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Es herrscht Frieden. Beinahe zehn Jahre ist es her, das der Mágus Tar und seine Seelensauger besiegt wurden. Dem Land und der Bevölkerung geht es gut. Aber der Frieden ist trügerisch. Aus dem Nichts taucht eine dunkle, mörderische Gestalt auf, der die Seelensauger wieder auf das Land loslässt und jeden tötet, der sich ihm in den Weg stellt. Wieder einmal müssen Vámpire, Drachen, Menschen und Zwerge zusammenarbeiten, um dem Bösen Einhalt zu gebieten.
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Veröffentlichungsjahr: 2024
Inhaltsverzeichnis
Handelnde Personen
Vorgeschichte…:
Kapitel 1 – Nahe Buthro
Kapitel 2 – Rückblick
Kapitel 3 – Buthro
Kapitel 4 – Oberhalb von Bigeste
Kapitel 5 – Flaviae
Kapitel 6 – Buthro
Kapitel 7 – Nahe Flaviae
Kapitel 8 – Im Großraum Nida
Kapitel 9 – In Yeha
Kapitel 10 – Im Großraum Nida
Kapitel 11 – In Yeha
Kapitel 12 – Nida
Kapitel 13 – In Skiffa
Kapitel 14 – In Skiffa
Kapitel 15 – Grisam
Kapitel 16 – Vor Troich Gwen
Kapitel 17 – Zwei Tage früher – In Buthero
Kapitel 18 – Zwei Tage früher – In Skiffa
Kapitel 19 – Troich Gwen
Kapitel 20 – In Grisam
Kapitel 21 – In Buthro
Kapitel 22 – In Igori
Kapitel 23 – In Yeha
Kapitel 24 – In Phoino
Kapitel 25 – Phoino und dahinter
Kapitel 26 – In Rigo
Kapitel 27 – Tisawar
Kapitel 28 – Isedria
Kapitel 29 – Yeha
Kapitel 30 – Die Mauer
Kapitel 31 – Die Mauer
Kapitel 32 – Tespius
Kapitel 33 - Zaius erzählt:
Kapitel 34 – Buthro
Kapitel 35 – Nida
Kapitel 36 – Der Weg nach Ophir
Kapitel 37 – Buthro
Kapitel 38 – Supoli
Kapitel 39 – Ophir Jasira
Kapitel 40 – Emberek Tigheanach
Kapitel 41 - Zaius Geschichte – Easthandir, Emberek Tighearnach
Kapitel 42 – Rigo
Kapitel 43 – Yeha
Kapitel 44 – Emberek Tigheanach
Kapitel 45 – Isedria
Kapitel 46 – Isedria
Kapitel 47 – Caddraigh
Kapitel 48 – Isedria
Kapitel 49 – Isedria
Kapitel 50 – Arasio
Kapitel 51 – An der Küste
Das Neue Land
Jenseits
der
Mauer
eine
dystopische
Fantasy
von
Klaus
Hartung
Diese Geschichte ist fiktiv. Der Ort und die Handlung sind ausgedacht. Die handelnden Personen sind erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen oder Orten oder Örtlichen Gegebenheiten sind ungewollt und rein zufällig.
Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen elektronischen oder mechanischen Mitteln, einschließlich Informationsspeicher- und -abrufsystemen, ohne schriftliche Genehmigung des Autors vervielfältigt werden, mit Ausnahme der Verwendung von kurzen Zitaten in Rezensionen.
Das Coverbild und die Bilder im Buch wurden mit Playground AI erstellt.
Copyright © 2024
Text und Bilder
bei
Klaus Hartung
Pommernstrasse 19, 25436 Tornesch
Alle Rechte vorbehalten.
ISBN: 9783759248718
Das Haus Peyn
Orlok Peyn – Sárkány Pein
Ceneric – Sárkány Peyn ältester Sohn
Tarasio – Assistent des Sárkány Peyn
Creya Daeltún - Beraterin
Das Haus Maxon-Peyn
Johna Maxon – Sárkány Maxon-Peyn
Dalaria Peyn – seine Frau
Das Haus Peyn-Maxon
Turgal Peyn – Sárkány Peyn-Maxon
Martua Maxon – seine Frau
Das Haus Murrsha
Rudrik Murrsha – Anführer des Hauses Murrsha
Silanay Murrsha – seine jüngere Tochter
Ruodlan Murrsha – jüngster und einziger Sohn
Vigor – der Neffe von Maya
Mateus – menschlicher Diener von Vigor
Das Haus Trevelian
Ryder Trevelian
Maya Murrsha – seine Frau
Erin und Rhys – ihre Kinder
Das Haus Golkas
Ulbon Golkas – Anführer des Hauses Golkas
Doire Golkas – seine Frau
Seain Golkas – sein ältester Sohn
Oonagh Golkas – jüngster Sohn
Freiya Golkas – seine Zwillingsschester
Troich Górm - Zwergenkönigreich
Franz Runolf - König von Górm
Samir Blauhand - ein Zwerg
Gofried Trank – ein Zwerg
Slavus - Diener des Königs
Troich Amhihúnn - Zwergenkönigreich
Markus Bierbauch - König von Amhihúnn
Theo Spreizfuß - ein Zwerg
Morag – ein Zwerg
Owein – ein Zwerg
Troich Cwen - Zwergenkönigreich
Gustav Treublick – König von Cwen
Harald Langhals – ein Zwerg
Margot Kurzfuß – eine Zwergin
Das Haus Iaian
Godfred Iaian - Sárkány
Das Haus Reidháchadh
Andarius – Sárkány
Adham - Sohn
Beadu - Sohn
Cein - Sohn
Sonstige
Der Dunkle – niemand weiß, wer er ist oder was er will
Goohfy Mellen – Hauptmann der Wache in Igori
Karlouis – Wächter an der Mauer
Matheus – Wächter an der Mauer
Seelensauger aka Zero´s – davon abgeleitet, dass sie eine leere Hülle, also ohne Seele sind. Dörfler reagieren eher auf die Bezeichnung Todesbote!
Mitte des 21.Jahrhunderts wurde in einem Labor ein neuartiges Virus entwickelt. Dieses Virus versprach eine Sterberate von 95%.
Keiner weiß mehr, warum so etwas überhaupt entwickelt wurde.
Noch während der Entwicklung des Gegenmittels, wurde das Virus gestohlen.
Der Konzern, der hinter dem Labor steckte, setzte horrende Belohnungen aus, um das Virus zurück zu bekommen.
Natürlich fand sich jemand, der den Dieb dem Konzern meldete.
Die konzerneigenen Sicherheitskräfte umstellten das Gelände, auf dem sich der Dieb mit ein paar Artgenossen verschanzt hatte.
Die Aufforderung, sich kampflos zu ergeben, wurde, wie nicht anders erwartet, ignoriert.
Während der darauffolgenden Kampfhandlungen kamen sowohl der Dieb, als auch seine Anhänger ums Leben.
Die Ampullen mit dem Virus hingegen wurden beschädigt. Das Virus wurde freigesetzt.
Jahre später wurde das Virus als Seelensauger bezeichnet. Das Mittel, das bei einem lebenden Wesen die Seele tötet und eine leere, aber lebende Hülle, zurücklässt, der dann künftig lebende Menschen jagt und sich von dessen Seelen ernährt.
Zu mindestens bei einigen Menschen wirkte das Virus so. Bei anderen kam es zu Mutationen. Zu sehr eigenwilligen Mutationen.
Die Geschichtsschreiber behaupten, das Virus hätte unter anderem die Magie in die Welt zurückgebracht.
So gab es Drachen, Werwölfe, Vampire, Trolle, Zauberer und die Basis für alles, die Seelensauger.
Seitdem sind weit über zweihundert Jahre vergangen.
Diese Geschichte spielt in einem Land, das früher einmal Deutschland hieß. Die ehemaligen Bundesländer wurden unter der Führung der Drachen neu aufgeteilt.
Die Welt hat sich aber nicht grundlegend geändert. Motorisierte Fahrzeuge gibt es kaum noch. Kutschen haben eine Renaissance erlebt. Flugzeuge mussten zurücktreten, um Ballons in mehreren Größen Platz zu machen. Schiffe, auch große Schiffe gab es noch. Viele von ihnen wurden allerdings auf Windkraft oder Sonnenenergie umgestellt.
Die Drachen mochten es nicht, dass über ihnen etwas flog, das größer war, als sie selber.
Die Grenzen zwischen den Ländern existieren mehr denn je. Einige zogen Mauern hoch, andere lediglich Metallzäune und einige wenige, belegten die Grenzen mit einem Zauber.
Und Drachen sind die Hüter allen Wissens… und die Mächtigsten von Ihnen sind Gestaltenwandler.
Das Neue Land
Jenseits der Mauer
Protagonisten:
Maya, Prinzessin Murrsha
Ryder, Fürst Trevelian
„Hast du den Kerl da unten gesehen?“ Das junge Mädchen hielt ihren Mund halb verdeckt, weil sie nicht wollte, dass jemand anders, als ihre Freundin sie reden hörte. Trotzdem schafft sie es in etwa in die besagte Richtung zu zeigen.
Ihre Freundin folgte dem Hinweis mit den Augen. Vorbei an einigen vollen Büschen und niedrigeren Bäumen schweifte ihr Blick zu der Gestalt die dort kurz hinter dem hohen Gras lag. Fast hätte sie laut gepfiffen. Der besagte „Kerl“, der dort am Flussufer lag, war wirklich eine Augenweide.
Um die Eins Neunzig groß. Schlank, sportlich, sehr muskulös. Langes, schwarzes Haar leicht blauschimmernd.
Sie leckte sich über die Lippen. „Sie dir mal die Oberarme an! Auf was schätzt du die?“ Das andere Mädchen kniff die Augen zusammen. „Hm, vierzig… fünfundvierzig Zentimeter?“ „Eher fünfzig, würde ich sagen!“ Sie schluckte trocken. „Ob der Rest an ihm auch so ausgeprägt ist?“ sinnierte sie.
„Ist er, Süße!“ säuselte ihr eine rauchige Stimme ins Ohr. Die beiden Mädchen zuckten zurück.
„Wer bist du denn?“ fragte sie die erste mit einem schockierten Unterton und betrachtete diese dunkelgekleidete Frau, die scheinbar aus dem Nichts neben ihnen aufgetaucht war.
Mein Blick glitt über den Fluss an dessen Ufer ich lag. Irgendjemand aus dem Dorf hatte mir erzählt, dass dieser Fluss früher mal mehr als einhundert Meter breit gewesen war. Das dort kleinere Schiffe darauf fuhren und Waren von Norden nach Süden und umgekehrt brachten. Ich schüttelte den Kopf. Kaum vorstellbar, wenn man sich jetzt dieses vielleicht gerade mal zehn Meter breite Flüsschen ansah. Ich musste diesen Dörfler nochmal schnappen, damit er mir mehr erzählen konnte. Vielleicht gab es ja sogar so etwas wie Bilder oder… wie hießen die Dinger noch? Ja genau, Fotos!
„Meine Frau!“ antwortete ich, während ich mich vom Boden hochstemmte. Ja, ich gebe zu, ich stemmte mich so hoch, dass meine Oberarme besonders zur Geltung kamen.
Maya hatte sich leise, wie nur sie es konnte, an die beiden angeschlichen und sich neben sie hingehockt.
Ich seufzte. Sie war eine Schönheit. Groß, etwa Eins Fünfundsiebzig, schlanker, aber weiblicher Körper, sportlich durchtrainiert, mit langem, schwarzem Haar. Ohne Blauschimmer, der war mir vorbehalten.
Ihre grünen Augen funkelten mich an, woraufhin ich nur mit den Schultern zuckte. Was konnte ich dafür?
Sie winkte mich heran. „Na, nun komm schon her! Die beiden Mädchen sind schon ganz aufgeregt!“
Ich schlüpfte in meine Hose, dann in meine Stiefel. Während ich auf die drei Frauen zuging, zog ich mein Hemd wieder an und fing an, es zuzuknöpfen.
„Maya, mein Liebling!“ Ich nahm sie fest in die Arme. „Schön, dass du da bist!“
„Sicher?“ grinste sie und sah dabei die beiden Mädchen an. „Wer weiß…?“ Sie zuckte nun mit den Schultern. „Andererseits so ein Schlückchen Blondine…!“ Sie bleckte ihre Fangzähne und ihre Augen nahmen eine blutrote Färbung an.
„Eine Vámpirin!“ keuchte das erste Mädchen. Ich schüttelte den Kopf.
„Nein… zwei!“ erklärte ich, und zeigte meine Fangzähne.
Das zweite Mädchen sah zur Sonne hoch. „Während die Sonne am Himmel steht? Ich dachte immer, dass Vámpire die Sonne meiden!“
„Das tun sie üblicherweise auch!“ stimmte Maya mit rauchiger Stimme zu. „Außer sie haben einen Mann, der ab und zu mal ein Sonnenbad nehmen möchte!“ Sie zeigte auf meine Unterarme. „Du solltest aus der Sonne, Schatz!“
Ich betrachtete die leicht gerötete Haut und nickte. „Ja, lass uns gehen! Nehmen wir die beiden als Snack mit?“ Ich legte meinen Kopf schräg und versuchte die beiden Mädchen hungrig anzusehen.
Maya kicherte. „Das musst du noch üben!“ Sie winkte den Mädchen zu. „Haut ab, Mädchen, so lange ich noch gute Laune habe!“
Der Empfehlung kamen die Mädchen schnell nach.
Wir hatten nur wenige Schritte zu gehen, dann standen wir schon neben der kleinen, flachen Kutsche, mit der Maya hierhergekommen war.
„Eifersüchtig?“ neckte ich sie. Maya schüttelte den Kopf. „Dann wären die beiden tot!“ grinste sie hämisch.
Ich schnaufte. „Sie können doch nichts für ihren guten Geschmack!“ stellte ich fest und breitete dabei meine Arme so aus, das wieder meine Muskeln so richtig zur Geltung kamen.
„Lass das!“ winkte Maya ab. „sonst müsste ich dich gleich ins nächste Gebüsch zerren!“ Ich zuckte mit den Schultern. „Was spricht dagegen?“ Ich wies auf die naheliegenden Büsch. „Dort sieht es gemütlich aus!“
Für einen kurzen Moment überlegte sie tatsächlich, aber dann winkte sie ab. „Du weißt, dass wir Besuch haben? Martua war so nett unsere Kinder zu bewachen, während ich dich aus den Fängen sexgieriger Furien befreien musste!“
Ich ließ die Schultern sinken. „Stimmt ja… da war was!“ Schließlich sah ich nach unten auf meinen Schritt. „Beruhigt dich!“
Maya sah in die angegebene Richtung. „Hm…“ Ein kurzer Blick zur Sonne hoch, dann zerrte sie mich tiefer ins Gebüsch. „Arme Martua… muss jetzt noch etwas warten!“ grinste ich, während sie mich schon zu Boden warf.
Turgal Peyn, der jüngste Sohn des großen Sárkány Peyn und seine Frau Martua hatten uns vor ein paar Tagen spontan per Kaminreise besucht. Zwar hätten sie auch per Kutsche kommen können oder selber fliegen; schließlich war das Schloss der Maxons, indem sie jetzt lebten, nicht so weit von uns weg, aber der Weg per Kamin war immer noch schneller und sauberer, auch wenn man sich letzteres kaum vorstellen konnte.
Es war als Reiseweg in Ordnung. Wenn man es eilig hatte. Ansonsten zog ich Auto, Pferd oder Kutsche vor.
Kaminreisen waren nach wie vor eine Art zu Reisen, die den Drachen vorbehalten blieb. Es sei denn, sie nahmen einen mal mit. So war es mir einmal gegangen. Damals vor beinahe zehn Jahre hatte mich Ceneric, Orlok Peyns ältester Sohn, mitgenommen, als wir etwas überstürzt das Haus Lot verlassen mussten.
Tja, und da wären wir dann wieder beim Thema. Seit dem Ärger, den uns damals der Mágus Tar und seine Seelensauger bereitet hatte, sind beinahe zehn Jahre vergangen.
Was hat sich seitdem getan?
Nun, wie bereits erwähnt, sind Turgal und Martua mittlerweile ein Paar. Nachdem der Stammsitz der Maxons, von denen Martua abstammte, verwaist war, hatten sich die beiden entschieden dort hinzuziehen und dort dann auch ihre Familie zu gründen. Bislang allerdings erfolglos.
Dem Land und der Bevölkerung rund um das Schloss Maxon ging es gut. Das Getreide auf den Feldern wuchs und gedieh. Den Tierherden ging ähnlich. Sie setzten ordentlich Fleisch an und vermehrten sich stark.
Martua hingegen hatte bislang zwei Fehlgeburten. Und jedes Mal, wenn sie die Trauer darüber überkam, besuchte sie uns spontan und konnte sich gar nicht genug um unseren Nachwuchs kümmern.
Maya und ich hatten damals, natürlich, geheiratet – ansonsten hätte mit ihr Vater wahrscheinlich auch das Herz herausgerissen und es gegessen! Spaß! Ihr Vater freute sich, frisches Blut in seine Ahnenreihe zu bekommen und hoffte natürlich darauf, dass wir für entsprechenden Nachwuchs sorgen würden.
Im Zuge dessen kam ich nicht mehr umhin meinen Familiennamen preis zu geben, obwohl ich es geheimnisvoller fand, einfach nur als Ryder zu agieren. Nun war ich also Ryder Trevelian, Lord Ryder Trevelian. Leider ein Familienname, der weder an Reichtum, noch an Besitz gekoppelt war., was aber weder meine Frau noch deren Familie störte.
Bislang war Maya einmal schwanger gewesen. Nach der Geburt von Zwillingen tobten dann bereits kurze Zeit später, ein energiegeladenes Pärchen durch unser Haus in Buthro.
Rhys und Erin. Interessanterweise hatten beide Kinder blauschimmernde, schwarze Haare! Und beide Kinder hatten grüne Augen!
Maya und ich hatte das verwaiste Domizil des Mágus Upols in Buthro in Besitz genommen und, mit Hilfe einiger Anverwandter in ein relativ prächtiges Haus verwandelt. Mayas Vater kannte ein paar Hexen, die mehr als bereit waren, dafür zu sorgen, dass das Anwesen von jeglichen bösen Einflüssen befreit wurde. Und im Gegensatz zum Mágus Tar, der in einem Turm gelebt hatte, zog es Upols vor, ein richtiges Haus sein Eigen zu nennen.
Stein auf Stein gemauert, so wie es sich gehörte. Das Ganze mit einem Erdgeschoß und einem ersten Stock. Große Fenster, die für ausreichend Sonnenlicht sorgten! Sahen toll aus, allerdings sorgten wir für breite Fensterläden, die dieses Licht schön draußen hielt.
Aber, wenn man nachts vor dem Fenster stand, hatte man einen tollen Ausblick auf die umliegenden Gehölze und kleinen Wälder.
Kurios war, dass das Haus, obwohl normal konzipiert, über einen Burggraben verfügte. Und, natürlich, über eine Zugbrücke, wenn auch eine sehr breite. Und sie war nicht mit dem Haus verbunden, sondern setzte erst gute zehn Meter entfernt davon an. Auch war der Burggraben nicht so breit, dass man ihn nicht mit einem Pferd überspringen könnte, aber immerhin breit genug, um zu verhindern, dass Seelensauger einfach ihn überwinden könnten.
Es war auch kein Wasser darinnen. Stattdessen gab es viele zugespitzte Holzpfosten, die nur darauf warteten, jemanden aufzuspießen. Vor dem Graben gab es natürlich einen niedrigen Zaun, der unsere Kinder abhalten sollte einen Schritt zu weit zu gehen. Obwohl es nicht nötig war.
Vámpire fallen nicht. Irgendetwas hält uns davon ab, hinzufallen. Wahrscheinlich unsere Fähigkeit zur Levitation, denke ich. Eine Fähigkeit, die auch unsere Kinder schon in Grenzen nutzen können.
Während andere Kinder sich eher mal unter einem Bett verstecken, sucht man unsere eher oben an der Zimmerdecke in einer Ecke, wo sie dann grinsend auf uns herabschauen.
Das Dorf Buthro hatte ungefähr zwölfhundert Einwohner. Menschen, Trolle, Zwerge. Wenn auch wenige von den letzteren. Und, erstaunlicherweise, lebten sie alle einträchtig miteinander. Einige unterhielten Gasthäuser, andere Bordelle, wieder andere zog es eher auf das Land hinaus, um dort dem Ackerbau oder der Viehzucht zu frönen.
Die Viehherden, die dort von einigen Bauern gehegt und gepflegt wurden, galten mittlerweile als exzellente Fleischlieferanten. So dass es nicht nur uns, sondern auch unserer Bevölkerung ziemlich gut ging und niemand Hunger leiden musste, wenn er bereit war zu arbeiten.
Wenn größere Herden in eine Nachbarstadt getrieben wurden, war ich teilweise dabei, wenn ich es nicht dem jeweiligen Verwalter überließ. Wir konnten uns sicher sein, dass niemand versuchte, uns bei den Käufen und Verkäufen über das Ohr hauen würde. Schließlich waren wir Vámpire. Und niemand möchte zur Nachtzeit unerwarteten Besuch bekommen, weil er versucht hat, etwas Geld beiseite zu schaffen. Ganz sicher niemand.
Auch das Getreide verkauft sich gut oder eignet sich für lukrative Tauschhandel. Und immer wieder sind die Leute verwundert, wie gut Trolle sich auf Landwirtschaft verstehen.
Wie war es den anderen ergangen? Johna hatte, wie bereits erwartet, Dalaria erst den Hof gemacht und sie dann davon überzeugt, ihn zu heiraten.
So gab es nun drei Häuser mit dem Namen Peyn. Das ursprüngliche, dem Orlok Peyn vorstand. Dann das Haus Peyn-Maxon, dem Johna und das Haus Maxon-Peyn, dem Turgal vorstand.
Rudrik, Mayas Vater, war nicht sehr davon begeistert, wie das Haus Peyn sich über das Land ausbreitete, befürchtete er doch, dass mittelfristig Orlok Peyn seine Machtfülle nutzen würde, auch noch den Rest des Landes zu vereinnahmen.
Aber bislang herrschte Ruhe im Land. Die Seelensauger waren nahezu ausgerottet. Und böswillige Zauberer, die das Land beherrschen wollten, waren einer anderen Bewusstseinsebene überantwortet worden. Dem einen hatte ich den Kopf abgehackt, dem anderen hatte Orlok einen feurigen Abschied spendiert.
Ja, es herrschte Ruhe im Land. Allerorts konzentrierten sich die Länder, Städte und Bewohner darauf, ihr Land wiederaufzubauen und ihre Höfe und Ländereien zu erweitern. Es gab genug zu essen für jeden, wenn er bereit war, dafür seine Arbeitskraft einzusetzen. Auch musste niemand unter freiem Himmel leben, wenn er es nicht wollte. Es gab genug Platz für jeden, der gewillt war, Land urbar zu machen und sich ein Dach über dem Kopf zu schaffen.
Die Länder, die im weiteren Sinne dem Hause Peyn unterstanden, wuchsen uns gediehen. Auch die Ländereien, denen das Haus Golkas oder Murrsha vorstanden, litten keine Not.
Lediglich die Ländereien der Vérfarkas und Trolloks hatten es schwerer. Seinerzeit hatten sie sich auf die Seite des Magus Tar geschlagen und in den darauffolgenden Kämpfen schwere und schwerste Verluste hinnehmen müssen, die sie fast an die Grenze der Ausrottung geführt hatten. Insofern waren sie immer noch damit beschäftigt, ihre Population in die alten Höhen zurückzuführen. Parallel dazu die Ländereien wieder aufzubauen verzögerte den Aufbau dessen Wohlstands erheblich. Auch wenn die Häuser Peyn sie tatsächlich mit Getreide und lebender Nahrung unterstützten.
Blieben schließlich die Zwerge. Sie litten keine Not, hatten sie sich seinerzeit auf die Seite der Drachen geschlagen und sie mit aller Kraft unterstützt.
Die Zwergvölker taten das, was sie am besten konnten. Sie gruben Schächte. Trieben Tunnel tief in das Erdreich. Schafften unterirdische Verbindungswege zwischen den einzelnen Ländern. Natürlich fanden sie dabei nicht unerhebliche Reichtümer in Form von seltenen Mineralien und edlem Gestein. Und sie bauten ihre Pilzkulturen in den dunkleren und feuchten Schächten an, die sie dann später auf den Märkten der Oberwelt verkauften. Pilze aus der Zwergenwelt galten es besondere Delikatesse und waren nicht günstig zu erwerben. Dies galt insbesondere für die Pilze aus den besonders dunklen und feuchten Schächten, denen man sogar eine berauschende Wirkung zusprach. Schon manch einer hatte sich bei Unfällen schwer verletzt, weil er nach dem Genuss der Pilze, Brücken und Leitern sah, wo gar keine waren.
Maya hatte sich in meine rechte Armbeuge gekuschelt. Sie schnurrte zufrieden. Ich rieb meine Nase an ihrer Stirn. „Ich fürchte, mir müssen langsam mal los?“
„Hm… ja… ich weiß.“ murmelte sie. „Die eine Blonde sah schon ganz schön heiß aus, oder?“
Verwirrt stützte ich mich auf meine Unterarme, wodurch Maya etwas ins Rutschen kam. „Spinnst du?“ lachte ich. „Ich habe die tollste Frau der Welt geheiratet!“
Maya musterte mich durch halbgeschlossene Augen. Ihre Mundwinkel zuckten. „Richtige Antwort!“ sagte sie kehlig und rollte sich auf mich.
Martua würde wohl noch etwas warten müssen.
*
„Papa!“ Freudestrahlend liefen zwei, beinahe achte Jahre alte, Energiebündel auf mich zu und sprangen an mir hoch.
Ich fing sie auf und ging dabei einen Schritt zurück, um sie in dem Glauben zu lassen, sie hätten mich fast umgeworfen. Dann ließ ich mich nach vorne auf die Knie sinken und wälzte mich mit beiden über den Boden.
Schließlich lag ich auf dem Rücken und Rhys saß triumphierend auf meine Brust. Bis seine Schwester die Gelegenheit nutzte und ihn unter den Füßen kitzelte. Gackernd ließ sich Rhys von meiner Brust hinunterrutschen.
„Aufhören!“ keuchte er. „Du bist gemein!“ Erin ließ sofort von ihm ab, nur um sich dann selber auf meine Brust zu setzen. „Hab dich!“ rief sie und gab mir einen schmatzenden Kuss auf die Nase.
Rhys hockte auf seinen Knien. „Papa? Wie siehst du denn aus?“ Er wies auf meine geröteten Unterarme. „Warst du wieder in der Sonne?“ Er winkte mit einem erhobenen Zeigefinger. „Du weißt doch, dass wir Vámpire das Sonnenlicht meiden sollen!“ Plötzlich fühlte er sich emporgehoben und ein paar Meter weiter auf seine Füße gestellt.
„Rhys… dein Vater ist kein normaler Vámpir, so wie du und Erin, oder ich!“ fing Maya an zu erklären. „Früher einmal war er ein … Mensch!“ „Was?“ Rhys sah sie völlig irritiert an. „Ein Mensch?“ Er kniff die Augenbrauen zusammen, als würde er schwer nachdenken. „Aber… Opa sagt doch immer, dass Menschen für uns Nahrung sind!“
Maya lachte und schüttelte den Kopf. „So hat das dein Opa sicher nicht gesagt… Aber, du musst wissen, ganz früher war es die Aufgabe deines Vaters mich zu beschützen. Tagsüber, wenn ich schlief… als ich noch schlafen durfte…“ seufzte sie. „Damals hat dein Vater dafür gesorgt, dass mir nichts passiert!“ Sie lächelte Ryder an. „Und er war der Beste darin!“
Sie schluckte. „Dann passierte es jedoch, dass er einmal sehr schwer verletzt wurde, und im Sterben lag…“
Rhys und Erin sahen sie mit gespannten Gesichtern an. „Und was passierte dann?“
Maya legte den Kopf schräg. „Ich musste eine Entscheidung treffen. Lasse ich euren Vater sterben, oder wähle ich einen anderen Weg?“
Rhys sah sie aufgeregt an. „Und? Wie hast du dich entschieden?“ Erin sah ihren Bruder fragend an. „Bist du doof!“ Rhys sah sie nun an, dann erhellte sich sein Gesicht. „Ach so… ja!“
Ihre Mutter nickte. „Genau. Ich war nicht bereit, auf ihn zu verzichten. Und so machte ich ihn zu einem Vámpir. Und ich würde es immer wieder tun!“ Sie nickte sich selber bestätigend zu. „Aber, euer Vater hat noch so ein paar menschliche Eigenschaften, die er nicht abgibt. Und eine davon ist das Sonnenlicht. Erstaunlicherweise verträgt er es auch viel besser, als wir.“ Sie ging zu Ryder hin, half ihm vom Boden hoch und strich ihm über den Kopf.
„Er ist eben selbst als Vámpir noch etwas Besonderes!“
„Genau…,“ knurrte ich in dem Versuch bedrohlich zu wirken, „und wie lief es bei meinen beiden Lieblingskindern heute mit dem Unterricht…?“ Beiden hatten nämlich eine Hauslehrerin, die ihnen so die wichtigsten Sachen beibringen sollte, auch wenn diese zurzeit von Martua unterstützt wurde.
Erin sah ihren Vater verwundert an. „Aber, Papa, wir sind doch gerade mal vor einer Stunde aufgestanden. Mehr als Gefrühstückt haben wir noch nicht!“ Dies führte dazu, dass ich zum Fenster sah. Stimmte ja, die Sonne war ja noch gar nicht so lange untergegangen und die Kinder hatten den normalen Vámpir-Tagesablauf. „Nun gut,“ knurrte ich weiter. „Dann seht aber zu, dass ihr nachher bei ihr sehr gut aufpasst! Wissen ist wichtig!“
„Ja“, grummelte Rhys, „ich weiß. Ich finde aber Sport und Nahkampf viel spannender!“ Ihre Mutter grinste. „Ja, dein Vater hat auch sehr viel Interesse am Nahkampf…!“
„Papa,“ fragte Erin, „wieso kriegst du jetzt einen roten Kopf?“
Ich winkte ab. „Mir ist nur warm!“
Maya klatschte in die Hände. „So, ihr beiden, nun seht mal zu, dass ihr euch umzieht…!“ „Aber erstmal waschen wir uns!“ teilte Erin ihr mit, woraufhin Maya die Fäuste in die Hüfte stemmte. „Ihr habt gefrühstückt, ohne euch vorher zu waschen?“
„Opa sagt, Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages!“ stellte Rhys in einem schulmeisterlichen Ton fest.
„Das ist richtig,“ sagte Maya, „aber niemand isst gerne etwas, wenn der neben ihm streng riecht!“
„Sieh meint dich!“ stellte Erin fest und lief lachend aus dem Zimmer.
Im Land des Vérfarkas Dey, das immer noch ohne Anführer war, herrschte seit Jahren der Hunger. Zwar hatte sich der Sárkány Peyn bereitgefunden, in regelmäßigen Abständen der Bevölkerung Nahrung zur Verfügung zu stellen, aber häufig kam es bei den wirklich Bedürftigen nicht an.
Streitereien um die Führung des Clans, um die Verteilung der Lebensmittel, waren an der Tagesordnung.
Höfe und die dazugehörigen Ländereien verfielen, da sich niemand darum kümmerte. Vieh, falls es nicht von marodierenden Räuberbanden vorher gefressen wurde, verhungerte auf den dürren Weiden.
Lediglich in Küstennähe, wo sich Fischer angesiedelt hatten, gab es noch genug zu essen. Hier hatten sich allerdings auch Gemeinschaften gebildet, die Räubern das Schwert oder den Sperr entgegenstreckten, um ihr Eigentum zu verteidigen.
*
„Halt!“ tönte eine Stimme und ein Speer reckte sich dem Reiter entgegen. Schließlich kam ein mittelgroßer Mann hinter einer Hütte hervor und stellte sich breitbeinig in dem Weg. Kurz darauf trat ein zweiter und dritter Mann hinzu. Auch sie hoben warnend die Speere.
„Was wollt ihr hier? Ihr habt hier nichts zu suchen!“
Der, der zuerst gesprochen hatte trat mutig einen Schritt vor und schob seinen Speer voran. Ein Knurren kam aus seiner Kehle und seine Gesichtszüge näherten sich denen eines Wolfes an.
Bei dem Angesprochenen handelte es sich um ein hochgewachsenes Lebewesen von über zwei Meter Größe. Seine Figur konnten sie nur erahnen, da er einen weiten, schwarzen Umhang mit einer Kapuze trug, der bis zu den Steigbügeln des Pferdes, auf dem er saß, hinunterreichte.
Das Wesen hob einen Arm und winkte dem vordersten mit einer behandschuhten Hand heran.
„Seid ihr sicher?“ fragte er rau und gestattete dem Vordersten einen Blick unter die Kapuze.
Der Mann erschrak und fiel sofort auf die Knie nieder. Er schüttelte sich vor Grauen. Die beiden anderen hoben knurrend ihre Speere, woraufhin der Kniende eine Hand hob.
„Verzeiht, Herr! Natürlich dürft ihr passieren!“
Ungeduldig winkte er den anderen beiden zu, ihre Speere zu senken. „Lasst ihn passieren!“
Der Hochgewachsene stieß seinem Pferd die Sporen in die Seite und trabte mit einem Kopfnicken an den anderen vorbei.
Kaum war er außer Sicht, als sie zu dem Vordersten hinliefen.
„Wer war das? Wieso hast du ihn mit Herr angesprochen?“
Der erste sah seine beiden Begleiter an. Er war kalkweiß im Gesicht. „Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke, dort reitet der Tod durch unser Dorf. Er hatte einen Kopf, ein Gesicht, das einem Totenkopf glich! Und habt ihr es nicht gemerkt, was für eine Kälte von ihm ausgeht?“
Die drei sahen sich nun ängstlich an. „Der Tod, sagst du? Was will der Tod hier?“
*
Ohne sich auch nur weiter umzuschauen ritt der Hochgewachsene durch das Dorf. Niemand stellte sich ihm mehr in den Weg, oder belästigte ihn mit Fragen. Ängstlich zog sich jeder zurück, der ihn kommen sah.
Nachdem er das Dorf verlassen hatte, führte er sein Pferd durch dünnes Dünengras. Immer wieder sackten die Hufen in dem weichen Sand weg. Erst als er dichter an die Grenze hinabritt, wo das Meereswasser an den Strand brandete, fasste es besser Tritt.
Sofort beschleunigte er etwas seinen Ritt und musterte dabei die in der Ferne auftauchenden Hänge der Kreidefelsen genauer. Schließlich nickte er, als er den Einschnitt nur wenige hundert Meter voraussah und lenkte sein Pferd darauf zu.
Er stieg ab und ließ die Zügel einfach zu Boden fallen. Sein Pferd würde sich erst dort wegbewegen, wenn er es ihm sagte.
Sein Blick glitt über das große, massive Tor, das vor geraumer Zeit dort in den Höhleneingang eingepasst worden war. Dickes, dunkelbraunes Holz mit schwarzen Eisenbeschlägen, verstärkt mit einer Unterarmdicken Eisenkette hielten den Zugang verschlossen, da war er sich sicher.
Er griff in eine Tasche seines Umganges und förderte einen eisernen Schlüssel zutage. Kaum hatte er ihn in das Schloss gesteckt und angefangen, ihn umzudrehen, als von drinnen schon ein Jammern und Wimmern ertönte.
Ein schmales Lächeln umspielte seine dünnen Lippen. Gut zu hören, dass die Seelensauger auf der anderen Seite es nicht erwarten konnten, mal wieder an die Luft zu kommen!
Während er mit der einen Hand eine Torseite packte, holte er mit der anderen ein beutelartiges Gebilde mit einem Schlauch vorweg hervor.
Spielerisch schob er die knarrende Tür auf. Abgemagerte Geschöpfe mit zerrissener Kleidung und wirren Haaren versuchten sich hinaus zu drängen. Sofort hielt er ihnen den Beutel entgegen und sprühte ihnen ein bläuliches Pulver entgegen.
Der Vorwärtsdrang der Gestalten ließ sofort nach.
„Zurück!“ zischte er sie an und schritt auf sie zu. Beinahe ängstlich wichen sie vor ihm zurück, obwohl ihre Augen blicklos starrten.
Noch zwei, dreimal sprühte er Pulver in die Höhle, dann war auch der letzte Widerstand, so er denn überhaupt bestanden hatte, gebrochen.
Ruhig stand er da, während ihn die Seelensauger abwartend ansahen.
„Gut, gut!“ sagte er zufrieden. „So habe ich mir das vorgestellt!“ Er winkte ihnen wage zu. „Fünfzig von euch folgen mir! Die anderen gehen tiefer zurück in die Höhle! Euch hole ich zu einem späteren Zeitpunkt!“
Mit diesen Worten drehte er sich um und strebte dem Ausgang der Höhle zu.
Vor der Tür hob er abwartend eine Hand und blickte sich sichernd um. Zufrieden nickte er sich zu. Kein Dorfbewohner hatte es gewagt, ihm zu folgen.
Nun winkte er hinter sich. „Stellt euch da drüben auf!“ sagte er, wobei er auf eine freie Stelle unter einem überragenden Felsen wies.
„Seelensauger!“ schrie Freiya und warf sich von der Mauer in die Tiefe auf ihre Wachsoldaten zu.
Erschrocken spritzten sie auseinander und griffen zu ihren Schwertern, während die Vámpir-Prinzessin des Hauses Golkas sanft zwischen ihnen aufsetzte.
Wohlwollend nickend sah sie von einem zum anderen. „Sehr gut, Jungs, sehr gut!“ lobte sie. „Ich hatte schon die Befürchtung, dass euch die Ruhe nicht guttut! Aber, zum Glück habe ich mich getäuscht!“
In dem Augenblick kam ihr Zwillingsbruder um eine Ecke gerannt. In einer Hand hielt er ein Schwert, in der anderen eine Armbrust. Schlitternd hielt er vor den Soldaten an und sah seine Schwester erschüttert an.
„Nur eine Übung? Verdammt!“ Enttäuscht ließ er Schwert und Armbrust sinken, woraufhin ein Leutnant der Wachsoldaten zu ihm hintrat und ihm eine Hand auf die Schulter legte.
„Junger Herr, ich bewundere euren Einsatz und würde mir wünschen, eine ähnliche Einsatzbereitschaft bei allen unseren Soldaten vorzufinden!“ Oonagh runzelte die Stirn und sah den Leutnant neugierig an. „Dann sollten wir vielleicht mal die Übungen bei euren Soldaten intensivieren? Nicht, dass sie im falschen Moment nicht richtig reagieren?“
Der Leutnant nickte. „Es wäre mir eine Ehre, junger Herr, mit Ihnen etwas Entsprechendes vorzubereiten!“
*
Am gleichen Abend, etwa zehn Kilometer vor Flaviae:
„Die Schafe scheinen heute ziemlich unruhig zu sein!“ Halig sah seine Frau Ailin nachdenklich an. „Wahrscheinlich treiben sich wieder ein paar Wölfe in der Nähe herum. Die werden sie wittern!“ vermutete er.
Sie hatten diesen Hof mit seinen Schafen vor etwas mehr als sechs Jahren übernommen, nachdem die vorherigen Besitzer nach den damaligen Unruhen weggezogen waren, und konnten mittlerweile vom Verkauf der Wolle und hin und wieder mal von Schafsfleisch gut leben.
Ailin schnaufte. „Das fehlte uns gerade noch, dass uns Wölfe ein paar Schafe reißen!“ Halig nickte. „Ich schau mal nach dem rechten!“
Er erhob sich, warf sich eine Weste über und nahm eine Flinte aus der Halterung über der Tür.
„Du verschließt die Tür ordentlich hinter mir?“ „Selbstverständlich!“ nickte Ailin und nahm eine Schrotflinte aus ihrer Halterung. Halig runzelte die Stirn, als er das sah. „Nur zur Sicherheit, so lange du draußen bist!“
„Gut!“ grunzte er und ging zur Tür. Er verhielt einen Moment und lauschte. „Meine Güte, sind die Schafe unruhig!“
Er öffnete die Tür und ging hinaus. Ailin stellte sicher, dass die Tür wieder fest verschlossen war und entsicherte sicherheitshalber beide Flintenläufe.
Halig kniff die Augen zusammen. Der Mond war nur eine schmale Sichel und gab entsprechend wenig Licht. Angestrengt versuchte er die Dunkelheit zu durchdringen. Vielleicht sollten sie wirklich dazu übergehen, draußen um das Haus herum einige Fackeln aufzustellen, und sei es nur, um die wilden Tiere und so fern zu halten.
„Oh nein!“ hörte sie ihren Mann draußen voller Entsetzen rufen. Dann krachte seine Flinte. „Lauf zum Stall und reite weg! Schnell!“ hörte sie ihn panisch rufen. Wieder krachte seine Flinte.
Ailin griff die Schrotflinte fester und riss die Tür auf. Selbst in dem dünnen Licht, das aus ihrem Haus hinausfiel, konnte sie sie sehen. Seelensauger! Zwanzig… vielleicht dreißig Stück… sie war sich nicht sicher, da die Gestalten wirr durcheinander taumelten.
Sie hob die Flinte und feuerte auf die Näherkommenden, dann wandte sie sich nach links und rannte in Richtung Stall.
Die Stalltür stand wie immer offen, so dass sie schnell hineinlaufen konnte. Mit wenigen Handgriffen hatten sie einem Pferd ein Seil um den Hals geworfen, bevor sie auf dessen Rücken sprang. Sie riss es herum und stieß ihm ihre Fersen in die Seite.
Nach einem kurzen Hüpfer galoppierte es aus dem Stall heraus. Ailin hob beim hinausreiten nochmal die Flinte und feuerte auf die Seelensauger, wodurch zwei von den Füßen gerissen wurden. Dann beugte sie sich über den Hals des Pferdes und hetzte in Richtung Flaviae davon.
Sie hatte durchaus gesehen, dass einer der Seelensauger, den sie niedergeschossen hatte, einmal ihr Mann gewesen war.
*
„Da kommt ein Reiter!“ Der Soldaten hatte sich von der Stadtmauer heruntergebeugt und es den Soldaten unten zugerufen. „Er hat es sehr eilig!“
Einige der Soldaten eilten zum Tor, hoben den schweren Querbalken hoch und zerrten an der einen Torhälfte. Fluchend zogen sie sie schließlich auf. Mittlerweile war auch der Reiter heran, der sofort an ihnen vorbeipreschte.
„Schließt das Tor!“ rief die Frau von ihrem Pferd hinunter. „Seelensauger sind hinter mir her!“
Der Hauptmann der Wache kam aus der Wachstube heraus und sah zur Mauer hoch. „Siehst du davon etwas?“ „Nein! Der Reiter ist alleine gewesen! Hier ist weit und breit nichts zu sehen!“
Die Frau glitt vom Pferderücken und hielt sich zitternd an dessen Flanke fest. „Ich bin Ailin Reuter. Uns gehört der Hof etwa zehn Kilometer östlich vor der Stadt. Schafe! Wir züchten Schafe!“
Der Hauptmann legte beruhigend seine Arme um die Frau. „Nun beruhigt dich erst einmal. Hier ist doch alles sicher!“
Die Frau stieß seine Arme weg. „Verdammt noch mal! Unser Hof ist von Seelensaugern überfallen worden! Mein Mann ist tot! Und ihr albert hier rum!“
Wieder sah der Hauptmann zur Mauer hoch. „Irgendetwas zu sehen?“ „Nein, Hauptmann!“
„Nun,“ er sah die Frau mitleidig an. „von den angeblichen Verfolgern ist nichts zu sehen! Warum sollte es auch? Wir haben seit mehr als sechs Jahren keinen Seelensauger mehr angetroffen!“ Er schüttelte den Kopf. „Es fällt mir schwer zu glauben, was ihr da erzählt…!“
Die Frau hob verzweifelt die Hände. „Aber, wenn ich es euch doch sage… sie haben unseren Hof überrannt! Meinen Mann getötet!“
„Wer hat wen getötet?“ fragte eine kehlige Männerstimme hinter ihnen. Sowohl der Hauptmann, als auch die Frau drehten sich in die besagte Richtung.
Ein mittelgroßer Mann mit schulterlangem Haar und einer Narbe die sich von der rechten Augenbraue bis zur Wange hinunterzog war mit wenigen Schritten heran. Er musterte die Frau eingehend und wandte sich dann an den Hauptmann.
„Einen Becher Wein für die Dame! Ich glaube, sie kann die Stärkung gebrauchen!“ „Ja, mein Fürst!“ nickte der Hauptmann und winkte einem anderen Soldaten zu.
Der Mann neigte vor der Frau kurz den Kopf. „Seain Golkas! Zu ihren Diensten!“ Er legte ihr einen Arm um die Schulter und führte sie zu einer Bank in der Nähe. „Setzt euch! Trinkt! Und erzählt, was vorgefallen ist!“
Dankbar griff sie nach dem Becher Wein, der ihr hingehalten wurde und trank gierig. Dann holte sie tief Luft und begann zu erzählen.
„Du denkst daran, dass du heute den Vorsitz vor dem Gericht hast?“ Ryder konnte beinahe das Schmunzeln in Mayas Frage hören und verzog das Gesicht. „Ist das schon heute? Muss ich das wirklich machen? Ich habe davon überhaupt keine Ahnung!“
Maya sah ihn mit einem strengen Gesichtsausdruck an. Mahnend hob sie eine Hand. „Das gehört zu unseren Pflichten, als Fürsten dieser Region!“ Sie legte den Kopf etwas schräg. „Das Leben besteht nicht nur aus Essen, Trinken und Sonnenbaden! Wir müssen unserem Volk ein Vorbild sein! Und wenn sich die Parteien nicht einigen können, müssen wir ihnen helfen!“
Ryder winkte ab. „Ja, komm runter!“ Maya sah ihn verwirrt an, dann bemerkte sie, dass sie zwei Meter über ihm schwebte. Sofort sank sie herab. Sie hob entschuldigend die Schultern.
„Es wird eben von uns erwartet!“
Ryder ließ den Kopf sinken. „Na, dann geh ich mal!“ murmelte er.
Im Saal der Gerichtsbarkeit wartete man schon auf ihn. In dem etwa zwanzig mal zwanzig Meter großen Raum saßen schon eine Anzahl von Leuten und sahen ihn gespannt an, als er durch die Tür trat. Er hielt den Blick geradeaus gerichtet, auf die drei Stühle, von denen zwei bereits mit seinen Beratern besetzt waren.
Ryder versucht nicht zu gelangweilt zu wirken, als er sich setzte und winkte dann einem Diener zur rechten zu. „Dann lasst uns beginnen!“
Er lehnte sich zurück, als zwei Männer aufstanden und an das Rednerpult traten. Auffordern winkte er ihnen zu und lehnte sich zu seinem Berater zur Linken hinüber. „Worum geht’s?“
„Hühner, Herr, Hühner!“ Ryder sah seinen Berater mit großen Augen an, dann wandte er sich an die beiden am Rednerpult. „Wer fängt an?“
Der Mann zur rechten trat vor. „Ich, Herr!“ Er wies auf den anderen. „Der dort hat mir zwei Dutzend Hühner abgekauft, zu zwei Kupferstücken das Stück. Als ich ihm dann die Hühner brachte, wollte er nur noch vierzig Kupferstücke bezahlen! Angeblich, weil einige Hühner dünner waren, als er erwartet hätte!“
Ryder beugte sich vor. „Echt jetzt? Wir reden hier über eine Differenz von acht Kupferstücken?