Wie Rothes Grundsätze mit Kreuzberg kollidierten und warum Kuba auch keine Lösung ist - Tscharlie Häusler - E-Book

Wie Rothes Grundsätze mit Kreuzberg kollidierten und warum Kuba auch keine Lösung ist E-Book

Tscharlie Häusler

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Beschreibung

Rothe, irgendwas in den Dreißigern, Single, hat Grundsätze. Keine Zonenbräute, keine Schrankwände und nie wieder eine Kneipentour mit Statler. Damit könnte er in Kreuzberg ganz gut überleben, wäre da nicht sein außergewöhnlicher Freundeskreis, der ihn mehr als einmal in pikante Situationen bringt, die ihn an seinem Lebensentwurf zweifeln lassen. Also überlegt er es sich noch mal mit seinen Grundsätzen und landet dabei nicht nur in zahlreichen Berliner Kneipen, sondern auch am anderen Ende der Welt, wo sich die entscheidende Frage stellt: Was soll das eigentlich mit diesen Wackeldackeln? Eine unkonventionelle Liebeserklärung an die Hauptstadt und ihre außergewöhnlichen Bewohner.

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Veröffentlichungsjahr: 2018

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Tscharlie Häusler

Wie Rothes Grundsätze mit Kreuzberg kollidierten und warum Kuba auch keine Lösung ist

 

 

 

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- gekürzte Vorschau -

Inhaltsverzeichnis

Titel

Januar

Februar

März

April

Mai

Juni

Juli

August

September

Oktober

November

Dezember

2001

Epilog

Impressum tolino

Januar

Der Jahrtausendwechsel

Sie waren alle gekommen! Alle!

Zumindest die vier, die Rothe zugesagt hatten, den Jahreswechsel gemeinsam zu zelebrieren. Sie alle wussten nämlich, dass der Jahrtausendwechsel nicht Ende 1999, sondern erst heute stattfinden würde.

Sollten die anderen sie doch als Erbsenzähler beschimpfen. Das war ihnen vollkommen egal, denn sie wussten, dass sie im Recht waren. Sie waren kein Mainstream. Nein, das konnte man wirklich nicht behaupten.

Die fünf hatten beschlossen, nicht wie alle anderen die Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar zu begehen, es sollte selbstverständlich unkonventionell sein. Zur Debatte stand, diesen bedeutenden Jahreswechsel jüdisch, buddhistisch oder islamisch zu feiern. Da sie jedoch unbedingt den Wechsel des Jahrtausends begießen wollten, stellte sich ein derartiges Vorhaben als wenig praktikabel dar.

Nach islamischem Glauben war nämlich erst das Jahr 1421 angebrochen, nach buddhistischem Glauben schrieben wir bereits das Jahr 2545 und nach jüdischem Glauben hatte gar das Jahr 5761 begonnen. Notgedrungen einigte man sich auf die christliche Zeitrechnung, obwohl die fünf strenge Vorbehalte gegen diese Religion hatten, und alle, bis auf Elmar, dessen Mutter ihm dies nach eigenen Angaben nie verzeihen würde, bereits vor Jahren aus der Kirche ausgetreten sind. Aber nur so war ihnen vergönnt, wenigstens einmal in ihrem Leben auf ein neues Jahrtausend anzustoßen. Dafür konnte man schon einen kleinen Kompromiss eingehen.

Als Bildungsbürger war ihnen bewusst, dass 1582 eine neue Kalenderreform, die Gregorianische, in Kraft getreten war und auf den 4. Oktober damals sofort der 15. Oktober folgte. Zehn Tage hatte der Papst einfach gestrichen. Derartiger päpstlicher Willkür waren sie natürlich nicht geneigt zu folgen. Sie feierten also am 10. Januar 2000.

Durch diesen Akt des Widerstandes war der vorausgehende Kompromiss für alle um einiges leichter zu ertragen. Da es bei ihren Überlegungen mehrere Rechenmodelle gab, die alle auf ihre Art überzeugend wirkten, konnten sie sich nicht mit letzter Gewissheit darauf einigen, ob nun in der Nacht zum 11. oder zum 12. Januar der wahre Jahrtausendwechsel stattfand. Bert war der Ansicht, dass zwischen dem 4. und 15. Oktober 1582 genau elf Tage gelegen hätten, daher müsse man zum 1. Januar elf Tage hinzuzählen und würde erst in der Nacht zum 12. Januar auf den Jahrtausendwechsel anstoßen können. Elmar hatte widersprochen, er war der Auffassung, dass es genau zehn Tage sind.

»Wie wir alle wissen, warst du ja schon immer ein wahres Rechengenie, nicht wahr, Bert?«

Es war ein offenes Geheimnis, dass Bert am Ende eines Abends häufig mit Kneipenbesitzern Streit angefangen hatte, weil die Zeche angeblich zu hoch war. Sieglinde warf ein »Hört, hört« in die Runde und kicherte hämisch, während Tine ihren Freund und dessen Rechenkünste erregt verteidigte: »Während Bert im Mathe-Leistungskurs saß, hast du ja erfolglos versucht, im Sport-LK den Lehrer zu beeindrucken, ohne zu merken, dass er schwul war!«

Bevor Sieglinde jedoch darauf eingehen konnte, hatte Rothe die aufkeimende Diskussion abrupt beendet, indem er vorschlug, am zehnten Januar anzufangen und einfach solange zu feiern, bis keiner von ihnen mehr Lust haben würde.

Am Mittwoch, den Zehnten, saßen sie nun also da, die nonkonformistischen Fünf, und wollten das neue Jahrtausend einläuten: Tine, Bert, Elmar, Sieglinde und natürlich Rothe, der Gastgeber. Aus dem üblichen Kreis fehlte nur Ralf alias Noko, ein gebürtiger Nürnberger, der auch nach zwanzig Jahren Berlin – kräftig fränkelnd – aus seinem Geburtsort keinen Hehl machte. Noko war ein alternder Sozialpädagoge, der derartigen Feiern grundsätzlich ablehnend gegenüberstand und regelmäßig am Jahresende zum Meditieren in ein buddhistisches Kloster ging. Sein Spitzname war Programm. Er war noch ein bisschen nonkonformistischer als die anderen aus dem nonkonformistisch erlauchten Kreis.

Sein Aufenthalt im Kloster dauerte dieses Jahr scheinbar besonders lang. Wo genau und wie er meditierte, hatten die Freunde bisher nie richtig in Erfahrung bringen können. Noko reagierte auf Nachfragen seltsam verstockt. Er wolle mit seinen religiösen Gefühlen nicht hausieren gehen und bitte darum, dies zu respektieren, blockte er Nachfragen meist brüsk ab. Seine Freunde hatten sich mit dieser Marotte abgefunden, auch wenn sie ihnen nicht ganz einleuchtete, denn sonst gab Noko seine Erfahrungen und Weisheiten gern und ungefragt jedem und jeder preis. Wäre er da, hätte es im Laufe des Abends mit Sicherheit Streit mit Sieglinde gegeben. Sie hasste seine Plattitüden und wäre bestimmt nicht abgeneigt gewesen, ihm einige seiner Weisheiten um die Ohren zu hauen.

Sieglinde war eine ausgesprochen hübsche und überaus selbstbewusste Blondine. Eigentlich wollte sie mit ihrem neuen Freund kommen. Es gab jedoch – wie häufig bei ihr – kurz zuvor heftigsten Streit. An Weihnachten konnten sie sich nicht darauf einigen, wie man das Weihnachtsfest begehen sollte. Ihr momentan Auserwählter wollte Weihnachten auf traditionelle Weise mit Weihnachtsbaum, Geschenken und Gänsebraten verbringen, aber Sieglinde lehnte dieses Ansinnen kategorisch ab. Mit derartig spießigen Verhaltensweisen hatte sie nichts am Hut. Als »piefiges, bourgeoises Bürgersöhnchen« hatte sie ihn tituliert und seitdem jede Kontaktaufnahme verweigert. Sie schien immer noch sichtlich und hörbar empört. Vor einigen Jahren hätte ein derartiger Vorschlag ihres jeweiligen Lebensabschnittsgefährten zur sofortigen, endgültigen Trennung geführt. Inzwischen hatte sie die Dreißig aber schon knapp hinter sich gelassen und war etwas milder geworden. Es war daher nicht mit absoluter Sicherheit davon auszugehen, dass die beiden sich nie wieder vertragen würden, wenngleich sie eine Versöhnung momentan noch felsenfest ausschloss.

Sieglinde kam zusammen mit Elmar. Sie kamen immer gemeinsam. Zumindest dann, wenn Sieglinde gerade Stress mit einem ihrer Liebhaber hatte. Elmar stand für Sieglinde allzeit bereit. Sie waren schließlich beste Freunde und das schon seit vielen Jahren.

»Wie Bruder und Schwester«, sagten beide übereinstimmend.

Elmar, ein in die Jahre gekommener Spätachtundsechziger, war zu dieser Zeit zwar erst neun Jahre alt, fühlte sich aber dennoch von dieser Ära stark geprägt. Er hatte sich ein beträchtliches Wissen über jene Zeit angeeignet und versuchte, etwas davon nachzuleben. In einer schwulen Männer-WG wollte er seine angeblich jedem Menschen innewohnende Bisexualität ausleben, fand aber heraus, dass das auf ihn wohl doch nicht zutraf. Er war inzwischen grauhaarig, hatte einen kräftigen Wohlstandsbauch und schwärmte noch immer von der sexuellen Revolution. »Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment«, war ein Spruch, den er immer wieder gerne zitierte. Rothe kannte ihn zwar erst seit einigen Jahren, hatte aber trotzdem den dringenden Verdacht, dass die sexuelle Revolution an Elmar weitgehend vorübergegangen sein musste.

Wenn die Männer unter sich waren, gab es für Elmar nur dieses eine Thema. Gleichwohl geschah in den letzten Jahren bei ihm diesbezüglich nicht das Geringste, soweit Rothe das beurteilen konnte.

Zwar hatte er 1977 einen heftigen Urlaubsflirt mit einer gleichaltrigen Italienerin namens Guiliana, von deren Rassigkeit er noch heute schwärmt, weitere sexuelle Abenteuer, die Elmar oft vage andeutete, wurden von ihm jedoch nie personifiziert, sodass Rothes Verdacht grundsätzlich nicht von der Hand zu weisen war.

Als gefühlter Altachtundsechziger war Elmar offen für jede esoterische Bewegung. Er nehme alles mit, was ihn in seiner Persönlichkeitsentwicklung weiterbringen könne, meinte er. Von Bachblüten-, über Chakra- bis zur Urschrei-Therapie war ihm nichts fremd. Eigentlicher Grund für seine Therapiewütigkeit war aber immer die Hoffnung, bei einer derartigen Therapiegruppe doch noch die Frau fürs Leben zu finden. Dass ihm das bisher nicht gelang, lag möglicherweise daran, dass er seit Jahren hoffnungslos in Sieglinde verliebt war. Und dies nicht so wie ein Bruder in seine Schwester.

Zur Feier waren auch Tine und Bert gekommen, beides exilierte Schwaben. Sie haben sich in einem Stuttgarter Studentenwohnheim kennengelernt, zogen gemeinsam nach Berlin und treten seitdem im Doppelpack auf. Sie waren nicht verheiratet, sagten, dass sie keine Kinder wollten, und teilten sich seit Ende ihrer Studentenzeit mit vier anderen eine geräumige Fabriketage in Kreuzberg am Landwehrkanal. Ihre Mitbewohner wechselten häufig und waren inzwischen meist bedeutend jünger als sie selbst, was auch der Grund dafür gewesen sein mag, warum sie nicht mit den anderen aus der Wohngemeinschaft feiern wollten. Überdies hatte die Generation Love Parade, obwohl dem Feiern durchaus nicht abgeneigt, keinen Faible für nonkonformistische Ideen. Inzwischen waren sie seit sechzehn Jahren zusammen und hatten sich immer wieder mal kurzfristig getrennt. Man konnte mitunter den Eindruck gewinnen, dass sie sich nur deswegen jedes Mal wieder zusammengerauft hatten, weil nichts anderes zu finden war.

»So ein Scheißkerl«, schimpfte Sieglinde, »glaubt der doch glatt, mit mir wie mit Muttern ein miefiges Weihnachtsfest feiern zu können. Das ist doch unmöglich! Was wollte ich nur mit dem?«, fragte sie in die Runde.

»Ich sage euch, Freunde, nie mehr so ’nen Spießer. Das ist mein Vorsatz für das neue Jahrtausend.«

Elmar nickte beflissen, Tine schaute leicht genervt. Irgendwie hatte sie das Gefühl, Ähnliches schon öfter aus Sieglindes Mund gehört zu haben. Déjà-vu nannte man das wohl.

Bert stierte in sein Glas Rotwein. Er dachte nichts. Zumindest nichts, was irgendeinen Sinn ergeben würde. Rothe leerte sein erstes Bier.

»Warum hat mich denn niemand von euch jemals darauf aufmerksam gemacht?«, fragte Sieglinde. »Ihr hättet mich doch warnen können, oder? Wozu hat man schließlich Freunde?«

Elmar blickte mit großen, glasigen Augen in die Runde. Er sagte jetzt lieber nichts.

»Hör doch auf«, antwortete Tine. »Was für ’ne Szene hättest du wohl wieder gemacht, wenn nur einer von uns etwas gesagt hätte. Im Übrigen war er wirklich ein Netter und in keinster Weise spießig.«

Elmar überlegte, ob er vielleicht doch etwas sagen sollte, kam aber nicht zu Wort. Tine redete sich jetzt in Rage. Sie zählte alle Ehemaligen von Sieglinde aus den letzten fünf Jahren auf, beschrieb genauestens deren Vorzüge und erzählte haarklein, welche dramatischen Szenen sich jedes Mal abspielten, wenn Sieglinde einer Beziehung überdrüssig geworden war.

»Jedes Mal dasselbe Gequatsche, liebe Sieglinde. Du solltest in deinem Alter zufrieden sein, wenn du überhaupt noch einen abkriegst«, endete Tine ihren zehnminütigen Monolog.

Elmar hatte immer noch diese großen, glasigen, traurigen Augen. Berts Rotweinglas schien nicht mehr sein ganzes Interesse zu beanspruchen, denn er schaute leicht angespannt in die Runde. Rothe stand auf und holte sich eine neue Flasche Bier aus dem Kühlschrank.

»Davor hattest du ja schon vor sechzehn Jahren Angst, liebste Tine. Um mein Sexualleben brauchst gerade du dir keine Gedanken zu machen«, lautete die prompte, lautstarke Antwort. Dabei hatte sie das Wort mein besonders schrill betont.

Als Tine gerade den Mund aufmachen wollte, wurde sie eilig von Bert unterbrochen: »Nun streitet euch doch nicht schon wieder. Wir wollen hier feiern«, meinte er genervt. Er hatte das wohl häufiger erlebt, denn das Wort schon zog er beträchtlich in die Länge.

»Eben. Schließlich ist Jahrtausendwechsel«, bemerkte Elmar, der genau wusste, wie schnell eine solche Situation bei Sieglinde eskalieren konnte. »Was haltet Ihr eigentlich von der Sache mit Joschka? Glauben die doch tatsächlich, ihn mit solch ollen Kamellen zum Rücktritt bewegen zu können. Und Birne hat sich auch wieder bräsig und selbstgerecht zu Wort gemeldet.«

»Ein wahrlich kluger Schachzug von Elmar«, dachte sich Rothe noch und schon befanden sich alle in einer lebhaften Politdiskussion.

Jeder der fünf hatte dezidierte Ansichten zum politischen Tagesgeschehen. Man war sich glücklicherweise hinsichtlich der Beurteilung des Altkanzlers und des Neuaußenministers weitgehend einig, sodass diesbezüglich mit keinem nennenswerten Streit zu rechnen war.

Nach geraumer Zeit schweifte die rege Unterhaltung jedoch langsam wieder ab. Sieglinde und Tine unterhielten sich inzwischen angeregt darüber, was Joschka doch für ein interessanter Mann sei.

»Den würde ich nicht von der Bettkante schubsen«, meinte Sieglinde.

Tine nickte kichernd, wobei ihr der Gedanke: »Wen würde die überhaupt runterschubsen?«, durchs Hirn schoss, während Sieglinde zum gleichen Zeitpunkt dachte: »Der würde ein bisschen Abwechslung auch mal gut tun, nach sechzehn Jahren Langeweile.«

Bert hielt nun einen lautstarken Vortrag über das Wesen der Frau und warum Frauen kein Fußball spielen können. Er hatte zwischenzeitlich schon beträchtliche Mengen Rotwein in sich hineingeschüttet und war bekannt für seine abstrusen Theorien. Er war der Ansicht, dass die Gebärmutter und die Brüste der Frauen einem für das Fußballspiel notwendigen, koordinierten Bewegungsablauf im Wege stehen würden und schon deshalb ein konsequentes und stringentes Frauenfußballspiel ein Ding der Unmöglichkeit wäre. Er war sich sicher, dass zukünftige Generationen »mit diesem Genderwahnsinn kurzen Prozess« machen und die Frauen wieder ihrer natürlichen Bestimmung zuführen würden.

Während Bert lautstark über Frauenfußball theoretisierte, wirkte Elmar leicht irritiert und abwesend, denn mit einem Ohr lauschte er der Unterhaltung von Sieglinde und Tine. Rothe trank bereits sein fünftes Bier, weshalb es ihm zunehmend schwerer fiel, den Thesen von Bert zu folgen.

Die Uhr bewegte sich derweil unaufhaltsam auf die Zwölf zu. Obwohl mangels weiterer Nonkonformisten nicht mit einem großen Feuerwerk zu rechnen war, gingen alle fünf auf Rothes Balkon. Er wohnte im zwölften Stockwerk, das immerhin einen schönen Blick über das nächtlich erleuchtete Berlin bot.

Symbolisch und unkonventionell wollte man um fünf vor zwölf auf das neue Jahrtausend anstoßen. Fünf vor zwölf war ein Kompromiss, darauf hatte man sich nach längerer, kontroverser Diskussion geeinigt.

Bert und Rothe waren ursprünglich der Ansicht gewesen, dass man angesichts der Weltlage eher um fünf nach zwölf anstoßen sollte, Tine und Sieglinde, die anscheinend etwas weniger nonkonformistisch und vor allem weniger pessimistisch als die beiden Männer waren, wollten fünf vor zwölf mit dem neuen Jahrtausend beginnen. Zünglein an der Waage hatte Elmar gespielt, der nach langem Zögern und einem strengen Blick von Sieglinde für den Vorschlag der beiden Frauen stimmte.

Sie zählten nun also laut die Sekunden bis zu ihrem persönlichen Jahreswechsel. Feierlich und ernst, mit leicht verwaschener Stimme, verkündete Rothe um Punkt fünf vor zwölf: »Völker der Welt, schaut auf diese Stadt! Möge das neue Jahrtausend ein Besseres werden!«

Ob dieser pathetischen Worte blickten ihn die anderen zwar etwas irritiert an, aber seine Worte zeigten Wirkung, denn alle vier schauten schweigend und sinnierend auf diese Stadt und auf den immer noch regen Autoverkehr. Ansonsten war alles menschenleer. Auf der Straße lief ein nur schemenhaft erkennbarer Mann, eng umschlungen mit einer dunkelhäutigen Schönheit, vorbei.

»Ist das nicht Noko?«, fragte Sieglinde leicht irritiert.

»Quatsch, der ist doch wieder in seinem blöden Kloster«, antwortete Tine bestimmt.

Ohne dem aufkeimenden Verdacht weiter Beachtung zu schenken, standen sie noch eine ganze Weile auf dem Balkon und philosophierten über die Ungerechtigkeit der Welt. Sie waren zufrieden mit sich und ihrem Jahrtausendwechsel. Als es Tine zu kalt wurde, zogen sich auch die anderen in die Wohnung zurück.

Rothe machte sich noch ein Bier auf. Bert suchte nach einer neuen Flasche Rotwein. Elmar schaute sentimental und hatte wieder diese großen, glasigen Augen. Tine und Sieglinde unterhielten sich lebhaft, umarmten sich und tuschelten. Das neue Jahrtausend hatte ohne besondere Vorkommnisse nun endlich auch für die fünf Freunde begonnen.

Als Rothe aufwachte, war er allein. Es war dunkel, obwohl keine Jalousie heruntergelassen war.

Es war ruhig. Irgendwann so um sechs, nach einigen weiteren Bieren, muss er sich wohl ins Bett bewegt haben. Zumindest konnte er sich noch erinnern, dass es schon weit nach fünf Uhr gewesen war, als Sieglinde und Tine lauthals zu streiten begannen. Um was es ging, wusste er nicht mehr. Die Party neigte sich zu dieser Zeit so langsam dem Ende entgegen.

Bert war wie üblich am Tisch eingeschlafen. Das war auch kein Wunder bei der Menge an Alkohol, die er für gewöhnlich konsumierte. Für ihn war ein Abend erst dann gelungen, wenn er während seines Vortrags – bevorzugt mitten im Satz – nach vorn kippte. Daran hatten sich seine Freunde bereits gewöhnt und wünschten diesen Moment so manches Mal sehnlichst herbei.

Elmar versuchte mit hochrotem Kopf zwischen den beiden Streithennen zu vermitteln und Rothe muss kurz danach die Gunst des Augenblicks genutzt haben, um sich unauffällig in seine Koje zu verziehen. Die Tatsache, dass sich der Gastgeber zurückzog, hinderte seine Freunde normalerweise nicht im Geringsten daran, weiter zu feiern oder zu streiten.

Rothe schaute sich in seiner Wohnung um, aber weder Elmar oder Sieglinde, noch Bert oder Tine lagen irgendwo herum. Sie schienen wirklich gegangen zu sein. Das war eher ungewöhnlich.

»Gott sei Dank«, seufzte Rothe erleichtert. In der Wohnung sah es fürchterlich aus. Es roch nach abgestandenem Bier und kaltem Rauch. Zwei Stühle lagen auf dem Boden, daneben ein zerbrochenes Glas. Zigarettenkippen waren überall verstreut. Ein Aschenbecher war wohl im Eifer des Gefechtes zu Bruch gegangen. Der Teppich war mit großen, dunklen Rotweinflecken übersät. Zusammen mit den herumliegenden Kippen, Chips und Erdnüssen ergab sich ein durchaus sehenswertes Muster. »Willkommen im neuen Jahrtausend!«, dachte Rothe, öffnete die Fenster und kuschelte sich wieder in seine Daunen.

Februar

Verhängnisvolles Gebäck

Daniel, ein alter Studienkollege, in dessen Kanzlei Rothe auch mal gearbeitet hatte, feierte jedes Jahr seine legendäre Weihnachtsparty. Geladen waren eine Menge guter Klienten und Freunde.

Rothe gehörte zur Kategorie Freunde. Beide waren während der Studienzeit häufig auf Kneipentour und am Wochenende zum Fußballschauen im Olympiastadion gewesen. Daniel trug zu diesen Anlässen immer eine Kutte von Herta BSC, weshalb er von Rothe auf den Namen »Kutte« getauft wurde. Rothe stand der Hertha höchst reserviert gegenüber. Kutte war dagegen ein eingefleischter Fan dieses nicht gerade sympathischen Vereins und trug das zumeist nach Bier miefende Kleidungsstück nach Siegen auch in den Montagsvorlesungen. Mitsamt seiner Schultheiss-Tätowierung auf der linken Schulter, die er im Sommer in seinen Muskel-Shirts immer sehr gern der Öffentlichkeit preisgab, brachte ihm dies den Ruf eines eher prolligen Kommilitonen ein.

Bei einigen Studienkolleginnen hatte er zu Rothes Leidwesen mit dieser Masche beste Erfolge verbuchen können. Zumindest weitaus bessere als Rothe selbst, der viel über Frauenemanzipation gelesen hatte und damals noch dachte, der softe Frauenversteher wäre angesagt. Dieses unsäglich blöde Missverständnis hatte ihn mit Sicherheit um einige der schönsten Studiensemester gebracht und wurmte ihn noch immer mächtig. Kutte dagegen konnte sich diesbezüglich nichts vorwerfen. Soweit sich Rothe erinnern konnte, hatte er kaum etwas ausgelassen.

Trotz seines Auftretens war Kutte eigentlich genau das Gegenteil eines Proleten. Er kam aus sehr bürgerlichen Verhältnissen. Beide Eltern waren praktizierende und wohlhabende Ärzte in Schwäbisch-Hall. Sein Äußeres war wohl eher eine Art des Protestes und der Abgrenzung, eine Auflehnung gegen das schwäbischpietistische Elternhaus. Aber das war inzwischen nicht mehr wichtig. Jetzt trug er meistens Zweireiher und Krawatte und seine Eltern waren stolz auf den Sohn mit der erfolgreichen Anwaltskanzlei.

Rothe und Kutte waren gute Freunde, auch wenn sie sich inzwischen weitgehend aus den Augen verloren hatten. Ihre Freundeskreise und Interessen waren schlicht zu unterschiedlich. Trotzdem konnte selbst Rothes kurzzeitige Verpflichtung in Kuttes Kanzlei dieser Männerfreundschaft nichts anhaben. Sie hatten das Engagement im »beiderseitigen Einvernehmen« beendet, nachdem es zu größeren und lautstarken Unstimmigkeiten über das von Rothe zu betreuende Klientel kam.

Kutte war Strafverteidiger und seine Kundenkartei bestand fast ausschließlich aus Kleinkriminellen und Leuten aus dem Rotlichtmilieu. Rothe hatte damals schwere moralische Bedenken, manchen dieser mitunter schweren Jungs genau so entgegenzutreten, wie Kutte es tat. Der war da ganz anderer Ansicht. Er wollte, dass Rothe, der sehr viel Wert auf den nötigen Abstand zu den Mandanten legte, es ihm gleich tut. Kutte behandelte seine Klienten wie seine besten Kumpels und tat auch alles, damit sie ihre meist überaus verdienten Strafen nicht antreten mussten, was ihm sehr häufig gelang. Er war ein ziemlich guter Strafverteidiger, Rothe eher nicht.

Kuttes Mandanten fühlten sich bei ihm bestens aufgehoben und nach den Beratungsgesprächen immer im Recht mit dem, was sie taten und tun werden. Das war ein nicht unwesentliches Kriterium seines Erfolges, den er mit seiner Kanzlei verzeichnete. Inzwischen verfügte er über fünf Angestellte und reichlich Mandanten aus dem Milieu.

Ein weiteres Geheimnis des Gedeihens seiner Kanzlei war sicherlich auch seine berühmt-berüchtigte Weihnachtsfete, die normalerweise Mitte Dezember stattfand, dieses Mal aber wegen eines »Unfalls« verschoben werden musste. Kutte hatte sich bei einer Schlägerei einen komplizierten Nasenbeinbruch zugezogen. Auslöser der Auseinandersetzung war eine, ihm zu diesem Zeitpunkt sehr nahestehende, moldawische Prostituierte. Er fühlte sich oft auch im privaten Bereich dem Milieu verbunden und rekrutierte seine häufig wechselnden Freundinnen üblicherweise von dort. Immer wieder geriet er dadurch in heftige Schwierigkeiten, stand aber unter Patronage einiger Kiezgrößen, die er verteidigte, und kam deshalb meist glimpflich davon.

Diesmal hatte ihm das jedoch nichts geholfen. Einer der früheren Kunden seiner momentanen Begleiterin hatte sich abfällig über deren Fähigkeiten geäußert. Kutte meinte daraufhin – im schon angetrunkenen Zustand – ihren Rächer spielen zu müssen und stellte den Ex-Kunden zur Rede. Was Kutte zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: Sein Gegenüber war eine im Milieu durchaus bekannte Größe und kam gerade frisch wegen einiger Gewalttätigkeiten, bei denen es sich keinesfalls um Bagatellen gehandelt haben konnte, aus der Justizvollzugsanstalt Tegel.

Es ging alles sehr schnell. Einige gezielte Schläge und Kutte lag hilflos und stark blutend am Boden seines bevorzugten Table-Dance-Clubs. Zwar zeigte er in seinem Freundeskreis gern ohne Scheu und mit unverhohlenem Stolz seine Trophäen, zwei blaue Augen und die gebrochene Nase, seiner Klientel wollte er so allerdings nicht unbedingt gegenübertreten. Es könne seiner Autorität schaden, meinte er. Warum er dieser Ansicht war, verstand Rothe nicht, denn in seinem Mandantenstamm waren solche Blessuren wohl eher als Auszeichnung anzusehen.

Da der Heilungsprozess mehrere Wochen in Anspruch nahm, hatte er seine Weihnachtsfete daher auf Anfang Februar verschoben.

Das Besondere an seiner Fete war, dass sie immer in einem Sadomaso-Club stattfanden. Neben den aus seiner schwäbischen Heimat kommenden, oft eher spießigen Freunden handelte es sich beim Rest der Feiernden um Kuttes kleinkriminelle Mandanten und um Gestalten aus der SM-Szene, die aus dem Porno- beziehungsweise Rotlichtmilieu rekrutiert wurden. Kundenbindung nennt man das.

Der Sadomaso-Club lag im Bezirk Neukölln, nicht weit von Kuttes Kanzlei entfernt, in der Nähe vom Hermannplatz. Rothe kannte die Örtlichkeiten noch vom letzten Jahr und war mit dem 129er-Bus gekommen. Dunkel und unwirklich erschien ihm dieser Ort. Die Gegend um den Herrmannplatz rief in ihm, vor allem in der Dunkelheit, immer ein gewisses Unbehagen hervor, nachdem er hier vor einigen Jahren von einer Jugendgang aggressiv angegangen worden war. Damals war es glimpflich ausgegangen, da sich Kutte in der Nähe aufhielt und eines der Kids als seinen Klienten erkannte. Trotzdem war Rothe nicht gerne hier. Neukölln war ziemlich heruntergekommen und sehr berüchtigt, was die Kriminalitätsrate betraf. Er ging daher schnellen Schrittes und beschloss, auf dem Rückweg auf jeden Fall vorsichtshalber ein Taxi zu nehmen.

Das Haus, in dessen Hinterhof sich der Club befand, war nicht weit von der Bushaltestelle entfernt. Keine fünf Minuten später stand Rothe vor dem imposanten, stuckverzierten Altbau. Er musste dreimal bei S. Meyer klingeln. Dann wurde er von einer Dame im Lederlook, die trotz der Kälte äußerst freizügig bekleidet war, abgeholt. Sie durchliefen den Hinterhof, der mit vielen Statuen und Kunstwerken geschmückt war, bis zu einem bemerkenswert gut ausgebauten Schuppen mit Vordach. Der Eigentümer hatte sich erstaunlich viel Mühe gegeben, einen originellen Platz zum Ausleben von Fantasien zu schaffen.

Die Remise für die Orgien bestand aus drei Ebenen.

Im Keller, der eher einem Verlies glich und in den man mittels einer Leiter klettern konnte, befanden sich eine Reihe von Folterinstrumenten. Vorhanden waren Pranger, Liebesschaukeln und alle möglichen Geräte, mit denen man Sachen anstellen konnte, über die Rothe lieber gar nicht nachzudenken wagte. Zu später Stunde war es zwar unvermeidlich, mit ansehen zu müssen, wie sich andere damit verlustierten, er selbst konnte sich für derlei Praktiken jedoch nicht erwärmen.

Im Erdgeschoss befand sich der eigentliche Partyraum mit Theke, Buffet und einer Tanzfläche. Es sah dort aus wie in einem kleinbürgerlichen Partykeller. Lediglich das halbnackte Thekenpersonal, ein Großteil der schrillen Gäste und der übergroße Phallus, der von der Decke hing, ließen einen gewahr werden, dass hier keine Kindergeburtstage gefeiert wurden.

Im Obergeschoss befand sich ein sogenannter Chillout-Room mit diversen Liegemöglichkeiten. Die auf den Tischen herumliegenden Präservative ließen erahnen, wofür der Raum sonst noch genutzt werden konnte. Es bestand sogar die Möglichkeit, sich mittels eines Vorhangs einen kleinen privaten Bereich zu verschaffen. Das war aber bei den mehrheitlich exhibitionistisch veranlagten Partygästen eher verpönt.

Als Rothe den Partyraum betrat, wurde er überschwänglich von Kutte begrüßt, der überaus festlich gekleidet war. Er trug nicht wie üblich seinen Zweireiher, sondern war ganz in schwarzem Leder gekleidet: Lederjacke, Lederhose, mit silbernen Nieten besetzter Ledergürtel. Dazu trug er – wie es sich für einen Anwalt gehört – eine dünne schwarze Lederkrawatte auf nackter Brust. Eine schwarze Lederkappe krönte das Outfit. Mit Brusthaartoupet und Schnauzer hätte er durchaus mit den Village People auf Tour gehen können.

»Wie siehst du denn aus?«, fragte er Rothe ganz erstaunt.

Rothe, der im Winter normalerweise – im Gegensatz zu Kutte – Ledersachen trug, hatte eine stinknormale Jeans an.

»Ganz leger eben«, erwiderte Rothe.

Kutte schüttelte den Kopf: »Immer gegen den Strom schwimmen, alter Nonkonformist, wa?«

Rothe grinste, sie umarmten sich.

»Machs dir gemütlich, Alter. Einige kennst du ja von den letzten Jahren. Schultheiss gibts da hinten rechts.«

Und schon war Kutte wieder weg, um die nächsten Gäste zu begrüßen. Rothe schaute sich um. Der Partykeller war schon ziemlich voll. Menschen in Ledermontur, groß gewachsene Transvestiten, viel nacktes Fleisch. Einige der Anwesenden hatte er ganz schon bei den vergangenen Feten getroffen, andere kamen ihm einfach nur erstaunlich bekannt vor.

Die Wahrscheinlichkeit, dass er sie schon mal in einschlägigen Filmen gesehen hatte, war relativ hoch, denn nach der Trennung von seiner langjährigen Lebensgefährtin Suse verfiel er in eine mehrmonatige Pornophase, die noch nicht lang zurücklag. Diese hatte ihm einigen Genuss, aber auch Übersättigung und manchmal einen gewissen Ekel verschafft.

Er ging an die Theke und bestellte bei der jungen Dame, die nur mit einem Höschen bekleidet war, ein Schultheiss. Diensteifrig öffnete sie eine Flasche. Sie gehörte offensichtlich zum eher nichtdominanten Teil der SM-Szene und lächelte Rothe verheißungsvoll und etwas unterwürfig an. Der griente freundlich zurück, drehte sich dann aber erst mal zur Seite, sonst hätte er den Blick wohl nicht von ihrem hübschen Körper und den durchaus anschaulichen Brüsten wenden können.

Er hatte keineswegs vor, heute in Versuchung zu geraten, denn morgen standen ihm fünfhundert Kilometer Autofahrt in aller Herrgottsfrühe bevor. Der neunzigste Geburtstag seiner Oma war ein Pflichttermin und er wollte sich nicht wieder – wie beim letzten Familienevent – heimlich auf der Toilette übergeben müssen. In seinem Blickfeld stand aber schon die nächste süße Versuchung.

Ein ganzer Eimer voller Vanillehörnchen.

Rothe wusste aus einschlägiger Erfahrung, dass es sich nicht um gewöhnliche Vanillehörnchen handelte. Sie waren mit äußerster Vorsicht zu genießen. Es war nie sicher, wie viel Haschisch oder sonst was sich noch in einem dieser Plätzchen verbarg. Man konnte sehr schnell außerordentlich seltsam werden. Rothe, der einerseits nicht viel von Drogen hielt, für den aber andererseits seit seiner Kindheit ein Vanillehörnchen das Nonplusultra jeglichen denkbaren Genusses war, befand sich nun in der Zwickmühle. Schon in jungen Jahren wurde Rothe von seiner Mutter auf Vanillekipferl konditioniert. Für ihn war es der Geschmack vom Christkind, der Vorbote des Himmels und deswegen quengelte er damals schon Monate vor Weihnachten, damit Mutti endlich mit dem Backen beginnen würde.

Da war nichts zu machen, trotz seiner eigentlichen Aversion gegen Drogen in nicht flüssiger Form. »Ein Hörnchen konnte ja nicht schaden«, dachte er sich und steckte sich eines in den Mund.

Es schmeckte ausgezeichnet! Er nahm sich noch eins aus dem fast überquellenden Eimer und blickte sich um. Schräg gegenüber stand Margeaux und winkte ihm zu. Sie sah hinreißend aus in ihrem knappen Lederbody, den hochhackigen Lederstiefeln, den großen Kajal-Augen und dem schwarz geschminkten Mund. Sie hielt ihr Arbeitsinstrument, die Peitsche, in der Hand.

Margeaux, die eigentlich Romy hieß, hatte ihm bei der letzen Fete, als es schon etwas ruhiger zuging, von ihrem Leben und ihrer Profession erzählt. Sie arbeitete normalerweise tagsüber als Domina, hatte aber schon drei kleine Kinder und lebte mit ihrem Mann, einem erfolglosen Schriftsteller, in einem Dorf im Brandenburgischen. Sie war begeisterte Mutter, übte ihren Beruf aber dennoch mit beträchtlichem Spaß aus. Das hatte sie zumindest im letzten Jahr behauptet. Romy und er hatten sich dort unterhalten, blendend verstanden und viel miteinander gelacht, obwohl sie mit ihrem griesgrämig blickenden Gatten da war.

- Ende der Buchvorschau -

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Bildmaterialien © Copyright by erma Verlag [email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN: 978-3-7393-9851-8