Der Bergdoktor 1960 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 1960 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Florians Hütte
Dr. Burger und die seltsamen Vorgänge im Holzhaus des feschen Jungbauern
Von Andreas Kufsteiner


Zum ersten Mal in seinem Leben ist Florian Sandmaier bis über beide Ohren verliebt. Doch dem feschen Burschen eilt kein guter Ruf voraus. Seine feucht-fröhlichen Partys, die er regelmäßig mit seinen Spezln in einer Berghütte feiert, und seine zahlreichen Gspusis sorgen in ganz St. Christoph für wilde Gerüchte. Kein Wunder, dass die bildhübsche Reni Holzer mit den dunklen Locken Florians Liebesschwüren nicht so recht traut.
Um sie von seinen ernsten Absichten zu überzeugen, verspricht er seiner Liebsten hoch und heilig, seinen liederlichen Lebenswandel unverzüglich aufzugeben und die "Partyhütte" für immer zu schließen. Und das hat Florian auch wirklich vor. Doch als er, mit einem dicken Vorhängeschloss bewaffnet, an der Berghütte ankommt, erlebt er eine böse Überraschung ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Florians Hütte

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag / Anne von Sarosdy

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-7693-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Florians Hütte

Dr. Burger und die seltsamen Vorgänge im Holzhaus des feschen Jungbauern

Von Andreas Kufsteiner

Zum ersten Mal in seinem Leben ist Florian Sandmaier bis über beide Ohren verliebt. Doch dem feschen Burschen eilt kein guter Ruf voraus. Seine feucht-fröhlichen Partys, die er regelmäßig mit seinen Spezln in einer Berghütte feiert, und seine zahlreichen Gspusis sorgen in ganz St. Christoph für wilde Gerüchte. Kein Wunder, dass die bildhübsche Reni Holzer mit den dunklen Locken Florians Liebesschwüren nicht so recht traut.

Um sie von seinen ernsten Absichten zu überzeugen, verspricht er seiner Liebsten hoch und heilig, seinen liederlichen Lebenswandel unverzüglich aufzugeben und die „Partyhütte“ für immer zu schließen. Und das hat Florian auch wirklich vor. Doch als er, mit einem dicken Vorhängeschloss bewaffnet, an der Berghütte ankommt, erlebt er eine böse Überraschung …

„Alsdann, auf das neue Kalberl!“ Andreas Sandmaier kippte das Stamperl Enzian auf ex, sein Großknecht Sepp tat es ihm nur zu gern gleich. Der knorrige Alte rieb sich das bartstopplige Kinn und betrachtete das pechschwarze Stierkalb mit der weißen Blesse, das von seiner Mutter trocken geleckt wurde.

„Ein hübscher kleiner Kerl“, stellte er dabei fest. „Wäre fast noch ein Stamperl wert, meinst du net, Bauer?“

Andreas musste schmunzeln.

„Leg dich lieber schlafen, Sepp, hast gute Arbeit geleistet. Ich dank dir.“

„Schon recht.“ Der langjährige Großknecht vom Erbhof schlurfte aus dem Stall.

Ein Schwall kalter Luft drang durch das Tor, ehe es wieder zufiel. Sie schmeckte nach Frost. Der März hatte eben begonnen, der erste Frühlingsmonat.

Im Zillertal räumte der raue Gesell Winter allerdings noch längst nicht das Feld. Auch wenn der Himmel oft klar und blau war, ein milder Hauch im Südwind lag und die ersten Blüten spitzten, blieben die Nächte noch lange kalt, und auf den Höhen lag weiter der Schnee.

Andreas hängte den Kälberstrick an seinen Platz und schaute sich um, bevor er den Stall verließ.

Der Bauer war ein fesches Mannsbild Mitte dreißig. Groß und stark, mit einem breiten Kreuz und Händen, die zupacken und etwas wegschaffen konnten. Er führte den Hof seit sieben Jahren.

Damals hatten er und sein zehn Jahre jüngerer Bruder Florian die Eltern fast zur gleichen Zeit verloren. Der Vater war ohne Vorwarnung am Schlag gestorben, die Mutter nur ein halbes Jahr später am Herzen. Der Kummer hatte ihr jeden Lebensmut genommen.

Andreas war ein umsichtiger Bauer, fleißig und klug. Seine ruhige, besonnene Art stand im krassen Gegensatz zu seinem lebenslustigen Bruder.

Florian war im Tal von St. Christoph als Platzhirsch und Partykönig ein Begriff. Die Feten in seinem Hütterl auf der Seiser-Alm hatten Kultstatus. Wer sich amüsieren, einen draufmachen, einfach das Leben genießen wollte, der gehörte zum Kreise derer, die hier an jedem Wochenende die Kuh zum Abheben brachten.

Obwohl Andreas seinen Bruder nicht verstand, ließ er ihn doch gewähren. Der frühe Tod der Eltern hatte ihm sehr zugesetzt, und jeder verarbeitete einen solchen Verlust wohl anders. Der eine durch Arbeit und Disziplin, der andere im Rausch.

Florian war aber durchaus zuverlässig, was seine Aufgaben auf dem Hof anging. Als Jungbauer überließ er Andreas nur zu gern die Verantwortung und tat, was man ihm sagte. Er hatte Spaß an der Bauernarbeit und konnte gut mit Tieren umgehen.

Der ältere Sandmaier war überzeugt, dass sein „kleiner“ Bruder irgendwann auch noch erwachsen werden würde. Dazu musste ihm nur das rechte Madel über den Weg laufen.

Andreas hingegen wollte von der Liebe nichts mehr wissen.

Kurz vor dem Tod des Vaters hatte er sich verlobt. Doch als er Trost und eine Stütze gebraucht hätte, war sein Madel unsichtbar geworden. Es hatte nur die schönen Seiten des Lebens sehen wollen. Ob alle Madeln so oberflächlich waren?

Andreas nahm es an und hatte sich damit abgefunden, einschichtig zu bleiben. Eine Bäuerin würde der Erbhof aber wohl trotzdem bekommen, denn seit einer Weile sah man Florian nur noch mit einem Madel.

Reni Holzer hieß sie, eine Hoftochter aus der Nachbarschaft. Und sie hatte dem Hallodri ganz offensichtlich gewaltig den Schädel verrückt …

Andreas verließ den Stall und ging hinüber ins Haus. Der Morgen dämmerte eben, in den noch kahlen Ästen der alten Kastanie, die den Mittelpunkt des Wirtschaftshofes bildete, sang ein Rotschwanz sein kratziges Lied. Über dem Feldkopf schimmerte bereits blassrosa das erste Licht des neuen Tages.

Drinnen war es still, alles schlief noch. Nur in der Küche brannte bereits Licht. Die betagte Hauserin Rosa werkelte hier herum, weil das Rheuma sie wieder einmal um den Schlaf gebracht hatte.

Andreas folgte dem Duft von frischem Kaffee und setzte sich auf die Eckbank. Sein Blick streifte das Foto der Eltern, vor dem ein ewiges Licht brannte. Wären sie noch da, vieles wäre auch für ihn anders geworden. Aber es hatte nicht sollen sein …

Rosa, ein Weibel von fast siebzig Jahren, mit strengem Knoten und wachen hellen Augen, stellte dem Bauern ein Haferl Kaffee hin.

„Alles gut gegangen drüben?“, fragte sie.

„Ja. Ein strammes Kalberl, pumperlgesund. Nachher ruf ich den Doktor Steiger an, der soll sich’s gleich anschauen.“

Rosa warf einen Blick aus dem Fenster, wo eben ein Geländewagen bremste.

„Der Viehdoktor sollte sich hier mal genauer umsehen“, spöttelte sie. „Bei uns gibt’s mehr Ochsen als nur die Vierbeinigen.“

„Rosa …“ Der Bauer blickte auf, als gleich darauf sein Bruder hereinschneite.

Florian war ein sehr fescher Bursche. Mit dem gut geschnittenen, markanten Gesicht, dem dichten blonden Haar und den meerblauen Augen entsprach er genau dem Bild des kernigen Gebirglers. Nur die ausgeprägte Fahne, die er mitbrachte, und das leicht dümmliche Grinsen passten nicht ganz dazu. Er ließ sich auf die Eckbank fallen und gähnte.

„Kaffee, Roserl, sonst geh ich ein“, sagte er stöhnend.

„Darauf würde ich’s ankommen lassen, du Hallodri“, parierte sie mit nachsichtiger Strenge.

Florian lachte. Er hatte ein sonniges Gemüt und nahm nie etwas krumm.

„Ist das Kalberl gekommen?“, fragte er seinen Bruder, der nickte. „Mei, Andi, du hast wirklich einen untrüglichen Sinn dafür. Ich hätte gewettet, die Kuh lässt sich noch Zeit.“

„Es war so weit“, erwiderte der Ältere schlicht.

Florian zog symbolisch seinen Hut.

„Respekt, Alter, Respekt!“

„Wie war eure Fete? Der Alkohol ist wohl wieder in Strömen geflossen.“

„Na ja … Wenn einer meiner Bergkameraden Geburtstag feiert …“

Die Brüder waren beide Mitglieder der Bergwacht von St. Christoph. Der Bursche blickte versonnen in seinen Kaffee.

„Seltsam, es hat was gefehlt. Weißt du, früher war das nie so. Wenn wir im Hütterl gefeiert haben, dann hat immer alles gestimmt. Aber diesmal war’s ohne die Reni irgendwie fad.“

„Das Madel scheint dir was zu bedeuten.“

„Ja, ich fürchte fast, das stimmt. Aber ich hab keine wirklichen Chancen bei ihr, weil ich einen so schlecht Ruf hab.“

„Dann würde ich was dran ändern und endlich erwachsen werden“, warf Rosa vom Herd her ein, wo sie angefangen hatte, Pfannkuchen zu backen.

„Die Rosa hat recht. Und rauschig solltest du dich auch net hinters Steuer setzen. Du kannst dich nicht darauf verlassen, dass der Sirch noch im Bett liegt. Ab und an macht er auch mal zeitig eine Kontrolle. Dann wärst du deinen Lappen fei los.“

„Ach, der gute Sirch, den fürchte ich net“, meinte Florian leichthin. „Wenn ich nur bei der Reni einen Schritt weiterkommen könnt. Alles würde ich dafür tun, wirklich alles.“ Er seufzte und erhob sich ein wenig schwerfällig. „Ich brauch eine Mütze voll Schlaf, bis dann …“

„Du solltest dich auch niederlegen, Bauer“, mahnte Rosa Andreas. „Warst die ganze Nacht wach.“

„Geht schon“, versicherte der und stand ebenfalls auf. „Ich muss nur duschen und mich umziehen.“

„Du treibst Schindluder mit deiner Gesundheit“, hielt die alte Hauserin ihm streng entgegen. „Das rächt sich irgendwann.“

„Ja, mag sein“, war alles, was Andreas dazu sagte.

Eine durchwachte Nacht machte ihm nicht viel aus, er verfügte über einen gesunden Schlaf und würde am Abend einfach zeitiger zu Bett gehen.

Als Andreas seine Kammer betrat, die neben der seines Bruders lag, grübelte er darüber nach, wie er Florian und Reni ein wenig auf die Sprünge helfen konnte. Das patente Madel schien die Richtige für seinen Bruder zu sein. Es sah ganz so aus, als könnten die beiden eine solide Beziehung führen. Reni hatte den Florian gern, vertraute ihm aber nicht.

Es musste sich also etwas an Florians unsolidem Lebenswandel ändern. Ob sein Bruder es wohl über sich bringen würde, Reni zuliebe auf Dauer darauf zu verzichten?

Andreas bezweifelte es.

***

Wenig später wurde im Doktorhaus von St. Christoph gefrühstückt. Die Familie Burger saß an diesem sonnigen Spätwintermorgen zeitiger als sonst am Tisch, denn der Senior im Haus, Pankraz Burger, wollte verreisen. Für eine Woche würde er einen alten Studienfreund in Wien besuchen.

Sein Sohn Martin wollte ihn noch vor der Sprechstunde nach Schwaz zum Zug bringen. Natürlich gab es für eine solche Reise vieles vorzubereiten, und Pankraz hatte ständig das unangenehme Gefühl, etwas Wichtiges vergessen zu haben.

Die Kinder bestürmten ihn zudem mit Bitten um Mitbringsel, von denen sie bereits sehr genaue Vorstellungen hatten. Tessa, das älteste der drei Burger-Kinder, wünschte sich ein neues Federmäppchen. Aber nicht irgendeines, sondern eine bestimmte Marke mit einem speziellen Emblem, das ihre Mitschülerinnen neidisch machen sollte.

Ihr jüngerer Bruder Philipp, genannt Filli, träumte von einer Schneekugel mit dem Stephansdom drin.

Nur die kleine Laura hatte mit ihren zwei Jahren noch keine Wünsche, die über Essen, ab und zu eine frische Windel und viel Elternliebe hinausgingen. All das lieferten Sabine und Martin Burger gern und freiwillig.

Das Ärzteehepaar führte eine überaus glückliche Ehe und strahlte dieses Glück auch aus. Im Doktorhaus in der Kirchgasse herrschte stets Harmonie, auch wenn es mal hoch herging.

Eine Familie mit kleinen Kindern, dazu ein munterer Rauhaardackel, die manchmal etwas eigenwillige Hauserin Zenzi Bachhuber, ein Senior mit eigenen Ideen und zahlreiche Patienten, die ebenso an Leib wie an der Seele Rat und Hilfe suchten – all das machte Martin Burgers Leben recht turbulent. Doch genau das liebte der Mediziner aus Berufung, und genau darauf wollte er um keinen Preis verzichten.

Allerdings war es nicht immer so gewesen. Es hatte eine Zeit im Leben des Bergdoktors gegeben, an die er nun nicht mehr gern zurückdachte. Denn sein Leben war nicht immer geradlinig verlaufen …

Vor fast fünfzig Jahren hatte Pankraz Burger das Doktorhaus in der Kirchgasse, nahe dem Krähenwald, im schlichten Gebirgsstil errichten lassen. Es sollte das Heim für ihn, seine Frau und den kleinen Sohn Martin sein und ebenso seine Praxis aufnehmen.

Doch das Glück der jungen Familie hatte nur wenige Jahre gewährt. Nach dem frühen Tod seiner Frau hatte Pankraz eine harte Zeit durchlebt. Trost und Stütze waren ihm damals sein elfjähriger Sohn Martin und die patente Hauserin Zenzi Bachhuber gewesen.

Zenzi hatte nicht nur den Haushalt auf Vordermann gebracht, sie war auch für Martin bald zur Ersatzmutter geworden und hatte darauf geachtet, dass „ihr“ Doktor sich nicht hängen ließ, wenn die Trauer ihm zu sehr zugesetzt hatte. Schließlich brauchten die Menschen im Tal von St. Christoph einen verlässlichen Landarzt.

Der Ort lag abgeschieden am Ende des Zillertals, war nur über eine schmale Serpentinenstraße zu erreichen und bei schlechten Witterungsverhältnissen, vor allem in der kalten Jahreszeit, rasch von der Außenwelt abgeschnitten. Da gab es bei Notfällen nicht immer Hilfe von außen, und dann musste der Doktor zeigen, was in ihm steckte.

Pankraz hatte seine Aufgabe immer gut erfüllt, er war Arzt aus Berufung und hatte dies auch seinem Sohn vermittelt. Schon früh war für Martin klar gewesen, dass er einmal in die Fußstapfen des Vaters treten würde.

Nach Matura und Studium hatte der intelligente junge Mann eine Stelle als Assistenzarzt im Spital von Schwaz angetreten. Dass er später die Praxis in der Kirchgasse übernehmen würde, hatte für ihn immer festgestanden. Seinen Vater hatte das stolz und zufrieden gemacht, hatte er doch gelassen in die Zukunft blicken können.

Nach Martins Heirat mit seiner Jugendliebe Christl war das Glück wieder ins Doktorhaus eingezogen. Alle hatten sich schon darauf gefreut, bald wieder fröhliches Kinderlachen hier zu hören.

Dann aber war alles anders gekommen. Christl war bei der Geburt des ersten Kindes an schweren Komplikationen gestorben und hatte das Kleine mit sich zu den Engeln genommen. Von einem Moment zum nächsten hatte Martin Burger mit leeren Händen und leerem Herzen dagestanden.

Der Verlust hatte ihm so sehr zugesetzt, dass er sein Heimattal verlassen und einige Jahre in einem Münchner Klinikum gearbeitet hatte. Er hatte sich zum Unfallchirurgen weitergebildet und nur noch für seinen Beruf gelebt. Obwohl der Tod seiner jungen Frau ihn auch daran hatte zweifeln lassen, war seine Berufung letztendlich das Einzige gewesen, was ihm dabei geholfen hatte, den tiefen Schmerz zu ertragen.

Nach Jahren in der Fremde hatte es ihn dann aber doch wieder zurück in sein Heimattal gezogen. Pankraz war allmählich in die Jahre gekommen, und ein Generationswechsel hatte im Doktorhaus angestanden.

Martin Burger hatte beschlossen, sich dieser Aufgabe zu stellen, innerlich wieder gefestigt, aber keineswegs glücklich. Sein Leben hatte nach wie vor nur aus Arbeit bestanden, und daran sollte sich noch viele Jahre lang nichts ändern.

Mit dem neuen Doktor war auch die Praxis in der Kirchgasse erneuert worden. Martin hatte den Anbau um das Doppelte vergrößern und modernisieren lassen. So war das entstanden, was im Volksmund ehrfürchtig als „Miniklinik“ bezeichnet wurde.

Neben Warte- und Sprechzimmer gab es ein Labor und einen Röntgenraum, einen vollständig eingerichteten OP sowie zwei Krankenzimmer für einen stationären Aufenthalt. Man war also auf alles vorbereitet im Doktorhaus. Zumindest medizinisch.

Menschlich war der junge Doktor aber auf Distanz geblieben. Er hatte sich zwar vom ersten Moment an mit ganzer Kraft für seine Patienten engagiert, was ihm bald den Namen Bergdoktor eingetragen hatte, der sowohl von Bewunderung wie auch Bodenständigkeit sprach. Aber sein Herz hatte noch immer getrauert.

Zenzi und Pankraz hatten sich um den jungen Mann gesorgt, für den die Liebe kein Thema mehr gewesen zu sein schien. Sie hatten befürchtet, dass Martin sein Leben als einsamer Wolf beschließen würde. Aber dann, nach mehr als zehn Jahren, war doch noch ein Wunder geschehen.

Dieses Wunder war in der Person der Wiener Anästhesistin Dr. Sabine Rodenwald erschienen. Martin Burger war der Kollegin zufällig im Haus ihrer Tante Rika in St. Christoph begegnet. Für beide war es Liebe auf den ersten Blick gewesen. Der Altersunterschied von sechzehn Jahren hatte nie eine Rolle gespielt.

Sabine, zierlich, blond und sensibel, war die ideale Frau für den großen, sportlichen Landarzt, dessen Leidenschaft neben der Medizin das Kraxeln war. Die besondere Liebe, die endlich wieder Licht und Freude in Martin Burgers Leben gebracht hatte, verband unauflöslich ihrer beider Herzen. Seither teilten sie alles.

Als Kollegin brachte Sabine stets Verständnis für Martins berufliches Engagement auf. Sie hatte sich auf Anhieb mit Pankraz verstanden und war für die gute Zenzi eine echte Freundin geworden.

Heute ging es im Doktorhaus ein wenig hektisch zu. Martin Burger wollte Filli und Tessa im Kindergarten beziehungsweise in der Schule absetzen, wenn er seinen Vater zum Zug brachte.