Alpengold 447 - Monika Leitner - E-Book

Alpengold 447 E-Book

Monika Leitner

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Beschreibung

Der Wasserfall am Rand des Dorfes Grundlbach ist nicht nur eine Attraktion - er ist ein Symbol für die wilde, unerbittliche Natur der Bergregion. Hier lebt Bonifas, ein schweigsamer Einsiedler mit einem weißen Bart und einem Herz, das Geschichten flüstert. Doch die Stille seiner Welt wird gestört, als die junge Regine Adelrich ihn aufsucht. Zerrissen zwischen der Liebe zu ihrem Elternhof und der Leidenschaft für den unberechenbaren Thomas Panteloner, sucht sie Trost - und einen Neuanfang ...

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Seitenzahl: 149

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Ein verbotenes Gefühl

Vorschau

Impressum

Ein verbotenes Gefühl

Sie war bereit, alle Opfer auf sich zu nehmen, die diese Liebe verlangte

Von Monika Leitner

Regine Adelrich ist hin- und hergerissen: Zwischen dem gefährlich charmanten Thomas Panteloner, der ihre Sehnsucht entfacht und ihr Herz schneller schlagen lässt, und dem stillen Maler Michael Beda, dessen sanfte Zuneigung wie ein sicherer Hafen wirkt.

Verzweifelt ringt Regine darum, die richtige Entscheidung zu treffen. Sie weiß: Nur ein Weg führt ins Glück, der andere ins Verderben ...

Bonifas bewohnte eine kleine Hütte am Rand eines Wasserfalls und kassierte den Obolus, der entrichtet werden musste, wollte man hinter der gischtenden Wasserwand entlanggehen und einen eiskalten Schauer des Abenteuers über den Rücken kriechen fühlen.

Der Steig hinter der Wasserwand musste mehrmals im Jahr in Ordnung gehalten werden, weil die Nässe immer wieder Stücke herausbrach und das schützende Geländer vom Rost zerfressen wurde, und aus diesem Grund musste Eintritt bezahlt werden.

Nur im strengen Winter, wenn keine Wanderer kamen, stieg Bonifas ins Tal, nach Grundlbach, ab, wo er im Pfarrhaus eine Stube bewohnte. Ihm gefiel es in der Einsamkeit. Er redete mit sich selber, und wenn sich ein Rudel Hirschkühe aus dem nahen Forst herauswagte, dann redete er auch mit denen.

Sie hoben dann die schönen Köpfe, äugten zu dem Alten herüber und schienen ihm zuzuhören, wenn er vom Heiligen Franz von Assisi erzählte, der auch für alle Tiere ein weites Herz gehabt hatte.

Außerdem gehörte zu seinem Haushalt das Eichhörnchen Minni, das immer kam, um sich aus Bonifas' Händen Nüsse zu holen.

Bonifas wurde nicht müde, dem possierlichen Tierchen zuzuschauen, und Minni hatte großes Vertrauen zu dem Alten, um dessen Gesicht sich ein weißer Bart legte.

An diesem Tag saß der Alte auf der rohgezimmerten Bank, die er eigenhändig vor seine Hütte gestellt hatte und auf die er besonders stolz war, weil er sie selbst geschnitzt hatte.

Er schnitzte auch an diesem Nachmittag, an dem der Regen sanft aus grauem Gewölk tröpfelte. Sein Objekt war eine Hirtenflöte, die er dem Schani von der Geißalp versprochen hatte. Der Bub kam schon alle Abende von der nahen Alm herübergerannt.

»Boni, hast du die Flöte denn immer noch net fertig? Ich will der Mirle doch ein Lied drauf vorspielen, wenn sie am Sonntag auf meine Geißalp kommt.«

»Morgen ist sie fertig, Schani, das versprech' ich dir auf Ehr' und Gewissen.« Das hatte er gestern gesagt, und jetzt schnitzte er behutsam an den letzten Kniffen.

Es wurde schon dämmrig, da hörte der Alte Schritte. Er hob den Kopf und hielt inne.

Da kam ein Madel, das ein helles Dirndlkleid trug. Um die Schultern hatte es einen Regenumhang gehängt, um das Haar ein buntes Kopftuch.

»Grüß Gott, Boni!«, sagte Regine Adelrich, die einzige Erbin vom großen Adelhof. Der Wenzel war so stolz auf seine Tochter, dass ihm kein junger Mann weit und breit gut genug für das Regerl war. Und dann passierte vor zwei Jahren das Unglück. Die bildhübsche Regine, die man zärtlich Regerl rief, verliebte sich bei einem Tanzvergnügen Hals über Kopf in den Hallodri Thomas Panteloner.

Bonifas strich sich diese Gedanken von der Stirn. Da setzte sich die Regine auch schon neben ihn und schaute ihn aus ihren blauen Augen an, dass selbst so einem Alten ganz weich ums Herz wurde. Aber das war auch kein Wunder, denn jetzt legte ihm das Madel noch die schmale Hand auf den Arm und sagte lächelnd:

»Gell, bist heut' mit deinen Gedanken ganz woanders, Boni. Hast noch net einmal meinen freundlichen Gruß erwidert.«

»Geh, Regerl, wenn ich dir in die Guckerl schauen darf, dann vergess' ich auch noch meine allerletzten Gedanken. Bist schon ein Madel, in das man sich verlieben kann. Aber ich bin nix anderes als ein alter Mann. Ein Narr, weil ich solche Worte sag'.«

Regine musste sich ordentlich anstrengen, um eine Unterhaltung mit dem Boni in Gang zu halten, weil er ja halb taub war. Sie musste ihre Lippen ganz nah an sein Ohr legen.

»Warst du auf der Alp, Regerl?«, fragte der Alte jetzt.

Sie nickte. »Ja, und am liebsten möcht' ich mich ganz in der Einsamkeit verkriechen, Boni!«

Er starrte auf ihre Lippen, denn Regerl hatte mehr zu sich selbst gesprochen als zum Bonifas, aber er verstand sie.

»Geh, solltest jetzt aber endlich einmal einen Punkt hinter die Geschicht' mit dem Thomas machen, Regerl! Der ist es doch gar net wert, dass ein so blitzsauberes Madel um ihn den Kopf hängen lässt. Dem brennt das Abenteuer im Blut wie ein gefährliches Gift. Und wenn es anfängt zu gären, dann treibt's ihn hinaus. Warum hast du bloß ausgerechnet dein Herz an den Thomas hängen müssen, Madel?«

»Ach, lass mich, Boni, du bist schon zu alt, um das verstehen zu können!«, rief sie ihm zu. »Pfüat dich Gott, Boni!«, sagte sie noch, dann war sie schon im Weggehen.

Er schaute ihr nach und sah, dass sie noch zum Wasserfall hinüberging. Dort stand sie am Abgrund und hob ihr erhitztes Gesicht der kühlen Wasserfontäne entgegen.

Viel später erst wandte sie sich ab, und es wurde Regerl dann leichter ums Herz, als der Adelhof vor ihr auftauchte. Das große Haus flößte Vertrauen ein. Das Fundament aus hellem Naturstein, das obere Stockwerk aus dunkel gebeiztem Holz. Drum herum lief die Veranda, auf der die Mutter rotblühende Geranien in Kästen hegte.

Über der Haustür war eine Nische. In ihr war das Bild des Gekreuzigten angebracht. Eine kostbare Schnitzerei, von Künstlerhand geschaffen. Aber man kannte den Namen des Künstlers nicht. Schon oft hatten Urlauber, die am Adelhof vorbeikamen, große Summen für die Figur geboten. Aber der Adelhofer verkaufte sie nicht, war sie doch der Segen, der über dem Adelhof lag.

Regerl wusste, dass die Eltern in der großen Stube saßen. Der Vater über der Tageszeitung, die Mutter hinter dem Häkelkorb.

Es war Spätnachmittag, und auf dem Hof war die Arbeit getan. Die Eltern warteten, und sie hatte wieder einmal da oben am wilden Wasser gestanden mit solcher Sehnsucht im Herzen.

Die Eltern durften nichts davon ahnen. Sie hatten sich damals Sorgen genug um sie gemacht.

Regerl begann plötzlich zu laufen. Der Regen schlug ihr jetzt ins hübsche Gesicht und färbte die Wangen, die vorhin beim Erinnern an Thomas noch leichenblass waren, rot.

»Mutterl, Vater!«, rief Regerl, als sie die Haustür aufstieß. Sie hatte ein paar Tage auf der Alp verbracht, jetzt kehrte sie heim.

Die beiden kamen aus der Stube, als wenn sie auf diesen Lockruf gewartet hätten. Sie umarmten ihr Töchterl.

»Jetzt bleibst du aber daheim, Regerl, das Haus ist viel zu still ohne dich!«, sagte der Vater und streichelte der Tochter mit unbeholfener Hand über den schmalen Rücken.

Da stiegen Tränen in Regerls Augen. Sie kam sich so schlecht vor, weil all ihre Gedanken Thomas galten, der ihre Liebe mit Füßen getreten hatte, wohingegen diese beiden braven Menschen bereit waren, ihr Herzblut für sie zu opfern.

Aber was konnte sie dafür, dass die Gedanken immer wieder um Thomas Panteloner kreisten. Man musste schon ein glühendes Schwert in ihr Herz stoßen, um alle Erinnerung auszulöschen.

***

Wenzel Adelrich war mit seinem nagelneuen Transporter nach Stuben gefahren, denn er wollte Kaminholz abholen, das er bei einer Firma bestellt hatte.

Jetzt stand er mit einem Bekannten auf dem Bahnhofsvorplatz. Gegenüber lag der Marktplatz mit seiner schönen Mariensäule. Tauben flatterten um den alten Rathausturm, der von Efeu umrankt wurde und um den sich viele geheimnisvolle Sagen rankten.

Die beiden Bauern redeten über die Milchwirtschaft, auf die der Adelhofer sich eingelassen hatte. Sein Rindvieh hatte schon viele Preise eingeheimst. Und der Käse, der auf seiner Senne zubereitet wurde, war weit bekannt.

Da lief der Zug aus München ein. Aber der Zinkhofer hatte noch Zeit genug, um zum Adelhofer zu sagen: »Du, dein Dirndl gefällt meinem Mattis so gut, dass er nachts sogar von dem Regerl träumt. Mein Weiberl hat gehört, wie der Mattis geseufzt hat: O Regerl, so süß bist du. Sie hat es mir erzählt. Ich mein' halt, dass die zwei gut zusammenpassen täten, Adelhofer. Mein Mattis kriegt zwar net den Hof, weil der meinem Andi zusteht. Aber das Geld, das ich dem Mattis mit in den Ehestand geb', das zählt.«

Der Adelhofer fühlte sich geschmeichelt.

»Ja, recht ist's schon, Bruno«, sagte er zu dem anderen, den er schon so lange kannte, wie er auf der Welt war, »doch die Jungen müssen sich halt selbst dazu bekennen.«

»Aber du möchtest doch auch net, dass das Regerl einen bringt, der nix aufzuweisen hat?«, fragte der Zinkhofer-Bruno.

»Och, das wär' mir egal, wenn er ein ehrliches Gemüt hätt', Bruno. Aber recht ist es mir halt doch, wenn er etwas aufzuweisen hat wie dein Mattis. Ein gestandener junger Mann ist er obendrein. Wirklich, das Regerl könnt' sich schon was einbilden, wenn es sich für den Mattis entscheiden tät.«

Das Gesicht des anderen wurde von einem Schatten bedeckt.

»Eine gute Geschichte war es damals ja net, das mit dem Thomas Panteloner, Wenzel.«

»Geh, sei mir still damit, es hat genug Zeit und Nerven gekostet, dass ich es vergessen hab.«

»Wie steht es denn mit der Regine?«, fragte der Zinkhofer, was ja sein gutes Recht war, wenn er im Zusammenhang mit der Regine Adelrich an seinen zweiten Sohn Mattis dachte.

»Die hat's überwunden, weil sie eingesehen hat, dass der Tho...«

Das Wort blieb ihm mitten im Hals stecken, denn aus der Bahnhofshalle trat eine hohe, kräftige Gestalt. Ein junger Mann, breit wie ein Kleiderschrank, mit einem dunklen Drei-Tage-Bart im gebräunten Gesicht und einem kecken Blitzen in den Augen.

Er war genau so gewachsen, dass die Madeln sich nach ihm umdrehen mussten, ob sie wollten oder nicht.

»Was hast du denn, Wenzel?«, fragte der Zinkhofer erstaunt, weil dem Adelhofer das Wort im Hals stecken geblieben war.

Der Zinkhofer folgte dem Blick seines Spezis, denn der starrte ja auffällig genug hinüber.

»Jessas!« Es sah ganz danach aus, als wenn der Zinkhofer sich bekreuzigen tät. Da legte Wenzel ihm schwer die Hand auf den Arm.

»Ich fass' es nicht. Wagt der Kerl sich wieder heim, wo die Liesel auf dem Pantelonhof sitzt und net weiß, wie sie mit der vielen Arbeit fertig werden soll. Die Liesel ist ein armes Wesen, das schon manchen Verehrer wegen dem Thomas verloren hat. Der vergeudet bloß sein Geld, und bald wird der Pantelonerhof unter den Hammer kommen, Bruno.«

»Denkst du in dem Augenblick net an die Regerl, Wenzel?«

»Na, Bruno, denn die ist fertig mit dem. Und wenn der Thomas in doppelter Ausfertigung heimkäm', die Regerl würd' keinen Blick mehr an ihn wenden.«

»Nimmst Gift drauf, Freunderl?«, fragte der Zinkhofer.

»Ja, eine ganze Flasche voll, Bruno, und schaden tät sie mir net so viel!« Dabei schnippte er verächtlich mit den Fingern.

Da fiel Thomas Panteloners Blick auf die Bauern. Er trug zwei große Koffer und stapfte jetzt auf die beiden zu. Er tat ganz so, als ob er von einer vergnüglichen Reise heimkehren würde und die beiden hätten gewusst, wo er sich aufgehalten hatte.

»Grüß Gott, ihr zwei!«, sagte er mit seiner volltönenden Stimme, die einem Madel durch und durch gehen konnte, die aber auf die beiden Bauern keinen Eindruck machte.

»Bist auch wieder im Land, Thomas?« Es war der Zinkhofer, der diese Frage stellte, denn der Adelhofer machte ein finsteres Gesicht. Sollte der junge Mann nur schon gleich merken, dass vom Adelhof herab kein guter Wind mehr für ihn wehte.

»Ja, da bin ich, weil es wieder einmal das vermaledeite Heimweh war, das mich hergeweht hat. Wie geht's denn im Dorf?«

»Dass du dich net schämst, so frech daherzureden, Thomas!«

Es gelang dem Wenzel Adelrich doch nicht, sich ganz herauszuhalten.

»Was meinst du denn damit, Adelhofer? Ich könnt' mir net denken, dass du ein Recht dazu hättest, in dem Ton mit mir zu reden.«

»Seid doch stad zusammen«, mahnte der Zinkhofer. »Die Leut' werden schon aufmerken, wenn ihr so lautstark daherredet.«

»Jetzt hab ich gemeint, einer von euch könnt' mich mitnehmen ins Dorf«, sagte er.

»Ich fahr' erst gegen Abend zurück«, erwiderte Bruno Zink.

Plötzlich richtete der Adelhofer-Wenzel sich forsch auf. Es gab jetzt eine gute Gelegenheit, mit dem Thomas zu reden. Er würde schon die passenden Worte finden, um ihn gleich auf den Platz zu weisen, wo er, Wenzel Adelrich, ihn sehen wollte.

»Meinetwegen kannst du mit mir fahren, wenn du Zeit hast, bis ich das Kaminholz vom Güterbahnhof abgeholt hab.«

»Ich wart' halt, Adelhofer!«, meinte der Thomas.

Es dauerte noch eine halbe Stunde, bis er zum Adelhofer in den Transporter stieg.

»Warum bist du denn so gallig auf mich, Adelhofer?«, fragte er.

»Weil wir zuschauen müssen, wie die Liesel immer weniger wird von all der schweren Arbeit auf dem Hof. Und der Hof wird auch net besser, wenn ein Madel allein wirtschaftet. Wo hast du dich denn rumgetrieben? Oder ist es ein Geheimnis?«

»Das kann jeder wissen, und schockieren soll sich der drüber, dem es Spaß macht. Ich bin mit einem Zirkus herumgezogen. Ich hab viele große Städte gesehen. Sogar in Paris waren wir. Jetzt hat er sich über den großen Teich eingeschifft, um in New York und nachher noch in anderen großen Städten von Nordamerika Vorstellungen zu geben. Es war halt ein bekannter Zirkus, Adelhofer.«

»Jessas, bist denn jetzt von allen guten Geistern verlassen, Thomas? Mit einem Zirkus! Bist gar aufgetreten in der Manege?«

»Na, das net. Dazu hat mein Talent net gelangt. Aber ich hab für die Pferde gesorgt. Ja mei, die haben Rösser, da wirst ganz schwindlig vor Glück. Und gut bezahlt hat der Chef auch. Aber als er mich gefragt hat, ob ich mit nach Amerika reise, da ist das Heimweh über mich gekommen, und ich bin gegangen.«

»Jessas!« Das war alles, was der Adelhofer in seiner Verblüffung hervorbrachte.

Thomas schaute mit so glänzenden Augen zum Fenster hinaus, als wenn er es nie übers Herz bringen würde, seine Heimat zu verlassen.

»Die Berge«, sagte er und deutete hinaus. »Der Stuben, der Halberg, das Männle ...« Seine Stimme erstarb fast vor Andacht. Und der Adelhofer hatte wieder einmal Gelegenheit dazu, verwirrt den Kopf zu schütteln.

»Mit einem Zirkus warst du unterwegs«, murmelte er und seufzte.

Thomas wandte den Blick ab und schaute den Wenzel an.

»Sogar geschlafen hab ich bei den Rössern, Adelhofer. Und gekannt haben sie mich, die Jenny, die Loni«, berichtete er.

»Ja, ja«, erwiderte Wenzel sarkastisch. »Dass die Frauen dich gut gekannt haben, das kann ich mir lebhaft vorstellen!«

»Die Frauen?«, fragte Thomas gedehnt.

»Na ja, die Loni, die Jenny und wie sie alle heißen.«

Da warf Thomas den Kopf in den Nacken und lachte schallend.

»Das sind doch die Namen von den edlen Rössern, Adelhofer«, gab er Auskunft. Dann stellte er die Frage, die ihn am meisten interessierte: »Wie geht's der Regine?«

Wenn ein Schuss neben dem Bauern gefallen wäre, hätte er nicht verschreckter sein können. Er schnaufte ein paarmal, dann nahm er einen innerlichen Anlauf und antwortete: »Die steht kurz vor der offiziellen Verlobung, Thomas!«

Mit allem hatte Thomas gerechnet, damit nicht.

»Wenzel, ich weiß, dass du keine große Meinung von mir hast!«

»Da bist du auf dem richtigen Weg, Thomas.«

»Aber ich hab die Regine lieb und lass' es mir net gefallen, dass ein anderer daherkommt und dem Madel Flöhe ins Ohr setzt.«

»Was bildest du dir denn ein?«, fuhr Wenzel ihn an. »Lass die Finger von meinem Madel! Die will nix mehr mit einem zu schaffen haben, der über Nacht verschwunden ist. Sie hat sich für den Zink entschieden, und die beiden passen gut zusammen. Geh du nur wieder fort aus dem Dorf. Weißt du was, verkauf den Hof! Gib der Liesel ihren Anteil, damit das Madel endlich ein Leben führen kann, wie sie es will. Dann verschwindest du, denn Achtung hat keiner mehr vor dir. Ein Bauer wird nie aus dir, Thomas, das weißt du doch selbst am besten.«

»Halt an!«, knirschte Thomas mit einer Stimme, die so hart und kalt wie Stahl war.

Wenzel zuckte beunruhigt zusammen.

»Halt gefälligst an, sag' ich!« Er fiel ihm sogar in den Arm, damit er den Transporter zum Stehen brachte. »Und stell meine Koffer am Marktplatz ab«, sagte Thomas noch, ehe er davonstapfte.

Wenzel hatte im Augenblick nicht die Kraft dazu, den Transporter weiterzusteuern. Er starrte Thomas mit brennenden Augen nach, und sein Herz schlug wie ein Hammer gegen seine Rippen.

Erst nach einer ganzen Weile, als nichts mehr von Thomas Panteloner zu sehen war, fuhr der Adelhofer weiter. Er stellte Thomas' Koffer dort ab, wo dieser es verlangt hatte. Dann hatte er es eilig, nach Hause zu kommen.

»Regerl! Regerl!«, rief er, als wenn er in der größten Gefahr schwebte, als er aus dem Transporter stieg.

Das Madel kam aus dem Haus gerannt.

»Ja, was ist denn, Vater?«

»Nix ist, sehen wollt' ich dich, Madel!«, sagte er und schloss sie in die Arme.

»Wirst wunderlich?«, fragte seine Frau, die nun ebenfalls aus dem Haus trat.

Regine schüttelte den Kopf und ging wieder an ihre Arbeit. Seraphina Adelrich aber blieb vor ihrem Mann stehen und schaute ihn forschend an.

»Was hast du denn, Wenzel? Wirst wirklich wunderlich?«

»Der Thomas Panteloner ist wieder da!« Das war alles, was er seiner Frau zu sagen brauchte. Die faltete nach dieser Eröffnung die Hände, als wenn sie beten wollte, und ihre Lippen bebten, als sie sagte: »Ihr Heiligen steht uns bei!«

***

Regine Adelrich kuppelte den Traktor vor die Heuwendemaschine, um damit zu den Wangerwiesen hinaufzufahren. Der Vater hatte an diesem Tag eine andere Arbeit vor, und die Mutter hatte genug im Haushalt zu tun.

Regine machte die schwere Arbeit nichts aus. Und seit Thomas so sang- und klanglos davongegangen war, war sie sogar froh, dass sie sich in die Arbeit stürzen konnte, denn so kam sie nicht zum Nachdenken. Das Denken führte sie doch nur immer wieder im Kreis herum, und wenn sie an einem gewissen Punkt angekommen war, stand sie wieder vor der Erinnerung an Thomas. Das Gefühl, das sie zu ihm hinzog, war einfach stärker als alle Vernunft.