Tom Prox 117 - Frederic Art - E-Book

Tom Prox 117 E-Book

Frederic Art

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Beschreibung

Rauschgifte! Ob Peyotl oder Opium , ob Morphium oder Heroin, sie alle zählen zu den größten Geißeln der Menschheit, denn Abhängigkeit und sozialer Abstieg sind gleichsam vorprogrammiert. Kein Wunder also, dass in beinahe jeder Gesellschaft Drogen verboten sind. Umso strikter aber die Verbote, desto cleverer die Tricks der kriminellen Händler, ihren Stoff doch an den Mann beziehungsweise an die Frau zu bringen.
Diese Erfahrung muss auch Tom Prox machen, als er den Auftrag erhält, den in großem Stil aufgezogenen, sehr lukrativen Drogenhandel zu zerschlagen. Aber immer wieder scheitern - trotz enormer Ressourcen an Mensch und Material - die Versuche, die Hintermänner ausfindig zu machen. Dann aber führt eine Spur die Ghosts über die Grenze nach Mexiko ...


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Inhalt

Cover

Heiße Waren für Tom Prox

Aus dem Wilden Westen

Vorschau

Impressum

Heiße Warenfür Tom Prox

Von Frederic Art

Rauschgifte! Ob Peyotl oder Opium, ob Morphium oder Heroin, sie alle zählen zu den größten Geißeln der Menschheit, denn Abhängigkeit und sozialer Abstieg sind gleichsam vorprogrammiert. Kein Wunder also, dass in beinahe jeder Gesellschaft Drogen verboten sind. Umso strikter aber die Verbote, desto cleverer die Tricks der kriminellen Händler, ihren Stoff doch an den Mann beziehungsweise an die Frau zu bringen.

Diese Erfahrung muss auch Tom Prox machen, als er den Auftrag erhält, den in großem Stil aufgezogenen, sehr lukrativen Drogenhandel zu zerschlagen. Aber immer wieder scheitern – trotz enormer Ressourcen an Mensch und Material – die Versuche, die Hintermänner ausfindig zu machen. Dann aber führt eine Spur die Ghosts über die Grenze nach Mexiko ...

1. Kapitel

Sechs Männer standen wartend um den schweren Lastwagen, der in einer Seitenstraße von Tucson, keine sechs Meter von einer trübe brennenden Laterne entfernt, dicht am Randstein parkte. Die Scheinwerfer waren abgeblendet.

Auf den ersten Blick machte der Lkw einen absolut unverdächtigen Eindruck. Es war ein alter, angerosteter Wagen, wie man ihn auf den Märkten zu sehen bekam, wenn am frühen Vormittag die Farmer ihre Produkte zum Verkauf in die Stadt brachten. Über den Wagen zog sich eine verwitterte Zeltplane bis zum Führerhaus hin, und auf dieser stand in großen, blassen Buchstaben »McCoyns Fruchtcompany Tucson«.

Es gab viele solcher Fahrzeuge in Tucson, aber nur eines dieser Art, das einer Obstgroßhandlung gehörte.

Die Männer, die darum herumstanden, rauchten gelangweilt. Der Mond schob sich wie ein schmaler, silberner Kahn über die Dächer der altmodischen Wohnhäuser und verbreitete ein unwirkliches, fahles Licht, das die Straße noch geheimnisvoller erscheinen ließ, als sie bei Tag einem Fußgänger vorkommen musste.

Es waren kräftige Männer, keiner von ihnen unter sechs Fuß groß, und ihre Kleidung verriet nichts von ihrem Beruf, dem sie hier im Schutz der Nacht nachgingen.

»Noch zehn Minuten«, sagte einer leise. »Hoffentlich sind die anderen Wagen inzwischen auch eingetroffen. Wenn wir das Viertel nicht komplett abriegeln, ist die ganze Aktion im Eimer. Das kleinste Loch reicht schon aus, um uns die Fische entspringen zu lassen. Sergeant Jones ...?«

»Hier, Major!«

»Sehen Sie nach, ob Leutnant Warren schon da ist. Er bringt zwei Mann von der Special Police mit, Captain Prox und Sergeant Patterson.«

»Was? Den bekannten Ranger?«, staunte ein anderer. »Den Chef der Ghost Squad?«

Der Beamte lief die Straße hinunter und wurde sogleich von der Dunkelheit verschluckt. Irgendwo schrie eine liebeshungrige Katze. Ein Hund streunte quer über die Straße und drückte sich in einiger Entfernung unter einem halbverfallenen Bauzaun hindurch.

»Eine lausige Gegend«, knurrte der Major, »ein richtiges Rattenloch!«

»Die konnten sich wirklich kein besseres Versteck aussuchen, Major«, erwiderte einer der Männer. »Hier können sie ihre Spelunken aufmachen, ohne dass die Polizei davon etwas merkt. Hoffentlich fassen wir sie diesmal alle.«

»Ihren Optimismus möchte ich haben, Brown! Seit Monaten sind wir hinter ihnen her, jeder Spur sind wir nachgegangen – aber bisher haben wir einem Phantom nachgejagt. Nein, Brown, das ist eine perfekt organisierte Gang mit einem Kopf, der jede Möglichkeit des Verrats auszuschließen weiß.«

Schritte näherten sich. Der Major drehte sich um und sah drei Männer, die auf die Gruppe zukamen.

»Hallo!«, rief er leise. »Es wird Zeit. Gleich geht's los, Captain.«

»Sieht so aus, als kämen wir gerade im letzten Moment«, stellte der breitschultrige Mann lächelnd fest, als er heran war und den Männern der Reihe nach die Hand reichte.

»Das ist Captain Prox«, stellte der Major seinen Männern den Ghostchef vor. »Freut uns, Sie kennenzulernen, Captain. Haben schon manches von Ihnen gehört. Und der Lange dort ...?«

»... ist Sergeant Patterson. Nicht zu verwechseln mit 'ner wandelnden Bohnenstange.«

Alle betrachteten den Langen, der dünn und ausgemergelt aussah, beide Hände in den Hosentaschen vergraben und eine kalte Zigarette im Mundwinkel klemmen hatte. Seine Habichtsaugen aber wanderten umher und musterten die Kollegen, einen nach dem anderen. Doch er sagte nichts weiter.

»Ein Uhr, Major«, meldete Sergeant Jones.

»Dann los!«

Sie ließen den Lastwagen ohne Bewachung neben der Laterne stehen. Die Männer gingen hintereinander die Straße entlang, an den Bauzäunen vorbei, hinter denen seit Jahren die Reste von Häuserfundamenten verrotteten, weil die Besitzer der Grundstücke eingesehen hatten, dass es keinen Sinn mehr hatte, in einer so verrufenen Gegend weiterzubauen.

An der ersten Straßenkreuzung machten sie halt und lauschten. Von links näherten sich ebenfalls Schritte. Aus der Dunkelheit tauchten drei Männer auf, die ihnen zuwinkten und sich wortlos anschlossen.

»Geht genau nach Plan, Captain«, flüsterte der Major. »Wir haben das ganze Viertel umstellt. Nach menschlichem Ermessen kann ungesehen keine Ratte mehr hindurch. Vielleicht fassen wir sie jetzt.«

Zu beiden Seiten der Straße reckten sich die Häuser steil hoch. Zwischen ihnen lagen unübersichtliche Fabrikgelände mit kleinen Holzbuden und alten, morschen Schuppen.

Unter einer Laterne stand ein ziemlich zerlumpter Mann. Er hatte eine schmierige Mütze weit in die Stirn gezogen. Mit dem linken Arm umklammerte er den Laternenpfahl, als brauchte er dringend einen stabilen Halt. Er rülpste kräftig und stimmte mit heiserer Stimme einen Schlager an. Aber schon nach den ersten Tönen brach er jäh ab, als die Gruppe an ihm vorbeikam, und Tom Prox vernahm deutlich, wie der Betrunkene dem Major leise zuflüsterte: »Etwa zwanzig Männer, Major. Zwei Hinterausgänge. Einer durch den Fabrikschuppen zum Nachbargrundstück zu ...«

»Holen Sie Leutnant Hopes«, murmelte der Major zurück. Dann waren sie an dem Betrunkenen vorbei, und als Tom Prox sich umblickte, erkannte er noch, wie der Mann, leise vor sich hinsingend, im Zickzack davon torkelte, bis er um die nächste Ecke verschwand.

Der Ghostchef nickte zufrieden. Die Sache war tadellos aufgezogen. Er warf einen schnellen Blick auf seinen Sergeanten, der dicht neben ihm ging, und auch dieser war von der Präzision, mit der der Major dieses Unternehmen vorbereitet hatte, stark beeindruckt.

Dann kam ein großer Torbogen. Eine kleine, rötliche Lampe brannte hinter einem Maschengitter, und die Männer konnten den langen Gang sehen, der wohl auf einen Hinterhof führte. Ein paar Fässer standen im Torweg.

Einen Moment verhielten sie. Der Major reckte den Kopf vor und erteilte schnell und überlegt ein paar Befehle. Zwei Männer drückten sich in den Schatten der Fässer, ein dritter eilte quer über die Straße und tauchte im Hauseingang unter, um von hier aus die Straße im Auge zu behalten. Tom Prox schlich mit dem Major und den restlichen Männern durch den Torweg.

Ein großer Hof lag vor ihnen. Ein paar Glühbirnen erleuchteten ihn dürftig. Eine Steintreppe führte mehrere Stufen in einen Keller hinab. Durch den schmalen Spalt einer Tür drang ein greller Lichtschein nach außen. Stimmen waren zu vernehmen, das Klimpern einer verstimmten Gitarre, und dann klirrte es wie zerspringendes Glas und eine schrille Frauenstimme kreischte auf.

»Die Hinterausgänge«, zischte der Major mit kaum hörbarer Stimme.

»Ich nehme den zum Schuppen zu«, murmelte Patterson, und schon war er so spurlos von der Bildfläche verschwunden, als habe er sich in Luft aufgelöst.

Tom Prox lächelte. Er kannte die Vorliebe des Langen für einen dramatischen Abgang. Darin war Snuffy Meister. Die anderen starrten sich eine Sekunde entgeistert an. Verflucht, wie hatte der Sergeant das bloß gemacht ...!?

Noch einmal sah der Major sich um. Er wusste, dass er sich auf seine Männer verlassen konnte. Allesamt waren ausgesuchte Beamte und in unzähligen Unternehmen bis aufs Herz geprüft.

Er hob leicht die Hand.

Die Männer griffen in ihre Jacken und holten die Waffen hervor. Tom folgte dem Major dicht auf den Fersen. Auf Zehenspitzen tasteten sie sich die Treppe hinab. Dann warteten sie einen Moment vor der angelehnten Tür.

Deutlich konnte Tom Prox den Geruch von verschüttetem Alkohol und abgestandenem Tabakrauch wahrnehmen. Aber da hing noch ein anderer Geruch in der Luft ...

Dann aber war auch schon der letzte Beamte die Treppe herabgekommen. Wenn das Überraschungsmoment mit in ihre Rechnung einbezogen, musste die Sache klappen.

»Los!« Mit einem kräftigen Fußtritt ließ der Major die Kellertür auffliegen. Rauchschwaden drangen ihm entgegen, und schon drängten sich die Männer durch den Türrahmen in den Raum hinein.

»Keiner verlässt das Lokal! Hände hoch! Polizei!«, befahl der Major mit harter Stimme.

Zirpend hörte die Gitarre auf zu spielen. Im Hintergrund warf jemand sein Glas um und fuhr blitzartig hinter dem Tisch auf.

»Wer flieht, wird erschossen!«, rief der Major. »Jeder bleibt auf seinem Platz!«

Die Beamten verteilten sich geschickt über den ganzen Raum. Tom drückte sich zwischen zwei Tischen hindurch, bis er die schmutzige Theke erreicht hatte. Der Mann hinter dem Tresen starrte ihn völlig verwirrt an. Es war ein glatzköpfiger, dicker Mann, der etwas über fünfzig Jahre alt sein mochte. Er hielt noch immer eine halbvolle Schnapsflasche in der Hand. Langsam setzte er sie auf die Platte zurück.

»Ich hab doch 'ne Konzession, Leute«, meckerte er mit hoher Stimme. Schweiß stand ihm in winzigen Perlen auf der zerfurchten Stirn.

»Schon gut«, der Ghostchef winkte beruhigend ab, »das wissen wir.« Dann blickte er sich im Kellerraum um. Dort hielten sich etwa zwanzig Gäste auf. Ein paar von ihnen waren Mexikaner, drei waren schwarz, und der Rest zählte zu der großen Gruppe zweifelhafter Existenzen, wie sie jede Großstadt beherbergt. Verkommene Gesellen, die in den Strudel des Lebens geraten waren und nun verzweifelt versuchten, sich über Wasser zu halten.

»Ich will wissen, was das zu bedeuten hat«, schrie der Wirt nun aufgebracht. »Ich werde mich bei meinem Rechtsanwalt beschweren. Das ist ein Eingriff in die persönliche Freiheit! Ich protestiere dagegen ...!«

»Halten Sie den Mund, Mirkovitch«, befahl der Major schneidend. »Ich kann mich entsinnen, dass Sie überhaupt kein Bürger der Staaten sind! Wenn Sie sich noch weiter mausig machen, lass ich Sie ausweisen!«

»Eine Unverschämtheit«, keifte der Mann.

»Einzeln vortreten!«, fuhr der Major fort. »Sergeant Jones, sehen Sie die Papiere der Männer nach. Wer sich nicht ausweisen kann, wird festgenommen.«

Tom Prox lehnte an der vom vergossenen Alkohol feuchten Theke, mit dem Rücken zum Wirt, und seine Blicke musterten schnell die Männer in der Kellerkneipe. Wie sprungbereite Tiere saßen sie hinter ihren Tischen. Hier und dort verglomm unbemerkt eine Zigarette in den überlaufenden Aschenbechern. Niemand schien einen Fluchtversuch wagen zu wollen.

Langsam und zögernd traten sie auf Sergeant Jones zu. Mit mürrischen, teils unruhigen Gesichtern reichten sie ihm ihre schmierigen Ausweise. Eine unerhörte Spannung lag im Raum.

Tom Prox hatte das Gefühl, als müsste es jeden Moment zu einer Entladung kommen. Er spürte, dass eine drohende Gefahr aufzog, nur wusste er noch nicht, aus welcher Ecke sie kommen würde. Alle Muskeln spannten sich, seine Sinne waren bis zum Äußersten geschärft. Aber das Bild, das sich ihm bot, blieb ziemlich friedlich. Er sah nur etwa zwanzig verkommene Gestalten, die mit betretenen Gesichtern vor den Polizisten standen. Nichts deutete darauf hin, dass es zu einer Auflehnung kommen könnte.

»Norman Cain«, las Sergeant Jones mit unbeteiligter Stimme laut vor. »Beruf ...?«

»Farmhand«, murmelte der Mann.

Jones musterte ihn mit einem abschätzenden Blick. Dann sah er zum Major hinüber. Der senkte den Kopf.

»Sie sehen nicht aus, als hätten Sie in den vergangenen Jahren auf 'ner Farm gearbeitet«, bemerkte der Sergeant.

»Geht Sie das was an, he?«, war die Erwiderung.

Es war ein dürres, ausgemergeltes Männchen, vielleicht vierzig Jahre alt, bekleidet mit einer ausgebeulten Hose, einem roten Pullover und mit einem knallbunten Seidenschal, den er sich großartig um seinen hageren Hals gewunden hatte. Auf dem Kopf trug er eine speckige Mütze mit einem dunkelgelben Zelluloidschirm, wie man sie als Schutz gegen zu starke Sonnenstrahlung zu tragen pflegt.

Tom Prox sah, wie Jones einem seiner Kollegen einen Wink gab. Der trat schnell hinter den Mann und tastete ihm geschickt die Taschen ab.

In diesem Moment zog der Ghostchef seine Augen zusammen. Er sah, wie sich im Hintergrund des Kellerraumes ein Mexikaner unter den Tisch beugte. Aber schon kam der Kopf des Mannes wieder hoch. Mit unbeteiligtem Gesichtsausdruck blickte er um sich.

Der Wirt tobte immer noch. Einer nach dem anderen trat auf Sergeant Jones zu. Der sah sich die Ausweispapiere genau an und reichte sie dann den Männern zurück. Jetzt stand Norman Cain mit verbissenem Gesicht neben Jones. Trotzig hielt er die Hände in den Hosentaschen verborgen. Sein Gesicht war verschlossen und unruhig.

»Lassen Sie auch unter den Tischen nachsehen, Jones«, befahl der Major.

Auf einmal erlosch schlagartig das elektrische Licht. Tom Prox vernahm aus einem Nebenraum splitterndes Krachen, als wenn jemand mit einer vollen Flasche auf den Sicherungskasten geschlagen hätte.

»Keiner rührt sich vom Fleck! Jones ...!«

»Ja, Major?«

»Halten Sie den Mann fest!«

Tom Prox zuckte zusammen. Er vernahm ein unangenehm pfeifendes Sausen, das durch die Dunkelheit fuhr. Die Männer riefen nun alle durcheinander. Schritte klangen auf. Dann bellte ein Schuss. Ein fürchterlicher Tumult entstand.

»Licht!«, brüllte der Major wütend.

»Kunststück«, gab Tom Prox erheitert zurück, »wenn die Sicherung im Eimer ist!«

Dann tastete er sich um die Theke herum und stolperte gegen den Wirt. Jetzt hatte er den schmalen Durchgang zum Hinterzimmer erreicht. Mit seinem Feuerzeug leuchtete er die Wand ab. Eilig nahm er eine neue Sicherung, die oben auf dem Rand des Kastens lag, und wechselte die zerbrochene aus. Grell flammte das Licht im Lokal auf.

»Verdammt«, brüllte der Major, »das hat uns gerade noch gefehlt. Captain ...! He, Captain!«

Tom blieb erstarrt im Türrahmen stehen. Dann sah er Norman Cain reglos auf dem Zementboden liegen, die Augen starr zur Decke gerichtet.

Kein Zweifel, der Mann war tot ...

Das also war das pfeifende Geräusch gewesen, fuhr es ihm durch den Sinn. Sie haben ein Messer genommen, um sich nicht durch das Aufblitzen eines Schusses zu verraten. So konnte niemand sagen, aus welcher Richtung das tödliche Geschoss gekommen war.

»Wer hat geschossen?«

»Ich, Major«, sagte einer der Beamten, der in der Nähe des Seitenausganges an der Wand lehnte. »Da ist einer abgeschwirrt. Ich denke, ich hab ihn getroffen.«

»Zwei Mann hinter ihm her! Wollen Sie mit, Captain?«

»Nein, nicht nötig. Wenn er über den Hof entkommen ist, muss er Patterson in die Finger laufen. Ich denke, Sie haben das ganze Viertel umstellen lassen?«

»Sicher, aber wir müssen ihn trotzdem suchen.«

»War es nur einer?«, wollte Jones wissen.

Tom Prox ließ seinen Blick über die Männer gleiten. Dann sah er zu dem Tisch hin, an dem vor einigen Minuten noch jener Mexikaner gesessen und irgendetwas am Boden gesucht hatte. Der Platz war leer.

Er machte kehrt und rannte durch den Seitenausgang auf den mondhellen Hof hinaus.

Keine fünf Schritt vor sich erkannte er den riesenhaften Schuppen, dessen Tor aufstand und hinter dem Patterson Wache stand. »Ist hier jemand durch, Snuffy?«, fragte er.

»Habe niemanden gesehen. Hab's bloß knallen hören. Was ist denn los?«

»Jemand hat Cain umgelegt, er war in der Kneipe. Aber es muss auch einer von der Bande im Lokal gewesen sein. Vielleicht ein Zwischenhändler, der Angst hatte, dass er verpfiffen werden könnte. Plötzlich ging das Licht aus, und Cain bekam einen Dolch in die Brust.«

»Und wer hat es ausgedreht?«

»Komm mit, Snuffy, wollen doch mal nachsehen ...«

Der Mond hatte sich jetzt hinter einer dicken Wolke versteckt. Die Sicht langte keine fünf Schritte weit. Wenn es nicht bald hell wurde, würde der Mexikaner weg sein.

Sie machten sich auf den Weg.

Es gab nur eine Richtung, wenn ein Mann mit Aussicht auf Erfolg fliehen wollte. Über die Straße ging es nicht, die war blockiert. Aber drüben im Fabrikgelände gab es unzählige Möglichkeiten sich zu verstecken, um so eine günstige Gelegenheit abzuwarten.

»Nimm du die linke Seite«, befahl Tom Prox. »Da hinten an der Mauer treffen wir uns wieder.«

Snuffy entfernte sich mit schleichenden Schritten. Eine unheimliche Stille lag über dem Gelände.

Langsam näherte Tom Prox sich einem Haufen verbogener Eisenteile. Er sah die stumpfglänzenden Schienen einer Feldbahn, wartete ein paar Sekunden lauschend vor einem Geräteschuppen.

Er war unschlüssig, ob er auch drinnen nachsehen sollte. Dann drückte er die Tür auf. Knarrend schwang sie nach innen. Seine Augen bohrten sich in die Dunkelheit. Dann holte er tief Luft und warf sich mit einem Riesensatz in den Raum.

Was er nicht sehen konnte, war, dass keine zwei Meter von der Türschwelle entfernt ein Haufen Steinkohle auf dem Boden lag. Er fiel der Länge nach hin. Dagegen half kein Fluchen.

Ehe er wieder auf den Beinen stand, fühlte er zwei Arme, die sich unerbittlich an ihm festklammerten. Seine Arme ruderten über die Kohlen hin, die polternd in Bewegung gerieten. Schwer fühlte er das Gewicht eines Menschen auf seinem Rücken.

Er spannte seine Muskeln an und warf sich herum, zog beide Beine an und schnellte sie dann blitzartig von sich. Er traf die Gestalt gegen die Brust, dass sie rückwärts gegen die hölzerne Schuppenwand krachte. Tastend fuhr seine Rechte über die Kohlen, um seinen Colt zu finden, den er beim Sturz verloren hatte.

Da krachte dicht neben ihm eine schwere Eisenstange auf die Kohlen nieder. Tom warf sich auf die Seite, und hörte das keuchende Stöhnen des Mannes, der sich nun gegen ihn warf und ihn am linken Arm packte. Jetzt roch er den stinkenden Atem seines Gegners, spürte, wie sich Hände zu seinem Gesicht hinauftasteten.

Tom presste den Lauf der Waffe gegen den Körper des anderen. Dumpf krachte der Schuss. Der Mann zuckte zurück, seine Hände lösten sich, und mit einem klatschenden Laut schlug er am Fuß des Kohlenhaufens zu Boden.

Tom Prox wartete, eine Sekunde, eine zweite und dritte ...

»Tom!«, schrie aus einiger Entfernung Patterson. »He, Tom, ich komme ...«

Der Ghostchef richtete sich mühsam auf. Dann blitzte ein Taschenscheinwerfer auf. Der Lichtkegel tastete sich über den Boden, verweilte für eine Sekunde auf der Gestalt des zusammengebrochenen Mexikaners und glitt dann suchend durch den Raum.

»Tom?«

»Hier«, erwiderte der. »Hier oben ... auf den Kohlen. Leuchte mal her, Langer.«

»Alle Wetter«, grinste Snuffy, »bist wohl unter die Kumpels gegangen, was? Ist er tot?«

»Los, hol ein paar Leute aus der Kneipe. Der Major soll kommen«, befahl Tom schnell. »Vielleicht bekommen wir ihn noch durch. Sie sollen auch einen Arzt verständigen.«

Er betrachtete jetzt nachdenklich das spitze Gesicht des dunkelhäutigen Mexikaners. Er neigte seinen Kopf auf dessen Brust nieder und vernahm noch das hastige Pochen des Herzens.

Jetzt bewegte sich der Verletzte, schlug die Augen auf. Tom ließ den Lichtkegel etwas nach unten gleiten, um ihn nicht zu blenden.

»Caramba ..hauchte der Sterbende. »Es ist aus.«

Tom Prox nickte ernst.

»Ja«, sagte er leise, »du solltest dein Gewissen erleichtern, Amigo. Es wird eine lange Reise sein, und ich weiß nicht, ob ein Mann mit einem schweren Gewissen am Ziel ankommen wird. Du hast Cain getötet, nicht wahr?«

Einen Augenblick schwieg der Sterbende. Er schloss die Augen. Dann hauchte er fast unhörbar ein kurzes: »Si.«

»Du dachtest wohl, er würde dich verpfeifen? Als ob wir es nicht gewusst hätten. Sie haben dich verraten, sie haben dich fallenlassen. Dafür stirbst du jetzt.«