Der Notarzt 362 - Karin Graf - E-Book

Der Notarzt 362 E-Book

Karin Graf

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Beschreibung

Über ihren Kollegen Bastian Beckett können die Mitarbeiter der Frankfurter Sauerbruch-Klinik mitunter nur den Kopf schütteln. Der junge Mann ist ein brillanter Arzt, doch privat ein echter Tollpatsch. Während er bei kompliziertesten Operationen wahre Meisterleistungen vollbringt, schafft er es im Bereitschaftsraum nicht einmal, sich unfallfrei ein Brötchen zu schmieren.
Als Bastian die Patientin Antonia kennenlernt, ist es bei ihm Liebe auf den ersten Blick. Die bildhübsche Frau zieht ihn unwiderstehlich an. Aber für ihn ist sofort klar, dass er sich auf keinen Fall verlieben darf. Er weiß nur zu gut, dass er mit Verlusten nicht umgehen kann, und wenn man jemanden ins Herz schließt, dann läuft man immer Gefahr, womöglich verletzt zu werden.
Doch so sehr er sich auch dagegen sträubt, nach einigen Tagen muss Bastian einsehen, dass er vor seinen Gefühlen nicht davonlaufen kann. Er muss Antonia wiedersehen!
Aber wie so oft, verwandelt sich der selbstsichere Arzt wieder in einen Unglücksraben, als es um sein privates Glück geht. Und diesmal handelt es sich nicht um zerbrochenes Glas, heruntergefallenes Besteck oder sonstige harmlose Missgeschicke. Diesmal führt Bastians Tollpatschigkeit zu einem ganz furchtbaren Unglück, bei dem nicht nur sein eigenes Leben in höchste Gefahr gerät ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Aus heiterem Himmel

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: ShotPrime Studio / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9320-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Aus heiterem Himmel

Als Bastian seine neue Patientin kennenlernt, ist es um ihn geschehen

Karin Graf

Über ihren Kollegen Bastian Beckett können die Mitarbeiter der Frankfurter Sauerbruch-Klinik mitunter nur den Kopf schütteln. Der junge Mann ist ein brillanter Arzt, doch privat ein echter Tollpatsch. Während er bei kompliziertesten Operationen wahre Meisterleistungen vollbringt, schafft er es im Bereitschaftsraum nicht einmal, sich unfallfrei ein Brötchen zu schmieren.

Als Bastian die Patientin Antonia kennenlernt, ist es bei ihm Liebe auf den ersten Blick. Die bildhübsche Frau zieht ihn unwiderstehlich an. Aber für ihn ist sofort klar, dass er sich auf keinen Fall verlieben darf. Er weiß nur zu gut, dass er mit Verlusten nicht umgehen kann, und wenn man jemanden ins Herz schließt, dann läuft man immer Gefahr, womöglich verletzt zu werden.

Doch so sehr er sich auch dagegen sträubt, nach einigen Tagen muss Bastian einsehen, dass er vor seinen Gefühlen nicht davonlaufen kann. Er muss Antonia wiedersehen!

Aber wie so oft, verwandelt sich der selbstsichere Arzt wieder in einen Unglücksraben, als es um sein privates Glück geht. Und diesmal handelt es sich nicht um zerbrochenes Glas, heruntergefallenes Besteck oder sonstige harmlose Missgeschicke. Diesmal führt Bastians Tollpatschigkeit zu einem ganz furchtbaren Unglück, bei dem nicht nur sein eigenes Leben in höchste Gefahr gerät …

Als Prof. Lutz Weidner, der Chefarzt der Frankfurter Sauerbruch-Klinik, an diesem Freitagabend kurz vor Dienstschluss die Notaufnahme betrat, klemmten zwei große Flaschen unter seinen Armen. Auf beiden Händen balancierte er ein Tablett, das dicht mit sehr appetitlich aussehenden Sandwiches bestückt war.

„Guten Abend!“, grüßte er freundlich, als er den Bereitschaftsraum betrat. „Kann mir bitte jemand die Flaschen abnehmen, damit ich das Tablett gefahrlos abstellen kann?“

„Champagner und Schnittchen! Lecker!“ Elmar Rösner, der ständig hungrige rothaarige Assistenzarzt, schlug die Kühlschranktür in der kleinen Küchenzeile im hinteren Bereich des großen Raums schwungvoll zu.

Er hatte – wie so oft – vergeblich nach etwas Essbarem gesucht und in seiner Not sogar schon mit dem Null-Prozent-Fett-Joghurt von Schwester Trudi geliebäugelt.

Beim Anblick von Lachs, Roastbeef, Schinken, Ei und Mayonnaise bekam er jetzt eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie Moses sich gefühlt haben musste, als er das gelobter Land sah.

„Du nicht! Bleib sitzen, ich mache das.“ Jens Jankovsky, der fast zwei Meter große junge Sanitäter der Notaufnahme, war mit drei großen Sprüngen bei Bastian Beckett, der dem Chefarzt zu Hilfe eilen wollte, und drückte ihn an den Schultern unsanft auf seinen Sessel zurück.

Dann zog er vorsichtig eine Flasche Champagner und eine Flasche Orangensaft unter Lutz Weidners Armen hervor.

„Warum darf er nicht?“, erkundigte sich der Chefarzt kopfschüttelnd. „Für ihn habe ich die Sachen ja erstanden. Ich habe nämlich vorhin telefonisch erfahren, dass unser lieber junger Kollege Beckett beide Facharztprüfungen mit Bravour bestanden hat.“

Er nickte Bastian anerkennend zu.

„Zwei Diplome auf einen Schlag, so etwas hatten wir hier schon lange nicht mehr. Die Urkunden bekommen Sie in den nächsten Tagen per Post zugestellt. Ab heute sind Sie Facharzt für Innere Medizin und für Unfallchirurgie. Herzlichen Glückwunsch.“

Bastian wollte sich für die Glückwünsche bedanken, doch er kam nicht einmal dazu, den Mund aufzumachen.

„Und die Notarztprüfung?“ Peter Kersten, der Leiter der Notaufnahme, der hinter seinem Schreibtisch saß und die letzten Behandlungsprotokolle einscannte, hob mit gerunzelter Stirn den Kopf. „Da ist er durchgerasselt?“

„Ich zieh ihm gleich die Hammelbeine lang!“, brauste Dr. Hannes Fischer, der sechzigjährige Anästhesist auf. „Ich habe ihm über die Anästhesiologie mehr beigebracht, als in den besten Lehrbüchern der Welt zu finden ist. Alle meine geheimen Tricks, die ich mir im Laufe von Jahrzehnten selbst erarbeitet habe, habe ich mit ihm geteilt.“

„Und ich habe seinetwegen zig Doppelschichten gemacht“, ärgerte sich auch Elmar Rösner, ohne dabei die Schnittchen aus den Augen zu lassen. „Damit er draußen auf der Straße bei Rettungseinsätzen oder oben auf der Intensivstation Erfahrungen sammeln konnte. Das darf doch wohl nicht wahr sein. Ich werde ihm auch gleich was lang ziehen. Die Löffel vielleicht.“

„Und ich die Nase!“, stimmte Dr. Kersten in das Gemecker mit ein. „Wie viele Stunden meiner ohnehin sehr spärlichen Freizeit habe ich dafür investiert, ihn abzufragen und komplizierte Operationsabläufe mit ihm durchzugehen! Und das soll jetzt alles für die Katz gewesen sein?“

„Beruhigen Sie sich, meine Herren!“ Prof. Weidner hob beide Hände hoch. „Ich habe nur vergessen, dazuzusagen, dass er auch diese Zusatzausbildung mit der Bestnote und dem Notarztdekret abgeschlossen hat. Prof. Kempner von der Prüfungskommission sagte mir, er hätte seit einer Ewigkeit keinen so souveränen Kandidaten mehr erlebt.“

Er stellte das Tablett auf dem Esstisch ab, an dem das Personal, das Bereitschaftsdienst hatte und kaum jemals dazu kam, die Notaufnahme zu verlassen, seine Mahlzeiten oft zwischen zwei Behandlungen gleich im Stehen hinunterschlang.

„Deshalb dachte ich ja auch“, fuhr er fort, „bei so viel Ehre, die der Kollege unserem Krankenhaus mit seiner Glanzleistung gemacht hat, sei eine kleine Feier angebracht.“

„Ich feiere ihn schon mal, wenn ich darf“, murmelte Elmar, schnappte sich ein Sandwich und prostete seinem Kollegen damit wie mit einem Weinglas zu. „Auf dich, du Held.“

„Warten Sie, warten Sie! Wir müssen doch erst auf den erfolgreichen Kollegen anstoßen!“ Lutz Weidner nahm den Champagner vom Tisch. „Der Ehrengast öffnet die Flasche, so ist es der Brauch.“

Er versteckte die Flasche hinter seinem Rücken, als Jens sie ihm auch diesmal mit einem fast panischen „Nein, geben Sie ihm die bloß nicht!“ abnehmen wollte.

„Was soll denn das?“, empörte er sich. „Der Kollege Beckett wird doch hoffentlich nicht von Ihnen allen gemobbt? Das würde mir gar nicht gefallen. Nein!“, rief er energisch aus, als der Sanitäter ihn umrunden wollte, um an die Flasche heranzukommen. „Ich bestimme, wer sie öffnet.“

Damit reichte er Bastian den Champagner.

„Bitte sehr, Kollege. Ehre, wem Ehre gebührt.“

„Okay!“ Jens seufzte abgrundtief. „Ich hab‘s versucht. Ich wasche meine Hände in Unschuld.“

„Warten Sie, Dr. Beckett, erst die Gläser, damit nichts danebengeht.“ Schwester Annette lief in die Küchenecke, schaute hastig in allen Schränken nach und kam schließlich mit ein paar Wassergläsern zurück. „Was anderes haben wir leider nicht. Wir kriegen hier nicht so oft Champagner.“

Jetzt endlich kam auch der junge Mediziner, dem Prof. Weidner seine Ehre erweisen wollte, zu Wort.

„Danke, Professor“, sagte er gerührt, stand auf, fegte dabei unabsichtlich den ganzen Stapel Behandlungsprotokolle, die Peter bereits eingescannt hatte, vom Schreibtisch, bückte sich danach und schlug sich die Stirn an der Tischkante an. „Au!“ Dann schüttelte er die Hand, die Lutz Weidner ihm reichte. „Das ist wirklich nett von Ihnen. Ich freue mich sehr.“

Er setzte sich wieder, klemmte sich die Flasche zwischen die Knie und begann an dem Drahtgeflecht zu nesteln, das den Korken sicherte. Er lachte laut auf, als Peter sich duckte, der Anästhesist rasch den Platz wechselte und Jens einen großen Schritt zurücksprang.

„Was habt ihr denn alle? Glaubt ihr, ich habe noch nie eine Sektflasche aufge…“

Die Frage endete in einem dumpfen „Mmpf!“, als ihm der Korken mit voller Wucht gegen das Kinn prallte. Beim Versuch, vorher noch schnell zurückzuweichen, kippte er mitsamt seinem Stuhl nach hinten, riss dabei das Tischchen um, auf das Schwester Annette die Gläser gestellt hatte und landete rücklings auf dem Boden. Gut die Hälfte des teuren Champagners tränkte seinen Kittel und das T-Shirt, das er darunter trug.

„Das kann jedem mal passieren!“, beantwortete der Chefarzt den strafenden Blick, den Jens ihm zuwarf. Er beugte sich über Bastian und reichte ihm beide Hände, damit er sich daran hochziehen konnte. „Achten Sie auf die Scherben der Gläser, tun Sie sich bloß nicht weh“, mahnte er besorgt.

Der junge Mediziner ergriff die Hände dankbar und rappelte sich hoch. Dabei vergaß er, die Flasche festzuhalten, die auf seinem Oberkörper zu liegen gekommen war. Sie fiel zu Boden und zerplatzte dort in tausend Scherben.

„Tut mir leid.“ Bastians Ohren schienen zu glühen. Er machte einen großen Schritt über den Scherbenhaufen hinweg. „Ich ziehe mir nur rasch etwas Trockenes an, dann mache dich die Schweinerei hier weg.“

„Ich mache das schon!“ Jens hatte bereits Besen und Kehrblech aus dem Putzkämmerchen geholt. Und diesmal widersprach der Chefarzt ihm nicht. Er wich dem unangenehmen Blick des Sanitäters aus, der zu sagen schien: „Hätten Sie nur auf mich gehört!“

Als Bastian sich umdrehte, um den Bereitschaftsraum zu verlassen, konnte man breite dunkelgrüne Streifen hinten auf seinem Kittel sehen.

Noch ehe der Chefarzt sich erkundigen konnte, was das zu bedeuten hatte, tauchte Hans Krause, der Hausmeister der Sauerbruch-Klinik, in der offenen Tür auf.

„Welche Blitzbirne hat denn draußen vor dem Hintereingang auf der frisch gestrichenen Bank direkt neben dem Frisch gestrichen-Schild gesessen?“, wollte er schmunzelnd wissen.

„Könnte ich gewesen sein“, gab Bastian zu, und seine Ohren färbten sich noch einen Ton dunkler. Beim Versuch, so schnell wie möglich nach draußen zu gelangen, rammte er mit dem Fuß einen vollen Mülleimer.

„Schon gut, lass alles liegen, das mache ich auch gleich mit“, versicherte Jens ihm. Die hochgezogenen Augenbrauen und die schnippische, an den Chefarzt gerichtete Frage „Oder wäre das Mobbing?“ konnte er sich nicht verkneifen. Lutz Weidner tat, als hätte er nichts davon mitbekommen.

Kurz bevor er die Tür erreicht hatte, stolperte Bastian über ein Hindernis – es war sein eigener Fuß, der dem anderen ins Gehege kam –, stützte sich an der Wand ab und riss den großen Kalender herunter, auf dem Peter die Diensteinteilung für den kommenden Monat eingetragen hatte.

„Lass ihn liegen, Basti, ich mache das schon!“, kam Peter ihm zuvor, ehe der tollpatschige Assistenzarzt sich bücken und noch mehr Schaden anrichten konnte.

„Ich verstehe das nicht.“ Kopfschüttelnd schaute der Chefarzt dem vielversprechenden jungen Kollegen nach. „Ich habe ihn schon mehrmals operieren sehen. Im OP ist er zielsicher und geschickt. Da sitzt jeder Handgriff. Da arbeitet er mit den schärfsten Instrumenten, und noch nie ist etwas passiert.“

„Ich weiß.“ Der Leiter der Notaufnahme nickte ernst. „Sobald er einen OP betritt oder einen verletzten oder kranken Menschen vor sich hat, scheint er in einen anderen Modus umzuschalten. Außerhalb des OPs lassen wir ihn prinzipiell nichts anfassen.“

„Aber warum ist das so?“ Lutz Weidner runzelte ratlos die Stirn. „Ich kann mir das nicht erklären. Haben Sie schon einmal versucht, der Sache auf den Grund zu gehen, Kollege Kersten?“

Peter nickte seufzend.

„Sicher. Mehrmals. Aber er spricht nicht gerne darüber. Es muss etwas mit seinem Vater zu tun haben. Der war wohl irgend so ein krankhaft ehrgeiziger Überflieger und hat ihn ständig nur kritisiert. Mehr konnte ich darüber nicht aus ihm herausbekommen.“

„Ein Jammer!“ Der Chefarzt seufzte bekümmert. „Manche Eltern wissen nicht, welche schweren Schäden sie ihren Kindern oft zufügen. Man kann die Verletzungen zwar nicht sehen, aber sie stellen schwere Behinderungen dar, mit denen ihre Kinder ihr ganzes Leben lang zu kämpfen haben.“

„Apropos Behinderung“, meldete sich Elmar zu Wort. „Könnte sein, dass ich auch so eine habe. Vielleicht habe ich als Kind zu wenig zu essen bekommen und bin deshalb ständig hungrig.“

„Könnte auch sein, dass du einfach nur ein schrecklicher Vielfraß bist“, erwiderte Peter lachend, der die Mutter des gertenschlanken Rothaarigen kannte und sich nicht vorstellen konnte, dass Frau Rösner ihren Junior jemals auch nur eine Sekunde lang hatte darben lassen.

„Kann auch sein“, gab Elmar grinsend zu. „Also, nachdem wir ja nun schon mit durchschlagendem Erfolg angestoßen haben, könnten wir dann jetzt langsam zum Essen kommen?“

***

Kurz nach Mittag war Antonia Haller in Berchtesgaden aufgebrochen, um nach Frankfurt zu fahren. Sechs Stunden war sie – mit einer kurzen Pause in einer Autobahnraststätte bei Nürnberg – unterwegs gewesen. Vor einer halben Stunde hatte sie in einer preisgünstigen Pension, nur wenige Gehminuten vom Frankfurter Stadtzentrum entfernt, eingecheckt.

Um sieben Uhr sollte sie sich im Restaurant Opéra im dritten Stock der Alten Oper einfinden, um mit einem Begrüßungscocktail und einem gemeinsamen Abendessen das fünftägige Seminar zu beginnen, das sie gebucht hatte.

Marketing und Public Relations für Unternehmer auf professionellem Niveau lautete der Titel des Seminars. Die Vortragenden waren ihr wärmstens empfohlen worden.

Sie war schon lange auf der Suche nach einer Möglichkeit, das kleine Unternehmen, das sie zusammen mit drei Freunden gegründet hatte, ins rechte Licht zu rücken, ohne dafür Millionen – die sie nicht hatten – an PR-Fachleute verschleudern zu müssen.

Doch im Moment sah es so aus, als hätte sie die lange Fahrt umsonst auf sich genommen. Ganz zu schweigen von den fünftausend Euro, die sie für die Teilnahme im Voraus hingeblättert hatte.

Ihr Plan war es gewesen, sich in ihrem Zimmer in der Pension ein bisschen frisch zu machen, das eigens dafür erstandene Businesskostüm anzuziehen und dann mit der U-Bahn zur Alten Oper zu fahren.

Stattdessen kroch sie nun seit etwa zwanzig Minuten auf allen Vieren zwischen Bett und Bad hin und her und spuckte sich die Seele aus dem Leib. Aus irgendeinem Grund war ihr plötzlich so übel geworden wie noch nie zuvor in ihrem Leben.

Die Teilnahme an dem Abendessen konnte sie schon mal vergessen, denn es war bereits Viertel vor sieben, und sie trug noch immer ihren rosaroten Jogginganzug, der bei langen Autofahrten so bequem war. Außerdem wollte ihr auch noch das bisschen Magensäure, das sie noch nicht von sich gegeben hatte, hochkommen, wenn sie nur ans Essen dachte.

Doch aufgeben kam für Antonia nicht infrage. Der heutige Abend war nicht so wichtig, er diente nur dem Kennenlernen. Die intensive Schulung, die von Samstag bis Mittwoch jeweils ganztägig stattfinden sollte, würde sie sich auf keinen Fall entgehen lassen.

Sie sagte ihr Kommen mit einer SMS ab, dann kroch sie noch einmal auf allen Vieren ins Bad, um auszuleeren, was sich eventuell noch in ihrem Magen befand. Sie wollte sichergehen, dass ihr kein Malheur passierte, wenn sie die Pension verließ.

Das Schlimmste war, sich aufzurichten, um ihr Zimmer im aufrechten Gang zu verlassen. Dabei fühlte sich ihr Kopf an, als ob er eine Rakete wäre, die gezündet worden war, um ins All zu düsen.

Sie musste sich für ein paar Minuten mit geschlossenen Augen gegen die Wand lehnen und warten, bis der Countdown abgelaufen und die Explosion vorüber war. Dann warf sie die Zimmertür hinter sich zu, wankte in Schlangenlinie zum Fahrstuhl und fuhr in die Eingangshalle hinunter.

An der Rezeption erkundigte sie sich nach einem Arzt oder einem Krankenhaus.