Tom Prox 115 - Frederic Art - E-Book

Tom Prox 115 E-Book

Frederic Art

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Als sich in Arizona Gefängnisrevolten und Ausbrüche häufen und in der Folge der durch das Prohibitionsgesetz strikt verbotene Handel mit Alkohol immer rasanter zunimmt, ruft Gouverneur Walt Dean die Ghostsquad zu Hilfe.
Captain Tom Prox lässt nun Snuffy Patterson als vermeintlichen Mörder ins berüchtigte Gefängnis von Belen einschleusen, wo der Sergeant einen Ausbruch inszeniert und mit einigen der Alkoholschmuggler flüchten kann. Dann aber entgleitet Snuffy die Kontrolle, und er gerät in Lebensgefahr. Nicht zuletzt, weil das Geflecht der verbrecherischen Hintermänner bis in höchste Positionen reicht. Schließlich kommt es zu einem buchstäblichen Feuersturm, der alle, Ghosts und Gangster, zu verschlingen droht ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 160

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

McPhersons »Oil Company«

Aus dem Wilden Westen

Vorschau

Impressum

McPhersons »Oil Company«

Von Frederic Art

Als sich in Arizona Gefängnisrevolten und Ausbrüche häufen und in der Folge der durch das Prohibitionsgesetz strikt verbotene Handel mit Alkohol immer rasanter zunimmt, ruft Gouverneur Walt Dean die Ghost Squad zu Hilfe. Captain Tom Prox lässt nun Snuffy Patterson als vermeintlichen Mörder ins berüchtigte Gefängnis von Belen einschleusen, wo der Sergeant einen Ausbruch inszeniert und mit einigen der Alkoholschmuggler flüchten kann. Dann aber entgleitet Snuffy die Kontrolle, und er gerät in allerhöchste Lebensgefahr. Nicht zuletzt, weil das Geflecht der verbrecherischen Hintermänner bis in höchste Positionen reicht. Schließlich kommt es zu einem buchstäblichen Feuers‍turm, der alle, Ghosts und Gangster, zu verschlingen droht ...

1. Kapitel

»Es gibt nur einen einzigen Weg, um dem Übel zu Leibe zu rücken«, erklärte Gouverneur Dean. »Wir müssen die fähigsten Beamten der Special Police mit dem Fall betrauen. Ich habe Sie hierher gebeten, meine Herren, um den Fall nochmals mit Ihnen durchzusprechen.«

»Die Abgeordneten erwarten endlich radikale Maßnahmen«, fiel einer der Männer dem Gouverneur heftig ins Wort. Es war ein kleiner, untersetzter Herr mit gerötetem Gesicht und kurzem Atem. »Es ist ein Skandal, dass es überhaupt so weit kommen konnte. Dauernd die Revolten in den Zuchthäusern, dann der illegale Schnapshandel und so weiter. Wir haben die Prohibition nicht eingeführt, damit nun die Bevölkerung mit Methylalkohol vergiftet wird.«

Walt Dean winkte ab. »Sie wissen, dass ich ein Gegner der Prohibition bin. Ich habe nie die Ansicht vertreten, dass ein Verbot und Ausschank alkoholischer Getränke den Staaten auf Dauer von Nutzen sein könnte. Aber das Gesetz ist nun mal da, und wir haben dafür zu sorgen, diesem auch Geltung zu verschaffen. Sie können heute in jeder Kneipe Alkohol kaufen ... in Kaffeetassen serviert. Und ich glaube nicht, dass jemand von uns noch nicht von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat.«

Der Gouverneur sah von einem zum anderen. Er verzog sein Gesicht zu einem feinen Lächeln. Die Männer starrten verlegen vor sich hin. Jemand räusperte sich. Nur der rotgesichtige Abgeordnete blieb unbeeindruckt.

»Ich habe davon noch nie Gebrauch gemacht«, verkündete er aufgeblasen.

»Das sollte mich freuen, Mr. Waller«, entgegnete Dean zwar freundlich, doch in seinem verbindlichen Lächeln lag etwas, was man durchaus als Verachtung für die übertriebene Tugendhaftigkeit des Abgeordneten verstehen konnte.

»Die Presse ist besonders über die zunehmende Häufigkeit der Zuchthausrevolten in Arizona aufgebracht«, stellte einer der Männer weiter fest. »Was hat die Polizei dagegen unternommen?«

»Wir haben die Fälle mit aller Gründlichkeit untersucht«, berichtete der Gouverneur langmütig. »Zum Teil scheint es an dem Versagen der verantwortlichen Beamten zu liegen.«

»Und wie steht die Sache in Fairbank, Gouverneur? Tausend Liter reinsten Whiskys! Ein Skandal ist das! Hat die Regierung nicht vor Jahresfrist behauptet, es würden sich keine zehn Flaschen Alkohol mehr im Lande befinden, he?«

»Natürlich gibt dieser Vorfall zu denken. Er beweist, dass hier gut organisierte Kräfte am Werk sind, die das Land mit riesigen Schnapsmengen versorgen. Die Hintermänner müssen enorme Gelder an dem Geschäft verdienen. Wir sind uns klar darüber, dass etwas geschehen muss. Mit den üblichen Methoden haben wir nichts erreicht. Deshalb habe ich mich mit Washington in Verbindung gesetzt und den Einsatz der Special Police verlangt. Ich denke, dass wir mit deren Hilfe den Drahtziehern nun bald das Handwerk legen können.«

»Vielleicht fragen wir mal einen von der Straße, der wird uns den Namen bestimmt sagen können!«

»Beruhigen Sie sich! Ich kann Ihnen jemanden nennen, der Ihnen in kürzester Zeit den Namen dieses Mannes verraten wird.«

Das Murmeln der Männer verstummte. Sie sahen den Gouverneur an, als habe er einen schlechten Witz gemacht.

»So? Und wer soll dieses Wunder vollbringen?«, höhnte der rotgesichtige Abgeordnete.

»Dort sitzt er, Gentlemen.« Der Gouverneur deutete mit der Rechten auf den schweigsamen, kräftigen Mann mit den stahlblauen Augen neben sich. »Das ist Captain Tom Prox vom Sonderdezernat der Special Police. Er wird den Fall übernehmen.«

Sie alle hatten schon oft genug diesen sagenumwobenen Namen gehört. »Ghostchef« wurde er auch genannt. Er kommandierte eine Gruppe ausgewählter Beamter, die immer dort eingesetzt wurde, wo die normalen polizeilichen Maßnahmen versagten. Man nannte diese Truppe auch die Ghost Squad.

»Das hätte man eher machen sollen«, nörgelte Mr. Waller. »Dann wären vielleicht all die Schweinereien in den Zuchthäusern nicht geschehen.«

»Heute in genau vier Wochen treffen wir uns wieder in diesem Zimmer. Dann sollen Sie den Namen hören, Mr. Waller«, erklärte Tom Prox verbindlich.

Der Gouverneur lehnte sich in seinem Stuhl zurück und begann mit dem Ende seines Bleistiftes auf der Tischplatte zu trommeln. Das war für die Männer das Zeichen zum Aufbruch. Sie standen geräuschvoll auf, nahmen ihre Taschen und Aktendeckel unter den Arm und verließen mit einem kurzen Gruß den Raum.

Prox lächelte, griff nach der angebotenen Zigarre, biss säuberlich die Spitze ab und entzündete ein Streichholz.

»Was ist dieser Abgeordnete Waller für ein Mann, Gouverneur?«, fragte er beiläufig.

»Waller ist einer, der immer nur Schwierigkeiten macht. Er wurde mit mir zum Abgeordneten gewählt. Gehörte vorher Dan Rolls Partei an. Sattelte aber im letzten Moment um, weil er wohl merkte, dass dieser nicht landen konnte; so ist er in die Regierung gekommen. Ein verdammter Stänkerer! Aber halten Sie, um Gottes willen, den Mund. Im Übrigen muss er einen ziemlichen Einfluss haben.«

»Schon möglich«, antwortete Tom Prox unerschüttert. »Tätigt er irgendwie Geschäfte? Ich hörte, dass er Aktien einer Ölgesellschaft besitzen soll.«

»Wo? Hier in der Nähe?«

»Nein, weiter unten im Süden. Warten Sie mal ... ja, McPhersons Oil Company heißt sie. Ich kann mich jetzt daran erinnern. McPherson ist ein Name, der auch in meiner Verwandtschaft vorkommt.«

»Und wo diese Gesellschaft ihren Sitz hat, wissen Sie nicht zufällig?«

»Keine Ahnung. Hatte bisher keine Veranlassung, mich mit Waller darüber zu unterhalten. Aber was interessiert Sie das?«

»Ich überlege nur, ob es sich nicht lohnen würde, wenn ich meinen Beruf wechseln würde.« Der Gouverneur streifte die Asche seiner Havanna ab und warf Tom Prox einen langen Blick zu. »Hören Sie mal, Captain, ich habe so den Eindruck, als wüssten Sie viel mehr von den ganzen Dingen, als Sie mir gegenüber zugegeben haben.«

»So ...?«, dehnte Prox.

»Was ist das wieder für eine Schweinerei im Zuchthaus von Belen? Hatte ich Sie nicht für die Sicherheitsmaßnahmen in den Zuchthäusern verantwortlich gemacht, nachdem mehrere Revolten vorgekommen waren? Trotz der verschärften Kontrollen konnten erneut sechs Männer ausbrechen. Wie kommt überhaupt ein Lastwagen in den Zuchthaushof?«

»Ich habe ihn dorthin beordert«, erklärte Tom Prox gelassen. Er sog an seiner Zigarre, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt.

Dean fuhr in seinem Sessel auf und starrte ihn verblüfft an.

»Wie ...? Was ...? Sie haben ...?«

»Ja, ich habe«, erwiderte Tom Prox ruhig. »Ich habe den Wagen zur richtigen Zeit bestellt und die Wachen im selben Augenblick ablösen lassen, als die Zuchthäusler den Ausbruchversuch unternahmen. Ich habe sogar den Direktor angewiesen, nicht vor Tagesanbruch seine Meldung an Sie weiterzugeben, um den Banditen den notwendigen Vorsprung zu verschaffen, verstehen Sie!«

»Das grenzt ja schon an Beamtenbestechung, Captain! Machen Sie endlich den Mund auf! Ich will wissen, was hier gespielt wird. Wenn ich Sie decken soll ...«

»Oh, ich will noch viel mehr, Gouverneur«, unterbrach ihn der Ghostchef. »Sie verlangen von mir, dass ich den Drahtzieher der Schnapshändler fasse. Na gut. Wo ist denn übrigens der fehlgeleitete Tankwagen mit dem beschlagnahmten Whisky geblieben?«

Der Gouverneur räusperte sich und starrte auf die Glut seiner Zigarre. Dann kratzte er sich am Hinterkopf und sah schräg zu Prox hinüber.

»Ja, das war so, Captain ... als die Meldung hier einlief, erhielt der Sheriff von Fairbank den Befehl, den Tank nach Albuquerque schaffen zu lassen. Na, und der kam dann auch an.«

»Leer natürlich, was?«

»Richtig. Woher wissen Sie denn das schon wieder?«

»Dazu gehört kein großer Scharfblick.« Tom Prox grinste erheitert. »Ich hätte jede Summe gewettet, dass sich zunächst einmal die Einwohner von Fairbank bis zur Halskrause besoffen haben, und, falls doch etwas übrig geblieben ist, wurde der Rest in Flaschen gefüllt und am nächsten Tag verlötet.«

»So war's auch«, stimmte der Gouverneur zu. »Tausend Liter Whisky, es ist zum Heulen! Aber warum fragen Sie? Wollen Sie nach Fairbank hinunter, Captain?«

»Nein. Hat keinen Zweck. Fairbank war nur eine Station auf dem Weg von der Stelle, wo der Stoff gebrannt wird, bis zum Verteiler hier in Albuquerque. Wenn wir schon suchen wollen, dann muss es unten an der Grenze geschehen. Nur in den Bergen lässt sich so etwas aufziehen, ohne dass es auffällt. Aber es gehört auf jeden Fall eine große Organisation dazu. Ich rechne mit etwa fünfzig bis sechzig Beteiligten.«

»Großer Gott, wie wollen Sie denn mit Ihren paar Leuten einer Armee von Bootleggern entgegentreten?«

»Lassen Sie das meine Sorge sein, Gouverneur«, versicherte Tom Prox. »Die Sache mit dem Zuchthaus von Belen ist nur ein Steinchen in dem Mosaik, das ich zusammensetzen werde. Und, falls es Ihnen Kopfschmerzen macht, ich kann Ihnen versichern, dass der Ausbruch in Belen wirklich der letzte war!«

»Garantieren?«, fauchte Dean.

»Weil sie nämlich nun alle schön beisammen sind!«

»Wer ist beisammen, Captain?«

»Das Ganze klingt wie ein Märchen, Gouverneur. Und es beginnt auch wie alle Märchen mit dem schönen Satz: ,Es war einmal ...'«

»Nun verschwinden Sie aber. Ich habe keine Zeit mehr, mir Ihren Blödsinn anzuhören!«

»Nun«, stellte Tom gelassen fest, »vielleicht revidieren Sie bald Ihre Meinung ...«

Er stand auf und deutete eine Art Verbeugung an, um sich zu empfehlen. Der Gouverneur sah ihn böse an. Dann rief er ihm noch nach: »Sie haben sich eine Frist gesetzt, Captain. Falls Sie die nicht einhalten, werde ich Sie wegen fahrlässiger Gefangenenbefreiung belangen, verstanden?«

»Das ist ein Wort!« Tom Prox nickte zufrieden.

Der Ghostchef ging nun den schmalen Gang hinab, bis er an die Treppe kam, stieg die Stufen ins erste Stockwerk hinunter und stand einen Moment unschlüssig vor der Tür mit der kleinen, schmalen Visitenkarte.

Leise lehnte er den Kopf an die Türfüllung und lauschte. Dann drückte er die Klinke nieder, und die Tür öffnete sich.

Das Zimmer war leer. Ein breiter Tisch stand unter dem Fenster, mit einem Telefon und ein paar Aktenstapeln darauf. Der ganze Raum roch muffig nach Staub und abgestandener Luft. Mr. Waller schien nicht viel auf frische Luft zu geben.

Tom Prox drückte sich durch die Tür, lehnte sie hinter sich an und begann in aller Eile, das Zimmer einer gründlichen Durchsuchung zu unterziehen. Er war gerade dabei, die verschlossene Tischschublade sachgemäß zu öffnen, als er entfernte Schritte auf dem Gang hörte. Er umrundete den Schreibtisch und ließ sich in dem Besuchersessel nieder.

Als Mr. Waller den Raum betrat und sich erstaunt umblickte, sah er den Captain gelangweilt in dem Stuhl sitzen und durch die blinden Fensterscheiben nach draußen blicken.

Langsam wandte Tom Prox den Kopf.

»Das ging ja schnell!«, meinte er erfreut. »Hatte schon befürchtet, ich müsste eine Stunde auf Sie warten.«

»Ich wurde aufgehalten«, entschuldigte sich der Abgeordnete. Er warf seine Aktenmappe auf die Tischplatte und rückte sich den Sessel zurecht. »Was verschafft mir die Ehre, Captain?«

»Nun, eigentlich nichts Besonderes. Ich war nur angenehm davon berührt, mit welcher Energie Sie sich beim Gouverneur für die Ausrottung der Schnapsbrenner einsetzten. Solche Leute wie Sie fehlen in Arizona, Mr. Waller. Habe immer gesagt, dass frischer Wind bei den Behörden nottut.«

»So, so«, sagte der Abgeordnete und trommelte mit der rechten Hand auf den Tisch.

»Ich gehe in manchen Dingen mit Gouverneur Dean nicht einig, Mr. Waller«, fuhr Tom fort. »Ich dachte deshalb, dass ich mir bei Ihnen gelegentlich Unterstützung holen könnte, falls es Schwierigkeiten geben sollte.«

»Ich muss sagen, dass es mich sehr befremdet, dass der Gouverneur uns nicht eingeweiht hat«, begann Waller zurückhaltend. »Ich habe bis vorhin nicht gewusst, dass seitens der Regierung die Special Police eingesetzt werden soll. Welche Anweisungen haben Sie vom Gouverneur erhalten, Captain?«

»Nur ganz allgemeine«, versicherte der Ghost kühl.

»Und haben Sie schon Anhaltspunkte, Captain? Wo werden Sie ansetzen?«

Tom Prox winkte ab. Er legte sein Gesicht in kummervolle Falten.

»Darüber bin ich mir selber noch nicht im Klaren, Mr. Waller. Habe mir gedacht, ich könnte vielleicht erst einmal nach Fairbank gehen, um zu sehen, welche Bewandtnis es mit dem Whiskytank hatte.«

In Wallers dunklen Augen leuchtete es kurz auf.

»Eine gute Idee«, lobte er überschwänglich. »Ja, darauf sollten Sie Ihre Nachforschungen konzentrieren, Captain. Obgleich ich Ihnen nicht viel helfen kann, so will ich Ihnen doch einen Ratschlag geben: Fangen Sie im Norden an, Captain. Dort irgendwo müssen sie sitzen, vermute ich!«

Tom Prox war ehrlich verwundert. »Sie sind sehr fair, Sir. Das ist eine Chance für mich!«

»Gewiss«, versicherte der Abgeordnete. »Haben Sie sich noch nicht überlegt, dass die Zuchthausrevolten vom Norden ausgingen? Da besteht doch ein Zusammenhang.«

Prox stand auf. Er kratzte sich nachdenklich am Kopf.

»Das kann sein, Mr. Waller. Ja, im Norden, das könnte stimmen. Ist eine unübersichtliche Gegend. Da lässt sich so eine Anlage prächtig einrichten. Vielen Dank für Ihren Tipp.« Tom Prox öffnete die Tür, trat einen Schritt auf den Gang hinaus und sah sich nochmals um. »Übrigens, Mr. Waller, Sie kommen doch viel herum. Haben Sie nicht 'ne Ahnung von Börsenkursen?«

»He«, rief der Abgeordnete, ehrlich interessiert, »spekulieren Sie etwa? Was für Papiere sind's denn?«

»Ich habe einen kleinen Posten bekommen, mehr zum Spaß«, erklärte Tom Prox leichthin. »Würde mich natürlich interessieren, wie die Dinger stehen. Ich sehe so selten in eine Börsenzeitung.«

»In Kursen bin ich firm«, versicherte Waller. »Was ist's denn?«

»McPhersons Oil Company«, meinte Tom Prox freundlich. »Muss ein ausgezeichnetes Papier sein. Ich kenne Leute, die leben von den Dividenden ganz ausgezeichnet. Na, ich komme bei Gelegenheit noch mal drauf zurück. So long!«

Ohne eine Antwort abzuwarten, zog er die Tür hinter sich zu und ließ Waller mit einem Gesicht zurück, als habe dieser im selben Moment einen Geist gesehen.

Pfeifend schlenderte Tom Prox den Flur hinab, bis er an die Treppe kam. Dort stieß er auf einen Beamten, der mit einem dünnen Aktendeckel unter dem Arm und wichtigem Gesicht die Stufen heraufkam. Prox erkannte die blaue Farbe des Aktenhalters. In großen Druckbuchstaben war auf der Oberseite der Name des Zuchthauses von Belen aufgedruckt. Der Mann blickte auf, als er den Captain auf dem Treppenabsatz stehen sah.

»Mr. Rolls heute schon gesehen?«, erkundigte sich Tom.

»Nein, Sir. Wenn Sie aber zu ihm wollen ...«

»Nicht nötig. Mr. Waller erkundigte sich bloß nach ihm. Hat wohl seinen Freund vermisst!« Tom setzte ein freundliches Lachen auf.

Der Mann grüßte kurz und wollte weiter, aber dabei stolperte er plötzlich über Tom Prox' Bein, das seltsamerweise zwischen seine Füße geriet. Der Aktendeckel fiel dabei zu Boden. Tom murmelte erschrocken eine Entschuldigung. Dann bückte er sich, hob die Akte auf und reichte sie ihm. Eine Sekunde später war er schon die Treppe hinuntergerannt. Er hielt die Zähne zusammengebissen, als gelte es einen besonders unverdaulichen Brocken zu schlucken.

»Ripp Simmons – Nummer 1315 – Vier Jahre Zuchthaus wegen Alkoholschmuggels«, hatte Tom Prox auf dem Deckel des Aktenbündels gelesen. Eilig betrat er im Erdgeschoss das Auskunftszimmer.

»Welcher Abgeordnete bearbeitet Gnadengesuche?«

Der Mann blickte kurz auf. Ohne die Lippen zu bewegen, murmelte er: »Don Mallon und Percy Scutter. Im zweiten Stockwerk bitte!«

»Danke«, sagte Tom Prox und verließ den Raum.

Vor dem riesenhaften Gebäude des Gouverneurs blieb er eine Weile regungslos stehen. Er stand noch dort, als wenige Minuten später der Abgeordnete Waller durch einen Seitenausgang hastig auf die Straße trat, quer über die Fahrbahn eilte, sich hinter das Steuer seines altmodischen Fords klemmte, um die Straße hinabzufahren.

2. Kapitel

Der Zug hielt mit quietschenden Bremsen vor dem Bahnhofsgebäude von Silver City. Ein paar Fenster wurden herabgelassen. Einige Männer blickten gelangweilt auf den Bahnsteig. Die Lokomotive wurde abgekoppelt und fuhr noch ein Stück weiter, bis sie unter einem Wasserkran haltmachte.

Es waren nicht viele Menschen, die in Silver City den Zug verließen. Erst kam eine junge Frau, die mit einem unförmigen Koffer in der Hand die steilen Stufen hinabturnte. Da stand sie nun im Staub des Bahnsteigs und sah sich suchend nach einem Träger um. Fünf, sechs Männer kamen aus dem hinteren Wagen; sie stießen sich grinsend an, als sie die Frau beobachteten, die schlank und gutgewachsen vor ihrem Gepäckstück stand. Eine alleinreisende, junge und noch dazu hübsche Frau war für Silver City immerhin ein nicht alltägliches Ereignis.

»Sieht so aus, als suchten sie 'nen Träger, Madam«, sagte einer der Männer mit übertriebener Höflichkeit. »Denke, dass Sie nichts dagegen haben, wenn ich den Sarg da gleich mitnehme, was? Schätze, dass Sie ins Hotel wollen. Wenn Sie darauf warten wollen, bis einer kommt, Ihnen Ihren altmodischen Wäschekarton fortzuschleppen, dann stehen Sie noch morgen hier. In Silver City gibt's so was nicht. Ich habe denselben Weg, und ich weiß, was sich 'ner Lady gegenüber gehört.«

Eine Schönheit war dieser Mann nicht, aber die junge Frau dachte, ein Spatz in der Hand ist immer besser als eine Taube auf dem Dache.

»Ist wirklich sehr freundlich von Ihnen«, sagte sie angenehm überrascht. »Ich will zum ,Last Coin'. Kennen Sie es zufällig?«

Der Mann bückte sich und griff nach dem Koffer, hob ihn vom Boden auf und starrte die Frau verblüfft an.

»Was schleppen Sie denn da mit sich? Das hat ja 'n Gewicht wie 'n Maschinengewehr.«

»Nur ein bisschen Wäsche. Man muss ja ein paar Kleider zum Wechseln bei sich haben.«

»Dem Gewicht nach kann sich mit dem Zeug 'ne Girltruppe sechs Jahre lang einkleiden. Sie kommen wohl aus dem Osten?«

»Ich? Ich komme aus Albuquerque, wenn Sie's genau wissen wollen.« Sie sah sich, während sie die breite Hauptstraße hinaufgingen, nach allen Seiten um, als suchte sie etwas. »Ist das dort drüben schon das Hotel?«

»Sicher. Das stammt noch aus der guten alten Zeit. Habe die noch mitgemacht, als in Silver City um Goldklumpen gepokert wurde. Damals war hier noch Betrieb. Aber heute ...? Ist 'ne gottverfluchte, kümmerliche Stadt geworden, und 'n ehrlicher Mann hat seine liebe Not, hin und wieder mal zu 'nem Glas schlechten Schnaps zu kommen. Sind alles Halsabschneider, die Wirte. Früher, da haben sie auf dem Boden gelegen und gejammert, dass wir uns ja auch richtig volllaufen ließen – und heute ist's 'ne Gnade, wenn sie einem 'ne Tasse Whisky zuschieben. Nehmen 'nen ganzen Dollar dafür, aber das Zeug ist nicht mehr wert, als dass man's gleich auf den Boden kippen sollte. Seit die Idioten bei der Regierung das Land trockengelegt haben, steigen ständig die Preise. Hoffentlich haben Sie sich richtig eingedeckt. In Silver City ist nichts zu machen mit kanadischem Whisky. Hier säuft alle Welt Blunky Paines selbstgebrauten Fusel.«

»Ich trinke keinen Alkohol«, versicherte die junge Frau ablehnend.

»Mächtig schade. Hätte Sie gern zu 'nem Drink eingeladen. Habe immer gern, wenn ich mit 'ner echten Lady einen zwitschern kann.«

»Haben wohl oft Gelegenheit dazu, was?«

Der hilfsbereite Mann stellte für einen Moment den Koffer ab und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn.

»Na, es geht«, meinte er. »Paines hat da 'n paar Mädchen, aber die knusprigsten sind das auch nicht mehr. Ich sagte ja, die alten Zeiten sind vorbei.« Der Mann schnäuzte sich kräftig und griff erneut nach dem Koffer. »Da sind wir. Wird sicher was frei sein. Wer kommt auch schon hierher?«