Komi - Ingrid Seemann - E-Book

Komi E-Book

Ingrid Seemann

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Beschreibung

Jonas flieht vor der örtlichen Polizei, hinein in den Urwald von Komi. Plötzlich steht er einem aufbrüllenden, gefährlich aussehenden Tiger gegenüber. Er glaubt, seine Zeit ist abgelaufen. aber der Tiger stürzt plötzlich vor ihm zu Tode. Wer hat ihn getötet? Er sieht sich um und bemerkt ein grünes Augenpaar im dichten Gebüsch lauern... Aksinja ist, entgegen ihres besseren Wissens, auf Jonas angewiesen, dass er ihr hilft, die schwere Beute in ihr Dorf zu schleppen. Dort trifft er auf eine Gruppe von Frauen, die ebenso erstaunt sind wie er. Sie nehmen ihn mit Freuden auf. Er ist ein Mann und das wollen sie nutzen. Sie versetzen ihn in einen Rauschzustand und vergewaltigen ihn...

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Inhalt

Jonas flieht vor der örtlichen Polizei hinein in den Urwald von Komi. Plötzlich steht er einem aufbrüllenden Tiger gegenüber. Er glaubt, seine Zeit ist abgelaufen. aber der Tiger stürzt plötzlich vor ihm zu Tode. Wer hat ihn getötet? Er sieht sich um und bemerkt ein grünes Augenpaar im dichten Gebüsch lauern...

Aksinja ist, entgegen ihres besseren Wissens, auf Jonas angewiesen, dass er ihr hilft, die schwere Beute in ihr Dorf zu schleppen. Dort trifft er auf eine Gruppe von Frauen, die ebenso erstaunt sind wie er. Sie nehmen ihn mit Freuden auf. Er ist ein Mann und das wollen sie nutzen. Sie versetzen ihn in einen Rauschzustand und vergewaltigen ihn...

Inhaltsverzeichnis

Jagd

Vergangenheit

Im Rausch der Sinne

Zurück ins Leben

Begegnungen der Natur

Das Leben geht weiter

Flashback

Begegnung mit dem Wolf

Kampf der wilden Tiere

Bedürfnisse

Es ist soweit

Abschied

Jagd

Vorsichtig streift Aksinja durch das dichte Gebüsch, irgendwo in den Urwäldern von Komi. Sie setzt ihre Schritte behutsam, immer bedacht, auf keine knorrigen Äste, oder auf raschelndes Laub zu steigen. Die gefährlich, große Beute, nicht weit von ihr entfernt, hat sie noch nicht gewittert. Majestätisch und bedächtig schreitet das große Tier durch das Dickicht des Urwaldes. Die großen Pranken setzen lautlos einen Schritt nach den anderen. Es scheint keine Angst zu haben und es wirkt auch dementsprechend mutig. Vorsichtig pirscht sich die Jägerin näher… noch näher… immer darauf bedacht, dass sie gegen die leichte Brise, die durch die Blätter rauscht, läuft. Der Tiger vor ihr, darf sie nicht wittern, sonst ist alles umsonst. Konzentriert hält sie kurz den Atem an und hebt vorsichtig und achtsam den Bogen mit dem angelegten Pfeil. Lange hat sie dieses mächtige Tier verfolgt. Oft hat sie es schon vor sich gesehen, aber noch nie war sie so nahe dran! Normalerweise gibt es keine derartigen Raubkatzen in dieser Gegend. Was hat es veranlasst, den weiten Weg hierher zu machen? Langsam spannt sie den Bogen… immer mehr… bis die Sehne fast zu zerreißen droht. Ihre Augen visieren scharf ihr Ziel. Ihre Armmuskeln zittern vor Anspannung…

Plötzlich hält das mächtige Tier inne und hebt witternd den Kopf. Grrr… Sie hört deutlich das gefährliche Knurren. Sie darf jetzt auf keinen Fall scheitern! So nahe wird sie dem Tiger nie mehr wieder kommen! Kurzentschlossen und konzentriert lässt sie los. Der Pfeil durchdringt surrend die kalte Luft. Das Geschoss verfehlt jedoch sein Ziel. Frustriert guckt sie dem leise knurrenden gestreiften König des Dschungels hinterher. Wieder nichts! Dabei war sie sich so sicher, dass es dieses Mal klappen würde! Irgendetwas hat ihn gewarnt. Sie weiß es nur noch nicht, wer oder was es war. Hinter dem dichten Gebüsch in Deckung bleibend, prüft sie aufmerksam die nahe Umgebung. Holz knackst. Etwas Schweres nähert sich. Was kann das sein? Neugierig beugt sie sich etwas weiter nach vorne. Hinter ihr knurrt plötzlich das große Tier. Der Tiger ist noch nicht weggelaufen. Es scheint, als lauere er selbst auf die sich nähernde Beute. Sie verhält sich still. Sie ist sicher, dass sie noch nicht aufgedeckt ist. Ihr Atem ist gleichmäßig und ruhig. Ihr Puls ist stabil. Jahrelange Übung hat sie auf diese, oder ähnliche Situationen trainiert.

Dann sieht sie ihn. Ein Mann? Was tut er da? Hat er sich verlaufen? Sie beobachtet immer wieder Menschen aus der anderen Welt, die den dichten Wald in Gruppen durchlaufen. Sie werden mit einem Guide sicher durch den Urwald geführt. Aber sie hat noch nie Kontakt mit denen aufgenommen. So will sie es auch dieses Mal halten. Sie beobachtet den Mann, der sich scheinbar orientierungslos und sichtbar gehetzt umsieht… und er ist alleine. Der Tiger knurrt nahe ihrem Gebüsch. Er wird den Mann angreifen und zerfleischen! Das Tier brüllt mit einem weit aufgerissenen Maul auf. Seine langen, spitzen und gefährlichen Eckzähne blitzen in den hereinfallenden Sonnenstrahlen auf. Er ist jetzt der Jäger und wird ziemlich sicher Erfolg haben, denn der Mann scheint waffenlos zu sein. Aksinja kann dies nicht zulassen. Der Mann ist wehrlos. Der Tiger wird ihn zerfetzen und als Mahlzeit missbrauchen! Sie sieht die Chance, den Tiger doch noch zur Strecke zu bringen. Sie dreht sich geräuschlos herum und legt wieder ihren Bogen an. Der Pfeil ist eingespannt und zeigt ruhig auf das imposante Tier. Sie zaudert nicht lange und erlegt mit einem Schuss den eingewanderten König eines ihm fremden Dschungels.

Erschrocken hechtet der Mann zur Seite und landet hinter einem breiten Baumstamm. Gehetzt sieht er um sich. Sie bleibt wo sie ist. Sie will, dass er wieder verschwindet! Aber der Unbekannte hat das tote Tier entdeckt. Argwöhnisch nähert er sich dem riesigen, leblos liegenden Körper auf dem Boden. Zu seiner Vorsicht hat er jetzt doch eine Pistole gezogen. Sie kennt diese Art von Waffen. Sie sind laut und tödlich. Sie hat es schon mehrmals beobachtet, wie die Menschen damit wehrlose Tiere erlegt haben. Der Kopf des Tigers fällt nun, nachdem er seinen letzten Lebenshauch von sich gegeben hat, auf den Nadelboden. Die Augen sind geschlossen. Die Zunge hängt ihm aus dem Maul.

Jonas sieht sich um. Er und das erlegte Tier sind alleine. Vorsichtig tastet er den toten und doch so schönen Körper ab. Seine Hand berührt andächtig das gestreifte Fell. Ein sehr mächtiges und muskulöses Tier! Wer hat es getötet? Wer hat ihn gerettet?! Jonas ist sich sicher, dass das Tier ihn mühelos getötet hätte, wenn ihm nicht jemand zuvor gekommen wäre. Nur wer? Er sieht sich argwöhnisch um. Vorsichtig, langsam steht er auf und hebt seine Waffe, nachdem er sie entsichert hat. Er dreht sich einmal um seine eigene Achse. Er will nicht aggressiv herüber kommen. „Ich bin als Freund hier!“, schreit er in den scheinbar seelenlosen Dschungel. War dort eine Bewegung? Die dicht belaubten Äste eines bodennahen Busches haben sich bewegt. Es war kaum zu sehen, aber seine Augen waren zufällig in dieser Richtung. „Bist du da drinnen?“ Er sieht genauer hin. Er glaubt, ein grünes Augenpaar, das ihn permanent und bewegungslos anstarrt, zu erkennen. „Komm heraus, ich tu dir nichts!“, schmeichelt er. Seine Pistole liegt noch in seiner Hand, die er jedoch weit von sich gestreckt hat. Schnell sichert er sie und steckt sie hinter seinen Rücken in die Hose zurück. „Siehst du? Ich bin ein Freund!“, versucht er es noch einmal und geht einen Schritt weiter auf das Gebüsch zu. Vorsichtig greift er nach den dicht belaubten Ästen und schiebt sie zur Seite. Vor ihm hockt ein wunderschönes Mädchen…

Verwundert sieht er sie an. Lange blonde Locken umrahmen ein unschuldig aussehendes Gesicht. Die grünen Augen sehen gebannt in seine. Der zierliche Körper steckt in einem kampfähnlichen Tarnanzug. Klobige schwarze Schnürstiefel runden ihr fragwürdiges Outfit ab. Resolut dreht sie ihre blonden Locken auf und versteckt sie unter einer grünen Haube. Dann zieht sie Fäustlinge an. Es ist wirklich kalt. Geschockt, wegen des märchenhaften Waldwesens, zuckt Jonas etwas zurück und streckt dann doch eine Hand nach Aksinja aus. „Hi, ich bin Jonas!“, stellt er sich lächelnd vor. Sie zuckt etwas ängstlich zurück. Sie will einfach nichts mit ihm zu tun haben. „Komm, ich tu dir nichts!“ Er interpretiert ihre Abwehr als Angst und zieht seine Hand zurück und streckt sie weit weg von seinem Körper. Sie ignoriert seine Geste und erhebt sich. Weit kommt sie nicht. Sie ist ziemlich klein und reicht ihm gerade mal bis zur Brust. Er steht ihr ihm Weg. „Wer bist du?“ Jonas‘ Versuche mit ihr zu kommunizieren, scheitern. Sie antwortet nicht. Kann sie nicht sprechen, oder versteht sie ihn nicht? Er weiß es nicht. Er versucht es noch einmal, sie an der Hand zu berühren, aber scheitert schon wieder. Sie schaudert zurück und bleibt mit einem Sicherheitsabstand zu ihm stehen. Er zuckt mit den Schultern und zeigt auf die gestreifte Beute. „Hast du den Tiger erlegt?“

Aksinja besinnt sich ihrer Mission. Sie muss den Tiger in Sicherheit bringen! Es ist ihre Beute! Lange hat sie gebraucht, dass sie dieses Tier, das so lange ihre Gefährtinnen terrorisiert hat, zur Strecke gebracht hat. Ihr Stamm wird sie feiern und sie werden ein Fest veranstalten! Das Fell wird ihr zu Ehren überlassen. Sie weiß schon, welches Kleidungsstück sie sich daraus nähen wird. Zielstrebig geht sie auf das, am Boden liegende Tier zu. Sie muss es irgendwie in ihr Dorf bringen. Sie kann es unmöglich dem Mann überlassen! Es ist ihre Beute! Basta! Er beobachtet fasziniert ihre Mimik. Ihr Blick hastet umher und schließlich scheint Bewegung in sie zu kommen. Aksinja geht auf die riesigen Nadelbäume zu und reißt ruckartig an den herunterhängenden Lianen. Geschickt bindet sie ein brauchbares, festes Seil daraus und geht auf das tote Tier zu. Bewundernd beobachtet Jonas, wie sie das Tier schnell und effizient schnürt, um es transportfähig zu machen. Dann erhebt sie sich geschwind und versucht den schweren Körper über den Boden zu bewegen. Immer wieder nimmt sie Anlauf. Der schwere Kadaver bringt ihren zierlichen Körper an ihre Grenzen. Frustriert schreit sie auf. Sie hat doch eine Stimme! Er versucht sich ihr vorsichtig zu nähern und greift nach der kunstvoll geschnürten Schlaufe. Mit Gesten versucht er ihr klar zu machen, dass er ihr nur zu helfen versuche. Sie willigt zögerlich ein und sie zerren schließlich den toten Tiger gemeinsam weg.

Ihr Blick schweift ständig zu ihm hinüber. Schweren Herzens lässt Aksinja es zu, dass er ihr hilft. Anders geht es nicht. Sie ist leider zu schwach, das schwere Tier alleine zu schleppen. Wäre eine ihrer Gefährtinnen hier, wäre es kein Problem gewesen. Sie checkt ihn ab. Er ist groß, viel größer als sie. Jonas spürt ihre Blicke überdeutlich. Er sagt nichts. Er will ihr nur helfen, das Tier zu transportieren. Außerdem ist er neugierig, wohin sie ihn jetzt führt. Hoffentlich kommt er nicht in Teufels Küche! Er ist auf der Flucht. Dabei ist er in den Wald gerannt und hat sich versteckt. Immer wieder sind die Verfolger ihm auf die Pelle gerückt und er ist immer tiefer in den Dschungel gelaufen, bis der Tiger ihn, laut brüllend, gestoppt hat. Vor Schreck ist er einfach wie erstarrt stehen geblieben und das schöne Tier hat ihn mit hochgezogenen Lefzen bedroht. Jonas hat es gesehen, dass es sich zum Angriff bereit gemacht hatte. Seine Hinterläufe waren angespannt. Als er versucht hat, seinen Revolver zu ziehen, ist es plötzlich umgefallen. Der tödliche Pfeil ist wie aus dem Nichts gekommen und hat seinen kräftigen Hals durchbohrt.

Schweigsam ziehen sie den schweren Kadaver durch den Wald. Aksinja ist hochkonzentriert. Ein totes Tier ist gefährlich. Es zieht andere hungrige wilde Tiere an. Plötzlich lässt sie ihre Schlaufe fallen. Blitzschnell holt sie ihren Bogen nach vorne und spannt einen Pfeil ein. Sich langsam drehend, durchstreift sie mit scharfen Blicken die Gegend… ganz ruhig. Den Mann neben ihr scheint sie völlig ausgeblendet zu haben. Jonas sieht sich ebenfalls um. Er hat nichts Verdächtiges gehört und dreht sich wieder zu der kleinen Frau um, die noch immer nichts gesprochen hat. Sie holt ihre Waffe wieder ein. Es ist falscher Alarm gewesen. Aksinja atmet erleichtert durch und nimmt die Schlaufe wieder auf. Sie ziehen weiter. Für Jonas scheint es eine Ewigkeit zu dauern, bis er auf einmal Stimmen zu hören glaubt. Zuerst ganz leise… dann werden sie immer deutlicher. Es muss das Ziel sein, dass sie angestrebt hat. Sie schlurfen weiter, stetig den schweren Kadaver hinter sich herziehend.

Er ist nicht erstaunt, dass Frauen ihnen entgegen laufen. Er sieht sich einigen unterschiedlichen, aber nichtdestotrotz gefährlichen Waffen, ausgesetzt. Aksinja lässt Jonas mit dem Tier stehen und geht ruhig den Frauen entgegen. Mit einer ihm fremden Sprache redet sie schnell auf sie ein, worauf sie ihre Waffen, langsam aber noch immer misstrauisch, senken. Er ist erleichtert und lächelt ihnen beruhigend zu. Aksinja nähert sich ihm wieder und winkt ihm, dass er ihr folgen soll. Sie überlässt es ihm, das Tier alleine hinter ihr herzuziehen. Schnaufend landet er inmitten fremder Frauen, die unterschiedlichen Alters sind. Wer sind sie?

„Lasst ihn in Ruhe! Er hat mir geholfen den Tiger hierher zu bringen! Irina, geh weg von ihm!“, herrscht Aksinja die neugierigen Mädchen an. Alle wollen den Mann betasten, als wäre er ein Alien. „Er ist unser Gast! …Seht her! Ich habe den großen Tiger getötet! Bereitet das Fest vor!“ Aksinja steht mit hoch erhobenen Haupt vor der ausschließlich weiblichen Truppe. Jonas ist verdattert. So etwas gibt es doch nur im Fernsehen! Amazonen?! Sie alle sind ähnlich wie Aksinja gekleidet. Aksinjas Hand zerrt an seinem Arm. Er lässt sich in eine einfache Holzhütte führen. Scheu lächelnd bietet sie ihm einen Platz an. Jonas zieht vorerst seine gefütterte Lederjacke aus. Hier drinnen ist es wohlig warm. Ein knisterndes Feuer prasselt in einem Kamin. Er nähert sich der wohligen Wärme des Feuers und streckt seine Hände aus. Sie sind blutig. Er hat den Tiger ohne seiner schützenden Lederhandschuhe den langen Weg gezerrt. Das hat er nun davon! Er sieht sich um und hält Aksinja seine Hände entgegen, weil er hofft, dass sie ihm helfen kann.

Sie klatscht in die Hände und ruft nach einem Mädchen. Er glaubt den Namen Eira zu hören. Sicher ist er sich nicht. Eine junge Frau eilt herein und schreckt sichtlich vor dem großen Mann zurück. „Das ist Jonas. Er hat sich an den Händen verletzt. Bitte säubere und verbinde sie!“, weist Aksinja Eira an. Sie nickt und sieht Jonas vorsichtig an. Dann holt sie den kleinen Koffer hervor, den sie hinter ihrem Rücken verborgen gehalten hat und stellt ihn vor sich hin. Den Blick auf seine Hände senkend, greift sie nach einer braunen Flasche. Sie spritzt eine übelriechende braune Flüssigkeit auf einen sauberen Schwamm und drückt ihn auf seine blutigen Handflächen. „Aaah…au!“ Er zuckt seine brennende Hand zurück und sieht sie entgeistert an. Eira drückt indessen unbeirrt eine neu befeuchtete Ecke des Schwammes auf die andere Hand. „Scheiße… das brennt ja wie die Hölle!“, schreit Jonas noch einmal auf. Unwirsch, ob des wehleidigen Mannes, zieht die junge Frau seine Hand neuerlich zu sich und tupft sie sauber. Dasselbe macht sie mit der anderen.

Jonas beißt knirschend die Zähne zusammen. Er muss ihr vertrauen, dass sie das richtige tut. Die Hände sehen schlimm abgeschürft aus. Er ist so dumm gewesen, dass er seine Handschuhe schonen wollte. Jetzt hat er die Rechnung dafür bekommen. Shit. Eira ist dabei, einen kühlenden Matsch aufzutragen und verbindet seine Hände mit sauberen Bandagen. Er atmet auf. Aber er hat sich zu früh zurück gelehnt. Eira hat noch einen Trunk für ihn. Skeptisch blickt er auf das Blatt, das wie ein Trichter zusammengerollt vor seiner Nase schwebt. Eira schiebt es vor seine Lippen und sieht ihn auffordernd an. „Trink das endlich. Sonst bekommst du Fieber!“ Jonas sieht verdattert zu Aksinja. Sie hat in seiner Sprache gesprochen?! „Du sprichst meine Sprache?“, fragt er. „Ja… unter anderen. Trink!“, fordert sie ihn nun mit zusammengezogenen Augenbrauen auf. Jonas wendet sich wieder Eira zu, die geduldig gewartet hat. Nun schiebt sie das Blatt zwischen seine Lippen und er macht automatisch, ohne weiter nachzudenken, auf. Die ekelerregende Flüssigkeit rinnt in ihn hinein. Eira hat so ihre eigenen Methoden und deckt seinen Mund fest mit ihrer Hand ab und drückt auf seine Kehle, damit ihre Medizin auch sicher an seinen Zielort ankommt. Jonas hatte keine Chance sich zu wehren. Es ist alles so schnell gegangen, dass er schlussendlich froh ist, dass es vorbei ist. Er muss husten. Eira klopft kurz, aber kräftig auf seinen Rücken, packt ihre Sachen ein und schließt ihre Tasche. Sie neigt kurz den Kopf in seine Richtung und meint zu Aksinja in ihrer finnischen Sprache: „Ich bin hier fertig. Morgen sehe ich noch einmal nach ihm!“ Aksinja nickt. Eira eilt hinaus.

Aksinja ruft nach einem anderen Mädchen, das ihm ein weiteres zusammengedrehtes Blatt bringt. Er runzelt die Stirn. Was ist das? „Trink das. Es wird dir gut tun. Das ist so etwas wie Milch!“, erklärt ihm Aksinja. Er versteht und nimmt es nun entgegen. Er kostet. Es schmeckt wirklich irgendwie nach Milch. Gierig nimmt er Schluck für Schluck. Er hat schon lange nichts mehr getrunken und gegessen. Aksinja sieht ihn zufrieden an. Dann reicht sie ihm ein anderes aufgefaltetes Blatt mit Essbarem. Skeptisch sieht er in den braungesprenkelten Matsch. Etwas bewegt ist darin. Lebendes Getier? Es sieht aus wie Scheiße! Mein Gott! Er beobachtet Aksinja, wie sie ihren Finger hineinsteckt und einen großen Teil davon in den Mund schiebt. Grinsend deutet sie ihm, es ihr gleichzutun. Er will nicht! Ekelhaft! Widerlich! Er schüttelt mit verzerrtem Gesicht den Kopf. „Das esse ich nicht!“ Aksinja verdreht die Augen. Dieser Mann ist zimperlich! Sie kennt die Welt da draußen. Sie hat sie schon gesehen. Dieser Kerl muss lernen, auch fremde Gerichte zu essen. Hier gibt es keinen Braten! Hier gibt es nur, was die Natur hergibt. Abends gibt es Tigerfleisch. Es wird ihm besser schmecken, vermutet sie.

Sie sieht ihn sich genauer an. Er hat seine Jacke schon lange ausgezogen. Sein Hemd klebt verschwitzt an seinem Körper. Seine schwarze, mittlerweile stark verschmutzte Lederhose liegt wie eine zweite Haut an seinen kräftigen Oberschenkeln an. Er hat Muskeln. Er ist trainiert. Fragt sich jetzt nur, wann geht er wieder? Bleibt er eine Weile hier und wie kann er sich hier in ihrem Dorf nützlich machen, wenn es so ist? Sie sieht in seine Augen, die blau wie der tiefe Ozean leuchten. Seine dunklen Haare sind zerzaust. Am liebsten würde sie hineinwühlen und fühlen, ob sie weich sind. Seufzend erinnert sie sich an das letzte Mal. Es ist lange her… Aksinja schreckt auf. Er hat sich ihr genähert und presst nun seine Lippen auf ihre! Ihre Augen aufreißend, will sie sich zurückziehen. Aber er hält sie im Nacken fest. Seine sanften Lippen streifen über ihren bebenden Mund. Ihre Augen sind aufgerissen. Er hat sie einfach überrumpelt!

Jonas konnte nicht anders. Sie hat ihn angestarrt, als wollte sie etwas von ihm. Er hat sich einfach nach vorne gebeugt und sie zu sich gezogen. Ihre Hände, zuerst zögerlich, wühlen sich jetzt durch seine, leicht verschwitzten Haare. Es fühlt sich gut an. Er genießt die wandernden Hände auf seiner Kopfhaut. Er versucht ihren Mund zum Öffnen zu bringen. Zärtlich beißt er in ihre Unterlippe. Mit einem kleinen Seufzen öffnet sich ihr Mund und seine Zunge stößt vorsichtig nach vorne und schlingt sich um ihre. Aksinja genießt dieses, bereits wieder unbekannte wohlige Gefühl eines Kusses. Der Mann ist fordernd. Es gefällt ihr, wie er ihr schmeckt. Sie überlässt sich ganz seiner Führung. Seine Zunge fordert ihre heraus und sie nimmt diese Herausforderung an. Bald zieht er sie auf seinen Schoß. Der Kuss dauert an. Schmelzend, sich seinen Zärtlichkeiten hingebend, vergisst Aksinja, dass sie ihren Pflichten als Anführerin ihres Volkes nachgehen sollte.

Vergangenheit

„Aksinja!“ „Aksinja!“ Mehrmals wird die junge Frau auf Jonas‘ Schoß gerufen. Langsam dringt die fordernde Stimme zu ihr durch. Mit einem widerwilligen Seufzen löst sie sich von den starken Armen. Es hat so gut getan! Florence steht hinter ihr. „Was… was ist Florence?“ „Aksinja! Du musst hinauskommen. Olga und Irina streiten sich furchtbar!“ „Ich muss weg!“, murmelt sie in Jonas hinein und löst sich missmutig aus seiner Umarmung. Er bleibt alleine zurück. „Was war das eben?“ Jonas ist platt. Der Kuss hat ihn umgehauen. Diese weichen Lippen. Er hört nur nebenbei mit, was gesprochen wurde. War das französisch? Sicher! Er hat jedes einzelne Wort gehört. Wer sind diese Frauen nur, fragt er sich erneut.

Aksinja tritt auf den großen Platz, der von vielen kleinen Hütten umrahmt ist. „Was ist hier los!“ Aksinja Stimme ist laut und schrill. Sie starrt verärgert auf die zwei, mittlerweile raufenden, Frauen vor sich. Sie wälzen sich über den harten ausgetretenen Lehmboden und wirbeln viel Dreck auf. „Aufhören! Sofort!“ Sie winkt anderen Frauen, damit sie die Streithähne auseinanderreißen. Nun stehen sie, eingekeilt von jeweils zwei jungen Frauen, vor ihrer Anführerin. „Also? …ich höre!“ Streng mustert sie, die aus allen Poren dampfenden, aufgebrachten Frauen. Arrogant hebt sie eine Augenbraue und wartet ab. „Irina führt sich auf, als würde der Mann schon ihr gehören!“ Aksinja hebt die Augenbraue noch weiter und starrt Irina geschockt an. „Gar nicht wahr! Olga will ihn!“ Aksinja schüttelt den Kopf. Männer sind hier Mangelware. Hier kommen nie welche vorbei. Sie kann sich vorstellen, dass sie die Gelegenheit wahrnehmen wollen und Sex mit dem Mann suchen. Sie wissen, was sie ihnen vor die Nase gesetzt hat. Scheiße! Sie kann den Ärger, der auf sie zukommt förmlich riechen! „Sperrt sie für den Rest des Tages ein, damit sie sich überlegen können, ob es klug ist, um einen Mann zu streiten!“ Dann dreht sie sich ohne weitere Worte um und geht wieder auf ihre eigene Hütte zu.