal, aber … „Also ist dein Freund –“
„Laird. Eddie Laird.“
Das war schnell gegangen. „Er war also nicht mit im Einsatz?“
„Nein.“
Dies war nicht der richtige Zeitpunkt, um nach Einzelheiten zu fragen, aber ich konnte mir nicht helfen: Ich war neugierig. „Okay, also sehen wir uns dann Samstag zu Hause. Ruf mich an, wenn du –“
Er räusperte sich. „Nein, ähm. Warum kommst du mich nicht abholen?“
Ich war tief berührt. Das war mir noch nie erlaubt gewesen. Die meiste Zeit über wusste Ian nicht, wann genau er nach Hause kommen würde, aber mehr noch als das, mochte er es, wenn seine Heimkehr privat blieb, sozusagen unter uns. Er war nicht der Typ für öffentliche Liebesbekundungen und die Begrüßung der vom Einsatz heimkehrenden Soldaten war laut. Artilleriefeuer, Explosionen, das Dröhnen von Stiefeln, damit hatte Ian kein Problem. Helle Freudenschreie hingegen waren zu viel für ihn.
„Miro?”
„Entschuldige. Du hast mich nur noch nie vorher am Flughafen haben wollen.“
„Ja, also, jetzt will ich.“
Ich war aufgeregt und nervös zugleich, denn wenn ich ihn am Flughafen abholte, dann begegnete ich vermutlich auch den anderen Männern seiner Einheit. In der Vergangenheit hatte ich nur einen von ihnen kennengelernt und der hatte sich kurz darauf versetzen lassen, von daher wäre es das erste Mal für mich, dass ich die gesamte Gruppe traf. Aber vielleicht irrte ich mich da ja auch. Vielleicht kam Ian ja allein und das war der Grund für die Einladung. „Kommst du allein oder –“
„Nein, wir kommen alle mit derselben Maschine.“
Interessant. „Welche Nummer hat der Flug?“
Er nannte sie mir und ich hörte, wie er dabei scharf Luft holte. Das sagte mir zweifelsfrei, dass es ihm wehtat, sich zu bewegen. „Bist du sicher, dass du heil und ganz bist?“
„Ja.“
Eine so knappe Antwort war nie gut.
„Und bei dir, M?“, begann er leise. „Schläfst du gut?”
Ian war ein Green Beret, der Dinge gesehen und getan hatte, die mir jahrelange Albträume beschert hätten. Ich wusste, dass er in geheimer Mission in Ländern unterwegs gewesen war, in denen die USA nichts zu suchen hatte, dass Blut an seinen Händen klebte und dass zahlreiche Schrecken ihn verfolgten. Ich hingegen hatte nur einen. Nur einen Mann, nur einen Augenblick, der mir bewiesen hatte, wie sinnlos es sein konnte, sich zu wehren und wie abgrundtief hilflos ich war. Ich fühlte mich geradezu lächerlich schwach und jämmerlich bei dem Gedanken daran, mich bei Ian über die posttraumatische Belastungsstörung zu beklagen, die das Resultat meiner Entführung durch Dr. Craig Hartley war. Unser Abteilungspsychologe hatte die Diagnose gestellt, nachdem Ian in den Einsatz geschickt worden war, aber es war Ian gewesen, der mich dazu überredet hatte, überhaupt mit dem Herrn zu sprechen. Aber dem Mann, den ich liebte – und der seine eigenen Albträume und Nachtmahre hatte, die ihn verfolgten –, das zu gestehen, war nichts, das ich jemals auch nur in Betracht ziehen wollte.
„Miro?“
„Ich schlafe besser, wenn du hier bist.“ Das war nicht gelogen. Sex oder Kuscheln, ganz egal: Ich schlief wie ein Stein, wenn er an meinen Rücken gedrückt lag.
„Dito“, seufzte er.
Wenn wir noch länger miteinander sprachen, würde meine Stimme vermutlich ganz versagen. Ich vermisste ihn zu sehr, um mir die Emotionen nicht anhören zu lassen. „Okay, dann, wir sehen uns ja bald.“
„Ja, bald“, murmelte er.
Es herrschte Schweigen.
„Ian?“
Er räusperte sich leise. „Ich hab … dich wirklich vermisst.“
Ich konnte mir keine schöneren Worte vorstellen.
ES WAR sieben Uhr am Freitagmorgen, als ich am O’Hare ankam. Ich war überrascht, Kohn und Kowalski am Ausgang auf mich warten zu sehen.
„Was zum Teufel?“, fragte ich statt einer Begrüßung.
„Gute Arbeit in San Francisco“, sagte Kohn mit einem breiten Lächeln. „Meine Stadt ist der Hammer, oder?“
„Sie ist hügelig“, war alles, was ich dazu sagte. „Ich habe nicht viel von ihr gesehen. Ich war zu sehr damit beschäftigt, durch Hintergassen zu rennen und korrupte DEA Agenten zu verfolgen.“
Er zuckte die Schultern.
„Warum der große Empfang?“, fragte ich ihn und seinen Partner.
„Nuuun“, begann Kowalski mit einem selbstzufriedenen Lächeln. „Wir sind hier, um dich zum Frühstück einzuladen und dir dann offiziell das Sorgerecht für deine Kinder zurückzugeben.“
Ich war verwirrt und das musste sich auf meinem Gesicht gezeigt haben.
„Diese beiden Vollidioten, Cabot und Drake“, schnappte Kohn. „Himmelherrgott, Miro, die beiden sind ein Vollzeitjob!“
Ich lachte leise, obwohl ich ihm innerlich zustimmen musste. Drake Ford, jetzt Drake Palmer und Cabot Kincaid, der Cabot Jenner gewesen war, waren Zeugen, die Ian und ich nicht nur in Gewahrsam, sondern auch unter unsere Fittiche genommen hatten. Letzteres zum großen Teil deshalb, weil die beiden noch sehr jung gewesen waren, gerade mal achtzehn, als sie ins Zeugenschutzprogramm eingetreten waren und wir waren von Anfang an diejenigen gewesen, die sie kannten und zu denen sie eine Beziehung aufgebaut hatten.
„Erst hast du uns gebeten, ein Auge auf sie zu haben, als du und Doyle letztes Jahr nach Phoenix gegangen seid und dann wieder, während du dich von deiner Entführung erholt hast und –“
Ich machte diesem Unfug schnell ein Ende. „Das ist doch Blödsinn, Mann. Ian und ich haben sie euch sofort wieder abgenommen, nachdem ich nicht mehr am Schreibtisch festsaß.“
„Ja, und dann hast du sie uns wieder aufs Auge gedrückt, als sie dich nach San Fran geschickt haben, weil Doyle im Einsatz war. Wir sind jetzt hier, um sie dir offiziell zurückzugeben.“
„Was haben sie diesmal angestellt?“
Kohn warf die Hände hoch. „Drake hat ein kleines Mädchen gerettet, das am Navy Pier ins Wasser gefallen ist.“
Ich sah ihn finster an. „Und warum ist das etwas Schlechtes?“
Kowalski schüttelte den Kopf. „Sie zu retten war gut, aber zu vergessen, uns anzurufen, bevor er mit einem Reporter spricht … das nicht.“
„Oh, Scheiße“, stöhnte ich.
„Genau. Also waren wir drauf und dran, ihn und seinen Freund nach New Mexico oder sonst wohin zu schicken, aber sie haben uns was vorgejammert von wegen Uni und Jobs und – halt dich fest – dir und Doyle.“
„Verdammt.“
„Ich hab’s dir schon mal gesagt, die Jungs sind viel zu anhänglich. Kage sagt, entweder wir schicken sie weg oder sie sind raus aus dem Programm.“
„Aus dem Zeugenschutz?“
„Anscheinend ist die Sache, in der sie dringehangen haben, vorbei. Sie gelten derzeit nicht mehr als gefährdet.“
„Ihr habt euch das vom FBI bestätigen lassen?“
„Haben wir.“
„Das Ermittlungsverfahren ist abgeschlossen?“
„Er und sein Freund sind von jeglichem Verdacht befreit. Allerdings besteht die Bedrohung durch Cabots Vater, wie du sie in ihren Akten notiert hast, für sowohl Cabot als auch für Drake weiter. Also könnte man dafür argumentieren, sie im Zeugenschutz zu behalten. Nur eben nicht in Chicago.“
Ich verstand. „Also können sie entweder das Zeugenschutzprogramm verlassen und in Chicago bleiben oder im Zeugenschutzprogramm bleiben und Chicago verlassen.“
„Ganz genau“, sagte Kohn.
„Verdammt.“
„Kage gibt dir heute und das Wochenende Zeit, die Sache zu regeln. Montagmorgen will er einen Statusreport haben.“
„Warum schickt er euch als Botschafter, statt mir das selbst zu sagen?“
„Er hat dir ein Memo geschickt“, stellte Kohn klar. „Und uns. Hättest du gerne, dass er dich auch noch anschreit?”
Hätte ich nicht, nein.
„Ich meine, das kann er. Wir wissen beide, dass er gerne dazu bereit ist. Ich glaube, er ist einfach nur nachsichtig mit dir, bis Doyle wieder da ist.“
„Er kommt morgen zurück“, teilte ich ihnen mit.
„Gut“, sagte Kohn und grinste mich an. „Also, wie sieht’s aus, hast du Hunger?“
Kohn wollte ins Jam auf der Logan, aber Kowalski bestand auf ordentliche Portionen und etwas, das näher lag, also kehrten wir in einem Diner in der Nähe des Flughafens ein: Einem kleinen, billigen, nicht sehr sauberen Laden, in dem die kleine Portion Pfannkuchen aus sechs Stück bestand. Allein Kowalski beim Essen zuzusehen, war angsteinflößend.
Ich räusperte mich. „Das macht dir keine Angst?“, fragte ich Kohn und neigte den Kopf in Richtung Kowalski, der seine Gabel wie eine Schaufel verwendete.
„Ich passe auf, dass meine Hände seinem Mund nicht zu nahekommen und alles ist gut.“
Es war lustig, sie als Partner zu sehen: Eli Kohn, geschniegelt, metrosexuell, am ganzen Körper gewachst und attraktiv wie ein Model und der rülpsende Berg von einem Mann Jer – wofür auch immer das die Abkürzung war – Kowalski. Es machte Spaß, den Wortgefechten zwischen den beiden zuzuhören, besonders wenn es um Mode ging. Aber der Himmel stehe einem bei, wann man im Beisein des einen eine abfällige Bemerkung über den anderen machte. Ich hatte selbst gesehen, wie Kowalski einen FBI Agenten an die Wand genagelt hatte – im wahrsten Sinne des Wortes, nämlich gut einen Meter über dem Boden an eine Wand –, weil der dezent angedeutet hatte, dass Kohn sich mehr für seine Frisur zu interessieren schien als dafür, einen Flüchtigen festzunehmen. Der Typ konnte froh sein, dass er noch atmete.
„He.“
Ich sah von meinem Teller auf und Kohn an.
„Kannst du schlafen?“
Ich war es wirklich leid, dass die Leute mich das fragten. Ich konnte die dunklen Ringe unter meinen Augen genauso gut sehen wie alle anderen auch. Ich wollte nur nicht darüber reden. Es gab nichts zu reden. Die Albträume würden irgendwann auch wieder aufhören. „Warum, sehe ich nicht gut aus?“, zog ich ihn auf.
„Du siehst scheiße aus“, informierte Kohn mich und seine hochgezogenen Augenbrauen forderten mich dazu heraus, ihm zu widersprechen.
„Es geht mir gut“, murmelte ich und wandte mich wieder meinem Teller zu, obwohl ich nicht wirklich hungrig war.
„Ach, verdammt“, stöhnte Kowalski, als die Klingel über der Tür läutete und stieß Kohn mit dem Ellbogen an. „Da ist der Wichser schon wieder.“
Ich drehte mich auf meinem Sitz um und sah überrascht Norris Cochran auf mich zukommen, zusammen mit einem anderen Typen, den ich nicht kannte.
„Kann er denn nicht in Ruhe essen?“, fuhr Kohn Cochran an, als sie näherkamen.
Cochran sah ihn mit seiner arroganten Polizistenmiene an, die es nicht bis in seine haselnussbraunen Augen schaffte und als er uns erreicht hatte, schnappte er sich den Stuhl neben mir, drehte ihn um und ließ sich darauf fallen. Der Mann, von dem ich annahm, dass er sein neuer Partner war, setzte sich auf der anderen Seite neben mich, sodass ich mich zurücklehnen musste, um sie beide im Auge behalten zu können.
„Was zum Teufel willst du?“, fragte ich meinen ehemaligen Partner.
„Reizend“, sagte Cochran und lachte gezwungen. „Habe ich dir nicht gesagt, dass er eine Schwäche für mich hat, Dor?“
Der Typ zu meiner rechten nickte.
„Miro, das ist Dorran Barreto. Barreto, meine erste große Liebe, Miro Jones.“
Wir reichten uns nicht die Hand. Ich streckte ihm meine nicht hin und Barreto mir seine auch nicht.
„Was willst du?“, fragte ich Cochran erneut.
„Du erkundigst dich nicht erstmal nach meinen Kindern?“
„Deine Frau und ich sind auf Facebook befreundet“, teilte ich ihm mit. „Ich weiß, wie es deinen Kindern geht.“
Das überraschte ihn, das sagten mir die leise Irritation in seinen Augen und der Hauch einer Grimasse, die über sein Gesicht huschte. Aber es war sehr lange her, dass ich regelmäßig mit ihm zu tun gehabt hatte, also war ich ein wenig außer Übung, was die korrekte Interpretation seines Gesichtsausdrucks anging. Nicht, dass das eine Rolle gespielt hätte. Wir waren keine Freunde.
„Ist das jetzt das Neueste? Detectives stalken Marshals?“, köderte Kohn ihn.
Cochran warf ihm einen Blick zu. „Wenn Sie mir einfach gesagt hätten, wann er zurückkommt, anstatt mich zu ignorieren, dann hätte ich das nicht tun müssen.“
„Und ich habe Ihnen gesagt“, erwiderte Kohn grimmig, beugte sich vor und stach mit dem Finger in Cochrans Richtung, „dass es nicht unsere Angewohnheit ist, persönliche Informationen über Mitglieder unseres Teams an Leute herauszugeben, die weder Familie noch Freunde sind.“
„Ich bin sein ehemaliger Partner und ein Polizist.“
„Die Polizisten dieser Stadt sind, natürlich, absolut vertrauenswürdig“, schnaubte Kohn spöttisch.
„Ja, vielleicht nicht unbedingt“, rieb Kowalski Salz in die offene, tiefe Wunde, die die anhaltende Ermittlung des Justizministeriums gegen die Polizei von Chicago war. „Ich bin nicht sicher, ob einer von euch Wichsern weiß, was korrekte Verfahrensweise ist.“
Bevor die Dinge eskalieren konnten, stand ich auf und marschierte zur Tür. Cochran war keinen Schritt weit hinter mir.
Draußen auf dem Gehweg drehte ich mich zu ihm um, gereizt und ärgerlich, dass mein Essen kalt wurde, während ich hier herumstand und er trat einen Schritt zurück, um nicht in mich hineinzulaufen.
„Was willst du?“, knurrte ich, machte meiner Gereiztheit so Luft und es war mir egal, wie ich klang.
„Eine Waffe“, antwortete er geradeheraus und verschränkte die Arme vor der Brust, den Blick fest auf mich gerichtet.
„Warum.“ Keine Frage, eine Forderung, abgehackt und kalt.
„Es geht um Oscar Darra.“
Die Geschichte war allgemein bekannt. „Den ehemaligen Mafia-Vollstrecker?“
„Genau.“
Ich musste nachdenken. „Ich dachte, der wäre tot.“
„Ja, das dachten viele Leute, aber letzte Woche ist er bei einer Routinerazzia in einem türkischen Bad unten auf der Cicero wiederaufgetaucht.“
„Nein, wirklich?“
Er zuckte mit den Schultern.
„Wo zum Teufel hat er die ganze Zeit über gesteckt?“
„Hat sich in Springfield versteckt, zusammen mit irgendeinem Cousin.“
Ich knurrte und lehnte mich an die Außenwand des Diners. Im November, kurz vor Thanksgiving, war es in Chicago noch nicht bitterkalt, aber es war kühl. Ich war froh, ein Kapuzenshirt unter meiner Lederjacke zu tragen. Der Wind wäre mir sonst bis ins Mark gefahren. „Was hat das mit deinem Auftauchen hier zu tun?“
„Ich –“
„Wird das eine sehr lange Geschichte?“
Er antwortete nicht, räusperte sich lediglich und lehnte sich mit der Schulter gegen die Mauer, so dass er mich ansehen konnte. Für Passanten sahen wir aus wie zwei Kumpel, die sich beiläufig unterhielten.
„Na schön“, seufzte ich. „Erzähl sie mir.“
„Okay, also, nachdem wir Darra festgenommen und aufs Revier gebracht haben, fängt er an rumzutönen, dass er uns sagen wird, wo die Waffe ist, mit der Joey Romelli erschossen wurde, wenn wir uns auf einen Handel mit ihm einlassen.“
Ich schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung, wovon du redest.“
„Du erinnerst dich nicht an Romelli?“
„Ich erinnere mich an Vincent Romelli, der die Cilione Verbrecherfamilie geführt hat, aber er ist schon länger tot. Wer ist Joey?“
„Sein Sohn.“
„Er hatte einen Sohn?“
„‘Hatte‘ ist das richtige Wort, ja.“
„Wie ist der gestorben?“
„Nun, laut Darra wurde er von einem gewissen Andreo Fiore erschossen.“
„Von wem?“ Ich spürte, wie ich erneut wütend wurde. Ich spielte nicht gerne Verbrecher-Cluedo und schon gar nicht mit Cochran.
„Er war einer von Vincent Romellis Schlägern.“
„Okay, also, nur damit ich das richtig verstehe“, begann ich und drehte mich zu ihm um. „Ihr Jungs habt Darra geschnappt, weil er aus irgendwelchen Gründen in der Stadt war und als ihr ihn geschnappt habt, wollte er euch Fiore liefern, wenn er dafür nicht hinter Gitter muss.“
„Genau.“
„Warum interessiert euch das?“
„Na ja, zuerst hat es das nicht. Barreto und ich dachten, dass es purer Stuss ist, weißt du? Aber als wir den Ort untersucht haben, an dem er, wie er behauptet, die Waffe versteckt hat –“
„Das ist doch jetzt schon völliger Schwachsinn, Nor“, sagte ich, wobei mir sein Spitzname herausrutschte, als wären wir nie getrennt gewesen. Verdammt. „Ich meine –“
„Halt den Mund.“ Wir standen schweigend da. Er starrte mich an und ich wandte schließlich den Blick ab, weil ich keine Ahnung hatte, was um alles in der Welt ich sagen sollte.
„Es ist gut, dass du Hartley gefasst hast.“
Mein Blick schoss zu ihm zurück.
„Es tut mir leid, dass wir –“
„Es ist nicht –“
„Das ist es“, krächzte er und unterbrach mich, ergriff meinen Oberarm und drückte ihn fest. „Wir – Ich wusste nicht, wie ich mit dem, was geschehen ist, umgehen sollte. Es wäre besser gewesen, wenn du mich ihn hättest erschießen lassen.“
Ich räusperte mich. „Ich weiß.“
„Es sind noch mehr Menschen gestorben, weil du ihn an dem Abend am Leben gelassen hast.“
Ich befreite mich ruckartig aus seinem Griff und trat einen Schritt zurück. „Das weiß ich auch“, gab ich zurück, wütend, aber leise und spürte, wie Bedauern und Scham mich erst heiß und dann kalt durchliefen.
Er machte einen Schritt auf mich zu und packte mich an der Jacke. „Aber es war richtig, was du getan hast.“
Ich blickte suchend in sein Gesicht, denn was er da sagte, machte keinen Sinn.
„Wenn ich ihn erschossen hätte, dann wäre ich schuldig gewesen, denn er war bereits gefasst.“
Ich verstand wie kein anderer, denn ich war dagewesen. Hartley hatte mich in seiner Gewalt gehabt, hatte ein Messer in meine Flanke gerammt und Cochran hatte sich drohend über uns erhoben, Waffe mit beiden Händen umfasst. Er hätte Hartley erschießen können, hätte ihn töten können, wenn ich den Psychopathen nicht mit meinem Körper beschützt und meinen Partner so davon abgehalten hätte, zu einem Mörder zu werden.
„Du –“ seine Stimme wurde leiser und versagte „– hast das getan, um mich zu beschützen. Nicht ihn.“
Diese Offenbarung hatte auch nur fast vier Jahre gedauert. „Fick dich“, fauchte ich ihn wütend an und die Wut und der Schmerz über seinen Verrat – er hatte mich nicht ein einziges Mal besucht, als ich im Krankenhaus gelegen hatte – kochten über. Wie sie das immer taten, wenn ich an diese Zeit in meinem Leben erinnert wurde.
Er war meine Familie gewesen, er, seine Frau und seine Kinder, seine Eltern, seine Geschwister und in einem einzigen Augenblick war er verschwunden und sie mit ihm. Seine Frau hatte irgendwann ein Einsehen gehabt, aber niemand sonst und das schmerzte immer noch. Hauptsächlich aufgrund der Hilflosigkeit gegenüber der Tatsache, dass mir etwas weggenommen worden war, worüber ich keine Kontrolle gehabt hatte. Ich hasste das. Ich war ein Pflegekind gewesen und hatte nie ein Mitspracherecht über irgendetwas in meinem Leben gehabt. Immer wieder waren mir Dinge weggenommen worden und immer war ich hilflos gewesen. Dass genau dasselbe wieder geschehen war, nachdem ich schon älter und bereits erwachsen gewesen war, hatte mich misstrauisch gemacht gegenüber Partnerschaften und Vertrauen zu Menschen. Ian war es gewesen, der das geändert hatte; er war der Einzige, der stark genug gewesen war, die Mauer zu durchbrechen, die ich um mich herum errichtet hatte.
Von Anfang an war Ian schlicht davon ausgegangen, dass ich zu ihm gehörte: seine Rückendeckung, sein Freund, sein Schatten. Gerade weil er mich als selbstverständlich hinnahm, hatte ich mich geöffnet, hatte nachgegeben, hatte schließlich wieder gewagt, zu vertrauen. Jeden anderen außer Ian hätte ich auf Distanz halten können; jeden, der nicht das Naturell eines Rammbocks hatte, der ganz wütende Verwundbarkeit, gefährliches Temperament und wilde, urwüchsige Leidenschaft war. Jeden, der nicht ständig in meinem persönlichen Bereich war, nah, näher, eine Schulter an meine gelehnt, ein Knie, das an meines stieß, eine Hand auf meinem Arm. Aber es war einfach unmöglich, nein zu Ian Doyle zu sagen. Der Schmerz, der plötzlich in meiner Brust aufwallte, machte es mir schwer zu atmen.
„Fick mich?“, schrie Cochran, riss mich in die Gegenwart zurück.
Ich hatte mir nicht mal die Mühe machen können, in Gedanken bei der Sache zu bleiben, so wenig kümmerte Norris Cochran mich. Ich stieß ihn zurück und trat an die Parkplatzumrandung. Er folgte mir augenblicklich, machte einen Schritt um mich herum und pflanzte sich vor mir auf.
„Also“, sagte ich knapp und begegnete seinem Blick fest, „wenn Fiore Romelli getötet hat, woher hatte dann dein Mann die Waffe?“
Er holte tief Luft. „Fiore hat Romelli erschossen, da ist Darra sich sicher. Er war im Schlafzimmer, als er den Schuss gehört hat und als er rausgekommen ist, hat er jemanden durch die Haustür rennen sehen.”
„Also ist er ihm auf die Straße gefolgt?“
„Nein, Romelli wurde in seinem Penthaus ermordet.“
„Oh, also ist dein Mann ihm wer weiß wie viele Treppen runter gefolgt?“
„Ja“, bestätigte er. „Als sie auf der Straße angekommen waren, ist er ihm in eine Seitengasse gefolgt und hat gesehen, wie er die Waffe in einem Gully versteckt hat.“
„Warum sollte er das tun? Warum die Waffe nicht einfach mitnehmen?“
„Na ja, ich weiß nicht, ob du dich noch erinnerst, aber damals, als sein Vater gerade erst ermordet worden ist, haben sie Joey alle im Auge behalten. Sie haben ihn noch in derselben Nacht gefunden, eine knappe halbe Stunde nachdem der Schuss gefallen war.“
„Und dieser Fiore, er war ein Mafiavollstrecker wie Darra?“
„Nein, nein. Wie gesagt, er war nur einer von Vincent Romellis Schlägern.“
„Warum hat er dann seinen Sohn umgebracht?“
„Das wissen wir nicht.“
„Arbeitet er immer noch für Strada?“
„Nein, wir haben ihn durchs System gejagt, er ist sauber. Er ist immer sauber gewesen. Es war bekannt, dass er mit Vincent Romelli zu tun hatte. Er ist befragt worden, nachdem Vincent Romelli niedergemäht worden ist, aber er und sein Kumpel Sal waren die Einzigen, die davongekommen sind.“
„Aber –“
„Oh, sie und Joey Romelli.“
„Der Sohn war dabei, als sein Vater umgebracht wurde?“
„Ja. Fiore war derjenige, der ihn aus dem Massaker rausgebracht hat.“
Ich brauchte einen Moment. „Wie bitte, was?“
„Ich weiß!“, fuhr er mich an. „Es macht keinen Sinn!“
„Also hat Fiore ihn erst gerettet, sich dann umgedreht und ihn erschossen?“ Ich konnte das nicht glauben. „Das will Darra euch glauben machen?“
„Ja.“
„Sag ihm, er kann dich mal und verklag den Lügner.“ Ich war fertig und drehte mich um, um zu gehen.
Er packte mich an der Schulter, um mich aufzuhalten und ich wand mich instinktiv aus dem Griff heraus, denn ich mochte es nicht, festgehalten zu werden.
„Warte“, rief er. „Die Waffe, die er uns geliefert hat. Die Ballistik stimmt überein.“
