Tom Prox 134 - Gordon Kenneth - E-Book

Tom Prox 134 E-Book

Gordon Kenneth

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Beschreibung

Er scheint sogar der Ghost Squad überlegen zu sein. Immer wieder schafft es Jim Burrow, einer der teuflischsten Verbrecher, mit dem es Tom Prox und Snuffy Patterson je zu tun hatten, sich der Gefangennahme durch die Ghosts zu entziehen. So gelingt es dem ehemaligen Kopf der Puma-Bande gar, sich durch Lug, Betrug und Mord als vermögender Rancher auszugeben. Zwar kann Prox Burrows wahre Identität aufdecken und gerade noch verhindern, dass der Gangster die hübsche Maureen Sendley, die ihren Vater schützen will, zur Ehe zwingen kann. Trotzdem gelingt Burrow nicht nur erneut die Flucht, sondern seine Handlanger holen gar zum Gegenschlag aus: Als der Captain und sein Sergeant versuchen, die Bande durch eine gewagte Geheimoperation zu infiltrieren, misslingt dieser Plan wegen eines dummen Zufalls. Den beiden Ghosts, die von den Verbrechern auf einem buchstäblichen Scheiterhaufen zurückgelassen werden, droht nun der fürchterliche Tod durch die Flammenhölle ...


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Inhalt

Cover

Hetzjagd ohne Gnade

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

Vorschau

Impressum

Hetzjagd ohne Gnade

Von Gordon Kenneth

Er scheint sogar der Ghost Squad überlegen zu sein. Immer wieder schafft es Jim Burrow, einer der teuflischsten Verbrecher, mit dem es Tom Prox und Snuffy Patterson je zu tun hatten, sich der Gefangennahme durch die Ghosts zu entziehen. So gelingt es dem ehemaligen Kopf der Puma-Bande gar, sich durch Lug, Betrug und Mord als vermögender Rancher auszugeben.

Zwar kann Prox Burrows wahre Identität aufdecken und gerade noch verhindern, dass der Gangster die hübsche Mau‍re‍en Sendley, die ihren Vater schützen will, zur Ehe zwingen kann. Trotzdem gelingt Burrow nicht nur erneut die Flucht, sondern seine Handlanger holen gar zum Gegenschlag aus: Als der Captain und sein Sergeant versuchen, die Bande durch eine gewagte Geheimoperation zu infiltrieren, misslingt dieser Plan wegen eines dummen Zufalls.

Den beiden Ghosts, die von den Verbrechern auf einem buchstäblichen Scheiterhaufen zurückgelassen werden, droht nun der fürchterliche Tod durch die Flammenhölle ...

1. Kapitel

William R. Rawlins war ein Allrounder in Bezug auf alles, was den Begriff »Business« betraf. Er besaß in Catton-City am Pecos River eine Kneipe und einen Drugstore, wo es alles gab, was das Herz eines Cowboys begehrte.

Bei ihm gaben sich sogar die Rancherstöchter der Umgebung und die Damen der Stadt ein Stelldichein; denn Rawlins vertrieb nicht nur Mordinstrumente und Cowboyausrüstungen, sondern auch duftige Seidenstoffe aus Honan und Hüte für die Ladys, direkt aus Wien und Paris. Bei ihm gab es Särge und Babygarnituren, Make-up-Utensilien für die Schönen und nebenan in der Bar blaue Augen, wenn sich die Männer im Wettstreit um die Gunst der Girls nicht einig wurden.

Kurz: Rawlins war ein Wohltäter der Menschheit.

Seine geschäftlichen Talente hatte er von seinem Vater geerbt, der unter den ersten Ansiedlern eine Rolle gespielt hatte, die noch auf Planwagen ins Land gekommen und gelegentlich mit Gewehren und Revolvern aufeinander geschossen hatten, wenn begreifliche Differenzen um Wasser und Weide entstanden waren.

Auf seinem Haupte hatte der alte David stets einen der grauen Zylinderhüte getragen, die damals als der Inbegriff der Vornehmheit galten. Und da der Alte lang und hager gewesen war und einen kleinen Ziegenbart getragen hatte, hatte er ausgesehen wie eine Karikatur von »Uncle Sam«.

Der Sprössling des seligen David war das genaue Ebenbild seines Vaters. Nur der Ziegenbart fehlte; auch trug William keine Kopfbedeckung auf seiner spiegelblanken Glatze. Sonst aber besaß er durchaus den Scharm und die Charaktereigenschaften seines Erzeugers und hatte bei Dutzenden von Gelegenheiten bewiesen, dass er nicht nur Dollars zu machen, sondern sich auch Respekt zu verschaffen verstand, wenn es erforderlich war. Und das war sehr oft der Fall!

Man wusste, dass William eine abgesägte Schrotflinte unter der Theke liegen hatte und damit so fix zu knallen verstand, wie seine Tochter Jessy Maulschellen austeilen konnte, wenn ein »Angesäuselter« frech wurde.

Im Übrigen war William ein Gemütsmensch und weit und breit beliebt, weil er nicht lange zögerte, in den Geldsack zu greifen, wenn es galt, jemandem, der unverschuldet in Not geraten war, aus der Klemme zu helfen.

Eben wollte er seinen Laden schließen und sich in sein Lokal begeben, in dem tagsüber seine Tochter bediente, als noch ein letzter Kunde eintrat.

»Sie wünschen, Fremder?«, fragte er gewohnheitsmäßig.

»Ein .45er-Schießeisen und fünf Päckchen Patronen«, erwiderte der Fremde. »Übrigens könntest du mich ruhig ein wenig herzlicher begrüßen, Will!«, fügte er dann hinzu und trat etwas näher.

Will Rawlins starrte ihn an, als wäre ihm ein Geist erschienen.

»Teufel! Sehe ich richtig?«, rief Will. »Bist du es, Harry?«

»In persona!«, bestätigte Harry Wilkins und schlug kräftig in die ihm dargebotene Hand ein. Er war ein hochgewachsener, etwa achtundzwanzigjähriger Mann von hagerer, sehniger Gestalt, mit hartem, energischem Gesicht, aus dem zwei blaue, durchdringende Augen blickten.

Auf William Rawlins Zügen lag eitel Sonnenschein.

»Großartig, dass du wieder hier bist, Harry!«, sagte er herzlich. Aber dann kratzte er sich bedenklich hinter den Ohren. »Du bist wohl ... hm ... stiften gegangen? Soviel mir bekannt ist, haben dich die Gipsköpfe in Pecos zu acht Jahren verdonnert, und es sind erst fünf herum. Du brauchst wohl ein schnelles Pferd und Geld? Kannst beides von mir haben!«

Für einen Moment entspannten sich die harten Züge des Gehetzten. Sein kantiges Gesicht wurde weicher, und ein warmer Ausdruck trat in seine Augen.

»Du würdest mir wirklich zur Flucht verhelfen, Will?«

»Selbstverständlich, Harry!«

»Einem Banditen?«

»Nun halt mal die Luft an! Für mich ist es sonnenklar, dass man dich zu Unrecht eingelocht hat. Du bist keiner von denen, die Banken überfallen und Kassierer über den Haufen schießen. Ich habe keine Sekunde an dir gezweifelt!«

»Du bist doch noch immer ein feiner Bursche, Will!«, sagte Harry. »Aber du brauchst meinetwegen nichts zu riskieren – ich bin begnadigt worden.«

»Was die Tatsache auch nicht wiedergutmacht, dass man dich unschuldig verurteilt hat«, knurrte der Wirt. »Was willst du jetzt anfangen? Wie ich dich kenne, wirst du nicht ruhen noch rasten, bis du deinen ehrlichen Namen zurück hast.«

»Stimmt!«

»Recht so! Ich würde es nicht anders machen. Aber nach so langer Zeit wird es schwierig sein, Licht in die Sache zu bringen. Kann ich dir irgendwie dabei helfen?«

»Ich denke doch. Es würde mich sehr interessieren, wo die Boys geblieben sind, die damals bei Strongfort arbeiteten.«

»Sie sind alle noch dort, außer Jim Burrow.«

In Harrys Augen blitzte es auf. »Und Burrow? Wo ist der geblieben?«

»Ja, der hat ein ganz unverschämtes Glück gehabt. Er entdeckte mit einem anderen Kerl unten am Golf Petroleum. Jetzt schwimmen die beiden in Geld und haben die Blue Creek-Ranch von Bill Waverley gekauft.«

Wilkins' Mundwinkel bogen sich nach unten. »So, Petroleum will Burrow gefunden haben? Merkwürdig! Er hatte doch vom Ölsuchen genauso viel Ahnung wie ein Ochse vom Einmaleins.«

»Du denkst wohl, da wäre etwas nicht in Ordnung? Oh nein ... da ist alles okay. Ich hatte denselben Verdacht wie du, habe ihn aber fallenlassen müssen, als die Zeitungen ausführlich über seinen Fund berichteten. Gewiss ist Jim ein Strolch, doch hierbei ist alles mit rechten Dingen zugegangen.«

»Davon bin ich noch nicht ganz überzeugt«, erwiderte Wilkins verbissen. »Ich kenne den Kerl weit besser als du. Er macht vieles möglich, was andere für unmöglich halten. Jedenfalls werde ich mich ein wenig näher mit diesem merkwürdigen Glücksfall beschäftigen. Doch jetzt eine andere Frage: was macht Maureen Sendley?«

Rawlins bewegte unbehaglich die Schultern, bevor er antwortete. Er wusste, dass der Cowboy mit der Rancherstochter ein Verhältnis gehabt hatte, das der alte Sendley nicht ungern gesehen hatte. Aber als Wilkins unter Raubverdacht verhaftet und später auch verurteilt worden war, hatten sich Tochter und Vater nicht weiter um ihn gekümmert. Sie waren nicht einmal zur Gerichtsverhandlung in Pecos erschienen.

»Maureen ist noch auf der Ranch«, antwortete der Wirt. »Ich kann es heute noch nicht begreifen, dass dich das Mädel damals so einfach im Stich gelassen hat. Das passt eigentlich gar nicht zu ihrem Charakter.«

»Damit habe ich mich abgefunden!«, sagte Wilkins herb. »Ich frage nur, weil Jim ebenfalls Absichten bei ihr hatte.«

»Er streicht auch jetzt noch um sie herum wie eine Katze um einen Kanarienvogel. Sie hat ihn bisher zwar immer abgewiesen, aber sie wird ihn schließlich doch nehmen müssen, wenn es mit dem Alten weiter abwärtsgehen sollte. Soviel ich weiß, setzt Burrow ihn unter Druck.«

»Was willst du damit sagen?«

»Nun, Sendley hat in den vergangenen Jahren durch die Rinderseuche schwere Verluste erlitten und hätte wahrscheinlich die Ranch verkaufen müssen, wenn Jim ihm nicht finanziell unter die Arme gegriffen hätte. Er soll mehrere fällige Wechsel gekauft haben, weil der Alte sie nicht einlösen konnte. Was er damit bezweckt, liegt doch klar auf der Hand. Er will Sendley unter Druck setzen, damit er Maureen bekommt. Sie weiß, wie ihr Vater an der Ranch hängt, und wenn Burrow dem Alten die Pistole auf die Brust setzt, wird sie ihn nehmen.«

»So ein Schuft!«

»Das ist er! Aber dagegen lässt sich nichts machen. Das verstößt gegen kein Gesetz, und die öffentliche Meinung macht er in weitem Umkreis selber. Du kannst dir nicht vorstellen, wie mächtig der Kerl geworden ist. Alles geht ihm glatt von der Hand. Er hat den Viehbestand seiner Ranch mindestens verdoppelt und neue Ländereien zu den alten erworben. An die vierzig Reiter arbeiten für ihn – einer immer noch ein größerer Galgenvogel als der andere. Du kannst sie gleich einmal beäugen; drüben sitzen gerade ein paar von ihnen!«

»Okay – und jetzt gib mir mal die Kanone; es ist schon lange her, dass ich so ein Ding in meiner Hand gehabt habe.«

»Hier ist Colts neuester Sechsschüsser«, erklärte Rawlins, indem er einen Revolver aus einem Regal nahm. »Das Ding hat einen Universalauswerfer. Du kannst alle leeren Hülsen auf einmal ausstoßen. Geladen wird mit einem Träger, auf dessen Ladestreifen die Patronen sitzen. Wenn du die Trommel ausgeklinkt hast, geht das Laden so schnell wie bei einer Automatik, bei der man nur das Magazin zu wechseln braucht.«

Harry Wilkins nahm die Waffe und übte mit flinken Fingern ein paarmal die Ladegriffe. Dann langte er sich eine leere Konservenbüchse aus einer Kiste und trat damit vor die Tür. Im nächsten Augenblick kullerte der Behälter, von seinen Schüssen getrieben, die staubige Straße entlang. Bei jedem Knall machte die Dose einen neuen Luftsprung.

»Donnerwetter! Du hast nichts verlernt!«, stellte William staunend fest. »Komm jetzt mit hinüber – wir wollen auf unser Wiedersehen trinken!« Damit schob er den Cowboy durch die Tür in die Kneipe.

Acht Männer saßen in dem Lokal an einem Tisch und pokerten. Ein neunter saß mit einem Glas Whisky in einer Ecke neben der Theke und unterhielt sich mit der blonden Jessy. Es musste etwas sehr Lustiges sein, was er ihr erzählte, denn das Mädchen brach soeben in helles Lachen aus.

»Hallo, Jessy!«, rief William. »Sieh mal, wen ich mitgebracht habe!«

Jessy Rawlins wandte sich dem Eintretenden zu. Ein Ausdruck freudiger Überraschung trat in ihr Gesicht. Mit ausgestreckten Händen eilte sie auf Harry Wilkins zu.

»Ich freue mich herzlich, dich wiederzusehen, Harry!«, sagte sie warm.

Bei diesem Empfang schoss dem Mann, der fünf Jahre lang zu den Ausgestoßenen gehört hatte, die Röte in die gebräunten Wangen, aber er fing sich schnell wieder.

»Wie geht's, Jessy?« erkundigte er sich, indem er dem Mädchen die Hand schüttelte.

»Alle Tage besser!« Das Girl lachte. »Nächsten Sonnabend werde ich Bill Duke heiraten, und du bist natürlich der erste, den ich dazu einlade ...«

»Ein feiner Hochzeitsgast, der direkt aus dem Zuchthaus kommt!«, unterbrach eine Stimme das Gespräch.

Empört fuhr das Mädchen herum. Auf der Schwelle stand, die Arme in die Hüften gestemmt und leicht auf den Zehenspitzen wippend, ein vierschrötiger Bursche von etwa dreißig Jahren. Auf seinem breiten Gesicht mit der plattgeschlagenen Nase lag ein hässliches Grinsen, und seine grauen, stechenden Augen musterten Harry Wilkins herausfordernd.

»Sie sind ein unverschämter Lümmel, Hal!«, fuhr Jessy den Kerl zornig an.

Aber Wilkins schob sie sanft beiseite.

»Er hat recht, Jessy!«, meinte er gelassen. »Ich bin zurzeit nicht gerade ein Prunkstück. Aber der Taugenichts dort hat vergessen, dass er selber – und im Gegensatz zu mir mit Fug und Recht – drei Jahre lang in New Mexiko auf Staatskosten logiert hat!«

Das Mienenspiel des Vierschrötigen drückte maßlose Überraschung aus; dann verzog sich sein Gesicht zu einer wütenden Grimasse.

»Verdammter Lügner!«, brach er los. »Dafür breche ich dir alle Knochen!«

»Nur heran!«, erwiderte Wilkins ruhig. »Natürlich warst du nicht darauf gefasst, dass ich so genau über deine Vergangenheit informiert bin. Ich habe sogar noch mehr über dich erfahren. Im Zuchthaus hört man, wie du weißt, so allerhand ...«

Hal Lure ließ Wilkins nicht mehr ausreden. Mit einem langen Satz stürzte er sich auf ihn. Wilkins aber wich gewandt zur Seite und versetzte dem Angreifer einen solchen Kinnhaken, dass der augenblicklich zu Boden ging.

Lure riss nun seinen Revolver heraus, doch ein Fußtritt seines Gegners prellte ihm die Waffe aus der Hand, ehe er noch den Hahn schnappen lassen konnte. Donnernd löste sich ein Schuss, der jedoch nur ein Loch in die Theke machte.

»Packt ihn, Boys! Schlagt ihn nieder!«, schrie Lure mit wuterstickter Stimme.

Die Kartenspieler waren schon aufgesprungen, als sich der Vierschrötige unter einem Kinnhaken niedergesetzt hatte. Jetzt fielen die Kerle gemeinsam über Wilkins her.

Der Cowboy war zwar ein starker Mann und harter Kämpfer. Trotzdem wäre es ihm übel ergangen, wenn sich nicht jetzt der Whiskytrinker in der Ecke eingemischt hätte.

»Stopp, Boys!«, gebot dieser. »Immer einer nach dem anderen – so verlangt es die Fairness.«

»Halt's Maul!«, brüllte ein langer Bursche mit brandrotem Haarschopf. »Oder willst du auch eine gesalzene Tracht beziehen?«

Gemächlich kam der Bedrohte hinter dem Tisch hervor und krempelte die Hemdärmel auf. Zwei braune, von Sehnen und Muskeln strotzende Arme kamen zum Vorschein.

Schon holte der Rothaarige zu einem gewaltigen Schwinger aus. Sein Gegner aber duckte sich, und während sich der Rothaarige durch die Wucht des fehlgegangenen Schlages halb um sich selber drehte, erhielt er einen Uppercut, der ihm das Gefühl vermittelte, von einem Pferd getreten worden zu sein. Er setzte sich auf den Hosenboden und zeigte merkwürdigerweise kein Interesse mehr für seine Umgebung.

Einer seiner Kumpane ließ nun von Harry Wilkins ab, der bereits auf dem Boden lag und alle Hände voll zu tun hatte, die Faustschläge und Fußtritte abzuwehren, die auf ihn nieder hagelten.

Mit einem Sprung stürzte der Kerl sich jetzt von hinten auf den Fremden. Das aber hätte er nicht tun sollen. Denn der Angegriffene fasste blitzschnell über seine Schultern nach den Handgelenken des Angreifers und krümmte dann mit unglaublicher Geschwindigkeit seinen Rücken.

Im hohen Bogen flog sein Gegner über ihn hinweg und prallte mit voller Wucht gegen das Kreuz eines der Fenster. Holz splitterte und Glas klirrte, und der Mann landete auf dem hölzernen Gehsteig vor der Kneipe in einem Haufen Scherben.

»Nummer zwei«, sagte das menschliche Katapult seelenruhig und griff sich mit beiden Händen aus dem Haufen Kerle, die Harry Wilkins bearbeiteten, zwei neue heraus.

Seine Fäuste schienen die Gewalt von Stahlklammern zu besitzen; denn die beiden Streithähne zappelten wie ein paar Hampelmänner und versuchten vergeblich, sich zu befreien. Dann besannen sie sich darauf, dass sie Revolver hatten, und angelten nach ihren Schießeisen.

»Das gilt nicht, ihr Schlingel!«, sagte der Fremde. »Das für eure saubere Kampfesweise!« Und damit stieß er die Köpfe der Revolverhelden zusammen, dass es krachte.

Beide stürzten zu Boden und regten sich nicht mehr.

William hatte seine Schrot-Doppelflinte ergriffen, aber Hal Lure fasste ihn am Bein, und der Wirt landete auf der Nase. Dabei entlud sich das Schrotgewehr. Einer der Kerle, die sich mit Harry herumbalgten, presste beide Hände auf den Hosenboden und machte einen Luftsprung, während er gleichzeitig in ein mörderisches Gebrüll ausbrach.

Der kriegerische William stürzte sich nun mit seinem umgedrehten Schießgewehr auf die letzten Gegner.

Aber die hatten längst genug. Sie wandten sich zur Flucht und sausten durch die Schwingtür. Hinter ihnen drein flogen ihre kampfunfähigen Kumpane in den Staub der Straße.

»Sammelt sie ein und verschwindet!«, befahl der Fremde, der soeben den letzten hinausbefördert hatte. »Und lasst die Hände von euren Krawallmachern – ich lehre euch sonst das Tanzen!«

Breitbeinig, in jeder Hand einen Colt, stand er auf der Eingangstreppe und ließ die Schießeisen zwischen seinen Fingern kreisen. Der Rothaarige, der zuerst mit der Boxkunst des Fremden unangenehme Bekanntschaft gemacht hatte, rappelte sich auf und schüttelte drohend die Faust.

»Warte nur, du elender Satteltramp! Du wirst noch erfahren, mit wem du angebunden hast!«

»Das weiß ich schon jetzt – mit feigem Gesindel, das mit acht Mann über einen einzelnen herfällt. Und jetzt verschwindet, oder es knallt!«

Die Horde zog ab.

»Lasst euch nie wieder bei mir sehen, ihr Lausekerle!«, rief ihnen der Wirt nach.

Das Geschrei und der Schuss hatten eine Menge Zuschauer angelockt, die sich bisher aber in sicherer Entfernung gehalten hatten. Jetzt näherten sich ein paar Männer. Ein hagerer Kerl mit einer Habichtsnase und dem Schurzfell des Schmiedes fragte interessiert: »Was war denn los, Will?«

»Die Krakeeler von der Blue Creek haben wieder einmal gestänkert«, antwortete Rawlins. »Diesmal sind sie aber an den Falschen geraten und haben Senge bezogen.«

»Wonderful!«, brummte der Schmied. »Seit dieses Gesindel hier ist, gibt es nichts als Zank und Streit.«

»Werden uns das merken, Brown!«, schrie der Rothaarige herüber. »Wir kommen wieder. Dann wird es sich zeigen, wer hier im Distrikt die erste Geige spielt. Jim Burrow wird es euch besorgen!«

Gemeinsam mit einem seiner Kumpane hob er Hal Lure, der von Williams Kolbenhieb noch immer »groggy« war, in den Sattel. Dann ritt der Rest der geschlagenen Streitmacht der Blue Creek-Ranch unter wilden Drohungen davon.

Während Rawlins die Neugierigen mit Whisky versorgte und ihnen die Vorgänge ausführlich erzählte, streckte Harry Wilkins im Wohnzimmer des Hauses, in dem er von Jessy verarztet wurde, dem Fremden die Hand entgegen.

»Nehme es Ihnen nicht übel, wenn Sie nicht einschlagen wollen«, sagte er, »denn ich bin Harry Wilkins und komme direkt aus dem Zuchthaus, wo ich fünf Jahre lang gesessen habe. Aber ich möchte Ihnen danken. Ohne Ihre Hilfe würde ich jetzt wohl in keinen Anzug mehr passen.«

»War nicht der Rede wert!«, erwiderte der Fremde, indem er die Rechte des Cowboys kräftig drückte. »Ab und zu brauche ich etwas Bewegung, und dieser Spaß kam mir gerade recht. Im Übrigen heiße ich Drake. – Weshalb hatte man Sie denn eingelocht?«

»Vor fünf Jahren wurde die Texas State Bank in Pecos überfallen und dabei der Kassierer fast totgeschossen. Der Täter soll ich gewesen sein. Man fand in der Bank nämlich meinen Revolver, und kein Mensch glaubte mir, dass er mir gestohlen worden war. Außerdem hatte ich keine Zeugen dafür, dass ich zur Tatzeit auf der Weide war. Jeder nimmt natürlich an, dass ich lüge.«

»Sagen Sie das nicht!«, erwiderte Drake gedehnt. »Ich interessiere mich für solche Sachen und habe auch einen gewissen Blick dafür, ob mir jemand Märchen erzählt. Schießen Sie mal los – vielleicht kann ich Ihnen von Nutzen sein.«