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Er hat sein Leben unter der Erde verbracht – bis die Gefahr ihn an die Oberfläche zwingt.
Rowen ist ein Einzelgänger, ein Maulwurfwandler, der die Dunkelheit mehr kennt als das Sonnenlicht. Als er durch Zufall einem Geheimtreffen der Tigerwandlerin Kim und ihres gefährlichen Rudels lauscht, wird er zur Zielscheibe. Plötzlich jagt man ihn – und ausgerechnet Leo, Kims Gefährte und Alpha des Rudels, scheint seine letzte Zuflucht zu sein.
Doch Leo ist mehr als nur sein Retter. Zwischen ihnen knistert etwas, das nicht erklärt werden kann – außer durch ein uraltes Band, das nur wahre Gefährten spüren. Während Leo erkennt, dass Rowen der Eine ist, den er nie gesucht, aber immer gebraucht hat, beginnt ein Spiel aus Macht, Eifersucht und Verlangen. Denn Kim gibt ihr Revier nicht kampflos auf – und schon gar nicht den Mann, den sie für sich beansprucht.
Zwei Männer. Ein Rudel. Eine Liebe, die tödlich sein könnte – oder alles rettet.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Kapitel 1 – Der falsche Tunnel
Kapitel 2 – Krallen und Kälte
Kapitel 3 – Funken unter der Haut
Kapitel 4 – Duft der Wahrheit
Kapitel 5 – Gefährtenblut
Kapitel 6 – Der Preis der Begierde
Kapitel 7 – Grabesstille
Kapitel 8 – Ausbruch
Kapitel 9 – Im Licht deiner Narben
Kapitel 10 – Ein Herz, zwei Alphas
Epilog – Im Licht der Liebe
Rowen hatte sich nie für gefährlich gehalten. Nicht für sich selbst, nicht für andere. Er war ein stilles Wesen in einer zu lauten Welt – ein Techniker, ein Maulwurfwandler, jemand, den man übersah, wenn man nicht genau hinsah. Und das war auch gut so. Sichtbarkeit war Risiko. Sichtbarkeit bedeutete, Teil einer Ordnung zu sein, die nie zu ihm gepasst hatte.
Seine Welt bestand aus Erde, Gestein, verlegten Leitungen und der ewigen Dunkelheit unter den Städten – Orte, an denen niemand nach ihm fragte, an denen niemand etwas erwartete. Er liebte diese Dunkelheit. Sie war ehrlich. Direkt. Klar.
Doch nichts war klar an diesem Tag. Nicht die Einsatzbeschreibung, nicht die Karte, die man ihm mitgegeben hatte – und ganz sicher nicht der Schacht, in dem er sich jetzt befand.
Die Wände waren zu sauber. Der Geruch zu frisch. Kein Schimmel, keine Insekten, keine rostigen Rohre – das war kein stillgelegter Tunnel. Das hier war aktiv genutzt. Und nicht von Menschen.
Er hatte es zu spät gemerkt. Zu tief war er vorgedrungen, zu sehr auf Routine eingestellt, um das Knistern in der Luft, das leise Vibrieren des Bodens unter seinen Sohlen ernst zu nehmen. Erst als er Stimmen hörte – klare, dominante Stimmen –, war ihm bewusst geworden, dass er in einen Bereich geraten war, den er nie hätte betreten dürfen.
Ein Rudelgebiet.
Tigerwandler.
Und nicht irgendeines.
Er kannte die Geschichten. Jeder kannte sie. Die Tiger im Osten der Stadt waren keine harmlosen Großkatzen. Ihr Rudel galt als das älteste, reichste, skrupelloseste in der Region. Geführt von einer Frau, die Schönheit mit Gewalt zu paaren wusste. Kim.
Rowen hatte nie geglaubt, ihr je zu begegnen. Sie lebte in einer ganz anderen Welt – einer Welt voller Machtspiele, Dominanz und Blutbande. Seine Welt war aus Schmutz, Schweiß und kaltem Metall. Sie hätte sich niemals kreuzen sollen. Und doch...
Er stand nur wenige Meter von ihr entfernt. Getrennt durch eine bröckelnde Wand und das verräterische Flackern eines Feuers.
Er hätte einfach gehen sollen. Lautlos zurück, denselben Weg, auf dem er gekommen war. Aber etwas hielt ihn zurück.
Die Stimme.
Nicht Kims.
Die andere.
Tief. Ruhig. Messerscharf. Und trotzdem… warm.
Sie klang wie etwas, das man nicht verstehen, nur fühlen konnte. Wie ein uraltes Echo, das einem bis in die Träume folgte.
„ Er ist ein Niemand“, sagte Kim. „Ein Maulwurf. Er kriecht ein bisschen durch die Stadt und will niemandem was tun. Aber wenn er redet…“
„ Dann bringst du ihn um?“ Die andere Stimme klang kühl.
Ein Moment Schweigen.
„ Ich will kein Blut in meinem Bau“, fügte sie dann hinzu, „aber wenn es sein muss…“
Rowen wusste nicht, ob es der pure Überlebensinstinkt war oder der Wunsch, mehr von dieser Stimme zu hören – aber er blieb. Wie gelähmt. Wie gefangen. Bis er die Bewegung sah.
Kim roch ihn.
Ihre Pupillen zogen sich zu Schlitzen zusammen, ihre Nase zuckte, ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, das mehr Reißzähne als Menschlichkeit zeigte.
„ Da ist jemand.“
Rowen riss sich los und rannte.
***
Rowen rannte, ohne zurückzublicken. Seine Stiefel hallten auf dem feuchten Stein, und doch klang es nicht wie ein Echo, sondern wie eine Warnung. Jeder Schritt erinnerte ihn daran, dass er in ein Revier eingedrungen war, das nicht verzieh – und dass Tiger, wenn sie jagen, nicht einfach aufhören.
Der Luftstrom in den Schächten wechselte, als er einen anderen Gang nahm, und der vertraute, erdige Geruch wurde durch etwas Schärferes überlagert. Raubtier. Metall. Blut? Sein Magen zog sich zusammen, doch er zwang sich, weiterzulaufen. Kriechend wäre er schneller, tiefer, sicherer – aber er war zu aufgewühlt, zu zerrissen, um sich in seine andere Form zu zwingen. Zu viel Adrenalin. Zu viel Angst.
Hinter ihm hörte er die Geräusche. Lautlos für jeden anderen – aber nicht für ihn. Er hörte das Aufsetzen von Krallen, das rhythmische Pochen starker Gliedmaßen auf altem Beton. Mindestens zwei, vielleicht drei Verfolger. Sie jagten nicht blind. Sie wussten, was sie taten.
Und dann – Stille.
Rowen blieb keuchend stehen, seine Hand an der feuchten Tunnelwand, das Herz schlug so laut, dass es ihm schien, als müsste es durch den ganzen Gang widerhallen. Warum war es plötzlich so still?
„ Nicht bewegen.“
Die Stimme war direkt hinter ihm. Tief. Ruhig. Beherrscht.
Er fuhr herum – und starrte in goldene Augen.
Leo.
Nicht mehr als zwei Meter trennten sie. Leo stand leicht seitlich, eine Hand locker an der Wand, der Körper in entspannter, aber gefährlich bereitwilliger Haltung. Seine Präsenz war überwältigend – nicht nur durch seine Größe oder Muskeln, sondern durch die Schlichtheit seiner Kontrolle. Er war keine tickende Bombe. Er war ein stiller Sturm.
Rowens Kehle war trocken. Seine Beine wollten rennen, seine Instinkte schrien nach Flucht. Doch er rührte sich nicht. Vielleicht war es Leos Blick. Vielleicht war es die Wärme, die von diesem Mann ausging, obwohl er wie aus Stahl geschnitzt schien.
„ Du bist kein Spion“, sagte Leo ruhig. Keine Frage. Eine Feststellung.
Rowen nickte zögerlich. Dann fand er seine Stimme: „Ich arbeite für die Stadt. Technik. Ich… Ich wusste nicht, dass—“
„ Dass du unser Revier betreten hast?“
Rowen presste die Lippen zusammen. „Nicht absichtlich.“
Leo musterte ihn einen Moment, dann trat er näher.
Rowen wich nicht zurück, obwohl sein ganzer Körper es wollte. Stattdessen hob er trotzig das Kinn, auch wenn seine Knie zitterten.
„ Dein Geruch…“ Leos Blick wurde schmaler. „Du hast Angst, aber da ist noch etwas.“
Rowen sagte nichts. Er wusste nicht, was Leo meinte. Er wusste nur, dass ihm dieser Mann zu nahe kam. Viel zu nah. Zu tief unter die Haut. Seine Präsenz brannte sich in ihn wie ein Licht, das man nie wieder vergessen konnte.
Leo beugte sich vor. Nicht bedrohlich. Neugierig.
„ Wie heißt du?“
Rowen zögerte. Dann flüsterte er: „Rowen.“
Leo schloss kurz die Augen, als würde er sich diesen Namen einprägen.
„ Rowen“, wiederholte er. „Du solltest nicht hier sein. Aber…“
Er brach ab. Ein Geräusch im Gang ließ ihn aufhorchen. Schritte. Schneller, ungeduldiger.
Kim.
„ Du hast ihn gefunden?“ Ihre Stimme war süß und scharf wie vergifteter Honig. Als sie aus dem Schatten trat, wirkte sie wie eine Raubkatze aus einem Albtraum – schön, tödlich, absolut sicher in ihrer Überlegenheit.
„ Er war keine Bedrohung“, sagte Leo, ohne sich von Rowen abzuwenden. „Er wollte nur weg.“
„ Weg? Mit dem Wissen, das er hat?“ Kims Blick schnitt wie Glas. „Leo, du kannst ihn nicht einfach laufen lassen.“
„ Ich werde ihn nicht töten, nur weil du Angst vor seinem Mund hast.“
Kims Lächeln gefror.
Rowen spürte, wie die Spannung zwischen ihnen anschwoll. Es ging nicht um ihn. Nicht wirklich. Es ging um Macht, um Revier, um Besitzanspruch. Und plötzlich wurde ihm bewusst, dass es einen Teil von Kim gab, der Leo als genau das betrachtete: Besitz.
Er war im Revier einer Frau, die um ihren Alpha kämpfte – und ihr Gegner war ausgerechnet er, Rowen, der niemand war.
Noch bevor er etwas sagen konnte, packte Kim ihn.
Es ging so schnell, dass er keine Zeit zum Reagieren hatte. Ihre Krallen bohrten sich durch sein Shirt, rissen es auf, ihre Augen loderten.
„ Wenn du irgendetwas sagst, Maulwurf“, zischte sie, „reiß ich dir nicht nur den Mund auf – ich reiß dir die Kehle raus.“
Rowen zitterte, aber er wich nicht zurück. Stattdessen blickte er ihr direkt in die Augen. „Dann fang besser gleich an.“
Und in diesem Moment passierte etwas Seltsames.
Leo knurrte.
Nicht laut. Nicht bedrohlich. Aber tief. Roh. Besitzergreifend.
Kim ließ los. Langsam. Ihre Augen verengten sich. Dann sah sie Leo an – lange, kalt, mit einem Ausdruck, der sagte: Das werden wir noch klären.
Und ging.
Rowen fiel fast gegen die Wand, als der Druck von ihm wich. Seine Brust hob und senkte sich schnell, seine Haut brannte unter den Kratzern, aber sein Blick blieb auf Leo gerichtet.
„ Warum hast du das getan?“ flüsterte er.
Leo sah ihn einen Moment an – und sagte dann ruhig:
„ Ich weiß es nicht.“
***
Rowen lief. Nicht so panisch wie zuvor, nicht mehr gejagt, aber immer noch getrieben. Von dem, was gerade passiert war. Von sich selbst. Von diesem Blick.
Leo.
Sein Name hallte in Rowens Kopf wider wie ein zu lautes Geräusch in einem zu kleinen Raum. Es war nicht nur die Tatsache, dass Leo ihm das Leben gerettet hatte. Es war das Wie. Das Wie hatte ihn vollkommen aus dem Gleichgewicht geworfen. Dieser ruhige Tonfall, diese Selbstverständlichkeit, mit der Leo sich Kim widersetzt hatte. Die Art, wie er seinen Namen gesagt hatte, als würde er ihn schmecken wollen.
Rowen hatte schon lange niemandem mehr seinen echten Namen gesagt.
Er stolperte über einen Wurzelbrocken, fing sich im letzten Moment und knurrte leise vor sich hin. Er musste sich zusammenreißen. Durfte sich nicht verlieren in dieser Ahnung von... was? Verlangen? Hoffnung?
Nein.
Das hier war eine Todeszone. Kein Ort für Träume oder Wünsche. Kim hatte ihn gesehen. Und sie hatte ihn nicht vergessen. Das würde sie nie. Sie war eine Alpha-Frau, und Rowen hatte ihren Stolz verletzt – allein dadurch, dass Leo ihn beschützt hatte. Das reichte aus, um zum Feind erklärt zu werden.
„ Verdammt“, flüsterte er und schlug mit der Faust gegen die Tunnelwand. „Verdammt, verdammt, verdammt.“
Sein Atem ging stoßweise, und in seinem Inneren krallte sich etwas zusammen. Etwas, das sich wie Angst anfühlte, aber nicht nur das war. Etwas, das aus einer viel tieferen Schicht kam – aus jener, die instinktiv reagierte, wenn ein anderer Wandler einem zu nah kam. Die Schicht, die nicht log, nicht taktierte, nicht verhandelte.
Die Schicht, die in Leos Blick etwas erkannt hatte, das Rowen nie zuvor gesehen hatte.
Ein Spiegel.
Kein Raubtierblick. Kein Besitzerblick. Kein Spiel.
Sondern: Erkenntnis.
Rowen fluchte wieder, leiser. Dann verwandelte er sich endlich.
Er ließ los – die Oberfläche, den Mensch, die Stimme –, und in einem Bruchteil einer Sekunde war er in seiner anderen Gestalt. Klein. Pelzig. Mit scharfen Krallen und blinden Augen. Ein Wesen, das tief unter der Erde lebte, sich durch Schichten wühlte, sich der Welt entzog, um zu überleben.
In dieser Form war er schneller, sicherer, unsichtbar.
Er grub sich tief, schloss sich in den Boden ein, in Sicherheit, in Enge, in Vertrautheit.
Aber nichts half gegen das, was in ihm aufstieg.
Leos Blick.
Die Wärme. Die Schärfe. Die Ahnung von etwas, das verboten war und doch tiefer als alles andere.
Er musste ihn vergessen. Sofort. Für immer.
Doch selbst tief im Erdreich schien das Echo von Leos Stimme nicht zu schweigen.
***