Ich bin nicht schwul! - Ingrid Seemann - E-Book

Ich bin nicht schwul! E-Book

Ingrid Seemann

0,0

Beschreibung

Wie von einem Magneten angezogen, dreht sich Justin brummend zur Seite und drückt sich an den Rücken seines Nachbars und schlingt nun seinerseits seinen Arm und ein Bein um Florian. Er wacht dabei nicht auf. Etwas später dreht sich Florian in der Umarmung um und schlingt wieder selbst seinen Arm um Justin herum. Gesicht an Gesicht, mit Armen und Beinen übereinander, wachen sie schließlich am späten Morgen auf. Die anderen sind längst weg. "Was habe ich Dir gesagt! Du sollst von mir wegbleiben!", erbost stößt Florian den noch halb schlafenden Justin grob von sich. Dieser stützt sich klagend und augenreibend ab. "Du kannst es nicht verleugnen!" Beleidigt dreht sich Florian um und zieht sich die Decke über den Kopf.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 122

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ich bin nicht schwul!

Ich bin nicht schwul!InhaltDie unheimliche AlteEine große ÜberraschungBaum fällt!Ich bin nicht schwul!Klatsch und TratschDas Drama der Familie JacksonEs wird wieder getratschtDie gestohlenen StundenDie Prügelei im SpeisesaalEheliche KonsequenzenLiebeskummerMännergesprächSchockierende VergangenheitDas dritte MalBin ich wirklich schwul?Was ist mit Florian?NoraHattet Ihr einen Dreier?!TrennungsschmerzIch will mit Dir schlafen!AutorinVorschauImpressum

Ich bin nicht schwul!

Die dritte Generation

Roman 

2. Teil

Inhalt

Wie von einem Magneten angezogen, dreht sich Justin brummend zur Seite und drückt sich an den Rücken seines Nachbars und schlingt nun seinerseits seinen Arm und ein Bein um Florian. Er wacht dabei nicht auf. Etwas später dreht sich Florian in der Umarmung um und schlingt wieder selbst seinen Arm um Justin herum. Gesicht an Gesicht, mit Armen und Beinen übereinander, wachen sie schließlich am späten Morgen auf. Die anderen sind längst weg. "Was habe ich Dir gesagt! Du sollst von mir wegbleiben!", erbost stößt Florian den noch halb schlafenden Justin grob von sich. Dieser stützt sich klagend und augenreibend ab. "Du kannst es nicht verleugnen!" Beleidigt dreht sich Florian um und zieht sich die Decke über den Kopf.

Sämtliche Figuren, Firmen und Ereignisse dieses Romans sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit echten Personen, lebend oder tot, sind rein zufällig und von der Autorin nicht beabsichtigt!

Die unheimliche Alte

Nachdem die Freunde Alexander, Florian, Verena und die Zwillinge Aleksej und Anastassja die Hochzeit von Alexanders Mutter gefeiert hatten, sind sie auf Einladung von den Zwillingen Anastassja und Aleksej zu deren Tante Olga in die Einöde Russlands gereist. Die Teenager schauen ungläubig auf das windschiefe Haus der Tante. So ein extrem baufälliges Haus haben sie nicht erwartet.

„Glaubt ihr, dass dieses Haus einem Windstoß standhalten wird?“ Alexander sieht ungläubig auf das alte, fast schon zerfallene Haus. „Hoffen wir, dass es wenigstens den Wildtieren standhalten wird!“, meint Florian feixend. „Es sieht nur etwas renovierungsbedürftig aus.“, versichert Anastassja und Aleksej lacht nur. Die Freunde sind geschockt. Sie haben etwas anderes erwartet. Nach dem Luxus bei der Hochzeit – sie hatten in einem fünf Sterne Hotel übernachtet – scheint diese Hütte furchterregend verwittert zu sein! „Habt Euch nicht so! Es wird lustig!“ Anastassja ist guter Laune. Sie liebt ihre Tante. Die alte Frau ist ein bisschen schrullig, aber lieb. Argwöhnisch schauen die jungen Leute weiterhin auf das Haus.

Die Tür geht auf. Eine hinkende, dürre, auf einem Gehstock gestützte, alte Frau kommt heraus. Freundlich lächelnd begrüßt sie ihre Besucher mit ausgestreckten und wild umher fuchtelnden Armen. „Willkommen, willkommen!“ Entsetzt und erschrocken weichen Verena, Florian und Alexander zurück. Das dämonische Grinsen einer Hexe! Sie präsentiert sich mit langem, zerzaustem, grauem und fettigem Haar. Ihr auffallendes desolates, gelb gefärbtes Gebiss, ihre krallenartigen Hände, ihr zerlumptes, zerrissenes Kleid und die klobigen Schuhe an ihren Füßen, lassen die jungen Leute an der Bereitwilligkeit ihres Aufenthaltes zweifeln.

Indessen ist Anastassja jubelnd in die Arme eben dieser grässlich alten Frau gefallen. „Tante Olga! Ich freue mich so sehr! Hast du wieder kleine Kätzchen?“ Tante Olga lacht gackernd. Ihre spindeldürren Arme legen sich um das Mädchen und ziehen es liebevoll an sich. „Ja, heuer habe ich auch einige! Nett, dass du so viele Freunde da hast! Es gibt viel liegengebliebene Arbeit!“

„Hallo Tante Olga!“ „Wie geht’s meinem Aleksej? Gut schaust du aus! Willst du mir nicht Deine Freunde vorstellen?“ Der Junge nickt und zeigt mit dem Zeigefinger auf den jeweiligen Jungen, beziehungsweise  das Mädchen. „Das sind Florian, Alexander und meine Freundin Verena!“ Die Alte starrt die Freundin Aleksejs eine kleine Weile an, bis ihr Gesicht zu strahlen anfängt. Erschrocken weicht Verena zurück, als ihr klar wird, dass die Alte sie berühren will. Schutz suchend versteckt sie sich hinter Florian und Alexander.

Weiterhin Abstand haltend, stehen die Neuankömmlinge da, als wären sie erstarrt. „Was machen wir jetzt?“ „Was meinst du?“ „Rufen wir zu Hause an und lassen uns wieder abholen?“, flüstert Alexander. Florian nickt heftig. "Gute Idee!" Alexander nimmt hastig sein Handy aus der Hosentasche und wählt die Nummer seines Vaters an. „Shit!“ „Was ist?“ „Ich habe keinen Empfang!“

Aleksej hat sie beobachtet. „Hier gibt es keinen Empfang! Ihr müsst dableiben!“, grinst er wegen der entgeisterten Gesichter. „Das ist nicht Dein Ernst! Sieh dich um! Was sollen wir hier drei Wochen machen!? Drei Wochen!“ Florian ist entsetzt. „Kommt erst einmal hinein in die gute Stube. Tante Olga hat bestimmt gekocht!“

Alexander lehnt sich extra stark an das Haus und klopft mit seiner Faust kräftig die Wände ab. Nachdem es diesen Härtetest bestanden hat, nickt er seinen skeptischen Freunden zu und sie folgen kopfschüttelnd den Zwillingen Anastassja und Aleksej hinterher.

Anastassja hat indessen eifrig den Tisch für ihre Freunde gedeckt. Etwas beengt sitzen sie nun vor ihren Tellern und schauen verdrießlich auf den Eintopf unbestimmter Ingredienzen. Aleksej und Anastassja langen inzwischen kräftig zu. Ihre Freunde fangen an, zögerlich zu essen und bald bemerken sie, dass es wirklich gut schmeckt. Florian erbittet sich sogar Nachschlag, obwohl er noch den Mund voll hat.

Die Freunde tauen auf. Sie beginnen sich zu unterhalten, bis sie auf ein Geräusch außerhalb der Hütte aufmerksam werden...

„Komm herein! Die Hütte wird heute schon nicht zusammenbrechen!“ Vladimir steht plötzlich da. In seiner Begleitung ist Justin! „Hey, Leute! Ich habe Verstärkung mitgebracht! Hallo Tante Olga!“

Ein Jubelschrei und Anastassja fällt Vladimir um den Hals und küsst ihn stürmisch. Dann wendet sie sich an den Jungen neben ihm. „Was machst du denn hier?!“ Ihr Ton ist merklich kühler geworden. „Äh… ich habe Vladimir angerufen und gefragt, ob es während der großen Ferien irgendwo etwas für mich zu tun gibt. Da hat er mich mitgenommen!“ Er ist sich unsicher, ob er hier bleiben kann. Er hat sich voriges Schuljahr bei den Freunden sehr unbeliebt gemacht.

Florian springt auf. „Na klar! Wir freuen uns, dass du zu uns gestoßen bist!“ Er klopft Justin jovial auf die Schulter. Auffordernd sieht er sich um „Nicht wahr…?“, hakt er forsch bei seinen Freunden nach.

„Natürlich Justin! Jeder ist willkommen, der mir bei der Arbeit helfen will! Setz Dich! Anastassja bring bitte noch zwei Teller und Besteck für Justin und Vladimir!“ Die Alte kommt mit ausgestreckten Armen auf den geschockten Justin und umarmt ihn mit ihren schlangenartigen Armen. Er zuckt merklich zusammen. Hilflos, etwas blass, muss er sich diese vermeintlich nette Geste über sich ergehen lassen. Seine Hände sind hilflos neben der Alten ausgestreckt. Er wagt die Umarmung nicht zu erwidern.

Endlich sitzt er zwischen Florian und Vladimir. Die Gespräche werden wieder aufgenommen, bis Vladimir sich bei Tante Olga erkundigt. „Liebste Tante, was können wir dieses Mal für Dich tun?“ Sie kichert ob der netten Anfrage, dabei zeigt sie einige Zahnlücken und ihre schwarz gelben Zähne.

Justin zieht angeekelt seinen Kopf ein. Die Alte raubt ihm den Verstand. Verstohlen sieht er sich um. Den anderen ergeht es offensichtlich nicht anders. Florian starrt sie sprichwörtlich wie das achte Weltwunder an. Alexander hustet in seine Hand, als müsste er sich übergeben und Verena versteckt verschreckt ihr Gesicht hinter Aleksej.

„Das Haus wackelt bei Wind schon sehr gefährlich. Vielleicht kannst du mit den Jungs das Haus etwas stabilisieren?“ „Klar! Ich werde es mir ansehen.“, meint Vladimir und er schaufelt sich einen weiteren Löffel des leckeren Eintopfs in sich hinein.

Zu den Mädchen gewandt meint die Alte: „Ihr beiden könnt die Kätzchen und die anderen Tiere versorgen und mir im Haushalt helfen!“ Anastassja nickt enthusiastisch und strahlt. Verena hält sich noch bedeckt. Sie wartet ab.

Die Tante klatscht in die Hände. „Aber vorerst müssen wir die Schlafplätze einteilen. Die Mädchen schlafen im Haus. Die Jungs können sich im Stall aufs Stroh legen. Decken sind genug im Haus!“

Gemeinsam gehen sie alle hinaus. Vladimir steht vor dem Haus. Seufzend gesteht er sich ein, dass es nicht einfach sein wird, das Haus soweit in Schuss zu bringen, dass es bis zum nächsten Sommer hält, weil er erst dann Zeit hat für die nächsten notwendigen Sanierungen. Am einfachsten wird es sein, ein neues Haus aufzustellen. Aber da fehlt es an Material und vor allem an Geld.

Aleksej steht neben ihm. „Am besten ich rufe Papa an. Er soll einen Trupp Männer vorbeischicken und die stellen im Nu eine neue Hütte auf!“ Vladimir sieht ihn hoffend an. „Glaubst du, dass er das machen würde?“ „Ja, sicher. Das kostet ihn gar nichts. Wir schwimmen im Geld!“, prahlt er. „Dann probiere es mal!“ „Okay, wie komme ich zu einem Empfang?“, schmunzelt Aleksej. „Komm, eine halbe Stunde Fußmarsch von hier haben wir welchen.“ „Sag bloß nichts zu den anderen, sonst sind sie hinter uns her!“, feixt der Jüngere mit einem Blick auf seine Freunde, die bereits eine Besichtigung rund um das baufällige Haus machen. Unbemerkt von den anderen entfernen sie sich.

Anastassja führt die anderen umher und zeigt ihnen alles. Sie hat mit Aleksej den letzten Sommer hier verbracht. Vladimir ist auch da gewesen. Es war eine wundervolle Zeit gewesen! Tante Olga hat ihr Vieles gezeigt. Sie haben Kuchen gebacken, gekocht und Wäsche im nahe gelegenen Fluss gewaschen. Es hat Spaß gemacht! Vor allem hat ihre Tante sie nie geschimpft. Sie war geduldig und nachsichtig, wenn sie etwas falsch gemacht hat. Anastassja seufzt selig. Sie freut sich auf die kommende Zeit hier in der Wildnis.

Immer noch unsicher, was sie eigentlich hier ganze drei Wochen tun sollen, schauen sich die Freunde um, bis sie schließlich den Stall aufsuchen, um ihr Lager vorzubereiten. Dort stoßen sie auf junge Kätzchen, eine meckernde Ziege und ein altes Pony. „Die Ziege und das Pony können über Nacht draußen bleiben. Dann habt ihr genug Platz für euer Lager!“, überlegt die Tante.

Es dämmert bereits. Alexander, Florian und Justin tragen herumliegendes Stroh zusammen. Viel gibt es nicht. Aber mit alten Brettern und den vielen Decken aus dem Haus wird es schon gehen. Zum Glück haben sie Schlafsäcke mitgebracht. „Wo sind eigentlich Aleksej und Vladimir abgeblieben?“ „Sie kommen bald wieder!“, meint die Tante. Sie macht sich keine Sorgen. Denn Vladimir kennt sich hier in der Wildnis bestens aus.

Eine große Überraschung

„Hi Papa! Tante Olga hat uns gebeten, dass wir ihr Haus stabilisieren. Aber Vladimir und ich denken, dass es schwierig sein wird, weil zu viel zu tun wäre. Wie wäre es, wenn wir ihr ein neues Haus aufstellen? Ist das machbar? Ja? Super! Morgen? Du bist klasse Papa! Gib Mama einen Kuss von mir!“ Aleksej streckt Vladimir seine Hand zu einem High Five entgegen. Vladimir schlägt grinsend ein. Gut gelaunt kehren sie zu den anderen zurück.

„Wo wart ihr?“ „Wir hatten etwas zu regeln. Alles okay. Habt ihr die Schlafplätze fertig? Ich bin müde. Morgen wird es echt heftig!“ Aleksej gähnt vor allen anderen und zieht Verena zu sich. Er merkt, dass sie sich etwas verloren fühlt. Sie schmiegt sich in seine ausgebreiteten Arme und lässt sich auf den Scheitel küssen. Aleksejs Blick geht zu Vladimir: „Willst du bei Anastassja im Haus schlafen? Dann kann Verena bei mir bleiben.“ Er merkt, dass Verena jetzt nicht von seiner Seite weichen will. Sie hängt fest an seinem Arm dran. Außerdem will er mit ihr kuscheln.

„Das kommt nicht in Frage! Wenn, dann bin ich derjenige, der bei Anastassja schläft!“ Eifersüchtig schnappt Alexander seine Freundin und legt einen Arm um ihre Schultern. Anastassja küsst ihn vor allen anderen und zieht ihn hinter sich her zum Haus. Sie fühlt sich matt. Die Fahrt zur Tante war ermüdend lange. Sie will auch endlich ins Bett.

„Dann ist ja alles geregelt! Gute Nacht!“ Vladimir richtet sich in die Mitte des langen Lagers im Stall ein. Rechts von ihm legen sich Verena und Aleksej hin und links Florian und Justin. Nach und nach verstummen die leisen Gespräche und die ersten leisen Scharchgeräusche stellen sich ein. Es ist stockfinster.

Florian erwacht mitten in der Nacht. Ihm ist heiß. Er kann sich nicht bewegen. Vorsichtig richtet er sich halb auf seinen Ellbogen auf. Neben ihm legt Justin brummend einen Arm über ihn. Eines seiner Beine blockiert seine Beine. Was soll das?! Ärgerlich befreit er sich, dreht sich weg von Justin und zieht sich die Decke bis zum Kinn. Die Nacht ist kalt. Bald schläft er wieder ein.

„Seht euch das an. Sind sie nicht süß?“, lachend stehen die Mädchen vor den schlafenden Jungs, die ineinander verschlungen auf dem Lager liegen. Die Decken liegen zusammen geknüllt auf Hüfthöhe. Florian hebt ein Augenlid, um nachzusehen, wer in aller Frühe so viel Lärm macht. Er ist müde! Geht weg! Aber alles was er sieht, ist das Gesicht Justins – hautnah an seinem. Justins Atem vermischt sich mit seinem. Ihre Arme und Beine sind ineinander verkeilt. Shit! Erschrocken reißt er sich los. Was ist passiert?! Justin ist inzwischen auch munter. Irritiert setzen sie sich hoch und wenden sich abrupt voneinander ab. Justin reibt sich verlegen über das Gesicht.

„Seid ihr verliebt?“, will die neugierige Anastassja wissen. „Gebt es doch zu!“ „Lass mich in Ruhe!“, brummt Justin und springt auf und rennt schneller als der Wind hinaus aus dem Stall. „Halt die Klappe!“, brummt Florian gleichzeitig und verdreht verächtlich seine Augen.

Summend kommt Anastassja in die Hütte zu Tante Olga, die schon fleißig beim Frühstück zubereiten ist. „Florian ist in Justin verliebt! La…la…la…“ Verena, die hinter ihr in die Hütte kommt grinst. „Was du nicht sagst!“, sagt die Ältere lächelnd und bittet die Mädchen, ihr zu helfen. Plaudernd und kichernd arbeiten sie Hand in Hand, bis die Jungs nach und nach in die Hütte eintrudeln.

Florian und Justin verschlingen schweigend und verdrießlich ihr Essen. Sie haben sich und den anderen nichts zu sagen. Das Geplapper der Mädchen geht ihnen auf den Sack. Dem wissenden Blick der Tante weichen sie verlegen aus. Es gibt kein wir. Sie sind nicht verliebt und basta!

Plötzlich hören sie Motorengeräusche. „Wer ist das denn?“ Sogar Tante Olga sieht neugierig und verwirrt aus dem Fenster. Dann klopft es. „Herein!“ Die Eltern der Zwillinge treten ein. „Mama! Papa!“ Anastassja springt auf, läuft freudestrahlend in die Arme ihrer Mama und küsst sie stürmisch. Auch ihr Papa kommt nicht zu kurz. Wohlwollend klopft Herr Kaminov seiner Tochter auf den Rücken und lächelt nachsichtig. Frau Kaminov streichelt dabei ihre Tochter immer wieder liebevoll über ihr Haar. Aleksej schlendert gemächlicher auf sie zu und umarmt sie fest. Seinem Papa gibt er die Hand. Er wird zusätzlich mit einem kräftigen Schlag auf die Schulter begrüßt.

„Hallo Aleksej! Willst du uns nicht Deine Freunde vorstellen?“ „Natürlich! Hier, das ist Verena, meine Freundin." Er macht Pause, um die bedeutende Nachricht sacken zu lassen. Frau Kaminov gibt dem Mädchen freundlich lächelnd die Hand. Auch Herrn Kaminov gefällt das Mädchen und nickt wohlwollend. „Das sind Florian, Alexander, Justin und Vladimir kennt ihr schon!“ Nacheinander werden die Hände geschüttelt.

Bei Vladimir zögern sie kurz. Das schockierende Bild vom vorigen Jahr, ihrer Tochter auf dem Schoß von diesem jungen Mann, haftet noch lebhaft im Gedächtnis der Eltern. Es hat ihnen gar nicht gefallen. Aber Anastassja ist ein sehr eigenwilliges Mädchen. Sie hat sich an dem teils versteckten, teils aggressiven Tadel nicht gestoßen.

„Und…Alexander ist mein Freund!“, beeilt sich die Tochter hinzuzufügen und legt ihren Arm um die Schulter ihres Freundes und schmiegt ihre Wange an seine. Überrascht zucken die Augen zu dem Jungen, der etwas verlegen die stumme Musterung der Erwachsenen erduldet. Verlegen rutscht er auf seinem Sessel hin und her, bis Anastassja ihn noch vor allen anderen küsst. Shit!

Seufzend wendet sich Herr Kaminov schließlich an die alte Frau. „Ich habe ein paar Arbeiter hierher beordert, damit sie Dir ein neues Haus an einen Platz Deiner Wahl aufstellen. Es wird zirka zwei bis drei Tage dauern, bis es steht.“ Tante Olga sieht ihn lange schweigend an. „Was kostet es mich?“ „Nichts! Es soll ein Geschenk sein.“