Engel - Ingrid Seemann - E-Book

Engel E-Book

Ingrid Seemann

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Beschreibung

Shadow kehrt von seinem Motorradtrip aus Amsterdam nach Hause zu seinem Dad in Österreich zurück. Dieser wartet schon ungeduldig auf ihn, denn die Arbeit in der Autowerkstatt macht sich nicht von alleine. Shadow ist müde. Er freut sich darauf, endlich absteigen zu können und sich auf die Couch schmeißen zu dürfen. Auf den letzten Metern wird er unachtsam. Seine Harley gerät ins Schleudern... Leo wollte gerade die Straße überqueren und übersieht das heranfahrende Motorrad. Mit Entsetzen muss sie zusehen, wie der junge Mann mit dem schweren Motorrad zur Seite kippt und über den heißen Asphalt mitgeschleift wird. Schwerverletzt und blutüberströmt muss er ins Krankenhaus eingeliefert werden. Leo kümmert sich um das zerbeulte, kaputte Zweirad und lässt es abschleppen. Das, auf dem Boden liegende Handy nimmt sie mit nach Hause. Erst nach drei vollen Tagen fällt ihr ein, dass sie jemanden über den Verbleib des Mannes benachrichtigen sollte und scrollt sich ratlos durch die Kontakte... Scrabble, Darker, Timo, Charlie, Jessica??

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Seitenzahl: 178

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Inhalt

Shadow kehrt von seinem Motorradtrip aus Amsterdam nach Hause zu seinem Dad in Österreich zurück. Dieser wartet schon ungeduldig auf ihn, denn die Arbeit in der Autowerkstatt macht sich nicht von alleine.

Shadow ist müde. Er freut sich darauf, endlich absteigen zu können und sich auf die Couch schmeißen zu dürfen. Auf den letzten Metern wird er unachtsam. Seine Harley gerät ins Schleudern…

Leo wollte gerade die Straße überqueren und übersieht das heranfahrende Motorrad. Mit Entsetzen muss sie zusehen, wie der junge Mann mit dem schweren Motorrad zur Seite kippt und über den heißen Asphalt mitgeschleift wird. Schwerverletzt und blutüberströmt muss er ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Leo kümmert sich um das zerbeulte, kaputte Zweirad und lässt es abschleppen. Das, auf dem Boden liegende Handy nimmt sie mit nach Hause. Erst nach drei vollen Tagen fällt ihr ein, dass sie jemanden über den Verbleib des Mannes benachrichtigen sollte und scrollt sich ratlos durch die Kontakte…

Scrabble, Darker, Timo, Charlie, Jessica??

Inhaltsverzeichnis

Engel

Verdammt!

Scrabble

Schwieriger Patient

Erste Therapie im Rollstuhl

Dumme Idee

Heiße Aussichten

Schluss mit Fluchen!

Weg mit dem Rollstuhl

Umkleide

Scabbles Home

Alte Flamme Jessica

Freitag

Ungewollte Informationen

Kein Fluchen!

Wahl des Schlafzimmers

Leidenschaft

Mitarbeiter gesucht

Fantasien

Engel

Shadow ist seit Stunden auf seiner Harley unterwegs. Anfangs ist es Freiheit, Lust auf Neues und einfache irdische Freude gewesen. Jetzt ist er nur mehr müde. Sein Körper ist steif von dem stundenlangen Biken über die schönen Landstraßen von Holland bis nach Österreich. Nur kurze Pausen hat er sich gegönnt.

Aber jetzt hat er es beinahe geschafft. Die letzten paar Kilometer will er noch durchhalten. Dann wird er einen Tag durchschlafen und er wird wieder wie neu sein. Er muss nur aufpassen, dass er nicht aus dem Sattel kippt. Seine Konzentration beschränkt sich nur mehr darauf, dass er die letzten Meter nicht einschläft und die Tore seines Ziels passieren kann.

Er freut sich schon auf seine Kumpels…, seinen Vater. Es ist lange her… zu lange… Er war in Holland. Der Großteil seiner Familie lebt in Amsterdam. Sein Besuch hat ihn wieder geerdet und ihn daran erinnert, dass er zu dieser Familie gehört.

Sie haben ihn aufgenommen, als wäre er ihr eigener Sohn. Dabei hat Scrabble ihn, als kleinen Jungen aus einem Spanienurlaub mit nach Hause gebracht und ihn später adoptiert. Seine richtige Mutter hat ihn einfach bei diesem Mann gelassen und ist danach spurlos verschwunden. Sie hat sich nie wieder gemeldet. Scheiß drauf!

Jetzt kehrt er heim, um wieder seinen Platz in der Werkstatt seines Vaters einzunehmen. Mit Schwung biegt er nach rechts ein. Shit! Mit Vollbremsung will er der Frau, die gerade die Straße überquert, ausweichen. Seine Arme und Beine sind zu klamm, als dass er sich aus der Kurve wieder hochziehen kann und rutscht seitlich auf dem heißen Asphalt aus.

Seine Maschine zieht ihn meterweit über den harten Boden mit. Sein Bein ist unter dem Motorrad eingeklemmt. Sein nackter Arm reißt auf und brennt wie der Teufel. Shadow versucht nur mehr seinen Kopf zu schützen, der den Helm, durch den Aufprall verloren hat. Er hatte den Gurt unter seinem Kinn nicht verschlossen.

Fluchend und schreiend vor Schmerzen bleibt er liegen. Sein Gefühl für das Wesentliche ist weg. Gelähmt durch den eintretenden Schock wartet er ab, bis sein Hirn sich wieder einschalten möge. Blinzelnd sieht er hoch. Die Sonne blendet. Stöhnend schließt er die schmerzenden Lider.

„Neiiin!“ Das Motorrad fährt mit hoher Geschwindigkeit auf sie zu. Wo ist das denn plötzlich hergekommen? Leo springt erschreckt zur Seite. Gerade noch rechtzeitig, sonst hätte der blöde Kerl sie noch gerammt!

Verärgert will sie weiter gehen. Sie ist müde und hat jetzt Feierabend! Sie freut sich auf ein heißes Bad zu Hause! Aus den Augenwinkeln bemerkt sie, dass der Kerl doch glatt umgefallen ist und nun rutscht er mitsamt seinem Monster Motorrad schreiend auf der Straße dahin! So ein Depp! Das hat er nun davon!

Leo wartet ab. Das Motorrad liegt mit dem Fahrer unter sich, auf der Straße. Der Mann rührt sich nicht mehr. Leo macht sich Gedanken. Ist er verletzt? Was ist, wenn er Hilfe braucht? Sie sieht sich um. Kein Mensch ist weit und breit zu sehen. Sie muss sich um den Kerl kümmern! Auch das noch. Ihr wohlverdienter Feierabend scheint in weite Ferne zu rücken…

Sie geht näher heran und beugt sich über ihn. Er rührt sich nicht. „Kann ich Ihnen helfen? Sind Sie verletzt?“, versucht sie auf sich aufmerksam zu machen und tippt ihn leicht an. Keine Reaktion. Er starrt sie nur an.

Ein Schatten fällt auf seine höllisch pochende Stirn und grausam brennenden Augen. Er blickt vorsichtig blinzelnd auf. Ein ‚Engel‘ ist sein erster Gedanke. Die gleißende Sonne scheint von oben, direkt auf den Kopf, der sich jetzt über ihn beugt. Die nackenlangen, blonden Haare erstrahlen zu einem flackernden Heiligenschein. Verblendet mustert er sein Glück. Der Herrgott hat es gut mit ihm gemeint. Er hat ihm einen Engel geschickt…

„Wie geht es ihnen? Können Sie aufstehen?“ Worte, die nicht ganz zu ihm durchdringen. Aber er hat ein dringendes Bedürfnis. Er zwingt seinen Arm zu einer quälenden Aufgabe. Blutrinnsale färben die Tattoos an seinem Arm rot, während er ihn anhebt.

Er muss diesen Engel küssen! Blutige Finger krallen sich in diesen strahlenden Heiligenschein. Shadow zieht den Engel unaufhaltsam näher. Seine Lippen berühren die des Engels. Seine Zunge drückt gegen die Lippen vor ihm…

Überrascht, dass er dazu noch in der Lage ist, wehrt sie sich nicht. Seine Lippen ziehen sie an. Er küsst sie? Mein Gott! Er küsst sie! Sie lässt es geschehen. Er könnte ein Trauma haben, ist ihr erster Gedanke. Sie will es auf keinen Fall durch eine Gegenwehr weiter befeuern und macht mit.

Irgendwie ist es nett, wenn sie ein Kerl küsst. Plötzlich fällt sein erschlaffter Körper in sich zusammen. Sie sieht ihn besorgt an. Er scheint ohnmächtig zu sein. Sie muss sofort die Rettung alarmieren!

Sich aufrichtend, wühlt sie nach ihrem Handy in ihrer Tasche. „Hallo… bitte… Hier liegt ein verletzter Mann neben mir. Er ist ohnmächtig. Bitte kommen sie schnell.“ Sie gibt auf Nachfrage der Telefonistin den Tatort durch und versichert, dass sie hierbleiben wird, bis Hilfe kommt.

„Bitte machen Sie schnell. Es ist unheimlich heiß heute!“ Sie legt auf und versenkt ihr Gerät wieder in der Tasche. Nicht recht wissend, was sie nun tun soll, wendet sie sich wieder zu dem Verletzten.

Der Asphalt flimmert vor Hitze. Vorsorglich hat sie ihre Jeansjacke unter ihre Knie ausgebreitet. Akribisch sucht sie den Mann nach schweren Verletzungen ab. Die Arme und das Gesicht sind blutüberströmt.

Warum fährt der dumme Kerl mit einer ärmellosen Jacke herum? Seine Beine sind wenigstens mit schwarzem Leder geschützt. Ein Bein liegt eingeklemmt unter der schweren Maschine. Das kann schlimm ausgegangen sein, denkt sie sich.

Lange Risse an beiden Knien, woraus Blut stetig tröpfelt, machen ihr Sorgen. Sie sieht weiter nach, aber mehr kann sie nicht erkennen. Sie kann auch nichts tun. Sie versucht keine Rettungsversuche, denn der Kerl ist riesig und zu schwer für sie. Sie wartet…

Wo bin ich? Shadow liegt in einem fremden sterilen Zimmer, auf einem Bett, das er nicht kennt. Ist er jetzt doch im Himmel gelandet? Er sieht sich um. Vorsichtig versucht er aufzustehen. Aber es gelingt ihm nicht. Ein Schlauch hängt an seinem Arm und ein anderer ist in seiner Nase verankert.

Er muss in einem Krankenhaus liegen, folgert er. Was ist mit ihm passiert? Er erinnert sich… Er hatte einen Unfall. Ein Engel hat ihn geküsst. Dann weiß er nichts mehr.

Sein Arm will den Schlauch aus seiner Nase ziehen. Ein kleines Geräusch lässt ihn innehalten. Etwas ist zu Boden gefallen. Ein durchdringender Pfeifton schreckt ihn schmerzgepeinigt wieder auf sein Kissen nieder. Sein Kopf…!!!

„Wir haben Sie wieder!“ Eine Schwester mit Mundschutz und Ganzkörperschutz kommt an sein Bett. Sie steckt die Klammer, die er unabsichtlich abgestreift hat, wieder an seinen Zeigefinger. Sofort hört dieser durchdringende Pfeifton auf.

„Wo bin ich?“, krächzt er. „Sie sind im städtischen Krankenhaus. Sie haben zwei Tage im Tiefschlaf gelegen. Wie geht es ihnen?“

Shadow stockt. Zwei Tage! Er beobachtet die Krankenschwester in ihrem Tun, bis sie schließlich ihr Telefon in die Hand nimmt. „Der Patient in Koje drei ist aufgewacht!“ Zu Shadow gewandt meint sie: „Der Arzt kommt gleich.“ Sie zupft an seiner Decke und streift kurz und ermunternd über seinen nackten, tätowierten Arm.

Der Arzt blickt auf den Monitor, seitlich von seinem Bett. In diesem Moment kommt Shadow die ganze Tragweite ins Gedächtnis. Der Unfall… Er ist auf einer Intensivstation gelandet!

„Wie fühlen Sie sich? Können Sie uns sagen, wer Sie sind?“ Dabei leuchtet der Arzt Shadow in die Augen. Er weist ihn an, seinem Finger zu folgen. Nach einigen kleinen Tests richtet der Arzt sich wieder auf und sieht ihn fragend an.

„Shadow!“ Die fragenden Augenbrauen werden noch höher gezogen. „Wie bitte?“ Shadow wird ungeduldig. „Mein Name ist Shadow!“ Der Arzt räuspert sich.

„Nun… Shadow… die Laborschwester wird ihnen Blut abnehmen müssen. Wir wollen sicher gehen, dass die Werte wieder in die Normale gehen!“

„Wann kann ich hier raus?“ „Langsam… langsam… Sie können heute auf die Normalstation verlegt werden und morgen sehen wir weiter. Möchten Sie jemanden anrufen?“

„Wenn Sie mir mein verficktes Handy geben, dann geht das!“, meint Shadow mürrisch. „Wir haben ihr Handy nicht! Sie müssen es bei ihrem Unfall verloren haben! Können Sie sich daran erinnern?“ Shadow denkt nach. Diese Lippen… dieser Engel… „…ein Engel…“ Der Arzt wendet sich an die Schwester.

„Bitte leiten Sie alles zur Verlegung in die Normalstation vor! Informieren sie Dr. Gregor. Wir brauchen eine Diagnose über den psychischen Zustand des Patienten.“ Sie nickt und der Arzt geht hinaus.

Verdammt!

Endlich kommt sie nach Hause. Ihr Tag ist lang und stressig gewesen. Zuallererst geht sie in die Küche und trinkt ein großes Glas Wasser leer. Aufseufzend und wirklich müde lehnt sie sich an die Anrichte. Der Kerl geistert ihr durch den Kopf. Hat er es geschafft? Sie weiß es nicht. Er ist ohnmächtig gewesen, als sie ihn weggefahren haben. Sie hat sich um das große schwere Motorrad gekümmert und eine Werkstatt angerufen.

Sie musste über eine Stunde warten, bis endlich ein Abschleppwagen gekommen ist! Sie ist mitgefahren, um sich zu versichern, dass alles seine Richtigkeit hat. Das Schlimmste war, dass sie eine Kaution hinterlegen musste, weil sie den Fahrer nicht kennt und somit keine Sicherheit geben konnte.

Das Motorrad ist jetzt in der Werkstatt und der Werkstattmeister wartet auf den Auftrag, es zu reparieren. Zu guter Letzt hat sie sich ein Taxi gegönnt., weil sie zu müde gewesen ist, um noch auf den Bus zu warten.

Zu Hause ist sie erst einmal erschöpft und ausgelaugt auf ihre Couch gefallen. Sie ist hungrig. Ihre Energie ist ausgeschöpft und so bleibt sie, wo ist.

Ihr fällt das Handy ein, das sie auf der Straße aufgelesen hat. Sie nimmt es aus der Tasche und wundert sich, dass es nicht gesperrt ist. Sie scrollt sich durch die Namen. Scrabble, Charlie, Jack, Timo… auch eine Jessica findet sie. Wen soll sie anrufen? Anscheinend hat er nur Männerkontakte, außer der einen Jessica…

Sie entscheidet sich zuerst für ihr leibliches Wohl. Sie ist halb verhungert und springt auf. Achtlos schmeißt sie das Handy zur Seite…

In der Küche stöbert sie im Kühlschrank. Viel gibt er nicht her. Aber für ein Müsli reicht es allemal. Himbeeren, Müslimischung und Joghurt gibt sie in eine kleine Schüssel und mischt es durch. Sie schlendert zum Fernseher und zappt sich durch die Kanäle. Das Telefonat, das sie vorgehabt hat, hat sie völlig vergessen.

Am nächsten Tag erwacht sie, wie immer, früh am Morgen. Ihre kurze, aber effiziente Turneinheit ist schnell absolviert und sie brüht sich Kaffee auf. Mit zwei belegten Broten und der obligatorischen Tasse mit dem wohlriechenden Aroma eines Kaffees, setzt sie sich gemütlich auf die Couch und legt die Füße hoch.

Sie liebt diese Zeit. Es ist noch etwas finster und relativ ruhig. In diesem Haus scheint sie die erste am Morgen zu sein, die zu dieser frühen Stunde auf den Beinen ist.

Auf die Uhr schauend, erschrickt sie. Sie hat die Zeit vergessen! Dieser Mann auf dem Motorrad… Sie muss sich sputen. Der Bus wartet nicht auf sie und bald sitzt sie, auf dem Weg zur Arbeit, auf ihrem Stammsitz, ziemlich weit hinten. Zu dieser Zeit ist der Bus beinahe leer.

Noch etwas müde beobachtet sie die vorbeiziehenden Häuser. Hin und wieder schließt sie kurz die Augen. Plötzlich richtet sie sich steil auf.

Das Handy! Sie hat den Anruf nicht gemacht! Wie viele Leute mögen sich um den jungen Kerl sorgen? Sie muss unbedingt heute Abend anrufen!

Sie denkt an den Mann, der sie so unverschämt geil geküsst hat. Sie schließt die Augen und durchlebt im Geiste diesen Moment. Wie hat er sie genannt? Engel? Sie muss laut auflachen. Sie ein Engel? Ha… ha… ha…

Scrabble

Shadow teilt sich das Krankenzimmer mit drei anderen männlichen Patienten. Wenn er nicht so lädiert wäre, wäre er schon längst hier hinausgegangen! Er ärgert sich über seine Schwäche.

Vermaledeites Weib! Hat sie ihn nicht gesehen? Musste sie über die Straße gehen, als er gekommen ist? Halt! Seine Harley! Was ist mit seiner Harley passiert? Scheiße! Verdammte!

Er muss hier hinaus!

Er hievt sich mühsam atmend in die Höhe. Ihn schwindelt. Aber er macht weiter. Seine Beine hängen beinahe nutzlos über dem Bettrand. Seine Lunge arbeitet hart. Schnaufend rückt er näher zum Bettrand… und kippt ab. Mit einem dumpfen Aufprall landet er auf dem Linoleumboden.

„Hey Kumpel! Was machst du da?“ Sein Bettnachbar eilt ihm zu Hilfe. Aber Shadow ist zu schwer für den schmächtigen Mann über ihm. „Ruft die Schwester! Ich kann ihn nicht aufheben!“, schreit dieser und zerrt weiter an Shadow.

„Lass mich endlich los… Schwächling!“ knurrt Shadow. Er versucht sich aus seiner Rückenlage zu befreien. Keine Chance! Seine Muskeln gehorchen ihm nicht.

„Shadow! Warum haben Sie mich nicht gerufen, wenn Sie aufstehen wollen?“ Die vorwurfsvolle, aber sanfte Stimme der Schwester lässt ihn noch mehr knurren. Er scheint ein gottverfluchter Invalide geworden zu sein! Scheiße! Verdammte Kacke!

Erst als ein Pflegehelfer herbeieilt, heben sie ihn mühsam zurück in sein Bett. „Wenn Sie auf die Toilette müssen, klingeln Sie bitte! Sie sind erst heute hierhergekommen und noch zu schwach, um alleine ihr Leben zu bewältigen!“, warnt die Schwester.

Shadow straft sie mit Schweigen. Sie schüttelt nachsichtig den Kopf und streift die Decke glatt. Er ist offenbar ein schwieriger Patient. Hoffentlich kommt bald ein Angehöriger und lenkt ihn ab.

Sie haben schon die Polizei alarmiert, dass sie die Identität dieses Mannes ausfindig machen. Shadow jedoch, hat ihnen mit keinem Wort geantwortet und sich in ein bedrohliches Schweigen gehüllt.

Leo erinnert sich erst am dritten Tag und sucht verzweifelt nach dem Handy. Irgendwo muss es doch sein! Sie findet es zwischen den Polstern auf der Couch eingeklemmt. Sie starrt es an. Sie muss jemanden benachrichtigen.

Aber vielleicht ist der Kerl schon zu Hause und wartet auf ihren Anruf? Er weiß ja nicht, wo sein Motorrad ist. Es muss wieder abgeholt werden, sonst kommt es auf den Schrottplatz!

Sie schließt die Augen und lässt den Zufall die richtige Nummer wählen. Es ist die von Scrabble. Es läutet nur einmal.

„Scheiße nochmal Shadow! Ich warte seit drei verfickten Tagen, dass du dich meldest! Was glaubst du, wie lange ich noch auf dich warte, Sohn!“ Sie ist ernüchtert. Diese raue Stimme ist roh und dunkel. „Shadow! Antworte!“, bellt die vermaledeite Stimme.

„Ich bin nicht Shadow… Ich bin Leo!“, antwortet sie argwöhnisch. „Wer ist Leo? Wo… verdammt nochmal… ist Shadow!“ „Shadow hatte einen Unfall! Ich habe die Rettung gerufen und sie haben ihn ins städtische Krankenhaus gefahren…“

Sie zuckt zusammen, als die dunkle Stimme zu poltern anfängt. „Leo! Scheiße! Wieso sagt mir das keiner! Shit! Wo bist DU!“ „Ich bin zu Hause!“ „Wo ist das verdammt!“

„Äh…“ „Wo!“ „Äh… wieso willst du das wissen?“ Der Besitzer der rauen Stimme schnauft einmal lautstark durch, dann schreit er in den Hörer. „…, weil ich Informationen brauche, Mädel! Also wo bist du?“

Ihre Gedanken fahren Achterbahn. Was soll sie tun? Die laute, unangenehme Stimme meldet sich wieder fluchend. Ohne weiter nachzudenken, verrät sie ihre Adresse.

Im gleichen Moment will sie sich auf die Zunge beißen. Wie blöd kann man nur sein? Jetzt kann sie nur beten, dass sie hier wieder heil aus dieser Misere kommt.

Nicht lange danach hört sie schon das Röhren von Motorrädern. Das ist verflixt schnell gegangen! Hektisch springt sie von ihrer Couch und verlässt fluchtartig ihre Wohnung. Sie will keinen dieser Männer in ihren vier Wänden empfangen und eilt auf die Straße. Bange blickt sie den bedrohlich aussehenden Kerlen entgegen.

„Ich bin Leo!“ Sie stellt sich ihnen äußerlich gefasst entgegen. Die zwei Kerle sehen aus, wie aus der Hölle entsprungen. Scheinbar von Kopf bis Fuß mit unheimlichen Motiven tätowiert, wie Leo es noch nie zuvor gesehen hat.

Die gefährlich aussehenden Männer mustern die Frau mit wildem Blick und taxieren sie ausdruckslos von oben bis unten. „Was hast du mit Shadow zu schaffen?“

Sie kommen ihr näher. Sie stolpert erschreckt einen Schritt zurück. Aber sie folgen ihr weiter, bis sie an der Mauer des Hauses ansteht. „Ich wollte über die Straße und er war plötzlich da und kippte mit seinem Motorrad um und küsste mich…“

Äh, … Habe ich das jetzt wirklich gesagt?! Sie stockt. Was erzählt sie da?!

Der eine glatzköpfige Kerl lacht dröhnend. „Mein Sohn lässt anscheinend nichts anbrennen!“ Er lacht noch immer… „Was ist da so lustig? Er wurde bewusstlos ins Krankenhaus gebracht. Sie haben mich nicht zu ihm gelassen. Ich bin keine Verwandte…“ Er nickt, sie weiter anstierend.

„Wo ist die Harley meines Sohnes? Ich denke, dass er sie nicht selbst mitgenommen hat?“ Leo zieht den Zettel von der Werkstatt, an den sie vorsorglich gedacht hat, aus ihrer Hosentasche. „Hier! Ich habe die Harley in die Werkstatt abschleppen lassen! Sie schulden mir die Kaution!“

Ohne weiter auf sie einzugehen, wendet sich der riesige Kerl an den anderen. „Darker du fährst in die Werkstatt und ich ins Krankenhaus! Mal sehen, was Shadow dort so alles anstellt!“

„Okay Scrabble! Ich hole sie ab und bringe sie in die Werkstatt!“ Der Kerl Darker setzt sich auf sein Motorrad und fährt davon.

„Nun zu uns, meine Liebe!“ „Ich bin nicht ihre Liebe! Ich heiße Leo!“ Scrabble grinst. Er taxiert sie erneut von unten nach oben und wieder retour. Dieses Mal langsamer und genüsslicher. „Also für dein Alter, hast du noch ein tolles Fahrgestell!“

„Also, das ist doch die Höhe!“ Leo ist verärgert. Auch wenn sie etwas älter ist, muss sich nicht bloßstellen lassen! Erst macht sie sich die Mühe und hilft Shadow, obwohl sie nichts mit ihm zu tun hat und dann muss sie sich beleidigen lassen?! Geht’s noch?

Sie dreht sich auf der Stelle um und will ins Haus zurück gehen. Ein Arm hält sie auf. „Moment! Du kommst mit… Leo!“ Sein autoritärer Ton lässt sie innehalten. „Was willst du noch von mir? Ich habe alles getan, was mir möglich war. Also verschwinde!“ Ihre verärgerte schrille Stimme amüsiert ihn nur.

Sein Sohn hat sich eine alte Wildkatze angelacht. Wäre sie nicht die Bitch seines Sohnes, hätte er sie gerne flachgelegt. Sie ist wirklich amüsant, die kleine Alte.

Scrabble hat einen Moment nicht aufgepasst und schon ist Leo im Haus verschwunden. Bevor er reagieren kann, ist die Haustüre ins Schloss gefallen. Er zuckt die Achseln. Dann eben nicht.

Nicht, dass die Tür ein Problem für ihn darstellen würde. Er könnte sie in Null Komma Nix eintreten. Aber er weiß nun, wo er sie finden kann, sollte er etwas von ihr benötigen. Er steigt auf seine Harley und fährt ins Krankenhaus, um seinen Sohn nach Hause zu holen.

Schwieriger Patient

Shadow guckt missmutig in den sprichwörtlichen Narrenkasten. Gerade hat ihn die Schwester wie ein kleines Kind ins Bett gebracht und er musste sich beim Wasser lassen aushelfen lassen! Gedemütigt hat er es über sich ergehen lassen müssen. Nie wieder… nie wieder… macht er so ein verdammtes Spiel mit!

Die Tür öffnet sich mit Schwung und fällt mit Karacho gegen die Wand.

„Zeit, dass du kommst, Dad!“, meint Shadow misslaunig. Scrabble lacht. Sein Sohn ist munter und schlagfertig wie eh und je. „Wünsch dir auch einen schönen Tag, mein Sohn. Zeit, heimzufahren! Komm schon!“

„Wenn ich es könnte, wäre ich schon längst da! Scheiße… verdammte!“, flucht Shadow gereizt.

„Was ist los?“ „Ich kann noch immer nicht auf meinen eigenen Beinen herumlaufen! Das ist los! Kacke!“ Scrabble sieht sich um, wie um sich brauchbare Informationen zu holen.

Zu seinem Glück kommt gerade die Visite. Die Oberschwester fährt den Wagen mit dem Laptop zur Tür herein. Der Arzt folgt ihr diskutierend mit einem jungen Assistenten. Sie bleiben stockend und erstaunt stehen.

Scrabble sieht aus, als käme er gerade aus irgendeinem Loch gekrochen. Dabei ist er geradewegs von der Arbeit aus seiner Mechaniker Werkstatt gekommen. Gut möglich, dass hier und da ein schwarzer Ölfleck zu sehen ist…

Sein Glatzkopf, sowie seine nackten, muskulösen Arme sind tätowiert und dreckverschmiert, als hätte er sich mit einem nassen Lappen voller Motorenöl abgewischt. Die Beine sind in dreckigen Jeans und Boots versteckt. Seine ärmellose Jeansjacke, über einem schwarzen, verschwitzten, legeren Shirt, verdeckt einen breiten Brustkorb.

Angewidert sieht die Schwester absichtlich zur Seite. Wer ist dieser unappetitliche Kerl nur?