Das Schicksal schlägt zweimal zu - Ingrid Seemann - E-Book

Das Schicksal schlägt zweimal zu E-Book

Ingrid Seemann

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Beschreibung

Spiel mit mir! Die lebensfrohe Anastassja wird von Alexander zu sich nach Hause eingeladen. Die neugierige Anastassja erlebt ihre blaue Wunder. Bankomatkarte, Burger und Pommes sind fremd für sie. So viele neuen Eindrücke! Den Höhepunkt erlebt sie in der Vollmondnacht. Durch Zufall beobachtet sie die Eltern Alexanders bei einem Liebesspiel... Zurück in der Schule muss Vladimir als persönlicher Bodyguard von Anastassja und Aleksej einspringen. Es besteht die Gefahr einer Entführung und Anastassja wird ständig von Visionen geplagt und rettet so ihren Bruder. Es ist alles nur Show! Michael und Sebastian Jackson, die persönlichen Albträume ihres Bruders Florian, sind das zweite Jahr im Internat. In diesem Jahr lernt Michael die schüchterne Emilie kennen. Bei einem gemeinsamen Lauf durch den Wald stürzen sie in eine Schlucht. Sie werden mehr tot, als lebendig aufgefunden. Während Emilie schnell wieder auf den Beinen ist, landet Michael im Rollstuhl. Kann Emilie seine laufenden Depressionen abfangen?

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Inhalt

Spiel mit mir!

Die lebensfrohe Anastassja wird von Alexander zu sich nach Hause eingeladen. Die neugierige Anastassja erlebt ihre blauen Wunder. Bankomatkarte, Burger und Pommes sind fremd für sie. So viele neue Eindrücke! Den Höhepunkt erlebt sie in der Vollmondnacht. Durch Zufall beobachtet sie die Eltern Alexanders bei einem Liebesspiel…

Zurück in der Schule muss Vladimir als persönlicher Bodyguard von Anastassja und Aleksej einspringen. Es besteht der dringende Verdacht, dass die Zwillinge entführt werden könnten und Anastassja wird ständig von Visionen geplagt und rettet so ihren Bruder.

Es ist alles nur Show!

Michael und Sebastian Jackson, die persönlichen Albträume ihres Bruders Florian, sind das zweite Jahr im Internat. In diesem Jahr lernt Michael die schüchterne Emilie kennen. Bei einem gemeinsamen Lauf durch den Wald stürzen sie in eine Schlucht. Sie werden mehr tot, als lebendig aufgefunden. Während Emilie schnell wieder auf den Beinen ist, landet Michael im Rollstuhl. Kann Emilie seine laufenden Depressionen abfangen?

Einladung

Alexander holt Anastassja von ihrem Zimmer ab. Normalerweise dürfen sich Jungs nicht im Wohnbereich der Mädchen aufhalten. Bei Anastassja verhält es sich anders. Sie wohnt mit ihrem Zwillingsbruder Aleksej in einem großen, durch eine Mauer geteilten Zimmer. Beide Räume sind durch einen kleinen Vorraum begehbar. So fällt es nicht weiter auf, wenn Alexander zu ihr gehen will. Doch längst weiß die ganze Schule, wie es sich wirklich verhält und wird toleriert, solange sich keiner darüber beschwert. Zudem die Eltern der Zwillingsgeschwister die größten Sponsoren der Schule sind und da macht man wegen dieses kleinen Vergehens kein Aufhebens.

„Hi! komm mit. Wir gehen hinaus. Ich möchte mit dir sprechen.“ Alexander nimmt Anastassja bei der Hand. Sie sind schon seit der ersten Klasse in dieser Schule ein Paar. Anfangs war er fast immer, In Vertretung ihres Bruders, ihr Begleiter. Sie ist hyperaktiv. Sie läuft, ohne weiter nachzudenken, einfach irgendwo hin und findet dann nicht mehr alleine zurück. Sie hat sich in der Schule oft verirrt. Wenn ihre Beschützer kurz von ihr weg geschaut haben, oder sich mit einem anderen unterhalten haben, ist sie ist spontan aus Langeweile weggelaufen. Oft ist sie vor das Tor gelaufen und die Freunde hatten Mühe, sie in dem weitläufigen Gelände der Schule wieder zu finden und zurück in die Schule zu bringen. Zum Glück hatte sie ihr Handy immer dabei, um sie orten zu können. Ihr fallen ständig spontane Dinge ein, wie ein kleiner Kuss, wenn sie Lust darauf hat… auch wenn sie mit dem Jungen oder Mädchen eigentlich gar nichts zu tun hat. Sie schreit vor Freude mitten im Unterricht auf, oder schimpft laut drauflos, wenn ihr etwas gegen den Strich geht. Aleksej hatte schon in ihrem Elternhaus seine liebe Not mit ihr. Seine Eltern hatten gedankenlos die Verantwortung über ihre überaktive Tochter bald an ihn abgegeben. Dadurch, dass sie Zwillinge sind, ist die mentale Verbindung sehr groß und deshalb weiß er instinktiv, wie er sie bändigen konnte.

Im Internat hat er von Anfang an gute Freunde gefunden, die sich gerne abwechselnd um Anastassja gekümmert haben. Sie haben sie in den Unterricht begleitet, wenn sie in dieselbe Klasse mussten. Sie haben gerne mit ihr gelernt, weil sie ein sehr intelligentes Mädchen ist und sie auch von ihrem wachen Geist profitiert haben. Aber letztendlich haben Alexander und Anastassja sich gefunden und die anderen waren nur mehr für den Notfall einsatzbereit, was sehr selten vorgekommen ist. Nun gehen sie vor das Tor und er führt sie zur Gartenbank. Er muss sich sammeln. Er weiß nie, wie sie auf Neuigkeiten, oder unbekannte Situationen reagieren wird. „Also… Na ja…“ „Was hast du Alex? Sieh mal! Dort hoppelt ein Hase! Wie süüß…“ Sie springt auf und zeigt voller Freude auf das verschreckt davon laufende kleine Tier. „Hast du das gesehen?!“ Alexander schaut in ihre leuchtenden rehbraunen Augen und ist von den Farbschattierungen fasziniert. Sie hat große Augen und natürliche lange schwarze Wimpern. Ihre Haare sind lang und gelockt und von einem natürlichen Glanz. Alexander streichelt immer wieder gerne und oft, ohne nachzudenken, durch die seidige, kastanienbraune Pracht.

„Äh… was ich sagen wollte. Anastassja hörst du mir überhaupt zu?“ Er greift nach ihrer Hand und zieht sie wieder neben sich auf die Bank. „Natürlich Alex! Was wolltest du eben noch mit mir besprechen?“ „Was ich dich fragen wollte… willst du in den Ferien für ein, zwei Wochen zu mir nach Hause kommen? Meine Eltern würden dich gerne näher kennen lernen.“ Er sieht sie unsicher an. Sie denkt nach. Er kann spüren, wie es hinter ihrer Stirn arbeitet. Was kommt jetzt? Wie wird sie reagieren? Er beobachtet sie genau. Sie ist, wie schon erwähnt, unberechenbar. Fröhlich lacht sie auf. „Ich freue mich auch, deine Eltern wieder zu sehen! Joe ist auch ganz lustig!“ Joe ist lustig?! Alexander schüttelt den Kopf. Sein Patenonkel ist cool, aber nicht lustig! „Ich muss Aleksej fragen! Komm, wir suchen ihn jetzt!“ Schon hüpft sie auf. Sie hat eine Mission zu erfüllen und niemand kann sie davon abhalten. Fragend sieht er sie an. „Was ist mit deinen Eltern?“ „Wenn Aleksej einverstanden ist, sind es Mama und Papa auch!“, kichert sie.

Er wäre noch gerne mit ihr hier sitzen geblieben. Es scheint die Sonne und es ist an der Mauer angenehm warm. Er ergreift ihre ausgestreckte Hand und lässt ihr ihren Willen. Wenigstens hat sie die Einladung ganz gut aufgenommen. Jetzt müssen sie noch ihren Bruder auf ihre Seite bringen. Er weiß, dass die Familie der Zwillinge sehr beschützend ist. Sie sind reich und immer auf der Hut vor kriminellen Personen, die ihre Kinder entführen könnten. Der Aufenthalt der beiden an dieser Schule ist noch nicht an die Öffentlichkeit gedrungen.

Sie finden Aleksej im Gemeinschaftsraum beim Billard spielen. „Aleksej! Aleksej! Ich fahre mit Alexander nach Hause!“ Sie ist gerade durch der Tür hineingeschneit und schreit es durch den ganzen weiten Raum hindurch. Es ist ihr egal, ob andere es hören können. „Jetzt nicht Ana! Ich muss mich konzentrieren!“, wiegelt der Bruder ab. „Aber es ist wichtig!“ Sie lässt nicht locker. Inzwischen steht sie dicht hinter ihm und lässt ihm kaum Platz für die Queue, die er gerade zum Stoß ansetzen will. „Mach Platz! Du störst!“, tadelt Aleksej. „Komm, lass deinen Bruder fertig spielen! So dringend ist es nicht!“ Alexander zieht die schmollende Freundin zur Seite. Sie finden Verena und Nora am anderen Ende des Raumes. „Stellt euch vor, Alexander hat mich gefragt, ob ich in den Ferien mit zu ihm nach Hause kommen will!“, plaudert sie gleich drauflos. „Jetzt weiß es bestimmt die ganze Schule! Nur wir nicht, weil wir noch keine Erlaubnis von deinen Eltern haben!“, meint Alexander lakonisch und verdreht die Augen. Verena und Nora kichern.

„Was höre ich da? Du willst mit Alexander wohin fahren?“ Aleksej steht mit hochgezogenen Augenbrauen vor seiner Schwester. Ihr Zwillingsbruder ist ein stolzer junger Mann. Er ist größer als sie und seine Augen und seine Haare sind fast schwarz. Jetzt muss er sich erst einmal um seine Schwester kümmern. Inzwischen weiß er sehr gut, dass er keine Ruhe haben wird, wenn sie nicht ihre dringenden Sorgen los ist. Er ist sehr beschützerisch seiner Schwester gegenüber und liebt sie mit seinem ganzen Herzen. „Ja Brüderchen! Stell dir vor, wir werden in der Stadt wohnen! Das wird ja sooo aufregend!“ Anastassjas Augen leuchten. Sie hat immer auf dem Land gewohnt und das Internat befindet sich weit weg von der nächsten Stadt entfernt. Einzig Aleksej weiß von den Gefahren, die auf Anastassja zukommen können, wenn sie mit Alexander in der Stadt wohnen wird und er ahnt, dass er seine Schwester schwerlich von ihren Wünschen abbringen kann. Aber er vertraut Alexander. „Ich rufe heute Abend Papa an! Das muss organisiert werden!“

Dann nimmt er sein Spiel mit seinen Freunden wieder auf.

Am nächsten Morgen, beim Frühstück, ist das einzige Thema das anstehende Schulfest. Einzig Florian, der Morgenmuffel beteiligt sich nicht am Gespräch, obwohl er mit Nora an der Organisation maßgeblich beteiligt ist. Stillschweigend isst er seine Honigsemmel und reagiert nicht auf die Anderen. Nicht einmal auf seine Freundin Nora. Aber sie tauscht sich sowieso mit Verena, Aleksejs Freundin und Anastassja aus. „Morgen ist unser Schulfest! Ich bin ja sooo aufgeregt.“ Anastassja reißt die Fäuste in die Luft, um ihre Vorfreude kundzutun. Dabei stößt sie einen sehr lauten Schrei aus, was vor allem Florian und andere Morgenmuffel in der Umgebung ihres Tisches zusammen zucken lässt.

„Nicht so laut!“, nörgelt Florian gequält. „Entschuldigung!“ Anastassja ist ein sehr mitfühlendes Mädchen. „Ich bin gespannt wie viele Leute kommen werden.“, meint Nora „Wir haben exakt fünfhundert Karten ausgeschickt, nicht wahr Florian?“ Sie bekommt keine Antwort. Aber sie hat auch keine erwartet. „Ihr habt eine tolle Einladungskarte kreiert! Wer hatte die Idee?“ „Ich hatte die Idee und sie auch gezeichnet. Florian hat sie auf dem Computer den Rest gemacht. Wir hatten ohne Kritik sofort die Erlaubnis der Direktion, sie zu vervielfältigen und abzuschicken! Stellt euch das vor!“ Nora stupst Florian an, damit er bestätigt. „Hä…?“ Florian hat offensichtlich nicht zugehört, was die Mädels nicht weiter stört.

„Gib das sofort her! Ich habe das von Seb bekommen!“ Der Lärm vom Tisch neben ihnen lässt die Blicke auf sie richten. Zwei Mädchen von der ersten Klasse streiten sich. „Sebastian! Sag es ihr!“ „Mädels warum streitet ihr?“ Sebastian, der ein Bruder von Florian ist, ist im Begriff aufzustehen, um die Streitigkeiten von den Mädels zu regeln. Aber sein Zwillingsbruder Michael hält ihn auf. „Lass sie!“ Grinsend amüsieren sie sich über die Zankerei. „Auch das noch!“, gequält zieht Florian den Kopf ein. Er kennt seine Brüder. Sie ziehen die Mädels wie die Motten an. Immer gibt es ein Gerangel um die Zwillingsbrüder und sie genießen das noch! Igitt! „Es geht mich nichts an! Es geht mich nichts an!“, denkt er knurrend ein ums andere Mal. Bis das eine Mädchen dem anderen bei den Haaren zieht. Das Gekreische schmerzt gewaltig in seinen Ohren. Fluchend steht er auf und stapft wütend zu seinen Brüdern. „Wenn das nicht sofort ein Ende hat, dann schlage ich euch zu Brei!“, droht er seinen Brüdern. „Florian, es ist doch eine Sache zwischen den Mädels! Dafür können wir doch nichts!“ Sebastian sieht kurz auf die Streitenden, um dann Schulter zuckend auf Florian zu sehen. Vor zwei Jahren hatte er zu Hause noch die Oberhand über seine kleinen Brüder. Jetzt nicht mehr. Inzwischen sind sie beide beinahe größer als er. Dabei ist er schon so groß wie sein Dad von einem Meter neunzig! Seufzend sieht Florian auf die Mädels und streckt die Hand aus, um die Rangelei zu beenden und handelt sich sofort einen tiefen Kratzer eines langen Nagels ein. „Auu…!“

Florian holt tief Luft. Schmerzhaft zieht er seine Hand zurück. „Schluss jetzt!“, brüllt er. Totenstille im Speisesaal. „Du! Setzt dich dahin! Und du! Du setzt dich dorthin! Ich will jetzt nichts mehr hören!“ Um seine Strenge zu demonstrieren, schnappt er jeweils einen Oberarm der Mädchen und zwingt sie grob auf ihre Sessel. Eines der Mädchen begehrt leichtherzig mit klimpernden Wimpern auf. Florian ist ein hübscher Bursche und noch dazu in einem höheren Jahrgang. Das gibt gleich Pluspunkte bei den Mädels! Florian sieht sie böse an und die Mädels senken betreten die Köpfe. Endlich ist Ruhe! Florian kehrt erleichtert auf seinen Platz zurück.

Das Schulfest

Die Aufregung steigt! Das Schulfest startet am heutigen Tag. Deshalb fällt der Unterricht ausnahmsweise aus. Überall sind die Schülerinnen und Schüler aller Klassen beschäftigt, die Räume zu schmücken und mit der geplanten Dekoration auszustatten. Bühnen für kurz einstudierte Theaterstücke und für die schuleigene Band, werden aufgebaut. Tische für Workshops werden arrangiert. Bastelmaterial für kleinere Geschwister bereitgestellt. Mehrere Computer an verschiedenen Tischen für interessierte Familienmitglieder sind bereitgestellt. Sogar in der Turnhalle werden Matten aufgelegt, um vor allem die kleinen bewegungshungrigen Besucher zu beschäftigen. Für das leibliche Wohl wurde ein Cateringservice bestellt. Jeder hat eine Aufgabe zugeteilt bekommen. Schüler, die nicht an der Organisation beteiligt waren, werden herangezogen, um zu helfen. Es gibt viel zu tun, bis die ersten Gäste eintrudeln. Bald ist es soweit. „Schaut, da kommen schon die ersten Leute!“, schreit ein Schüler am Beobachtungsposten.

„Ich bin ja sooo aufgeregt!“ Anastassja hüpft ausgelassen im Saale herum. Fröhlich kickt sie die aufgeblasenen Luftballons über den Boden, die aus der Höhe wieder leicht herabschweben. „Komm, wir gehen hinaus und begrüßen die Gäste!“ Nora packt sie bei der Hand und sie laufen vor das Tor. „Hallo! Willkommen!“, ruft sie winkend den Erstankömmlingen zu. Immer wieder kassieren sie ein Lachen und einen Dank für die überaus freundliche Begrüßung. Bald gesellt sich auch Verena dazu. „Seht mal! Da sind die Eltern von Florian, Seb und Micha!“ Anastassja winkt ihnen zu. „Mein Gott! Das ist der Papa von Florian? Das ist ja exakt die ältere Ausgabe von Florian!“ Nora kann kaum die Augen von dem männlich großen und sehr muskulösen Noah Jackson lassen.

Sie kommen auf sie zu. „Hi Mum… Dad!“ Florian steht hinter den starrenden Mädels. Er kämpft sich nach vorne und küsst seine Mum liebevoll auf die Wangen und kassiert einen kräftigen Schlag auf die Schulter von seinem Dad. Grinsend stehen sie sich gegenüber. Florian sieht bedeutungsvoll auf den jetzt sichtbar gewölbten Babybauch seiner Mutter. „Wann kommt das Baby?“ Sarah lacht. Noah steht stolz daneben. „Noch drei Monate! Es wird ein Mädchen!“ „Wir wollten es doch niemanden sagen, Noah!“ Florian sieht sich nach Nora um. „Mum… Dad, darf ich euch meine Freundin Nora vorstellen?“ Sie lässt sich etwas eingeschüchtert, wegen des großen, gutaussehenden Mannes vor ihr, nach vorne ziehen. Noah und Sarah Jackson sehen sich bedeutungsvoll an. Sie glaubten, dass ihr Sohn einen Jungen als Freund hätte. Umso überraschter sind sie, als sie Nora als Freundin präsentiert bekommen. Noah Jackson fasst sich als erster. Er grinst erleichtert. Gerade er hatte Probleme mit der vermeintlichen sexuellen Ausrichtung seines Sohnes! Sein Sohn und schwul? Von wegen! „Freut mich dich kennen zu lernen, Nora!“ Er schüttelt ihr die Hand. „Ich freue mich auch sehr! Du bist ein sehr hübsches Mädchen!“ Sarah Jackson nimmt sie liebevoll in den Arm. Nora ist wegen der überaus netten Begrüßung sehr angetan und erwidert die Umarmung.

„Hallo Mädchen!“ Nora löst sich aus der Umarmung und dreht sich um. „Daddy… Mummy!“ Sie läuft lachend in die andere Umarmung. Küssend begrüßt sie innig ihre Eltern. Florian steht mit seinen Eltern beiseite und wartet ab. „Darf ich euch meinen Freund Florian vorstellen? Und das sind seine Eltern… Herr und Frau Jackson. Meine Eltern… Herr und Frau Singer!“ Frau Singer ist beeindruckt. Die Männer Jackson sind sehr groß. Sie muss ihren Kopf zurücklehnen, damit sie ihnen in die Augen sehen kann. Was sie sieht, lässt sie leicht unruhig werden. Sehr ansehnliche und muskulöse Männer allesamt! Schutzsuchend lehnt sie sich an ihren geliebten Mann, der ihre Hände ergreift. „Grüß Gott! Freut mich!“ Herr Schiller hat viele kleine Lachfältchen rund um seine Augen, die deutlich hervortreten. „Kommt, wir gehen gleich weiter und zeigen euch die Schule! Ihr werdet staunen!“ Nora und Florian gehen voraus. Für sie gibt es keinen Grund mehr, vor der Schule zu stehen. Die Erwachsenen folgen ihnen.

„Papa… Mama!“ Anastassja ist kaum zu bändigen. Ihre Eltern fahren soeben vor. Aleksej muss sie zurück halten, damit sie nicht vor die rollende Limousine läuft. Er lässt sie los, sobald das Fahrzeug zum Stehen kommt und sie springt ihnen entgegen. Sie ist ein sehr spontanes und enthusiastisches Mädchen. Ihre Eltern freuen sich offensichtlich über ihren Überschwang. Für die Außenstehenden wirken sie eher zurückhaltend. Dennoch ziehen sie ihre Tochter an sich und lassen sie so schnell nicht los, bis sich ihnen Aleksej nähert. Frau Kaminov überlässt ihre Tochter ihrem Gatten und hält die Arme freudig lachend für ihren Sohn offen. Auch er genießt die Zuneigung seiner Eltern, auch wenn er es nicht so offen zeigt. „Hallo Mama… Papa!“ Mit einem Handschlag auf die Schulter begrüßt Herr Kaminov auch seinen Sohn. Anastassja wäre nicht sie, wenn sie nicht sofort die Aufmerksamkeit wieder auf sich ziehen würde. „Mama, du kennst Alexander doch noch? Mein Freund! Alexander komm her!“ Sie winkt hektisch mit ihrer Hand. Alexander ist etwas abseits gestanden und nähert sich unsicher. Freundlich begrüßt er das vornehme Paar. „Hallo Frau Kaminov… Herr Kaminov!“ Er verbeugt sich andeutungsweise und stellt sich dann neben seine Freundin, die auch sogleich die Neuigkeiten platzen lässt. „Mama… Papa! Stellt euch vor, ich darf Alexander zu Hause besuchen! Seine Eltern wollen mich kennen lernen! Ich darf doch?! Ich freue mich ja so sehr!“ Sie schnappt aufgeregt nach Luft.

Herr Kaminov zieht seine Augenbrauen in die Höhe und sieht vorerst seinen Sohn an. Aleksej windet sich. „Na ja… ich… äh… habe vergessen euch anzurufen!“ Er hat es tatsächlich vergessen! Jetzt muss er diese heikle Angelegenheit beim Schulfest klären! Shit! Dann sieht Herr Kaminov seine Tochter streng an, die noch immer vor Aufregung mit ihrer Mutter plappert. Schön langsam erkennt sie, dass sie vorerst einmal still sein sollte und blickt ihren Vater etwas verwirrt an. Herr Kaminov wendet sich an den Jungen, der etwas verloren zwischen den Fronten steht. „Alexander… richtig?“ Alex nickt. „Sie wissen schon, dass es für meine Tochter ein großes Risiko darstellt, wenn sie ohne Schutz irgendwo hingeht?“ Alexander wird rot. Etwas eingeschüchtert durch die Vornehmheit des Gegenübers stottert er vor sich hin. „Ich bin mir… äh… bewusst, dass Anastassja äh… ein wertvolles Mitglied Ihrer Familie ist, Herr Kaminov. Ich werde sehr gut auf sie aufpassen!“ „Ich denke, es ist Ihnen nicht klar von welchem Risiko ich spreche?“ „Äh… von welchem… äh… Risiko sprechen wir?“ Alexander hat keine Ahnung von was Herr Kaminov überhaupt spricht.

„Alexander!“ Der Junge dreht sich um. „Mama!“ Entschuldigend und erleichtert aufatmend, dass er dem strengen Blick des älteren Mannes entkommen kann, läuft er auf seine Mama zu. Begrüßend zieht er sie fest an sich und merkt dabei den kleinen Babybauch. Er tritt etwas zurück und sieht staunend seiner Mutter in die lachenden Augen. „Das ist aber eine Überraschung! Hi Holger!“ Die Männer begrüßen sich herzlich mit einer kleinen Umarmung. „Kommt! Ich stelle euch die Eltern meiner Freundin vor!“ „Frau und Herr Kaminov, darf ich ihnen meine Eltern Frau und Herrn Kowalski vorstellen?“ Etwas zurückhaltend werden die Hände geschüttelt. Das eigentliche Thema zwischen Alexander und Herrn Kaminov ist vorerst zum Stillstand gekommen. Aleksej nimmt die Gelegenheit wahr und lässt sich von Verena zu ihren Eltern entführen, um dem strengen Blick seines Vaters zu entkommen.

Anastassja hat die Unterhaltung wieder an sich gerissen und übernimmt die Führung durch die Schule. „Da habt ihr euch aber viel Mühe gemacht!“, staunt Frau Kowalski. „Ja, die Schule ist ja kaum wieder zu erkennen! Sehr schöne Dekoration!“ Bewundernd gehen die Damen Kaminov und Kowalski mit Anastassja voraus. Alexander ist irgendwie und unbeabsichtigt zwischen die beiden Männer Kowalski und Kaminov gekommen. Wobei er sicher die Größe der beiden schon erreicht hat. Aber die Männer sind beide zusammen ziemlich anstrengend. „Ich habe gerade vernommen, dass sie Alessandra zu sich eingeladen haben?“ „Ja, ich würde mich sehr freuen, wenn wir die Freundin von unserem Sohn näher kennen lernen dürfen. Voriges Jahr hatten wir sie bei unserer Hochzeit als Gast. Aber wir hatten keine Gelegenheit, uns mit ihr zu unterhalten.“ Herr Kaminov weiß noch um die aufwändigen Vorbereitungen wegen des Besuchs der Hochzeit vorigen Sommers. Seine Bodyguards hatten rund um die Uhr viel zu tun. Besonders Anastassja war ein schwieriger Fall. Sie ist unberechenbar. „Sie wissen aber auch, dass es ohne einen Bodyguard für meine Tochter nicht gehen wird. Sie ist in einer Stadt großen Gefahren ausgesetzt. Kidnapper lauern überall.“ Herr Kaminov blickt Herrn Kowalski hochmütig an. „Ja, ich habe mir schon so etwas vorgestellt und habe mir deswegen schon für die Zeit eines möglichen Besuchs eine Vertretung für meine Firma organisiert. Ich werde rund um die Uhr die jungen Leute begleiten und nicht aus den Augen lassen. Sie brauchen sich keine Gedanken machen! Sollte ich aus irgendeinem Grund keine Zeit haben, habe ich Leute die das für mich tun.“ „Hmpf!“ Alexander glaubt nicht richtig zu hören! „Ich danke ihnen, im Namen meiner Tochter, für die Einladung. Ich werde es ihr erlauben. Aber es wird unumgänglich sein, einen professionellen Bodyguard zur Seite zu stellen! Sie brauchen sich um diesen nicht zu kümmern. Sie werden ihn nicht bemerken. Dennoch wäre es hilfreich, wenn Termine abgesprochen werden.“ Alexander ist insgeheim erleichtert, dass Holger so professionell auftritt. Die dominante Aura, die dieser Mann ausstrahlt, beeindruckt Herrn Kaminov sichtlich und hilft zu einem positiven Abschluss. Sie gehen schweigend weiter und widmen sich schließlich dem vielfältigen Programm des Schulfestes.

Die Schüler haben sich viel Mühe gegeben! Die Damen Kaminov und Kowalski bleiben vor der Bühne stehen. Eine kleine Posse zwischen zwei Schülern, die als verkleidete alte Frau und alter Mann am Schauplatz stehen, wird aufgeführt. Sie sind sehr lustig und unterhalten die Zuschauer wirklich gut. Mit großem Gelächter und langem frenetischen Klatschen zieht das Publikum weiter. Lange aneinander gereihte Tische mit blütenweißen Tischtüchern bedeckt, bieten unendlich viele belegte Brote und Getränke an. Herr Kaminov lässt sich einen Teller mit einer individuellen Auswahl an Brötchen belegen und genehmigt sich ein kleines Bier. Er wendet sich wieder Kowalski zu, der soeben seinen Teller entgegen nimmt und ein Glas Coca-Cola ordert. Sie verstehen sich offensichtlich sehr gut. Alexander hat die erste Gelegenheit beim Schopf gepackt und ist in die andere Richtung gelaufen. Jetzt ist er auf der Suche nach Freunden.

Sarah Jackson, die fürsorglich von ihrem Gatten Noah geleitet wird, freut sich für Florian und seine Freundin. Gerade hat sie die vollständige Geschichte der beiden erfahren. Sie haben sehr viel gelacht. Florian hat sehr spannend erzählt. Er genießt den Besuch seiner Eltern sehr. Noah hat einen Arm um die Schulter seines Sohnes gelegt und er genießt die Tatsache, dass Florian doch nicht schwul ist. Sie kommen an der Familie Singer vorbei. Florian geht sofort an die Seite seiner Freundin und ergreift ihre Hand. „Ich habe gerade meinen Eltern unsere Geschichte erzählt!“ „Was war daran so lustig?“, will sie wissen. Sie hat sie von weitem gehört. Der tiefe Bass von Noah Jackson war nicht zu überhören! Florian zuckt die Achseln. „Nora will Florian zu uns einladen. Wir würden uns darüber sehr freuen.“, fragend sieht Frau Singer auf das Ehepaar vor ihnen. „Das ist ja super!“, freut sich Florian über die Pläne und strahlt seine Freundin an. Seine Eltern erheben keine Einwände und so ist es abgemacht.

„Wo sind eigentlich unsere Zwillinge?“ Sarah sieht sich um und erstarrt. „Wenn man vom Teufel spricht, …!“, murmelt sie. „Was hast du gesagt, Süße?“ Noah dreht sich in die Blickrichtung seiner Frau. Irritiert hebt er die Brauen. „Oh mein Gott! Nicht schon wieder!“ Florian geht in Deckung hinter seinen Eltern. Nora grinst nur. Sie erwartet ein Schauspiel sondergleichen! Michael und Sebastian flanieren mit je zwei Mädchen an ihrem Arm durch die Menschenmassen! Micha beugt sich zu einem seiner Mädchen hinunter und küsst sie vor allen Blicken. Sarah bleibt der Mund offen stehen. „Das ist doch…! Noah! Tu doch was!“ Sebastian wird von allen beiden Mädchen geküsst. Immer abwechselnd wendet er den Kopf von einer zur anderen! Skandal! „Noah!“, ermahnt ihn Sarah. Endlich kommt Bewegung in den Mann. Auf direktem Weg zu seinen katastrophalen Jungs, bahnt er sich durch die gaffenden und schlendernden Leute durch. Die Jungs kennen keine Scham. Micha ergreift nun den Po der einen und zwickt ihn. Das Mädchen japst auf und lacht sinnlich. Sie streichelt ihm über die Haare und zieht daran. „Jungs! Was macht Ihr da?“ Noah steht vor seinen Burschen, die jetzt schon größer sind als er. Sie lassen kurz ab und schauen ihren Papa an. „Hi Dad! Wo ist Mum!“ Noah sieht rot. Das ist doch die Höhe! Er gibt beiden Jungs einen Klaps auf die Hinterköpfe. „Aua!“ „Was soll das?!“ Seb reibt sich. „Ihr kommt jetzt mit mir und begrüßt eure Mum! Alleine!“, betont er, damit keine Unklarheiten aufkommen. Er will seiner Frau solch unerhörte Zustände nicht weiter zumuten. Um es auf die Spitze zu treiben, küsst Micha noch zum Abschied seine Mädels und klatscht sie laut zum Abschied auf den Po. Die Mädchen trollen sich kichernd. „Hi, Mum!“ Die Jungs kommen an die Seite ihrer Mutter und küssen sie jeweils auf die Wangen. „Mum, dein Bauch ist ja schon beachtlich!“ „Sebastian werde nicht frech! Du entschuldigst dich sofort bei Mum!“ Sein Vater sieht ihn böse an. Micha ist so dreist und umarmt sie und legt den Kopf auf ihre Schulter. Automatisch legt sie einen Arm um ihn. Schnell löst sie sich. Micha zeigt sein zerknirschtes Gesicht. „Entschuldige Mum!“ „Was geht hier vor?! Florian?“ Noah sieht seinen älteren Sohn fragend an. „Ich weiß nicht, was sie damit bezwecken. Immer wieder kommen sie mit dieser Show an! Es ist zum Haare ausraufen! Sowas von uncool!“ Florian sieht seine Brüder abwertend an. „Wie lange geht das schon?“ „Seit sie hier sind!“ „Petze!“, Noah glaubt sich verhört zu haben. Er schüttelt den Kopf. „Ich denke, im Sommer seid ihr zu Hause! Dieses Benehmen…!“ Noah schüttelt noch immer den Kopf über so viel Dreistigkeit gegenüber ihrer Mutter! Was ist in ihnen gefahren? „Dad! Wir wollten doch in das Feriencamp!“, flennt Seb. „Daraus wird nichts!“ „Scheiße!“ Micha und Seb stehen betreten da. Sie hatten sich doch erst vor kurzem angemeldet! Viele ihrer Freunde sind dort! „Mum!“, jammert Micha lautstark. „Ihr habt euren Dad gehört!“ Sie wendet sich demonstrativ ab, was ihr sehr schwer fällt. Es sind doch ihre Jungs! Aber Strafe muss sein. Unterdrücktes Lachen hier und da. Seb und Micha drehen sich mit finsteren Blicken um, um die Schuldigen zu auszumachen. Aber das Lachen wird lauter und bald sind es zu viele, um an ihnen Rache zu üben. Schnell verschwinden sie. Jetzt kann ihnen keiner mehr helfen. Sie sehen es ein, dass sie zu weit gegangen sind und verkriechen sich in ihrem Zimmer. Sarah seufzt und greift sich an den Bauch. „Was haben sie falsch gemacht?“ „Nichts!“ Noah ist ebenso ratlos wie seine Frau. Sie verabschieden sich bald. Ihre Stimmung ist nicht mehr zu retten. Florian begleitet sie. „Es tut mir leid, Mum! Sie sind schrecklich!“ „Ach, du kannst ja nichts dafür, mein Lieber!“ Sie küsst ihren Sohn und geht mit ihrem Mann zum Wagen. Florian ist wütend auf seine Brüder! Konnten sie sich nicht wenigstens heute zurück halten?!

Das Fest geht auch ohne die Jacksons weiter. Eine Schulband hat ihre Instrumente auf die Bühne geschafft und spielt, sehr zum Vergnügen der Gäste, viele bekannte Schlager, Pop, Rock’n Rolls und auch Neues aus der Hitparade. Sie sind wirklich gut. Es dauert nicht lange, bis die ersten Tänzer auf der Tanzfläche ihre wilden Verrenkungen zeigen. Es wird gelacht und gealbert bis spät in die Nacht hinein.

Aber irgendwann ist das Fest zu Ende. Es ist super gewesen. Die letzten Gäste sind zufrieden lachend abgereist. Dr. Kokoff kann zufrieden sein. Viele Spenden für sein Internat sind in dem Spendenkasten eingegangen. Die Gäste sind nun weg und die Schüler können sich wieder auf den Unterricht konzentrieren. Die letzten Prüfungen zur Sommerpause stehen an.

Bankomatkarte

Anastassja und Alexander sind gerade bei ihm zu Hause angekommen und das Mädchen ist begeistert von dem schönen Haus. „Sieh nur, es hat zwei kleine Türme! Es sieht aus wie ein Schloss!“ Auch Alexander muss sich erst an das Haus gewöhnen. Er hat mit seiner Mama in einem Apartment gewohnt und ist von dort direkt in das Internat gezogen. Holger hat dieses Haus mit seiner Mutter seit vorigen Sommer nach der Hochzeit neu bezogen. Eigentlich kennt er es nur durch einen Kurzbesuch während des Schuljahrs. Ein Labrador begrüßt die Ankömmlinge mit freudigem Gebell und eskortiert Alexander und seine Freundin Anastassja ins Haus seiner Eltern. Keine Minute weicht der Hund von den Neuankömmlingen. Nach einer herzlichen Begrüßung durch die Kowalski meint Alexanders Mutter. „Sucht euch ein Zimmer im oberen Stock aus!“ Frau Kowalski werkelt inzwischen weiter in der Küche. Die jungen Leute haben bestimmt Hunger. „Glaubst du, wir können in einem der Türme wohnen?“, fragt Anastassja leise zu Alex gebeugt. „Weiß nicht, komm wir sehen nach! Gesagt getan. Sie erklimmen die Wendeltreppe und gelangen in ein entzückendes rundes helles Zimmer mit viel Platz. Es hat zwei Betten und viel Stauraum. „Sogar ein eigenes Badezimmer! Schau, eine Badewanne und eine Dusche!“ Anastassja dreht sich begeistert im Kreise. Ihre Arme sind zur Seite gestreckt. Sie dreht sich immer schneller, bis Alexander sie auffängt, als sie droht, auf den Boden zu stürzen. „Sachte… Komm setz dich nieder.“ Ohne viel Aufhebens nimmt er sie in seine Arme und trägt sie zu einem der zwei Betten. Dort strecken sie sich aus, legen sich zueinander hin und schauen sich zufrieden schmunzelnd in die Augen. „Es werden wunderbare zwei Wochen hier bei dir!“, meint sie. „Mhm…!“ Er kann gar nicht anders und küsst sie auf die vollen Lippen. Einer seiner Arme liegt auf ihrer Hüfte und der andere ist unter seinem Kopf eingeklemmt. Sie liegen einfach nur da und gucken sich an. Sie haben entschieden, dass sie in diesem wunderschönen Turmzimmer gemeinsam wohnen werden. Seine Mama und Holger sehen sie skeptisch an. „Ich weiß nicht recht.“, meint sie. Holger indessen sieht streng auf Alexander und Anastassja abwechselnd hin und her. „Ich sage es euch nur einmal. Es gibt keinen Sex! Es gibt getrennte Betten und die Tür ist über Nacht offen!“ Er hebt die Augenbraue um seine Bedingungen zu unterstreichen. Anastassja senkt errötend die Augen. Sie wagt es nicht zu widersprechen. Alexanders Augen funkeln mutwillig.

Dann gibt es endlich Essen. „Mama arbeitest du eigentlich noch?“, will Alexander wissen. „Nein, ich habe meinen alten Arbeitsplatz gekündigt. Ich helfe bei Holger im Büro aus, wenn er Hilfe braucht.“ Bianca und Holger lächeln sich an. „Wie geht es Joe?“ „Gut. Er wollte vorbei kommen. Aber er hat mit seinem Bistro so viel zu tun. Er sucht sich schon seit längerer Zeit eine Angestellte. Aber es ist schwierig passendes Personal zu finden, sagt er. Er würde sich freuen, euch beide zu sehen!“ „Klar, können wir. Er hat die besten Burger der Stadt!“ „Burger?“ „Kennst du keinen Burger?!“ Ana schüttelt den Kopf. „Morgen fahren wir zu Joe’s! Ich verspreche dir, dort gibt es die besten Burger der Stadt!“ „Vergesst nicht eure Pläne den Bodyguards mitzuteilen!“, mahnt Bianca, seine Mama. Anastassja blickt aus dem Fenster. Ein bulliger, hoch gewachsener Mann steht vor der Tür an der Vorderseite. Ein anderer, ähnlich gebauter Kerl, ist offensichtlich in Bewegung. Sie sieht ihn gerade um die Hausecke kommen. Die Männer nicken sich zu und der Mann setzt seinen Weg fort. „Seht nur!“ Anastassja zeigt mit ihrem Zeigefinger auf einen der Männer. „Ja, es ist komisch solche Typen im Garten zu haben!“, meint Bianca. „Schatz, ohne diese Männer hätte Anastassja nicht zu uns kommen dürfen! Anweisung ihres Vaters!“, sagt Holger achselzuckend.

Nach dem Essen beziehen sie ihr Turmzimmer. Sie packen ihre Koffer aus und machen die Betten fertig. „Ich möchte ein Bad nehmen. Kommst du mit?“ „Äh… ich weiß nicht so recht. Wenn Holger merkt, dass wir gemeinsam in der Wanne sitzen… äh… ich habe ihn schon erlebt, wenn er wütend wird.“ Alex zeigt mit dem Daumen nach unten und zieht eine Grimasse. „Ach was! Er wird schon nicht so schnell nachsehen! Außerdem können wir ja in Bikini und Badehose hinein!“, meint sie alternativ. Er lässt sich überreden und sie lehnen sich bald entspannt in einem riesigen Schaumberg zurück. Alexander hat Mühe seine langen Beine unterzubringen. Bis sie schließlich ihre über seine legt. Genussvoll schließen sie die Augen und lassen es sich gut gehen. Alexander fängt einen ihrer kleinen Füße ein. Er hebt ihr Bein leicht an und massiert ihre Fußballen. Schnurrend blickt sie ihn unter ihren langen dichten Wimpern hindurch an. „Das ist sooo gut! Nicht aufhören! Aaahh… jaaa…!“ Immer wieder spornt sie ihn auf diese Weise an, bis Holger und Bianca auf der Bildfläche erscheinen. Alexander und Anastassja blicken sehr entspannt auf die Erwachsenen. „Was gibt es?“, will Alexander wissen. „Wir haben was gehört und dachten wir müssen genau jetzt eingreifen. Wieso sitzt ihr gemeinsam in der Badewanne?“ Holgers Blick ist misstrauisch. Seine Kiefermuskeln mahlen. Seine Arme sind vorne verschränkt. Alexander hält sich nicht an seine Vorgaben! Holger sieht nur den Schaumberg. „Ich habe gesagt, es gibt keinen Sex!“ „Ich habe ihr nur den Fuß massiert!“, verteidigt sich Alexander und hält demonstrativ Anastassjas Bein hoch. Prompt rutscht sie fast unter Wasser. „Pass auf… nicht… urks!“ Hustend und spuckend rudert sie aus dem Schaum heraus und greift blind nach dem Brauseschlauch, um auch den seifigen Schaum aus ihren Augen zu spülen. Blinzelnd sieht sie Alexander vorwurfsvoll an. Treuherzig guckt er sie an. Holger hat sich, aus Rücksicht auf die vermeintliche Nacktheit des Mädchens, zur Tür umgedreht. Bianca kichert. „Du kannst wieder schauen! Sie sind nicht nackt!“ Sie hilft Ana beim Wasser. Nun merkt auch Holger, dass die Jungen in Badekleidung in der Badewanne plantschen. Etwas beruhigt nickt er ihnen zu. Damit kann er leben. „Aber jeder schläft im eigenen Bett!“ Das wird er auf jeden Fall kontrollieren!

Anastassjas erster Tag bei Alexander ist sehr lustig gewesen. Aber die lange Anreise, das gute Essen und das heiße Bad hat sie sehr ermüdet. Nun liegen sie in ihren eigenen Betten. „Es ist sooo schön hier. Ich freue mich auf morgen. Was machen wir da?“ Sie streckt ihre Arme nach oben und dehnt ihren Körper. Alexander bewundert einmal mehr ihre biegsame Figur. „Morgen besuchen wir Joe. Er wird uns sicher einen Spezial Burger machen.“ „Joe?“ Anas Gehirnzellen sind schon sehr träge. „Du weißt doch… Joe mein Patenonkel. Der Mann der Holgers Trauzeuge war!“ „Ah… ja…!“ …und sie schläft ein.

Anastassja erwacht als Erste. Sie sieht sich neugierig im Zimmer um. Es ist ein sehr geräumiger Raum mit hellem gelbem Anstrich. Bilder mit abstrakten Motiven schmücken die Wände. Ein, in die Mauer eingebauter Schrank dominiert eine Seite des Raumes und drei großzügige Fenster erhellen das Zimmer. Der Raum ist sechseckig. Die restlichen zwei Seiten sind Türen zum Bad und in das Stiegenhaus des Turmes. Es gefällt Anastassja ausnehmend gut. Hier wird sie den Aufenthalt sicher genießen! Heiter springt sie aus dem Bett. Barfuß geht sie auf das Bett zu, in dem Alexander schläft. Sie setzt sich an den Rand der Matratze, beobachtet den Jungen im Schlaf und küsst ihn schließlich liebevoll auf die Stirn. Brummend bewegt er sich kurz und kuschelt seine Wange seufzend wieder in das Kissen. Sie beugt sich vor und säuselt in sein Ohr. „Hallo Lieber! Mach die Augen auf! Es ist schon taghell! Die Sonne scheint!“ Wieder nur ein Brummen und er dreht sich auf die andere Seite. Endlich lässt sie ihn in Ruhe. Sie zuckt die Achseln. „Was soll’s! Dann gehe ich eben alleine!“ Nur in Pyjama und in dicken Kuschelsocken hüpft sie die Stufen in das untere Stockwerk hinab. Dem Duft des frischen Kaffees folgend, kommt sie ohne nennenswerte Umwege in der Küche an. Gutgelaunt begrüßt sie ihre Gastgeber. „Guten Morgen! Welch ein schöner Tag, nicht wahr?“ Sie strahlt die Erwachsenen an und streichelt den Hund, der sie schwanzwedelnd begrüßt. „Guten Morgen! Setz dich doch zu uns. Was willst du? Kakao, Kaffee, Tee…?“ Bianca freut sich über das freundliche Mädchen. Anastassja wählt Kakao und ein Nutella Brot, das sie sich selber richtet… mit einer dicken Schicht der schokoladig-nussigen Creme. „Wo ist Alex?“ „Och… er schläft noch tief und fest!“ Bianca lächelt. Alexander schläft gerne lange, wenn er nicht aufstehen muss. „Dann lassen wir ihn doch. Ich muss noch einen kleinen Einkauf machen. Hast du Lust mich zu begleiten?“ „Ja! Das wird lustig. Ich war noch nie einkaufen!“ Etwas irritiert schaut Bianca sie an. Aber dann erinnert sie sich, dass ihre Eltern es nicht nötig haben den Haushalt zu führen. Dafür gibt es bestimmt Hausangestellte!

Anastassja eilt nach dem Frühstück wieder nach oben ins Bad, um sich die Zähne zu putzen. „Komm ins Bett! Wir haben Zeit. Joe sperrt erst später auf!“ „Egal… umpf…“ Anastassja hat den Mund voll mit Zahnpasta. Bald kommt sie aus dem Bad und küsst Alexander auf den Mund. „Guten Morgen, mein Lieber! Ich gehe heute mit Bianca einkaufen!“ Alexander rekelt sich im Bett. Er beobachtet belustigt das geschäftige Treiben seiner Freundin, bis sie fertig angezogen wieder vor ihm steht. „Ich freue mich schon! Ich war noch nie in einem Geschäft! Das wird lustig werden!“ Sie küsst ihn noch einmal und läuft nach unten. Kopfschüttelnd steht er auf. Es ist für ihn etwas ganz Alltägliches, einkaufen zu gehen! Für ihn ist es nichts. Er geht, sich am Kopf kratzend und herzhaft gähnend, in die Küche. „Hallo Mama!“ „Da bist du ja! Ausgeschlafen? Ich gehe mit Anastassja einkaufen. Etwas dagegen?“ „Nein, wieso sollte ich? Geht nur! Ich frühstücke erst einmal.“ Ein Kuss auf die Stirn von seiner Mama und die Frauen gehen winkend hinaus. Alexander sieht ihnen durch das Fenster nach und beobachtet, dass einer der Kerle, die das Haus bewachen, ihnen folgt.

Anastassja ist ganz hingerissen, als sie den kleinen Supermarkt betreten. Hier gibt es so viel zu sehen! Die Regale sind voll geräumt mit den unterschiedlichsten Sachen! Natürlich kennt sie Vieles. Aber sie läuft von einem Regal zum nächsten und bestaunt die bunten Produkte wie ein kleines Kind. Bianca zeigt ihr die lange Einkaufsliste. Produkt für Produkt landet im Einkaufswagen. Bianca ermuntert Anastassja, sich doch etwas für sich auszusuchen. Anastassja ist in eine reiche Familie hineingewachsen. Ihr hat es nie an irgendetwas gemangelt. Aber im Grunde ist sie ein bescheidenes Mädchen geblieben. Sie sieht sich alles genau an. Vieles nimmt sie in die Hände und liest das Etikett, damit sie weiß, um was es sich hierbei handelt. Aber sie stellt es immer wieder zurück auf den Platz. „Bitte hol mir da vorne aus der Kühlbox eine fettarme Milch heraus. Sie soll nur einskommaneun Prozent haben!“ Anastassja läuft voraus und sieht sich mit etlichen Tetra Packungen Milch konfrontiert. Sie nimmt eine heraus und liest dreikommafünf Prozent. Sie stellt sie wieder hin. Die nächste Packung hat einskommafünf Prozent. Nein. Dann sieht sie auf die Preisschilder und bemerkt, dass die Prozentangaben darauf geschrieben stehen und findet schnell die gewünschte Milch und sie legt die gewünschte Packung in den Einkaufswagen.

„Ich habe sie!“ Erfreut über ihren Erfolg lacht sie Bianca an und tänzelt um sie herum. Bianca freut sich über ihre wissbegierige Begleitung und spornt sie zu weiteren Herausforderungen an. „Jetzt brauche ich noch Marmelade! Erdbeere!“ Bianca beobachtet das Mädchen, das sich vorerst suchend um die eigene Achse dreht und dann in die anderen Gänge schlendert, um das richtige Regal zu finden. Inzwischen stellt sich Bianca in der Wartereihe der Fleischabteilung an. Anastassja braucht nicht lange, um das Regal mit den Konfitüren zu finden. Langsam geht sie die Gläser und Pappbecher ab und findet schließlich das gewünschte Produkt. Summend geht sie zurück und hält Bianca triumphierend die Marmelade entgegen. „Was brauchst du noch?“ Bianca sieht auf ihren Einkaufszettel. „Wir haben alles! Hast du auch schon was für dich gefunden?“ „Nein. Ich brauche nichts. Danke!“ „Knabberst du gerne Chips… oder Popcorn…?“ „Was ist das?“ Bianca ist etwas geschockt. Wer kennt nicht Chips oder Popcorn? Wo ist denn das Mädchen aufgewachsen?! „Weiß du was? Du holst dir jetzt eine Packung Chips, egal welche. Popcorn nimmst du jene, die wie Mais aussehen. Dann machen wir sie zu Hause selber! Das wird dir bestimmt gefallen!“ Anastassja geht wieder auf die Suche. Inzwischen ist auch Bianca in der Fleischabteilung fertig und geht das Mädchen suchen. Sie trifft sie an dem Regal mit dem süßen Gummizeugs und den Knabbereien. Chips hat sie schon in der Hand. Noch hat sie kein Popcorn gefunden. „Wie sehen Popcorn aus?“ Ana schaut sich lange um. Sie hat keine Ahnung wo sie sie finden soll. Bianca zeigt ihr die Packung. Die Popcorn sehen aus wie Maiskörner, bemerkt das Mädchen staunend.

Dann stehen sie an der Kassa. Einige Kunden sind vor ihnen. Anastassja ist begeistert von dem Förderband an der Kassa. Sie lässt es sich nicht nehmen, alle ihre Einkäufe selbst aus dem Einkaufswagen zu nehmen und auf das Band zu legen. Sie ist da sehr genau. Stück für Stück legt sie die Produkte sorgfältig nacheinander hin. Neugierig beobachtet sie, wie die Kassierin ein Stück nach dem anderen über den Scanner zieht. Jedes Mal ertönt ein: Bing! Dann wird ihr Einkauf verrechnet. Sie legt die Sachen auf Biancas Wunsch wieder in den Einkaufswagen zurück und beobachtet erstaunt, als Bianca eine Karte in einen Terminal steckt und einen Code eintippt. „Was ist das?“ „Ich bezahle mit der Bankomatkarte! Hast du das noch nie gesehen?!“ Ana schüttelt fasziniert den Kopf. Bianca ist etwas irritiert. Heutzutage haben jüngere Mädchen und Burschen schon eine eigene Bankomatkarte! Sie geht neben Anastassja her, die den Wagen zur Ablage schiebt. Sie räumen ihre Taschen voll und gehen hinaus. „Wenn sie wollen, trage ich ihre Einkäufe!“ Ihr Bodyguard steht hinter ihnen und streckt seine Hand aus. Anastassja reicht ihm, ohne zu zögern, ihre Tasche. Sie ist es gewohnt und denkt sich nichts dabei. Bianca zögert und gibt sie schließlich doch ab.

Anastassja überfällt Alexander mit ihren neuen Erlebnissen. Er hat schon auf sie gewartet. Er sitzt vor dem Computer und vertreibt sich die Zeit mit Video Spielen. „Wie war es?“ „Alex, es war spannend! Ich war noch nie einkaufen! Stell dir vor! Bianca hat mit einer Karte bezahlt!“ Äh…? Alexander wundert sich. Mit Karte zu zahlen ist doch nichts Besonderes! Oder?! „Wir haben Milch einskommaneun Prozent, Erdbeermarmelade, Chips, Popcorn, das wie Mais aussieht, gekauft.“ Anastassja denkt nach. „Bianca hat Fleisch gekauft und wir haben uns an der Kassa angestellt. Da war ein Förderband, auf das ich die Produkte gelegt habe und die Frau an der Kasse hat sie über einen Scanner geschoben und es hat jedes Mal ‚Bing‘ gemacht. Das war alles sehr interessant!“ Alexander ist fasziniert. Alessandra demonstriert sehr anschaulich ihre neuesten Erlebnisse. Ihre Hände sind permanent in Bewegung. Er fragt sich, wo seine Freundin eigentlich aufgewachsen ist?!

Joe’s Bistro

„Wir werden Joe zum Mittagessen einen Besuch abstatten. Du kennst doch Joe? Er ist mein Patenonkel.“ Alessandra stupst ihren Zeigefinger auf ihre Nase. „Meinst du den tollen Mann, der bei der Hochzeit Holgers Trauzeuge war?“ „Ja genau! Wieso toll?“ „Er sieht super aus!“ „Er ist alt!“, widerspricht Alexander. Alessandra sieht ihn verständnislos an „Er hat sooo super gut im Anzug ausgesehen!“ Alexander ist verstimmt. Wieso gefällt ihr sein Patenonkel?! Er ist doch schon ein alter Mann! Egal. Er zuckt die Achseln. „Wann gehen wir?“ „Wir können sofort los. Ich habe Hunger! Wir fahren mit der U-Bahn.“ „Au ja! Ich bin noch nie mit der U-Bahn gefahren!“ Sie klatscht begeistert in die Hände. „Na dann los.“ Die Bodyguards machen die Pläne jedoch zunichte. Auf keinen Fall darf Alessandra mit der U-Bahn fahren. Es ist zu gefährlich für sie! „Wir fahren euch mit der Limousine in die Stadt.“ Widerrede ist zwecklos. „Och! Ich wollte etwas erleben! Mit der Limousine ist es nichts Neues!“, mault das Mädchen. Aber sie muss sich fügen. Alexander ist froh darüber. Die Menschenmassen in den Öffis sind nicht so seins. „Hallo Alexander! Schön, dass du mich besuchst. Hi, Alessandra! Du bist noch schöner geworden seit dem letzten Sommer!“, schmeichelt er dem jungen Mädchen. Sie errötet zart und streicht sich verlegen über ihre Haare. Alexander gibt ein leicht unwilliges Geräusch von sich und greift nach ihrer Hand. Joe bemerkt es lächelnd. „Was möchtet ihr heute bei mir essen? Ihr seid natürlich eingeladen!“ Alessandra steht etwas ratlos vor den beleuchteten Screens. Sie kennt diese Art von Menüs nicht. „Was ist das? Ich kenne das alles nicht.“ „Hast du noch nie einen Burger gegessen?“ Alexander sieht sie sprachlos an. Sie schüttelt den Kopf und sieht neugierig auf die anderen Gäste, die ihre Tabletts von den Tresen wegtragen. „Wisst ihr was? Ihr setzt euch hin und ich stelle euch ein Menü zusammen. Alexander, ich nehme an, du isst das Übliche?“ „Geht klar!“

„Hier ist es richtig bunt!“ Alessandra ist begeistert von der Einrichtung. Die Tische sind jeweils in einer anderen Farbe. Die Wände sind mit bunten Comics versehen. Mickey und Minne Mouse lachen ihr entgegen. Batman, Superman, Hulk und Ironman posieren von allen Seiten. Einzig der Boden ist in einer eintönigen neutralen Farbe. Die angebotenen Speisen sind überall zwischen den Comics auf leuchtenden Screens abgebildet. Staunend zeigt sie immer wieder auf eine Figur und fragt Alexander nach dem Namen. Inzwischen benennt er unaufgefordert die einzelnen Comics und wundert sich schon wieder, wo seine Freundin aufgewachsen ist. Inzwischen kommt Joe mit zwei Tabletts an ihren Tisch. Er hat sie beobachtet. Alessandra ist wirklich ein hübsches Mädchen. Alexander kann stolz sein. Aber er hat auch bemerkt, dass sie eine starke Hand braucht. Sie hat viel Energie und verliert sich in vielen Kleinigkeiten. Sie lenkt schnell vom Hier und Jetzt ab. Hoffentlich ist sein Patensohn mit ihr nicht überfordert. Er wird sehen. „Leute! Euer Essen ist fertig. Lasst es euch schmecken!“ Es setzt sich zu ihnen, um mit ihnen zu plaudern. Zurzeit sind wenige Gäste im Joe’s. Die Mittagszeit ist vorbei. Sein einziger Angestellter kommt jetzt alleine zurecht. Er freut sich auf den besonderen Besuch. Er hat Alexander schon das ganze Jahr nicht gesehen. „Erzählt mal! Wie lange seid ihr hier und was habt ihr vor?“ „Stell dir vor! Ich war heute mit Bianca einkaufen! Es war sooo aufregend!“, platzt sie heraus. „Was ist vorgefallen?“, Joe gibt sich interessiert. Alessandra beugt sich begeistert vor. „Stell dir vor, es gibt so viele Sachen in dem Supermarkt zu kaufen! Ich habe das noch nie gesehen! Bianca hat mit einer Plastikkarte bezahlt! Ich muss unbedingt Papa fragen, ob ich auch so eine bekomme!“ Joe lacht. Das Mädchen gefällt ihm und er kann gar nicht anders und streicht ihr mit dem Handrücken über die glühenden Wangen. Alexander erstarrt. „Hände weg!“ Joe sieht seinen jungen Freund erstaunt an. Langsam zieht er seine Hand zurück. Er hat sich nichts dabei gedacht. Es war eine spontane Geste der Zuneigung.

Alex ist eifersüchtig! Alessandra bekommt von dem Zwischenfall nichts mit. Sie plappert unaufhörlich dahin. Ihre Augen glühen. „Aber mit der U-Bahn darf ich nicht fahren.“, meint sie bedauerlich. „Wieso denn nicht?“, fragt Joe. „Es ist zu gefährlich für mich! Die vielen Menschen, weißt du?“ Alex sitzt daneben und schmollt. Er hat seine Burger und Pommes schon längst gegessen. Ihr Tablett hingegen hat sie kaum angerührt. Sie ist so beschäftigt, Joe ihre Erlebnisse anschaulich zu erzählen, dass sie ganz vergisst, dass sie ja wegen der Burger gekommen sind. „Willst du nichts essen? Schmeckt es dir nicht? Kann ich was abhaben?“ Alex stiert zu ihrem Burger, der unberührt auf der Serviette liegt. „Äh… was…? Ah… der Burger!“ Sie nimmt den Burger in die Hand und beißt ab. Ketchup und Mayonnaise rinnt über ihre Finger. Sie leckt sich über die Lippen und kaut langsam und genüsslich. „Mmmmh… das ist aber guuut!“ Sie verdreht begeistert die Augen und greift nach den Pommes. Es schmeckt ihr offensichtlich. Lange braucht sie nicht und das Menü ist aufgegessen. Zum Schluss leckt sie sich noch die Finger und nimmt schlussendlich die Serviette zur Hand. Wohlwollend sieht sie Alexander zu, der inzwischen Nachschub von Joe bekommen hat. „Willst du noch einen Nachtisch?“ Joe setzt sich mit einer süßen Eiskreation zu ihnen an den Tisch und stellt sie vor Alessandra. Sie ist begeistert. Obwohl sie geglaubt hat, dass sie nichts mehr essen könnte, löffelt sie die süße Nachspeise mit Genuss. „So was Leckeres! Wahnsinn! Aleksej muss das auch einmal essen!“ „Hast du noch nie einen Burger gegessen?!“ Alexander ist entsetzt. Sie schüttelt, ganz entrückt von dem köstlichen Geschmack des Nachtisches, den Kopf. Sie leckt sich jedes Mal die Lippen, wenn sie den Löffel hingebungsvoll abgeschleckt hat. Alexander bekommt Probleme mit dem Schlucken. So etwas Erotisches hat er noch nie gesehen! Seine Augen hängen gebannt auf ihrer bewegten Zunge. Er kann gar nicht anders und rückt näher zu ihr. „Willst du auch einmal kosten? Es ist himmlisch!“, schwärmt sie. Wieder leckt sie den Löffel ab und entzückt verdreht sie die Augen.

Joe beobachtet die zwei Teenies vor sich. Sein Patensohn, mittlerweile in dem Alter wo Sex ein Thema werden kann und Alessandra die Sirene, die den jungen Mann, mit ihrer ungewollt sinnlichen Ausstrahlung, in Versuchung führt. Belustigt wartet er ab. Er will Alex sein Vergnügen nicht verpatzen und verhält sich ruhig. Alexander öffnet brav den Mund, weil das Mädchen einen Löffel voll Schokoeis vor ihn hinhält. Dabei mag er nicht wirklich ein Eis. Aber er ist in diesem Moment ihre willenlose Marionette. „Da ist auch noch was! Mach den Löffel sauber!“ Alexander gehorcht. Joe lacht aus vollem Halse los. Er ist es gewohnt, dass Frauen das machen was er will. Er ist dominant. Seine Frau Anita und er besuchen regelmäßig mit ihren Freunden Bianca und Holger einen BDSM Club. Aber wie er hier dieses Schauspiel vor ihm beurteilen kann, hat dieses Mädchen in diesem Augenblick die Oberhand. Es ist ja auch kein Wunder. Alexander hat bis jetzt wenig Erfahrung mit dem anderen Geschlecht. Nach ein paar harmlosen Beziehungen mit Mädchen, ist er ins Internat eingezogen. Joe ist sicher, dass in dieser Schule streng darauf geschaut wird, dass die Schüler sich entsprechend benehmen. Andererseits hat Alessandra eine natürliche sexy Ausstrahlung. Ihr ist es nicht bewusst. Sie ist genauso naiv, wie Alex.

„Hi!“ Anita, seine Frau steht hinter ihm und schlingt die Arme um Joes Hals. Er lenkt seinen Kopf zur Seite und küsst sie zur Begrüßung. Sie sind noch genauso verliebt wie am ersten Tag. „Alessandra darf ich dir meine Frau vorstellen? Ich weiß nicht, ob du dich noch an sie erinnern kannst?“ Alessandra legt den Löffel weg, springt auf und streckt der Frau hinter Joe die Hand entgegen. „Aber ja! Ich kann mich erinnern! Hallo Anita!“ „Ich freue mich, dass ich dich noch einmal sehen darf! Bei der Hochzeit haben wir wenig Gelegenheit gehabt. Aber ich erinnere mich an dich. Du warst immer von einigen Jungs umgeben!“, und lacht dabei. Alessandra wird nachdenklich. „Ja, da hast du recht. Es waren mein Bruder Aleksej, Florian Jackson und Alexander hier!“ Sie tätschelt ihrem Freund liebevoll die Schulter. „Sie haben alle auf mich aufgepasst, dass ich nicht verloren gehe! Du musst wissen, ich bin hyperaktiv! Da kann es mir einfach so spontan einfallen, dass ich die Kurve kratze und ich bin weg. Dabei verirre ich mich so leicht. Du glaubst gar nicht, wie schwierig es in der Schule am Anfang war!“ Freimütig erzählt sie Anita ihre Erlebnisse. Anita wundert sich, dass das Mädchen so leicht über ihre Schwäche reden und darüber lachen kann. „Weißt du, ich habe es den Jungs nicht leicht gemacht. Einmal bin ich einfach ins Freie hinaus gelaufen! Es war so befreiend gewesen. So viele Menschen in einem Haus war ich zu Hause nicht gewöhnt. Es war am Anfang grauenvoll für mich. Na ja, die Jungs haben mich einen halben Tag lang gesucht. Alexander hat mich schließlich gefunden und Alexej hat mich im Zimmer eingesperrt und mich nur mehr zum Unterricht aus dem Zimmer gelassen. Du musst wissen, dass Alexej und ich ein gemeinsames großes Zimmer haben. Wir sind Zwillinge.“ Anita hat Mühe der Schilderung zu folgen. Immer wieder nickt sie, um zu zeigen, dass sie verstanden hat. Aber nicht alles ist ihr klar. Sie sieht Alexander an, um sich zu vergewissern, dass er derselbe Junge ist, der einem Mädchen nachläuft, um auf sie aufzupassen. Alexander hat Alessandra an sich gezogen und ihr den Arm über ihre Schulter gelegt. Sie schmiegt sich hinein und lächelt zittrig. Sie ist erschöpft. Sie redet gerne. Aber irgendwann wird sie deshalb müde. Sie ist nach dieser Rede wirklich erschöpft. Sie legt den Kopf auf die Schulter des Jungen und schließt seufzend die Augen.