Der Notarzt 324 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 324 E-Book

Karin Graf

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Beschreibung

Hausbesuch bei Milli - Dem engagierten Arzt vertraut das Mädchen ein großes Geheimnis an


Als Stella Falkenberg mit ihrer kleinen Tochter Milli in die Notaufnahme der Frankfurter Sauerbruch-Klinik stürmt, kann jeder der anwesenden Ärzte sehen, wie besorgt die junge Mutter ist. Mit zitternden Händen beobachtet sie, wie ihr Kind untersucht wird. Doch nicht nur Stella ist angespannt, auch die Mienen der Mediziner werden immer ernster, während sie sich verstohlene Blicke zuwerfen. Obwohl sie erst noch die Blutanalyse abwarten müssen, ist ihnen klar, dass Milli vermutlich sehr schwer krank ist. Auf jeden Fall muss das Mädchen stationär aufgenommen werden.

Doch als die Mutter hört, dass ihre Tochter die Nacht im Krankenhaus verbringen soll, lehnt sie dies kategorisch ab. Die Ärzte reden mit Engelszungen auf sie ein, aber Stella ist nicht bereit, auch nur darüber nachzudenken. Schweren Herzens muss das Klinikpersonal die Frau mit ihrem Kind daher auf eigene Verantwortung ziehen lassen.

Am nächsten Tag liegen die Blutergebnisse vor. Dr. Tristan Haas läuft ein Schauer über den Rücken, als er die Werte sieht. Er weiß: Ohne sofortige Behandlung hat die Kleine keine Chance, ihre Erkrankung zu überstehen. Und wenn ihre Mutter sie nicht in die Klinik bringt, dann muss er Milli eben zu Hause betreuen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Hausbesuch bei Milli

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Liderina/iStockphoto

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6771-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Hausbesuch bei Milli

Dem engagierten Arzt vertraut das Mädchen ein großes Geheimnis an

Karin Graf

Als Stella Falkenberg mit ihrer kleinen Tochter Milli in die Notaufnahme der Frankfurter Sauerbruch-Klinik stürmt, kann jeder der anwesenden Ärzte sehen, wie besorgt die junge Mutter ist. Mit zitternden Händen beobachtet sie, wie ihr Kind untersucht wird. Doch nicht nur Stella ist angespannt, auch die Mienen der Mediziner werden immer ernster, während sie sich verstohlene Blicke zuwerfen. Obwohl sie erst noch die Blutanalyse abwarten müssen, ist ihnen klar, dass Milli vermutlich sehr schwer krank ist. Auf jeden Fall muss das Mädchen stationär aufgenommen werden.

Doch als die Mutter hört, dass ihre Tochter die Nacht im Krankenhaus verbringen soll, lehnt sie dies kategorisch ab. Die Ärzte reden mit Engelszungen auf sie ein, aber Stella ist nicht bereit, auch nur darüber nachzudenken. Schweren Herzens muss das Klinikpersonal die Frau mit ihrem Kind daher auf eigene Verantwortung ziehen lassen.

Am nächsten Tag liegen die Blutergebnisse vor. Dr. Tristan Haas läuft ein Schauer über den Rücken, als er die Werte sieht. Er weiß: Ohne sofortige Behandlung hat die Kleine keine Chance, ihre Erkrankung zu überstehen. Und wenn ihre Mutter sie nicht in die Klinik bringt, dann muss er Milli eben zu Hause betreuen …

Emil Rohrmoser, der Verwaltungsdirektor der Frankfurter Sauerbruch-Klinik, kümmerte sich eigentlich nie um die personellen Angelegenheiten seines Krankenhauses. Dafür war der medizinische Leiter der Klinik zuständig.

Prof. Lutz Weidner nahm jeden einzelnen Arzt und jede einzelne Pflegerin vor deren Einstellung genau unter die Lupe. Er hatte eine Art sechsten Sinn für gute Mitarbeiter, und wen er in die über zweitausend Mitglieder zählende Großfamilie aufnahm, um den kümmerte er sich auch beinahe wie ein Vater.

Für das nichtmedizinische Personal war Margarete Jellinek, die Personalchefin, zuständig.

Direktor Rohrmoser hatte genug damit zu tun, die Großklinik durch die recht instabile Wirtschaftslage zu steuern, und das gelang ihm so gut wie kaum einem anderen Klinikchef.

Als er allerdings an diesem wunderschönen Hochsommermittag satt und zufrieden aus der Cafeteria kam und die große Einganghalle durchquerte, um in sein Büro in der obersten Etage des Krankenhauses zurückzukehren, machte er eine Ausnahme.

Er drückte gerade auf den Rufknopf des Fahrstuhls und schälte den Schokoriegel ab, den er sich als Wegzehrung mitgenommen hatte. Dabei fiel sein Blick zufällig auf die gläserne Drehtür, durch die unaufhörlich Besucher und Patienten strömten, und er entdeckte ein bekanntes Gesicht, das aus der Menge herausstach.

„Heiliger Dingsbums! Noch ein paar Zentimeter, und seine Kinnlade schleift auf dem Boden“, grummelte Emil Rohrmoser.

Er setzte dazu an, sich auf die Zehenspitzen zu erheben, um die Menschenmenge zu überragen, ließ es aber dann doch lieber sein. Bei seinem Übergewicht war das eine zu riskante Angelegenheit. Stattdessen reckte er seinen Arm hoch über den Kopf und winkte mit dem angebissenen Schokoriegel.

„Herr Dr. Haas? Hallo! Huhu! Hierher!“

„Ich?“ Tristan Haas, der zweiundvierzigjährige Mitarbeiter der Notaufnahme, schaute sich suchend um. „Wer …? Ah, Herr Direktor!“ Er eilte auf Herrn Rohrmoser zu, und sein Gesicht wurde noch eine Spur länger, als dieser ihn mit den Worten „Sie sind übrigens gefeuert“ empfing. „Oh! Ja? Na ja. Okay.“

Der füllige Verwaltungsdirektor schüttelte, verdrossen durch die Nase schnaubend, den Kopf.

„Oh, ja, na ja, okay“, äffte er Tristan nach. „Ist das alles, was Sie dazu zu sagen haben?“

Tristan zuckte mit den Schultern.

„Na ja, was gibt es dazu denn sonst noch zu sagen?“

„Sie könnten protestieren!“, empörte sich Emil. „Mir mit dem Arbeitsgericht drohen. Oder wenigstens nach dem Grund fragen. Herrgott noch mal!“

„Wozu denn? Ich kann mir ja ohnehin denken, warum Sie mich loswerden wollen.“

Tristan hatte nicht mehr die Kraft dazu, sich gegen was auch immer aufzulehnen. Er steckte gerade in der schlimmsten Krise seines Lebens. Die Kündigung war nur noch das Tüpfelchen auf dem i. Demoralisiert, wie er ohnehin schon war, war es ihm, offen gestanden, ziemlich egal, wenn sich zu der Fülle von Problemen, die er hatte, nun noch ein weiteres gesellte.

„Ah ja? Sie kennen den Grund? Und der wäre?“ Emil steckte sich das letzte Stück Schokolade in den Mund und warf das Papier in einen Mülleimer.

„Na ja, es ist heute nicht das erste Mal, dass ich um Stunden zu spät zum Dienst komme. Ich hatte am Morgen schon wieder eine Scheidungsverhandlung. Und wie es aussieht, war es noch lange nicht die letzte.“

Tristan klemmte sich seine Tasche zwischen die Knie und zog sein Smartphone aus der Tasche seines Jacketts.

„Ich informiere nur rasch Herrn Dr. Kersten und sage ihm, dass ich nicht mehr komme. Dann bin ich schon weg. Oder soll ich noch bis zum Monatsende …?“

„Heiliges Sparschwein!“ Emil Rohrmoser wedelte den Fahrstuhl, der jetzt einladend die Türen öffnete, mit einer ungeduldigen Handbewegung weg. „Nehmen Sie immer alles ohne Gegenwehr hin?“, wollte er empört wissen. „Als Arzt, habe ich mir sagen lassen, kämpfen Sie um jedes einzelne Leben. Wieso kämpfen Sie nicht auch mal für sich selbst?“

„Wozu? Ist doch egal“, murmelte Tristan gottergeben.

„Egal! Egal! Egal!“, echote Emil spöttisch und drosch wütend mit der Faust gegen die Wand. Da er versehentlich den Liftknopf getroffen hatte, glitten die Türen, die sich eben geschlossen hatten, mit einem Klingeln wieder auseinander. „Hab ich dich gerufen? Nein! Zieh Leine!“, murrte er verärgert. Dann atmete er ein paarmal tief durch, um sich zu beruhigen. „Ihre reizende Gattin hat mich gestern Abend aufgesucht.“

Tristans Augen weiteten sich.

„Alice war bei Ihnen?“

„War nur ein Scherz!“, winkte Emil feixend ab.

„Oh!“ Tristan stieß erleichtert die Luft aus. „Ich dachte schon …! Dann war sie also nicht bei Ihnen!“

„Doch!“, widersprach der Direktor energisch. „Nicht ihr Besuch, sondern der Begriff reizend war ein Scherz. Was ich wirklich von ihr halte, das darf ich ja nicht sagen. Ich habe schließlich eine gute Erziehung genossen. Meine Mutter würde sich sonst aus dem Grab erheben, um mir den Mund mit Seife auszuwaschen. Verstehen Sie?“

Tristan nickte. „Und was wollte Sie von Ihnen?“

„Eine Bestätigung über Ihre genauen Einkünfte. Sie hegt nämlich den Verdacht, dass Sie womöglich mehr verdienen, als Sie vor Gericht zugegeben haben. Ich habe ihr versprochen, ihr eine exakte Aufstellung all Ihrer Einkünfte – inklusive Überstundenabgeltung und diverser Zulagen – im Laufe des heutigen Tages zukommen zu lassen.“

„Aha. Deshalb hat sie bei der heutigen Verhandlung ständig diese Anspielungen gemacht und wie eine Sphinx gelächelt. Aber ich habe ihr keinen Cent verschwiegen. Ehrlich nicht.“

„Natürlich nicht, Sie barmherziger Samariter!“, brummte der Direktor verdrossen.

Er hob eine Hand und zählte an seinen dicken Wurstfingern auf.

„Ihr Haus haben Sie ihr überlassen. Ihr Auto haben Sie ihr geschenkt. Von Ihrem Monatsgehalt behalten Sie nur das absolute Existenzminimum für sich selbst zurück. Ich wette, wenn sie Anspruch auf Ihre inneren Organe erheben würde, um diese meistbietend zu verscherbeln, dann würden Sie ihr diese auch noch vermachen.“

Emil redete sich gewaltig in Rage. Dass jemand sich so gnadenlos ausbeuten ließ, das konnte er kaum ertragen.

„Und das alles nach nur einem halben Jahr Ehe, verdammt noch mal!“, donnerte er wütend. „Diese Frau hat doch überhaupt keinen Anspruch auf Unterhalt. Nicht ein einziger Cent steht ihr zu. Was sind Sie denn, in drei Teufels Namen? Ein Mann oder eine Maus?“

„Sie hat halt einen guten Anwalt“, lautete Tristans Ausrede.

„Und Ihrer?“

„Ich habe gar keinen. Zu teuer.“ Tristan wollte ergeben mit den Schultern zucken, doch Emils Hand schnellte mit erstaunlicher Geschwindigkeit nach vorne und fiel schwer auf Tristans rechte Schulter nieder.

„Wagen Sie es ja nicht!“, donnerte der Verwaltungsdirektor aufgebracht. „Ab sofort wird nicht mehr gezuckt, geseufzt, ‚egal’ gesagt und geschüttelt! Ist das klar?“

„Klar!“, seufzte Tristan und zuckte mit den Schultern.

„Herrgott! Normalerweise habe ich ja etwas gegen Machos, die ihre Exfrauen – von denen sie jahrelang bemuttert und bedient wurden – im Regen stehen lassen. Aber Ihre nicht reizende Vampirlady saugt Ihnen auch noch den letzten Blutstropfen aus dem Leib. Und Sie benehmen sich wie ein Schaf, das zur Schlachtbank geführt wird!“

„Tja …“ Tristan hätte jetzt wirklich gerne mit den Schultern gezuckt, aber er traute sich nicht mehr. Stattdessen starrte er verlegen auf seine Schuhspitzen. „Was kann man da schon machen?“

„Das werde ich Ihnen sagen! In diesem Augenblick bekommt dieses raffgierige Weibsstück Ihre Gehaltsbestätigung zugestellt. Der Betrag beläuft sich auf genau null Komma null Euro. Sie arbeiten selbstverständlich wie gehabt weiter. Ehrenamtlich! Sie bekommen nur ein kleines Taschengeld ausbezahlt. Viel brauchen Sie ja nicht, denn wohnen tun Sie ja eh schon gratis in unserem Schwesternwohnheim. Der Rest wird fürs Erste eingefroren.“

„Oh! Aber … ist das denn nicht irgendwie ziemlich illegal?“

„Ich habe diese Vorgehensweise natürlich mit unserem Juristen besprochen“, entgegnete Herr Rohrmoser. „Dr. Altenberg hat es so gedreht, dass es gerade noch im Rahmen der Legalität ist.“ Der Direktor bohrte Tristan den Zeigefinger in die Brust. „Er wollte übrigens wissen, warum Sie nicht gleich zu ihm gekommen sind?“

„Oh! Ich wollte die Klinik nicht mit meinen privaten Problemen belasten.“

„Wie edelmütig!“, spottete der Verwaltungsdirektor. „Natürlich kann er Sie jetzt nicht mehr selbst vertreten, weil wir Sie ja entlassen haben. Deshalb hat er für Sie einen Termin bei der – seiner Meinung nach – besten Scheidungsanwältin der Stadt vereinbart. Moment!“

Emil durchwühlte sämtliche Taschen an seinem riesigen Jackett. Eine leere Bonbontüte kam zum Vorschein. Ihr folgten ein Schokoladenpapier, ein klein zusammengefalteter Pappteller, eine zerknüllte Papierserviette mit Ketchupflecken und eine leere Dose, die gesalzenen Erdnüsse enthalten hatte.

Er warf alles in den Mülleimer und zog schließlich einen Zettel aus der Brusttasche.

„Da! Heute um sechs! Kersten weiß schon Bescheid, dass Sie früher wegmüssen.“

„Danke!“ Tristan faltete den Zettel auseinander. „Dr. Stella Falkenberg. Von der habe ich schon gehört. Die zählt zu den Topanwälten der Stadt.“ Er faltete den Zettel wieder zusammen und gab ihn dem Direktor zurück. „Kann ich mir nicht leisten. Trotzdem vielen Dank.“

„Heute Abend pünktlich um sechs!“, wiederholte Emil mit Nachdruck und stopfte Tristan den Zettel in die Brusttasche seines Jacketts. „Das Finanzielle geht Sie überhaupt nichts an. Das regeln wir!“

Tristans Augen weiteten sich.

„Das kann ich nicht annehmen!“, protestierte er verlegen.

„Wenn Sie mich einigermaßen gut kennen“, zischte der Verwaltungsdirektor genervt, „dann wissen Sie, dass von mir niemand auch nur einen Cent geschenkt bekommt.“

Er setzte ein gespielt diabolisches Grinsen auf und hielt sich beide Hände zu beiden Seiten an den Kopf, die Zeigefinger wie zwei Hörner nach oben gestreckt.

„Dafür verkaufen Sie mir natürlich Ihre Seele“, feixte er und hämmerte auf den Rufknopf des Aufzugs. „Und jetzt an die Arbeit!“, befahl er. „Sie haben bereits genug Zeit verplempert. Ihre und meine auch.“

Mit einem knappen „Guten Tag!“ verschwand der Verwaltungsdirektor in der Kabine des Aufzugs, und die Türen schlossen sich hinter ihm.

***

Wie häufig um die Mittagszeit herrschte auch heute in der Notaufnahme der Frankfurter Sauerbruch-Klinik gerade eine höchst willkommene Flaute.

Der Vormittag war ziemlich turbulent gewesen. Tristan, ein sehr erfahrener und routinierter Facharzt für Unfallchirurgie und Innere Medizin, hatte an allen Ecken und Enden gefehlt.

Bis vor etwa zehn Minuten war die Belegschaft der Notaufnahme von einem Behandlungsraum in den nächsten, von der Röntgenabteilung in den Gipsraum und vom Schockraum in den OP gerannt und hatte auf diese Weise etliche Kilometer zurückgelegt.

Nach fünf Stunden pausenlosem Stress hatte der Leiter der Notaufnahme einen Teil seines Teams in die wohlverdiente Mittagspause geschickt, während er selbst, Assistenzarzt Elmar Rösner und der Sanitäter Jens Jankovsky die Stellung hielten, ziemlich geschafft im Bereitschaftsraum saßen und Kaffee tranken.

„Tut mir echt leid, dass ich erst jetzt komme!“, sagte Tristan.

Er schaute sich zur Sicherheit nach hinten um, und erst als er ganz sicher war, dass Direktor Rohrmoser ihn nicht sehen konnte, zuckte er gleich mehrmals hintereinander mit den Schultern, seufzte abgrundtief und schüttelte den Kopf.

„Mensch, ihr seht völlig fertig aus!“, stellte er schuldbewusst fest. „Ich konnte leider nicht früher weg. Fast drei Stunden hat es heute gedauert. Wenn der Richter nicht einen anderen Termin gehabt hätte, säßen wir vermutlich jetzt noch im Gerichtssaal.“

„Hey!“ Peter sprang auf, eilte seinem Kollegen entgegen und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. „Und? Bist du endlich ein freier Mann, Hase?“

Hase, dieser Spitzname verfolgte Tristan nun schon seit der Grundschule. Klar, er war ja auch so naheliegend. Und er passte zu ihm, denn es gab wohl kaum einen friedfertigeren, verständnisvolleren und geduldigeren Mann auf der Welt.

Als Antwort gab er jetzt nur ein klägliches Lachen von sich.

„Ha, ha, ha!“

„Nicht?“ Peter blickte seinen Kollegen verständnislos an. „Ist sie immer noch nicht zufrieden? Was will sie denn noch von dir? Sie hat sich doch schon alles gekrallt, was du jemals besessen hast.“

„Sie hat heute behauptet, sie sei schwanger und wolle nicht, dass das arme Kind ohne Vater aufwächst.“

„Ist nicht wahr! Oder?“ Elmar Rösner drückte Tristan einen Becher mit dampfendem Kaffee in die Hand. „Hat sie dich nicht vor einem halben Jahr genau damit erpresst, sie zu heiraten?“

Tristan nickte. „Zwei Tage nach der Hochzeit hatte sie angeblich eine Fehlgeburt.“

„Besteht denn überhaupt die Möglichkeit, dass sie schwanger ist?“ Jens Jankovsky, der mit seinen fast zwei Metern Länge die drei Ärzte um einen ganzen Kopf überragte, wollte es offensichtlich ganz genau wissen.

„Ich habe sie seit Monaten nicht mehr angefasst.“

„Hast du das dem Richter auch gesagt?“, hakte Jens nach.

„Hab’s versucht“, grummelte Tristan. „Aber schon nach meinem ersten Wort hat sie so gotterbärmlich zu schluchzen angefangen, dass sich alle nur noch darauf konzentriert haben, sie zu trösten.“

„Diese Frau ist mit allen Wassern gewaschen.“ Peter kannte Alice. Sie war vor der Hochzeit mit Tristan Hilfsschwester auf der Orthopädie gewesen und hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass sie einen gut verdienenden Ehemann suchte, um sich für immer zur Ruhe setzen zu können.

Sie hatte ihr Glück vor längerer Zeit auch bei Peter versucht, doch der hatte sie abblitzen lassen. Schön war sie ja, aber das war auch schon alles, was sie zu bieten hatte.

Peter hatte den Kollegen vor ihr gewarnt, als er ihn vor einem Jahr der Städtischen Klinik abgeworben hatte. Doch Alice hatte sofort erkannt, dass Tristan ein Mann war, der nicht gut Nein sagen konnte.